Fremd im eigenen Land
Untersuchung der Rückkehr von Arbeitsemigrant:innen von Deutschland nach Spanien, im Anhang Interviews auf Spanisch (nicht von Tandem Fundazioa)
Untersuchung der Rückkehr von Arbeitsemigrant:innen von Deutschland nach Spanien, im Anhang Interviews auf Spanisch (nicht von Tandem Fundazioa)
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?<br />
lichkeit bei den Dingen geschaffen, die uns ohne<br />
Zweifel viel genützt hHtte, wenn wir <strong>im</strong> Herkunftsland<br />
andere, ernsthaftere Perspektiven gefunden hetten.<br />
Diese Leute haben ein Verantwortungsbewusstsein<br />
<strong>im</strong> tHglichen Leben und bei der Arbeit erworben, das<br />
für uns in a1len Gesichtspunkten sehr hilfreich gehresen<br />
wHre, denn der Deutsche - trot z aller seinér<br />
Fehler wie jedes menschliche Wesen - ist meiner Ansicht<br />
nach ziemlich ernsthaft und erfü11t seine<br />
Pflicht genau; aber nach unserer Rückkehr hat man<br />
uns vUl1ig <strong>im</strong> Stich gelassen; sowohl in Bezug auf<br />
Rechte a1s auch auf Pflichten und man muss iñ die<br />
herrschende Spitzbüberei und Untátigkeit eintreten.<br />
Also beziehen Sie sich mehr auf die Denkweise, auf<br />
die MentalitHtsverHnderung ?<br />
Die VerHnderung der Mentalitát ist ziemlich positiv,<br />
aber das wird sich mit der Zeit verlieren, hier kommt<br />
es zu einer Art von 'Anarchie' , wo die sieben l{orte<br />
von Dante am Eingang stehen: "Die ihr ei-ntretet,<br />
lasst eure Hoffnung fahren." Wenn Sie an der Ampel<br />
anhalten, weil sie rot ist, wird jenand, der gewOhnt<br />
ist, durchzufahren, wenn sie zwei Farben oder rot<br />
zeigt, Sie anschnauzen oder gar hinten auffahren;<br />
wenn Sie ein auslHndisches Kennzeichen haben, kUnnen<br />
sie sich schon von der versicherungsprHmie verabschieden.<br />
Von dieser l.{entalitHtsverHnderung abgesehen, kann<br />
lal sagen, dass viele Emigranten irgendeine Fertigkeit<br />
erlernt haben, die jetzt der spanischen Indul<br />
strie zugutekommen kUnnte ?<br />
Ja, sie kUnnten nlltzen und zwar sehr vie1, aber ich<br />
sagte Ihnen ja schon, man achtet nicht darauf, man<br />
benachteiligt sie sogar gegenüber den anderen. Es<br />
tritt die widersprüchliche Situation auf, dass viele<br />
Leute, die vom Feld kamen, sich schnell eingefügt<br />
haben. Bei sowas passen sich die Spanier bald añ und<br />
gliedern sich in das industrielle Leben ein. Natürlich<br />
haben die Sozialbetreuer, die sich die Mühe machen<br />
wo11ten, mit diesen Leuten viel Arbeit gehabt,<br />
weil einige psychologisch rammdUsig wurden, sie fingen<br />
genauso an wie <strong>im</strong> Filn tModerne Zeiten'. Wenn<br />
sie mit einem sprachen, wusste man, dass sie dabei<br />
an die Arbeit dachten. K1ar, hrenn man sie schnell<br />
anpasste, sie an ein Fliessband steckte, r,\raren die -<br />
se Leute schliesslich die ersten 3 r4,6 Monate und<br />
bis zu einem Jahr fix und fertig. Aber wenn Sie sich<br />
ein bisschen um sie kümmerten (=er spricht hier aus<br />
seiner Erfahrung a1s Sozialbetreuer) und Kontakt zum<br />
zus-tándigen Arzt aufnahmen und ihn über die Symptome<br />
aufklH.ren konnten, dass es für diesen I.dann vielleicht<br />
ratsam wHre, vier Wochen zur Erholung krankgeschrieben<br />
zu werden, bis er wieder neue fráft geséhUpft<br />
hHtte; und tatsHchlich, nach einem Jahr war er eine<br />
Person, die in Qualitát und Quantitát genau wie ihr<br />
deutscher Arbeitskollege nebenan produZiert. Darin<br />
liegt etwas sehr Positives. Aber dann kamen sie hierher<br />
und es gibt keine A::beit für diese Leute und es<br />
wird ihnen keine der Arbeiten anerkannt, die sie<br />
dort ausgeführt haben, und schliesslich ist der Mann<br />
genausoweit wie bei seiner Ausreise.