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Dezember_Ausgabe

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Auf dem Holzstuhl nimmt nun eine ältere Dame mit ernstem<br />

Blick und einem feinen, tannengrünen Anzug Platz.<br />

Sie beginnt sofort zu erzählen, dass sie gar nicht in die<br />

Hölle gehört, da sie einem Obdachlosen einen Euro gegeben<br />

hat. Satan runzelt verärgert die Stirn. Einen Euro, wie<br />

überaus gütig. Soll das ein Witz sein? Falls ja, Satan mag<br />

schlechte Witze überhaupt nicht. Auf Satans Informationsblatt<br />

steht, dass die ältere Frau ihren Kunden Dispokredite<br />

angeraten hatte, die mit hohen Zinsen verbunden<br />

sind, obwohl es deutlich bessere Optionen gegeben hätte.<br />

Wie Satan diese Art von gedankenlosen und profitorientierten<br />

Menschen aufrichtig verabscheute! Für ihn<br />

definitiv ein Fall für die Hölle. Dann doch viel lieber der<br />

kleine Junge mit der pfiffigen Zahnlücke von heute Morgen,<br />

der seinen strengen Mathelehrer, vor dem er Angst<br />

hatte, am Pult festgeklebt hatte. Satan hatte das an seine<br />

jungen Jahre als frecher (B)engel erinnert und er hatte<br />

den Jungen natürlich nicht in die Hölle überwiesen. Satan<br />

nimmt einen Schluck süßen Baumwurzelkaffee aus seiner<br />

gruseligen Tasse und atmet tief durch.<br />

Als Nächstes setzt sich eine zierliche, sehr schlanke, Mitte<br />

dreißigjährige Frau mit Löchern in der Jeans und frecher<br />

Kurzhaarfrisur. „Hallo Satan“, grüßt sie freundlich. „Ich<br />

gehöre in die Hölle!“ Satan ist total überrascht und möchte<br />

erstaunt wissen, warum. Soweit er weiß, hat sich die<br />

Kleine bisher nichts zuschulden kommen lassen, im Gegenteil.<br />

„Ich bin seit einem Jahr wohnungslos und finde<br />

trotz intensiver Suche keine Wohnung oder ein Zimmer“,<br />

antwortet sie niedergeschlagen. Satan spürt, wie in ihm<br />

eine leise Traurigkeit hochkommt. Er kann sich ein Leben<br />

ohne seine flauschige Höhle nicht vorstellen. Er fasst<br />

sich und entgegnet überzeugt: „Obdachlosigkeit ist kein<br />

Verbrechen!“ „Aber ich habe letztes Jahr fünf Brötchen bei<br />

meinem Minijob, der Tafel in Tönning, gestohlen.“ „Das<br />

zählt nicht! Die Brötchen waren vom Tafeltag übrig und<br />

wären sonst an die Tiere verfüttert worden“, stellt Satan<br />

strikt klar. „Außerdem, so steht es in meiner Akte, warst<br />

du in einer absoluten Notsituation und hattest starken<br />

Hunger. Tut mir leid, dein Leben ist bisher tadellos, auch<br />

wenn du es so nicht siehst, deshalb ist die Hölle für dich<br />

definitiv ausgeschlossen“, sagt Satan entschlossen. „Aber<br />

ich...“<br />

Auf einmal wird die Höhle von einem wohltuenden Licht<br />

und Wärme erfüllt. Es duftet köstlich nach Weihnachten.<br />

„Feierabend, Satan Luzifer, nun wird gefeiert“, ruft ein<br />

großer Mann mit angenehmer Stimme und feinem,<br />

langem, dunklem Haar. Es ist Jesus. „Nenne mich nicht<br />

immer Satan Luzifer“, grummelt Satan. Jesus lächelt<br />

amüsiert. „Was ist hier eigentlich los?“, möchte die ältere<br />

Frau im Anzug wissen. „Jedes Jahr zu Weihnachten laden<br />

wir für Satan Menschen ein, um ihnen die Möglichkeit<br />

zu geben, ihr Handeln zu ändern, sich selbst besser zu<br />

akzeptieren oder ihnen Hoffnung zu schenken“, antwortet<br />

Jesus ihr. Dabei schenkt er dem kleinen Jungen mit<br />

der Zahnlücke, dem Vielleicht-Weihnachtsmann und der<br />

jungen Frau warme Blicke. „Bevor als letztes eben die Hölle<br />

kommt. Oder der Raum des ewigen Friedens“, erklärt<br />

Jesus. „Blödsinn“, meint die ältere Frau. „Ich habe meine<br />

Arbeit immer gut gemacht. Selbst schuld, wer sein Leben<br />

nicht auf die Reihe bekommt!“ Sie schnappt sich ihre teure<br />

Handtasche und stolziert davon.<br />

Jesus schaut ihr bedrückt nach, bis Satan ihm vorsichtig<br />

seine dunkle Hand auf die Schulter legt. „Komm', Jesus,<br />

heute ist dein Ehrentag. Dein Geburtstagskuchen wartet.“<br />

Und so sitzen der kleine Junge, der Eventuell-Weihnachtsmann,<br />

die junge Frau, Jesus, Satan und alle anderen Gäste<br />

glücklich und dankbar zusammen.<br />

Und wie einst vor vielen Jahren thront hoch oben im funkelnden<br />

Himmelszelt der leuchtende Stern von Betlehem<br />

und verkündet die hoffnungsvolle Weihnachtszeit.<br />

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