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Eberhard Martin Pausch: Ferner Nachbar Gott (Leseprobe)

Aus liberaler Perspektive kann man Gebete als symbolisierende Handlungen verstehen, die zwischen den betenden Personen, der Welt und unserem »fernen Nachbarn« Gott vermitteln. Demnach wären sie dreistellige Relationen mit Gott selbst als einem transempirischen Relationsglied. Niemand weiß, ob (Fürbitten-) Gebete den Willen Gottes verändern können. Aber Gebete, verstanden als »religiöse Mitochondrien«, dienen in den Glaubenszellen von Christinnen und Christen als Kraftwerke und Energiespender. Auch können sie die Wirklichkeit verändern, indem sie Herzen berühren und so Menschen dazu bewegen, zumindest Teile der Welt zu verändern. Auf diese Weise tragen sie dazu bei, die Zukunft im Geist der Liebe zu gestalten, wenn es Liebe ist, die das Wesen des »fernen Nachbarn« Gott ausmacht.

Aus liberaler Perspektive kann man Gebete als symbolisierende Handlungen verstehen, die zwischen den betenden Personen, der Welt und unserem »fernen Nachbarn« Gott vermitteln. Demnach wären sie dreistellige Relationen mit Gott selbst als einem transempirischen Relationsglied. Niemand weiß, ob (Fürbitten-) Gebete den Willen Gottes verändern können. Aber Gebete, verstanden als »religiöse Mitochondrien«, dienen in den Glaubenszellen von Christinnen und Christen als Kraftwerke und Energiespender. Auch können sie die Wirklichkeit verändern, indem sie Herzen berühren und so Menschen dazu bewegen, zumindest Teile der Welt zu verändern. Auf diese Weise tragen sie dazu bei, die Zukunft im Geist der Liebe zu gestalten, wenn es Liebe ist, die das Wesen des »fernen Nachbarn« Gott ausmacht.

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fassend »Die Religion der Gesellschaft« 33 . Nachdem er sich<br />

lange wie Max Weber als »religiös unmusikalisch« bezeichnet<br />

hatte, widmete auch Luhmanns Antipode Jürgen Habermas<br />

sich seit dem 11. September 2001 verstärkt dem Phänomen<br />

der Religion und insbesondere der Frage nach dem<br />

Verhältnis von Glauben und Wissen. Diese Befassung kulminierte<br />

in der Publikation eines inhaltlich wie vom Umfang<br />

her beeindruckenden Alterswerkes. Sein Werk läuft<br />

auf eine Würdigung der Leistung der Religion hinaus, die<br />

religiösen Lehren in der Moderne dann eine »Überlebenschance«<br />

einräumt, wenn sie »im gottesdienstlichen Ritus<br />

der Gemeinde praktiziert, also auch im existentiellen Sinne<br />

angeeignet« 34 würden. Damit klingt jedenfalls indirekt<br />

auch das Thema des Gebetes an, denn die existentielle Aneignung<br />

im <strong>Gott</strong>esdienst geschieht ja wesentlich im Modus<br />

des Gebets.<br />

Nicht für weniger wichtig, sondern eher für noch bedeutsamer<br />

hält der Jenaer Soziologe Hartmut Rosa das Phänomen<br />

des Gebets. In seinem Buch »Demokratie braucht<br />

Religion« 35 skizziert er nicht nur, warum seines Erachtens<br />

eine demokratische Gesellschaft Religion braucht, wenn<br />

sie Zukunft haben will, sondern auch, welche besondere<br />

Funktion das Beten bzw. die Gebete von Glaubenden in der<br />

Gesellschaft haben.<br />

Seine Ausgangsthese bezüglich unserer gegenwärtigen<br />

Gesellschaft besagt, dass diese von einem »rasenden<br />

Stillstand« 36 geprägt sei. Er erläutert diese paradoxe Aussage<br />

durch den Hinweis auf Phänomene wie andauernde<br />

Beschleunigungstendenzen, permanentes Wachstum,<br />

vielfach vorhandene Irrationalität, ausgeprägte Aggres-<br />

33 NIKLAS LUHMANN: Die Religion der Gesellschaft.<br />

34 JÜRGEN HABERMAS: Auch eine Geschichte der Philosophie, Band 2: Vernünftige<br />

Freiheit, 699.<br />

35 HARTMUT ROSA: Demokratie braucht Religion.<br />

36 Ebd., 22, 27, 46.<br />

35

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