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FINE - Das Weinmagazin - 64. Ausgabe - 01/2024

Hauptthema: GIPFELTREFFEN RIBERA DEL DUERO Pingus: Das ungeplante Meisterwerk RIBERA DEL DUERO Vega Sicilia: Wo Zeit keine Rolle zu spielen scheint RIBERA DEL DUERO Familia Fernández Rivera: Königinnen des Tempranillo TASTING Klaus Peter Kellers G-Max von 2002 bis 2022 RHEINGAU Geheimrat »J«: Rheingauer Mosaik TASTING40 Jahre Riesling-Cuvée Geheimrat »J« Weitere Themen dieser Ausgabe EDITORIAL Rote Spitzen, weiße Spitzen SÜDAFRIKA Uva Mira Mountain Vineyards: Kühle in Stellenbosch SÜDAFRIKA Kanonkop Wine Estate: Die Ehrenrettung des Pinotage SÜDAFRIKA Oldenburg Vineyards: Eine runde Sache SÜDAFRIKA L’Avenir und Le Bonheur: Ungleiche Geschwister SONOMA Die Chardonnays von Hartford Court und Stonestreet SONOMA La Crema Winery: Die rote Revolution CHAMPAGNE Lanson: Mit Kreuz und Krone WEIN & SPEISEN Jürgen Dollase isst bei Björn Freitag im Goldenen Anker GENIESSEN Weichkäse der Zillertaler Manufaktur Eggemoa DAS GROSSE DUTZEND Terrazas de los Andes: Höhenrausch in Argentinien DIE PIGOTT-KOLUMNE Österreich klassifiziert seine Lagen WEIN & ZEIT Burgenland I: Süße Zweifel am Ruster Ausbruch MOSEL Joh. Jos. Prüm: Die Riesling-Doktorin ABGANG Ein offenes Wort zum Geheimrat

Hauptthema: GIPFELTREFFEN
RIBERA DEL DUERO Pingus: Das ungeplante Meisterwerk
RIBERA DEL DUERO Vega Sicilia: Wo Zeit keine Rolle zu spielen scheint
RIBERA DEL DUERO Familia Fernández Rivera: Königinnen des Tempranillo
TASTING Klaus Peter Kellers G-Max von 2002 bis 2022
RHEINGAU Geheimrat »J«: Rheingauer Mosaik TASTING40 Jahre Riesling-Cuvée Geheimrat »J«
Weitere Themen dieser Ausgabe
EDITORIAL Rote Spitzen, weiße Spitzen
SÜDAFRIKA Uva Mira Mountain Vineyards: Kühle in Stellenbosch
SÜDAFRIKA Kanonkop Wine Estate: Die Ehrenrettung des Pinotage
SÜDAFRIKA Oldenburg Vineyards: Eine runde Sache
SÜDAFRIKA L’Avenir und Le Bonheur: Ungleiche Geschwister
SONOMA Die Chardonnays von Hartford Court und Stonestreet
SONOMA La Crema Winery: Die rote Revolution
CHAMPAGNE Lanson: Mit Kreuz und Krone
WEIN & SPEISEN Jürgen Dollase isst bei Björn Freitag im Goldenen Anker
GENIESSEN Weichkäse der Zillertaler Manufaktur Eggemoa
DAS GROSSE DUTZEND Terrazas de los Andes: Höhenrausch in Argentinien
DIE PIGOTT-KOLUMNE Österreich klassifiziert seine Lagen
WEIN & ZEIT Burgenland I: Süße Zweifel am Ruster Ausbruch
MOSEL Joh. Jos. Prüm: Die Riesling-Doktorin ABGANG Ein offenes Wort zum Geheimrat

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Die Unterschiede könnten kaum größer sein: In der Parzelle Kronnest stehen die Reben windumtost auf einer<br />

winzigen Terrasse auf gut 250 Metern Höhe im Steilhang des Taunus­Absturzes im Rüdesheimer Berg Rottland. Im<br />

Winkeler Jesuitengarten hingegen schauen die Trauben ebenerdig auf den vorbeiziehenden Rhein, als Teil eines<br />

historischen »Clos« von einer Weinbergsmauer geschützt, die den Ort zu einer der wärmsten Lagen im Rheingau<br />

macht. »Wir haben eine große Diversität an Flächen«, resümiert Michael Burgdorf, seit 20 Jahren Betriebsleiter<br />

beim Weingut Wegeler aus Oestrich­Winkel im Rheingau, »und das hat natürlich auch Nachteile wie die langen<br />

Fahrwege. Aber es ist unsere Rückversicherung gegen die Erderwärmung. Denn als Winzer reagierst du auf die<br />

Wetterextreme nicht durch möglichst kühle Lagen, sondern durch einen Mix aus wärmeren und kühleren Lagen.«<br />

Viele Winzer, die alle ihre Rebberge »um den<br />

eigenen Kirschbaum haben«, wie Burgdorf<br />

es ausdrückt, stellt der Klimawan del zu nehmend<br />

vor Probleme. <strong>Das</strong> Weingut Wegeler mit sei ­<br />

nen 45 Hektar Rebfläche zwischen Hallgarten und<br />

Rüdesheim kommt damit bestens zurecht, vor allem<br />

bei sei ner Prestige­Cuvée, die vor 40 Jahren zum<br />

ersten Mal ab gefüllt wurde: Der Geheimrat »J« wird<br />

je nach Jahrgang aus bis zu 16 hervorragenden Einzella<br />

gen des Gutes assembliert, wodurch mögliche<br />

Schwan kungen ausgeglichen werden können. Zu seiner<br />

Entstehungszeit 1983 herrschten freilich ganz<br />

andere Probleme. Einerseits fielen manche Sommer<br />

emp findlich kühl und regnerisch aus, andererseits<br />

steckte der deutsche Wein mitten in seiner wohl<br />

größten Geschmackskrise: der sogenannten Süßwelle,<br />

als jegliche Qualität in einem Meer zuckriger<br />

Billigweine zu verschwinden drohte.<br />

»Damals«, erzählt Michael Burgdorf, »war der<br />

Geheimrat ›J‹ die Antwort auf die Frage: Wie be kommen<br />

wir über die Jahre ein reifes Produkt?« Qualität<br />

und Charakter allein hätten nicht genügt, um<br />

einen Wein in diesem schwierigen Umfeld durchzusetzen,<br />

er brauchte zudem eine starke Markenidentität.<br />

»Und heute ist ›J‹ die Antwort auf die Frage: Wie<br />

bekommen wir in Zeiten des Klimawandels einen<br />

Wein mit einem moderaten Alkohol, einer Frische<br />

und einem Alterungspotenzial, die dem Riesling ge ­<br />

recht werden?« Burgdorf fasziniert, dass ein Wein,<br />

der zur Avantgarde des deutschen Weinwunders ge ­<br />

hörte und dann zum Klassiker wurde, jetzt erneut<br />

an der Spitze steht.<br />

Der heutige Miteigentümer des Weinguts Wegeler,<br />

Ralf Frenzel, kennt die frühen Jahre des Geheimrat<br />

»J« nicht bloß aus eigener Anschauung, er war<br />

sogar an dessen Entstehung beteiligt. Frenzel hatte<br />

1982 nach einer Ausbildung als Koch und Restaurantfachmann<br />

19­jährig in der Wiesbadener Ente vom<br />

Lehel des Gastronomen und Küchenchefs Hans Peter<br />

Wodarz als Chefsommelier begonnen, zu einer Zeit,<br />

als dieser Beruf in Deutschland eben erst zu existieren<br />

begann. Die Ente war damals ein Zentrum der jungen<br />

deutschen Spitzenküche, und man war dort ganz<br />

besonders an der Verbindung von Essen und Wein<br />

interessiert. Als Pioniere der noch überschaubaren<br />

heimischen Gourmetszene schlossen das Ehepaar<br />

Wodarz und ihr junger Sommelier dabei deutschen<br />

Spitzenwein mit ein – wohl wissend, dass der zu<br />

Beginn der 80er­Jahre wenig mehr als ein Gerücht<br />

aus besseren Tagen war.<br />

Auf der Karte der Ente fanden die<br />

Winzer Impulse und Anregungen<br />

Aus diesem Grund hatte Wodarz’ Ehefrau Annema rie<br />

das Unternehmen »Die Nasen − Spezialweinversand<br />

und Beratung« gegründet, und innerhalb kurzer<br />

Zeit wurde Ralf Frenzel dessen Mastermind. Es galt<br />

nicht nur, die besten deutschen Weine für die Karte<br />

der Ente und den eigenen Vertrieb zu finden, sondern<br />

vor allem, den Winzern Impulse sowie Anregungen<br />

zu geben, ihre Weine nach französischem<br />

Vorbild trocken und als mögliche Essensbegleiter<br />

an zule gen. Für eine »Nasen«­Kollektion wurden<br />

sogar Weine exklusiv in Auftrag gegeben und nach<br />

einem eigenem Konzept vinifiziert: »Die ›Nasen‹­<br />

Weine gären vollkommen durch. Sie werden nicht<br />

entsäuert, sondern reifen und entwickeln ihre Harmonie<br />

individuell im Holzfass – je nach Beschaffenheit<br />

über mehrere Jahre.«<br />

Damals war der Gastraum der Ente so etwas<br />

wie die Brutstätte des späteren deutschen<br />

Weinwunders. Im Wochentakt diskutierten<br />

dort aufgeschlossene Winzer, Händler und Gastronomen<br />

über Veränderungen und Konzepte, ließen<br />

sich von den Visionen der Familie Wodarz und Ralf<br />

Frenzels inspirieren. Auch Rolf Wegeler und Norbert<br />

Holderrieth aus dem nahen Rheingau waren Stammgäste,<br />

und gerade bei ihnen fiel die Mahnung des jun ­<br />

gen Sommeliers nach einem »konsequenten Weg in<br />

Richtung Qualität« auf fruchtbaren Boden. Ihr Gut<br />

war schon länger – auch dank seiner tradi tionellen<br />

Orientierung in Richtung Export – ein Vorrei ter<br />

bei trockenen Rieslingen, es arbeitete mit wenig<br />

Chemie, keiner Entsäuerung, niedrigem Ertrag und<br />

einer späten, aber nicht zu späten Lese. 1983, im<br />

Jahr eins nach dem Jubiläum »100 Jahre Weingüter<br />

Wegeler­Deinhard«, kreierte Holderrieth dann den<br />

Der Rüdesheimer Berg Roseneck gehört zu<br />

den vier herausragenden Lagen, die gleichsam<br />

als Rückgrat der Cuvée jedes Jahr dabei sind<br />

Geheimrat »J«, einen trockenen Rheingau­Riesling,<br />

dessen Mostgewicht von 93 Oechsle deutlich über<br />

dem einer normalen Spätlese lag.<br />

Eine trockene Spätlese? <strong>Das</strong> erschien<br />

bei der Premiere 1985 exotisch<br />

Als Spätlese hielt sich der 1985 vorgestellte Premieren<br />

jahrgang im Rahmen des deutschen Weingesetzes<br />

– die Geschmacksrichtung trocken machte<br />

ihn allerdings zum Exoten. Weine ohne Restsüße<br />

bildeten weniger als fünf Prozent der Produktion,<br />

meistens Diabetikerweine als QbA oder Kabinett.<br />

Daneben wich der Geheimrat »J« gleich in zweierlei<br />

Hinsicht grundlegend von den klassischen Prin zi ­<br />

pien des deutschen Weinbaus ab. Erst einmal durch<br />

das Konzept: Die Trauben stammten nicht aus einer<br />

einzelnen Lage, sondern waren eine Cuvée der besten<br />

Partien des Gutes. <strong>Das</strong> war und ist in der Champagne<br />

oder in Bordeaux gang und gäbe, gilt dort doch die<br />

Assemblage, also das Zusammenstellen eines Blends<br />

durch den Kellermeister und sein Team, als eigene<br />

Kunstform. Eins und eins sind da mehr als zwei, die<br />

Cuvetierung wird dazu genutzt, einem Wein durch<br />

die Auswahl seiner Bestandteile die größtmögliche<br />

Balance und Komplexität zu verleihen. Außerdem<br />

können die Nachteile eines Jahrgangs ausgeglichen<br />

werden, sodass mit der Zeit in den Weinen eine<br />

Kontinuität sichtbar wird, nämlich das Savoir­faire<br />

104 <strong>FINE</strong> 1 | <strong>2024</strong> RHEINGAU<br />

RHEINGAU <strong>FINE</strong> 1 | <strong>2024</strong> 105

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