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8 NATUR<br />
1<br />
Der Nationalpark Bayerischer Wald ist der<br />
größte Waldnationalpark Deutschlands<br />
Seit dem 1. August<br />
2023 leitet Ursula<br />
Schuster als erste Frau<br />
den Nationalpark Bayerischer<br />
Wald. Zeit für<br />
eine Schilderung, welche<br />
Eindrücke sie seitdem gewonnen<br />
hat.<br />
Schusters Bezug zum Nationalpark<br />
geht zurück bis<br />
in die Kinderzeit - bereits<br />
damals war sie mit ihrer<br />
Familie immer wieder dort<br />
unterwegs. Vor fast 30 Jahren<br />
wurde durch ein Praktikum<br />
im Neuschönauer<br />
Pflanzgarten des Parkes<br />
eine Faszination daraus<br />
und in Ursula Schuster<br />
wuchs der Wunsch, später<br />
einmal im Nationalpark zu<br />
arbeiten. Nach einem Studium<br />
der Landschaftsökologie<br />
folgten verschiedene<br />
Stationen bis hin zum<br />
Bayerischen Umweltministerium.<br />
Dann ging für<br />
die 48-Jährige ihr Wunsch<br />
perfekt in Erfüllung. Als<br />
Teamplayerin ist sie stets<br />
für die Zusammenarbeit<br />
mit allen Akteuren offen,<br />
bald war sie in „Unser<br />
wilder Wald“ zu lesen.<br />
Schuster selber sagt: „Auf<br />
Augenhöhe miteinander<br />
zu reden - das ist mir ein<br />
wichtiges Anliegen“.<br />
Forschung<br />
Im Gespräch ging es um<br />
drei der übergeordneten<br />
Sachverhalte, die in der<br />
Arbeit des Nationalparks<br />
eine große Rolle spielen.<br />
Zum einen ist dies die<br />
Forschung. Nachdem die<br />
Klimaerwärmung keinen<br />
Halt vor dem Nationalpark<br />
macht, sind allein schon<br />
die jahrzehntelang hier<br />
gewonnenen Wetterdaten<br />
eine wichtige Grundlage<br />
für die Forschung, erklärt<br />
Frau Schuster. Eine<br />
Erwärmung im Sommer<br />
von + 2 Grad und weniger<br />
Schnee im Winter ist das<br />
Die neue Nationalparkleiterin Ursula Schuster im Gespräch<br />
<strong>MuW</strong> <strong>Nachrichten</strong> im Gespräch mit Ursula Schuster, Leiterin des Nationalparks Bayerischer<br />
Wald.<br />
Foto: <strong>MuW</strong>/r.demont<br />
Ergebnis der Messungen.<br />
Der Schnee verschwindet<br />
außerdem bereits um einige<br />
Wochen früher als<br />
in der Vergangenheit.<br />
Das erzeugt Stress bei<br />
den Bäumen - darüber<br />
freut sich leider Gottes<br />
der Borkenkäfer, welcher<br />
nach wie vor ein Problem<br />
darstellt. Entrindetes Totholz<br />
kann aber teilweise<br />
im Wald bleiben und<br />
ermöglicht eine größere<br />
Artenvielfalt auch im Bereich<br />
der Käfer. Man hat<br />
wieder Arten festgestellt,<br />
die jahrzehntelang keine<br />
Bleibe mehr hier hatten.<br />
Durch die Forschung hat<br />
der Nationalpark ein eigenes<br />
Gerät entwickelt, das<br />
Käferbäume streifenförmig<br />
entrindet und damit<br />
dem Borkenkäfer die Nahrungsgrundlage<br />
entzieht.<br />
„Auf dieses spezielle Messer<br />
hat der Park sogar ein<br />
Patent“, berichtet die Nationalparkchefin.<br />
Gewonnene Erkenntnisse<br />
aus Windbruch und<br />
Borkenkäferbefall im Nationalpark<br />
kommen zwischenzeitlich<br />
auch dem<br />
Nutzwald zugute. Aufgrund<br />
der Ergebnisse aus<br />
dem Schutzgebiet wurde<br />
in Bayern ein besonderes<br />
staatliches Förderprogramm<br />
im Vertragsnaturschutz<br />
eingeführt, das<br />
die Berücksichtigung von<br />
Naturschutzaspekten bei<br />
der Behandlung von Störungsflächen<br />
honoriert.<br />
Die Bedeutung des Totholzes<br />
im Nutzwald ist<br />
ein weiterer Punkt. Natürlich<br />
wirkt sich die<br />
Klimaerwärmung auch<br />
auf die Tierwelt aus.<br />
Hier war zu hören, dass<br />
es beispielsweise der<br />
Ringdrossel selbst in<br />
höheren Lagen zu warm<br />
wird bei uns. Rund 8000<br />
Tier- und Pflanzenarten<br />
haben im Nationalpark<br />
eine Heimat. Dieses vielfältige<br />
Ökosystem in seinen<br />
Zusammenhängen zu<br />
erforschen, ist ebenfalls<br />
eine wichtige Aufgabe in<br />
dem Bereich. So hat beispielsweise<br />
auch Aas eine<br />
besondere Funktion für<br />
bestimmte Tierarten, um<br />
nur einen weiteren Forschungspunkt<br />
zu nennen.<br />
Zusammenarbeit<br />
Ein weiterer Hauptpunkt<br />
der Nationalparkarbeit ist<br />
die Zusammenarbeit und<br />
teilweise Kooperation mit<br />
anderen Nationalparken<br />
weltweit. Nachdem der<br />
Nationalpark Bayerischer<br />
Wald bereits 1970 als ältester<br />
Park Deutschlands<br />
gegründet wurde, hat man<br />
in dieser Zeit viele Erfahrungen<br />
gesammelt, die an<br />
jüngere Parks weitergegeben<br />
werden. „Viele Nationalparks<br />
haben mit ähnlichen<br />
Fragestellungen zu<br />
kämpfen. Deshalb ist der<br />
Austausch sehr hilfreich“,<br />
erklärt Frau Schuster. Diese<br />
Kooperationen möchte<br />
sie aufrechterhalten und<br />
ausbauen. Man müsse ja<br />
das Rad nicht immer neu<br />
erfinden. Für jüngere Nationalparks<br />
sei der Park<br />
hier auch eine Art Vorbild.<br />
Tourismus<br />
Als weitere Aufgabe des<br />
Nationalparks ist der Tourismus<br />
zu nennen. Knapp<br />
1,3 Millionen Besucher im<br />
Jahr ergeben gleichzeitig<br />
einen Wirtschaftsfaktor<br />
für die Region. Die Zusammenarbeit<br />
mit den Nationalparkpartnern,<br />
darunter<br />
Hotels und neuerdings<br />
auch Campingplätze, ist<br />
für beide Seiten ein großer<br />
Vorteil. „Aufgrund von Befragungen<br />
weiß man, dass<br />
die Besucher gezielt in die<br />
Region kommen um den<br />
Park zu besuchen“, berichtet<br />
die Nationalparkchefin.<br />
Die dreisprachigen Infotafeln<br />
und die umfangreichen<br />
Wegmarkierungen<br />
bieten zusammen mit den<br />
Ausstellungen im Hans Eisenmann<br />
Haus, dem Haus<br />
zur Wildnis und dem Waldgeschichtlichen<br />
Museum in<br />
St. Oswald ein großes Informationspotential.<br />
Vor allen<br />
in den Wechselausstellungen<br />
in den Häusern werden<br />
auch aktuelle Aspekte wie<br />
Borkenkäfer und Waldentwicklung<br />
dargestellt.<br />
Führungen und Ranger<br />
sind eine weitere wichtige<br />
Quelle der Informationsweitergabe.<br />
Barrierefreiheit<br />
Die Natur soll für den Besucher<br />
begreifbar werden.<br />
Genauso habe man jedoch<br />
die Möglichkeit, Naturerlebnisse<br />
einfach zu genießen.<br />
Beides sei wichtig, betont<br />
Ursula Schuster. Dazu<br />
kommt der Ausbau der<br />
Barrierefreiheit, um auch<br />
Menschen mit Handicap<br />
die Natur nahe zu bringen.<br />
Letzteres ist der Nationalparkchefin<br />
ein besonderes<br />
Anliegen. Fast alle Besucher<br />
würden auf die Wegegebote<br />
und andere Vorschriften<br />
achten, diedem Schutz der<br />
Natur dienen. Nur eine kleine<br />
Minderheit müsse von<br />
den Rangern des Nationalparks<br />
ermahnt werden. Für<br />
den Umgang mit den ganz<br />
wenigen Uneinsichtigen<br />
werden die Ranger speziell<br />
geschult.<br />
rd