casanostra 174 | Februar 2024
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EXTRA POLITIK 9<br />
Landschaftsinitiative<br />
zurückgezogen, doch die Arbeit<br />
geht weiter<br />
Die Landschaftsinitiative wird zugunsten<br />
des Raumplanungsgesetzes als Gegenvorschlag<br />
zurückgezogen: Ein akzeptabler<br />
Kompromiss, der das Hauptziel der<br />
Initiative übernimmt. Aber einige heikle<br />
Abschwächungen bedingen, dass<br />
die Umsetzung kritisch verfolgt wird.<br />
Text Elena Strozzi,<br />
Geschäftsleiterin der Landschaftsinitiative<br />
Die sparsame Nutzung des Bodens ist einer der wichtigsten<br />
Grundsätze der Raumplanung. Die Städte zu verdichten, deren<br />
Lebensqualität zu erhalten und die ländlichen Gebiete<br />
möglichst frei von Bauten zu lassen, kommt der Landwirtschaft,<br />
der Biodiversität und unserer Freizeitgestaltung zugute.<br />
Die 2019 lancierte und von Casafair unterstützte Landschaftsinitiative<br />
wollte die Trennung von Baugebiet und<br />
freier Landschaft stärken, indem sie die Bebauung und Bodenversiegelung<br />
im Nichtbaugebiet auf das absolut Notwendige<br />
beschränkt hätte.<br />
Das Parlament erarbeitete in den letzten drei Jahren<br />
einen eigenen Gegenvorschlag – ein aussergewöhnlicher<br />
Vorgang. Nach intensiven Beratungen verabschiedete es im<br />
September 2023 einstimmig die Revision des Raumplanungsgesetzes<br />
(«RPG 2»). Diese schreibt das Hauptziel der Landschaftsinitiative<br />
fest: die Anzahl der Gebäude und die Bodenversiegelung<br />
im Nichtbaugebiet zu stabilisieren. Zu den<br />
bestehenden 610 000 Bauten ausserhalb der Bauzonen kommen<br />
jedes Jahr fast 2000 weitere hinzu, weil für Landwirtschaft,<br />
Tourismus oder Energieanlagen Ausnahmen gelten.<br />
Die Kantone haben nun eine kurze Frist von fünf Jahren,<br />
um ihre Richtpläne zu überarbeiten und die Stabilisierungsziele<br />
einzuführen, dann müssen Umsetzungsmassnahmen<br />
folgen. Kantone, die diese Frist verpassen, müssen jeden Neubau<br />
ausserhalb der Bauzone mit dem Abriss eines anderen<br />
Gebäudes kompensieren.<br />
Neu im RPG ist auch das Instrument der Abbruchprämie<br />
als Anreiz, Bauten ausserhalb Bauzonen abzureissen und die<br />
Landschaft so von ungenutzten Bauten zu befreien. Diese<br />
Mechanismen stellen eine gewisse Garantie für das Initiativkomitee<br />
dar, dass die Ziele der Initiative ernst genommen<br />
werden. Deshalb entschied das Komitee Ende 2023, die Initiative<br />
zugunsten des Gegenvorschlags zurückzuziehen. Damit<br />
bleibt eine aufwendige, unsichere Abstimmungskampagne<br />
mit deutlich längerer Umsetzungsfrist erspart.<br />
Foto: Markus Thoenen/iStock<br />
Das Kernziel der Landschaftsinitiative, die Anzahl<br />
der Gebäude und die Bodenversiegelung im<br />
Nichtbaugebiet zu stabilisieren, ist im neuen<br />
Raumplanungsgesetz enthalten.<br />
Das revidierte Gesetz ist aber keineswegs perfekt, vielmehr<br />
ein gut schweizerischer Kompromiss. Insbesondere der<br />
Ständerat drückte mehrere Bestimmungen durch, welche die<br />
Ziele torpedieren können: So können Kantone Sonderzonen<br />
schaffen, in denen sie Bauten ausserhalb der Bauzone erlauben.<br />
Diese Spezialzonen sind ein Geschenk an jene Kantone,<br />
die Freiheit und Flexibilität in ihrer Raumordnung gefordert<br />
hatten. Als Trost für die Landschaftsinitiative wird diese an<br />
sich absurde Bestimmung abgemildert: Sonderzonen bedürfen<br />
eines Gesamtkonzepts, das auch Vorteile für Biodiversität,<br />
Landschaft, Heimatschutz usw. und Kompensationsmechanismen<br />
beinhalten muss.<br />
Der Rückzug der Landschaftsinitiative ist am 15. <strong>Februar</strong><br />
definitiv. Der Trägerverein löst sich auf, aber die beteiligten<br />
Verbände bleiben in Raumplanung und Landschaftsschutz<br />
aktiv. Sie werden die Umsetzung des Gegenvorschlags genau<br />
verfolgen und so den Geist der Initiative lebendig erhalten.<br />
Mehr Infos: www.landschaftsinitiative.ch<br />
CASANOSTRA <strong>174</strong> <strong>2024</strong>