06.03.2024 Aufrufe

Deutscher Musikrat - Podium Gegenwart Jahresdokumentation 2023

Das Podium Gegenwart präsentiert seine geförderten Projekte des Jahres 2023: die in der Edition Zeitgenössische Musik erschienenen CD-Porträts, die Ensembleprojekte des Programms InSzene, den European Workshop for Contemporary Music in Köln und Warschau sowie Kompositionsförderungen und Vermittlungsangebote.

Das Podium Gegenwart präsentiert seine geförderten Projekte des Jahres 2023: die in der Edition Zeitgenössische Musik erschienenen CD-Porträts, die Ensembleprojekte des Programms InSzene, den European Workshop for Contemporary Music in Köln und Warschau sowie Kompositionsförderungen und Vermittlungsangebote.

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PROJEKTE<br />

<strong>2023</strong>


UNSERE PROJEKTE UND FÖRDERPROGRAMME<br />

INHALT<br />

ENSEMBLES<br />

UNSERE PROJEKTE UND FÖRDERPROGRAMME<br />

ENSEMBLES<br />

WETTBEWERBE<br />

WETTBEWERBE<br />

Inhalt 1<br />

Vorwort 2<br />

Edition Zeitgenössische Musik 4<br />

InSzene 18<br />

European Workshop 30<br />

FÖRDERUNG<br />

Team <strong>Podium</strong> <strong>Gegenwart</strong> 36<br />

Ausblick und Beiräte 37<br />

FÖRDERUNG<br />

SERVICE<br />

Bildverzeichnis 38<br />

Förderer 39<br />

TEMPORÄRE FÖRDERPROGRAMME<br />

SERVICE<br />

TEMPORÄRE FÖRDERPROGRAMME<br />

Dokumentation des Symposiums<br />

Mittelteil<br />

„Diversität und neue Musik“<br />

WWW.MUSIKRAT.DE<br />

WWW.MUSIKRAT.DE<br />

1


VORWORT<br />

<strong>Podium</strong> <strong>Gegenwart</strong> konnte <strong>2023</strong> in besonderer Weise<br />

einlösen, wozu es sich im Namen bekennt: Mit seinem<br />

Symposium zu Vielfalts-Aspekten in der Ensemble-<br />

Arbeit bot es nicht nur ein Forum für Diskussion und<br />

Austausch zum Thema „Diversität und neue Musik“. Es<br />

präsentierte auch mit fünf Konzerten von Ensembles<br />

aus seiner InSzene-Förderung ein beeindruckendes<br />

Panorama der Arbeit junger Akteur:innen aus der experimentellen<br />

Musikszene.<br />

Ein inzwischen seit 20 Jahren etabliertes <strong>Podium</strong> für den<br />

internationalen Austausch im Bereich aktueller Musik ist<br />

der European Workshop for Contemporary Music. Zwei<br />

Jubiläumskonzerte mit drei Uraufführungen in Köln und<br />

Warschau waren hier die Gelegenheiten zu vertiefenden<br />

Begegnungen von Musiker:innen, Institutionen und<br />

Politik insbesondere zwischen Deutschland und Polen.<br />

In Anknüpfung an die Edition Zeitgenössische Musik<br />

entstanden auch in diesem Jahr neue Vermittlungsaktivitäten.<br />

Erstmals wird ein Projekt aus der EZM-<br />

Amateurförderung veröffentlicht und eröffnet so ein<br />

neues Portal für Amateur-Musiker:innen. Und das kurz<br />

vor der Veröffentlichung stehende Starterkit Abenteuer<br />

Neue Musik stellt in kompakter Form Anleitungen für neue<br />

Musik im Musikunterricht zur Verfügung.<br />

Wir möchten allen Förderern, Partner:innen, Freund:innen<br />

und den Gremienmitgliedern unserer Projekte sowie allen<br />

Verantwortlichen beim Deutschen <strong>Musikrat</strong> für die Unterstützung<br />

unserer gemeinsamen Arbeit für die neue Musik<br />

sehr herzlich danken. Nicht zuletzt sei hier vor allem in<br />

diesem arbeitsreichen Jahr meinen Kolleg:innen herzlich<br />

gedankt, ohne deren große Einsatzbereitschaft diese Aktivitäten<br />

nicht möglich wären.<br />

Olaf Wegener<br />

<strong>Podium</strong> <strong>Gegenwart</strong><br />

Projektleitung<br />

Gerardo Scheige, Sina Miranda, Insa Murawski und Olaf Wegener (von links)<br />

Teamfoto aus Anlass des Jubiläumskonzerts des European Workshop beim<br />

Festival ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln<br />

2 3


EDITION<br />

ZEITGENÖSSISCHE<br />

MUSIK<br />

Seit 1986 fördert die Edition Zeitgenössische Musik (EZM)<br />

junge Komponist:innen mit der Veröffentlichung einer individuellen<br />

Porträt-CD und dokumentiert so das zeitgenössische<br />

Musikleben in Deutschland. Als musikalische<br />

Visitenkarte bieten die Porträts eine hochwertige Präsentationsmöglichkeit<br />

mit internationaler Reichweite.<br />

Produziert werden die Aufnahmen überwiegend in Kooperation<br />

mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, vor allem mit<br />

Deutschlandfunk und Deutschlandfunk Kultur. Beim Label<br />

WERGO werden die Porträts veröffentlicht. Durch zahlreiche<br />

Ko- und Eigenproduktionen fördert die EZM außerdem<br />

Ensembles und Interpretierende. Zudem bieten ausführli-<br />

che Booklettexte Informationen zu einzelnen Werken<br />

und zur Einordnung in heutige Musikströmungen. Die<br />

Edition fördert damit auch das allgemeine Verständnis<br />

für aktuelle musikalische Ausdrucksformen.<br />

<strong>2023</strong> wurden Misha Cvijović, Amen Feizabadi und Sara<br />

Glojnarić vom EZM-Beirat für neue Porträts ausgewählt.<br />

Außerdem konnten zahlreiche Produktionen durchgeführt<br />

und Porträts komplettiert werden. In Koproduktion<br />

mit dem Deutschlandfunk wurde ein Großteil<br />

der Aufnahmen für das Porträt von Elnaz Seyedi produziert.<br />

Zu den Interpret:innen zählten unter anderem<br />

das Ensemble Musikfabrik, das Kommas Ensemble<br />

sowie Musiker:innen des Ensemble Aventure. Für den<br />

in Hamburg ansässigen Benjamin Scheuer wurden<br />

Videoproduktionen im dortigen Resonanzraum mit<br />

Vanessa Porter und Nikolai Rosenberg durchgeführt.<br />

Farzia Fallahs Porträt konnte dieses Jahr finalisiert<br />

werden und erscheint Anfang 2024.<br />

Unsere Porträtfilmreihe wurde ebenfalls fortgeführt<br />

mit Clips zu Genoël von Lilienstern und Jonah Haven.<br />

4 5


EDITION ZEITGENÖSSISCHE MUSIK<br />

CD-PORTRÄT<br />

MARKO<br />

NIKODIJEVIC<br />

geboren 1980 in Serbien<br />

ELEKTRONISCH INSPIRIERTE<br />

ORCHESTERKLÄNGE<br />

Marko Nikodijevic präsentiert sich auf diesem Porträt<br />

mit drei großen Orchesterwerken, die vom Rundfunk-<br />

Sinfonieorchester Berlin (RSB) und dem hr-Sinfonieorchester<br />

Frankfurt interpretiert werden. Die Stücke werfen<br />

auf unterschiedliche Weise einen Blick in die Vergangenheit:<br />

Mal knüpfen sie an musikalische oder kulturelle<br />

Traditionen, mal an persönliche Erinnerungen an.<br />

„ABSOLUTIO“ entfaltet sich wie die meisten Werke des<br />

Komponisten aus einem einfachen, aber strengen formalen<br />

Prinzip, in diesem Fall einem Dreiklang. Später bildet<br />

sich eine spiralförmig wirbelnde Konstruktion eines immer<br />

größer werdenden Gravitationsfeldes mit den entfernten<br />

Umrissen einer Sonatenform. „abgesang“ wiederum<br />

hat ganz persönliche Bezüge zur Vergangenheit<br />

des Komponisten. Das Werk vertont ein symmetrisch<br />

aufgebautes Gedicht seines ehemaligen Klavierlehrers<br />

Mátyás Molcer, welches eine herbstliche Friedhofslandschaft<br />

beschreibt. Es wurde geschrieben im Jahr<br />

1995, als sich die Heimat des Komponisten, das ehemalige<br />

Jugoslawien, im Bürgerkrieg befand.<br />

In „da ispravitsja / gebetsraum mit nachtwache“ geht<br />

Nikodijevic noch weiter in den Erinnerungen zurück und<br />

beschäftigt sich mit dem kulturellen Erbe seiner Heimat,<br />

mit der Musik und Liturgie der serbisch-orthodoxen<br />

Kirche. Mit für ihn charakteristischen, durch elektronische<br />

Musik inspirierten Mitteln wie Hall, Resonanz<br />

und Echo, erschafft er in diesem Werk einen dunklen,<br />

kirchenähnlichen Klangraum.<br />

Marko Nikodijevic studierte Komposition<br />

in Belgrad bei Srdjan Hofman und<br />

in Stuttgart bei Marco Stroppa. Der<br />

Komponist lebt derzeit in Belgrad.<br />

6 7


EDITION ZEITGENÖSSISCHE MUSIK<br />

CD-PORTRÄT<br />

JONAH HAVEN<br />

ZERBRECHLICHE<br />

geboren 1995 in Ohio, USA<br />

SCHÖNHEIT<br />

Extremer Ausdruck und zerbrechliche Schönheit treffen<br />

in der Musik von Jonah Haven aufeinander. Der Komponist<br />

begreift sein Schaffen als Auseinandersetzung<br />

mit seinem eigenen Leben und existenziell menschlichen<br />

Erfahrungen wie Verzweiflung, Verlust und Isolation.<br />

Angetrieben von der steten Suche nach Neuem<br />

schöpft Haven aus einer breiten Klangpalette. In den zumeist<br />

klein besetzten Werken des Porträts finden sich<br />

etwa mikrotonale Verschiebungen im Akkordeon-<br />

Duett „i burn a million years“. An anderer Stelle scheinen<br />

Reste tonaler, traditioneller Musik unter verzerrten<br />

und perforierten Klängen durch, die wesentlich von<br />

Multiphonics erzeugt werden, wie in „slip letting by<br />

hand“, einem Duo für Violine und Violoncello.<br />

Viele der Stücke bringen die Musiker:innen hörbar an<br />

ihre körperlichen Grenzen wie etwa in „aren’t wet“ für<br />

präpariertes Fagott und Violine mit präpariertem Bogen,<br />

in der sich die beiden unähnlichen Instrumente durch<br />

die Präparationen und Verstärkung einander klanglich<br />

annähern. In dem titelgebenden großen Ensemblestück<br />

„gasser“ entsteht durch hohe Lagen und das Fehlen von<br />

Atempausen ein kaum vermeidbares „Schnaufen“ beim<br />

Lufteinsaugen. Bookletautor Gordon Kampe resümiert:<br />

„Auch in ‚gasser‘ kippt, das verbindet fast alle Stücke<br />

miteinander, die vermeintlich strenge Schönheit durch<br />

verschiedenste klangliche Verschmutzungen in eine –<br />

weil nicht perfekte – menschliche.“<br />

Jonah Nuoja Luo Haven, Preisträger<br />

des Bernd-Alois-Zimmermann-Kompositionspreises<br />

2018 der Stadt Köln, ist<br />

Komponist, Improvisator und Pianist. Er<br />

studierte Komposition am Oberlin Conservatory<br />

bei Josh Levine und Aaron Helgeson,<br />

an der Hochschule für Musik und<br />

Tanz in Köln bei Brigitta Muntendorf und<br />

promoviert zurzeit an der Harvard University<br />

bei Chaya Czernowin.<br />

www.jonahhaven.com<br />

8 9


EDITION ZEITGENÖSSISCHE MUSIK<br />

CD-PORTRÄT<br />

VLADIMIR<br />

GRENZENLOS<br />

ÜBERRASCHEND<br />

GUICHEFF BOGACZ<br />

geboren 1986 in Uruguay<br />

Vladimir Guicheff Bogacz‘ Musik lebt von Überraschungen.<br />

Hinter jeder Note verbergen sich unerwartete<br />

Wendungen, die wiederum in ein überschäumendes<br />

Klangmeer münden. Genregrenzen werden dabei bewusst<br />

überschritten oder erst gar nicht anerkannt.<br />

Neue Musik trifft auf Jazz trifft auf südamerikanische<br />

Folklore. Booklet-Autor Rainer Nonnenmann fasst<br />

Guicheff Bogacz‘ musikalischen Ansatz wie folgt zusammen:<br />

„Kaum etwas in seiner Musik ist so, wie man<br />

es bei einer bestimmten Besetzung, Gattung, Sparte<br />

oder Stilistik erwartet. Bestehende Traditionen und<br />

Narrative werden neu befragt, anders gewendet oder<br />

aufgelöst.“<br />

So greift der gebürtige Uruguayer beispielsweise in<br />

„encuentros casuales“ auf Musik des Jazz-Saxofonisten<br />

Eric Dolphy zurück oder lässt das Cello in „igualito,<br />

igualito, igualito“ wie die Gitarre der chilenischen Sängerin<br />

Violeta Parra klingen. „Vos, seguime“ reflektiert<br />

das klassische Klaviertrio, indem seine Erweiterung<br />

zugleich zu dessen Dekonstruktion führt. Schließlich<br />

dürfen die Mitglieder des Kollektiv3:6Koeln in der<br />

Ensemblekomposition „Heimlich“ eine knapp 35-minütige<br />

Tour de Force absolvieren: Darin setzt sich Vladimir<br />

Guicheff Bogacz mit den Restriktionen der Coronapandemie<br />

auseinander, um daraus eine Wundertüte künstlerischer<br />

Möglichkeiten zu entwickeln.<br />

Vladimir Guicheff Bogacz studierte<br />

Komposition u.a. bei Osvaldo Budón,<br />

Johannes Schöllhorn und Brigitta<br />

Muntendorf an der Escuela Universitaria<br />

de Música in Montevideo sowie<br />

an der Hochschule für Musik und Tanz<br />

Köln.<br />

10 11


EDITION ZEITGENÖSSISCHE MUSIK<br />

KOMPOSITIONSAUFTRÄGE<br />

KOMPOSITIONSAUFTRÄGE<br />

Seit 2022 fördert <strong>Podium</strong> <strong>Gegenwart</strong> mit<br />

der EZM-Amateurförderung und der EZM-<br />

Orchesterförderung die Präsenz zeitgenössischer<br />

Musik in der Breite des deutschen<br />

Musiklebens. Auch <strong>2023</strong> wurden beide<br />

Fördermaßnahmen erneut ausgeschrieben<br />

und Aufträge an Komponist:innen aus der<br />

Edition Zeitgenössische Musik vergeben.<br />

Philipp Maintz komponiert für das Sinfonieorchester Aachen<br />

EZM-Orchesterförderung<br />

Die EZM-Orchesterförderung vertieft den Austausch<br />

zwischen Komponist:innen und Orchestern, wovon bei-<br />

de Seiten profitieren. Ziel ist es, neue und experimentelle<br />

Musik auch in den regulären Programmen professio-<br />

neller Orchester selbstverständlich erlebbar zu machen.<br />

Das Sinfonieorchester Aachen wird gemeinsam mit<br />

Philipp Maintz an einem neuen Werk arbeiten, das an<br />

Neujahr 2025 in Aachen und am 5. Januar 2025 in der<br />

Kölner Philharmonie aufgeführt werden soll. Der gebür-<br />

tige Aachener wird ein Stück schreiben, das in einem<br />

Programm mit Beethovens 9. Sinfonie erklingt.<br />

Das freie Kammerorchester Eroica Berlin hat ein Kon-<br />

zert mit dem Titel „Strenges Licht“ konzipiert. Hierfür<br />

wird der 28-jährige US-Amerikaner Jonah Haven sein<br />

neues Werk „parhelion“ schreiben, das sich ähnlich wie<br />

die ebenfalls erklingende 3. Sinfonie von Jean Sibelius<br />

mit eindringlichen und mystischen Licht-Erfahrungen<br />

auseinandersetzt. Die Uraufführung ist für November<br />

2025 geplant.<br />

12 13


EDITION ZEITGENÖSSISCHE MUSIK<br />

KOMPOSITIONSAUFTRÄGE<br />

Die Fachjury Amateurförderung traf auch <strong>2023</strong> eine<br />

neue Auswahl: Diesmal wurde dem Chor Cantamus<br />

Gießen die Förderung zugesprochen. Die Sänger:innen<br />

erhalten ebenfalls eine eigens auf sie zugeschnittene<br />

Auftragskomposition und entschieden sich für Oxana<br />

Omelchuk. Die Erarbeitung der Stücke erfolgt wie bei<br />

den vorangegangenen Projekten gemeinsam mit der<br />

Komponistin und wird audiovisuell für das Amateur-<br />

Portal aufbereitet.<br />

Oxana Omelchuk und Cantamus Gießen<br />

Das erste Amateur-Projekt von Dariya Maminova und Triolade steht auf www.vermittlung-neue-musik.de<br />

EZM-Amateurförderung<br />

Die ersten Kompositionen des Jahrgangs 2022 konnten<br />

<strong>2023</strong> fertiggestellt werden. Dariya Maminova komponierte<br />

für und mit dem Akkordeontrio Triolade aus<br />

Halle das Werk „Sehen“. Das Trio führte das Werk im<br />

Rahmen des Bundeswettbewerbs Jugend musziert in<br />

Zwickau auf und gewann in der Kategorie Akkordeon-<br />

Kammermusik den ersten Bundespreis. „Sehen“ wurde<br />

von der Jury sowohl in der Tonsprache als auch in dem<br />

Engagement für das Akkordeon und neuer Musik herausgehoben.<br />

Als erste Kooperation mit Amateur:innen<br />

ist das Projekt im Internet dokumentiert, und auch die<br />

Partitur steht zum Download zur Verfügung.<br />

Im Sommer wurde „more something together“ fertiggestellt<br />

– ein Solostück der Komponistin Georgia Koumará<br />

für die junge, in Leipzig lebende Geigerin Alice Grouchman.<br />

Das Werk reflektiert die enge Beziehung zwischen<br />

Musikerin und Instrument, mit allen Höhen und Tiefen. Die<br />

Uraufführung findet in der ersten Jahreshälfte 2024 statt.<br />

Auch das Werk „Takelage“ für das Norddeutsche Zupforchester<br />

konnte <strong>2023</strong> von Birke Bertelsmeier vollendet<br />

werden. Die Erarbeitung wird Anfang 2024 filmisch dokumentiert,<br />

und die Uraufführung findet am 11. Februar<br />

2024 in der Elbphilharmonie in Hamburg statt.<br />

14 15


EDITION ZEITGENÖSSISCHE MUSIK<br />

VERMITTLUNG<br />

VERMITTLUNG<br />

Die Vermittlungsprojekte zur Edition Zeitgenössische Musik wurden auch <strong>2023</strong><br />

wieder fortgesetzt. Das aktuellste Abenteuer Neue Musik-Projekt mit Clara<br />

Iannotta lädt mit einer umfangreichen, online verfügbaren Materialsammlung<br />

Musikpädagog:innen zum Nachmachen ein. Auch das Starterkit Abenteuer Neue<br />

Musik steht mit zusätzlichen Online-Materialien in den Startlöchern.<br />

Projekten und kam auf die Idee, diesen reichen Fundus an<br />

Konzepten, Spielen und Übungen zu nutzen und daraus<br />

ein Starterkit zu erstellen, mit dem Musikpädagog:innen<br />

auch ohne Vorerfahrung der Weg zur neuen Musik erleichtert<br />

wird.<br />

Abenteuer Neue Musik: Clara Iannotta<br />

Nach eingehender Beratung mit der Musikpädagog:in<br />

Stephanie Pladeck und in gemeinsamer Arbeit mit der<br />

Im Rahmen der Donaueschinger Musiktage findet<br />

alljährlich ein Seminar für Musikpädagog:innen und<br />

Interpret:innen in der Bundesakademie für musikalische<br />

Jugendbildung Trossingen statt. Dabei wird das jüngste<br />

Projekt unserer Vermittlungsreihe Abenteuer Neue<br />

Musik präsentiert. Grundlage der aktuellen Ausgabe<br />

bildet Clara Iannottas Streichquartett „dead wasps in<br />

the jam-jar (iii)“, das mittels präparierter Instrumente<br />

und Elektronik und mit Blick auf den Titel eine ebenso<br />

beklemmende wie faszinierende Klanglandschaft evoziert.<br />

Entwickelt wurde das Vermittlungskonzept mit<br />

den Teilnehmer:innen des letztjährigen Seminars in<br />

Trossingen. Die Erprobung und Durchführung des Projekts<br />

mit einem Musikkurs der Jahrgangsstufe 11 am<br />

Theodor-Heuss-Gymnasium Sulzbach/Saar übernahmen<br />

Prof. Dr. Matthias Handschick und Anika Weyand<br />

(Hochschule für Musik Saar).<br />

Clara Iannotta<br />

Starterkit Abenteuer Neue Musik beim Helbling Verlag<br />

Starterkit Abenteuer Neue Musik<br />

Was lange währt...: Mitten in der Corona-Zeit erteilte<br />

<strong>Podium</strong> <strong>Gegenwart</strong> einen Auftrag an Tim Rogasch, ein<br />

Spiel zu entwickeln, mit dem Schüler:innen niedrigschwellig<br />

einen Einstieg in die neue Musik finden können.<br />

Zur Vorbereitung beschäftigte sich der Spiel- und<br />

Lerndesigner intensiv mit den Abenteuer Neue Musik-<br />

Kuratorin der Reihe Abenteuer Neue Musik, Silke Egeler-<br />

Wittmann, entstand ein modulares Baukastensystem,<br />

aus dem Musikpädagog:innen ein eigenes Projekt mit<br />

neuer Musik entwickeln können. Gesammelt wurden<br />

künstlerische Heranführungen an die Stücke, Warm-Ups<br />

und Spiele, Ideen und Beispiele der Klangerzeugung,<br />

viele Anleitungen zum eigenen Experimentieren bis hin<br />

zur Entwicklung und Aufführung einer eigenen Komposition.<br />

Symbole zu zeitlichem Umfang, Sozialform, Zielen<br />

und Tipps geben Hilfestellung bei der Auswahl und verschaffen<br />

einen schnellen Überblick.<br />

Verlinkt sind die Karten mit einer Vielzahl an praktischen<br />

Beispielen, Videos und Arbeitsblättern aus den Abenteuer<br />

Neue Musik-Projekten. Die Veröffentlichung des<br />

Starterkits beim Helbling-Verlag ist für Anfang 2024 geplant.<br />

16 17


INSZENE<br />

Mit dem Förderprogramm InSzene unterstützt das<br />

<strong>Podium</strong> <strong>Gegenwart</strong> junge Ensembles sowie solistische<br />

Interpret:innen neuer Musik, um die am Beginn einer<br />

professionellen Laufbahn anfallenden Herausforderungen<br />

zu meistern.<br />

In der Förderung sollen die Voraussetzungen für eine<br />

zukunftsfähige Infrastruktur geschaffen und das dafür<br />

notwendige Know-how vermittelt werden: <strong>Podium</strong><br />

<strong>Gegenwart</strong> dient den Geförderten als beratende Anlaufstelle<br />

für Fragen zu administrativen Themen wie<br />

Projektplanung oder Mittelakquise und bietet entsprechende<br />

Seminare und Coachings.<br />

Die Entwicklung einer optimalen Außenwirkung wird<br />

u.a. durch hochwertige Audio- und Videoaufnahmen<br />

sowie professionelle Webseiten gefördert. Daneben<br />

stehen künstlerische Fragen im Mittelpunkt, z.B. Arbeitsphasen<br />

zur Profilbildung, die Vermittlung von<br />

Ensemble-Patenschaften und die Vergabe von Kompositionsaufträgen.<br />

Die Förderung ist konkret auf den<br />

jeweiligen Bedarf abgestimmt. So werden die Geförderten<br />

ganz individuell in Szene gesetzt.<br />

18 19


INSZENE<br />

SYMPOSIUM UND KONZERTE<br />

SYMPOSIUM<br />

UND KONZERTE<br />

Im Rahmen des Symposiums „Diversität und neue Musik – Vielfalts-Aspekte in der<br />

Ensemble-Arbeit“ am 27. und 28. September <strong>2023</strong> in der Villa Elisabeth in Berlin haben<br />

sich vier durch InSzene geförderte Ensembles und eine Solistin präsentiert. Die Veranstaltung<br />

bildete den Abschluss des Förderzyklus der Ensembles.<br />

Das Broken Frames Syndicate zeigte Vladimir<br />

Guicheff Bogacz‘ Klang-Installation<br />

„Anwesend“. <strong>Podium</strong> <strong>Gegenwart</strong> hatte<br />

den EZM-Komponisten 2022 mit dem Werk<br />

beauftragt.<br />

Das Trio Abstrakt spielte u.a. Live-Uraufführungen<br />

von Rachel C. Walkers „Third<br />

Existence“ und der audiovisuellen Komposition<br />

„Diametrale Wahrnehmung“<br />

von Farhad Ilaghi Hosseini und Hassan<br />

Sheidaei. Beide Werke sind 2021 im<br />

InSzene-geförderten Projekt nMTV entstanden.<br />

Außerdem wurde das neue Auftragswerk<br />

„KEEP. ThiS. RooM.“ des EZM-<br />

Komponisten Jonah Haven uraufgeführt.<br />

links: Das Trio Abstrakt mit Hassan Sheidaeis Video „Diametrale Wahrnehmung“<br />

rechts: Peng-Hui Wang vom Broken Frames Syndicate<br />

20 21


INSZENE<br />

SYMPOSIUM UND KONZERTE<br />

Natasha López vom TRIO visà-vis<br />

sprang spontan mit einer<br />

Solo-Performance ein. Sie sang<br />

Werke von Giacinto Scelsi, Margarete<br />

Huber, Georges Aperghis und<br />

Adriana Hölszky.<br />

Unter dem Titel „Contemporary<br />

Insights meets SOMAX2 AI<br />

agent“ hat das erstgenannte Ensemble<br />

in Kooperation mit dem<br />

IRCAM mit einer künstlichen Intelligenz<br />

zusammengespielt. Zuvor<br />

wurden Soloaufnahmen der<br />

Musiker:innen eingespeist und<br />

die KI zu einem weiteren Mitglied<br />

des Ensembles.<br />

The Interstring Project hat mit<br />

„Electric Dreams“ ein interaktives<br />

Gamekonzert auf die Bühne gebracht,<br />

in dem das Publikum über<br />

das Tool „Touchy“ musikalisch<br />

mitgestalten konnte. Integriert in<br />

das Programm waren u.a. Werke<br />

von Sarah Nemtsov, Eigenkompositionen<br />

und die Uraufführung<br />

von Yiran Zhaos „negative space<br />

B- 世 外 桃 源 (shì wài táo yuán)“. Natasha López (links), Contemporary Insights mit Mikhail Malt vom IRCAM (oben) und The Interstring Project (unten)<br />

22 23


INSZENE<br />

INSZENE: VOKAL<br />

Andrea Conangla — Neue Kammer — TRIO vis-à-vis — Viktoriia Vitrenko<br />

VOKAL<br />

Auch für Viktoriia Vitrenko wurden neue Porträtfotos<br />

erstellt. Außerdem konnte durch InSzene<br />

die Vinyl-Pressung des groß angelegten audiovisuellen<br />

Projekts „Limbo“ realisiert werden. Die<br />

Schallplatte erscheint 2024 bei dem neuen ukrainischen<br />

Label „Kyiv Dispatch“.<br />

Viktoriia Vitrenko (unten) und das Cover ihres<br />

Albums „Limbo“ (rechts)<br />

TRIO vis-à-vis<br />

Andrea Conangla wird im kommenden Jahr ein Album<br />

veröffentlichen, das sich um die Poesie von Fernando<br />

Pessoa dreht. Hierfür hat <strong>Podium</strong> <strong>Gegenwart</strong> einen<br />

Kompositionsauftrag an Igor C. Silva vergeben.<br />

Außerdem wurde für die Sopranistin ein Videodreh ermöglicht,<br />

bei dem sie Puccinis Arie „Quando m‘en vo“<br />

mit einem viralen YouTube-Video kombinierte, um zum<br />

Weltfrauentag auf Diskriminierung und sexuelle Belästigung<br />

von Frauen aufmerksam zu machen.<br />

Im TRIO vis-à-vis hat es dieses Jahr einen personellen<br />

Wechsel gegeben: Petra Arman ist die neue Flötistin!<br />

Neue Ensemblefotos und Videoproduktionen präsentieren<br />

das Trio in neuer Besetzung.<br />

24 25


INSZENE<br />

NEUE ENSEMBLES<br />

IN DER FÖRDERUNG<br />

Im Sommer wurden drei neue Ensembles ins InSzene-Programm aufgenommen:<br />

ÉRMA Ensemble, Fabrik Quartet und Ensemble uBu<br />

ÉRMA (links), Fabrik Quartet (oben) und<br />

uBu (rechts)<br />

Das ÉRMA Ensemble mit Sitz in Köln definiert sich über kreatives Denken und offene Kommunikation. In ihrer<br />

Arbeit streben sie die Infragestellung und Neudefinition etablierter Normen und Protokolle an. Als Mantra hat<br />

es sich dafür das „schamlose Experimentieren“ gesetzt.<br />

Das Fabrik Quartet aus Frankfurt am Main ist ein Vollzeit-Streichquartett, das die Musik von heute mit dem<br />

Publikum von heute verbinden möchte. Es befasst sich mit dem künstlerischen Ausdruck unserer Zeit und der<br />

Frage, wie sich eine Welt im ständigen Wandel in die Musik überträgt. So möchten die Musiker:innen Konzerterlebnisse<br />

schaffen, die die Fantasie über eine mögliche Zukunft wecken.<br />

Das Kölner Ensemble uBu ist ein multidisziplinäres<br />

Ensemble aus Musiker:innen und<br />

Tänzer:innen, das neue Konzertperformances<br />

an den Reibungsflächen zwischen Musik,<br />

Tanz und anderen Kunstformen entwickelt.<br />

Mit Fokus auf Bewegung und Körperlichkeit<br />

überschreitet es die Grenzen von tradierten<br />

Formaten, Rollenzuschreibungen und Kunstsparten,<br />

um ein heterogenes Publikum zu<br />

erreichen.<br />

26 27


INSZENE<br />

70 Jahre <strong>Deutscher</strong> <strong>Musikrat</strong> -<br />

Festkonzert<br />

Im Jahr <strong>2023</strong> feierte der Deutsche <strong>Musikrat</strong> Geburtstag! Beim Festkonzert am 19.<br />

Oktober im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie präsentierten sich alle Projekte<br />

des <strong>Musikrat</strong>es vor rund 1.000 Gästen.<br />

Für das <strong>Podium</strong> <strong>Gegenwart</strong> brachte die Neue Kammer (InSzene) das neue Werk<br />

„Points and Lines on the Plane“ der EZM-Komponistin Anna Korsun auf die Bühne.<br />

Die Neue Kammer beim Festkonzert zum 70. Jubiläum des Deutschen <strong>Musikrat</strong>es in der Berliner Philharmonie<br />

28 29


INSZENE<br />

EUROPEAN<br />

WORKSHOP FOR<br />

CONTEMPORARY<br />

MUSIC<br />

Der European Workshop for Contemporary Music<br />

(EWCM) ist eine Kooperation zwischen <strong>Podium</strong><br />

<strong>Gegenwart</strong> des Deutschen <strong>Musikrat</strong>es und dem international<br />

renommierten Festival Warschauer Herbst.<br />

Hier erarbeiten junge Musiker:innen aus Deutschland,<br />

Polen und weiteren europäischen Ländern bedeutende<br />

Repertoirestücke der zeitgenössischen Musik und<br />

bringen zugleich Werke junger deutscher wie internationaler<br />

Komponist:innen zur Uraufführung. Ziel ist außerdem,<br />

die am Workshop Teilnehmenden zu eigenen<br />

Projekten im Bereich der neuen Musik zu motivieren,<br />

wie beispielsweise das 2014 gegründete und nunmehr<br />

in der europäischen Neue-Musik-Szene fest etablierte<br />

Ensemble Spółdzielnia Muzyczna aus Krakau.<br />

Der besondere Akzent des EWCM beruht auf dem Gedanken<br />

des internationalen Kulturaustausches. So<br />

werden regelmäßig weitere Partner aus dem europäischen<br />

Musikleben in die Organisation der Werkstatt<br />

eingebunden. Kern des Projekts ist die historisch wie<br />

aktuell bedeutsame deutsch-polnische Zusammenarbeit<br />

und deren Stärkung.<br />

Neben der musikalischen Arbeit wird den Teilnehmer:innen<br />

die Möglichkeit geboten, die Musikszenen<br />

der jeweiligen Partnerländer kennenzulernen.<br />

Wechselseitig organisierte Arbeitsphasen, Konzerte,<br />

Festivalbesuche und Gespräche mit Komponist:innen<br />

vertiefen diesen Aspekt, um somit einen nachhaltigen<br />

Beitrag zur internationalen Verständigung und europäischen<br />

Integration zu leisten.<br />

<strong>2023</strong> feierte der European Workshop for Contemporary<br />

Music seinen 20. Geburtstag mit Gastspielen bei<br />

den Festivals ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln und Warschauer<br />

Herbst. Im Zentrum des Programms stand<br />

die Einstudierung von Helmut Lachenmanns bereits<br />

im EWCM-Gründungsjahr aufgeführter Komposition<br />

„Mouvement (– vor der Erstarrung)“. Darüber hinaus<br />

erklangen neue, eigens zum Jubiläum in Auftrag gegebene<br />

Werke von Naomi Pinnock und Paweł Malinowski<br />

sowie des ehemaligen, langjährigen Festivalleiters des<br />

Warschauer Herbstes Tadeusz Wielecki.<br />

30 31


EUROPEAN WORKSHOP FOR CONTEMPORARY MUSIC<br />

KONZERTE <strong>2023</strong><br />

PROGRAMM <strong>2023</strong><br />

Naomi Pinnock „(were the ruins still there)“ (<strong>2023</strong>) Uraufführung Köln<br />

Tadeusz Wielecki „Plakat“ (<strong>2023</strong>) Uraufführung Warschau<br />

Paweł Malinowski „in dreams begin melodies“ (<strong>2023</strong>) Uraufführung Köln<br />

Helmut Lachenmann „Mouvement (– vor der Erstarrung)“ (1983/84)<br />

Wenn aus Zusammenarbeit Freundschaft wird: Die erste<br />

Ausgabe des European Workshop fand 2003 in Warschau<br />

statt. Seitdem hat sich das Kooperationsprojekt<br />

vom Deutschen <strong>Musikrat</strong> und Warschauer Herbst (WH)<br />

nicht nur als Konstante des interkulturellen Austauschs<br />

zwischen Deutschland und Polen etabliert, sondern<br />

sich auch kontinuierlich weiterentwickelt. So gibt es<br />

seit zehn Jahren im Vorfeld zweitägige Coachings mit<br />

renommierten Interpret:innen zeitgenössischer Musik,<br />

beispielsweise dem Ensemble Modern, dem Ensemble<br />

Musikfabrik oder dem Ensemble Recherche. Darüber<br />

hinaus wurden 2013 intensive Kooperationen mit polnischen<br />

Musikhochschulen initiiert, darunter der Städte<br />

Kraków (2013-15), Łódź (2016-17), Wrocław (2018-19)<br />

und Warschau (seit 2020).<br />

basieren auf literarischen Vorlagen und wissen durch<br />

akustische Zartheit zu fesseln. Als besonderes Geburtstagsgeschenk<br />

war im Warschauer Konzert zusätzlich<br />

eine neue, emphatische Komposition von Tadeusz<br />

Wielecki, Mitinitiator des European Workshop, zu hören.<br />

Konzert des European Workshop in Warschau<br />

Die Jubiläumskonzerte des European Workshop for Contemporary<br />

Music <strong>2023</strong> in Köln und Warschau warteten<br />

mit alten Bekannten und freudigen Überraschungen auf:<br />

Vor genau 20 Jahren erblickte mit Helmut Lachenmanns<br />

energiegeladenem und spielerisch höchst anspruchsvollem<br />

„Mouvement (– vor der Erstarrung)“ als Referenzstück<br />

der erste EWCM das Licht der Welt. Für das Festival<br />

ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln hatten der Deutsche<br />

<strong>Musikrat</strong>, die ACHT BRÜCKEN GmbH und der Warschauer<br />

Herbst zwei Werke in Auftrag gegeben: Naomi Pinnocks<br />

„(were the ruins still there)“ und Paweł Malinowskis „in<br />

dreams begin melodies“. Beide filigrane Klangwelten<br />

Der Künstlerische Leiter des EWCM Rüdiger Bohn &<br />

Assistent Elias Peter Brown (Forum Dirigieren)<br />

32 33


EUROPEAN WORKSHOP FOR CONTEMPORARY MUSIC KONZERTE <strong>2023</strong><br />

JUBILÄUM <strong>2023</strong><br />

Höhepunkte der diesjährigen Arbeitsphasen im Frühjahr und im Herbst waren die jeweiligen Abschlusskonzerte am<br />

30. April in Köln (Wallraf-Richartz-Museum) und 17. September in Warschau (Witold Lutosławski Saal des Polnischen<br />

Rundfunks). Ergänzt wurden beide Veranstaltungen durch festliche Empfänge, im Rahmen derer u.a. der Leiter des<br />

Kulturreferats der Deutschen Botschaft Warschau – Dr. Lorenz Barth – betonte, wie wichtig die gute deutsch-polnische<br />

Zusammenarbeit gerade in der gegenwärtigen Situation in Europa sei. Und Prof. Martin Maria Krüger, Präsident<br />

des Deutschen <strong>Musikrat</strong>es, hob hervor, dass man den EWCM unbedingt jetzt erfinden müsste, wenn es ihn in dieser<br />

Form nicht schon gäbe.<br />

Das Konzertprogramm meisterten die Teilnehmer:innen mithilfe des Experten für neue Musik, Prof. Rüdiger Bohn, der<br />

während der Arbeitsphase in Köln durch Mitglieder des Ensemble Musikfabrik sowie durch den jungen Dirigenten Elias<br />

Peter Brown (Stipendiat Forum Dirigieren) unterstützt wurde. Als besonders nachhaltige Erfahrung erwies sich zudem<br />

der Austausch mit Naomi Pinnock, Paweł Malinowski und Tadeusz Wielecki, bei dem die Komponist:innen aufschlussreiche<br />

Einblicke in ihre Klangvorstellungen und Ästhetik gaben.<br />

Mitglieder des European Workshop for Contemporary Music <strong>2023</strong><br />

Wenn aus Zusammenarbeit Freundschaft wird:<br />

Prof. Martin Maria Krüger (DMR) und Jerzy Kornowicz (WH)<br />

34 35


PODIUM<br />

GEGENWART<br />

AUSBLICK 2024<br />

Fristen<br />

Bis 3. März 2024 Edition Zeitgenössische Musik<br />

ganzjährig<br />

European Workshop for Contemporary Music<br />

BEIRÄTE<br />

TEAM<br />

Ein herzlicher Dank gilt unseren Beiräten <strong>2023</strong> für ihr Engagement und die Mitgestaltung unserer Projekte!<br />

Beirat <strong>Podium</strong> <strong>Gegenwart</strong><br />

Beirat Edition Zeitgenössische Musik<br />

Olaf Wegener<br />

Projektleitung<br />

Insa Murawski<br />

Projektkoordination<br />

InSzene<br />

EZM-Orchesterförderung<br />

murawski@musikrat.de<br />

+49 (0) 228 - 2091 - 144<br />

Sina MIranda<br />

Projektkoordination<br />

Edition Zeitgenössische Musik<br />

EZM-Amateurförderung<br />

miranda@musikrat.de<br />

+49 (0) 228 - 2091 - 170<br />

Gerardo Scheige<br />

Projektkoordination<br />

Edition Zeitgenössische Musik<br />

European Workshop<br />

scheige@musikrat.de<br />

+49 (0) 228 - 2091 - 145<br />

Jens Cording (Vorsitz)<br />

Prof. Susanne Blumenthal<br />

Dr. Julia Cloot<br />

Christine Fischer<br />

Prof. Stefan Fricke<br />

Bernhard Günther<br />

Julia Mihály<br />

Marc Niemann<br />

Leonie Reineke<br />

Tobias Rempe<br />

Lydia Rilling<br />

Ruth Velten<br />

Prof. Wolfgang Rihm (Vorsitz)<br />

Prof. Carola Bauckholt<br />

Mariano Chiacchiarini<br />

Sylvia Freydank<br />

Julia Gerber<br />

Dr. Lydia Jeschke<br />

Frank Kämpfer<br />

Prof. Dr. Ulrich Mosch<br />

Prof. Isabel Mundry<br />

Rainer Pöllmann<br />

Dr. Charlotte Seither


BILDVERZEICHNIS<br />

Cover: Nathan Watts (Broken Frames Syndicate), Symposium „Diversität und neue Musik“ © Anke Steinbeck (DMR)<br />

S. 3 Teamfoto <strong>Podium</strong> <strong>Gegenwart</strong> © Heike Fischer<br />

S. 5 Elnaz Seyedi und Gregor A. Mayrhofer im Deutschlandfunk © Rebecca ter Braak<br />

S. 7 Porträtfoto Marko Nikodijevic © Aleksandar Stanojevic | CD-Cover © Wergo/<strong>Deutscher</strong> <strong>Musikrat</strong> gGmbH<br />

S. 9 Porträtfoto Jonah Haven © Javad Javadzade | CD-Cover © Wergo/<strong>Deutscher</strong> <strong>Musikrat</strong> gGmbH<br />

S. 11 Porträtfoto Vladimir Guicheff Bogacz © Guillermo Urrutia | CD-Cover © Wergo/<strong>Deutscher</strong> <strong>Musikrat</strong> gGmbH<br />

S. 12 Philipp Maintz © Philipp Maintz | Sinfonieorchester Aachen © Mathias Baus<br />

S. 13 Eroica Berlin (c) Georg Tedeschi | Jonah Haven © Sina Miranda (DMR)<br />

S. 14 Screenshot www.vermittlung-neue-musik.de<br />

S. 15 Porträtfoto Cantamus Gießen © Cantamus Gießen | Porträtfoto Oxana Omelchuk © Oxana Omelchuk<br />

S. 16 Porträtfoto Clara Iannotta © Astrid Ackermann<br />

S. 17 Cover Starterkit Abenteuer Neue Musik © Helbling Verlag<br />

S. 19 Neue Kammer © Peter Adamik<br />

S. 20 Trio Abstrakt © Insa Murawski (DMR)<br />

S. 21 Peng-Hui Wang (Broken Frames Syndicate) © Anke Steinbeck (DMR)<br />

S. 22 Natasha López © Martin Sigmund<br />

S. 23 Contemporary Insights und The Interstring Project © Dominique Krentscher<br />

S. 24 TRIO vis-à-vis © Martin Sigmund<br />

S. 25 Cover Limbo: Foto © Elena Subach; Layout © Dasha Podoltseva<br />

Viktoriia Vitrenko © Elza Zherebchuk<br />

S. 26 ÉRMA Ensemble (c) Anna Tena<br />

S. 27 Fabrik Quartet (c) Nicolas Rupcich<br />

Ensemble uBu (c) Rebecca ter Braak<br />

S. 28 Neue Kammer © Peter Adamik<br />

S. 31 EWCM in Warschau © Grzegorz Mart<br />

S. 32 EWCM in Warschau © Grzegorz Mart<br />

S. 33 Rüdiger Bohn & Elias Peter Brown © Gerardo Scheige (DMR)<br />

S. 34 EWCM-Ensemble in Köln @ Heike Fischer<br />

S. 35 Martin Maria Krüger & Jerzy Kornowicz @ Heike Fischer<br />

HAUPTFÖRDERER<br />

FÖRDERER<br />

KOOPERATIONSPARTNER<br />

38 39


DEUTSCHER MUSIKRAT<br />

SCHIRMHERR:<br />

BUNDESPRÄSIDENT FRANK-WALTER STEINMEIER<br />

DEUTSCHER MUSIKRAT e.V. · Berlin<br />

Dachverband für rund 100 Organisationen des Musiklebens<br />

und die 16 Landesmusikräte<br />

DEUTSCHER MUSIKRAT gGMBH · BONN<br />

Träger der Projekte und Förderprogramme des Deutschen <strong>Musikrat</strong>es<br />

Mitgliederversammlung<br />

Gesellschafterversammlung<br />

PRÄSIDIUM<br />

GENERALSEKRETÄR<br />

AUFSICHTSRAT<br />

GESCHÄFTSFÜHRER<br />

Prof. Martin Maria Krüger<br />

Präsident<br />

Prof. Christian Höppner<br />

(ab 03/2024 Antje Valentin)<br />

Prof. Martin Maria Krüger<br />

Vorsitzender<br />

Stefan Piendl<br />

ZIELE<br />

— Bewusstsein für den Wert von Musik und des<br />

WIRKUNGSFELDER<br />

— Auffinden und Bearbeiten musikpolitisch<br />

ENSEMBLES<br />

BUNDESJUGENDORCHESTER<br />

BUNDESJUGENDCHOR<br />

FÖRDERUNG<br />

KONZERTFÖRDERUNG<br />

DEUTSCHER MUSIKWETTBEWERB<br />

aktiven Musizierens fördern<br />

relevanter Themen in den Gremien<br />

BUNDESJAZZORCHESTER<br />

FORUM DIRIGIEREN<br />

PODIUM GEGENWART<br />

— Verbesserung, Ausbau und Sicherung der<br />

Rahmenbedingungen für das Musikleben<br />

— Information und Beratung von Zivilgesellschaft,<br />

Politik und Medien<br />

WETTBEWERBE<br />

POPCAMP<br />

JUGEND MUSIZIERT<br />

— Erhalt und Ausbau einer für alle zugänglichen<br />

musikkulturellen Infrastruktur<br />

— Information und Vernetzung der Akteurinnen<br />

und Akteure des Musiklebens<br />

JUGEND JAZZT<br />

DEUTSCHER MUSIKWETTBEWERB<br />

SERVICE<br />

DEUTSCHES MUSIK-<br />

INFORMATIONSZENTRUM (miz)<br />

— Weiterentwicklung der musikalischen Bildung<br />

— Durchführung themenbezogener<br />

GERMAN CONDUCTING AWARD<br />

in Qualität und Vielfalt<br />

Veranstaltungen<br />

DEUTSCHER<br />

ORCHESTERWETTBEWERB<br />

TEMPORÄRE FÖRDERPROGRAMME<br />

NEUSTART KULTUR<br />

DEUTSCHER CHORWETTBEWERB


DEUTSCHER MUSIKRAT gGMBH<br />

Geschäftsführer: Stefan Piendl<br />

www.musikrat.de<br />

PODIUM GEGENWART<br />

Projektleitung: Olaf Wegener<br />

Tel.: 0228 2091 170<br />

pg@musikrat.de<br />

www.podium-gegenwart.de<br />

Weberstr. 59 | 53113 Bonn<br />

Textbeiträge und Redaktion:<br />

Sina Miranda<br />

Insa Murawski<br />

Gerardo Scheige<br />

Olaf Wegener (V. i. S. d. P.)


DOKUMENTATION


DAS SYMPOSIUM<br />

Im Rahmen der InSzene-Förderung des <strong>Podium</strong> <strong>Gegenwart</strong> wurde immer wieder deutlich, dass Diversität für junge<br />

Ensembles in vielfacher Hinsicht ein zentrales Thema ist. Dies gab den Anstoß für ein zweitägiges Symposium<br />

in der Berliner Villa Elisabeth, das sich nicht nur an Ensembles neuer Musik aus dem gesamten Bundesgebiet,<br />

sondern an alle im Bereich der neuen Musik Tätigen und Interessierte richtete. Gleichzeitig nahmen hier eingewobene<br />

Konzerte von Ensembles des InSzene-Programms Bezug auf Themen der Vorträge und Panels und verzahnten<br />

so Theorie und Praxis.<br />

DEUTSCHER MUSIKRAT gGMBH<br />

Geschäftsführer: Stefan Piendl<br />

www.musikrat.de<br />

PODIUM GEGENWART<br />

Projektleitung: Olaf Wegener<br />

Tel.: 0228 2091 170<br />

pg@musikrat.de<br />

www.podium-gegenwart.de<br />

Weberstr. 59 | 53113 Bonn<br />

Textbeiträge und Redaktion:<br />

Sina Miranda<br />

Insa Murawski<br />

Gerardo Scheige<br />

Olaf Wegener (V. i. S. d. P.)<br />

Im Symposium ging es weniger darum, den Diversitäts-Diskurs in seiner gesamten Breite und Tiefe fortzusetzen.<br />

Im Vordergrund sollten ganz praktische Fragen und Aspekte stehen, die die Arbeit der jungen Ensembles<br />

betreffen, etwa wie sich Vielfalt aktuell in Konzertprogrammen, Formaten, der Ensemblestruktur oder auch bei<br />

der Gewinnung eines eigenen Publikums spiegeln kann. In einem zweiten Block wurde der Frage nachgegangen,<br />

inwiefern die Fördersituation in der Bundesrepublik auf Fragen der Diversität eingeht. Auch der generelle und<br />

bedeutsame Moment bedarfsgenauer und zielführender Förderung von Ensembles und ihrer Projekte sowie die<br />

Situation der Ensemble-Szene nach den Jahren der Pandemie nahmen breiten Raum ein.<br />

Für all diese Themen bot das Symposium ein Forum, um mit anderen Musiker:innen ebenso wie mit relevanten<br />

Vertreter:innen aus Bund, Land, privaten Stiftungen, Veranstalter:innen und Diversitätsbeauftragten ins Gespräch<br />

zu kommen. Und auch jenseits der Panels und Diskussionen erwies sich die Veranstaltung als gelungener<br />

Ort für die zuvor kaum mögliche persönliche Begegnung und Austausch.<br />

In der vorliegenden Dokumentation sollen Themen, Diskussionen und Ergebnisse kompakt zusammengefasst<br />

und für weitere Überlegungen und Gespräche zur Verfügung gestellt werden. Wir würden uns sehr freuen, wenn<br />

sie auf diesem Wege, wie das Symposium selbst, der Arbeit von und für junge Ensembles neue Impulse geben<br />

und so die Weiterentwicklung der neuen Musik fördern könnten.<br />

Bonn, im Dezember <strong>2023</strong><br />

<strong>Podium</strong> <strong>Gegenwart</strong><br />

1


DIE MODERATOR:INNEN<br />

IMPULS<br />

Sophie Emilie Beha ist multimediale Musikjournalistin. Sie ist Autorin und<br />

Moderatorin für die verschiedenen öffentlich-rechtlichen Sender. Daneben<br />

schreibt sie regelmäßig für Zeitungen wie die neue musikzeitung und verschiedene<br />

Fachmagazine wie die Neue Zeitschrift für Musik oder die Positionen. Auf<br />

Bühnen sowie vor der Kamera moderiert sie Festivals, Konzerteinführungen,<br />

Podcasts und <strong>Podium</strong>sdiskussionen.<br />

In ihrem Impulsreferat „Neue Musik, Identität und Diversität“ gab Dr. Gina Emerson einen Überlick über die aktuelle<br />

Studienlage im Bereich Diversität und setzte eigene Impulse für die nachfolgenden Diskussionen. Sie<br />

wies unter anderem darauf hin, dass Werke von Frauen und nicht-binären Personen auf großen Musikfestivals<br />

stark unterrepräsentiert seien. So veröffentlichte „Gender Relations in New Music“, dass seit 1921 92,44%<br />

Werke von Männern in Donaueschingen gespielt wurden (Farnsworth & Lovell, <strong>2023</strong>). In der freien Szene sei die<br />

Situation verhältnismäßig besser (Bertolani & Santacesaria, 2020).<br />

Leonie Reineke ist Redakteurin für Neue Musik beim Südwestrundfunk und arbeitet<br />

als freie Autorin und Moderatorin für die Kulturprogramme von ARD und<br />

Deutschlandradio. Im Zentrum ihrer Arbeit steht die Musik des 20. und 21. Jahrhunderts.<br />

2015, 2016 und 2020 plante und leitete sie das Festival »nano« für<br />

zeitgenössische Musik in Essen. 2017 Auszeichnung mit dem Folkwang-Preis in<br />

der Sparte Musikwissenschaft. 2018 erhielt sie den Reinhard-Schulz-Preis für<br />

zeitgenössische Musikpublizistik.<br />

Ebenso präsentierte sie Kernaussagen aus ihrer eigenen Veröffentlichung „Audience Expericence and Contemporary<br />

Classical Music“ (Routledge, März <strong>2023</strong>). Hier stellte sie unter anderem heraus, dass das Publikum für<br />

neue Musik einer Bildungselite entspricht, dass partizipative und audiovisuelle Formate intensivere Erfahrungen<br />

auslösten und neue Musik ein ausgereiftes Konzept von „Publikumserfahrung“ benötigt.<br />

Die gesamte Präsentation findet sich auf der Webseite<br />

www.podium-gegenwart.de/symposium<br />

Dr. Gina Emerson<br />

(Researcherin, Kuratorin, Kulturmanagerin)<br />

Bastian Zimmermann ist freier Autor, Dramaturg und Kurator im Bereich neu<br />

komponierter Musik, Theater und Performance. Er kuratiert u.a. die Reihe<br />

„Music for Hotel Bars“ und das Festival „Musik Installationen Nürnberg“. Er lebt<br />

in München.<br />

Impulse:<br />

1. (Neue) Musik ist ein soziales Phänomen. Sie hat immer mit Identität zu tun.<br />

2. Neue Musik und Kanon: Den „Ohrenschmalz“ auflösen<br />

3. Eine vermittelnde Rolle einnehmen<br />

4. Die eigenen Motivationen definieren<br />

2 3


PANEL 1<br />

Aktuelle Tendenzen der Konzertplanung –<br />

Diversität von Konzertprogrammen<br />

Die musikalische Praxis war jahrhundertelang wenig divers und von männlich-dominierten Machtgefügen bestimmt.<br />

Erst langsam versuchen Veranstalter:innen das aufzubrechen. Ein Beispiel für die gelungene Einbindung von FLINTA*-<br />

Personen und afrodiasporischen Komponist:innen waren etwa die Darmstädter Ferienkurse <strong>2023</strong>.<br />

Neue kuratorische Konzepte und diversere Programme benötigen Zeit, Mut und Durchhaltevermögen. Die eigenen kuratorischen<br />

Ideen sollten hinterfragt und Entscheidungen (teils) abgegeben werden. Korrektivfunktion können etwa<br />

kollektive Entscheidungsprozesse, Austausch mit Musiker:innen, Komponist:innen und Community-Verteter:innen<br />

oder die Einbindung von KI und Quoten sein. Neue Ideen können auch auf bestehenden Studien oder neuen Research-<br />

Projekten aufbauen, wie etwa im Rahmen von Donaueschingen Global 2021, bei dem ein vierköpfiges Researcher-<br />

Team aus verschiedenen Regionen der Welt Programmvorschläge mitbrachte.<br />

„Alle müssen sich immer wieder die Frage stellen, was ist die eigene<br />

Lebensrealität, und wenn sie nicht divers ist, was tue ich, damit sie<br />

diverser wird? Das gilt auch für Hochschulen und die Politik.“<br />

[Cymin Samawatie]<br />

Bei der Ermöglichung von diverseren Konzerten wird auch die Problematik von bestehenden Strukturen aufgeworfen.<br />

So machen feststehende Schubladen (auch Musikrichtigungen wie neue Musik oder Jazz) es für Formationen wie das<br />

Trickster Orchestra schwer, ihre Projekte langfristig zu finanzieren. Zugänge zum Musikschaffen und -hören sollten<br />

für alle gleichermaßen offen stehen. Dazu gehören auch diversere Lehrende an Musikschulen und Musikhochschulen<br />

und eine Sensibilisierung aller Musikschaffenden für das Thema Diversität.<br />

*Das Akronym FLINTA* steht für Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen. Das Sternchen (Asterisk) am Ende soll zusätzlich<br />

weitere Variationen der Geschlechtervielfalt einbeziehen (bpb, siehe https://gleichstellung.tu-dortmund.de/projekte/klargestellt/flinta/).<br />

Handlungsbedarf:<br />

-><br />

-><br />

-><br />

-><br />

-><br />

Diversität als Lebensrealität anerkennen<br />

wirkliche Veränderung der Identitätsmatrix neuer Musik<br />

mehr Werke von FLINTA*-Personen und afrodiasporischen Komponist:innen<br />

in Konzertprogrammen<br />

Strukturen müssen sich ändern, gleiche Zugangsmöglichkeiten für alle<br />

Nachhaltigkeit von Diversitätskonzepten<br />

Panel-Teilnehmer:innen:<br />

• Björn Gottstein (Ernst von Siemes Musikstiftung, Kurator Donaueschingen Global)<br />

• Eloain Lovis Hübner (the paranormal φeer group, Kurator:in Musik 21 Festival, Komponist:in)<br />

• Dr. Harald Kisiedu (Musikwissenschaftler, Herausgeber des Buches „Composing while black“, Musiker)<br />

• Cymin Samawatie (Sängerin, Dirigentin, Komponistin | Trickster Orchestra)<br />

4


PANEL 2<br />

„Die meisten Formate kranken daran, dass man ganz schnell sieht, dass<br />

sie aus der Symbolpolitik heraus gedacht sind.“ [Raphael Sbrzesny]<br />

Neue Räume – vielfältige Konzertformate<br />

Wie definieren wir Konzertformate? Entscheidend sind dafür äußere Faktoren, beispielsweise der Aufführungsort, die<br />

Veranstalter:innen und das Zielpublikum. Was gibt der Raum her? Handelt es sich um ein Projekt der freien Szene oder<br />

um den Auftrag eines institutionell geförderten Hauses? Welche ästhetische Sozialisation bringen die Zuhörer:innen<br />

bzw. Zuschauer:innen mit? Ausgehend von diesen Rahmenbedingungen werden unterschiedliche, auf die jeweiligen<br />

künstlerischen, gesellschaftlichen und politischen Bedürfnisse reagierende Formate entwickelt.<br />

Zugleich entstehen Konzertformate nicht schematisch am Schreibtisch, sondern erwachsen organisch aus dem<br />

künstlerischen Prozess, an dem für gewöhnlich mehrere Personen beteiligt sind und auf den vielfältige Einflüsse einwirken.<br />

Und schließlich muss der – bestenfalls auf allen Ebenen barrierefreie – Raum wieder mit Inhalt gefüllt werden,<br />

sowohl seitens der Künstler:innen als auch seitens eines diversen Publikums.<br />

Grundlage für den Erfolg neuer Konzertformate ist zudem die (fehlende) Erwartungshaltung: Anstatt Inhalte für einen<br />

vordefinierten Kanon anzustreben, sollte jedes Projekt als Experiment verstanden und angegangen werden.<br />

Nichtsdestoweniger wird mit jedem neu erarbeiteten Format stets der Versuch unternommen, ein nachhaltiges<br />

ästhetisches Fundament zu etablieren – für die eigene Arbeit und für diejenige anderer Künstler:innen. Letztlich geht<br />

die progressive Kraft jedes Formats bzw. Projekts aber vom kollektiven Zusammenwirken aller im Prozess involvierter<br />

Akteur:innen aus. Um all dies zu ermöglichen, sind wiederum langfristige organisatorische und finanzielle Förderstrukturen<br />

gefordert.<br />

Handlungsbedarf:<br />

-><br />

-><br />

-><br />

-><br />

-><br />

langfristige Zusammenarbeit zwischen Künstler:innen stärken<br />

ergebnisoffen und partizipativ handeln<br />

transdisziplinäre Begegnungen und Ansätze fördern<br />

diverse Räume als Fundament für die Entwicklung neuer Formate schaffen<br />

Sensibilität für Diversität zwischen allen Beteiligten gewährleisten<br />

Panel-Teilnehmer:innen:<br />

• Anna von Gehren (Regisseurin | Deutsche Oper Berlin, Tischlerei)<br />

• Heinrich Horwitz (Choreograf:in, Regisseur:in, Schauspieler:in)<br />

• Clemens Hund-Göschel (Pianist | Zafraan Ensemble)<br />

• Prof. Raphael Sbrzesny (Künstler, Musiker | Hochschule für Künste Bremen)<br />

6


PANEL 3<br />

Diverses Publikum ansprechen, neues Publikum gewinnen<br />

Panel-Teilnehmer:innen:<br />

• Dr. Vera Allmanritter (Institut für Kulturelle Teilhabeforschung)<br />

• Dr. Gina Emerson (Musikwissenschaftlerin | RIFS Potsdam)<br />

• Tobias Rempe (Ensemble Resonanz)<br />

• André Uelner (Agent für Diversitätsentwicklung Staatsphilharmonie RLP)<br />

Das Publikum von Konzerten neuer Musik ist in der Regel nicht sehr divers. In der Diskussion wurde auf den<br />

Differenzierungsbedarf für die verwendeten Begrifflichkeiten hingewiesen. Oft werden etwa in Besucher:innen-<br />

Befragungen soziodemografische Kategorien angeführt, die aber für die kulturelle Nutzung gar nicht entscheidend<br />

sind. Die gleiche ethnische Herkunft kann unter Umständen weniger ausschlaggebend sein als ein gleicher<br />

akademischer Hintergrund. Dass insbesondere ein hoher Bildungsgrad das Publikum in der neuen Musik prägt, hatte<br />

Dr. Gina Emerson in ihrer Studie „Audience Expericence and Contemporary Classical Music“ ermittelt.<br />

Entscheidend sei, dass man das Publikum einbeziehe. Heutzutage ziehe man den Ansatz des Community<br />

Engagement dem Audience Development vor. Der Unterschied sei insbesondere das Mind Set: Anstatt sich zu fragen,<br />

wie man ein Kulturprogramm an ein möglichst breites Publikum „verkaufen“ kann, solle man nachforschen, was in der<br />

Stadtgesellschaft, in der Community los ist und nachhaltige Bindungen aufbauen. Ein gelungenes Beispiel ist etwa<br />

der Resonanzraum des Ensemble Resonanz in St. Pauli, der sowohl Konzertsaal, Bar und Experimentierfläche ist und<br />

verschiedenen Gruppen einen niedrigschwelligen Zugang bietet. Viele verschiedene Kooperationen seien laut Tobias<br />

Rempe besonders hilfreich, um diverse Publika anzusprechen.<br />

André Uelner berichtete aus seiner Praxis, dass Partizipation am wichtigsten sei und dies zum Beispiel durch<br />

Schulprojekte gelingen könne. Ein anderer Aspekt sei die Identifikation mit Musiker:innen: In seiner Studie „0,63 % -<br />

Wie divers sind Orchester?“* hatte er unter anderem darauf hingewiesen, dass die von ihm befragten Musiker:innen<br />

in Bezug auf Publikumsgewinnung und Orchesternachwuchs das Potenzial hätten, auf vielfältige Weise als<br />

Botschafter:innen in migrantische Communities zu wirken.<br />

*Studie online verfügbar auf: https://www.staatsphilharmonie.de/de/wie-divers-sind-orchester<br />

Handlungsbedarf:<br />

-><br />

-><br />

-><br />

-><br />

-><br />

Haltung gegenüber Publikum öffnen und es stärker einbeziehen<br />

Programme und Formate müssen partizipativer gedacht werden<br />

Studienlage beachten und neue Studien anstreben<br />

Vorsicht bei Begrifflichkeiten und Handlungen aus Insider-Perspektive<br />

Zugänge müssen offen sein (sowohl für Musiker:innen, als auch für das Publikum)<br />

„Die neue Musik wird als etwas wahrgenommen, was akademisch, was schwer zugänglich ist,<br />

was viel Vorwissen braucht und was ein bisschen ein Insidergeschäft ist, deshalb stellen sich in<br />

diesem Bereich viele Diversitätsfragen.“ [Tobias Rempe]<br />

8


PANEL 4<br />

Diverses Rollenverständnis, Ensembles und ihre Identität –<br />

Profilbildung und Marktnischen<br />

Die drei auf dem Panel vertretenen Ensembles repräsentieren ganz unterschiedliche Ansätze der Profil-<br />

bildung: Das Trio Abstrakt arbeitet klangbasiert und orientiert sich an der reinen Musik, das Broken<br />

Frames Syndicate setzt für seine Konzerte thematische Schwerpunkte aus dem gesellschaftlichen<br />

und politischen Diskurs heraus, und das Kollektiv3:6Koeln entwickelt vornehmlich Konzertformate mit<br />

Bezug zu ihren unkonventionellen Spielstätten. Ein klares Profil sei für die Außenwirkung sehr wichtig,<br />

könne aber auch einschränken.<br />

„Die neue Musik-Szene ist im Allgemeinen von Absolvent:innen westlich oder westlich geprägter<br />

akademischer Ausbildungsinstitute dominiert. Trotz individuell diverser kultureller Hintergründe<br />

und Geschlechteridentitäten wird also nur ein Teil des Spektrums von Diversität abgebildet.“<br />

[Publikumsbeitrag über Tweedback]<br />

Die Identitäten der Ensembles bewegen sich im Spannungsfeld zwischen der Diversität der Besetzung<br />

und der Diversität der Programme. Es stellt sich die Frage, ob von Förderern und Veranstalter:innen nur<br />

eine spezifische Art der Abbildung von Diversität erwünscht sei. Außerdem wurde hinterfragt, welcher<br />

Art von Komponist:in Genietum zugetraut und welcher Art von Musiker:in Kompetenz zugesprochen<br />

wird.<br />

Die Panel-Teilnehmer:innen berichten davon, Unwissenheit und Vorurteile gegenüber Personen mit<br />

Diversitäts-Merkmalen bei Veranstalter:innen erlebt zu haben. Häufig sei noch immer die Haltung anzutreffen,<br />

dass ein höheres Maß an Diversität nur mit Einbußen in der künstlerischen Qualität erreicht<br />

werden könne. Veränderungen im Konzertbetrieb herbeizuführen, sei eine große und langfristige Aufgabe,<br />

die zusätzliche zeitliche und finanzielle Kapazitäten erfordere.<br />

Handlungsbedarf:<br />

-><br />

-><br />

Sensibiltäts-Trainings für Enscheidungsträger:innen<br />

für Veränderungen auf allen Ebenen ansetzen:<br />

> theoretischen Diskurs führen<br />

> Repertoire in der Lehre erweitern<br />

> Diversitäts-Projekte durchführen<br />

> Jugendarbeit machen<br />

Panel-Teilnehmer:innen:<br />

• Moritz Baerens (Bassist | Kollektiv3:6Koeln)<br />

• Salim(a) Javaid (Saxofonist:in | Trio Abstrakt)<br />

• Katrin Szamatulski (Flötistin | Broken Frames Syndicate)<br />

• Bettina Wackernagel (Heroines of Sound Festival)<br />

10


PANEL 5<br />

Diversitätsaspekte in der Förderung<br />

Jedem (neuen) Förderprogramm der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) stehen<br />

auch folgende Fragen vor: Bilden die entsprechenden Maßnahmen die Diversität unserer Gesellschaft ab? Und<br />

wie viele Bereiche – u.a. Geschlechtsidentität, People of Color, Behinderung, Migrationshintergrund, soziale<br />

Herkunft, Religion – werden dadurch abgedeckt? Wesentlich dabei ist der vorgeschaltete Austausch jeweiliger<br />

Institutionen mit Expert:innen und Künstler:innen, die über Mängel und Bedürfnisse im Detail Bescheid wissen.<br />

In einem weiteren Schritt gilt es, immer wieder die eigene Verantwortung fördernder Institutionen zu reflektieren<br />

und zu hinterfragen, um entsprechend mittel- und langfristig – oder wie im Falle der Coronapandemie auch<br />

kurzfristig – darauf reagieren zu können. Neben Diversitätsaspekten betrifft das u.a. die Themen Nachhaltigkeit,<br />

Kulturelle Teilhabe und Bildung. Dass Diversität in den Förderkriterien oft keine explizite Erwähnung findet, wird<br />

einerseits durch dessen selbstverständlichen Anspruch begründet. Andererseits führt die alltägliche Praxis<br />

konstant vor Augen, dass hier noch viel Arbeit geleistet werden muss.<br />

„Warum haben wir an unseren Musikhochschulen nicht ganz selbstverständlich<br />

Professuren z.B. für arabische Musik oder für bestimmte<br />

Instrumente? Das spiegelt sich auch weiter im Musikleben. Unsere<br />

Gesellschaft ist doch mittlerweile eine andere.“ [Beate Baron]<br />

Diversität lässt sich vor allem in künstlerischen Prozessen unterstützen, u.a. durch die Zusammensetzung des<br />

Ensembles, durch eine diverse Themenauswahl, durch ein viefältiges Zielpublikum. Im Umkehrschluss spiegelt<br />

sich eine größere Diversität auf allen Ebenen in den künstlerischen Resultaten wider. Darüber hinaus wäre es<br />

wünschenswert, auch Rahmenbedingungen schon in der Ausbildung divers aufzustellen, beispielsweise indem<br />

deutsche Hochschulen außereuropäische Musiken und Instrumente sowie Studierende mit Behinderung als<br />

selbstverständlichen Bestandteil des Curriculums begreifen.<br />

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Handlungsbedarf:<br />

Agieren auf Augenhöhe sichert künstlerische Qualität UND Diversität<br />

mehr Austausch zwischen Geförderten und Institutionen<br />

Aufholen des Musikbereichs bei Fragen der Diversität und Diskriminierung<br />

Balance zwischen Projekt- und ergebnisoffener Prozessförderung gewährleisten<br />

Diversität professionell in die Hochschulausbildung integrieren<br />

Panel-Teilnehmer:innen:<br />

• Beate Baron (Regisseurin, Kuratorium Fonds Darstellende Künste)<br />

• Martin Eifler (Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien,Leiter des Referats Musik)<br />

• Ulrike Hattendorff (Aventis Foundation)<br />

• Gregor Hotz (Musikfonds)<br />

12


PANEL 6<br />

Konzepte und Schwerpunkte für die Ensembleförderung<br />

In der Diskussionsrunde herrschte weitgehender Konsens darüber, dass Zeit für künstlerische Arbeit und längerfristige<br />

Förderungen besonders nachhaltig für die Entwicklung und Stärkung von Ensembles wirken. Die Jahre<br />

der Corona-Pandemie und die Notwendigkeit entsprechender Förderprogramme (Stipendien, Projektförderungen)<br />

haben erstmals Ensembles neuer Musik und ihre besonderen Bedarfe in den Fokus gerückt. Auch die ganze<br />

Breite der Szene wurde deutlich. Wie es nach den Neustart-Kultur-Programmen mit einer Ensemble-Förderung<br />

des Bundes weitergehen könnte, ist noch offen. Die umfangreichen Unterstützungen werden zunächst einmal<br />

genutzt, um sie in Zusammenarbeit mit FREO e.V. zu evaluieren und Erkenntnisse über Arbeitsweise und Bedarf<br />

der Ensembles zu erhalten. Darauf könnten neue Fördermaßnahmen aufbauen.<br />

„Lasst uns die Ensemble-Förderungen auf den verschiedenen Ebenen, vor allem zwischen<br />

Bund und Ländern, besser koordinieren und voneinander lernen, um das Beste für die Szene<br />

zu erreichen.“ [Martin Eifler]<br />

Martin Eifler (BKM) plädierte ergänzend für eine bessere Abstimmung der Förderungen, vor allem auf der Ebene<br />

von Bund und Ländern, wie es sie im Bereich der darstellenden Künste bereits gibt. Wichtig sei es, sich zum<br />

Beispiel über Details wie Antragsfristen oder Förderkonzepte auszutauschen und diese idealerweise zu koordinieren.<br />

Dazu gehöre die Entwicklung einer bundesweit vergleichbaren, durchlässigen Förderabstufung von<br />

Stipendien über Konzept- und Projektförderungen bis hin zu mehrjährigen und im Einzelfall institutionellen<br />

Förderungen. So werde eine gute Orientierung für die Ensembles geschaffen.<br />

Ulrike Hattendorff (Aventis Foundation) erläuterte, dass private Stiftungen die Förderung durch Bund und Länder<br />

nicht ersetzen können. Vielmehr sehen sie sich als ergänzende Ermutiger und Brückenbauer, die fördern, was von<br />

öffentlicher Seite nicht finanziert werden kann.<br />

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Handlungsbedarf:<br />

Zeit und Freiräume für künstlerische Entwicklungen<br />

Förderung der Professionalisierung (z.B. Neustart Kultur, DMR/InSzene)<br />

Evaluation bisheriger Fördermaßnahmen<br />

übergreifendes, gestaffeltes Förderkonzept<br />

Lösungen für die soziale Absicherung von Ensembles<br />

Panel-Teilnehmer:innen:<br />

• Martin Eifler (Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Leiter des Referats Musik)<br />

• Ulrike Hattendorff (Aventis Foundation)<br />

• Heni Hyunjung Kim (hand werk, S201)<br />

• Dr. Jens Pyper (Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW)<br />

• Irene Schwalb (DMR, Neustart Kultur)<br />

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TISCHGESPRÄCHE<br />

Im Anschluss an Panels und Diskussionen griffen zwei kurze Impulsvorträge noch einmal die Themen „Diversität“<br />

und „Faire Vergütung“ auf. Diese wurden anschließend in kleinen Gruppen der Symposiums-Teilnehmer:innen,<br />

so genannten Tischgesprächen, noch einmal diskutiert. Im Folgenden ein kurzer Überblick über Meinungen<br />

und Forderungen aus diesen Gesprächen. Die ursprünglich zu diesen Tischgesprächen eingeladenen Kultur-<br />

Politiker:innen aus den verschiedenen Fraktionen im Deutschen Bundestag konnten leider aufgrund politischer<br />

Verpflichtungen kurzfristig nicht teilnehmen.<br />

Faire Vergütung<br />

Honorarforderungen versus Realität und Umsetzbarkeit<br />

• Honoraruntergrenzen liegen in der Praxis momentan oft unter 270 Euro, d.h. Honorare müssen<br />

höher werden, auch damit künstlerische Qualität nicht leidet, etwa weil weniger<br />

Konzeptionsphasen und Proben angesetzt werden können<br />

• Um höhere Honorare umsetzen zu können, muss auch für Veranstalter:innen mehr Geld<br />

(größere Fördertöpfe) zur Verfügung stehen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass es<br />

weniger Konzerte gibt oder dass kleinere Festivals gar nicht mehr finanzierbar sind<br />

Strukturelle Förderungen für Ensembles als Zusatz<br />

• Künstler:innengrundsicherung<br />

• Arbeitslosenversicherung für Künstler:innen nach dem Vorbild von „Intermittent du spectacle“<br />

(Frankreich)<br />

Fairness/Gleichberechtigung<br />

• momentan: Mangel an Transparenz der Vergütung<br />

• übergreifende Honorare für alle Musiker:innen (auch für junge Ensembles) und für alle<br />

Sparten (Festivals, Einzelkonzerte etc.)<br />

• verpflichtende Honoraruntergrenzen für alle Veranstalter*innen<br />

Diversität<br />

Änderungsvorschläge für Ämter/Institutionen/Veranstalter:innen<br />

• natürlicher Umgang mit Diversität ohne Exotismus in der Politik<br />

• mehr Flexibilität und Entbürokratisierung bei den Ämtern<br />

• mehr Vertrauen und direkter Kontakt (z.B. auch Besuch von Veranstaltungen)<br />

• Workshops für alle Veranstalter*innen zur Sensibilisierung für das Thema „Diversität“<br />

• qualifizierte Diversitätsbeauftragte für Musikhochschulen und Fortbildungen in dem Bereich<br />

für alle Musikhochschul-Mitarbeiter:innen<br />

• keine Notwendigkeit von akademischem Hintergrund für Wettbewerbe/Förderungsrichtlinien<br />

• anonymisierte Bewerbungen können mehr Diversität schaffen<br />

• Antragssprache auch Englisch<br />

• mehr Nachhaltigkeit, z.B. durch Förderung von längerfristigen Projekten<br />

• Aufhebung der Kategorien E- und U-Musik<br />

Änderungsvorschläge für die neue Musik-Szene<br />

• aus den Blasen herausgehen; z.B. auch an andere Orte wie in Techno-Clubs etc.<br />

• Zielgruppen/Publikum müssen diverser werden<br />

• eigene Vorurteile, Klassismus und Rassismus müssen hinterfragt werden<br />

• Studie zur Vertretung unterschiedlicher Gruppen als Überblick zum aktuellen Stand<br />

• ständige praktische Umsetzung von Diversität, damit sie sich etabliert<br />

• alle Musikschaffenden sollten sich engagieren und z.B. zu den Versammlungen der GEMA<br />

gehen und strukturelle Änderungen einfordern<br />

• Aufhebung von Machtstrukturen, z.B. indem Kollektivformen weiter vorangebracht werden<br />

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Fotocredits:<br />

Coverfoto © Dominique Krentscher<br />

S. 2 Porträtfoto Sophie Emilie Beha © Judith Wiesrecker<br />

S. 3, 5, 7, 9 Fotos Symposium © Anke Steinbeck (DMR)<br />

S. 11, 13, 15 Fotos Symposium © Dominique Krentscher<br />

Weitere Infos auf:<br />

www.podium-gegenwart.de/symposium<br />

DANKSAGUNG<br />

Das <strong>Podium</strong> <strong>Gegenwart</strong> des Deutschen <strong>Musikrat</strong>es bedankt sich sehr herzlich bei allen Panel-<br />

Teilnehmer:innen für ihren großen Einsatz und ihre Beiträge sowie bei allen Musiker:innen für die<br />

vielfältige künstlerische Bereicherung des Symposiums. Ein besonders herzlicher Dank geht an<br />

die Hauptfördererin des <strong>Podium</strong> <strong>Gegenwart</strong>, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und<br />

Medien, für die kontinuierliche Ermöglichung seiner Förderangebote sowie an die Gesellschaft zur Verwertung<br />

von Leistungsschutzrechten (GVL) für die regelmäßige Projekt-Förderung. Ebenso herzlich<br />

danken wir der LOTTO-Stiftung Berlin und der Ernst von Siemens Musikstiftung für deren freundliche<br />

Unterstützung der Durchführung dieses Symposiums. Ein weiterer Dank geht an unsere Kooperationspartner<br />

für die gute Zusammenarbeit: das Generalsekretariat des Deutschen <strong>Musikrat</strong>es, FREO e.V.<br />

und die initiative neue musik berlin / field notes für deren Medienpartnerschaft.<br />

TRÄGER<br />

HAUPTFÖRDERER<br />

MIT FREUNDLICHER UNTERSTÜTZUNG DER

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