Melange No29
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INTERVIEW MIT DR. ROLF-DIETER BADER<br />
Welche Voraussetzungen benötigt ein guter MKG-Chirurg?<br />
„Eine hohe Affinität zur modernen Technik, Hang zum Perfektionismus,<br />
Feinmotorik und Sinn für Ästhetik. Im Grunde sind alle<br />
MKG-Chirurgen technikaffine Spielkinder (lacht), nicht umsonst<br />
haben sich MKG-Chirurgen schon mit 3D-Planungen beschäftigt,<br />
als diese Technik noch in den Kinderschuhen steckte.“<br />
weitere entscheidende Entwicklung sind patientenspezifische Implantate.<br />
Das heißt, wir können individuell auf den Patienten zugeschnittene<br />
Implantate von Knochen oder Knochenteilen erstellen<br />
und somit fehlende Teile rekonstruieren. Insgesamt hat der 3D-<br />
Druck verschiedenster Materialien das Fachgebiet ganz entscheidend<br />
vorangebracht.“<br />
Wie haben sich die Operationsmethoden in den letzten Jahrzehnten<br />
speziell in Ihrem Fachgebiet verändert?<br />
„Während in anderen chirurgischen Disziplinen die angesprochenen<br />
3D-Planungen noch in den Anfängen sind, sind diese in der<br />
MKG-Chirurgie schon seit vielen Jahren Standard und in der Routine<br />
etabliert. Ich weiß noch, dass wir bereits 2005 einen der ersten<br />
3D-Gesichtsscanner im Einsatz hatten – eine große Maschine,<br />
bei der der Patient mehrere Minuten stillhalten musste. Moderne<br />
Geräte machen dies heute in Millisekunden.“<br />
Wie funktioniert diese 3D-Planung?<br />
„Zunächst erstellen wir aus dem CT des Schädels einen 3D-Datensatz,<br />
der dann weiterverarbeitet werden kann. Am Computer setzen<br />
wir das Puzzle wieder zusammen und erstellen Schablonen,<br />
mit denen wir unsere Planung auf die OP übertragen können. Diese<br />
Schablonen werden dann aus einem sterilisierbaren Kunststoff<br />
gedruckt und stehen uns während der Operation zur Verfügung.<br />
Alternativ kann man diese Planung auch über eine sogenannte<br />
Navigation übertragen, bei der der Chirurg während der Operation<br />
mit einem Pointer kontrollieren kann, ob die geplante Stellung erreicht<br />
ist. Eine solche Vorbereitung ist natürlich zeitintensiv, für den<br />
Patienten aber dennoch von Vorteil, da wir die OP-Zeit und damit<br />
den operativen Stress für den Patienten verkürzen. Zudem können<br />
wir die virtuelle Planung beliebig oft wiederholen, ohne unseren<br />
Patienten zu schaden. In den letzten 20 Jahren gab es hier viele<br />
Neuerungen. Ein erster Schritt war die Visualisierung über die<br />
Computertomographie, dann die Weiterbearbeitung dieser Bilddaten<br />
über digitale Planungsprogramme, im nächsten Schritt die<br />
Übertragung über Navigationssysteme und heute sind wir in der<br />
Lage, vor einer Operation im Haus das vollständige Modell des<br />
Schädels mit sterilisierbarem Kunststoff auszudrucken. Somit haben<br />
wir am OP-Tisch eine konkrete Visualisierung vor Augen. Eine<br />
Haben Sie bestimmte Rituale, um sich auf solch eine OP vorzubereiten?<br />
„Die Beschäftigung mit der Fraktur am Computer ist eigentlich die<br />
beste Vorbereitung. Man hat die OP somit im Kopf schon x mal<br />
durchgespielt, bevor man sie tatsächlich ausführt. Rituale habe ich<br />
aber eigentlich keine. Was ich zum Operieren definitiv brauche, ist<br />
Musik. Da kann ich nicht verleugnen, dass ich während meines<br />
Studiums nebenher als DJ gearbeitet habe. Ich habe immer noch<br />
zwei Plattenspieler, Mischpult und Digitales Vinylsystem im Wohnzimmer<br />
stehen. Ab und zu juckt es mich tatsächlich, mal wieder<br />
„richtig“ aufzulegen. Ich befürchte nur, dass ich heute nicht mehr<br />
so lange durchhalten würde, wie zu Studienzeiten.“<br />
Was machen Sie ansonsten als Ausgleich zu Ihrem Beruf?<br />
„Da habe ich definitiv viel zu viele Hobbies für viel zu wenig Freizeit<br />
(lacht). Das mit den Diensten am besten zu vereinbarende<br />
Hobby ist mein Heimkino mit Surround-Anlage und großer Leinwand.<br />
Ich bin bekennender Cineast mit einer stattlichen Sammlung<br />
von Klassikern, besitze aber im Ausgleich keinen Fernseher.<br />
Außerdem fotografiere ich sehr gerne, vor allem auch klassisch<br />
silber-chemisch in schwarz-weiß, wobei ich meine Filme selbst<br />
entwickle. Bei der analogen Fotografie macht man sich viel mehr<br />
Gedanken, wann man abdrückt und wann nicht. Das bringt eine<br />
gewisse Entschleunigung mit sich und man ist intensiver bei der<br />
Sache. Auch wenn es jetzt natürlich klischeehaft klingt, ja im Sommer<br />
spiele ich Golf, habe damit jedoch schon angefangen, bevor<br />
ich meine Approbation als Zahnarzt hatte. Am liebsten spiele ich<br />
hierbei in die Dämmerung hinein, wenn der Platz leer ist. Dabei<br />
kann ich gut abschalten. Seit meiner Jugend fahre ich zudem<br />
Rennrad. Mit 17 habe ich mit dem Gerätetauchen angefangen, mit<br />
zunehmendem Alter aber nicht mehr so häufig und vorzugsweise<br />
in warmen Gewässern. Tauchen ist für mich immer entspannend.“<br />
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