Melange No29
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INTERVIEW<br />
„Mein Steckenpferd und auch Forschungsschwerpunkt an der<br />
Universität ist und war die Weiterentwicklung minimalinvasiver<br />
chirurgischer Techniken und die Überführung in die Routine. Mit<br />
meinem Eintritt an die BGU Murnau haben wir praktisch alle bekannten<br />
minimalinvasiven Techniken für Traumapatienten in die<br />
Routine überführt. Mikrochirurgische Instrumente sind bei uns<br />
Standard auf jedem Trauma-OP-Set. Es gibt wenige Kliniken, die<br />
so extensiv auf minimalinvasive Operationstechniken setzen, wie<br />
wir hier in Murnau. Auf diese Weise können wir die meisten Verletzungen<br />
so versorgen, dass so gut wie keine sichtbaren Narben<br />
zurückbleiben. Der Trick dabei ist, dass wir die Operationsnarben<br />
in Bereiche des Gesichtes verlegen, in denen sie nicht auff allen,<br />
wie die Innenseite des Unterlides, die Falten des Oberlides oder<br />
wir operieren von innen, also von der Mundhöhle aus. So ist auch<br />
bei schweren Verletzungen wie komplexen Gesichtsfrakturen<br />
kaum bis gar nicht sichtbar, wie tatsächlich bei der Operation geschnitten<br />
wurde.“<br />
Gibt es bestimmte Operationen, die Sie besonders gerne<br />
durchführen?<br />
„Ich profitiere davon, dass ich meine Facharztausbildung an einer<br />
der größten MKG-Kliniken mit alleine 38 MKG-chirurgischen Betten<br />
gemacht habe und daher ein sehr weites Spektrum an Operationen<br />
habe. Was ich sehr gerne operiere, sind skelettverlagernde<br />
Eingriff e. Wenn also durch einen Unfall oder auch angeboren<br />
Knochen nicht da sind wo sie sein sollten, können wir das operativ<br />
korrigieren. Durch eine solche „Umstellungsosteotomie“ können<br />
wir Knochen im Gesicht neu positionieren und so die Basis für<br />
das Weichgewebe des Gesichtes schaff en.<br />
Wir sorgen also dafür, dass der Knochen dort ist, wo er stehen<br />
muss, damit Zähne richtig zueinanderpassen und wir ein harmonisches<br />
Gesichtsprofil haben. Das Spannende dabei ist, dass wir im<br />
Vorfeld virtuell planen, wie das Gesicht später aussehen soll und<br />
das dann operativ umsetzen. Man hat also die geistige Herausforderung<br />
der Planung und im Anschluss die technisch-ästhetische<br />
Umsetzung bei der Operation.“<br />
3D<br />
PLANUNG<br />
Das klingt nach viel Hightech.<br />
Wie technikaffin muss man als<br />
MKG-Chirurg sein?<br />
„Das tolle ist, das ist reine Mathematik.<br />
Es gibt Normen des Schädels, wie<br />
verschiedene Punkte und Strukturen<br />
im Verhältnis zueinander liegen sollten.<br />
Hieraus ergibt sich auch, was wir<br />
als ästhetisch empfinden. Letztlich<br />
richtet man das gesamte Gesicht zur<br />
Schädelbasis aus. Die sagittale Position<br />
des Oberkiefers in der Seitansicht<br />
wird beispielsweise durch den sogenannten<br />
„SNA-Winkel“ bestimmt.<br />
Beim Mitteleuropäer liegt dieser Winkel zwischen 79 und 85 Grad.<br />
Die Transversale muss schlichtweg mittig stehen. Und die Höhe<br />
des Kiefers wird, vereinfacht ausgedrückt, durch die „Lachlinie“ bestimmt,<br />
also die Zahnbögen. Ein bisschen komplexer ist es natürlich<br />
schon, denn je nachdem, wie weit man den Oberkiefer nach vorne<br />
oder hinten setzt, gewinnt oder verliert man an Lachlinie. Gerade<br />
beim Traumapatienten kommen dann auch noch Narbenzüge<br />
hinzu, die das Ganze nochmals ein wenig schwieriger machen.<br />
Um das zu planen, sollte man keine Angst vor Technik haben.“<br />
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