Zeitschrift quer ver.di-Frauen Bayern (1/2024) Gleichstellungspolitik in der EU und in Bayern

Der Internationale Frauentag leitet ein Wahljahr ein. Im Juni stehen die Neuwahlen zum Europäischen Parlament an. Höchste Zeit also, sich einmal genauer mit Europapolitik zu befassen und zu klären, was aus Frauensicht wichtig ist. Aber notwendig ist es auch, sich ausführlicher mit den Ergebnissen der bayerischen Landtagswahlen im letzten Herbst zu befassen. Welche Auswirkungen haben sie auf die Gleichstellungspolitik? Der Internationale Frauentag leitet ein Wahljahr ein. Im Juni stehen die Neuwahlen zum Europäischen Parlament an. Höchste Zeit also, sich einmal genauer mit Europapolitik zu befassen und zu klären, was aus Frauensicht wichtig ist. Aber notwendig ist es auch, sich ausführlicher mit den Ergebnissen der bayerischen Landtagswahlen im letzten Herbst zu befassen. Welche Auswirkungen haben sie auf die Gleichstellungspolitik?

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12.02.2024 Aufrufe

Ausgabe 1/2024 Inhalt Gleichstellungspolitik in der EUund in Bayern 1 Gleichstellungspolitik der EU 2 Frauen in Europa in Zahlen 4 Rechtsruck in der EU 5 Europäische Werte: Schutz vor Gewalt und verschärfte Asylgesetze 6 Gemeinsam gegen Rechtsextremismus7 Wie stark ist der rechte Flügel des Europaparlaments? 7 Starke Frauen?! 8 Jeder darf sagen, was er will 9 Offener Brief zum Genderverbot in Bayern 9 Bayern gleich zweimal Schlusslicht!10 Der bayerische Koalitionsvertrag11 Schlusspunkt – diesmal in eigener Sache 12 Gleichstellungspolitik in der EUund in Bayern Der Internationale Frauentag leitet ein Wahljahr ein. Im Juni stehen die Neuwahlen zum Europäischen Parlament an. Höchste Zeit also, sich einmal genauer mit Europapolitik zu befassen und zu klären, was aus Frauensicht wichtig ist. Aber notwendig ist es auch, sich ausführlicher mit den Ergebnissen der bayerischen Landtagswahlen im letzten Herbst zu befassen. Welche Auswirkungen haben sie auf die Gleichstellungspolitik? Wie sieht es mit der Gleichstellungspolitik in der EU aus? Was wurde erreicht, was bleibt bislang offen? Die beiden Artikel auf den Seiten 2, 3 und 4 verschaffen einen Überblick über die Anstöße, die aus der europäischen Gleichstellungspolitik bisher gekommen sind, und zeigen, welche Bedeutung die EU-Wahlen gerade für uns Frauen haben. Aber auch der Rechtsruck innerhalb der EU ist nicht zu übersehen. Diese Entwicklung gibt Anlass zu großer Sorge. Damit beschäftigen wir uns auf Seite 5. Auf den Seiten 6 und 7 werden die Widersprüche in den Entscheidungen des EU-Parlaments beschrieben: einerseits Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt, andererseits verschärfte Asylgesetze. Wie stark der rechte Flügel im Europaparlament mittlerweile geworden ist, zeigt eine Aufstellung auf Seite 7 (Kasten), die wir vom Deutschlandfunk übernommen haben. Dort gibt es auch das neue Banner der ver.di-Frauen und Auszüge aus dem Aufruf gegen rechts. Um starke Frauen und warum ein über 80 Jahre altes Plakat gerade wieder Furore macht, geht es auf Seite 8. Damit kommen wir zu Bayern. Wir beginnen mit dem „angedachten“ Genderverbot des bayerischen Ministerpräsidenten und dem offenen Brief dazu (Seite 9) und betrachten die Unterrepräsentanz von Frauen im bayerischen Parlament und der Staatsregierung (Seite 10). Den bayerischen Koalitionsvertrag (CSU und Freie Wähler) nimmt sich der Artikel auf Seite 11 vor. Und – wen wundert´s – auch hier bleiben so manche Wünsche offen, nicht nur aus Frauensicht. Der „Schlusspunkt“ auf Seite 12 sieht diesmal anders aus als gewohnt. Wir meinten, es wäre mal an der Zeit darauf hinzuweisen, was ver.di an Vorteilen für ihre Mitglieder bringt. Für die quer-Redaktion: Dagmar Fries

Ausgabe 1/<strong>2024</strong><br />

Inhalt<br />

<strong>Gleichstellungspolitik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>EU</strong> – <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> 1<br />

<strong>Gleichstellungspolitik</strong> <strong>der</strong> <strong>EU</strong> 2<br />

<strong>Frauen</strong> <strong>in</strong> Europa <strong>in</strong> Zahlen 4<br />

Rechtsruck <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>EU</strong> 5<br />

Europäische Werte:<br />

Schutz vor Gewalt <strong>und</strong> <strong>ver</strong>schärfte<br />

Asylgesetze 6<br />

Geme<strong>in</strong>sam gegen<br />

Rechtsextremismus7<br />

Wie stark ist <strong>der</strong> rechte Flügel<br />

des Europaparlaments? 7<br />

Starke <strong>Frauen</strong>?! 8<br />

Je<strong>der</strong> darf sagen, was er will 9<br />

Offener Brief zum Gen<strong>der</strong><strong>ver</strong>bot<br />

<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> 9<br />

<strong>Bayern</strong> gleich zweimal<br />

Schlusslicht!10<br />

Der bayerische Koalitions<strong>ver</strong>trag11<br />

Schlusspunkt<br />

– <strong>di</strong>esmal <strong>in</strong> eigener Sache 12<br />

<strong>Gleichstellungspolitik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>EU</strong><br />

– <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />

Der Internationale <strong>Frauen</strong>tag leitet e<strong>in</strong> Wahljahr e<strong>in</strong>. Im Juni stehen <strong>di</strong>e Neuwahlen zum Europäischen Parlament<br />

an. Höchste Zeit also, sich e<strong>in</strong>mal genauer mit Europapolitik zu befassen <strong>und</strong> zu klären, was aus<br />

<strong>Frauen</strong>sicht wichtig ist. Aber notwen<strong>di</strong>g ist es auch, sich ausführlicher mit den Ergebnissen <strong>der</strong> bayerischen<br />

Landtagswahlen im letzten Herbst zu befassen. Welche Auswirkungen haben sie auf <strong>di</strong>e <strong>Gleichstellungspolitik</strong>?<br />

Wie sieht es mit <strong>der</strong> <strong>Gleichstellungspolitik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>EU</strong><br />

aus? Was wurde erreicht, was bleibt bislang offen? Die<br />

beiden Artikel auf den Seiten 2, 3 <strong>und</strong> 4 <strong>ver</strong>schaffen<br />

e<strong>in</strong>en Überblick über <strong>di</strong>e Anstöße, <strong>di</strong>e aus <strong>der</strong> europäischen<br />

<strong>Gleichstellungspolitik</strong> bisher gekommen s<strong>in</strong>d,<br />

<strong>und</strong> zeigen, welche Bedeutung <strong>di</strong>e <strong>EU</strong>-Wahlen gerade<br />

für uns <strong>Frauen</strong> haben.<br />

Aber auch <strong>der</strong> Rechtsruck <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> <strong>EU</strong> ist<br />

nicht zu übersehen. Diese Entwicklung gibt Anlass<br />

zu großer Sorge. Damit beschäftigen wir uns auf<br />

Seite 5. Auf den Seiten 6 <strong>und</strong> 7 werden <strong>di</strong>e Wi<strong>der</strong>sprüche<br />

<strong>in</strong> den Entscheidungen des <strong>EU</strong>-Parlaments<br />

beschrieben: e<strong>in</strong>erseits Schutz vor geschlechtsspezifischer<br />

Gewalt, an<strong>der</strong>erseits <strong>ver</strong>schärfte Asylgesetze.<br />

Wie stark <strong>der</strong> rechte Flügel im Europaparlament<br />

mittlerweile geworden ist, zeigt e<strong>in</strong>e<br />

Aufstellung auf Seite 7 (Kasten), <strong>di</strong>e wir vom<br />

Deutschlandfunk übernommen haben. Dort gibt es<br />

auch das neue Banner <strong>der</strong> <strong>ver</strong>.<strong>di</strong>-<strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Auszüge<br />

aus dem Aufruf gegen rechts.<br />

Um starke <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> warum e<strong>in</strong> über 80 Jahre altes<br />

Plakat gerade wie<strong>der</strong> Furore macht, geht es auf Seite 8.<br />

Damit kommen wir zu <strong>Bayern</strong>. Wir beg<strong>in</strong>nen mit dem<br />

„angedachten“ Gen<strong>der</strong><strong>ver</strong>bot des bayerischen M<strong>in</strong>isterpräsidenten<br />

<strong>und</strong> dem offenen Brief dazu (Seite 9)<br />

<strong>und</strong> betrachten <strong>di</strong>e Unterrepräsentanz von <strong>Frauen</strong> im<br />

bayerischen Parlament <strong>und</strong> <strong>der</strong> Staatsregierung (Seite<br />

10). Den bayerischen Koalitions<strong>ver</strong>trag (CSU <strong>und</strong><br />

Freie Wähler) nimmt sich <strong>der</strong> Artikel auf Seite 11 vor.<br />

Und – wen wun<strong>der</strong>t´s – auch hier bleiben so manche<br />

Wünsche offen, nicht nur aus <strong>Frauen</strong>sicht.<br />

Der „Schlusspunkt“ auf Seite 12 sieht <strong>di</strong>esmal an<strong>der</strong>s<br />

aus als gewohnt. Wir me<strong>in</strong>ten, es wäre mal an <strong>der</strong> Zeit<br />

darauf h<strong>in</strong>zuweisen, was <strong>ver</strong>.<strong>di</strong> an Vorteilen für ihre<br />

Mitglie<strong>der</strong> br<strong>in</strong>gt.<br />

Für <strong>di</strong>e <strong>quer</strong>-Redaktion: Dagmar Fries


Impressum:<br />

<strong>quer</strong> – <strong>di</strong>e Zeitung des<br />

<strong>ver</strong>.<strong>di</strong> - Landesfrauenrates <strong>Bayern</strong><br />

Neumarkter Str. 22<br />

81673 München<br />

V.i.S.d.P.: Bett<strong>in</strong>a Mess<strong>in</strong>ger,<br />

Landesfrauensekretär<strong>in</strong><br />

Telefon: 089 / 5 99 77-422<br />

Mail: bett<strong>in</strong>a.mess<strong>in</strong>ger@<strong>ver</strong><strong>di</strong>.de<br />

Redaktionsteam: Dagmar Fries,<br />

Bett<strong>in</strong>a Mess<strong>in</strong>ger, Cor<strong>in</strong>na Poll, Walburga<br />

Rempe<br />

Redaktion/Layout: Dagmar Fries<br />

Schlusskorrektur: Walburga<br />

Rempe<br />

Redaktionsschluss: 24.01.<strong>2024</strong><br />

Abbildungsnachweis: S. 3: geme<strong>in</strong>frei;<br />

Bearbeitung Cor<strong>in</strong>na Poll;<br />

S. 4: Sébastien Bertrand, wikime<strong>di</strong>a<br />

commons; S. 5: statista; S. 6: Beng<strong>in</strong><br />

Ahmad, wikime<strong>di</strong>a commons; S. 7: <strong>ver</strong>.<br />

<strong>di</strong>; S. 8: John Howard Miller 1949, restored<br />

and © Adam Cuerden, wikime<strong>di</strong>a<br />

commons; S. 10: Bett<strong>in</strong>a Mess<strong>in</strong>ger; S.<br />

11: Bayerische Staatsregierung; S. 12:<br />

<strong>ver</strong>.<strong>di</strong> B<strong>und</strong>es<strong>ver</strong>waltung<br />

L<strong>in</strong>k zur Onl<strong>in</strong>e-Ausgabe:<br />

yumpu.com/user/<strong>ver</strong><strong>di</strong>frauenbayern<br />

Druck: Druckwerk München<br />

Auflage: 2.500 Expl.<br />

<strong>Gleichstellungspolitik</strong> <strong>der</strong> <strong>EU</strong><br />

Bereits mit den Römischen Verträgen zur Gründung <strong>der</strong> Europäischen Wirtschaftsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

(EWG) 1957 wurde nicht nur e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Wirtschaftspolitik für <strong>di</strong>e Vertragsstaaten angestrebt,<br />

son<strong>der</strong>n es wurden auch geme<strong>in</strong>same Zielsetzungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sozialpolitik formuliert.<br />

So heißt es im Artikel 117 des EWG-Vertrags: „Die Mitgliedstaaten<br />

s<strong>in</strong>d sich über <strong>di</strong>e Notwen<strong>di</strong>gkeit e<strong>in</strong>ig,<br />

auf e<strong>in</strong>e Verbesserung <strong>der</strong> Lebens- <strong>und</strong> Arbeitsbe<strong>di</strong>ngungen<br />

<strong>der</strong> Arbeitskräfte h<strong>in</strong>zuwirken <strong>und</strong> dadurch auf<br />

dem Wege des Fortschritts ihre Angleichung zu ermöglichen.“<br />

Und mit Artikel 119 wurde <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>satz<br />

<strong>der</strong> Entgeltgleichheit bei gleicher Arbeit für <strong>di</strong>e Mitgliedstaaten<br />

festgeschrieben. Mit dem ebenfalls 1957<br />

e<strong>in</strong>gerichteten Europäischen Sozialfonds wurde <strong>di</strong>e f<strong>in</strong>anzielle<br />

För<strong>der</strong>ung v. a. transnationaler Maßnahmen<br />

ermöglicht.<br />

Die EWG wurde mit dem Vertrag von Maastricht <strong>und</strong><br />

den Folge<strong>ver</strong>trägen erst zur Europäischen Geme<strong>in</strong>schaft<br />

(EG) <strong>und</strong> dann zur <strong>EU</strong>, <strong>und</strong> <strong>di</strong>e Zahl <strong>der</strong> Mitgliedstaaten<br />

wuchs von anfänglich 6 auf <strong>in</strong>zwischen<br />

27. Das bedeutet, dass <strong>di</strong>e Weiterentwicklung <strong>der</strong><br />

<strong>Gleichstellungspolitik</strong> immer <strong>in</strong> dem Spannungsfeld<br />

„E<strong>in</strong>igung <strong>der</strong> Mitgliedstaaten“ – „Implementierung<br />

e<strong>in</strong>er europäischen Regelung“ – „Umsetzung <strong>in</strong> den<br />

Mitgliedstaaten <strong>in</strong> nationale Gesetze“ stattf<strong>in</strong>det. Und<br />

zur Überprüfung <strong>der</strong> Wirksamkeit bedarf es wie<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Rückmeldung aus den jeweiligen Staaten – viele<br />

Bruchstellen also, an denen unwillige Mitglie<strong>der</strong> Sand<br />

<strong>in</strong>s Getriebe streuen können. Trotzdem wurde ausgehend<br />

von <strong>der</strong> ersten Regelung zur Entgeltgleichheit<br />

Schritt für Schritt <strong>di</strong>e <strong>Gleichstellungspolitik</strong> <strong>der</strong> <strong>EU</strong> aufgebaut.<br />

Instrumente <strong>und</strong> Meilenste<strong>in</strong>e<br />

<strong>der</strong> <strong>EU</strong>-<strong>Gleichstellungspolitik</strong><br />

Das stärkste Instrument s<strong>in</strong>d <strong>di</strong>e <strong>EU</strong>-Richtl<strong>in</strong>ien. Die<br />

Verabschiedung e<strong>in</strong>er solchen Richtl<strong>in</strong>ie ist e<strong>in</strong> Rechtsetzungsakt,<br />

sie muss <strong>in</strong> den Mitgliedstaaten umgesetzt<br />

werden (<strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er bestimmten<br />

Frist). Wird das <strong>ver</strong>säumt, drohen dem jeweiligen<br />

Staat Sanktionen, weil <strong>di</strong>e Nichtumsetzung e<strong>in</strong>e Vertrags<strong>ver</strong>letzung<br />

darstellt. Das können z. B. Strafzahlungen<br />

se<strong>in</strong>. Wichtiger dürfte aber se<strong>in</strong>, dass <strong>der</strong> Inhalt<br />

<strong>der</strong> Richtl<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>klagbar ist – <strong>und</strong> zwar eventuell auch<br />

dann, wenn <strong>der</strong> jeweilige Staat sie noch nicht <strong>in</strong> nationales<br />

Recht überführt hat.<br />

Das Beispiel <strong>der</strong> Richtl<strong>in</strong>ien zur Entgeltgleichheit von<br />

<strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern ist bereits im ersten Absatz ausgeführt,<br />

jüngstes Beispiel ist <strong>di</strong>e Richtl<strong>in</strong>ie zur Entgelttransparenz,<br />

<strong>di</strong>e endgültig im April 2023 <strong>ver</strong>abschiedet<br />

wurde <strong>und</strong> im Juni <strong>in</strong> Kraft trat. Diese umfasst e<strong>in</strong><br />

Recht <strong>der</strong> Arbeitnehmer*<strong>in</strong>nen auf Auskunft über <strong>di</strong>e<br />

Höhe des Entgelts für ihre Tätigkeit im Betrieb, e<strong>in</strong>e<br />

Berichtspflicht für Unternehmen ab 100 Beschäftigten,<br />

bei e<strong>in</strong>em Lohngefälle von mehr als 5% e<strong>in</strong>e Verpflichtung<br />

zu Maßnahmen, z. B. e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Entgeltbewertung<br />

mit <strong>der</strong> Arbeitnehmer*<strong>in</strong>nen-Vertretung.<br />

Arbeitnehmer*<strong>in</strong>nen können ihre Ansprüche aus <strong>der</strong><br />

Richtl<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>klagen, <strong>di</strong>e Beweislast dafür, dass ke<strong>in</strong><br />

Verstoß gegen <strong>EU</strong>-Recht vorliegt, liegt beim Unternehmen.<br />

(www.consilium.europa.eu/de/policies/paytransparency).<br />

Da z. B. das deutsche Entgelttransparenzgesetz<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Punkten h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> <strong>EU</strong>-Richtl<strong>in</strong>ie<br />

zurückbleibt, muss es bis spätestens Juni 2026 nachgebessert<br />

werden.<br />

E<strong>in</strong> weiteres Instrument s<strong>in</strong>d Europaratskonventionen.<br />

Die wohl bekanntesten Beispiele s<strong>in</strong>d <strong>di</strong>e Konvention<br />

zur Verhütung <strong>und</strong> Bekämpfung von Gewalt an Frau-<br />

2


en <strong>und</strong> häuslicher Gewalt („Istanbul-Konvention“),<br />

<strong>di</strong>e im April 2011 <strong>ver</strong>abschiedet wurde.<br />

Inzwischen ist <strong>di</strong>e Konvention von 37 Staaten<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>EU</strong> ratifiziert worden (<strong>in</strong> <strong>der</strong> BRD 2017).<br />

In den letzten Jahren wurde auf <strong>EU</strong>-Ebene das<br />

Thema Bekämpfung von Gewalt an <strong>Frauen</strong> aus<br />

<strong>ver</strong>schiedenen Blickw<strong>in</strong>keln <strong>di</strong>skutiert <strong>und</strong> Maßnahmen<br />

wurden sowohl auf <strong>EU</strong>-Ebene als auch<br />

<strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Mitgliedstaaten beschlossen.<br />

Das Problem ist hier, dass bereits <strong>di</strong>e Erfassung<br />

<strong>der</strong> Daten <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Län<strong>der</strong>n nicht e<strong>in</strong>heitlich<br />

ist. Eurostat arbeitet deshalb an e<strong>in</strong>er<br />

europaweiten Erhebung, <strong>di</strong>e Zahlen werden jedoch<br />

erst <strong>in</strong> <strong>di</strong>esem Jahr <strong>ver</strong>öffentlicht, erst dann<br />

wird e<strong>in</strong>e genauere Bewertung <strong>der</strong> Entwicklung<br />

möglich se<strong>in</strong>.<br />

Statt e<strong>in</strong>zelner Maßnahmen e<strong>in</strong>e<br />

Gesamtstrategie<br />

Seit 2003 wurde jährlich e<strong>in</strong> Gleichstellungsbericht<br />

<strong>der</strong> <strong>EU</strong>-Kommission vorgelegt. Nachdem<br />

2010 das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen<br />

(EIGE) e<strong>in</strong>gerichtet wurde, hat<br />

<strong>di</strong>eses <strong>di</strong>e Aufgabe übernommen <strong>und</strong> <strong>ver</strong>öffentlicht<br />

seit 2013 jährlich e<strong>in</strong>en „Report Geschlechtergerechtigkeit“<br />

(siehe auch Auswertung <strong>der</strong><br />

EIGE-Zahlen 2023 auf Seite 4). Im Europarat<br />

wird das Thema Gleichstellung <strong>in</strong>zwischen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Kommission für Geschlechtergleichstellung<br />

(Gen<strong>der</strong> Equality Commission, GEC) bearbeitet.<br />

Die E<strong>in</strong>richtung <strong>di</strong>eser Kommission war Teil des<br />

ressortübergreifenden Programms zur Gleichstellung<br />

von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern (Trans<strong>ver</strong>sal<br />

Programme for Gen<strong>der</strong> Equality). In e<strong>in</strong>er Pressemitteilung<br />

<strong>der</strong> <strong>EU</strong>-Kommission zu den konkreten,<br />

<strong>ver</strong>b<strong>in</strong>dlichen Maßnahmen für <strong>di</strong>e Gleichstellung<br />

2020-2025 vom 5. März 2020 heißt es:<br />

„Bisher hat ke<strong>in</strong> <strong>EU</strong>-Mitgliedstaat <strong>di</strong>e vollstän<strong>di</strong>ge<br />

Gleichstellung von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern<br />

erreicht. Es werden nur langsam Fortschritte<br />

erzielt, wobei <strong>di</strong>e geschlechtsbe<strong>di</strong>ngten Unterschiede<br />

<strong>in</strong> den Bereichen Beschäftigung, Bezahlung,<br />

Pflege <strong>und</strong> Renten fortbestehen. Um<br />

<strong>di</strong>ese Lücken zu schließen <strong>und</strong> Europa <strong>in</strong> <strong>di</strong>e<br />

Lage zu <strong>ver</strong>setzen, se<strong>in</strong> Potenzial <strong>in</strong> Wirtschaft,<br />

Politik <strong>und</strong> Gesellschaft voll auszuschöpfen, enthält<br />

<strong>di</strong>e Strategie e<strong>in</strong>e Reihe zentraler Maßnahmen,<br />

darunter: Been<strong>di</strong>gung von geschlechtsbezogener<br />

Gewalt <strong>und</strong> Geschlechterstereotypen,<br />

Gewährleistung <strong>der</strong> gleichen Teilhabe <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

gleichen Chancen am Arbeitsmarkt, e<strong>in</strong>schließlich<br />

des gleichen Entgelts, <strong>und</strong> Verwirklichung<br />

e<strong>in</strong>er ausgewogenen Vertretung von <strong>Frauen</strong><br />

<strong>und</strong> Männern <strong>in</strong> Entscheidungspositionen <strong>und</strong><br />

Politik.“<br />

Europa hat endlich den richtigen Umgang mit Zeus<br />

gef<strong>und</strong>en<br />

Dieses Gesamtkonzept f<strong>in</strong>det sich auch wie<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

Entschließungen des Europaparlaments. So heißt<br />

es z. B. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Entschließung vom 5. Juli 2022 zur<br />

<strong>Frauen</strong>armut <strong>in</strong> Europa: „Das Europäische Parlament,<br />

(…) <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erwägung, dass das Armutsgefälle<br />

zwischen <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern seit 2017<br />

<strong>in</strong> 21 Mitgliedstaaten größer geworden ist (…),<br />

for<strong>der</strong>t <strong>di</strong>e Kommission <strong>und</strong> <strong>di</strong>e Mitgliedstaaten<br />

nachdrücklich dazu auf, <strong>di</strong>e Ungleichbehandlung,<br />

<strong>di</strong>e <strong>Frauen</strong> erfahren, durch <strong>di</strong>e Bekämpfung ihrer<br />

Hauptkomponenten anzugehen, d. h. durch <strong>di</strong>e<br />

Bekämpfung <strong>der</strong> H<strong>in</strong><strong>der</strong>nisse auf dem Arbeitsmarkt<br />

sowie <strong>der</strong> H<strong>in</strong><strong>der</strong>nisse beim Zugang zu<br />

erschw<strong>in</strong>glichen hochwertigen Diensten, wie K<strong>in</strong><strong>der</strong>betreuung<br />

<strong>und</strong> langfristigen Pflege<strong>di</strong>ensten,<br />

<strong>und</strong> den Zugang zu öffentlichen Rentensystemen<br />

für Selbstän<strong>di</strong>ge, Nichterwerbstätige, Arbeitslose<br />

(Kurzzeit- o<strong>der</strong> Langzeitarbeitslose) o<strong>der</strong> Personen<br />

<strong>in</strong> atypischen Beschäftigungs<strong>ver</strong>hältnissen zu<br />

för<strong>der</strong>n; (...)“ (2023/C 47/01)<br />

Auch wenn es noch längst nicht <strong>in</strong> allen Bereichen<br />

funktioniert: Der Versuch, Gleichstellung <strong>in</strong> jedem<br />

Ressort mitzudenken <strong>und</strong> durch regelmäßige Berichte<br />

<strong>und</strong> Erhebungen mess- bzw. nachprüfbar zu<br />

machen, ist e<strong>in</strong> guter Ansatz, <strong>der</strong> hoffentlich nach<br />

den Wahlen im Juni weitergeführt wird.<br />

Fazit<br />

Die Politik <strong>der</strong> Europäischen Union mag uns<br />

weit weg <strong>und</strong> sehr bürokratisch <strong>und</strong> abstrakt ersche<strong>in</strong>en.<br />

Aber gerade im Bereich „Gleichstellung“<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den letzten Jahr(zehnt)en e<strong>in</strong>ige<br />

wichtige Anstöße aus <strong>der</strong> <strong>EU</strong> gekommen. Und<br />

das bedeutet: Wenn wir uns gegen Rechtsruck<br />

<strong>und</strong> frauenpolitische Rollbacks stemmen wollen,<br />

ist gerade auch <strong>der</strong> rechtliche <strong>und</strong> politische<br />

Rahmen <strong>der</strong> <strong>EU</strong> für uns nicht zu unterschätzen!<br />

Cor<strong>in</strong>na Poll<br />

3


<strong>Frauen</strong> <strong>in</strong> Europa <strong>in</strong> Zahlen<br />

Auswertung des Gleichstellungs<strong>in</strong>dex 2023<br />

Im Län<strong>der</strong><strong>ver</strong>gleich liegt Schweden bei <strong>der</strong> Gesamtbewertung<br />

mit 82,2 von 100 möglichen<br />

Punkten ganz vorn, Deutschland (70,8) liegt<br />

knapp über dem <strong>EU</strong>-Durchschnitt (70,2), das<br />

Schlusslicht s<strong>in</strong>d Ungarn (57,3) <strong>und</strong> Rumänien<br />

(56,1). Damit wurde beim <strong>EU</strong>-Durchschnittswert<br />

zum ersten Mal <strong>di</strong>e 70-Punkte-Marke übertroffen,<br />

e<strong>in</strong>e Steigerung um 1,6 Punkte. Aller<strong>di</strong>ngs<br />

kann festgestellt werden, dass <strong>di</strong>e Län<strong>der</strong>, <strong>di</strong>e<br />

bereits e<strong>in</strong>en relativ hohen Standard erreicht<br />

haben, nur noch sehr langsam vorankommen,<br />

während Län<strong>der</strong> mit e<strong>in</strong>em niedrigeren Ausgangslevel<br />

e<strong>in</strong>e sehr viel schnellere Steigerung<br />

erreichen. So f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e Angleichung <strong>der</strong> Situation<br />

<strong>in</strong> den Mitgliedstaaten statt.<br />

Positiv ist, dass <strong>der</strong> höchste Wert im Bereich<br />

Ges<strong>und</strong>heit erreicht wird (88,5), <strong>und</strong> hier <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Kategorie „Zugang zu Ges<strong>und</strong>heitsleistungen“<br />

(97,3). An<strong>der</strong>erseits ist <strong>di</strong>es <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>zige Sektor, <strong>in</strong> dem seit <strong>der</strong> letzten Ausgabe<br />

e<strong>in</strong> Rückgang (um 0,2 Punkte) zu <strong>ver</strong>zeichnen<br />

ist.<br />

E<strong>in</strong> großes Manko ist das Fehlen von Vergleichszahlen<br />

zum Themenkomplex Gewalt.<br />

Um <strong>di</strong>e Datenerfassung <strong>der</strong> Mitgliedstaaten zu<br />

<strong>ver</strong>e<strong>in</strong>heitlichen, arbeiten <strong>di</strong>e Agentur <strong>der</strong> Europäischen<br />

Union für Gr<strong>und</strong>rechte (FRA) <strong>und</strong> das<br />

Europäische Institut für Gleichstellungsfragen<br />

(EIGE) zusammen an e<strong>in</strong>er Erhebung, <strong>der</strong>en<br />

Ergebnisse jedoch erst <strong>in</strong> den Gleichstellungs<strong>in</strong>dex<br />

<strong>2024</strong> e<strong>in</strong>fließen wirwerden.<br />

Deutschland liegt über dem <strong>EU</strong>-Durchschnitt<br />

<strong>und</strong> macht überdurchschnittliche Fortschritte.<br />

Nur im Bereich Zeitaufwand für Care-Aktivitäten<br />

ist <strong>di</strong>e BRD zurückgefallen, <strong>und</strong> zwar von Platz<br />

10 auf Platz 19.<br />

Die e<strong>in</strong>zige Zahl zum Thema Gewalt, <strong>di</strong>e <strong>der</strong> Index<br />

2023 für Deutschland <strong>ver</strong>öffentlicht, ist <strong>di</strong>e<br />

<strong>der</strong> Femizide: In Deutschland s<strong>in</strong>d 121 <strong>Frauen</strong><br />

von ihren Partnern <strong>und</strong> 86 <strong>Frauen</strong> von e<strong>in</strong>em Familienmitglied<br />

getötet worden (Eurostat 2021).<br />

Der Fokus des Reports 2023 lag auf dem europäischen<br />

„Green Deal“ <strong>und</strong> den Auswirkungen<br />

bzw. Positionen von <strong>Frauen</strong> dabei. Dabei ist e<strong>in</strong><br />

wesentliches Fazit, dass sich <strong>Frauen</strong> zwar öfter<br />

als Männer für umweltfre<strong>und</strong>liche Optionen<br />

aussprechen, dass sie aber sowohl <strong>in</strong> den Entscheidungsgremien<br />

als auch bei den materiellen<br />

Möglichkeiten weniger E<strong>in</strong>fluss auf <strong>di</strong>e tatsächliche<br />

Entwicklung haben. An<strong>der</strong>erseits s<strong>in</strong>d gerade<br />

alle<strong>in</strong>erziehende <strong>Frauen</strong> eher von hohen<br />

Flaggen vor dem Europa-Parlament <strong>in</strong> Brüssel<br />

© Sébastien Bertrand, wikime<strong>di</strong>a commons<br />

Energiekosten betroffen, können z. B. ihre Wohnung<br />

nicht adäquat beheizen. E<strong>in</strong>e stärkere E<strong>in</strong>beziehung<br />

von <strong>Frauen</strong> <strong>in</strong> den Transformationsprozess<br />

käme <strong>in</strong>sofern allen zugute.<br />

Cor<strong>in</strong>na Poll<br />

https://eige.europa.eu/gen<strong>der</strong>-equality-<strong>in</strong>dex/2023<br />

European Institute for Gen<strong>der</strong> Equality (EIGE)<br />

„Wir s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> unabhängiges Zentrum <strong>und</strong> <strong>di</strong>e wichtigste Informationsquelle zur Geschlechtergleichstellung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Europäischen Union. Wir tragen dazu bei, <strong>di</strong>e Europäische Union zu e<strong>in</strong>er Union<br />

<strong>der</strong> Gleichheit zu machen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männer, Mädchen <strong>und</strong> Jungen <strong>in</strong> all ihrer Vielfalt <strong>di</strong>e<br />

Freiheit haben, ihren gewählten Lebensweg zu <strong>ver</strong>folgen, gleiche Chancen auf Erfolg haben <strong>und</strong><br />

gleichberechtigt an unseren Gesellschaften teilnehmen <strong>und</strong> <strong>di</strong>ese führen können. Das e<strong>in</strong>zigartige<br />

Fachwissen, <strong>di</strong>e Forschung, <strong>di</strong>e Daten <strong>und</strong> <strong>di</strong>e Tools des EIGE helfen politischen Entscheidungsträgern<br />

bei <strong>der</strong> Entwicklung von Maßnahmen, <strong>di</strong>e <strong>in</strong>klusiv <strong>und</strong> transformativ s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> <strong>di</strong>e Gleichstellung<br />

<strong>der</strong> Geschlechter <strong>in</strong> allen Lebensbereichen för<strong>der</strong>n. Wir kommunizieren unser Fachwissen<br />

effektiv <strong>und</strong> arbeiten eng mit Partnern zusammen, um das Bewusstse<strong>in</strong> auf <strong>EU</strong>- <strong>und</strong> nationaler<br />

Ebene sowie <strong>in</strong> <strong>EU</strong>-Kan<strong>di</strong>datenlän<strong>der</strong>n <strong>und</strong> potenziellen Kan<strong>di</strong>datenlän<strong>der</strong>n zu schärfen.“<br />

(EIGE-Selbstdarstellung <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>leitung des Gen<strong>der</strong> Equality Index 2023)<br />

4


Heute zeigt sich jedoch e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Bild. Lange<br />

Zeit stand <strong>di</strong>e Rechte schlichtweg nicht für <strong>di</strong>e<br />

europäische Integration. Rechtsra<strong>di</strong>kale Parteien<br />

konnten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit zwar immer wie<strong>der</strong><br />

Störaktionen gegen <strong>di</strong>e <strong>EU</strong> starten, sie aber<br />

nicht aktiv <strong>und</strong> konstruktiv mitgestalten. Doch <strong>di</strong>e<br />

Macht<strong>ver</strong>hältnisse haben sich <strong>ver</strong>schoben. Es gibt<br />

<strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong>e Reihe rechtsgerichteter Regierungen<br />

<strong>in</strong> <strong>EU</strong>-Län<strong>der</strong>n, wir erleben <strong>in</strong> vielen europäischen<br />

Staaten e<strong>in</strong> Erstarken des Autoritarismus,<br />

e<strong>in</strong>e neue <strong>ver</strong>schärfte Form des Antifem<strong>in</strong>ismus,<br />

hemmungslosen Populismus <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e bestürzende<br />

Auslän<strong>der</strong>fe<strong>in</strong>dlichkeit. Auch <strong>in</strong> den Staaten,<br />

<strong>in</strong> denen <strong>di</strong>e ra<strong>di</strong>kale Rechte (noch) ke<strong>in</strong>e <strong>di</strong>rekte<br />

Regierungsbeteiligung hat, treibt sie dennoch <strong>di</strong>e<br />

Regierungen nach rechts. 1 Und <strong>di</strong>ese Situation <strong>in</strong><br />

den Nationalstaaten wirkt sich <strong>di</strong>rekt auf <strong>di</strong>e anstehenden<br />

Wahlen zum <strong>EU</strong>-Parlament im Juni <strong>di</strong>eses<br />

Jahres aus.<br />

In Deutschland bef<strong>in</strong>det sich <strong>di</strong>e AfD im Umfragehoch<br />

<strong>und</strong> will im nächsten Europaparlament<br />

Macht ausüben. Auch <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en <strong>EU</strong>-Staaten s<strong>in</strong>d<br />

Rechtspopulisten <strong>und</strong> Rechtsextreme erfolgreich.<br />

Und sie kooperieren mittlerweile sehr effektiv mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>,<br />

ja, sie <strong>di</strong>ktieren teilweise schon <strong>di</strong>e Be<strong>di</strong>ngungen,<br />

z. B. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Migrationspolitik (siehe<br />

auch Seiten 6 <strong>und</strong> 7 <strong>di</strong>eser Ausgabe). E<strong>in</strong>e rechtsra<strong>di</strong>kale<br />

<strong>EU</strong> ist plötzlich möglich <strong>und</strong> denkbar.<br />

1<br />

siehe auch <strong>quer</strong> 1/2023, Seiten 8 <strong>und</strong> 9<br />

Rechtsruck <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>EU</strong><br />

Lange Zeit galt es als unvorstellbar, dass <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> <strong>EU</strong> rechte Kräfte dom<strong>in</strong>ieren<br />

könnten. Schließlich galten sie als nationalistisch – das schien e<strong>in</strong> Wi<strong>der</strong>spruch zu<br />

se<strong>in</strong>. Denn <strong>di</strong>e <strong>EU</strong> wurde schließlich auch mit dem Anspruch gegründet, Nationalismus<br />

zu überw<strong>in</strong>den <strong>und</strong> kriegerische Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen zwischen Nationalstaaten<br />

zu <strong>ver</strong>h<strong>in</strong><strong>der</strong>n.<br />

Was bedeutet das für <strong>di</strong>e Europawahl <strong>2024</strong>?<br />

Die Wahlen zum Europäischen Parlament blieben<br />

bisher weitgehend „27 nationale Kampagnen<br />

<strong>und</strong> 27 nationale Wahlen“. „Es ist (nach wie vor)<br />

e<strong>in</strong> Problem, dass viele Menschen nicht wirklich<br />

wissen, was das Parlament tut. Es s<strong>in</strong>d Wahlen,<br />

<strong>der</strong>en Zweck viele nicht erkennen, für e<strong>in</strong>e Institution,<br />

<strong>der</strong>en Rolle nur wenige vollstän<strong>di</strong>g <strong>ver</strong>stehen;<br />

e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ternationale Abstimmung, <strong>di</strong>e von<br />

Wählern immer noch <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie unter nationalen<br />

Gesichtspunkten betrachtet wird <strong>und</strong> <strong>in</strong><strong>der</strong><br />

sie vor allem e<strong>in</strong>e risikoarme Möglichkeit sehen,<br />

nationalen Frustrationen Luft zu machen.“ 2<br />

Aber <strong>in</strong> fast e<strong>in</strong>em Dutzend <strong>EU</strong>-Mitgliedstaaten<br />

s<strong>in</strong>d rechtsextreme Parteien an <strong>der</strong> Regierung<br />

o<strong>der</strong> liegen <strong>in</strong> den Umfragen auf Platz e<strong>in</strong>s o<strong>der</strong><br />

zwei. Diese Umfragen deuten darauf h<strong>in</strong>, dass<br />

<strong>di</strong>e Anti-Islam-Partei von Geert Wil<strong>der</strong>s jetzt<br />

noch mehr Sitze gew<strong>in</strong>nen würde als bei den<br />

Wahlen <strong>in</strong> den Nie<strong>der</strong>landen im November, <strong>und</strong><br />

Mar<strong>in</strong>e Le Pens Rassemblement National (RN)<br />

liegt mit 28% zehn Punkte vor Emmanuel Macrons<br />

zentristischem Bündnis. Giorgia Melonis<br />

Brü<strong>der</strong> Italiens bleiben <strong>in</strong> den Umfragen mit 29%<br />

deutlich vorne, <strong>di</strong>e österreichische FPÖ liegt bei<br />

30%, <strong>und</strong> <strong>in</strong> Deutschland gewann <strong>di</strong>e AfD im<br />

Dezember ihre zweite Kommunalwahl <strong>in</strong>nerhalb<br />

2<br />

Georg<strong>in</strong>a Wright, Senior Fellow am Pariser Th<strong>in</strong>ktank<br />

Institut Montaigne<br />

von sechs Monaten <strong>und</strong> liegt mit 22% auf dem<br />

zweiten Platz.<br />

Es ist schwierig, <strong>di</strong>e Ergebnisse <strong>der</strong> Wahlen zum<br />

Europäischen Parlament vorherzusagen, da sich<br />

<strong>di</strong>e beiden Organisationen, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>es tun – Politico<br />

Europe <strong>und</strong> Europe Elects – auf Extrapolationen<br />

aus nationalen Umfragen stützen <strong>und</strong> sich <strong>di</strong>e<br />

Wähler*<strong>in</strong>nen bei <strong>der</strong> Europawahl oft unterschiedlich<br />

<strong>ver</strong>halten. Beide Umfragen prognostizieren<br />

jedoch e<strong>in</strong>en klaren Zuwachs für <strong>di</strong>e rechtsextreme<br />

Fraktion Identität <strong>und</strong> Demokratie (ID), zu<br />

<strong>der</strong> AfD, RN, FPÖ <strong>und</strong> Matteo Salv<strong>in</strong>is Lega gehören,<br />

<strong>und</strong> <strong>di</strong>ese könnte mit mehr als 85 Sitzen<br />

gestärkt daraus hervorgehen. Die Europäischen<br />

Konservativen <strong>und</strong> Reformisten (EKR), zu denen<br />

<strong>di</strong>e polnische Partei „Recht <strong>und</strong> Gerechtigkeit“<br />

(PiS), <strong>di</strong>e Brü<strong>der</strong> Italiens, <strong>di</strong>e F<strong>in</strong>nen-Partei, <strong>di</strong>e<br />

Schwedendemokraten <strong>und</strong> <strong>di</strong>e spanische Vox<br />

gehören, dürften ebenfalls zulegen <strong>und</strong> von 61<br />

auf etwa 80 Abgeordnete kommen. 3<br />

Das s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e guten Aussichten!<br />

Dagmar Fries<br />

3<br />

Quelle: Jon Henley, The Guar<strong>di</strong>an, 24.01.<strong>2024</strong><br />

5


Europäische Werte:<br />

Schutz vor geschlechtsspezifischer<br />

Gewalt <strong>und</strong> <strong>ver</strong>schärfte Asylgesetze<br />

Die Europäische Union trat im Juni 2023 <strong>der</strong> Istanbul-Konvention bei <strong>und</strong> beschloss<br />

im Dezember 2023 e<strong>in</strong>en „Asylkompromiss“. Was heißt das für Menschen auf <strong>der</strong><br />

Flucht, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für <strong>Frauen</strong>, Mädchen <strong>und</strong> queere Personen?<br />

Groß war <strong>di</strong>e Freude, als <strong>di</strong>e <strong>EU</strong> am 1. Juni 2023<br />

offiziell ihren Beitritt zum „Übere<strong>in</strong>kommen des<br />

Europarats zur Verhütung <strong>und</strong> Bekämpfung von<br />

Gewalt gegen <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> häuslicher Gewalt“<br />

(kurz: Istanbul-Konvention) <strong>ver</strong>kündete. Damit<br />

ist nun e<strong>in</strong> umfassen<strong>der</strong> Schutz von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong><br />

Mädchen vor Gewalt auf gesamteuropäischer<br />

Ebene gesetzlich <strong>ver</strong>ankert. Es wird anerkannt,<br />

dass Gewalt gegen <strong>Frauen</strong> e<strong>in</strong>e Menschenrechts<strong>ver</strong>letzung<br />

darstellt, <strong>di</strong>e <strong>in</strong> allen Mitgliedstaaten<br />

<strong>ver</strong>h<strong>in</strong><strong>der</strong>t, strafrechtlich <strong>ver</strong>folgt <strong>und</strong><br />

beseitigt werden soll. Wichtig ist dabei, dass <strong>der</strong><br />

Schutz <strong>der</strong> Istanbul-Konvention ausdrücklich für<br />

alle <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Mädchen gilt <strong>und</strong> <strong>di</strong>skrim<strong>in</strong>ierungsfrei<br />

umzusetzen ist – auch für asylsuchende,<br />

auch für solche ohne Aufenthaltsrecht, betont<br />

das „Bündnis Istanbul-Konvention“ (BIK),<br />

dem zahlreiche <strong>Frauen</strong>- <strong>und</strong> Migrationsorganisationen<br />

angehören.<br />

Doch <strong>di</strong>e Freude währte nur kurz. Nur e<strong>in</strong>e Woche<br />

nach dem Beitritt zur Istanbul-Konvention<br />

<strong>ver</strong>stän<strong>di</strong>gten sich <strong>di</strong>e Innenm<strong>in</strong>ister*<strong>in</strong>nen im<br />

<strong>EU</strong>-Rat am 8. Juni 2023 auf e<strong>in</strong>e Reform des<br />

„Geme<strong>in</strong>samen Europäischen Asylsystems“<br />

(GEAS), <strong>di</strong>e den Schutz vor Gewalt genau <strong>in</strong>s<br />

Gegenteil <strong>ver</strong>kehrt: durch e<strong>in</strong>e drastische Verschärfung<br />

des Asylrechts, <strong>di</strong>e völkerrechtliche<br />

Bestimmungen <strong>und</strong> <strong>di</strong>e Menschenrechte von<br />

Geflüchteten aushebelt. Schon an den <strong>EU</strong>-Außengrenzen<br />

sollen „irreguläre“ Geflüchtete <strong>in</strong><br />

Lagern h<strong>in</strong>ter Zäunen festgehalten <strong>und</strong> <strong>in</strong> „Sichere<br />

Drittstaaten“ abgeschoben werden können,<br />

wenn ihr Asylgesuch wenig Aussicht auf<br />

Erfolg hat. Allen zivilgesellschaftlichen Kritiken<br />

<strong>und</strong> Protesten zum Trotz e<strong>in</strong>igten sich <strong>EU</strong>-Staaten<br />

<strong>und</strong> <strong>EU</strong>-Parlament am 20. Dezember 2023<br />

schließlich auf e<strong>in</strong>en „Kompromiss“, <strong>der</strong> Geflüchtete<br />

zu e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong>en „Verhandlungsmasse“<br />

für e<strong>in</strong>e „gerechtere Verteilung“ <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong><br />

<strong>EU</strong> macht. Von Menschenwürde, <strong>in</strong><strong>di</strong>viduellen<br />

Syrisches Flüchtl<strong>in</strong>gsk<strong>in</strong>d, 2014<br />

© Beng<strong>in</strong> Ahmad, wikime<strong>di</strong>a commons<br />

Fluchtgründen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em humanen Asylrecht ist<br />

nicht mehr <strong>di</strong>e Rede.<br />

Wen trifft es beson<strong>der</strong>s hart?<br />

Für Geflüchtete <strong>in</strong> den <strong>EU</strong>-Auffanglagern s<strong>in</strong>d<br />

„Grenz<strong>ver</strong>fahren“ vorgesehen. Bis zur Klärung<br />

ihres Asylanspruchs sollen sie dort wochenlang<br />

unter haftähnlichen Be<strong>di</strong>ngungen leben – mit<br />

e<strong>in</strong>geschränkten Rechtschutzmöglichkeiten <strong>und</strong><br />

fehlendem Zugang zu Beratung bzw. ohne adäquate<br />

me<strong>di</strong>z<strong>in</strong>ische o<strong>der</strong> psychologische Betreuung.<br />

Laut BIK ist damit zu rechnen, dass<br />

auch beson<strong>der</strong>s „vulnerable“ Gruppen wie<br />

Schwangere, Stillende o<strong>der</strong> alle<strong>in</strong>stehende Mütter<br />

mit K<strong>in</strong><strong>der</strong>n, Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te, Opfer von Folter<br />

<strong>und</strong> queere Menschen solche Grenz<strong>ver</strong>fahren<br />

durchlaufen müssen – ohne ihre Schutzbedürftigkeit<br />

<strong>und</strong> Fluchtgründe (gen<strong>der</strong>-)sensibel zu<br />

prüfen. Sie f<strong>in</strong>den <strong>in</strong> den Massenlagern ke<strong>in</strong>e<br />

sicheren Rückzugsräume <strong>und</strong> erleben häufig erneut<br />

Gewalt.<br />

Auch das Konzept <strong>der</strong> „Sicheren Drittstaaten“<br />

bedeutet e<strong>in</strong>e dramatische Verschlechterung für<br />

Geflüchtete, <strong>di</strong>e Schutz <strong>und</strong> Sicherheit <strong>in</strong> Europa<br />

suchen. Denn es steht jedem <strong>EU</strong>-Staat frei<br />

zu def<strong>in</strong>ieren, was e<strong>in</strong> „Sicherer Drittstaat“ ist.<br />

Wenn e<strong>in</strong> solcher auf <strong>der</strong> Fluchtroute lag, werden<br />

Asylsuchende dorth<strong>in</strong> abgeschoben, selbst<br />

wenn ihnen Verfolgung droht. Das alles wi<strong>der</strong>spricht<br />

den Vorschriften <strong>der</strong> Istanbul-Konvention<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Genfer Flüchtl<strong>in</strong>gskonvention.<br />

„Diese Beschlüsse werden ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges Problem<br />

lösen, aber das Leid, <strong>di</strong>e Entrechtung <strong>und</strong><br />

das massenhafte Sterben von Schutzsuchenden<br />

an den <strong>EU</strong>-Außengrenzen <strong>ver</strong>schärfen. Ke<strong>in</strong>e<br />

Reform wäre besser gewesen als <strong>di</strong>ese Reform“,<br />

erklärte <strong>di</strong>e L<strong>in</strong>ken-Abgeordnete Clara<br />

6


Bünger zum Abschluss <strong>der</strong> Verhandlungen über<br />

<strong>di</strong>e GEAS-Reform <strong>in</strong> Brüssel.<br />

Asylrechts<strong>ver</strong>schärfung als Beleg für<br />

den Rechtsruck <strong>in</strong> Europa<br />

Seit Monaten kreist <strong>di</strong>e Debatte um e<strong>in</strong>e Begrenzung<br />

„irregulärer“ Migration. Asylsuchende sollen<br />

draußen bleiben o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Lager deportiert werden.<br />

Flüchtl<strong>in</strong>gs-Deals mit autokratischen Regierungen,<br />

<strong>di</strong>e sich für <strong>di</strong>e „Rückführung“ abgeschobener<br />

Menschen von <strong>der</strong> <strong>EU</strong> bezahlen lassen, brutale<br />

Pushbacks <strong>und</strong> <strong>di</strong>e Krim<strong>in</strong>alisierung von<br />

Seenotrettern zeigen, dass „fliehende Menschen<br />

(…) unter <strong>di</strong>e Rä<strong>der</strong> des Rechtsrucks kommen.<br />

Doch <strong>di</strong>ese fatale (GEAS-)E<strong>in</strong>igung dürfte nur e<strong>in</strong><br />

erster Schritt se<strong>in</strong>, <strong>der</strong> Menschenrechte <strong>und</strong><br />

Rechtsstaatlichkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>EU</strong> untergräbt“, sagt<br />

<strong>di</strong>e rechtspolitische Sprecher<strong>in</strong> von Pro Asyl.<br />

Die Melonis <strong>und</strong> Orbans haben sich durchgesetzt.<br />

In Italien gibt es Pläne für Abschiebelager<br />

<strong>in</strong> Albanien, Großbritannien hat Ruanda im Visier<br />

<strong>und</strong> <strong>di</strong>e AfD hat e<strong>in</strong>en Geheimplan zur „Remigration“<br />

von Menschen aus Deutschland ausgeheckt.<br />

Doch auch <strong>di</strong>e B<strong>und</strong>esregierung ist <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Debatte um Migrationsbegrenzung <strong>und</strong> Abschiebungen<br />

vor den For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> politisch<br />

Rechten e<strong>in</strong>geknickt.<br />

Quellen:<br />

Walburga Rempe<br />

Bündnis Istanbul-Konvention (BIK): Geme<strong>in</strong>sames<br />

Statement zu den Konsequenzen des geplanten<br />

Asylkompromisses. Juli 2023. (buendnis.ik@bv-bff.<br />

de. <strong>in</strong>fo@damigra.de)<br />

Hasso Suliak <strong>und</strong> Sev<strong>in</strong>c Onart: E<strong>in</strong>igung auf <strong>EU</strong>-<br />

Asylrechtsreform löst heftige Kontro<strong>ver</strong>se aus. In: Legal<br />

Tribune Onl<strong>in</strong>e (LTO), 20.12.23<br />

Geme<strong>in</strong>sam gegen Rechtsextremismus<br />

<strong>ver</strong>.<strong>di</strong> ruft zusammen mit ihren Schwestergewerkschaften des DGB <strong>und</strong> weiteren Bündnispartnern wie Fridays<br />

for Future <strong>und</strong> dem Netzwerk „Hand <strong>in</strong> Hand“ zu b<strong>und</strong>esweiten Demonstrationen gegen <strong>di</strong>e AfD <strong>und</strong> rechte<br />

Extremisten auf. Die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts begrüßt <strong>ver</strong>.<strong>di</strong> <strong>in</strong> <strong>di</strong>esem Zusammenhang ausdrücklich.<br />

Wer gleiche Bürgerrechte genießt, kann auch politisch mitentscheiden!<br />

Wir lassen uns unsere Demokratie nicht kaputtmachen! Wir s<strong>in</strong>d solidarisch mit allen Menschen <strong>in</strong> Deutschland<br />

– egal ob mit o<strong>der</strong> ohne Migrationsgeschichte, egal welcher Herkunft, Hautfarbe, Religion o<strong>der</strong> Weltanschauung.<br />

Wir gehören zusammen! Auszug aus dem <strong>ver</strong>.<strong>di</strong>-Aufruf vom 26. Januar <strong>2024</strong><br />

Wie stark ist <strong>der</strong> rechte Flügel des Europaparlaments?<br />

Derzeit gibt es im Europaparlament (EP) zwei Fraktionen, <strong>di</strong>e dem rechten Spektrum zuzuordnen s<strong>in</strong>d: <strong>di</strong>e<br />

EKR-Fraktion <strong>und</strong> <strong>di</strong>e ID-Fraktion. Die EKR (Europäische Konservative <strong>und</strong> Reformer) stellt 66 Abge: ordnete:<br />

Rechtskonservative, Nationalisten <strong>und</strong> Rechtspopulisten, <strong>di</strong>e 20 <strong>ver</strong>schiedenen Parteien <strong>in</strong> 16 Mitgliedstaaten<br />

<strong>der</strong> Europäischen Union angehören.<br />

Das klare Kraftzentrum <strong>di</strong>eser Fraktion s<strong>in</strong>d <strong>di</strong>e 24 Abgeordneten <strong>der</strong> Partei PiS (Recht <strong>und</strong> Gerechtigkeit),<br />

<strong>di</strong>e bis vor kurzem <strong>in</strong> Polen <strong>di</strong>e Regierung stellte. Mit neun Abgeordneten s<strong>in</strong>d <strong>di</strong>e Fratelli d‘Italia (Brü<strong>der</strong><br />

Italiens) <strong>di</strong>e zweitgrößte nationale Delegation.<br />

Die zweite Fraktion des rechten Spektrums ist <strong>di</strong>e ID (Identität <strong>und</strong> Demokratie). Sie umfasst <strong>der</strong>zeit 62<br />

rechtspopulistische <strong>und</strong> rechtsextreme Abgeordnete aus acht Mitgliedstaaten. Die stärkste nationale Delegation<br />

stellen <strong>di</strong>e 25 Abgeordneten <strong>der</strong> italienischen Lega, gefolgt von Mar<strong>in</strong>e Le Pens Rassemblement National<br />

mit 18 Abgeordneten. Auch <strong>di</strong>e AfD (Alternative für Deutschland) mit ihren neun Europaabgeordneten<br />

gehört <strong>der</strong> ID-Fraktion an, ebenso wie <strong>di</strong>e FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs) mit neun Abgeordneten.<br />

Quelle: Peter Kapern, Deutschlandfunk vom 23. November 2023<br />

7


Starke <strong>Frauen</strong>?!<br />

Warum e<strong>in</strong> über 80 Jahre altes Plakat so aktuell ist<br />

John Howard<br />

Miller 1949,<br />

restored and ©<br />

Adam Cuerden,<br />

wikime<strong>di</strong>a commons<br />

„We can do it“ – den Spruch <strong>und</strong> das Bild von<br />

Rosie, <strong>der</strong> Arbeiter<strong>in</strong> mit hochgekrempeltem Ärmel<br />

<strong>und</strong> rotem Kopftuch, kennt <strong>ver</strong>mutlich jede<br />

von uns. „Wir schaffen es“, denn wir <strong>Frauen</strong><br />

s<strong>in</strong>d ja stark. Zum<strong>in</strong>dest <strong>ver</strong>langt man es von<br />

uns. „Starke <strong>Frauen</strong>“, <strong>di</strong>e den Alltag <strong>und</strong> berufliche<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen vorbildlich meistern, <strong>di</strong>e als<br />

Rollenmodell <strong>di</strong>enen <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e zu ähnlichen<br />

Glanzleistungen <strong>in</strong>spirieren, begegnen uns wie<strong>der</strong><br />

stän<strong>di</strong>g <strong>und</strong> überall: <strong>in</strong> Artikeln, Filmen <strong>und</strong><br />

Werbeclips, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Politik <strong>und</strong> <strong>der</strong> Wirtschaft.<br />

Und bei all dem bewahren „starke <strong>Frauen</strong>“ ihre<br />

Weiblichkeit, s<strong>in</strong>d hübsch <strong>und</strong> gepflegt. Wie Rosie<br />

the Riveter (deutsch <strong>di</strong>e Nieter<strong>in</strong>). Doch wie<br />

sieht <strong>di</strong>e Realität aus?<br />

Werbekampagne für <strong>di</strong>e Rüstungs<strong>in</strong>dustrie<br />

Das Plakat entstand im Zuge e<strong>in</strong>er Werbekampagne<br />

zur Mobilisierung von <strong>Frauen</strong> für<br />

<strong>di</strong>e Rüstungs<strong>in</strong>dustrie, als <strong>di</strong>e USA 1941 <strong>in</strong> den<br />

Zweiten Weltkrieg e<strong>in</strong>traten. Unter dem Motto:<br />

„Wer e<strong>in</strong>en Elektromixer be<strong>di</strong>enen kann, kann<br />

auch mit e<strong>in</strong>em Bohrer umgehen“, wurde gezielt<br />

um Hausfrauen geworben. Dies führte zu<br />

e<strong>in</strong>em rasanten Anstieg <strong>der</strong> Zahl werktätiger<br />

<strong>Frauen</strong>. Viele nutzten <strong>di</strong>e Chance, von prekären<br />

Jobs als Büro- o<strong>der</strong> Haushaltshilfe <strong>in</strong> <strong>di</strong>e sehr<br />

gut zahlende Rüstungs<strong>in</strong>dustrie zu wechseln.<br />

Dort übernahmen Tausende <strong>Frauen</strong> klassische<br />

„knochenharte“ Männerjobs <strong>in</strong> <strong>der</strong> Produktion,<br />

z. B. Arbeiten mit dem schweren Druckluft-Niethammer<br />

<strong>in</strong> Flugzeugfabriken. Es war trotzdem<br />

„selten, dass ihnen genauso viel bezahlt wurde<br />

wie den Männern, aber sie wurden deutlich<br />

besser als zuvor entlohnt“. 1 Rosie the Riveter ist<br />

e<strong>in</strong>e Kunstfigur, <strong>di</strong>e John Howard Miller aus <strong>ver</strong>schiedenen<br />

Vorlagen schuf <strong>und</strong> <strong>di</strong>e zur personifizierten<br />

Patriot<strong>in</strong> <strong>und</strong> Ikone wurde, obwohl das<br />

Orig<strong>in</strong>alplakat nur wenige Tage im West<strong>in</strong>ghouse-Konzern<br />

h<strong>in</strong>g <strong>und</strong> dann für Jahrzehnte <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Versenkung <strong>ver</strong>schwand.<br />

Fem<strong>in</strong>istisches Symbol?<br />

Erst <strong>in</strong> den 1980er Jahren fand das Plakat millionenfache<br />

Verbreitung, als S<strong>in</strong>nbild für Arbeiter<strong>in</strong>nen,<br />

<strong>di</strong>e e<strong>in</strong> großes wirtschaftliches Potenzial<br />

darstellen <strong>und</strong> zeigen können, was <strong>in</strong> ihnen<br />

steckt, wenn Männer ihnen nicht im Weg stehen.<br />

In Frankreich gründeten <strong>Frauen</strong> aus <strong>der</strong> Attac-Bewegung<br />

2019 das fem<strong>in</strong>istische Kollektiv<br />

„Les Rosies“, das für soziale Rechte kämpft. Bei<br />

1<br />

Peter Liebhold, zitiert nach Gernot Kramper<br />

(Stern-onl<strong>in</strong>e, 19.07.22)<br />

ihren öffentlichkeitswirksamen „Flashmobs“ <strong>und</strong><br />

Tanze<strong>in</strong>lagen, zuletzt bei e<strong>in</strong>er großen Demo gegen<br />

<strong>di</strong>e Rentenreform am 7. März 2023, tragen<br />

sie das typische Rosie-Outfit (blauer O<strong>ver</strong>all,<br />

rot-weiß gepunktetes Bandana) <strong>und</strong> dazu gelbe<br />

Gummihandschuhe, um auf prekäre Arbeits<strong>ver</strong>hältnisse,<br />

unbezahlte Hausarbeit <strong>und</strong> drohende<br />

Altersarmut h<strong>in</strong>zuweisen.<br />

Rosie mit ihrer zeitlosen Ästhetik, sagt <strong>di</strong>e Journalist<strong>in</strong><br />

Cather<strong>in</strong>e Mallaval 2 , bietet <strong>Frauen</strong> e<strong>in</strong>e<br />

flexible Identität an. Dass es nicht nur um „normschöne“<br />

weiße <strong>Frauen</strong> geht, zeigen Rosie-Versionen<br />

mit Stars wie Beyoncé o<strong>der</strong> P<strong>in</strong>k. Mit ihrem<br />

kräftigen Bizeps signalisiert Rosie zugleich<br />

Stärke: „Ich kann es so gut wie e<strong>in</strong> Mann!“<br />

Bewirkt Rosie also e<strong>in</strong> fem<strong>in</strong>istisches Empowerment?<br />

Ne<strong>in</strong>, me<strong>in</strong>t <strong>di</strong>e Schriftsteller<strong>in</strong> Seyda<br />

Kurt 3 . Warum müssen <strong>Frauen</strong> stark se<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />

alles wuppen? Wer käme auf <strong>di</strong>e Idee, se<strong>in</strong>en<br />

Kollegen o<strong>der</strong> Nachbarn als „starken Mann“<br />

zu loben, weil er zwei K<strong>in</strong><strong>der</strong> hat <strong>und</strong> trotzdem<br />

<strong>in</strong> Vollzeit arbeitet“? Solange <strong>Frauen</strong> mehr als<br />

Männer leisten müssen <strong>und</strong> ke<strong>in</strong>e Schwäche<br />

zeigen dürfen, s<strong>in</strong>d wir noch weit von Gleichstellung<br />

<strong>und</strong> Gleichberechtigung entfernt.<br />

Nicht zu <strong>ver</strong>gessen: Als <strong>di</strong>e Männer aus dem<br />

Krieg zurückkehrten, räumten <strong>Frauen</strong> wie Rosie<br />

<strong>der</strong>en Arbeit wie<strong>der</strong> Vorrang e<strong>in</strong> <strong>und</strong> kehrten zurück<br />

an den häuslichen Herd. Solche Rollbacks<br />

wie<strong>der</strong>holen sich, z. B. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Corona-Pandemie.<br />

Das sollte uns zu denken geben …<br />

Walburga Rempe<br />

2<br />

Arte-Dokumentation „Mit offenen Augen“ vom<br />

20.09.23 (https://www.arte.tv)<br />

3<br />

Kommentar <strong>in</strong> Deutschlandfunk-Kultur-Podcast<br />

(1. Dezember 2023)<br />

8


Glosse<br />

„Je<strong>der</strong> darf sagen, was er will“<br />

O<strong>der</strong> doch nicht? Wo Markus Sö<strong>der</strong> Verbote liebt<br />

Markus Sö<strong>der</strong>s jüngste Regierungserklärung im<br />

Dezember wirft e<strong>in</strong>en offensichtlichen Wi<strong>der</strong>spruch<br />

auf, <strong>der</strong> selbst e<strong>in</strong> Grammatiklehrbuch<br />

vor Neid erblassen lassen würde. E<strong>in</strong>erseits<br />

untersagt <strong>der</strong> Bayerische M<strong>in</strong>isterpräsident das<br />

Gen<strong>der</strong>n vehement, als wäre es <strong>der</strong> ultimative<br />

Störenfried im politischen Diskurs. An<strong>der</strong>erseits<br />

f<strong>in</strong>det sich auf den Seiten des Bayerischen Innenm<strong>in</strong>isteriums<br />

<strong>der</strong> H<strong>in</strong>weis auf Gleichberechtigung<br />

laut Gr<strong>und</strong>gesetz <strong>und</strong> Bayerischer Verfassung.<br />

Dort heißt es: „Männer <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> s<strong>in</strong>d<br />

gleichberechtigt. Der Staat för<strong>der</strong>t <strong>di</strong>e tatsächliche<br />

Durchsetzung <strong>der</strong> Gleichberechtigung von<br />

<strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern.“ Die dort zum Download<br />

angebotenen „Richtl<strong>in</strong>ien für <strong>di</strong>e Wahrnehmung<br />

<strong>und</strong> Organisation öffentlicher Aufgaben sowie<br />

für <strong>di</strong>e Rechtsetzung im Freistaat <strong>Bayern</strong>“ betonen,<br />

dass Formulierungen geschlechtsneutral<br />

se<strong>in</strong> sollen.<br />

Seit Dezember 2021 enthält <strong>di</strong>e Broschüre zur<br />

bürgernahen Sprache <strong>in</strong> <strong>der</strong> bayerischen Verwaltung<br />

(ebenfalls zum Download angeboten)<br />

sogar e<strong>in</strong> Extrakapitel zu geschlechtsneutralen<br />

Formulierungen. Während Sö<strong>der</strong> das Gen<strong>der</strong>n<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit strikt untersagt, sche<strong>in</strong>t <strong>di</strong>e<br />

Broschüre des Innenm<strong>in</strong>isteriums durch <strong>di</strong>e<br />

H<strong>in</strong>tertür zu flüstern: „Nun, wenn du es schon<br />

machen willst/musst, dann mach es wenigstens<br />

richtig!“ Steckt dah<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>e raff<strong>in</strong>ierte Strategie,<br />

<strong>di</strong>e darauf abzielt, <strong>in</strong> <strong>der</strong> politischen Arena für jeden<br />

Geschmack etwas anzubieten – <strong>di</strong>e Wi<strong>der</strong>sprüche<br />

als Buffet <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ungsvielfalt?<br />

Kommt uns das nicht irgendwie bekannt vor?<br />

Gab es nicht bereits 2021 e<strong>in</strong>en Aufschrei von<br />

Markus Sö<strong>der</strong>, dass Gen<strong>der</strong>-Sternchen nicht<br />

prüfungsrelevant se<strong>in</strong> dürfen? Das Bayerische<br />

Wissenschaftsm<strong>in</strong>isterium stellte damals fest,<br />

es habe noch ke<strong>in</strong>e offizielle Beschwerde gegeben,<br />

<strong>und</strong> <strong>di</strong>e Uni<strong>ver</strong>sitäten berichteten, dass<br />

es überhaupt ke<strong>in</strong>e Gen<strong>der</strong>pflicht gab. Auch hier<br />

wurde e<strong>in</strong> Sturm im Wasserglas angezettelt.<br />

So gerne stellt sich Sö<strong>der</strong> h<strong>in</strong> als <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong><br />

gegen Verbote ist – „Je<strong>der</strong> darf sagen, was er<br />

will.“ Aber nicht jede Person darf wohl sagen,<br />

was sie will.<br />

Zuletzt stellt sich <strong>di</strong>e Frage: Wer hat Angst vorm<br />

Gen<strong>der</strong>n? Und warum wird e<strong>in</strong>e Nebelkerze<br />

nach <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en geworfen? Soll hier von wichtigen<br />

politischen Themen abgelenkt werden?<br />

O<strong>der</strong> will man irgendwelchen Populisten h<strong>in</strong>terherlaufen?<br />

Bett<strong>in</strong>a Mess<strong>in</strong>ger<br />

Offener Brief zum angekün<strong>di</strong>gten Gen<strong>der</strong><strong>ver</strong>bot <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />

In se<strong>in</strong>em „Regierungsprogramm <strong>der</strong> Zukunft“ kün<strong>di</strong>gte <strong>der</strong> Bayerische M<strong>in</strong>isterpräsident an: „Für <strong>Bayern</strong> steht fest: Mit uns wird es ke<strong>in</strong> <strong>ver</strong>pflichtendes Gen<strong>der</strong>n geben.<br />

Wir werden das Gen<strong>der</strong>n <strong>in</strong> Schulen <strong>und</strong> Verwaltungen sogar untersagen.“<br />

Das geplante Verbot <strong>in</strong>klusi<strong>ver</strong> Sprache wi<strong>der</strong>spricht e<strong>in</strong>deutig den im Gr<strong>und</strong>gesetz <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland sowie den im Allgeme<strong>in</strong>en Gleichbehandlungsgesetz<br />

<strong>ver</strong>bürgten Rechten. Spätestens seit dem Personenstandsgesetz (PstG) § 22 Abs. 3 aus dem Jahr 2018 ist auch juristisch ausdrücklich entschieden, dass es<br />

mehr als zwei Geschlechter gibt. Deswegen betonen wir e<strong>in</strong>erseits das Recht gemäß Art. 2 Abs. I GG <strong>und</strong> an<strong>der</strong>seits <strong>di</strong>e Pflicht nach Art. 3 Abs. III GG, uns <strong>in</strong> allen<br />

gesellschaftlichen Bereichen geschlechtergerecht auszudrücken. Denn nur so ist Sprache <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, <strong>der</strong> geschlechtlichen Vielfalt Rechnung zu tragen. Hierfür gibt<br />

es <strong>ver</strong>schiedene sprachliche Lösungen, <strong>di</strong>e sich <strong>in</strong> vielen gesellschaftlichen Bereichen bereits erfolgreich durchgesetzt haben <strong>und</strong> von vielen Menschen geschätzt<br />

werden.<br />

Die deutsche Sprache war <strong>und</strong> ist leben<strong>di</strong>g. Sie ist e<strong>in</strong> Spiegelbild unserer sich <strong>ver</strong>än<strong>der</strong>nden demokratischen Gesellschaft, <strong>di</strong>e <strong>in</strong>klu<strong>di</strong>ert anstatt auszugrenzen. E<strong>in</strong><br />

Verbot ist e<strong>in</strong> Rückschritt <strong>und</strong> wi<strong>der</strong>spricht unseren gr<strong>und</strong>gesetzlich <strong>ver</strong>ankerten Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> Gleichbehandlung. Wir for<strong>der</strong>n M<strong>in</strong>isterpräsident Markus Sö<strong>der</strong> auf, den<br />

Schulen, Hochschulen <strong>und</strong> Verwaltungen <strong>di</strong>e Freiheit zu überlassen, wie sie <strong>in</strong> ihrer Sprache Gleichbehandlung ausdrücken wollen.<br />

Zu den Erstunterzeichner*<strong>in</strong>nen gehört <strong>ver</strong>.<strong>di</strong> <strong>Bayern</strong>. Initiiert hat den Brief das Netzwerk Gen<strong>der</strong>forschung <strong>und</strong> Gleichstellungspraxis <strong>Bayern</strong>. 7.879 Personen (Stand<br />

25.01.<strong>2024</strong>) haben den Aufruf bereits unterzeichnet. Infos unter www.geschlechtergerechtesprache.de/<br />

9


<strong>Bayern</strong> gleich zweimal Schlusslicht!<br />

Le<strong>di</strong>glich e<strong>in</strong> Viertel <strong>der</strong> neu gewählten bayerischen Abgeordneten ist weiblich. Der <strong>Frauen</strong>anteil<br />

variiert stark <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Fraktionen: AfD 9,4%, CSU 18,8%, Freie Wähler 18,9%, Grüne<br />

46,9% <strong>und</strong> SPD 58,8%. Besorgniserregend ist, dass <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> weiblichen Abgeordneten <strong>in</strong><br />

<strong>Bayern</strong> seit 2008 von Legislaturperiode zu Legislaturperiode s<strong>in</strong>kt. Parität liegt <strong>in</strong> weiter Ferne.<br />

Im Präsi<strong>di</strong>um des Bayerischen Landtags, <strong>ver</strong>antwortlich<br />

für <strong>di</strong>e Sitzungsleitung <strong>und</strong> <strong>di</strong>e Repräsentanz<br />

<strong>der</strong> Demokratie nach außen, s<strong>in</strong>d von<br />

zehn Mitglie<strong>der</strong>n le<strong>di</strong>glich drei <strong>Frauen</strong>. Erfreulich<br />

ist, dass <strong>di</strong>e Landtagspräsident<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Frau ist.<br />

Mit dem M<strong>in</strong>isterpräsidenten bilden weitere 17<br />

Menschen das Bayerische Kab<strong>in</strong>ett. Nur noch<br />

vier davon s<strong>in</strong>d <strong>di</strong>esmal weiblich – e<strong>in</strong> Anteil von<br />

22,2%, sogar unter dem im Landtag. Nie zuvor<br />

saßen weniger <strong>Frauen</strong> <strong>in</strong> Sö<strong>der</strong>s Kab<strong>in</strong>ett.<br />

Bei <strong>der</strong> Aussprache im Landtag sagte <strong>der</strong> CSU-<br />

Fraktionsvorsitzende Klaus Holetschek dazu:<br />

„Natürlich würden wir uns noch mehr <strong>Frauen</strong><br />

hier im Parlament wünschen.“ Der Bayerische<br />

M<strong>in</strong>isterpräsident <strong>ver</strong>kündete nach <strong>der</strong> neuen<br />

Regierungsbildung: „Ich b<strong>in</strong> stolz auf <strong>di</strong>eses<br />

ausgewogen besetzte Kab<strong>in</strong>ett.“ Und weiter:<br />

„Die Regierungsmannschaft <strong>ver</strong>körpert alle Regionen<br />

<strong>Bayern</strong>s, setzt auf junge <strong>und</strong> alte Kräfte,<br />

steht für e<strong>in</strong> Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> von <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern<br />

sowie für Kont<strong>in</strong>uität <strong>und</strong> Aufbruch.“<br />

Es gab also e<strong>in</strong>e Quote, <strong>und</strong> zwar den Regionalproporz.<br />

E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>igermaßen paritätische Besetzung<br />

mit <strong>Frauen</strong> <strong>und</strong> Männern spielte dagegen<br />

wohl ke<strong>in</strong>e Rolle. Man hätte es sich gewünscht.<br />

Im 21. Jahrhun<strong>der</strong>t sollte e<strong>in</strong>e gleichberechtigte<br />

politische Teilhabe <strong>der</strong> Geschlechter eigentlich<br />

e<strong>in</strong>e Selbst<strong>ver</strong>ständlichkeit se<strong>in</strong>.<br />

<strong>Bayern</strong> ist damit zweifach Schlusslicht: ger<strong>in</strong>gster<br />

<strong>Frauen</strong>anteil <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Landesparlament <strong>und</strong><br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Landesregierung <strong>in</strong> Deutschland.<br />

„Nach wie vor gibt es strukturell be<strong>di</strong>ngte Benachteiligungen,<br />

<strong>di</strong>e sich auf <strong>di</strong>e Beteiligungschancen<br />

<strong>und</strong> -möglichkeiten von <strong>Frauen</strong> auswirken.<br />

Politik <strong>und</strong> Parteien s<strong>in</strong>d eben nicht<br />

‚neutral‘ gegenüber dem Geschlecht. Politische<br />

Karrieren starten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel mit politischem<br />

Engagement <strong>in</strong> den Parteien <strong>und</strong> auf <strong>der</strong> kommunalen<br />

Ebene.<br />

Doch eben hier beg<strong>in</strong>nen bereits <strong>di</strong>e Probleme:<br />

Das ehrenamtliche politische Engagement<br />

ist zeitaufwen<strong>di</strong>g, f<strong>in</strong>det sehr oft zu familienunfre<strong>und</strong>lichen<br />

Zeiten statt <strong>und</strong> ist durch Rituale<br />

<strong>und</strong> Formen geprägt, <strong>di</strong>e eher abschreckend wirken.<br />

E<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>barkeit von Beruf, Familie <strong>und</strong><br />

politischem Ehrenamt ist so nur schwer möglich.<br />

Nach wie vor s<strong>in</strong>d <strong>Frauen</strong> auch mit offenen <strong>und</strong><br />

subtilen Diskrim<strong>in</strong>ierungen konfrontiert: Sie werden<br />

häufiger unterbrochen, <strong>und</strong> ihre Redebeiträge<br />

haben weniger Gewicht. Sie werden danach<br />

gefragt, was denn Mann <strong>und</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> zu ihrem<br />

politischen Engagement sagen, <strong>und</strong> wenn es<br />

um <strong>di</strong>e Beteiligung an fachlichen Ausschüssen<br />

geht, werden sie ungefragt auf Jugend, Familie<br />

<strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> festgelegt, während F<strong>in</strong>anzen, Bau<br />

<strong>und</strong> Verkehr <strong>in</strong> Männerhand bleiben.“ 1<br />

Die Journalist<strong>in</strong> <strong>und</strong> Schriftsteller<strong>in</strong> Michaela<br />

1<br />

Quelle: https://www.frauenrat.de/wp-content/<br />

uploads/2019/05/Broschuere-Mehr<strong>Frauen</strong><strong>in</strong><strong>di</strong>eParlamente.pdf)<br />

10


Müller hat es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Artikel <strong>der</strong> Zeit treffend<br />

beschrieben: „Es ist e<strong>in</strong> bisschen wie Busfahren<br />

– mit dem Ziel, mehr Gleichberechtigung,<br />

Chancengleichheit <strong>und</strong> Ausgewogenheit zu erreichen.<br />

Der Bus ist fast voll besetzt, überwiegend<br />

mit weißen Männern, mit e<strong>in</strong> paar <strong>Frauen</strong>,<br />

Fahrgästen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>, vielleicht<br />

auch e<strong>in</strong>er Trans-Person. Manchmal steigen<br />

Menschen aus, manchmal e<strong>in</strong>. Aber über jeden<br />

Stopp wird im Bus abgestimmt: ‚Nächster Halt:<br />

Parität für <strong>Frauen</strong>?‘ – ‚Weiterfahren, nächstes<br />

Mal vielleicht.‘ – ‚Mehr Beteiligung für Menschen<br />

mit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>?‘ – ‚Weiterfahren.‘<br />

– ‚Trans-Personen?‘ – ‚Weiterfahren.‘ Für<br />

wartende Fahrgäste <strong>di</strong>eser Kategorien, <strong>di</strong>e den<br />

Bus nehmen wollten, heißt das: längere Wege<br />

zu Fuß zurückzulegen, länger zu brauchen,<br />

vielleicht auch ganz auf <strong>der</strong> Strecke zu bleiben.<br />

Aber zugegeben, es ist e<strong>in</strong> Träumchen für <strong>di</strong>ejenigen,<br />

<strong>di</strong>e nicht warten <strong>und</strong> laufen müssen, <strong>di</strong>e<br />

nur dasitzen <strong>und</strong> abstimmen dürfen.“ 2 Um e<strong>in</strong>en<br />

Wandel herbeizuführen, ist es entscheidend,<br />

Paritätsgesetze e<strong>in</strong>zuführen. Zur Vermeidung<br />

negati<strong>ver</strong> Urteile <strong>der</strong> Landes<strong>ver</strong>fassungsgerichte<br />

sollte <strong>in</strong> Karlsruhe geklärt werden, was <strong>ver</strong>fassungsrechtlich<br />

akzeptabel ist. Zusätzlich s<strong>in</strong>d<br />

Maßnahmen erfor<strong>der</strong>lich, um e<strong>in</strong>e bessere Vere<strong>in</strong>barkeit<br />

von Familie <strong>und</strong> Mandat zu ermöglichen.<br />

Nur so kann <strong>der</strong> <strong>ver</strong>fassungsmäßige<br />

Gr<strong>und</strong>satz „Männer <strong>und</strong> <strong>Frauen</strong> s<strong>in</strong>d gleichberechtigt“<br />

gemäß dem Gr<strong>und</strong>gesetz <strong>und</strong> <strong>der</strong> Bayerischen<br />

Verfassung effektiv durchgesetzt werden.<br />

Bett<strong>in</strong>a Mess<strong>in</strong>ger<br />

2<br />

Quelle: https://www.zeit.de/kultur/2020-11/<br />

paritaets-gesetz-gleichstellung-frauen-wahllistenpolitik<br />

Der bayerische Koalitions<strong>ver</strong>trag<br />

Am 26. Oktober 2023 unterzeichneten CSU <strong>und</strong><br />

Freie Wähler den Koalitions<strong>ver</strong>trag „Freiheit <strong>und</strong><br />

Stabilität – Für e<strong>in</strong> mo<strong>der</strong>nes, weltoffenes <strong>und</strong><br />

heimat<strong>ver</strong>b<strong>und</strong>enes <strong>Bayern</strong>“. Dieser Vertrag,<br />

<strong>der</strong> <strong>di</strong>e Gr<strong>und</strong>lage für <strong>di</strong>e kommenden fünf Jahre<br />

<strong>der</strong> Regierungsarbeit im Freistaat bildet, <strong>ver</strong><strong>di</strong>ent<br />

e<strong>in</strong>e nähere Betrachtung.<br />

Der Koalitions<strong>ver</strong>trag erstreckt sich über 85 Seiten,<br />

jedoch fehlen dar<strong>in</strong> <strong>di</strong>e Begriffe „Gleichstellung“<br />

<strong>und</strong> „Gewerkschaften“. Erwähnt werden<br />

h<strong>in</strong>gegen dreimal <strong>di</strong>e „<strong>Frauen</strong>“, bei <strong>der</strong> Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Rahmenbe<strong>di</strong>ngungen für wissenschaftliche<br />

Karrieren von <strong>Frauen</strong>, im Konzept<br />

„<strong>Bayern</strong> gegen Gewalt“ <strong>und</strong> bei <strong>der</strong> „regionalen<br />

Vermarktung“ werden <strong>di</strong>e Landfrauen angesprochen.<br />

E<strong>in</strong>e Aussage zur dr<strong>in</strong>gend notwen<strong>di</strong>gen<br />

Novellierung des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes<br />

sucht man dagegen <strong>ver</strong>geblich.<br />

Die DGB-Gewerkschaften kritisieren zudem das<br />

Fehlen e<strong>in</strong>es klaren Bekenntnisses zu e<strong>in</strong>em<br />

Tariftreue- <strong>und</strong> Vergabegesetz. „Der M<strong>in</strong>isterpräsident<br />

steht hier bei uns im Wort. ... Noch im<br />

Wahlkampf hat er uns Gesprächsbereitschaft<br />

signalisiert. Wir werden deshalb nicht lockerlassen<br />

<strong>und</strong> weiter dafür kämpfen, dass öffentliche<br />

Aufträge endlich auch <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> nur an Unternehmen<br />

<strong>ver</strong>geben werden, <strong>di</strong>e ihre Beschäftigten<br />

ordentlich bezahlen“, erklärt <strong>der</strong> bayerische<br />

DGB-Vorsitzende Bernhard Stiedl. Auch das<br />

Weiterbildungsgesetz, das <strong>in</strong> allen an<strong>der</strong>en B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n<br />

außer Sachsen <strong>und</strong> <strong>Bayern</strong> existiert,<br />

bleibt im Koalitions<strong>ver</strong>trag unerwähnt.<br />

Das „Bündnis gegen Altersarmut <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

von <strong>Frauen</strong>“ hat im Landtagswahlkampf<br />

auf <strong>di</strong>e hohe Altersarmut <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> h<strong>in</strong>gewiesen.<br />

Die Antwort darauf kann aber nicht<br />

– wie es im Koalitions<strong>ver</strong>trag steht – e<strong>in</strong>e noch<br />

stärkere f<strong>in</strong>anzielle Unterstützung <strong>der</strong> Tafeln,<br />

Tische <strong>und</strong> Bahnhofsmissionen se<strong>in</strong>. Vielmehr<br />

muss <strong>di</strong>e Altersarmut aktiv bekämpft werden.<br />

Der Koalitions<strong>ver</strong>trag hat viele Leerstellen <strong>und</strong><br />

bleibt <strong>in</strong> vielen Punkten vage. Es wird spannend,<br />

wie <strong>di</strong>e Regierungspolitik konkret ausgestaltet<br />

wird. Die erste Ankün<strong>di</strong>gung von M<strong>in</strong>isterpräsident<br />

Sö<strong>der</strong> Anfang Januar, 5.000 Stellen im<br />

öffentlichen Dienst abzubauen, <strong>ver</strong>heißt nichts<br />

Gutes <strong>und</strong> ist e<strong>in</strong> Schlag <strong>in</strong>s Gesicht <strong>der</strong> Beschäftigten.<br />

„Wer heute schon mit e<strong>in</strong>er wöchentlichen<br />

Arbeitszeit von 40 St<strong>und</strong>en, den unbesetzten<br />

Stellen sowie <strong>der</strong> Arbeits<strong>ver</strong><strong>di</strong>chtung<br />

e<strong>in</strong> Problem mit <strong>der</strong> Gew<strong>in</strong>nung von Fachkräften<br />

hat, wird <strong>di</strong>es mit <strong>di</strong>eser Maßnahme <strong>ver</strong>schärfen“,<br />

stellt <strong>der</strong> stell<strong>ver</strong>tretende Landesbezirksleiter<br />

von <strong>ver</strong>.<strong>di</strong> <strong>Bayern</strong> S<strong>in</strong>an Öztürk fest.<br />

Bett<strong>in</strong>a Mess<strong>in</strong>ger<br />

Abbildung aus dem Internetauftritt <strong>der</strong> bayerischen<br />

Staatsregierung<br />

11


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