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Eberhard Martin Pausch: Ferner Nachbar Gott (Leseprobe)

Aus liberaler Perspektive kann man Gebete als symbolisierende Handlungen verstehen, die zwischen den betenden Personen, der Welt und unserem »fernen Nachbarn« Gott vermitteln. Demnach wären sie dreistellige Relationen mit Gott selbst als einem transempirischen Relationsglied. Niemand weiß, ob (Fürbitten-) Gebete den Willen Gottes verändern können. Aber Gebete, verstanden als »religiöse Mitochondrien«, dienen in den Glaubenszellen von Christinnen und Christen als Kraftwerke und Energiespender. Auch können sie die Wirklichkeit verändern, indem sie Herzen berühren und so Menschen dazu bewegen, zumindest Teile der Welt zu verändern. Auf diese Weise tragen sie dazu bei, die Zukunft im Geist der Liebe zu gestalten, wenn es Liebe ist, die das Wesen des »fernen Nachbarn« Gott ausmacht.

Aus liberaler Perspektive kann man Gebete als symbolisierende Handlungen verstehen, die zwischen den betenden Personen, der Welt und unserem »fernen Nachbarn« Gott vermitteln. Demnach wären sie dreistellige Relationen mit Gott selbst als einem transempirischen Relationsglied. Niemand weiß, ob (Fürbitten-) Gebete den Willen Gottes verändern können. Aber Gebete, verstanden als »religiöse Mitochondrien«, dienen in den Glaubenszellen von Christinnen und Christen als Kraftwerke und Energiespender. Auch können sie die Wirklichkeit verändern, indem sie Herzen berühren und so Menschen dazu bewegen, zumindest Teile der Welt zu verändern. Auf diese Weise tragen sie dazu bei, die Zukunft im Geist der Liebe zu gestalten, wenn es Liebe ist, die das Wesen des »fernen Nachbarn« Gott ausmacht.

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3 <strong>Gott</strong> als Gebets-<strong>Nachbar</strong>: Konvexe,<br />

konkave und mystische Gebete<br />

»Nah ist / und schwer zu fassen der <strong>Gott</strong>.« Ein Satz des<br />

Dichters Friedrich Hölderlin (1770–1843), der mein Leben<br />

schon lange begleitet. Ich denke, er könnte das moderne<br />

<strong>Gott</strong>esverhältnis vieler Menschen charakterisieren. Denn<br />

<strong>Gott</strong> ist »schwer zu fassen«, man könnte auch sagen: fern<br />

von uns trotz seiner Nähe. Ein weiterführender Gedanke<br />

hierzu stammt von einem anderen Dichter, der ein Jahrhundert<br />

später als Hölderlin lebte: Rainer Maria Rilke<br />

(1875–1926). Rilke schrieb im Jahr 1899 ein wunderschönes,<br />

zum Nachdenken anregendes Gedicht über <strong>Gott</strong> als<br />

den »<strong>Nachbar</strong>n« des Menschen. Die darin zum Ausdruck<br />

kommende Sicht auf die Beziehung von Mensch und <strong>Gott</strong><br />

hat für viele Menschen wohl auch (oder sogar erst recht)<br />

heute noch Gültigkeit:<br />

»Du, <strong>Nachbar</strong> <strong>Gott</strong><br />

Du, <strong>Nachbar</strong> <strong>Gott</strong>, wenn ich dich manches Mal<br />

in langer Nacht mit hartem Klopfen störe, –<br />

so ist‘s, weil ich dich selten atmen höre<br />

und weiß: Du bist allein im Saal.<br />

Und wenn du etwas brauchst, ist keiner da,<br />

um deinem Tasten einen Trank zu reichen:<br />

ich horche immer. Gib ein kleines Zeichen.<br />

Ich bin ganz nah.<br />

Nur eine schmale Wand ist zwischen uns,<br />

durch Zufall; denn es könnte sein:<br />

ein Rufen deines oder meines Munds –<br />

und sie bricht ein<br />

ganz ohne Lärm und Laut.<br />

Aus deinen Bildern ist sie aufgebaut.<br />

Und deine Bilder stehn vor dir wie Namen.<br />

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