28.02.2024 Aufrufe

Seltene Krankheiten

Heute ist ein ganz besonderer Tag: Jedes Jahr am letzten Tag des Monats Februar findet der World Rare Disease Day statt – diesmal unter dem Motto: „Teilt eure Farben“. Seit 2008 treffen sich Menschen rund um den Globus am „Tag der Seltenen Erkrankungen“, um gemeinsam auf Anliegen und Probleme der sogenannten Waisen der Medizin aufmerksam zu machen. Gemeint sind Menschen, die von einer der rund 8.000 seltenen Erkrankungen betroffen sind – und das sind weltweit über 350 Millionen Kinder und Erwachsene. Jede einzelne betroffene Person steht für eine einzigartige Erkrankung, die Aufmerksamkeit verdient. Aufklärung ist wichtig, damit eine frühzeitige Diagnose und somit im Idealfall Therapie erfolgen können. Das Ziel: die Auswirkungen der Erkrankung auf das Leben Betroffener so gering wie möglich zu halten. Diese Publikation trägt zur Aufklärungsarbeit bei, beleuchtet Fortschritte und bekennt Farbe für mehr Forschung zu seltene Erkrankungen.

Heute ist ein ganz besonderer Tag: Jedes Jahr am letzten Tag des Monats Februar findet der World Rare Disease Day statt – diesmal unter dem Motto: „Teilt eure Farben“. Seit 2008 treffen sich Menschen rund um den Globus am „Tag der Seltenen Erkrankungen“, um gemeinsam auf Anliegen und Probleme der sogenannten Waisen der Medizin aufmerksam zu machen. Gemeint sind Menschen, die von einer der rund 8.000 seltenen Erkrankungen betroffen sind – und das sind weltweit über 350 Millionen Kinder und Erwachsene. Jede einzelne betroffene Person steht für eine einzigartige Erkrankung, die Aufmerksamkeit verdient. Aufklärung ist wichtig, damit eine frühzeitige Diagnose und somit im Idealfall Therapie erfolgen können. Das Ziel: die Auswirkungen der Erkrankung auf das Leben Betroffener so gering wie möglich zu halten. Diese Publikation trägt zur Aufklärungsarbeit bei, beleuchtet Fortschritte und bekennt Farbe für mehr Forschung zu seltene Erkrankungen.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

SELTENE<br />

KRANKHEITEN<br />

Weitere Informationen unter www.seltene-krankheiten-info.de<br />

www.seltene-krankheiten-info.de<br />

EINE PUBLIKATION DES REFLEX VERLAGES Februar 2024


2<br />

<strong>Seltene</strong> <strong>Krankheiten</strong><br />

GRUSSWORT<br />

Farbe bekennen – Aufmerksamkeit<br />

schaffen<br />

Heute ist ein ganz besonderer Tag: Jedes Jahr am letzten<br />

Tag des Monats Februar findet der World Rare<br />

Disease Day statt – diesmal unter dem Motto:<br />

„Teilt eure Farben“. Seit 2008 treffen sich<br />

Menschen rund um den Globus am „Tag<br />

der <strong>Seltene</strong>n Erkrankungen“, um gemeinsam<br />

auf Anliegen und Probleme der<br />

sogenannten Waisen der Medizin aufmerksam<br />

zu machen. Gemeint sind Menschen,<br />

die von einer der rund 8.000 seltenen Erkrankungen<br />

betroffen sind – und das sind<br />

weltweit über 350 Millionen Kinder und Erwachsene. Jede<br />

einzelne betroffene Person steht für eine einzigartige<br />

Erkrankung, die Aufmerksamkeit verdient.<br />

Aufklärung ist wichtig, damit eine frühzeitige<br />

Diagnose und somit im Idealfall Therapie erfolgen<br />

können. Das Ziel: die Auswirkungen<br />

der Erkrankung auf das Leben Betroffener<br />

so gering wie möglich zu halten. Diese Publikation<br />

trägt zur Aufklärungsarbeit bei,<br />

beleuchtet Fortschritte und bekennt Farbe<br />

für mehr Forschung zu seltene Erkrankungen.<br />

Nadine Effert<br />

Chefredakteurin<br />

INHALTSVERZEICHNIS<br />

LEITARTIKEL<br />

THERAPIEN<br />

ÜBERSICHT<br />

EOSINOPHILE ÖSOPHAGITIS<br />

CLUSTERKOPFSCHMERZ<br />

PATIENT STORY<br />

MYASTHENIA gravis<br />

PRIMÄR BILIÄRE CHOLANGITIS<br />

Künstliche Intelligenz als Hoffnungsträger — 3<br />

Die Gene im Fokus — 6<br />

Zentren für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen in Deutschland — 8<br />

Schluckbeschwerden? Daran kann es liegen — 10<br />

„Es gibt Hilfe gegen einen der stärksten Schmerzen“ — 11<br />

„NMOSD hat unser Leben komplett verändert“ — 12<br />

„Ziel ist die bestmögliche Krankheitskontrolle“ — 14<br />

Aufklären und Vorurteile beseitigen — 15<br />

IMPRESSUM<br />

Projektmanagement Myriam Krämer, myriam.kraemer@reflex-media.net Redaktion Nadine Effert, Mark Krüger, Tobias<br />

Lemser Layout Silke Schneider, grafik@reflex-media.net Fotos iStock / Getty Images, Coverbild iStock / twinsterphoto<br />

Druck Badische Neueste Nachrichten Badendruck GmbH V.i.S.d.P. Redaktionelle Inhalte Nadine Effert, redaktion@reflexmedia.net<br />

Weitere Informationen Pit Grundmann, pit.grundmann@reflex-media.net, Reflex Verlag GmbH, Hackescher<br />

Markt 2–3, D-10178 Berlin, T +49 (0)30 / 200 8949 0, www.reflex-media.net<br />

Diese Publikation des Reflex Verlages erscheint am 29. Februar 2024 im Handelsblatt. Der Reflex Verlag und die Handelsblatt<br />

Media Group & Co. KG sind rechtlich getrennte und redaktionell unabhängige Unternehmen. Inhalte von Werbebeiträgen wie<br />

Unternehmens- und Produktporträts, Interviews, Advertorials, Anzeigen sowie Gastbeiträgen und Fokusinterviews geben die<br />

Meinung der beteiligten Unternehmen beziehungsweise Personen wieder. Die Redaktion ist für die Richtigkeit der Beiträge<br />

nicht verantwortlich. Die rechtliche Haftung liegt bei den jeweiligen Unternehmen.<br />

Für uns steht die bestmögliche Lesbarkeit der Texte an erster Stelle.<br />

Deshalb verwenden wir in der Publikation auch das generische Maskulinum – diese Personenbezeichnungen stehen für alle Geschlechter.<br />

Wir sind dabei<br />

Takeda Pharma Vertrieb GmbH &<br />

Co. KG 3<br />

www.takeda.com/de-de<br />

Biogen GmbH 5<br />

www.biogen.de<br />

MGZ – Medizinisch Genetisches<br />

Zentrum7<br />

www.mgz-muenchen.de<br />

Dr. Falk Pharma GmbH 10<br />

https://de.drfalkpharma.com/de/<br />

Horizon Therapeutics GmbH, ein<br />

Unternehmen der Amgen GmbH 13<br />

www.horizontherapeutics.de<br />

Ipsen Pharma GmbH 15<br />

www.ipsen.com/germany/<br />

Vertex Pharmaceuticals<br />

(Germany) GmbH 6<br />

www.vrtx.com/de-de<br />

Hormosan Pharma GmbH 11 & 14<br />

www.hormosan.com<br />

Aktion Deutschland Hilft e. V.16<br />

www.aktion-deutschland-hilft.de


Künstliche Intelligenz als Hoffnungsträger<br />

3<br />

LEITARTIKEL | VON NADINE EFFERT<br />

Der Umgang mit seltenen Erkrankungen ist für<br />

Betroffene und medizinisches Fachpersonal<br />

gleichermaßen herausfordernd. Die Diagnose<br />

ist schwierig, und es mangelt an Therapien. Mit<br />

neuen Verfahren der Künstlichen Intelligenz<br />

und des Maschinenlernens können <strong>Krankheiten</strong><br />

automatisch erkannt werden – eine<br />

Voraussetzung für frühere Diagnosen und individuelle<br />

Therapien bei seltenen <strong>Krankheiten</strong>.<br />

4<br />

Millionen<br />

Menschen leben Schätzungen<br />

zufolge mit einer seltenen<br />

Erkrankung allein in<br />

Deutschland. In der gesamten<br />

EU geht man von 30 Millionen<br />

Betroffenen aus.<br />

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit,<br />

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/<br />

gesundheitsgefahren/seltene-erkrankungen; Zugriff: 15.02.2024<br />

Von A wie Aarskog-Scott-Syndrom über O wie<br />

Osteochondritis bis Z wie zerebrotendinöse Xanthomatose:<br />

Es gibt aktuell bis zu 8.000 <strong>Krankheiten</strong>,<br />

von denen selbst die meisten Ärztinnen<br />

und Ärzte noch nichts gehört haben und für die<br />

es kaum effektive Therapien gibt. Die Rede ist<br />

von seltenen <strong>Krankheiten</strong>, auch bekannt als<br />

Orphan Diseases (engl. orphan „Waise“, disease<br />

„Krankheit“), von denen pro Jahr etwa 250 neu<br />

entdeckt werden. Eine Erkrankung wird in der<br />

EU als „selten“ bezeichnet, wenn höchstens fünf<br />

von 10.000 Personen daran leiden. Obwohl die<br />

Zahl der Betroffenen mit Blick auf die einzelne<br />

Erkrankung gering ist, ist es die Gesamtzahl<br />

keineswegs: In Deutschland leiden schätzungsweise<br />

ungefähr vier Millionen Kinder und Erwachsene<br />

unter einer seltenen Erkrankung, in<br />

der EU sind es etwa 30 Millionen und weltweit<br />

rund 350 Millionen.<br />

Breites Spektrum an <strong>Krankheiten</strong><br />

Von speziellen Krebsarten und Stoffwechselerkrankungen<br />

bis hin zu <strong>Krankheiten</strong> der Muskeln<br />

und Nerven: <strong>Seltene</strong> Erkrankungen bilden eine<br />

sehr heterogene Gruppe von zumeist komplexen<br />

Krankheitsbildern. Mit etwa 80 Prozent ist<br />

der Großteil der Orphan Diseases genetisch bedingt<br />

oder mitbedingt, sodass die ersten Symptome<br />

schon kurz nach der Geburt oder in früher<br />

Kindheit auftreten. Dies ist beispielsweise der<br />

Fall bei der Osteogenesis imperfecta, umgangssprachlich:<br />

Glasknochenkrankheit, oder beim<br />

Rett-Syndrom, bei dem zwischen dem 6. und 18.<br />

Monat erstmals Anzeichen eines Entwicklungsstopps<br />

auftreten. Ebenso unterschiedlich wie die<br />

5<br />

Jahre<br />

vergehen im Schnitt bis<br />

zur richtigen Diagnose.<br />

Quelle: EURORDIS European Organisation for<br />

Rare Diseases, https://www.eurordis.org/de/<br />

unsere-prioritaeten/fruehzeitigere-schnellereund-genauere-diagnose/;<br />

Zugriff: 15.02.2024<br />

Art der Erkrankungen ist auch ihre Häufigkeit.<br />

Von beispielweise der Amyotrophen Lateralsklerose,<br />

kurz ALS, einer neurodegenerativen<br />

Krankheit, die zunehmend Nerven zerstört und<br />

Muskeln lähmt, sind rund 8.000 Menschen in<br />

Deutschland betroffen. Hingegen gibt es weltweit<br />

nur etwa 250 Kinder, die an Progerie, der<br />

sogenannten Greisenkrankheit, leiden.<br />

Späte Diagnose, wenige Therapien<br />

<strong>Seltene</strong> <strong>Krankheiten</strong> sind ernste, oft chronische<br />

und fortschreitende <strong>Krankheiten</strong>, die häufig<br />

lebensbedrohlich sind. Je früher eine seltene<br />

Krankheit diagnostiziert wird, umso besser kann<br />

sich die betroffene Person auf ihr Schicksal<br />

einstellen und umso besser kann ihr in einigen<br />

Fällen geholfen werden. Auch wenn ein Großteil<br />

der <strong>Seltene</strong>n nicht heilbar ist, lassen sich zumindest<br />

häufig die Symptome bekämpfen. Der<br />

Verein ACHSE, die Allianz Chronischer<br />

Weitere Informationen unter www.seltene-krankheiten-info.de<br />

Mehr Sichtbarkeit für die <strong>Seltene</strong>n<br />

Werbebeitrag – Aktionsporträt<br />

Der Tag der <strong>Seltene</strong>n Erkrankungen<br />

fällt in diesem Jahr auf den<br />

seltensten Tag im Kalender – den<br />

29. Februar. Takeda und fünf weitere<br />

forschende Pharmaunternehmen<br />

sowie ein Spielehersteller<br />

organisieren aus diesem Anlass<br />

vom 26. Februar bis 3. März die<br />

Mitmach-Aktion colourUp4RARE<br />

in den sozialen Medien.<br />

Buntes Zebra: Aufmerksamkeit für die seltenen<br />

<strong>Krankheiten</strong> mit der Aktion #colourUp4RARE<br />

Im Rahmen von colourUp4RARE<br />

wird die Öffentlichkeit eingeladen,<br />

gemeinsam Zebras – Symbolbild<br />

für seltene Erkrankungen – digital<br />

auszumalen. Der Aufruf lautet:<br />

„Malen für die <strong>Seltene</strong>n!“ – Farbe<br />

bekennen für Menschen mit einer<br />

seltenen Erkrankung. Ziel ist es,<br />

mehr Aufmerksamkeit für seltene<br />

Erkrankungen zu schaffen und das<br />

Bewusstsein für verbesserte Rahmenbedingungen<br />

zur Forschung<br />

und Entwicklung neuer Diagnoseund<br />

Behandlungsmöglichkeiten zu<br />

erhöhen.<br />

Zeichen setzen<br />

„Wenn du Hufgetrappel hörst, denk<br />

an Pferde und nicht an Ze bras“:<br />

Der alte Medizinerlehrsatz verdeutlicht:<br />

Häufige Erkrankungen<br />

sind wahrscheinlicher als seltene,<br />

auch wenn die Symptome zu beiden<br />

passen würden. Daher ist das<br />

Zebra Symboltier für seltene Erkrankungen.<br />

Zwar betreffen diese<br />

Dringend notwendig: mehr Forschung, Zugang zu<br />

Medikamenten sowie eine gesicherte Versorgung<br />

jeweils nur sehr wenige Menschen,<br />

doch in Summe sind es viele: allein<br />

in Deutschland rund vier Millionen.<br />

Noch immer erhalten sie zu wenig<br />

Aufmerksamkeit für ihre sozialen,<br />

medizinischen und ökonomischen<br />

Herausforderungen. Takeda unterstützt<br />

den Tag der seltenen Erkrankungen,<br />

um Zeichen zu setzen: für<br />

mehr Forschung, eine gesicherte<br />

Versorgung und eine bessere Lebensqualität<br />

für Betroffene. Seit<br />

1781 engagiert sich Takeda, die Gesundheit<br />

der Menschen zu verbessern.<br />

Heute konzentriert sich das<br />

Unternehmen bei der Forschung<br />

auf Erkrankungen mit den größten<br />

unerfüllten medizinischen Bedürfnissen.<br />

Denn für Takeda stehen<br />

die Patientinnen und Patienten im<br />

Mittelpunkt.<br />

www.takeda.com/de-de<br />

Mehr Infos zur<br />

Aktion colour-<br />

Up4RARE unter:<br />

takeda.info/<br />

colourUp4RARE<br />

EXA/DE/CORP/0446


4<br />

<strong>Seltene</strong> <strong>Krankheiten</strong><br />

<strong>Seltene</strong>r Erkrankungen, macht jedoch<br />

darauf aufmerksam, dass Betroffene „häufig eine<br />

jahrelange vergebliche Suche nach der richtigen<br />

Diagnose, einen eklatanten Mangel an Expertise<br />

für die jeweilige Krankheit sowie unzureichende<br />

Therapiemöglichkeiten, fast immer ohne Aussicht<br />

auf Heilung, erleben“. Der Leidensdruck<br />

bei Betroffenen, aber auch deren Angehörigen,<br />

ist daher groß. Etwa 40 Prozent der Patientinnen<br />

und Patienten werden zunächst fehldiagnostiziert,<br />

viele weitere erfahren nie, was<br />

ihnen eigentlich fehlt. Ein Grund: Aufgrund ihrer<br />

Komplexität, Variabilität, unspezifischen Symptomatiken<br />

und des mangelnden Wissens über<br />

seltene Erkrankungen ist es für nicht spezialisierte<br />

Ärztinnen und Ärzte eine große Herausforderung,<br />

eine Diagnose zu stellen.<br />

Im Schnitt warten Betroffene fünf Jahre, vereinzelt<br />

aber auch über 20 Jahre, auf Klarheit.<br />

Und wenn eine Diagnose erfolgt, stehen nur für<br />

wenige <strong>Krankheiten</strong> Therapien zur Verfügung,<br />

da sowohl die Erforschung der <strong>Krankheiten</strong> als<br />

auch die Entwicklung neuartiger Medikamente<br />

in diesem Bereich erschwert sind. Hinzu kommt,<br />

dass dies für Pharmaunternehmen aufgrund der<br />

Da es mehr als<br />

8.000<br />

unterschiedliche seltene<br />

Erkrankungen gibt, ist die<br />

Gesamtzahl der Betroffenen<br />

trotz der Seltenheit der<br />

einzelnen Erkrankungen hoch.<br />

Quelle: Verband Forschender Arzneimittelhersteller e. V.,<br />

https://www.vfa.de/de/arzneimittel-forschung/seltene-erkrankungen/<br />

orphan-drugs-risiken-fuer-ein-modell; Zugriff: 15.02.2024<br />

kleinen Patientengruppen nicht lukrativ und<br />

somit attraktiv ist. Aktuell sind laut Verband<br />

Forschender Arzneimittelhersteller e. V. in der<br />

EU 143 sogenannte Orphan Drugs zugelassen<br />

(Stand: Oktober 2023), mit denen 171 <strong>Krankheiten</strong><br />

behandelt werden können.<br />

Zentren als wichtige Anlaufstelle<br />

Eva Luise Köhler, Schirmherrin der ACHSE,<br />

appellierte auf der letzten Nationalen Konferenz<br />

zu <strong>Seltene</strong>n Erkrankungen (NAKSE) im<br />

September 2023 insbesondere an die Politik:<br />

„Forschung und Vernetzung brauchen strukturelle<br />

Förderung. Von der Erforschung seltener<br />

Erkrankungen können auch die häufigen<br />

Erkrankungen profitieren.“ Das gelte nicht<br />

nur für Therapieansätze, sondern auch für die<br />

Mit Künstlicher<br />

Intelligenz schneller<br />

zur Diagnose seltener<br />

Erkrankungen<br />

vernetzten Versorgungsstrukturen, die mit den<br />

Zentren für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen (ZSE) bereits<br />

etabliert sind. Diese müssten endlich auf<br />

finanziell sichere Beine gestellt werden. Die<br />

bundesweit insgesamt 36 ZSE sind wichtige Anlaufstellen<br />

für Menschen mit Verdacht auf eine<br />

seltene Erkrankung oder gesicherter Diagnose.<br />

Von KI profitieren<br />

Als ein echter Gamechanger in der Versorgung<br />

von Menschen mit seltenen <strong>Krankheiten</strong> könnte<br />

sich Künstliche Intelligenz (KI) entpuppen. Neue<br />

Technologien des maschinellen Lernens haben<br />

das Potenzial, die Erforschung, Diagnostik und<br />

Behandlung seltener Erkrankungen deutlich zu<br />

verbessern. Verschiedene Studien haben bereits<br />

unterschiedliche Ansätze gezeigt, um mithilfe<br />

von Algorithmen der KI schnell Muster und Zusammenhänge<br />

zu erkennen.<br />

So konnte unter anderem ein Forschungsteam<br />

des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und<br />

Neurowissenschaften und des Universitätsklinikums<br />

Leipzig zeigen, dass KI automatisch<br />

Muster in Bildgebungsdaten von Patientinnen<br />

Etwa 2 Prozent der<br />

seltenen Erkrankungen können<br />

in Deutschland mit einem<br />

zugelassenen Arzneimittel<br />

behandelt werden.<br />

Quelle: Verband Forschender Arzneimittelhersteller e. V.,<br />

https://www.vfa.de/de/arzneimittel-forschung/selteneerkrankungen;<br />

Zugriff: 15.02.2024<br />

iStock / PhonlamaiPhoto<br />

und Patienten erkennen kann, die spezifisch<br />

für seltene Demenz-Erkrankungsformen sind.<br />

„Wir konnten im Vergleich zu vorherigen Studien<br />

nicht nur Erkrankte von Gesunden unterscheiden,<br />

sondern zusätzlich die spezifische<br />

Krankheit klar von anderen Demenzkrankheiten<br />

abgrenzen“, sagt Matthias Schroeter, Oberarzt<br />

an der Klinik für Kognitive Neurologie des Universitätsklinikums<br />

Leipzig. „Dies ist ein entscheidender<br />

Schritt, um die Therapie an jeden<br />

einzelnen Betroffenen und seine Krankheit anzupassen.“<br />

Forschende der Universität Zürich<br />

(UZH) wiederum nutzen KI in der Wirkstoffentwicklung<br />

für die seltene, unheilbare Speicherkrankheit<br />

Cystinose, die bereits im frühen<br />

Kindesalter zu Nierenversagen führt. Mithilfe<br />

von Modellsystemen konnten sie die Signalwege<br />

identifizieren, welche die Krankheit verursachen,<br />

und mögliche Ziele für Therapien priorisieren.<br />

Auf der Medikamenten-Plattform PandaOmics<br />

wurde nach bereits vorhandenen passenden<br />

Medikamenten gesucht.<br />

Die Analyse der Struktur der Medikamente, ihrer<br />

Ziele, möglicher Nebenwirkungen und ihrer Wirksamkeit<br />

in den betroffenen Geweben brachte ein<br />

vielversprechendes Arzneimittel zutage. Alessandro<br />

Luciani, einer der Forschungsgruppenleiter,<br />

ist zuversichtlich: „Obwohl weitere klinische<br />

Untersuchungen erforderlich sind, glauben<br />

wir, dass diese Ergebnisse, die durch eine einzigartige<br />

Zusammenarbeit erzielt wurden, uns<br />

einer realistischen Therapie für Patienten mit<br />

Cystinose näherbringen.“<br />

Smartes Arztportal geplant<br />

Krankheitsübergreifend und bis Dezember<br />

2024 vom Bundesministerium für Gesundheit<br />

gefördert, tüftelt das Fraunhofer IESE aktuell<br />

im Projekt „Smartes Arztportal für Betroffene<br />

mit unklarer Erkrankung“ (SATURN) daran,<br />

wie mithilfe von KI bei geringen Datenmengen<br />

nachvollziehbare und transparente Verdachtsdiagnosen<br />

für seltene Erkrankungen gestellt werden<br />

können. Mit dem se-atlas, einer Maßnahme<br />

des Nationalen Aktionsbündnisses für Menschen<br />

mit <strong>Seltene</strong>n Erkrankungen (NAMSE), ist ein Register<br />

mit den Zentren für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen<br />

angebunden, sodass direkt Kontakt mit Spezialistinnen<br />

und Spezialisten aufgenommen werden<br />

kann. Zum diesjährigen „Tag der <strong>Seltene</strong>n Erkrankungen“<br />

am 29. Februar stellt SATURN den<br />

ersten Prototyp auf saturn-projekt.de vor.


5<br />

„Viele betrifft eine seltene<br />

Erkrankung“<br />

Werbebeitrag – Interview<br />

Die Ice Bucket Challenge ist nun<br />

zehn Jahre her. Seitdem gab es<br />

keine vergleichbare öffentlichkeitswirksame<br />

Kampagne für<br />

seltene Erkrankungen mehr. Dr.<br />

Andreas Bracher, Leiter des Bereichs<br />

Medical Affairs bei Biogen,<br />

über ganzheitliches Denken für<br />

mehr Fortschritt bei seltenen Erkrankungen.<br />

Herr Bracher, braucht es derartige<br />

Mobilisierungen wie die Ice<br />

Bucket Challenge öfter? Keine Erkrankung<br />

sollte zu selten sein, um<br />

ignoriert zu werden. Denn viele betrifft<br />

eine seltene Erkrankung. Die<br />

Ice Bucket Challenge hatte einen<br />

positiven Effekt auf die Bekanntheit<br />

von Amyotropher Lateralsklerose,<br />

kurz ALS. Eine virale Kampagne<br />

gibt Menschen die Möglichkeit,<br />

die Betroffenen einer seltenen<br />

Krankheit zu unterstützen, hilft,<br />

sie zu entstigmatisieren, und steigert<br />

die Wahrnehmung. Die Aufmerksamkeit<br />

und die Spendeneinnahmen,<br />

die durch die Ice Bucket<br />

Challenge gesammelt wurden, waren<br />

wichtig für die Forschung und<br />

die Betroffenen. Langfristig gehört<br />

aber mehr dazu, um echten medizinischen<br />

Fortschritt zu erzielen.<br />

Genau deshalb erforscht Biogen<br />

diesen Bereich, um denen eine<br />

echte Perspektive zu geben, deren<br />

ZUR PERSON<br />

Dr. Andreas Bracher ist bei Biogen<br />

für den Bereich Medical Affairs in<br />

Deutschland und Österreich zuständig.<br />

Bracher promovierte im PhD<br />

Programm „Vascular Biology“ an der<br />

Medizinischen Universität Wien und<br />

hatte zuvor das Studium der medizinischen<br />

und pharmazeutischen Biotechnologie<br />

an der FH IMC Krems abgeschlossen.<br />

Nach mehreren Jahren<br />

in der biomedizinischen Forschung<br />

wechselte er 2012 in die Industrie.<br />

Erkrankung in der Regel selten im<br />

Fokus der Öffentlichkeit steht.<br />

Medizinischer Fortschritt bleibt<br />

dabei also nach wie vor unerlässlich.<br />

Wie trägt die Forschung von<br />

Biogen dazu bei? Forschung und<br />

klinische Entwicklung sind die<br />

wichtigsten Aspekte, um langfristig<br />

neue Behandlungsmöglichkeiten<br />

zu etablieren, medizinische Standards<br />

zu steigern und dadurch die<br />

Lebensqualität von Betroffenen zu<br />

verbessern. Darum dürfen wir uns<br />

nicht mit dem Status quo zufriedengeben.<br />

Stattdessen bauen wir<br />

darauf auf, um aktiv den Fortschritt<br />

im Bereich der seltenen Erkrankungen<br />

voranzutreiben. Dadurch konnten<br />

wir für Patientinnen und Patienten<br />

mit Spinaler Muskelatrophie,<br />

kurz SMA, im Jahr 2017 die erste in<br />

Deutschland zugelassene Therapie<br />

anbieten. Darüber hinaus haben wir<br />

eine vielversprechende Pipeline<br />

mit innovativen Therapieansätzen,<br />

um auch künftig für Betroffene seltener<br />

Erkrankungen Therapien zur<br />

Verfügung stellen zu können.<br />

Dazu gehört unter anderem auch<br />

die Friedreich-Ataxie, welche die<br />

Bewegungskoordination stark beeinflusst<br />

und circa 1.300 Menschen<br />

in Deutschland betrifft. Oder auch<br />

ALS, eine fortschreitende, neurodegenerative<br />

Erkrankung, die bestimmte<br />

Nervenzellen in Gehirn<br />

und Rückenmark angreift.<br />

Was ist Ihnen bei der Forschung<br />

von seltenen Erkrankungen besonders<br />

wichtig? Es ist unser Anspruch,<br />

bei all unseren Prozessen<br />

den Menschen in den Mittelpunkt<br />

zu stellen. Klinische Skalen und<br />

Scores erlauben oft nur bedingt,<br />

den Benefit für Patientinnen und<br />

Patienten zu beschreiben. Eine<br />

wichtige Rolle spielt aber auch der<br />

subjektive, von der erkrankten<br />

Person wahrgenommene Gesundheitszustand<br />

während einer Therapie.<br />

Dieser sollte strukturiert im<br />

Patient-Reported-Outcome-Measurement<br />

erfasst werden. Dies ist<br />

ein wesentlicher Baustein für eine<br />

maßgeschneiderte und qualitätsorientierte<br />

Therapie.<br />

Gleichzeitig dürfen wir auch vor<br />

Misserfolgen nicht zurückschrecken,<br />

denn nur daraus lernen wir.<br />

Daher plädiere ich dafür, dass auch<br />

weiterhin negative Studiendaten<br />

gänzlich publiziert werden, um<br />

Der Mensch im Mittelpunkt: Die Forschung bei Biogen verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz.<br />

den Fortschritt dadurch schneller<br />

voranzutreiben.<br />

Welche Möglichkeiten gibt es,<br />

Patientinnen und Patienten mit<br />

einer seltenen Erkrankung über<br />

medikamentöse Therapien hinweg<br />

zu unterstützen? Der Austausch<br />

zwischen Betroffenen ist<br />

besonders wichtig. Darum hat<br />

Biogen verschiedene Formate<br />

etabliert, um diese Begegnungen<br />

zu ermöglichen. Mit der Carisma<br />

App, die von Ärztinnen und Ärzten<br />

entwickelt wurde, stellen wir einen<br />

digitalen Begleiter zur Verfügung,<br />

und mit SMAlltalk haben wir eine<br />

interaktive Plattform von SMA-Betroffenen<br />

für Betroffene ins Leben<br />

gerufen. Hier veranstalten wir Online-Events<br />

mit wechselnden Themen<br />

wie Reisen oder Mobilität.<br />

Darüber hinaus engagieren wir uns<br />

bei der Deutschen Gesellschaft für<br />

Muskelkranke e. V. und arbeiten für<br />

klinische Studien eng mit der Initiative<br />

SMA zusammen. Im Allgemeinen<br />

ist Partnerschaft ein zentraler<br />

Aspekt für uns. Keiner kann alles<br />

allein lösen. Deshalb entwickeln<br />

wir in Deutschland viele Angebote<br />

MEHR INFORMATIONEN<br />

gemeinsam mit Betroffenen, Ärztinnen<br />

und Ärzten, Patientenorganisationen<br />

und Partnern aus der<br />

Branche. Denn wir möchten die Bedürfnisse<br />

und Geschichten hinter<br />

der Erkrankung kennen und verstehen.<br />

Dieses ganzheitliche Denken<br />

bringt Fortschritt in die Versorgung<br />

und neue Perspektiven in das Leben<br />

der Betroffenen.<br />

Für Menschen mit seltenen Erkrankungen<br />

ist der schnelle Zugang<br />

zu spezialisierter Versorgung<br />

und Diagnostik essenziell.<br />

Wie kann der Zugang gefördert<br />

werden? Zentren für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen<br />

sind für Patientinnen<br />

und Patienten eine sehr wichtige<br />

Anlaufstelle. Deshalb ist es entscheidend,<br />

dass sich diese Zentren<br />

national und auf Europaebene<br />

abstimmen, um Erfahrungen und<br />

Daten zu teilen. Nur so erhalten<br />

wir eine valide und ausreichende<br />

Datengrundlage für bestimmte<br />

Erkrankungen. Diese Vernetzung<br />

ermöglicht zudem langfristig eine<br />

erfolgreiche und wohnortnahe<br />

Versorgung.<br />

www.biogen.de<br />

Biogen ist ein weltweit führendes Biotechnologie-Unternehmen,<br />

gegründet 1978 in Genf, unter anderem von den späteren Nobelpreisträgern<br />

Walter Gilbert und Phillip Sharp. Jährlich investiert<br />

Biogen rund 2,5 Milliarden US-Dollar in die Entwicklung neuartiger<br />

Arzneimitteltherapien, denn Forschung treibt Fortschritt. So<br />

konnte Biogen beispielsweise dank Studiendaten und seiner Expertise<br />

daran mitwirken, dass SMA seit 2021 Teil des sogenannten<br />

Neugeborenen-Screenings in Deutschland ist.


6<br />

<strong>Seltene</strong> <strong>Krankheiten</strong><br />

Die Gene im Fokus<br />

THERAPIEN | VON MARK KRÜGER<br />

Menschen mit seltenen Erkrankungen benötigen<br />

dringend Therapien. Großes Potenzial<br />

schlummert in Gentherapien, da rund<br />

80 Prozent der <strong>Seltene</strong>n auf Veränderungen im<br />

Erbgut basieren. Noch steht nur für eine Handvoll<br />

diese Behandlungsform zur Verfügung.<br />

Neues aus der Forschung, wie etwa im Fall<br />

von Epilepsie, und eine mit dem Nobelpreis<br />

ausgezeichnete neue Technologie sind große<br />

Hoffnungsträger.<br />

Funktionale Gene in das Erbgut einbringen, die<br />

fehlerhaften Gene reparieren, die Expression<br />

spezieller Gene oder auch die Proteinproduktion<br />

regulieren: Erfolgreiche gentherapeutische Ansätze<br />

haben das Potenzial, die Ursache einer<br />

erstmals 2017 zugelassen. Wird der Gendefekt<br />

im Rahmen des Neugeborenen-Screenings<br />

entdeckt und die SMA-Gentherapie früh verabreicht,<br />

kann eine Verringerung des Muskelschwunds<br />

bei betroffenen Kindern, die sonst<br />

schwer krank sind und früh sterben, erreicht<br />

werden. An einer Gentherapie zur Heilung der<br />

SMA wird aktuell geforscht.<br />

Neue gentherapeutische Ansätze<br />

Seit der weltweit ersten Gentherapie im September<br />

1990 haben Forschende eine Vielzahl<br />

neuer gentherapeutischer Verfahren entwickelt<br />

– nicht zuletzt die Gen-Schere CRISPR-Cas,<br />

mit der sich Gene sehr passgenau korrigieren<br />

lassen und für deren Entdeckung es 2020 den<br />

Zur frühzeitigen Diagnostik gibt es ein<br />

Neugeborenen-Screening,<br />

mit dem bereits 16 Zielerkrankungen<br />

erkannt werden können,<br />

von denen die<br />

meisten selten sind.<br />

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neugeborenenscreening e. V.,<br />

https://screening-dgns.de/krankheiten.php; Zugriff: 15.02.2024<br />

erschwert zudem die Durchführung aussagekräftiger<br />

Studien. Zumindest stehen derzeit<br />

über 50 weitere gentherapeutische Ansätze in<br />

der Entwicklung, so auch im Fall der Epilepsie,<br />

von der es mehr als 30 verschiedene, darunter<br />

einige seltene Formen – wie das Doose- oder<br />

Dravet-Syndrom – gibt.<br />

Therapieresistente Epilepsien lindern<br />

Zwar steht für Epilepsie, bei der es zu einer Überaktivierung<br />

des Gehirns und krampfartigen Anfällen<br />

kommt, eine breite Palette an Wirkstoffen<br />

zur Verfügung, doch nicht alle Betroffenen erreichen<br />

damit eine Anfallsfreiheit. Dies gilt zum<br />

Beispiel für Menschen, deren Epilepsie durch<br />

fokale kortikale Dysplasien (FCD), das sind lokalisierte<br />

Fehlbildungen in der Hirnrinde, ausgelöst<br />

werden. Hier hilft lediglich ein chirurgischer Eingriff,<br />

bei dem das fehlgebildete Gewebe entfernt<br />

wird – mit einem hohen Risiko, dabei benachbartes<br />

gesundes Gewebe zu beschädigen.<br />

An einer risikoärmeren Alternative tüfteln derzeit<br />

Forschende am Queen Square Institute<br />

of Neurology in London. Dort wurden heranwachsenden<br />

Mäusen mit per Gen provozierter<br />

Epilepsie sogenannte Adeno-assoziierte Viren<br />

(AAV) injiziert, die das therapeutische Gen für<br />

einen Kaliumkanal in den Hirnzellen installieren,<br />

um damit eine Übererregbarkeit zu verhindern.<br />

Die Behandlung führte laut Studie, die im Februar<br />

2024 im Fachmagazin „Brain“ veröffentlicht<br />

worden ist, zu einem Rückgang der epileptischen<br />

Anfälle um 87 Prozent. Etwa 60 Prozent der Tiere<br />

wurden anfallsfrei. Kognitive Störungen als Folge<br />

blieben aus. Eine klinische Studie am Menschen<br />

ist in den nächsten fünf Jahren geplant. <br />

genetisch verursachten, seltenen Krankheit zu<br />

bekämpfen. Heißt, das Fortschreiten der Krankheit<br />

aufzuhalten oder diese sogar zu heilen. Beispiel:<br />

Spinale Muskelatrophie (SMA). Die seltene<br />

Muskelerkrankung ist die häufigste genetisch<br />

bedingte Todesursache bei Säuglingen.<br />

Eine entsprechende Gentherapie, bei der mithilfe<br />

sogenannter viraler Vektoren therapeutische<br />

Gene als „Medikament“ direkt in die Zelle<br />

transportiert werden, wurde in Deutschland<br />

Chemie-Nobelpreis gab. Im Dezember 2023 hat<br />

die europäische Arzneimittel-Agentur EMA erstmals<br />

den Einsatz dieser Gen-Schere als Therapie<br />

empfohlen – und zwar zur Behandlung der<br />

selten vorkommenden Sichelzellkrankheit und<br />

Beta-Thalassämie. Fakt ist: Derzeit gibt es nur<br />

für eine Handvoll der <strong>Seltene</strong>n zugelassene Gentherapien.<br />

Forschung ist teuer und die Aussicht<br />

auf Gewinn für Pharmakonzerne aufgrund der<br />

niedrigen Anzahl an Patientinnen und Patienten<br />

gering. Die überregionale Verteilung Betroffener<br />

GENTEST GIBT GEWISSHEIT<br />

Da die meisten seltenen Erkrankungen<br />

genetisch bedingt sind, können sie mit<br />

der geeigneten genetischen Analyse<br />

diagnostiziert werden. Sie kann dabei<br />

helfen, die Ursache der Erkrankung<br />

zu finden. Zudem kann die Wiederholungswahrscheinlichkeit<br />

innerhalb<br />

der Familie oder für das erneute Auftreten<br />

in nachfolgenden Generationen<br />

berechnet werden.<br />

Sichelzellkrankheit sabotiert das Leben<br />

Werbebeitrag – Indikationsporträt<br />

Eine Sichelzellkrankheit begleitet<br />

Betroffene ein Leben lang, denn<br />

die Bluterkrankung ist genetisch<br />

bedingt und somit angeboren. Mit<br />

heftigen Folgen für die Erkrankten:<br />

Sie werden oft von plötzlichen<br />

und schweren Schmerzattacken<br />

heimgesucht. Neue Therapiemöglichkeiten<br />

werden dringend<br />

benötigt.<br />

Rote Blutkörperchen sind lebenswichtig,<br />

denn sie transportieren<br />

Sauerstoff zu den Organen. Bei gesunden<br />

Menschen sind dies runde,<br />

flache Scheiben. Bei der Sichelzellkrankheit<br />

nehmen sie die Form<br />

von Sicheln an. Diese Sichelzellen<br />

können Blutgefäße verstopfen, was<br />

zu heftigen Schmerzen und Organschäden<br />

führt. Die Schmerzen<br />

können jederzeit auftreten und erfordern<br />

eine sofortige Behandlung<br />

im Krankenhaus.<br />

Verkürzte Lebenserwartung<br />

Die Erkrankung sabotiert das gesamte<br />

Leben der Betroffenen – ein<br />

normaler Alltag oder eine geregelte<br />

Arbeit sind oft nicht möglich.<br />

Die Sichelzellkrankheit bedeutet<br />

lebenslange Einnahme von Medikamenten<br />

und häufige Krankenhausaufenthalte.<br />

Und damit nicht<br />

genug: Die Bluterkrankung verkürzt<br />

das Leben um Jahrzehnte. Im<br />

Durchschnitt werden die Erkrankten<br />

nur etwa 45 Jahre alt.<br />

Bedarf an neuen Therapien<br />

Abgesehen von den starken Beeinträchtigungen,<br />

welche die Sichelzellkrankheit<br />

für die Betroffenen<br />

und deren Familien mit sich bringt,<br />

belastet sie auch das Gesundheitssystem<br />

stark. Bislang gibt es nur<br />

eine Chance auf kurative Therapie:<br />

die Stammzelltransplantation. Die<br />

kommt aber nur für einen kleinen<br />

Teil der Erkrankten infrage. Somit<br />

ist medizinische Forschung gefragt:<br />

Es werden neue Therapiemöglichkeiten<br />

benötigt, um Menschen mit<br />

Sichelzellkrankheit in Zukunft besser<br />

helfen zu können.<br />

www.vrtx.com/de-de<br />

Viele Menschen mit Sichelzellkrankheit<br />

leiden unter starken Schmerzen aufgrund<br />

ihrer Erkrankung.<br />

MEHR INFORMATIONEN<br />

Weitere Infos finden Sie auf<br />

realtalk-sichelzellkrankheit.de


7<br />

Advertorial<br />

„Plattform FindMe2care ermöglicht Kontakt zu Betroffenen”<br />

Um die etwa 3,2 Millionen Menschen<br />

in Deutschland mit einer seltenen Erkrankung,<br />

der eine genetische Ursache<br />

zugrunde liegt, zu unterstützen,<br />

wurde die Plattform FindMe2care<br />

entwickelt. Dr. med. Christian<br />

Gebhard, Arzt in Weiterbildung zum<br />

Facharzt für Humangenetik und in<br />

der Initiative verantwortlich für die<br />

Koordination der technischen Entwicklung<br />

der Plattform, erklärt, was<br />

dahintersteckt.<br />

Herr Dr. Gebhard, was ist Find-<br />

Me2care? FindMe2care ist eine<br />

Kontaktplattform für Menschen mit<br />

seltenen genetischen Erkrankungen.<br />

Patientinnen und Patienten mit einer<br />

genetisch gesicherten Diagnose stehen<br />

oft vor drängenden Fragen, wie<br />

etwa: Wer kennt sich mit dieser seltenen<br />

Erkrankung aus? Kann ich an<br />

Forschungsprojekten teilnehmen?<br />

Gibt es andere Betroffene?<br />

Sind diese Patientinnen und Patienten<br />

nicht bereits am richtigen Spezialzentrum<br />

angebunden, oder gibt<br />

es zum Zeitpunkt der Diagnose nicht<br />

bereits passende Studien, finden sie<br />

hierauf nur schwer Antworten.<br />

Auf der anderen Seite haben die Ansprechpartner<br />

und Versorger für<br />

diese Patientengruppe, wie Universitäten,<br />

forschende Pharmaunternehmen<br />

oder auch Patientenorganisationen,<br />

Schwierigkeiten, Kontakt zu<br />

ihnen noch unbekannten Betroffenen<br />

aufzunehmen. Um diesen Kontakt<br />

herzustellen, haben wir FindMe2care<br />

entwickelt. Aus unserer täglichen<br />

FINDME2CARE AUF EINEN BLICK<br />

Erfahrung in Sprechstunde und Labortätigkeit<br />

haben wir wiederholt<br />

festgestellt, dass es hier eine Lücke<br />

gibt, die bislang von keinem Anbieter<br />

geschlossen wurde.<br />

Wie sieht diese Kontaktherstellung<br />

zwischen Kontaktsuchenden<br />

– wie zum Beispiel wissenschaftlichen<br />

Einrichtungen – und den Patientinnen<br />

und Patienten aus? Wir<br />

stellen Patientinnen und Patienten in<br />

den Mittelpunkt – Stichwort: „Patient<br />

Empowerment“. Für sie haben wir<br />

den Ablauf so einfach wie möglich<br />

gestaltet und gewährleisten dabei<br />

ein Maximum an Datenschutz und<br />

Transparenz. Erkrankte, bei denen<br />

eine genetische Diagnose in einem<br />

teilnehmenden humangenetischen<br />

Labor gestellt wird, erhalten auf<br />

ihrem Laborbefund einen QR-Code.<br />

Mit diesem QR-Code können sich die<br />

Betroffenen bei FindMe2care selbstständig<br />

registrieren – sie entscheiden<br />

somit selbst, ob sie bei FindMe2care<br />

mitmachen möchten. Außerdem können<br />

sie auf der Plattform auswählen,<br />

zu welchem Zweck sie kontaktiert<br />

werden möchten.<br />

Wird eine Anfrage von zum Beispiel einem<br />

Studienzentrum an FindMe2care<br />

gestellt, wird diese Anfrage durch<br />

ein unabhängiges Expertengremium<br />

geprüft. Im Anschluss bekommen<br />

ausschließlich die passenden Patientinnen<br />

und Patienten die Information,<br />

dass eine Kontaktanfrage gestellt<br />

wurde. Die Angesprochenen können<br />

nun selbst entscheiden, ob sie auf<br />

diese Anfrage antworten oder ob sie<br />

diese ignorieren.<br />

Wichtig ist es uns zu betonen, dass<br />

FindMe2care keine Daten an die anfragenden<br />

Einrichtungen weitergibt<br />

und diese Daten auch nicht selbst,<br />

etwa für wissenschaftliche Zwecke,<br />

nutzt. Entsprechend der zweckgebundenen<br />

Einwilligung der Betroffenen<br />

dürfen wir diese Daten ausschließlich<br />

zur gezielten Vermittlung der<br />

Kontaktanfragen nutzen.<br />

Auf genetische Diagnose zugeschnittene Informationen<br />

• Aktuelle Behandlungsmöglichkeiten<br />

• Patientenorganisationen<br />

• Patientenregister<br />

• Kontakt von und zu anderen Betroffenen<br />

• Aufrufe zu Studien und wissenschaftlichen Forschungsprojekten<br />

Betroffene stehen im Mittelpunkt<br />

• Betroffene mit einer gesicherten genetischen Diagnose können sich über<br />

einen QR-Code selbstständig bei FindMe2care registrieren.<br />

• Alle Daten unterliegen strengster Einhaltung des Datenschutzes.<br />

Welche Chancen bietet somit Find-<br />

Me2care für die beziehungsweise<br />

den einzelnen Betroffenen? Patientinnen<br />

und Patienten können über<br />

Patientenorganisationen, diagnosespezifische<br />

Patientenregister, neue<br />

Behandlungsmöglichkeiten oder auch<br />

klinische Studien in ganz Deutschland<br />

informiert werden. Ab dem Zeitpunkt<br />

der Registrierung sind sie auch für<br />

zukünftige Forschungsprojekte auffindbar<br />

und bleiben somit über die<br />

Plattform immer zum aktuellen Stand<br />

des medizinischen Fortschritts informiert.<br />

Gleichzeitig behalten sie die<br />

Hoheit über ihre Daten.<br />

Außerdem gibt es die Möglichkeit,<br />

selbst nach anderen registrierten Betroffenen<br />

mit der gleichen Erkrankung<br />

zur Vernetzung und gegenseitigen Unterstützung<br />

zu suchen. Hierin sehen<br />

wir vor allem Vorteile bei sehr seltenen<br />

Erkrankungen, für die es noch<br />

keine Patientenorganisation gibt.<br />

Medizinische Daten stehen unter<br />

besonderem Schutz. Wie stellen<br />

Sie diesen Schutz der Daten sicher?<br />

Der Schutz sensibler Daten<br />

nimmt einen sehr hohen Stellenwert<br />

ein. Deshalb haben wir zahlreiche<br />

technische und organisatorische<br />

Maßnahmen getroffen, um einen lückenlosen<br />

Schutz der Daten sicherzustellen.<br />

Selbstverständlich beachten<br />

wir die europäischen und nationalen<br />

Vorgaben des Datenschutzes. Die<br />

Patientinnen und Patienten entscheiden,<br />

ob sie sich registrieren wollen,<br />

und erst dann werden die medizinischen<br />

und persönlichen Daten<br />

– durch die Betroffenen selbst – an<br />

die Plattform übertragen. Die Daten<br />

werden ausschließlich auf Servern<br />

in Deutschland verarbeitet. Das umfassende<br />

Datenschutzkonzept kann<br />

bei Interesse auf findme2care.de<br />

nachgelesen werden.<br />

Wer steht hinter FindMe2care?<br />

Findme2care ist eine Initiative von<br />

Fachärztinnen und Fachärzten für<br />

Humangenetik in einer laborübergreifenden<br />

Zusammenarbeit. Dadurch<br />

können sie die Schlüsselstellung, die<br />

sie in der Versorgung von Patientinnen<br />

und Patienten mit genetischen<br />

Erkrankungen haben, noch besser<br />

nutzen. Das Projekt lebt von einer<br />

großen Zustimmung und Beteiligung<br />

möglichst aller Labore in Deutschland.<br />

Verantwortlich für die Entwicklung<br />

und den Betrieb der Plattform<br />

ist die RxOME GmbH. Diese wurde<br />

von amedes Medizinische Dienstleistungen<br />

GmbH und dem Medizinisch<br />

Genetischen Zentrum (MGZ) eigens<br />

zu diesem Zweck gegründet und stellt<br />

FindMe2care allen Diagnostiklaboren<br />

in Deutschland zur Verfügung.<br />

Die RxOME GmbH hat keine Absicht,<br />

Gewinne zu erzielen. Wir möchten<br />

mit FindMe2care den Austausch zwischen<br />

unterschiedlichen Interessensgruppen<br />

im Bereich Genetik fördern<br />

und stärken, was letztlich zu einer<br />

verbesserten Patientenversorgung<br />

führt. Deshalb ist die Teilnahme an<br />

FindMe2care für alle Patientinnen und<br />

Patienten kostenlos.<br />

Was machen Patientinnen und Patienten,<br />

die schon vor dem Start<br />

von FindMe2care eine Diagnose<br />

bekommen und somit keinen QR-<br />

Code haben? Wir arbeiten daran,<br />

auch Betroffenen einen Zugang zu<br />

FindMe2care zu ermöglichen, deren<br />

genetischer Befund noch keinen QR-<br />

Code enthält. Zum aktuellen Stand<br />

dieser Entwicklungen informieren wir<br />

regelmäßig auf unserer Website.<br />

www.findme2care.de<br />

Weitere Informationen unter www.seltene-krankheiten-info.de


Zentren für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen (ZSE) in Deutschland<br />

Die Zentren für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen (ZSE) sind zentrale, qualifizierte Anlaufstellen für Patientinnen und Patienten mit bekannter<br />

Diagnose einer seltenen Erkrankung. Zum anderen können sich auch Menschen mit unklarer Diagnose zur weiteren Abklärung<br />

vorstellen. In den aktuell bundesweit 36 ZSE schließen sich spezialisiertes medizinisches Fachpersonal und Wissenschaftlerteams<br />

verschiedener Fachrichtungen zusammen, um Betroffenen zu einer präzisen Diagnose, maßgeschneiderten Therapie sowie<br />

umfassenden Betreuung zu verhelfen.<br />

Berliner Centrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen (BCSE)<br />

Charité – Universitätsmedizin Berlin<br />

http://bcse.charite.de<br />

2<br />

Care for Rare Center<br />

im Dr. von Haunerschen Kinderspital (CRC Hauner)<br />

LMU Klinikum München<br />

www.klinikum.uni-muenchen.de/Kinderklinik-und-Kinderpoliklinikim-Dr-von-Haunerschen-Kinderspital/de/zentren/Care_for_Rare-<br />

Center_CRCHauner_/index.html<br />

28<br />

27<br />

3<br />

Centrum für seltene Erkrankungen Münster (Kinder)<br />

Universitätsklinikum Münster<br />

www.ukm.de/zentren/seltene-erkrankungen<br />

8<br />

4<br />

Centrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen Ruhr (CeSER)<br />

Ruhr-Universität Bochum, Universität Witten/Herdecke<br />

www.centrum-seltene-erkrankungen-ruhr.de<br />

5<br />

Essener Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen (EZSE)<br />

Universitätsklinikum Essen<br />

www.ezse.de<br />

6<br />

Frankfurter Referenzzentrum für<br />

<strong>Seltene</strong> Erkrankungen (FRZSE)<br />

Universitätsklinikum Frankfurt<br />

www.kgu.de/einrichtungen/zentren/frankfurter-referenzzentrumfuer-seltene-erkrankungen-frzse<br />

3<br />

23<br />

7<br />

8<br />

9<br />

10<br />

Freiburger Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen (FZSE)<br />

Universitätsklinikum Freiburg<br />

www.uniklinik-freiburg.de/fzse.html<br />

Martin Zeitz Centrum für <strong>Seltene</strong><br />

Erkrankungen, Hamburg<br />

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf<br />

www.uke.de/kliniken-institute/zentren/martin-zeitz-centrum/<br />

index.html<br />

Mitteldeutsches Kompetenznetz<br />

<strong>Seltene</strong> Erkrankungen (MKSE)<br />

Kooperationsverbund der Uniklinik Halle und Magdeburg<br />

sowie des Städtischen Klinikums Dessau<br />

www.mkse.ovgu.de<br />

Münchener Zentrum für <strong>Seltene</strong><br />

Erkrankungen (Erwachsene)<br />

LMU-Klinikum, München<br />

www.klinikum.uni-muenchen.de/Muenchener-Zentrum-fuer-<strong>Seltene</strong>-<br />

Erkrankungen/de/index.html<br />

14<br />

20<br />

26<br />

17<br />

5<br />

4<br />

19<br />

6<br />

34<br />

15<br />

22<br />

33<br />

21<br />

18<br />

25<br />

9<br />

11<br />

1<br />

12<br />

36<br />

1


11<br />

12<br />

13<br />

14<br />

Universitäres Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen Leipzig<br />

Universitätsklinikum Leipzig<br />

www.uniklinikum-leipzig.de/einrichtungen/uzsel<br />

UniversitätsCentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen<br />

Dresden (USE)<br />

Universitätsklinikum Dresden<br />

www.uniklinikum-dresden.de/de/das-klinikum/universitaetscentren/use<br />

Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen (TUM)<br />

Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität<br />

München (TUM)<br />

www.mri.tum.de/zentrum-fuer-seltene-erkrankungen<br />

Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen Aachen (ZSEA)<br />

Uniklinik RWTH Aachen<br />

www.ukaachen.de/kliniken-institute/zentrum-fuer-selteneerkrankungen-aachen-zsea/das-zentrum<br />

16<br />

7<br />

29<br />

24<br />

31<br />

32<br />

35<br />

2<br />

10<br />

13<br />

30<br />

15<br />

16<br />

17<br />

18<br />

19<br />

20<br />

21<br />

22<br />

Zentrum für seltene Erkrankungen<br />

Gießen (ZSEGi)<br />

Universitätsklinikum Gießen<br />

www.ukgm.de/ugm_2/deu/ugi_zse/index.html<br />

Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen am Universitätsklinikum<br />

des Saarlands<br />

Universität des Saarlandes, Saarbrücken<br />

www.uniklinikum-saarland.de/de/einrichtungen/kliniken_institute/<br />

zentrum_fuer_seltene_erkrankungen/<br />

Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen Bonn (ZSEB)<br />

Universitätsklinikum Bonn<br />

www.zseb.ukbonn.de<br />

Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen der Uniklinik Rostock<br />

Universitätsmedizin Rostock<br />

https://selten.med.uni-rostock.de<br />

Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen des Nervensystems<br />

(ZSEN) Mainz<br />

Universitätsmedizin Mainz<br />

www.unimedizin-mainz.de/zsen/startseite/willkommen.html<br />

Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen<br />

Universitätsklinikum Düsseldorf<br />

www.uniklinik-duesseldorf.de/patienten-besucher/klinikeninstitutezentren/<br />

zentrum-fuer-seltene-erkrankungen<br />

Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen<br />

Universitätsklinikum Erlangen<br />

www.zseer.uk-erlangen.de<br />

Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen Göttingen (ZSEG)<br />

Universitätsmedizin Göttingen<br />

https://zseg.umg.eu<br />

23<br />

24<br />

25<br />

26<br />

27<br />

28<br />

29<br />

Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen Hannover<br />

Medizinische Hochschule Hannover<br />

www.mhh.de/interdisziplinaere-zentren/zentrum-fuer-selteneerkrankungen<br />

Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen Heidelberg<br />

Universitätsklinikum Heidelberg<br />

www.klinikum.uni-heidelberg.de/interdisziplinaere-zentren/<br />

zentrum-fuer-seltene-erkrankungen<br />

Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen Jena<br />

Universitätsklinikum Jena<br />

www.uniklinikum-jena.de/zse<br />

Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen Köln<br />

Uniklinik Köln<br />

www.uk-koeln.de/kliniken-institute-und-zentren/zentrum-fuerseltene-erkrankungen<br />

Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen Lübeck (ZSE)<br />

Universitätsklinikum Schleswig-Holstein – Campus Lübeck<br />

www.uksh.de/zse-luebeck<br />

Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen Kiel (ZSE)<br />

Universitätsklinikum Schleswig-Holstein – Campus Kiel<br />

www.uksh.de/zse-kiel<br />

Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen Mannheim<br />

Universitätsmedizin Mannheim<br />

www.umm.de/zentrum-fuer-seltene-erkrankungen<br />

30<br />

31<br />

32<br />

33<br />

34<br />

35<br />

36<br />

Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen Regensburg (ZSER)<br />

Universitätsklinikum Regensburg<br />

www.ukr.de/zentrum-fuer-seltene-erkrankungen<br />

Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen Tübingen<br />

Universitätsklinikum Tübingen<br />

www.medizin.uni-tuebingen.de/de/kontakt/zuweiser/zentren/<br />

zentrum-fuer-seltene-erkrankungen<br />

Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen Ulm (ZSE)<br />

Universitätsmedizin Ulm<br />

www.uniklinik-ulm.de/zentrum-fuer-seltene-erkrankungen.html<br />

Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen (ZESE) Würzburg –<br />

Referenzzentrum Nordbayern<br />

Universitätsklinikum Würzburg<br />

www.ukw.de/behandlungszentren/zentrum-fuer-selteneerkrankungen-zese/startseite<br />

Zentrum für unerkannte und seltene Erkrankungen<br />

Marburg (ZusE)<br />

Universitätsklinikum Marburg<br />

https://www.ukgm.de/ugm_2/deu/umr_zuk/27241.html<br />

Augsburger Zentrum für <strong>Seltene</strong> Erkrankungen (AZeSE)<br />

Universitätsklinikum Augsburg<br />

www.uk-augsburg.de/zentren/azese-seltene-erkrankungen/ueberblick<br />

Zentrum für <strong>Seltene</strong> und Ungeklärte Erkrankungen<br />

des Carl-Thiem-Klinikums Cottbus<br />

Carl-Thiem-Klinikum Cottbus gGmbH<br />

www.ctk.de/info.php?object=contact&id_object=62&tab=ueber-uns<br />

Quellen: RESEARCH FOR RARE, Forschung für <strong>Seltene</strong> <strong>Krankheiten</strong>, www.research4rare.de; se-atlas – Versorgungsatlas für Menschen mit <strong>Seltene</strong>n Erkrankungen, www.se-atlas.de/map/zse; Zugriff: 15.02.2024


10<br />

<strong>Seltene</strong> <strong>Krankheiten</strong><br />

Schluckbeschwerden?<br />

Daran kann es liegen<br />

EOSINOPHILE ÖSOPHAGITIS | VON TOBIAS LEMSER<br />

Unverträglichkeiten von Nahrungsmitteln nehmen<br />

in der Bevölkerung deutlich zu – wovon<br />

letztlich auch die Speiseröhre betroffen sein<br />

kann. Ein Beispiel dafür ist die Eosinophile<br />

Ösophagitis. Wie wirkt sich diese häufigste<br />

Form von Speiseröhrenentzündung aus, und<br />

was kann man dagegen tun?<br />

Wer kennt sie nicht, diese brennenden Schmerzen<br />

hinter dem Brustbein nach einer üppigen<br />

Mahlzeit? Das Gute: Oft verschwindet dieses<br />

unangenehme Gefühl recht schnell von allein.<br />

Doch was, wenn sich die an Reflux erinnernden<br />

Auslöser sind häufig Eiweiße<br />

aus tierischen Milchprodukten.<br />

Beschwerden chronifiziert haben und das Schlucken<br />

fester Nahrung die Lebensqualität auf<br />

Dauer deutlich beeinträchtigt? Worauf nicht jede<br />

Hausärztin oder Hausarzt unmittelbar kommt:<br />

Hinter den Beschwerden kann sich eine Eosinophile<br />

Ösophagitis verbergen, eine Erkrankung<br />

der Speiseröhre, die mit einer allergieähnlichen<br />

chronischen Entzündung einhergeht. Es wird<br />

vermutet, dass bei dieser erstmals in den frühen<br />

1990er-Jahren beschriebenen Autoimmunerkrankung<br />

das Immunsystem fehlgeleitet ist und<br />

übermäßig auf einen Reiz reagiert.<br />

Gen- und Umweltfaktoren<br />

Vor allem in Industrieländern wird die Eosinophile<br />

Ösophagitis zunehmend festgestellt. Eine<br />

von 3.000 Personen ist von dieser seltenen Erkrankung<br />

betroffen. Mehrheitlich sind es Männer,<br />

die bei der Diagnose oft zwischen 30 und 50<br />

Jahre alt sind und vielfach bereits an Allergien<br />

leiden. Jedoch kann die Erkrankung auch bei<br />

Kindern auftreten. Nahrungsverweigerung, Erbrechen,<br />

Gewichtsverlust oder Bauchschmerzen<br />

können Anzeichen sein.<br />

Die genaue Ursache für die chronische Entzündung<br />

der Speiseröhre ist noch nicht bekannt.<br />

Neben genetischen Faktoren – im Jahr<br />

2010 wurde erstmals eine Veränderung auf dem<br />

Chromosom 5q22 beschrieben – spielen ebenso<br />

Umwelteinflüsse und verschiedene Nahrungsmittelbestandteile<br />

als auslösende Faktoren eine<br />

wichtige Rolle. Letztere sind etwa Eiweiße aus<br />

tierischen Milchprodukten oder Weizen.<br />

Ich hatte immer das Gefühl, mich zu verschlucken!<br />

Werbebeitrag – Indikationsporträt<br />

Anton, 32 Jahre alt, verheiratet<br />

und stolzer Vater eines einjährigen<br />

Sohnes, leidet seit seiner<br />

frühen Kindheit an der seltenen<br />

Krankheit Eosinophile Ösophagitis.<br />

Die korrekte Diagnose erhielt<br />

er erst nach einem langen<br />

Leidensweg.<br />

Die Ärzte haben seine Schluckbeschwerden<br />

viele Jahre als Nahrungsmittelallergie<br />

gedeutet und<br />

ihm geraten, auf bestimmte Nahrungsmittel<br />

zu verzichten. Über die<br />

Jahre wurde so die Liste der Lebensmittel,<br />

die nicht mehr auf den<br />

Tisch kamen, immer länger.<br />

Starke Schmerzen hinter<br />

dem Brustbein<br />

Neben Schluckbeschwerden hatte<br />

Anton nach dem Essen oft sehr<br />

starke Schmerzen in der Brustregion.<br />

Er musste extrem langsam<br />

essen und sehr viel trinken, oft eine<br />

ganze Flasche Wasser, um überhaupt<br />

ein paar Bissen schlucken<br />

zu können. Schließlich bereitete<br />

ihm selbst das Trinken von Wasser<br />

Probleme. Sein Leidensdruck wurde<br />

immer größer. Das hat auch die<br />

Familie belastet und das Berufsleben<br />

eingeschränkt. Antons Arzt<br />

diagnostizierte schließlich eine<br />

Gastritis (Entzündung der Magenschleimhaut),<br />

und Anton wurde ein<br />

Säureblocker verordnet, den er ein<br />

Jahr lang einnahm. Besser wurden<br />

die Beschwerden dadurch jedoch<br />

nicht.<br />

Diagnose: Eosinophile<br />

Ösophagitis<br />

Der Leidensdruck nahm schließlich<br />

überhand, und Anton suchte einen<br />

Magen-Darm-Spezialisten (Gastroenterologen)<br />

auf, der eine Magenspiegelung<br />

durchführte. Dabei wurde<br />

eine ausgeprägte Entzündung in<br />

seiner Speiseröhre festgestellt und<br />

nach weiteren Untersuchungen die<br />

Diagnose „Eosinophile Ösophagitis“,<br />

kurz EoE, gestellt.<br />

Medikament lindert<br />

Beschwerden<br />

Vor einigen Wochen verordnete Antons<br />

Gastroenterologe ihm schließlich<br />

ein Medikament, das eigens<br />

zur Behandlung der EoE entwickelt<br />

wurde. Seitdem haben sich seine<br />

Beschwerden sehr rasch gebessert,<br />

und heute, wenige Wochen<br />

später, sind sie kaum noch ein Problem.<br />

Endlich kann der junge Mann<br />

wieder alles essen, im Job vollen<br />

Einsatz zeigen und sein Familienleben<br />

uneingeschränkt genießen.<br />

Anton ist seitdem regelrecht aufgeblüht:<br />

„Ich führe nun endlich ein<br />

normales Leben.“<br />

Anton weiß, dass er das Medikament<br />

vorerst auf unbestimmte Zeit<br />

einnehmen muss und dass beim<br />

Absetzen eventuell die Beschwerden<br />

zurückkommen können. Auf<br />

lange Sicht hofft er jedoch, dass<br />

die medikamentöse Behandlung<br />

die Entzündungen der Speiseröhre<br />

bekämpft und dass er irgendwann,<br />

auch ohne dauerhaft Medikamente<br />

einnehmen zu müssen, ein Leben<br />

ohne Beeinträchtigungen durch die<br />

Herausforderung Diagnose: Anhaltende, sich<br />

verstärkende Schluckbeschwerden können<br />

auf Eosinophile Ösophagitis hindeuten.<br />

Verzicht auf Milchprodukte<br />

Für eine gesicherte Diagnose ist eine Magenspiegelung<br />

inklusive der Entnahme von Gewebeproben<br />

aus der Speiseröhre unerlässlich.<br />

Und wie bekommt man die Beschwerden in den<br />

Griff? Oft hilft eine sogenannte hypoallergene<br />

Diät, also für einige Wochen der komplette Verzicht<br />

auf die Hauptallergene Kuhmilch, Weizen,<br />

Soja sowie Eier, Nüsse und Fisch. So lassen sich<br />

bei rund drei Viertel der Betroffenen die Beschwerden<br />

deutlich lindern. Laut einer US-amerikanischen<br />

Studie aus dem Frühjahr 2023 reicht<br />

es jedoch bereits aus, Kuh-, Ziegen- und Schafsmilch<br />

zu meiden. Zudem können entzündungshemmende<br />

Medikamente oder eine Aufweitung<br />

der Speiseröhre lindernd wirken.<br />

<br />

Symptome der Eosinophilen Ösophagitis: Schluckbeschwerden, Würgereiz,<br />

Schmerzen hinter dem Brustbein<br />

EoE führen kann. Menschen, die<br />

ebenfalls an Schluckbeschwerden<br />

leiden, rät Anton, an die Möglichkeit<br />

einer EoE zu denken, frühzeitig<br />

einen Gastroenterologen zu konsultieren<br />

und hartnäckig bei der<br />

Abklärung der Diagnose zu sein.<br />

Betroffene und ihre Angehörigen<br />

finden weitere Informationen zu<br />

Symptomen, zum<br />

Krankheitsbild und<br />

zu Behandlungsmöglichkeiten<br />

hier:<br />

https://schluckbeschwerden.de<br />

iStock / SewcreamStudio iStock / stefanamer


„Es gibt Hilfe gegen<br />

einen der stärksten<br />

Schmerzen“<br />

CLUSTERKOPFSCHMERZ | IM GESPRÄCH MIT NADINE EFFERT<br />

Anzeige<br />

Clusterkopfschmerz<br />

„Schmerzen wie<br />

glühende Nägel im Auge“<br />

Schätzungsweise rund 150.000 Menschen in Deutschland<br />

haben einen Clusterkopfschmerz. Was diese seltene Kopfschmerzart<br />

auszeichnet und wie Betroffenen geholfen werden<br />

kann, weiß Dr. med. Estelle Bianca Neb, Leitende Oberärztin<br />

an der Migräne- und Kopfschmerzklinik Königstein/Schmerzzentrum<br />

Taunus.<br />

Wie macht sich der Clusterkopfschmerz,<br />

der in Episoden auftritt, bemerkbar? Typisch<br />

ist ein zumeist einseitig mit höchster<br />

Intensität auftauchender Schmerz, häufig<br />

hinter dem Auge. Die Dauer der Attacken<br />

ist kürzer als etwa bei einer Migräne und<br />

liegt bei 15 bis 180 Minuten. Währenddessen<br />

kommt es auf der Kopfschmerzseite außerdem<br />

zu sogenannten trigeminoautonomen<br />

Symptomen wie Augentränen, Augenrötungen,<br />

Schwitzen im Gesichtsbereich oder Naselaufen. Betroffene sind<br />

während der Attacke innerlich unruhig und verspüren einen<br />

Bewegungsdrang.<br />

Warum ist der Clusterkopfschmerz trotz dieser recht eindeutigen<br />

Symptomatik unterdiagnostiziert? Ausgenommen<br />

von Kopfschmerzfachleuten kennen die wenigsten Ärztinnen<br />

und Ärzte, aufgrund der Seltenheit, die Kriterien für einen<br />

Clusterkopfschmerz und ordnen die Beschwerden daher falsch<br />

zu. Entscheidend ist, die eigenen Schmerzen präzise und nachvollziehbar<br />

zu vermitteln. Mein Tipp: die Attacken dokumentieren<br />

– idealerweise auch in Form einer Videoaufnahme.<br />

Angenommen, die Diagnose – basierend auf einer ausführlichen<br />

Anamnese und neurologischen Untersuchungen – ist<br />

gesichert, welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Im Fall<br />

der Akuttherapie können wir Betroffenen hochdosierten Sauerstoff<br />

über eine geschlossene Mund-Nasen-Maske und schnell<br />

wirksame Triptane mittels eines Injektionspens, der sie unter die<br />

Haut spritzt, und einem Nasenspray anbieten. Länge und Intensität<br />

der Attacken lassen sich damit gut reduzieren. Zudem gibt es<br />

zur prophylaktischen Behandlung Medikamente, mit denen eine<br />

Verkürzung der gesamten Schmerzepisode möglich ist – zum Beispiel<br />

aus der Gruppe der Calciumantagonisten, aber auch Cortison<br />

in Form einer Kurzzeit-Stoßtherapie.<br />

Gibt es Neues an der Therapiefront? Nicht direkt, dafür wird<br />

noch zu wenig gezielt geforscht. Das Gute ist, dass Clusterkopfschmerz-Betroffene<br />

häufig vom therapeutischen Fortschritt in<br />

der Migräne-Forschung profitieren, wie etwa im Fall der Triptane.<br />

Aktuell wird in Studien geprüft, ob monoklonale CGRP-Antikörper<br />

auch in der prophylaktischen Therapie von Clusterkopfschmerz<br />

infrage kommen. Eine Zulassung wäre wünschenswert, um das<br />

Behandlungsspektrum zu erweitern. <br />

<br />

Leiden Sie oder Bekannte<br />

unter folgenden Symptomen?<br />

Heftigste einseitige Kopfschmerzen<br />

Unruhe und Bewegungsdrang<br />

während der Attacke<br />

Attacken-Dauer von 15 Minuten<br />

bis 3 Stunden<br />

mindestens ein Begleitsymptom (einseitig)<br />

tränendes Auge<br />

laufende Nase<br />

hängendes Augenlid<br />

FACHLEUTE & SELBSTHILFEGRUPPEN<br />

Die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft<br />

(DMKG) hält eine Liste mit ärztlich, psychotherapeutisch<br />

oder physiotherapeutisch tätigen DMKG-Mitgliedern<br />

sowie DMKG-zertifizierten Kopfschmerzzentren bereit.<br />

www.dmkg.de/kopfschmerzexperten<br />

Brauchen Sie Hilfe und Unterstützung?<br />

Unter www.kopfschmerz-kompass.de finden Sie<br />

Informationen rund um Kopfschmerzerkrankungen<br />

und Experten in Ihrer Nähe.<br />

Der Bundesverband der Clusterkopfschmerz-Selbsthilfe-Gruppen<br />

(CSG) informiert über Clusterkopfschmerz<br />

sowie aktuelle Erkenntnisse und Studien und stellt den<br />

Kontakt zu anderen Betroffenen her.<br />

www.clusterkopf.de<br />

DE-TEM-2301-00001


12<br />

<strong>Seltene</strong> <strong>Krankheiten</strong><br />

„NMOSD hat unser Leben<br />

komplett verändert“<br />

PATIENT STORY | VON TOBIAS LEMSER<br />

Bundesweit sind bis zu 2.000 Menschen von<br />

NMOSD betroffen, einer seltenen, schwerwiegenden<br />

Autoimmunerkrankung des zentralen<br />

Nervensystems. Das durchschnittliche<br />

Erkrankungsalter liegt bei 39 Jahren. Matthias<br />

Fuchs, selbst Betroffener, berichtet, wie er von<br />

der Diagnose erfahren hat und was ihm dabei<br />

hilft, mit der Erkrankung umzugehen.<br />

Als Matthias Fuchs im Jahr 2010<br />

mit seiner Frau Christine zur<br />

gemeinsamen Reise nach<br />

New York City aufbrach,<br />

ahnte er noch nicht, wie<br />

sich von diesem Urlaub<br />

an sein Leben verändern<br />

würde. „Ich stand auf dem<br />

hell erleuchteten, mit Blitzlichtern<br />

durchzogenen Times<br />

Square und spürte plötzlich<br />

einen starken Schmerz auf meinem<br />

linken Auge. Die Sicht wurde völlig verschwommen,<br />

als wäre Nebel davor.“<br />

Neurologe sorgte für Klarheit<br />

Zurück in München, suchte der damals 34-jährige<br />

Ingenieur schnellstmöglich einen Augenarzt auf,<br />

der ihn nach einigen Tests weiter zum Neurologen<br />

schickte. Diagnose: Sehnerventzündung, was,<br />

wie er damals noch nicht wusste, ein Zeichen<br />

für seine Erkrankung sein kann. Dank Steroidinfusionen<br />

konnte Matthias Fuchs sein Sehvermögen<br />

wiedererlangen. Doch dann der nächste<br />

Tiefschlag: „Zwei Jahre später konnte ich beim<br />

Wandern meinen linken Fuß nicht mehr richtig<br />

hochheben und stolperte über jeden Stein“, erinnert<br />

er sich.<br />

Nach umfangreichen Untersuchungen und<br />

zahlreichen Tests beim selben Neurologen und<br />

am Klinikum Großhadern war schließlich klar:<br />

Der Münchner hat NMO (engl. Neuromyelitis<br />

optica). Diese Erkrankung gehört zu der Gruppe<br />

von Autoimmunerkrankungen, die auch als<br />

Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen<br />

(NMOSD, engl. Neuromyelitis optica spectrum<br />

disorders) bezeichnet werden. Dabei wird durch<br />

fehlgeleitete Abwehrzellen des Immunsystems<br />

irrtümlich körpereigenes Gewebe angegriffen.<br />

Damit einhergehende Entzündungen betreffen<br />

vor allem das Rückenmark und die Sehnerven,<br />

jedoch auch in einigen Fällen das Gehirn. Schwere,<br />

sich wiederholende Schübe können zur Erblindung,<br />

Lähmung oder sehr selten sogar zum<br />

Tod führen. Das Komplexe bei NMOSD: Mit<br />

jedem Schub verschlimmert sich der Zustand<br />

der Betroffenen – mitunter sogar sehr schnell.<br />

Typische Beschwerden sind Sehstörungen,<br />

genauso wie Taubheit oder Kribbeln in den<br />

Extremitäten. Nicht wenige Betroffene haben<br />

Schwierigkeiten beim Gehen, so wie Matthias<br />

Fuchs, der sich nach der Diagnose immer<br />

schlechter bewegen konnte und zeitweise Mühe<br />

hatte, ganz allein vom Sofa aufzustehen. „Als ich<br />

2019 kaum noch 500 Meter laufen konnte, entschied<br />

ich mich für einen Rollstuhl.“<br />

Unaufhaltsame Reiselust<br />

Gerade wegen der drohenden Immobilität<br />

schlägt NMOSD vielen Betroffenen auf die Psyche.<br />

Genauso bei Matthias Fuchs: Auch wenn er<br />

noch immer damit kämpft, die Erkrankung zu<br />

akzeptieren, geht der Autofan weiterhin positiv<br />

durchs Leben: „Die Diagnose hat unser Leben<br />

komplett verändert. Aber nicht nur im Negativen.<br />

Unser Alltag ist überhaupt nicht traurig. Wir<br />

sind viel unterwegs gewesen und sind es immer<br />

noch. In den letzten Jahren haben wir die USA,<br />

Kanada, Hawaii, Afrika, Island und viele Destinationen<br />

in Europa bereist.“ Seit 2020 sind Matthias<br />

und Christine in Besitz eines Campervans,<br />

womit sie so oft wie möglich dem Alltagsstress<br />

entfliehen.<br />

Frühzeitige Therapie entscheidend<br />

Bis zur Antikörpertherapie hat es insgesamt sieben<br />

Jahre gedauert – was unter anderem daran<br />

lag, dass es bis zu diesem Zeitpunkt noch keine<br />

zugelassenen Medikamente für NMOSD gab. Das<br />

große Problem: die finanzielle Übernahme durch<br />

die Krankenkasse. Matthias Fuchs musste einen<br />

langen Weg über mehrere Instanzen gehen, bis<br />

die Krankenkasse schließlich einwilligte, die<br />

Kosten für eine sogenannte Off-Label-Therapie<br />

zu übernehmen. Für den Münchner ein großes<br />

Glück – auch weil die Diagnose nach kurzer Zeit<br />

in einem frühen Stadium gestellt wurde, was<br />

grundsätzlich bei allen an NMOSD-Erkrankten<br />

für eine gute Prognose zentral ist. Doch es<br />

braucht neben der frühzeitigen Diagnose auch<br />

eine konsequente Behandlung mit dem obersten<br />

Ziel, neue Schübe zu verhindern. Zusätzlich<br />

Mit jedem Schub verschlimmert<br />

sich der Zustand.<br />

zur medikamentösen Therapie kommen sowohl<br />

bei einem akuten Erkrankungsschub als auch<br />

im täglichen Leben ebenso der Physio- und<br />

Ergotherapie eine besondere Bedeutung zu. Ob<br />

NMOSD Matthias Fuchs als Mensch verändert<br />

hat, beantwortet der Münchner voller Überzeugung:<br />

„Absolut. Die eigene Situation zu überdenken,<br />

die Lebensperspektive zu ändern und<br />

Hilfe anderer anzunehmen kosteten zwar einiges<br />

an Anstrengung, kann aber wunderbare Möglichkeiten<br />

schaffen.“<br />

<br />

STECKBRIEF NMOSD<br />

Verlauf<br />

Meist schubförmig<br />

Symptome<br />

Meist Sehstörungen und/oder<br />

Sensibilitätsstörungen bis hin zur<br />

Lähmung in Armen und Beinen<br />

Beeinträchtigungen<br />

Symptome bilden sich zum Teil<br />

nach Schub schlecht zurück; Verschlechterung<br />

nur durch Schub<br />

Durchschnittliches Erkrankungsalter<br />

39 Jahre<br />

MRT<br />

Größere zusammenhängende Entzündungsherde<br />

meist in Sehnerven<br />

und Rückenmark<br />

Quelle: https://www.dmsg.de/news/detailansicht/<br />

multiple-sklerose-und-neuromyelitisoptica-spektrum-erkrankung-aehnlichesymptome-aber-unterschiedliche-erkrankungen;<br />

Zugriff: 27.11.2023


13<br />

Angriff auf das zentrale Nervensystem<br />

Werbebeitrag – Indikationsporträt<br />

Neuromyelitis-optica-Spektrum-<br />

Erkrankungen (NMOSD, engl.<br />

Neuromyelitis optica spectrumdisorder)<br />

sind seltene Erkrankungen,<br />

bei denen das körpereigene<br />

Immunsystem Sehnerven und<br />

Rückenmark angreift. Aufgrund<br />

ihres zunächst ähnlichen, schubweisen<br />

Verlaufs wird eine NMOSD<br />

oft mit einer Multiplen Sklerose<br />

(MS) verwechselt. Doch NMOSD-<br />

Schübe sind oft schwerwiegender<br />

und führen häufig zu irreparablen<br />

Schäden und Behinderungen.<br />

allem um das 40. Lebensjahr herum<br />

auf – etwa elf Jahre später als<br />

MS. 11, 13 Im zentralen Nervensystem<br />

sind zudem andere Zellen betroffen<br />

14 , und während es bei NMOSD<br />

relativ häufig zu Entzündungen des<br />

Sehnervs und langstreckigen Rückenmarksentzündungen<br />

kommt,<br />

sind solche Befunde bei der MS<br />

ungewöhnlich. 11 Ein weiterer Unterschied<br />

ist, dass sich Menschen mit<br />

MS häufig wieder von Krankheitsschüben<br />

erholen, was bei NMOSD<br />

nur selten der Fall ist. 15<br />

Weitere Informationen unter www.seltene-krankheiten-info.de<br />

Rund 1.500 bis 2.000 Menschen<br />

in Deutschland sind von NMOSD 1 ,<br />

genauer gesagt von plötzlichen<br />

Entzündungsschüben, die ihre<br />

Sehnerven und ihr Rückenmark<br />

angreifen, betroffen. Die Inzidenz<br />

bei Frauen ist neunmal höher als<br />

bei Männern. 2<br />

Zu den frühen Symptomen, mit<br />

denen sich Erkrankte erstmals<br />

bei einer Ärztin oder einem Arzt<br />

vorstellen, können plötzliche<br />

Taubheitsgefühle an Gliedmaßen<br />

gehören, ein Kribbeln im Körper,<br />

brennende Schmerzen im Rücken,<br />

Übelkeit, Inkontinenz, Geh- und<br />

Sehstörungen bis hin zu völliger<br />

Blindheit auf einem Auge oder sogar<br />

auf beiden Augen. 3 Anders als<br />

bei einer MS sind die häufig wiederkehrenden<br />

Schübe bei einer<br />

NMOSD allerdings schwerer und<br />

verlaufen attackenartig: Mit jedem<br />

neuen Schub können sich Symptome<br />

plötzlich verschlechtern<br />

oder neue auftreten. Zudem können<br />

nach einem durchgemachten<br />

Schub schnell weitere auftreten,<br />

denn die Schübe treten häufig in<br />

sogenannten Clustern auf. 90 Prozent<br />

aller Patienten erleben innerhalb<br />

von fünf Jahren nach dem ersten<br />

Schub weitere Schübe. 4<br />

Lebensqualität stark<br />

beeinträchtigt<br />

Fast zwei Drittel der Menschen<br />

mit NMOSD verlieren innerhalb<br />

von drei Jahren erheblich an Sehkraft,<br />

was im weiteren Verlauf zur<br />

vollständigen Erblindung führen<br />

kann. 5, 6 Drei Viertel der Erkrankten<br />

leiden an chronischen Schmerzen,<br />

für 40 Prozent gehören Depressionen<br />

zum Alltag. 7<br />

Neben finanziellen Belastungen<br />

durch Behandlungskosten und Einschränkungen<br />

im Berufsleben klagen<br />

Betroffene zudem häufig über<br />

Blasen- und Darmprobleme sowie<br />

eine sexuelle Dysfunktion. 3, 8<br />

„<strong>Seltene</strong> Erkrankungen wie NMOSD<br />

erfordern besondere Aufmerksamkeit –<br />

wir unterstützen Ärzte und Patienten,<br />

wo wir können.”<br />

Dr. med. Bastian Eulenstein, Leiter des Geschäftsbereichs<br />

<strong>Seltene</strong> Erkrankungen bei Amgen Deutschland<br />

All diese Beschwerden beeinträchtigen<br />

die Lebensqualität deutlich.<br />

Und auch schwerste motorische<br />

Störungen mit Lähmungserscheinungen<br />

sind keine Seltenheit – in<br />

einigen Fällen sind sie so stark,<br />

dass die Patienten auf einen Rollstuhl<br />

angewiesen sind. 6 Wird die<br />

Erkrankung nicht erkannt oder behandelt,<br />

verstirbt jeder dritte Betroffene<br />

innerhalb von zehn Jahren. 9<br />

NMOSD oft mit MS verwechselt<br />

Lange Zeit wurde NMOSD als<br />

Variante der Multiplen Sklerose<br />

betrachtet. Erst 2004, mit der<br />

Entdeckung der sogenannten<br />

Aquaporin-4-Immunglobolin-G-<br />

Auto-Antikörper (AQP4-IgG), wurde<br />

deutlich, dass es sich bei NMOSD<br />

um ein eigenständiges Krankheitsbild<br />

handelt. 10<br />

Bis zur Einführung des Tests auf<br />

AQP4-IgG war die Unterscheidung<br />

von NMOSD und MS eine diagnostische<br />

Herausforderung, zumal die<br />

Symptome vor allem zu Beginn der<br />

Erkrankung nur schwach ausgeprägt<br />

sein können 11 und die Beteiligung<br />

des zentralen Nervensystems<br />

auch zu einer MS passen könnte.<br />

Und so wird selbst heute noch in 41<br />

Prozent der Fälle eine MS diagnostiziert,<br />

obwohl es sich eigentlich um<br />

eine NMOSD handelt. 3<br />

Für die betroffenen Patienten hat<br />

das die Konsequenz, dass ihre<br />

NMOSD nicht behandelt wird und<br />

durch die MS-Therapie sogar verschlimmert<br />

werden kann. 12 Deshalb<br />

ist es entscheidend, dass die<br />

Behandelnden die Unterschiede<br />

der beiden Erkrankungen kennen.<br />

Unterschiede zwischen<br />

NMOSD und MS<br />

Ein wichtiger Unterschied zwischen<br />

der MS und NMOSD ist das Erkrankungsalter:<br />

Eine NMOSD tritt vor<br />

MEHR INFORMATIONEN<br />

Shutterstock (HTWE)<br />

Klarheit durch Antikörpertest<br />

Der entscheidende Faktor bei der<br />

Unterscheidung von NMOSD und<br />

MS ist in den meisten Fällen ein Labortest:<br />

Während bei den NMOSD-<br />

Betroffenen Autoantikörper gegen<br />

das sogenannte Wasserkanalprotein<br />

Aquaporin-4 im Blutserum gefunden<br />

werden, sind diese bei einer<br />

MS nicht nachweisbar. 16 Die Autoantikörper<br />

werden von speziellen<br />

weißen Blutkörperchen produziert,<br />

sogenannten Plasmablasen und<br />

Plasmazellen. Diese spielen eine<br />

zentrale Rolle bei der Entstehung<br />

der NMOSD und sind ein wichtiges<br />

Ziel bei der gezielten Behandlung. 16<br />

www.horizontherapeutics.de<br />

Dieser Artikel wurde mit Unterstützung<br />

von Horizon Therapeutics, jetzt Teil von<br />

Amgen, erstellt.<br />

1 Hemmer B et al., S2k-Leitlinie www.dgn.org/leitlinien<br />

(letzter Zugriff: 25.01.2023).<br />

2 Wingerchuk DM et al., Neurol. 2015;85(2):177-89.<br />

3 Beekman J et al., Neurol Neuroimmunol Neuroinflamm.<br />

2019;6(4):e580.<br />

4 Wingerchuk DM et al., Neurol. 1999;53(5):1107-14.<br />

5 Cabre P et al., J Neurol Neurosurg Psychiatry.<br />

2009;80:1162-4.<br />

6 Jiao Y et al., Neurol. 2013;81:1197-204.<br />

7 Ayzenberg I et al., Neurol Neuroimmunol Neuroinflamm.<br />

2021;8(3):e985.<br />

8 Eaneff S et al., Mult Scler Relat Disord. 2017;17:116-22.<br />

9 Huda S et al., Clin Med (Lond). 2019;19(2):169-76.<br />

10 Trebst J et al., J Neurol. 2014;261:1-16.<br />

11 Kim SM et al., Ther Adv Neurol Disord.<br />

2017;10(7):265-89.<br />

12 Jarius S et al., Clin Exp Immunol. 2014;176:149-64.<br />

13 Hor JY et al., Front Neurol. 2020;11:501.<br />

14 Kawachi I, Lassmann H, J Neurol Neurosurg<br />

Psychiatry. 2017;88:137-45.<br />

15 Jarius S et al., J Neuroinflamm. 2012,9:14.<br />

16 Borisow N et al., Front Neurol. 2018;9(888):1-15.<br />

„Oftmals vergehen Jahre bis zur korrekten Diagnosestellung einer<br />

seltenen Erkrankung, da nur wenige Menschen darüber Bescheid<br />

wissen“, sagt Dr. med. Bastian Eulenstein, Leiter des Geschäftsbereichs<br />

<strong>Seltene</strong> Erkrankungen bei Amgen Deutschland. „Wir möchten<br />

einen Beitrag dazu leisten, die Situation von Betroffenen und<br />

ihren Familien durch Aufklärung und innovative, zugelassene Therapien<br />

nachhaltig zu verbessern.“ Nicht zuletzt deshalb arbeitet<br />

das Unternehmen im Rahmen seines #RAREis-Programms weltweit<br />

mit Patientenorganisationen zusammen und unterstützt so<br />

Menschen mit seltenen Autoimmun- und schwerentzündlichen<br />

Erkrankungen.


14<br />

„Ziel ist die bestmögliche<br />

Krankheitskontrolle“<br />

MYASTHENIA GRAVIS | IM GESPRÄCH MIT NADINE EFFERT<br />

Die Myasthenia gravis führt zu einer belastungsabhängigen<br />

Muskelschwäche. Über<br />

Ursachen, klassische Symptome und moderne<br />

Behandlungsoptionen berichtet Univ.-<br />

Prof. Prof. h.c. Dr. med. Dr. h.c. Heinz Wiendl,<br />

Direktor der Klinik für Neurologie mit Institut<br />

für Translationale Neurologie, Universitätsklinikum<br />

Münster.<br />

Was steckt hinter der Myasthenia gravis? Es<br />

handelt sich dabei um eine erworbene Autoimmunerkrankung,<br />

bei der die Reizübertragung<br />

vom Nerv auf die quergestreiften Muskeln<br />

gestört ist. Ursache ist eine fehlgesteuerte<br />

Immunreaktion. Es kommt zur Bildung von Antikörpern,<br />

vor allem gegen sogenannte Acetylcholin-Rezeptoren,<br />

die an der postsynaptischen<br />

Membran der neuromuskulären Endplatte sitzen.<br />

Eine Rolle spielt die hinter dem Brustbein<br />

sitzende Thymusdrüse als wichtiges Organ<br />

bei der Entwicklung des Immunsystems im<br />

Kindesalter. Im Erwachsenenalter bildet sich<br />

die Drüse zurück. Bei den meisten Betroffenen<br />

ist der Thymus verändert oder in seltenen Fällen<br />

von einem Tumor befallen. Frauen erkranken<br />

bereits ab dem 20. Lebensjahr (und oft auch<br />

schwerer) an Myasthenia gravis – Männer am<br />

häufigsten im vierten Lebensjahrzehnt.<br />

Wie macht sich die Erkrankung bemerkbar?<br />

Typisch ist, dass die Muskelschwäche nach<br />

Belastung auftritt oder sich verstärkt und<br />

abends ausgeprägter ist als morgens. Erste<br />

Anzeichen können im Bereich der Augen sein:<br />

Sehstörungen in Form von Doppelbildern,<br />

schwere Augenlider. Weiter können auch die<br />

Kau- und Rachenmuskulatur sowie die Muskulatur<br />

der Extremitäten betroffen sein. Letztlich<br />

kann sogar die Atemmuskulatur beeinträchtigt<br />

sein, sodass die betroffene Person intensivmedizinisch<br />

behandelt werden muss. Dies nennt<br />

man „myasthene Krise“.<br />

Was macht die Krankheit zu einer Herausforderung?<br />

Zum einen, dass ihr Verlauf nicht<br />

vorhersehbar ist und dass sie sich sehr heterogen<br />

manifestiert und verläuft. Zum anderen, dass<br />

die Beschwerden individuell sehr unterschiedlich<br />

ausfallen. Folglich wandern Betroffene meist von<br />

einem Arzt zum nächsten, sodass oft Jahre vergehen<br />

können, bis eine Diagnose – etwa mittels<br />

Untersuchung des Bluts auf Antikörper – erfolgt.<br />

Ziel der Therapie sind die bestmögliche Krankheitskontrolle<br />

und eine Symptomfreiheit. Wie<br />

gelingt das? Während Cortison, Immunsuppressiva<br />

und B-Zell-gerichtete Antikörper die<br />

Angriffe des Immunsystems dämpfen, wirken<br />

sogenannte Cholinesterasehemmer symptomatisch,<br />

indem sie den Abbau des Botenstoffs<br />

Acetylcholin hemmen, wodurch die Nervenimpulse<br />

verstärkt werden. Die Entfernung des<br />

Thymus führt häufig zu einem milderen, besser<br />

kontrollierbaren Verlauf, da nach der OP weniger<br />

Medikamente verabreicht werden müssen.<br />

Heutzutage kann eine Myasthenie in vielen Fällen<br />

gut behandelt werden und können Betroffene<br />

ein weitgehend normales Leben führen. Eine<br />

Reihe neuer Medikamente ist seit Kurzem verfügbar<br />

– und in der Entwicklung: Sogenannte<br />

FcRn-Inhibitoren und Hemmer des Komplementsystems<br />

wirken schneller und spezifischer auf die<br />

immunologischen Treiber der Erkrankung. <br />

Anzeige<br />

Die Spezialisten für<br />

seltene Erkrankungen<br />

sind oft die Betroffenen selbst –<br />

von ihnen zu lernen<br />

ist für uns der erste Schritt<br />

zur Lösung<br />

DE-MYA-2301-00001-V2<br />

Wir lassen Sie nicht allein!


Aufklären und Vorurteile<br />

beseitigen<br />

PRIMÄR BILIÄRE CHOLANGITIS | VON TOBIAS LEMSER<br />

Müdigkeit, Juckreiz und Gelenkschmerzen<br />

können Symptome für eine seltene Autoimmunerkrankung<br />

der Leber sein. Von der primär<br />

biliären Cholangitis sind bis zu 90 Prozent<br />

Frauen betroffen. Viele Erkrankte leiden vor<br />

allem unter Stigmatisierung. Doch was steckt<br />

dahinter, und was lässt sich dagegen tun?<br />

Zumeist verläuft sie über viele Jahre schleichend,<br />

ohne dass die meisten Patientinnen und<br />

Patienten etwas davon bemerken. Erst erhöhte<br />

Leberwerte bei einem routinemäßigen Checkup<br />

bringen die primär biliäre Cholangitis, kurz<br />

PBC, ans Tageslicht – eine chronische Lebererkrankung,<br />

bei der die Gallengänge in der Leber<br />

angegriffen und durch eine Entzündung zerstört<br />

werden. Von 100.000 Menschen sind bis zu 40<br />

Personen daran erkrankt.<br />

Ein Leben lang Medikamente<br />

Das Problem: Oftmals wird im Laufe der Jahre die<br />

gesamte Leber geschädigt, sodass diese im Endstadium<br />

vollständig vernarbt. Fachleute sprechen<br />

dann von der sogenannten Leberzirrhose.<br />

Als Auslöser geht man von einer Autoimmunerkrankung<br />

aus. Betroffen sind insbesondere Frauen,<br />

die das 40. Lebensjahr bereits überschritten<br />

haben. Wird die Erkrankung im Frühstadium<br />

diagnostiziert, können als Standardtherapie<br />

sogenannte Gallen- und Lebertherapeutika,<br />

90 Prozent der Fälle von<br />

primär biliärer Cholangitis (PBC),<br />

einer seltenen Autoimmunerkrankung<br />

der Leber, betrifft Frauen.<br />

Quelle: Deutsche Leberstiftung, https://www.deutsche-leberstiftung.de/presse/<br />

pressemappe/lebererkrankungen/seltene-erkrankungen/pbc/; Zugriff: 15.02.2024<br />

welche als Tablette lebenslang eingenommen<br />

werden, die Krankheit verlangsamen oder gar<br />

zum Stillstand bringen. Im späteren Stadium<br />

ist die Wirksamkeit dieser Medikamente nicht<br />

eindeutig geklärt.<br />

Erkrankte werden stigmatisiert<br />

Wie es zu der Erkrankung kommt, ist unbekannt.<br />

Fest steht jedoch: PBC wird nicht<br />

durch Alkohol verursacht – für Betroffene die<br />

wichtigste Botschaft überhaupt. Denn noch<br />

immer sind Menschen, die an der Leber erkranken,<br />

häufig dem Vorurteil ausgesetzt, selbst<br />

daran schuld zu sein – etwa durch übermäßigen<br />

Alkohol- oder Drogenkonsum. Werden <strong>Krankheiten</strong><br />

wie Herzerkrankungen in Deutschland<br />

in der öffentlichen Wahrnehmung ohne Vorurteile<br />

bewertet, haben Lebererkrankte noch<br />

immer häufig mit Stigmatisierung zu kämpfen.<br />

„Wir haben eine Vernachlässigung des Organs<br />

Leber in Deutschland. Und Lebererkrankungen<br />

haben ein schlechtes Image“, stellt Prof. Dr.<br />

Michael P. Manns, Vorstandsvorsitzender der<br />

Deutschen Leberstiftung, fest. Zudem betont<br />

er: „Um dem entgegenzuwirken, engagiert sich<br />

die Deutsche Leberstiftung für mehr öffentliches<br />

Bewusstsein für dieses lebenswichtige Organ.“<br />

Hinzu kommt, dass Frauen angesichts weit verbreiteter<br />

Geschlechterklischees hinsichtlich<br />

ihrer Schmerzen und Symptome oftmals nicht<br />

Die Leber ist das wichtigste Entgiftungsorgan<br />

in unserem Körper.<br />

ernst und zudem als hysterisch von Ärztinnen<br />

und Ärzten wahrgenommen und somit ihre<br />

<strong>Krankheiten</strong> nicht erkannt werden – was den<br />

Alltag sehr herausfordernd macht.<br />

Lösungen zur Entstigmatisierung<br />

Was können Betroffene tun? Auch wenn chronische<br />

<strong>Krankheiten</strong> wie PBC hinsichtlich der belastenden<br />

Symptome, Prognosen und Herausforderungen<br />

äußerst heterogen sind, lassen sich<br />

dennoch allgemeingültige Phasen des Krankheitserlebens<br />

und typische emotionale, kognitive<br />

oder aktionale Bewältigungsstrategien erkennen.<br />

Wichtige Unterstützungsangebote sind Selbsthilfeorganisationen<br />

sowie Konzepte der Stressbewältigung<br />

und der Gesprächspsychotherapie,<br />

genauso wie die kognitive Verhaltenstherapie<br />

und Strategien für ein selbstbestimmtes und<br />

unabhängiges Leben – nicht zu vergessen Schulungs-<br />

und Coachingprogramme sowie sozialrechtliche<br />

Beratungen. Über PBC zu reden und<br />

Rechte einzufordern sollte oberstes Ziel sein –<br />

auch um das Umfeld zu sensibilisieren. Für wirksame<br />

Veränderungen sind ebenso Anti-Stigma-<br />

Kampagnen hilfreich. Diese sollten vor allem eine<br />

greifbare Zielsetzung haben und sich konkret an<br />

die Gesellschaft richten – mit der Absicht, dass<br />

möglichst viele Menschen Leberpatientinnen<br />

und -patienten offen und vorurteilsfrei, tolerant<br />

und einfühlsam begegnen.<br />

<br />

iStock / SewcreamStudio<br />

15<br />

Weitere Informationen unter www.seltene-krankheiten-info.de<br />

Anzeige<br />

DRSC-DE-000181<br />

SELTEN –<br />

ABER NICHT ALLEIN!<br />

Wir entwickeln innovative Therapien für<br />

Menschen mit seltenen Erkrankungen.<br />

Unsere Initiative Räume zum Reden bringt die<br />

Anliegen der Menschen mit seltenen Erkrankungen<br />

und ihrer Angehörigen zur Sprache.


<strong>Seltene</strong> <strong>Krankheiten</strong><br />

© arche noVa/Axel Fassio<br />

Nothilfe ist gut – Vorsorge ist besser<br />

Aktion Deutschland Hilft leistet Nothilfe nach schweren Katastrophen<br />

und hilft Familien, sich besser zu schützen. Erdbebensicheres Bauen rettet<br />

Leben. Getreidespeicher wappnen gegen Hunger. Und Hygieneprojekte<br />

bekämpfen <strong>Krankheiten</strong> und Seuchen. Das verhindert Leid, noch bevor es<br />

geschieht. Helfen Sie vorausschauend. Werden Sie Förderer!<br />

Spendenkonto: DE62 3702 0500 0000 1020 30<br />

Jetzt Förderer werden: www.Aktion-Deutschland-Hilft.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!