29.02.2024 Aufrufe

Eberhard Martin Pausch: Ferner Nachbar Gott (Leseprobe)

Aus liberaler Perspektive kann man Gebete als symbolisierende Handlungen verstehen, die zwischen den betenden Personen, der Welt und unserem »fernen Nachbarn« Gott vermitteln. Demnach wären sie dreistellige Relationen mit Gott selbst als einem transempirischen Relationsglied. Niemand weiß, ob (Fürbitten-) Gebete den Willen Gottes verändern können. Aber Gebete, verstanden als »religiöse Mitochondrien«, dienen in den Glaubenszellen von Christinnen und Christen als Kraftwerke und Energiespender. Auch können sie die Wirklichkeit verändern, indem sie Herzen berühren und so Menschen dazu bewegen, zumindest Teile der Welt zu verändern. Auf diese Weise tragen sie dazu bei, die Zukunft im Geist der Liebe zu gestalten, wenn es Liebe ist, die das Wesen des »fernen Nachbarn« Gott ausmacht.

Aus liberaler Perspektive kann man Gebete als symbolisierende Handlungen verstehen, die zwischen den betenden Personen, der Welt und unserem »fernen Nachbarn« Gott vermitteln. Demnach wären sie dreistellige Relationen mit Gott selbst als einem transempirischen Relationsglied. Niemand weiß, ob (Fürbitten-) Gebete den Willen Gottes verändern können. Aber Gebete, verstanden als »religiöse Mitochondrien«, dienen in den Glaubenszellen von Christinnen und Christen als Kraftwerke und Energiespender. Auch können sie die Wirklichkeit verändern, indem sie Herzen berühren und so Menschen dazu bewegen, zumindest Teile der Welt zu verändern. Auf diese Weise tragen sie dazu bei, die Zukunft im Geist der Liebe zu gestalten, wenn es Liebe ist, die das Wesen des »fernen Nachbarn« Gott ausmacht.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

2 Bücher in Gebetsform – Augustinus und Anselm<br />

Bücher mit Gebeten darin gibt es reichlich. In der Regel<br />

sind es Gebetssammlungen, in denen viel Material zusammengetragen<br />

ist: Gebetstexte oder Gebetsformen, die<br />

einfach durch Lektüre zur Kenntnis genommen werden<br />

können oder aber von Betenden in bestimmten Situationen<br />

angeeignet und somit zu echten Gebeten werden können.<br />

Es gibt aber auch den – selteneren – Fall, dass ein Buch<br />

durchweg als Gebetsform stilisiert wurde und vermutlich<br />

in der Existenz seines Autors auch tatsächlich einen<br />

»Sitz im Leben« als Gebet hatte. Ein klassisches Dokument<br />

dafür sind die »Bekenntnisse« des Aurelius Augustinus<br />

(354 – 430 n. Chr.). 19 Es beginnt mit einer doxologischen<br />

Anrede an <strong>Gott</strong>: »Groß bist du, Herr, und höchsten Lobes<br />

würdig. Groß ist deine Macht, und deine Weisheit hat keine<br />

Grenzen. Und dich will loben ein Mensch, irgend so ein<br />

Stück deiner Schöpfung, ein Mensch, der seine Sterblichkeit<br />

mit sich herumschleppt […]«. 20 Es ist von zahlreichen<br />

weiteren Anreden an <strong>Gott</strong> durchzogen und endet stilgerecht<br />

am Ende des »13. Buches« mit einem »Amen«. Dazwischen<br />

liegen Erzählungen und Reflexionen, ausgedehnte<br />

theologische Gedankengänge und als roter Faden darin<br />

die sehnsüchtige Suche des Autors nach der »Ruhe« für<br />

seine Seele, »[…] denn unruhig ist unser Herz, bis es ruht<br />

in dir«. 21<br />

Auch der Theologe Anselm von Canterbury (um 1033–<br />

1109) hat sich der Gebetsform bedient, um eines seiner berühmtesten<br />

Werke, das »Proslogion« 22 , zu gestalten. In vielen<br />

Interpretationen wird dieses Werk als Darlegung des<br />

»ontologischen <strong>Gott</strong>esbeweises« gewürdigt. Aber die Ge-<br />

19 AURELIUS AUGUSTINUS: Confessiones – Bekenntnisse, Lateinisch/Deutsch.<br />

20 Ebd., 35.<br />

21 Ebd.<br />

22 A NSELM VON CANTERBURY: Proslogion/Anrede. Lateinisch/Deutsch.<br />

26

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!