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Aug_Sept_Ausgabe

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FREIBURG – STADT FÜR ALLE?!<br />

WEINGARTEN BRAUCHT SOZIALE INFRASTRUKTUR<br />

UND KEINE NACHVERDICHTUNG MIT<br />

EIGENTUMSWOHNUNGEN<br />

Die Freiburger Stadtbau GmbH will in Weingarten bauen.<br />

Der Siegerentwurf für zwei im Grundriss ziemlich ähnliche<br />

Grundstücke in einem Straßendreieck am <strong>Aug</strong>gener<br />

Weg und in der Sulzburger Straße sieht zwei baugleiche<br />

achtstöckige Hochhäuser vor.<br />

Bei einer Informationsveranstaltung des Stadtplanungsamtes<br />

sorgten die Pläne für großen Unmut bei den<br />

Anwesenden, der sich aus der generellen Benachteiligung<br />

des Stadtteils speiste. Die Unmutsäußerungen waren<br />

sehr verständlich, allerdings ließen sie wichtige Fragen<br />

rund um die Baupläne außen vor. Das lag auch an der<br />

Zusammensetzung des Publikums. So kamen z. B. einige<br />

Redebeiträge von BewohnerInnen von Reihenhäusern<br />

in der Katharina-von-Bora-Straße. Ihre Befürchtung,<br />

dass mit dem neuen Hochhaus am <strong>Aug</strong>gener Weg die<br />

letzten Sichtachsen verbaut werden und evtl. dann von<br />

allen Seiten Menschen ins Schlafzimmer gucken können,<br />

kann man, wenn man sich in sie hineinversetzt,<br />

verstehen. Dass man versucht, eine Beeinträchtigung<br />

möglichst gering zu halten, ist völlig in Ordnung. Diese<br />

Stimmen sollten allerdings nicht die sein, von denen<br />

man sich leiten lässt. So bemängelte eine Rednerin, dass<br />

sie, seitdem sie dort hingekommen seien, um für mehr<br />

Durchmischung zu sorgen, immer weiter belastet würden.<br />

Vielleicht hätten diese Personen ja schon damals<br />

auf die Idee kommen können, dass es etwas merkwürdig<br />

ist, in einem der wohl vielfältigsten Stadtteile für mehr<br />

„Durchmischung“ sorgen zu sollen. Oder sind ReihenhausbewohnerInnen<br />

die besseren Menschen, denen ein<br />

Idyll zusteht, das den HochhausbewohnerInnen ein paar<br />

Meter weiter nicht vergönnt ist? – Nein, natürlich nicht!<br />

In einer Zeit der allgemeinen Wohnungsnot, in der man<br />

aufgrund der Klimakatastrophe nicht noch mehr Fläche<br />

versiegeln sollte, sind Reihenhäuser, egal ob in Weingarten,<br />

Herdern, am Tuniberg oder dem Freiburger Umland<br />

schlicht immer falsch. Deshalb ist auch die Überlegung<br />

der <strong>Aug</strong>sburger Architekten richtig, möglichst wenig<br />

Grünfläche zu bebauen, diese dafür aber relativ hoch.<br />

Wichtig für die Debatte ist ein anderer Kritikpunkt an den<br />

Plänen. Die Infrastruktur in Weingarten wächst nicht mit<br />

der steigenden Bevölkerung mit. Kulturelle und gastronomische<br />

Angebote sowie Bildungseinrichtungen sind<br />

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Mangelware. Besonders schwer wiegt das immer wieder<br />

erwähnte Fehlen einer weiterführenden Schule in Weingarten.<br />

Das Haus Weingarten, nur wenige Meter entfernt<br />

vom Grundstück im <strong>Aug</strong>gener Weg, das die Stadtbau nun<br />

bebauen will, ist in einem solch schlechten Zustand, dass<br />

der überwiegende Teil des Gebäudes nicht genutzt werden<br />

darf. Die Sanierung oder auch der Abriss und Neubau<br />

des Haus Weingarten stehen trotzdem bisher nicht auf<br />

der Tagesordnung. Man müsse, so das Stadtplanungsamt,<br />

erst mal abwarten, bis die Neubebauung im Lindenwälde<br />

soweit ist, weil man u. a. für das Kinder- und Familienzentrum<br />

Violett aktuell die nutzbaren Räumlichkeiten noch<br />

brauche. Wann das sein wird, steht in den Sternen.<br />

Daran schließt sich die Frage an: Warum baut man am<br />

Dreieck am <strong>Aug</strong>gener Weg nicht z. B. ein Schul- und Kulturzentrum?<br />

U. a. auch durch die Nähe zur sogenannten<br />

Sinti-Siedlung könnte gerade auch Kindern aus diesen<br />

vielfach diskriminierten Familien der Übergang zu einer<br />

weiterführenden Schule erleichtert werden. In Kombination<br />

mit einem Kulturzentrum und evtl. noch einigen<br />

Sozialwohnungen könnte das ein Bauprojekt sein, das<br />

weitaus sinnvoller als die bisherigen Pläne und evtl. auch<br />

besser vermittelbar wäre. Von Sozialwohnungen profitieren<br />

durch die absurd hohen Einkommensgrenzen in<br />

Baden-Württemberg, die z. B. vorsehen, dass eine dreiköpfige<br />

Familie bis zu einem Jahreseinkommen von 64.250<br />

Euro Anrecht auf einen Wohnberechtigungsschein hat,<br />

übrigens selbst gut Verdienende. Bauflächen sind keine<br />

nachwachsenden Rohstoffe.<br />

Wenn tatsächlich Freiflächen zwischen den Hochhäusern<br />

bebaut werden sollen, braucht es dafür gute Gründe. Eigentumswohnungen,<br />

die sich ein Großteil der Weingartner<br />

Bevölkerung nicht leisten können wird, sind keine.<br />

Die Frage „Warum baut ihr immer nur in Weingarten?“ ist<br />

deshalb mehr als berechtigt.<br />

4<br />

FREIeBÜRGER 08/09 | 2023

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