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Eberhard Martin Pausch: Ferner Nachbar Gott (Leseprobe)

Aus liberaler Perspektive kann man Gebete als symbolisierende Handlungen verstehen, die zwischen den betenden Personen, der Welt und unserem »fernen Nachbarn« Gott vermitteln. Demnach wären sie dreistellige Relationen mit Gott selbst als einem transempirischen Relationsglied. Niemand weiß, ob (Fürbitten-) Gebete den Willen Gottes verändern können. Aber Gebete, verstanden als »religiöse Mitochondrien«, dienen in den Glaubenszellen von Christinnen und Christen als Kraftwerke und Energiespender. Auch können sie die Wirklichkeit verändern, indem sie Herzen berühren und so Menschen dazu bewegen, zumindest Teile der Welt zu verändern. Auf diese Weise tragen sie dazu bei, die Zukunft im Geist der Liebe zu gestalten, wenn es Liebe ist, die das Wesen des »fernen Nachbarn« Gott ausmacht.

Aus liberaler Perspektive kann man Gebete als symbolisierende Handlungen verstehen, die zwischen den betenden Personen, der Welt und unserem »fernen Nachbarn« Gott vermitteln. Demnach wären sie dreistellige Relationen mit Gott selbst als einem transempirischen Relationsglied. Niemand weiß, ob (Fürbitten-) Gebete den Willen Gottes verändern können. Aber Gebete, verstanden als »religiöse Mitochondrien«, dienen in den Glaubenszellen von Christinnen und Christen als Kraftwerke und Energiespender. Auch können sie die Wirklichkeit verändern, indem sie Herzen berühren und so Menschen dazu bewegen, zumindest Teile der Welt zu verändern. Auf diese Weise tragen sie dazu bei, die Zukunft im Geist der Liebe zu gestalten, wenn es Liebe ist, die das Wesen des »fernen Nachbarn« Gott ausmacht.

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efasse mich hier als christlicher Theologe (natürlich) mit<br />

der christlichen Gebetsauffassung. Es wäre sicherlich eine<br />

Form kultureller Aneignung, über die Gebetsauffassung<br />

anderer Religionen urteilen zu wollen. Hier mag die Beobachtung<br />

genügen, dass auch in anderen Religionen gebetet<br />

wird. Es gibt also ein ähnliches, vielleicht analoges Phänomen<br />

zu dem, was Christenmenschen »Gebet« nennen.<br />

Was Christinnen und Christen unter dem Gebet verstehen,<br />

möchte ich hier rekonstruieren. Ich gehe daher in eine<br />

gewisse Distanz zu dem, was ich selbst seit meiner Kindheit<br />

tue und was auch andere tun. Ich versuche, eine existierende<br />

Glaubenspraxis zu verstehen. Das Zusammenbringen<br />

von »Glauben und Verstehen« war nicht nur ein zentrales<br />

Anliegen des Theologen Rudolf Bultmann (1884–1976). 7 Es<br />

ist dem Glauben selbst wichtig, auf Verstehen zu zielen und<br />

mit ihm verbunden zu sein. 8 Der Glaube hat also ein hermeneutisches<br />

Interesse. Darüber hinaus ist es auch und vor<br />

allem ein wichtiges Anliegen für die christliche Theologie –<br />

verstanden als Wissenschaft vom Glauben an <strong>Gott</strong> 9 –, dass<br />

Glauben und Verstehen zueinander finden, wenn sie denn<br />

eine Wissenschaft unter anderen Wissenschaften im Wissenschaftssystem<br />

ist.<br />

Mir geht es dabei um eine rationale Rekonstruktion. Ich<br />

versuche also, das Gebet vernünftig zu verstehen. Zu den<br />

Mindeststandards von Vernünftigkeit zähle ich dabei se-<br />

7 RUDOLF BULTMANN: Glauben und Verstehen. Erster Band [1933]. Bultmanns<br />

in den Jahren 1933 bis 1965 erschienene vier Aufsatzbände mit<br />

dem Titel »Glauben und Verstehen« (I–IV) bilden in seinem Gesamtwerk<br />

einen Fokus, dessen Pointe man nur versteht, wenn man Bultmann<br />

hier im Anschluss an den Apostel Paulus liest, für dessen Theologie<br />

der Grundsatz der Verständlichkeit maßgeblich war.<br />

8 »Religionen sollen in ihrem Kern verstehend nachvollzogen werden.«<br />

(DIETER HENRICH: Furcht ist nicht in der Liebe, 69.)<br />

9 Ich sehe Theologie nicht als eine »Wissenschaft von <strong>Gott</strong>«. Denn <strong>Gott</strong> als<br />

nicht-empirisches Phänomen kann von Menschen nicht erforscht werden.<br />

Erforscht werden kann nur, was Menschen empfinden, denken,<br />

wollen und tun, wenn sie sich auf <strong>Gott</strong> beziehen. Erforscht werden kann<br />

nur der Glaube an <strong>Gott</strong>.<br />

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