erinnerungen210224
Erinnerungen an Erika Roch
Erinnerungen an Erika Roch
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Holm Roch<br />
Erinnerungen<br />
an Erika<br />
Ein Gang durch unsere Fotoalben<br />
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Holm Roch: Erinnerungen an Erika. Ein Gang durch unsere Fotoalben. Iserlohn im Februar 2024.<br />
Das Titelfoto zeigt Erika bei ihrem 56. Geburtstag, den wir im Juli 2022 im Museumsdorf in Iserlohn- Barendorf gefeiert haben.<br />
Es war ihre letzte öffentliche Geburtstagsfeier. Den folgenden musste sie bereits im Hospiz verbringen.<br />
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Vorwort<br />
57 Jahre lang waren Erika und ich miteinander verheiratet und eigentlich hatten wir uns vorgenommen,<br />
auch die 60 noch voll zu machen und unsere Diamantene Hochzeit zu feiern. Aber dann kam eine heimtückische<br />
Krankheit (multiples Myelom), die Erika immer weiter von mir entfernte. Nach Strahlentherapie<br />
und Chemotherapie galt sie als austherapiert und landete im Hospiz „Mutter-Teresa“ in Iserlohn- Letmathe.<br />
Acht Monate hat sie dort zugebracht, dann musste sie - weil das Hospiz höchstens für drei Monate<br />
gedacht ist - in ein Pflegeheim umziehen. Dort hat sie noch drei Wochen gelebt, durch Demenz erheblich<br />
eingeschränkt, bevor sie dann am 29. Januar 2024 verstorben ist.<br />
Unsere Ehe war keine Bilderbuch-Ehe wie man sie in Kitschromanen findet, angefüllt mit Liebesglück von<br />
früh bis spät. Was uns zusammen hielt, war das Interesse aneinander, die Faszination des Andersseins.<br />
Beispielsweise liebte Erika Blumen auf dem Tisch während ich dafür überhaupt kein Auge habe. Wenn sie<br />
wieder einmal Blumen mitgebracht hatte und mich ein paar Tage später leicht vorwurfsvoll fragte, wie mir<br />
denn die Blumen gefallen, bekam sie oft nur ein „Welche Blumen?“ zur Antwort. Arme Erika!<br />
Als besondere Bereicherung habe ich immer empfunden, dass unsere beruflichen Interessen sich überschnitten.<br />
Wir arbeiteten beide in der Erwachsenenbildung, Erika stärker im Kleinkindbereich vor allem bei<br />
der Entwicklung des Prager Eltern Kind Programmes (PEKiP), ich eher bei der Ausbildung ehrenamtlicher<br />
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, beispielsweise im Fernstudium Evangelische Erwachsenenbildung. Da<br />
gab es ständig etwas auszutauschen. Für viele Paare sieht das anders aus, weil der eine vom Berufsalltag<br />
des anderen kaum etwas versteht. Wir dagegen hatten einander immer als kompetente Gesprächspartner<br />
in Reichweite – einfach toll!<br />
Nun muss ich allein zurecht kommen. Das wird eine schwierige Umstellung. Zunächst einmal gibt es viel zu<br />
sortieren und wegzuräumen. Da fallen einem auch immer wieder alte Fotos in die Hände. Einige davon<br />
habe ich hier zusammengestellt und mache sie einer begrenzten Öffentlichkeit zugänglich, damit auch andere<br />
noch einmal Erikas Leben an sich vorüberziehen lassen können.<br />
Erika hatte vom Anfang bis zum Ende ein buntes, vielfältiges Leben. Da kam Langeweile kaum vor. Beneidenswert!<br />
Großes Vergnügen hatte sie am Spielen, vor allem beim Doppelkopf. Deshalb war es durchaus<br />
passend, dass ihr Spielkarten mit ins Grab gegeben wurden. Auch ihr grauer Stoffelefant ist mit in ihren<br />
Sarg gekommen. Ein ganz besonderes Tier. Er hat am Bauch einen Reißverschluss, wenn man den öffnet,<br />
purzeln kleine Stoff-Elefäntchen heraus. Ein schöner Bezug auf Erikas Verhältnis zum Thema Nachwuchs.<br />
Sie wünschte sich immer eigene Kinder, musste sich dann mit unserem Adoptivkind Dominik abfinden, hat<br />
sich aber im Rahmen ihrer Berufstätigkeit um unendlich viele fremde Kinder gekümmert. Als eine Mutter<br />
aus einer von Erikas Spielgruppen Drillinge bekam, hat Erika sich als Wahloma angeboten und diese Rolle<br />
bis zu ihrem Lebensende durchgehalten.<br />
Es gibt sehr viele Menschen, die dankbar auf Erikas Leben zurückblicken. Dazu gehöre auch ich.<br />
Im Februar 2024<br />
Holm Roch<br />
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Kindheit und Jugend<br />
in Frankfurt<br />
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Jetzt aber auf und hinein ins Leben!<br />
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1940 bekommt Erika einen Bruder: Helmut. Der wird später Pfarrer werden und sich auch als<br />
Höhlenforscher betätigen.<br />
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Als Erika vier Jahre alt ist, stirbt ihre Mutter. Der Vater heiratet wieder. Seine zweite Frau - Anna Steiner -<br />
gibt ihren Beruf auf, um Zeit für Haushalt und Kinder zu haben. 1948 wird beiden ein Mädchen geboren,<br />
Erikas Halbschwester Hilde.<br />
Erikas Vater war Schlosser bei der Frankfurter Straßenbahn. Er ist ein ausgesprochener Wandersmann,<br />
mit viel Liebe zur Gitarre und zum Lagerfeuer. Die Lust am Wandern hat Erika von ihm geerbt. Leider habe<br />
ich ihn nie persönlich kennengelernt., weil er kurz bevor mir Erika „über den Weg lief“ verstorben ist.<br />
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In einer Arbeiterfamilie können nicht alle Kinder studieren. Das ist nicht finanzierbar und bleibt deshalb<br />
Erikas Bruder Helmut vorbehalten. Erika macht eine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester an der Uni-<br />
Klinik in Gießen und geht dann für ein paar Jahre an die Uniklinik in Freiburg. Danach folgt noch eine<br />
Ausbildung zur Gemeindehelferin am Burckhardthaus in Gelnhausen. Als wir uns Ende 1966 kennenlernen,<br />
hat sie gerade ihre erste Gemeindestelle in Bad Nauheim angetreten. Von der Gemeindearbeit versteht<br />
sie deutlich mehr als ich nach meinem Theologiestudium. Die ideale Pfarrfrau!<br />
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Verliebt, verlobt,<br />
verheiratet!
Gerade haben wir uns kennengelernt und sitzen nun vor dem Herborner Schloss herum. Im Schloss befindet<br />
sich das Predigerseminar der Hessen-Nassauischen Kirche. wo ich zum Pfarrer ausgebildet werde.<br />
Zunächst tritt aber eine Unterbrechung meines Ausbildungsganges ein, denn ich bekomme eine Assistentenstelle<br />
an der neuen Ruhr-Universität in Bochum angeboten. Da könnten wir doch gleich mit einem<br />
eigenen Hausstand anfangen. Erika wird sich eine Gemeindestelle im Ruhrgebiet suchen und als Ehepaar<br />
dürften wir sogar miteinander wohnen, was Unverheirateten damals nicht erlaubt war.<br />
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Jetzt wird schnell geheiratet und zwar in kleinem Kreis. Nicht einmal meine Mutter ist dabei. Sie ist auch<br />
nicht so gut auf uns zu sprechen, weil die rasche Trauung auf eine Schwangerschaft hindeuten könnte.<br />
„Das ganze Dorf redet über euch!“ schreibt sie empört. Stimmt aber nicht!<br />
Bei der Trauung warnt der Standesbeamte eindringlich vor der „amerikanischen Seuche“. Damit meint er<br />
die Unsitte, sich bald wieder scheiden zu lassen. Unser Freund Klaus Fedler (oben rechts) hatte uns schon<br />
darauf vorbereitet, dass dies ein Lieblingsthema des Standesbeamten ist. Als der gute Mann nun mit seiner<br />
Mahnrede anhob, brachen wir alle in lautes Lachen aus. Wahrscheinlich rätselt er noch heute darüber,<br />
wie man bei so einem ernsthaften Thema lachen kann.<br />
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Im Ruhrgebiet
In Bochum erwartet mich die größte Baustelle Europas. Eine Million D-Mark werden hier täglich verbaut.<br />
Das Foto zeigt nur die Hälfte der neuen Universitätsgebäude. In einem dieser halbfertigen Häuser sitze ich<br />
jetzt und helfe meinem Professor bei der Anschaffung neuer Bücher für die Seminarbibliothek. Außerdem<br />
bastle ich an meiner Doktorarbeit.<br />
Erika hat im benachbarten Herne eine Stelle in der kirchlichen Jugendarbeit gefunden und so fahre ich<br />
zwei Jahre lang mit meiner „Ente“ zwischen Herne und Bochum hin und her.<br />
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Nach der Zeit an der Ruhruni wechsle ich zur Rheinischen Kirche, mache in Düsseldorf das zweite Examen,<br />
werde Vikar in Essen-Heisingen und bekomme meine erste (und einzige) Gemeindepfarrstelle in Essen-<br />
Steele. Das Bergmannsfeld, eine Neubausiedlung für 8000 Menschen. vorzugsweise Kinderreiche und Sozial<br />
Schwache - wartet auf einen Pfarrer. Alles Plattenbauten aus Fertigteilen, wie sie auch in anderen<br />
Städten üblich sind, beispielsweise am Fennpfuhl in Ostberlin.<br />
Während ich mich im Bergmannsfeld abmühe, findet Erika eine Stelle an der Essener Familienbildungsstätte.<br />
Dort wird gerade das „Prager Eltern-Kind Programm (PEkiP)“ entwickelt, das später für Erika zum<br />
Lebensinhalt werden sollte<br />
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Aus einer Waschbetonwüste eine bewohnbare Stadt zu machen, geht nur mit Hilfe der Betroffenen. Wie<br />
man dabei vorgeht, habe ich von meiner Mitarbeiterin Barbara Scholz, einer Gemeinwesenarbeiterin, gelernt.<br />
Hier sind gerade junge Mütter auf dem Weg zum Essener Oberbürgermeister. Dem wollen sie ihre<br />
Kinder auf den Schreibtisch setzen und mehr Kindergartenplätze fordern.<br />
Nach acht Jahren Aufbauarbeit haben wir dann im Bergmannsfeld mehrere Kindergärten, zwei kirchliche<br />
Gemeindezentren, einen Supermarkt, eine Gaststätte, einen Tennisplatz, ein Schwimmbad und das erste<br />
Bürgerhaus im Ruhrgebiet. Jetzt kann ich mir getrost eine andere Aufgabe suchen.<br />
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Die Reise<br />
nach Afrika
Erika wollt gerne mehrere Kinder, aber wir bekamen keine. Zum Glück war es damals noch relativ einfach,<br />
ein Neugeborenes zu adoptieren. Bevor wir uns nach einem Adoptivkind umschauen, gönnen wir<br />
uns noch eine Reise zu Elke und Ludwig Sasse im fernen Tanzania. Luwig ist Bauingenieur und frischt<br />
alte Missionskrankenhäuser wieder auf. Mit ihm kommen wir auch in abgelegene Orte, an die sich nur<br />
selten Touristen verirren. Einmal zelten wir auch in der Serengeti. Das nächtliche Geknurre und Gemaunze<br />
der Raubtiere draußen vor dem Zelt, lässt allerdings keine wirkliche Nachtruhe aufkommen.<br />
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Vier Wochen lang leben wir am Hang des Kilimanjaro. Damals nicht auf den Gipfel gestiegen zu sein, nehme<br />
ich mir immer noch übel. Fast ein Sechstausender und man muss nicht einmal klettern können, um<br />
hinauf zu gelangen. Nur die dünne Luft dort oben zwingt manchen zum Aufgeben.<br />
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Am Ende unserer Reise sind wir noch ein paar Tage in Kenia und zwar in einer richtigen Hungergegend,<br />
wie man sie von den Plakaten der Hifsorganisationen kennt. Ein Kollege, den wir in einem Hotel kennengelernt<br />
haben, zeigt uns seine Berufswelt als Missionar. Wenn er mit dem Jeep in ein Dorf einfährt, holt er<br />
als erstes seine Posaune heraus und spielt „Ein feste Burg ist unser Gott“. Das wirkt, wie so manches<br />
Christliche in Afrika, ziemlich deplatziert, aber er versteht es als seine Erkennungsmelodie.<br />
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Dominik<br />
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Am 8. Oktober 1972 wird Dominik geboren und mit acht Tagen kommt er als Adoptivkind in unsere Familie.<br />
Sein wilder Haarschopf veranlasst unseren Hausarzt zu der Bemerkung „Wirre Haare, wirrer Sinn.“<br />
Damit liegt er nicht ganz daneben, denn Dominik wird später mit einer Behinderung (ADHS) noch einigen<br />
Ärger bekommen. Aber zunächst freuen wir uns erst einmal, so ein quicklebendiges Kind zu haben.<br />
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Oft fahren wir mit unserem kleinen Dominik nach Holland ans Meer. Von Essen aus sind das nur drei Stunden<br />
Fahrzeit und in dem Ort Bergen, nahe Alkmaar, finden wir immer ein passendes Quartier.<br />
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In dem breiten Dünengürtel kann man herrlich im Sand rumbuddeln.<br />
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Zehn Jahre<br />
zwischen Rhein<br />
und Mosel
Auf nach Koblenz. wo mich eine neue Aufgabe erwartet. Ich übernehme dort zwei halbe Pfarrstellen,<br />
bin ein halber Studentenpfarrer und ein halber Religionslehrer am Gymnasium auf der Karthause.<br />
Trennen müssen wir uns nicht nur vom Ruhrgebiet, sondern auch von unserer Kinderfrau Anita Vossnacke.<br />
Der hat das Leben mit Dominik so viel Vergnügen bereitet, dass sie selbst noch einmal schwanger<br />
wurde und es erst im fünften Monat bemerkte. Nun lassen wir sie zurück und starten in eine neue<br />
Lebensphase.<br />
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Erika und ich sind jetzt beide auf dem Höhepunkt unserer Schaffenskraft. Erika hat sich ganz dem PEKiP<br />
verschrieben. Später wird noch eine Ausbildung als Fastenleiterin hinzukommen. Genau wie ich hat sie<br />
auch den Fähigkeitsausweis in Themenzentrierter Interaktion (TZI) und beide sind wir als Supervisoren<br />
anerkannt.<br />
Oft kommt sie am Sonntagabend aus Zürich, Wien oder München zurückgeflogen, lässt erschöpft ihre<br />
Reisetasche fallen und sagt: „Jetzt nur noch Tatort!“<br />
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Das Prager<br />
Eltern-Kind-Programm<br />
(PEKiP)
Für ihren Einsatz bei der Entwicklung des Prager Eltern-Kind-Programmes (PEKiP) bekommt Erika eine<br />
Auszeichnung. Sie hat es wirklich weit gebracht. Ohne Abitur und ohne Studium ist sie jetzt von lauter<br />
Akademikern umgeben, die Erikas Arbeit anerkennen und schätzen.<br />
Das PEKiP hat sich voll entfaltet. Erst gab nur einige wenige Mitwirkende. Heute gibt es mehr als 2000 ausgebildete<br />
Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter und der PEKiP e.V., der 1988 in unserer Wohnung gegründet<br />
wurde, ist ein anerkannter Fachverband wenn es um die Förderung von Kindern im ersten Lebensjahr<br />
geht. Einige Jahre lang war Erika die Vereinsvorsitzende.<br />
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Auf nach Iserlohn<br />
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Nach zehn Jahren an Rhein und Mosel steht 1986 wieder ein Ortswechsel an. Ich wechsle von der Rheinischen<br />
Kirche in die westfälische und bin jetzt für die evangelische Familienbildung in ganz Westfalen<br />
zuständig. Mein Schreibtisch steht in Iserlohn, einer mittelgroßen Stadt südöstlich von Dortmund. Da ziehen<br />
wir jetzt hin.<br />
Erika ist von diesem Umzug nicht gerade begeistert. Sie hat viele wichtige Beziehungen und auch ihre<br />
Arbeit in der katholischen Familienbildungsstätte zurück gelassen. Aber sie findet eine gute Lösung: Mit<br />
einer Freundin geht sie zu Fuß von Koblenz bis nach Iserlohn und als sie hier ankommt, ist auch ihre Seele<br />
da. Ich muss ihr aber versprechen, dass wir nicht noch einmal umziehen werden.<br />
Eine Wohnung finden wir in einem Reihenhaus in der Iserlohner Bertholdstraße. Erikas Schwester Hilde<br />
beglückt uns (und die gesamte Nachbarschaft) mit einer mörderischen Theaterszene auf dem Parkplatz<br />
vor unserem Haus.<br />
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PEKiP hat sich immer sehr darum bemüht, auch Väter einzubeziehen. Hier bei einem Seminar in Haus<br />
Nordhelle.<br />
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Ab in den Urlaub<br />
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Wenn man sich voll im Beruf einbringt, ist es wichtig, wenigstens im Urlaub Abstand zu gewinnen. Sieben<br />
Mal haben wir uns auf die griechische Insel Thassos geflüchtet. Später haben wir die türkische Südküste<br />
entdeckt. Hier steht Erika auf dem Gipfel des Tahtali , der ist zwar nur 2300 Meter hoch, weil er aber direkt<br />
aus dem Meer aufsteigt, doch eine eindrucksvolle Erscheinung. Eine supermoderne Bergbahn führt<br />
auf den Gipfel und im Winter kann man von dort aus mit Skiern bis an den Strand düsen.<br />
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Wir genießen die Abendsonne am Strand und Erika lässt sich auch auf kühne Abenteuer ein.<br />
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Erika startet Richtung Himmel. So etwas habe ich mich nie getraut!<br />
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Da gönne ich mir doch lieber eine ruhige Zeit in der Lobby des Hotels, vielleicht<br />
auch mit einem Raki auf dem Tisch.<br />
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Geburtstage
Ihren 50. Geburtstag verbringt Erika zusammen mit Dominik in Indonesien. Ihr Bruder Helmut ist dort als<br />
Austauschpfarrer tätig. Von ihrem Geburtstag gibt es ein Video, das zeigt wie Erika zum Telefon geht und<br />
meine Geburtstagswünsche entgegen nimmt. Nun habe ich schon öfters überlegt , ob ich mal aufnehmen<br />
soll. wie ich mir dieses Video ansehe. Dann schicke ich es nach Indonesien und dort nehmen sie auf, wie<br />
sie sich das Video ansehen. Eine Art „Puppen in der Puppe“. Fast schon Videokunst.<br />
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2010 feiern wir den ausgefallensten Geburtstag unseres Lebens. Da wurde die Autobahn zwischen Dortmund<br />
und Duisburg für ein ganztätiges Volksfest gesperrt, ausgerechnet an Erikas Geburtstag. Wir hatten<br />
Glück und bekamen einen Tisch unter schattigen Bäumen. Eine Million Gäste waren da. Das erlebt man<br />
nicht alle Tage.<br />
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Hier besuchen uns Freunde und Nachbarn bei der Mega-Geburtstagsfeier. Es kamen aber auch wildfremde Menschen vorbei.<br />
„Hier wird offenbar Geburtstag gefeiert. Herzlichen Glückwunsch! Kann ich auch ein Stück Kuchen haben?“<br />
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In der Gemeinde<br />
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Mit 60 Jahren hat Erika angefangen, Akkordeon zu spielen. Der von mir erwartete Geldsegen, wenn sie<br />
regelmäßig in der Fußgängerzone auftritt, blieb zwar aus, aber in Gemeindegruppen wurde ihr gerne<br />
zugehört.<br />
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In der Gemeinde gab es gelegentlich auch Spielszenen mit Erika. Hier ist Frau Raik, unsere Küsterin, völlig<br />
verblüfft wie die immer freundliche und verständnisvolle Erika auch mal laut brüllen kann.<br />
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Wanderungen<br />
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Das Wandern hat Erika von ihrem Vater geerbt. Der war ein richtiger Wandervogel mit Gitarre, Lagerfeuer<br />
und mit der Mundorgel im Gepäck.<br />
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Erikas Traum war, Deutschland einmal quer und einmal längs zu durchwandern, also von Rostock nach<br />
Basel und von Aachen nach Görlitz. Im Laufe von 30 Jahren hat sie das auch tatsächlich geschafft. Dazu<br />
kamen noch viele weitere Wanderwege, die sie zu Fuß oder mit dem Fahrrad abgearbeitet hat. Auf dieser<br />
Deutschlandkarte sind sie eingezeichnet.<br />
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Gelegentlich sind wir auch gemeinsam gewandert, wie hier in Tirol, wo gerade der Alm-Abtrieb gefeiert<br />
wird.<br />
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Manchmal war Erika auch im Ausland unterwegs, wie hier in Israel. Da war gerade Ministerpräsident<br />
Rabin ermordet worden, nicht von der Hamas, sondern von einem Siedler! Ähnliche Reisen führten Erika<br />
nach Siebenbürgen und in England wanderte sie mit Christiane Terpitz von der Themsequelle bis nach<br />
London.<br />
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Sieben Mal haben wir gemeinsam auf Borkum Urlaub gemacht. Hier unser letztes Borkum-Bild. Danach<br />
kam dann der lange Abschied.<br />
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Der lange Abschied<br />
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Im Oktober 2022 bekam Erik Schmerzen, die sich den der Hüfte bis in den großen Zeh hinzogen. Alle tippten<br />
auf Ischias, aber es war eine Krebserkrankung (Multiples Myelom). Wir mussten 25 Mal mit dem Taxi nach<br />
Hemer in die Strahlenklinik fahren. Dort diente eine Abstellkammer als Warteraum, nicht gerade einladend<br />
aber Erika war noch ganz munter und nahm das gelassen in Kauf.<br />
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Danach bekam sie wieder heftige Schmerzen und kam ins Krankenhaus. Schließlich sagten die Mediziner<br />
„austherapiert“ und Erika wanderte ins Hospiz. Dort wurde sie vorzüglich betreut, aber es ging ihr auch<br />
von Tag zu Tag ein wenig schlechter. Die demenziellen Symptome nahmen zu und bald war auch kein Gespräch<br />
mehr möglich.<br />
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Im Hospiz Mutter Teresa.<br />
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Oft war sie nicht mehr ansprechbar und versank in irgendwelchen Phantasiewelten.<br />
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Schön, dass immer wieder Freunde und Bekannte Erika im Hospiz besuchten<br />
und ihr Trost und Nähe spendeten.<br />
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Im Januar 2024 musste Erika umziehen. Sie hatte über acht Monate im Hospiz verbracht, wofür eigentlich<br />
nur 3 Monate vorgesehen sind. Nun mussten wir einen Platz in einem Pflegeheim suchen. Den fanden<br />
wir im Tersteegenhaus hier in Iserlohn. Dort hat sie dann die letzten drei Wochen ihres Lebens verbracht.<br />
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Am 29. Januar 2024 ist Erika verstorben und alle, die sie gemocht und geschätzt hatten,<br />
mussten endgültig von ihr Abschied nehmen.<br />
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