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26. Jahrgang<br />
<strong>Juli</strong> 2023<br />
2,10 €, davon 1,- €<br />
für die VerkäuferInnen<br />
UNABHÄNGIGE STRASSENZEITUNG FÜR FREIBURG UND DAS UMLAND<br />
ZUR UNTERSTÜTZUNG VON MENSCHEN IN SOZIALEN NOTLAGEN<br />
IM GESPRÄCH MIT...<br />
Bächleputzer Stocky<br />
WEIBLICH UND WOHNUNGSLOS<br />
Frauen in Notlagen<br />
900 JAHRE ARMUT IN FREIBURG<br />
Armenwesen und Pflege in Freiburg (Teil 29)
INHALT<br />
3<br />
VORWORT<br />
22<br />
VERKÄUFER KARSTEN<br />
4<br />
RECHT AUF STADT<br />
23<br />
MITMACHSEITE<br />
6<br />
IM GESPRÄCH MIT...<br />
24<br />
BUCHBESPRECHUNG<br />
8<br />
900 JAHRE ARMUT IN FREIBURG<br />
25<br />
KOCHEN<br />
12<br />
FRAUEN IN NOTLAGEN<br />
26<br />
SPORT<br />
14<br />
WILLKOMMEN IM FALSCHEN FILM<br />
28<br />
KRIMI 37. FOLGE<br />
18<br />
AgriKultur FESTIVAL 2023<br />
30<br />
RÄTSEL<br />
20<br />
KRITISCHE BERICHTERSTATTUNG<br />
31<br />
ÜBER UNS<br />
21<br />
GEMEINSAM IN BEWEGUNG<br />
OHNE IHRE UNTERSTÜTZUNG<br />
GEHT ES NICHT<br />
Liebe LeserInnen,<br />
um weiterhin eine<br />
interessante Straßenzeitung<br />
produzieren und Menschen<br />
durch ihren Verkauf einen<br />
Zuverdienst ermöglichen<br />
zu können, benötigen<br />
wir Ihre Hilfe.<br />
Vielen Dank!<br />
Spendenkonto:<br />
DER FREIeBÜRGER e. V.<br />
IBAN: DE80 6809 0000 0002 4773 27<br />
BIC: GENODE61FR1<br />
Denken Sie bitte daran, bei einer Überweisung Ihren Namen<br />
und Ihre Anschrift für eine Spendenbescheinigung anzugeben.<br />
2<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023
Liebe LeserInnen,<br />
so, das erste Halbjahr 2023 ist schon wieder herum, unser<br />
Jubiläum ist kalendarisch gesehen auch vorbei, also mal<br />
sehen, was der Rest noch bringt.<br />
Nun ist es also doch passiert! Nun ist das eingetreten, was<br />
wir alle befürchteten und vor dem jeder gewarnt hat: Die<br />
AfD hat ihre erste Wahl gewonnen. Der kleine Landkreis<br />
Sonneberg in Thüringen hat seit dem vergangenen Wochenende<br />
einen Landrat von der AfD. Wenn man in den<br />
letzten Wochen die Umfragewerte verfolgt hat, kam das<br />
eigentlich nicht überraschend. Deshalb wundert es mich<br />
doch, dass jetzt alle so tun, als würden sie aus allen Wolken<br />
fallen! Na ja, alle vielleicht nicht, Friedrich Merz hat so<br />
etwas ja vorausgesagt und wie der Fritze nun mal ist, hat<br />
er auch gleich die Schuldigen präsentiert. Vor ungefähr<br />
zwei Wochen sagte er im Fernsehen, dass die Politik der<br />
jetzigen Regierung daran Schuld sei, dass die AfD dermaßen<br />
stark geworden ist. Was ist das wieder einmal für<br />
eine umwerfende Logik vom Kanzler der Herzen! Ein paar<br />
Fragen hätte ich da aber doch noch. Wenn die Politik der<br />
Ampel so schlecht ist, warum wenden sich die Menschen<br />
dann aber der AfD zu und nicht der CDU? Und wer hat<br />
denn regiert, als die AfD gegründet wurde und als sie in<br />
den Bundestag kam? Doch so weit rechnet der moderne<br />
CDU-Politiker natürlich nicht zurück, das ist ja immerhin<br />
schon zehn Jahre her.<br />
Vor allem hilft das, was Merz da mal wieder treibt,<br />
absolut niemandem, außer natürlich Gauland, Höcke &<br />
Co. Statt sich jetzt gegenseitig die Schuld zuzuweisen,<br />
sollte man doch mal ernsthaft darüber nachdenken, wie<br />
man so etwas in der Zukunft verhindern kann. Vielleicht<br />
könnte Herr Merz, statt nur zu meckern, wie schlecht<br />
alles ist, ausnahmsweise einmal verraten, wie man es<br />
besser macht! Denn Fakt ist nun mal: Es läuft nicht alles<br />
rund in der Regierung. Zu viel Streit, zu viele vorschnelle<br />
Entscheidungen und vor allem viel zu wenig Transparenz.<br />
Doch dazu gehört erst einmal, dass die Regierungsparteien<br />
auch einsehen, dass zurzeit eine ganze Menge<br />
falsch läuft. Solange Scholz, Habeck und Lindner täglich<br />
betonen, dass alles nach Plan läuft, wird sich auch nichts<br />
ändern. Hat man die Einsicht dann doch irgendwann<br />
gefunden, dann müssen sich Regierung und Opposition<br />
zusammensetzen, um Wege zu finden, endlich für das<br />
Volk zu regieren und nicht darüber hinweg. Die Betonung<br />
dabei liegt auf zusammen, schließlich behaupten doch<br />
auch alle, eine Volkspartei zu sein. Jetzt wäre ein idealer<br />
Moment, das auch mal zu beweisen!<br />
Wenn ich bedenke, dass diese AfD in Umfragen jetzt<br />
bundesweit schon bei 20 % liegt und damit zweitstärkste<br />
Partei in Deutschland wäre, dann wird mir beim Gedanken<br />
an zukünftige Wahlen mehr als nur übel. Die einzige<br />
Hoffnung, die ich im Moment habe, ist die Tatsache,<br />
dass die AfD noch nie irgendwo regiert oder mitregiert<br />
hat, also keinerlei Erfahrung hat. Die gesamte politische<br />
Tätigkeit dieses Vereins hat sich bisher darauf beschränkt,<br />
gegen alles zu sein, zu pöbeln und Naziparolen zu propagieren.<br />
Etwas Konstruktives haben die in den gesamten<br />
zehn Jahren noch nicht geboten. Ich hoffe doch stark, dass<br />
der Typ in Sonneberg dabei bleibt, nichts auf die Reihe<br />
kriegt und seinen WählerInnen damit beweist, wer er und<br />
die AfD wirklich sind: eine Nazipartei, die mal wieder die<br />
Unzufriedenheit und die Unsicherheit der Bevölkerung<br />
für eigene Zwecke missbrauchen will. Was das Volk wirklich<br />
will, dass interessiert die absolut nicht!<br />
So, genug gemeckert. Draußen scheint die Sonne, der<br />
Himmel ist blau, da muss man sich den Tag nicht weiter<br />
versauen.<br />
Wir wünschen Ihnen einen schönen Sommermonat und<br />
natürlich auch viel Spaß beim Lesen des FREIeBÜRGERs!<br />
Carsten<br />
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29.07.2023<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023 3
FREIBURG – STADT FÜR ALLE?!<br />
HOUSING LOST STATT HOUSING FIRST – UNFÄHIGKEIT<br />
ODER ARBEITSVERWEIGERUNG BEI DER FSB?<br />
Ist es Unfähigkeit oder Arbeitsverweigerung bei der<br />
Freiburger Stadtbau GmbH (FSB), dass sie die 2017 angedachten<br />
200 Kleinstwohnungen für obdachlose Menschen<br />
bis heute nicht gebaut hat? Am 27.09.2017 wurde<br />
die Schaffung von Kleinstwohnungen für wohnungslose<br />
Menschen in einem Interfraktionellen Antrag gefordert.<br />
2018 beauftragte dann der Gemeinderat die Stadtverwaltung,<br />
„weitergehende Konzepte zur Wohnversorgung von<br />
Menschen mit besonderen Bedarfslagen zu prüfen und<br />
hierzu dem Gemeinderat Entscheidungsvorschläge zu<br />
unterbreiten“. Und seitdem wird geprüft und verschleppt.<br />
Das offenbart z. B. eine Vorlage der Stadtverwaltung aus<br />
dem Jahr 2020, in der es möglichst unkonkret heißt: „Das<br />
Thema Kleinstwohnungen wird im Rahmen aktueller Planungen<br />
jeweils berücksichtigt. Genaue Festlegungen gibt<br />
es allerdings noch nicht. Somit kann derzeit noch keine<br />
Aussage darüber getroffen werden, inwieweit das Ziel<br />
von 200 Kleinstwohnungen im genannten Zeitrahmen<br />
erreicht werden kann.“ So sind die sagenumwobenen<br />
Kleinstwohnungen immerhin ins Gesamtkonzept „Bezahlbar<br />
Wohnen 2030“ eingegangen. Allerdings wieder<br />
ohne Datum, bis wann sie kommen sollen.<br />
2021 änderte sich aber alles: Jetzt ist die Rede von der<br />
„Prüfung der Realisierbarkeit von Kleinstwohnungen“.<br />
Ganz offenbar ist selbst die Sozialverwaltung mittlerweile<br />
von der Stadtbau genervt: „Zudem ist die Schaffung von<br />
Kleinstwohnungen dringend (!) zu befürworten. Bisher<br />
wurde noch keine (!) Kleinstwohnung realisiert, um die<br />
bestehenden unterschiedlichen Bedarfe zu decken.“<br />
Hier zeigt sich wieder einmal: Die städtische Wohnungsbaugesellschaft<br />
baut am konkreten Bedarf komplett vorbei.<br />
Dann aber kam das Jahr 2022 und damals hieß es in<br />
einer Gemeinderatsvorlage: „Somit wird von der FSB nach<br />
derzeitigem Planungsstand der Neubau von insgesamt ca.<br />
44 Kleinstwohnungen in den nächsten Jahren berücksichtigt.<br />
Die FSB prüft darüber hinaus, inwieweit bei künftigen,<br />
noch in Entwicklung stehenden Wohnbauprojekten<br />
weitere Kleinstwohnungen angeboten werden können.“<br />
Fünf Jahre nachdem die Verwaltung beauftragt wurde,<br />
200 Kleinstwohnungen für obdachlose Menschen zu<br />
bauen, kündigte die Stadtbau also an, 44 tatsächlich<br />
RECHT-AUF-STADT-NEWSLETTER<br />
Wer Infos will, einfach E-Mail an:<br />
info@rechtaufstadt-freiburg.de<br />
Homepage: www.rechtaufstadt-freiburg.de<br />
Aktuelle Termine<br />
https://tacker.fr<br />
errichten zu wollen und zwar mit der vagen Zeitangabe<br />
„in den nächsten Jahren“. Stand heute ist noch keine<br />
dieser Kleinstwohnungen fertiggestellt worden. Ein Armutszeugnis<br />
für die Stadtverwaltung, insbesondere aber<br />
auch für das kommunale Wohnungsunternehmen FSB,<br />
das zeigt, wie gering die Lobby für obdachlose Menschen<br />
in Freiburg ist.<br />
Freiburg, das sich gerne als progressiv verkauft, hinkt<br />
damit auch Bundes- und europäischen Zielen massiv<br />
hinterher. Schon 2020 hat das Europaparlament eine<br />
gemeinsame Empfehlung verabschiedet, die das Ziel<br />
formuliert, Obdachlosigkeit bis 2030 zu überwinden.<br />
Dazu soll der Grundsatz „Housing First“ verfolgt werden.<br />
Die eigene Wohnung steht dabei am Anfang statt am<br />
Ende der Hilfen – zuerst werden die Menschen in eigenen<br />
Wohnraum vermittelt und dann erhalten sie bedarfsgerechte<br />
Unterstützung. Dass dieser Ansatz funktioniert,<br />
zeigen zahlreiche Evaluationen. Auch die Ampel hat sich<br />
in ihrem Koalitionsvertrag den genannten Zielen des<br />
Europaparlaments angeschlossen. „Housing First“ in Freiburg?<br />
Fehlanzeige! Selbst wenn man nur denjenigen, die<br />
nach Auffassung der Stadtverwaltung sofort problemlos<br />
in eine Wohnung ziehen könnten, ein Wohnungsangebot<br />
unterbreiten wollte, müsste man für sie sofort etwa<br />
250 Wohnungen errichten. Würde man dem Bund und<br />
dem Europaparlament folgen, müsste Freiburg spätestens<br />
2030 allen ein Wohnungsangebot machen. Selbstverständlich<br />
muss auch darauf geachtet werden, dass<br />
die Betroffenen nicht dauerhaft in einem Substandard<br />
festsitzen und dass keine Ghettoisierung stattfindet. Neben<br />
der Berücksichtigung von obdachlosen Menschen in<br />
jedem Stadtbauprojekt könnten, um den großen Bedarf<br />
zu decken, auch Kombinationen mit Studierenden- oder<br />
Auszubildendenwohnheimen eine Möglichkeit sein.<br />
4<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023
STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (RÜCKBLICK VOM 15. MAI BIS 15. JUNI)<br />
VERGESELLSCHAFTUNG GROSSER WOHNUNGSUNTER-<br />
NEHMEN MÖGLICH!<br />
Die ExpertInnenkommission zum Volksentscheid "Deutsche<br />
Wohnen & Co. enteignen" hat bestätigt, dass die<br />
Vergesellschaftung von großen Wohnungsunternehmen<br />
gesetzeskonform ist. Artikel 15 des Grundgesetzes könne<br />
„auf die anvisierten Immobilien" angewendet werden,<br />
„sofern die gemeinnützige Bewirtschaftung für die<br />
Zukunft gesetzlich gesichert ist“. Die große Mehrheit der<br />
ExpertInnenkomission sieht auch kein Hindernis bei der<br />
Enteignung durch die Landesverfassung. Demnach könne<br />
eine Entschädigung für die Wohnungsunternehmen auch<br />
unter dem Verkehrswert liegen. Die schwarz-rote Berliner<br />
Landesregierung scheint den Willen der Bevölkerung<br />
aber weiterhin nicht umsetzen zu wollen und versucht<br />
undemokratisch, über ein Rahmengesetz und die Ankündigung,<br />
erst ein fernliegendes Verfassungsgerichtsurteil<br />
abwarten zu wollen, die Umsetzung des Volksentscheids<br />
weiter zu verzögern.<br />
[FR] SCHLAMPIGE SANIERUNG BEI VONOVIA SE<br />
Im Auggener Weg in Freiburg Weingarten haben sich 85<br />
BewohnerInnen einer Unterschriftenliste angeschlossen,<br />
die die Beseitigung von Müll, Ratten und die Reparatur<br />
der nichtfunktionierenden Klingelanlage im Haus 2 fordert.<br />
Schon Monate können MieterInnen ihre Keller und<br />
Balkone nicht nutzen. Zudem scheint die Renovierung<br />
nach dem Legionellenproblem zum Leidwesen der MieterInnen<br />
billig erledigt worden zu sein.<br />
[FR] BEWOHNERINNENPARKGEBÜHREN<br />
RECHTSWIDRIG<br />
Die Freiburger Bewohnerparkgebührensatzung ist<br />
unwirksam, entschied das Bundesverwaltungsgericht.<br />
AnwohnerInnenparkausweise kosten nun vorerst wieder<br />
nur 30 € statt im Durchschnitt 360 €. Für die soziale<br />
Staffelung, so das Gericht, gebe es keine bundesrechtliche<br />
Grundlage. Der alternative Verkehrsclub VCD erklärte,<br />
dass es in den BewohnerInnenparkgebieten mehr Platz<br />
als früher gegeben habe und weniger zugeparkte Kreuzungen,<br />
die Verkehrssicherheit also höher war. Die Zahl<br />
der BewohnerInnenausweise hatte durch die Gebühren<br />
um 60 % abgenommen.<br />
KEINE GRUNDRECHTE FÜR GEFLÜCHTETE<br />
Das Bundesverwaltungsgericht hat Klagen gegen Grundrechtseinschränkungen<br />
in Flüchtlingslagern zurückgewiesen.<br />
Die Klagen gegen die Zimmer- und Zutrittskontrollen<br />
in der Landeserstaufnahmeeinrichtung für oder<br />
ehrlicher gegen Flüchtlinge in Freiburg wurden nicht akzeptiert,<br />
da die Kläger mittlerweile nicht mehr in diesem<br />
Lager wohnen. Damit ist der Grundrechtsschutz kaum vor<br />
Gericht durchsetzbar, da Klagen von BewohnerInnen während<br />
ihrer Zeit in der LEA kaum vorstellbar sind.<br />
Die andere Klage bezog sich auf den Polizeieinsatz bei<br />
der Abschiebung des Flüchtlingsaktivisten Alassa M. aus<br />
der LEA Ellwangen. Hier wie auch bei der LEA Freiburg<br />
entschied das Gericht zwar, dass die Unverletzlichkeit der<br />
Wohnung gilt, schränkte den Grundrechtsschutz, der eigentlich<br />
daraus folgen müsste, aber gleich wieder massiv<br />
ein. Das Eindringen in das Zimmer von Alassa M. sei keine<br />
Durchsuchung, weil es so klein und übersichtlich sei, dass<br />
er nicht gesucht werden musste. Auch für das polizeiliche<br />
Betreten eines Zimmers braucht es eigentlich eine dringende<br />
Gefahr. Das Bundesverwaltungsgericht sieht diese<br />
allerdings dadurch erfüllt, dass die Abschiebung sonst<br />
evtl. schwerer durchführbar wäre. Das oberste Verwaltungsgericht<br />
stellte sich damit in den Dienst eines Diskurses<br />
und der Politik, die Flüchtlinge als Gefahr sehen, die<br />
man möglichst schnell abschieben muss, Menschenrechte<br />
hin oder her.<br />
[FR] FREIBURG – POLIZEIBURG<br />
Rund um die Nachttanzdemo für subkulturelle Freiräume,<br />
die den Wegfall und den Mangel ebendieser kritisierte,<br />
zeigten sich das Freiburger Ordnungsamt und die<br />
Polizei mal wieder höchst repressiv und wurden dabei<br />
von der Badischen Zeitung, statt kritisch kontrolliert zu<br />
werden, massiv angestachelt. Ein etwas ausschweifendes<br />
sogenanntes „Cornern“ am Lederleplatz im Stühlinger<br />
sorgte für einen reaktionären Shitstorm. Daraufhin sah<br />
sich die Polizei bemüßigt, einen Hip-Hop-Jam unter dem<br />
Motto „Musik und Kultur lassen sich nicht verdrängen“<br />
noch vor dem Beginn per Prügeleinheit BFE (Beweissicherungs-<br />
und Festnahmeeinheit) zu unterbinden. Obwohl<br />
es einen politischen Aufruf, Transparente und politische<br />
Parolen gab, stellte die Polizei willkürlich in Abrede, dass<br />
die Veranstaltung unter den Schutz der Versammlungsfreiheit<br />
falle. Der Nachttanzdemo am Folgetag begegnete<br />
die Freiburger Stadtverwaltung bzw. das Ordnungsamt<br />
dann mit einer Allgemeinverfügung, die der Demo den<br />
Startort verbot, weil am Stühlinger Kirchplatz an diesem<br />
Abend auch die Nostalgische Messe stattfand. In der<br />
Verfügung fabulierte das Ordnungsamt von Ausschreitungen<br />
und einer Gefahr für Sicherheit und Ordnung.<br />
Die Nachttanzdemo startete dann einfach wenige hundert<br />
Meter entfernt vom Kirchplatz und zog lautstark<br />
und friedlich tanzend durch die Stadt. Ständig begleitet<br />
wurde sie von einem übermäßigen Polizeiaufgebot, das<br />
den Alfred-Döblin-Platz in der Vauban nach Beendigung<br />
des Aufzugs räumte. Mitten in der Nacht ignorierte die<br />
Polizei dann auch noch, dass es sich beim Mietshäuser<br />
Syndikatsprojekt SUSI um Privatgelände handelt, drang<br />
dort in Gärten ein, leuchtete in Wohnungen und störte<br />
die Nachtruhe von zahlreichen BewohnerInnen, darunter<br />
natürlich auch einigen Kindern.<br />
- Weiterführende Links auf unserer Homepage -<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023 5
helfen auch den Reinigungsleuten, unseren Kollegen, gerne<br />
mit aus. Wenn wir irgendwo Müll sehen, dann nehmen wir<br />
den natürlich auch mit. Neben der Reinigung mache ich<br />
Kontrollgänge im Bezirk, in dem ich täglich unterwegs bin.<br />
Wir arbeiten mit Rufbereitschaft. Wir haben also nicht nur<br />
den alltäglichen Job zu machen, wir machen daneben auch<br />
unsere Kontrollgänge, so gegen Mittag dann. Und das auch<br />
samstags. Unsere Arbeitszeit ist montags bis Freitag und<br />
regelmäßig auch an Samstagen. Wir sind bei den Bächleputzern<br />
vier Mann und arbeiten in zwei Teams mit je zwei<br />
Leuten. Im Schnitt arbeite ich an zwei Samstagen im Monat<br />
inklusive Rufbereitschaft.<br />
Bereits morgens, wenn man durch die Stadt schlendert,<br />
sieht es sauber und aufgeräumt aus – Wann startet Ihr<br />
mit Eurer Arbeit und wann seid Ihr fertig?<br />
Ab sechs Uhr morgens geht es los, um 6:30 Uhr sind wir<br />
meistens in unserem Bezirk und sind dann so um halb drei<br />
bis drei Uhr fertig, dann haben wir Feierabend.<br />
Foto: Felix Groteloh<br />
IM GESPRÄCH MIT...<br />
Bächleputzer Stocky<br />
Freiburg ist bekannt für sein Bächle. Das Frischwasser aus<br />
dem Schwarzwald fließt munter neben den Gehwegen<br />
her und bildet zweifellos einen Hingucker, der gerade<br />
jetzt in der wärmeren Jahreszeit große Aufmerksamkeit<br />
auf sich zieht. An dem kühlenden Nass erfreuen sich Groß<br />
und Klein und auch so manches Tier. Aber wer putzt das<br />
Bächle und kümmert sich um dessen Pflege? Um mehr zu<br />
erfahren, haben wir den bekanntesten Freiburger Bächleputzer<br />
Alain Stockmayr, Spitzname Stocky, zu einem<br />
Interview eingeladen, um mehr über seine Person, seinen<br />
ungewöhnlichen Beruf und das Bächle zu erfahren.<br />
Schön, dass Du Dir Zeit genommen hast. Wie geht es Dir?<br />
Mir geht es gut, blendend.<br />
Seit wann arbeitest Du als Bächleputzer?<br />
Ich bin jetzt seit 22 Jahren bei der Abfallwirtschaft Freiburg<br />
und davon seit 12 Jahren bei den Bächleputzern.<br />
Kümmert Ihr Euch ausschließlich um die Reinigung der<br />
Bächle oder habt Ihr auch andere Aufgaben?<br />
Wir sind ausschließlich für das Bächle zuständig, aber wir<br />
Aus welchem Grund wurde das Bächle gebaut, welche<br />
Aufgabe(n) hatte es damals und welche hat es heute?<br />
Es wurde gebaut zur Bewässerung von Wiesen und Feldern,<br />
für die Viehtränken und natürlich auch für den Brandschutz<br />
in der Stadt. Heute zählt es zur Tradition hier in<br />
Freiburg und ist, neben praktischen Aspekten, wichtig für<br />
den Tourismus.<br />
Was bringt das Bächle zum fließen?<br />
Das Bächlewasser stammt aus der Dreisam und läuft über<br />
den Gewerbekanal in einen eigenen Bächlekanal. Wir<br />
haben eine eigene Stellfalle, an der wir den Wasserlauf einstellen,<br />
je nach Wasserstand. Ab dem Schwabentor beginnt<br />
das Freiburger Bächle und fließt dann praktisch mit dem<br />
Gefälle, ca. 8 Meter, zur Unterlinde runter. Wir werden oft<br />
gefragt, ob das Bächle eine Pumpe hat, aber das braucht es<br />
durch das Gefälle nicht.<br />
Wie viele Kilometer beträgt die Gesamtlänge des Bächle<br />
und wie viele verlaufen davon unterirdisch?<br />
Insgesamt sind es 15 bis 16 Kilometer – was wir jeden Tag<br />
saubermachen sind zwischen 7 und 8 Kilometer. Die restlichen<br />
Kilometer verlaufen unterirdisch.<br />
Was schätzt Du: Wie viele Kilometer bist Du in den ganzen<br />
Jahren beim Bächleputzen schon gelaufen?<br />
Ich laufe täglich zwischen 10 und 15 Kilometer – dann kann<br />
man sich das ja ausrechnen...<br />
Haben sich schon einmal Forellen aus der Dreisam ins<br />
Bächle verirrt?<br />
Vor Jahren hatten wir tatsächlich mal eine Forelle, die es<br />
bis in die Kaiser-Joseph-Straße geschafft hatte. Da waren<br />
der Kollege und ich an der Stellfalle, um sie zu spülen, und<br />
6<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023
dabei muss sie sich irgendwie durchgemogelt haben. Wir<br />
konnten sie glücklicherweise mit Hilfe einer mit Wasser<br />
gefüllten Plastiktüte wieder in die Dreisam aussetzen.<br />
Ihr findet bestimmt manchmal recht außergewöhnliche<br />
Sachen bei Euren Touren. Was war Dein absurdestes<br />
Fundstück – Über welches musstest Du am meisten lachen<br />
und welches hat Dich am meisten verwundert?<br />
An Müll, Abfall, Klamotten findet man eigentlich täglich<br />
so ziemlich alles. Aber das Lustigste war an einem Morgen<br />
eine zusammengeknüllte Gummipuppe, die haben wir aus<br />
einem Schacht in der Salzstraße gezogen.<br />
Was war das Verrückteste, das Dir beim Bächleputzen<br />
passiert ist?<br />
Dass ich selbst mal drinnen lag im Bächle, in der Bertoldstraße,<br />
in voller Länge. Ich bin ausgerutscht mitsamt Besen<br />
und Harke. Das war lustig! Ich habe mich selbst darüber<br />
amüsiert.<br />
Knöcheltief, wie kleine Lebensadern, durchzieht das<br />
Bächle die vielen Gassen und Straßen. Welches ist Deine<br />
Bächle-Lieblingsstelle?<br />
Wenn es richtig ruhig sein muss oder soll – das habe<br />
ich natürlich auch mal gerne – dann halte ich mich am<br />
liebsten hinten an der Adelhauserstraße auf. Das ist so<br />
ein schönes Eck. Dann noch in der Fischerau. Das ist schön<br />
beruhigend. Gerade jetzt bei der Hitze ist man froh, einmal<br />
Ruhe zu haben.<br />
Begegnet Dir das Thema Wohnungslosigkeit und Mangel<br />
an bezahlbarem Wohnraum auch bei Deiner Arbeit und<br />
wenn ja: wie?<br />
Oh ja, das sieht man immer häufiger in Freiburg, aber in<br />
anderen Städten sieht es genauso aus. Ja, leider – sehr<br />
schade für die Menschen. Man sieht immer mehr Obdachlose,<br />
auch viele Jugendliche, junge Mädels. Die sieht<br />
man dann morgens manchmal noch irgendwo in der Ecke<br />
schlafend, überall in den Gässle. Das ist nicht schön.<br />
Im Sommer sind diese Menschen weniger sichtbar, sie sind<br />
mehr außerhalb, im Winter dann mehr in der Stadt. Aber<br />
im Prinzip sieht man sie das ganze Jahr über in der Stadt.<br />
Jede obdachlose Person ist eine zu viel.<br />
Wie kam es zur Kooperation mit Betty BBQ und wie<br />
lange bietet Ihr nun schon Deine „Bächle-Spaziergänge“<br />
an? (buchbar unter https://betty-bbq.com/cms/<br />
city-guide-touren/baechle-spaziergang/)<br />
Wir haben uns kennengelernt durch die Botschafter-/Botschafterin-Geschichte<br />
im Rahmen des Freiburger Stadtjubiläums.<br />
In diesem Zusammenhang haben wir uns dann<br />
regelmäßig getroffen. Es kam zu einem Gespräch zwischen<br />
Betty und mir – und jetzt mache ich seit etwa zwei Jahren<br />
Bächle-Führungen. Ich mache das nach Feierabend<br />
donnerstags, freitags und am ersten Samstag im Monat.<br />
So, dass ich auch für mich noch ein wenig Freizeit habe. Ich<br />
mache das total gerne, ich vertrete damit ja auch Freiburg,<br />
das Rathaus, die Abfallwirtschaft Freiburg und natürlich<br />
auch den Beruf des Bächleputzers. Weil es mir Spaß macht,<br />
mache ich das.<br />
Eine badische Legende besagt, dass jeder, der unbeabsichtigt<br />
ins Bächle tritt, ein „Freiburger Bobbele“ (ein(en)<br />
gebürtigen FreiburgerIn) heiraten wird. Trifft das auf<br />
Dich zu? Und wie oft müsstest Du demnach wohl schon<br />
verheiratet sein, wenn jeder „Fehltritt“ zählen würde?<br />
Bestimmt einige Male... Aber ich habe es ja nie geschafft,<br />
zu heiraten!<br />
Dein Beruf ist einzigartig. Was ist an DIR einzigartig?<br />
Ich bin geradlinig, sehr ehrgeizig und habe die Ruhe weg,<br />
habe einen tollen Job, er macht mir wahnsinnig viel Spaß.<br />
Ich habe Glück gehabt, dass ich diesen Job bekommen<br />
habe und in einem tollen Team arbeiten darf.<br />
Was machst Du in Deiner Freizeit?<br />
In meiner Freizeit mache ich viel Sport, das hält mich fit.<br />
Ich mache vor allem Kraft- und Ausdauertraining, das mache<br />
ich daheim, mit einer Sportmatte und Geräten, aber<br />
ich habe auch die Möglichkeit, im Geschäft zu trainieren,<br />
da es dort vor Ort auch ein kleines Fitnessstudio für uns<br />
gibt. Ich jogge viel. Hier und da nehme ich an Halbmarathons<br />
und auch an verschiedenen Laufevents teil, so wie<br />
ich Zeit und Lust habe. Eben erst bin ich den Schluchsee<br />
rauf, das war sehr schön. Beim Freiburgmarathon war ich<br />
auch dabei, zusammen mit meinem Nachbarn, das macht<br />
so richtig Spaß, wir sind ein gutes Team.<br />
Was ist für Dich der schönste Ort in Freiburg?<br />
Und welcher der hässlichste?<br />
Einen hässlichsten gibt es für mich nicht. Freiburg ist eine<br />
wunderschöne Stadt, es gibt viele schöne Ecken und Plätze.<br />
Am meisten gefällt mir die Herrenstraße. Früher schon,<br />
wenn wir unsere Kneipentouren gemacht haben, sind wir<br />
da gerne durchmarschiert und hängengeblieben. Abseits<br />
von Freiburg liebe ich den Tuniberg, wo man eine sehr<br />
schöne Aussicht auf den Kaiserstuhl und den Schwarzwald<br />
hat.<br />
Was wünschst Du Freiburg?<br />
Dass das Bächle bleibt.<br />
Herzlichen Dank für das Interview Stocky, und dass<br />
Du und Deine Kollegen das Bächle für uns alle sauber<br />
halten! Wir wünschen Dir weiterhin viel Spaß bei Deiner<br />
wichtigen Arbeit!<br />
Oliver, Conny & Ekki<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023 7
900 JAHRE ARMUT IN FREIBURG<br />
Armenwesen und Pflege in Freiburg (Teil 29)<br />
Foto: Wikipedia<br />
In der letzten <strong>Ausgabe</strong> berichtete ich über die Auswirkungen<br />
der Französischen Revolution in Freiburg und dem<br />
Breisgau. Da soll es in dieser Folge weitergehen. Außerdem<br />
schreibe ich darüber, was während der ganzen Jahre<br />
im Heiliggeistspital geschah.<br />
REVOLUTION UND FLÜCHTLINGE IM BREISGAU<br />
Ich hatte bereits darüber berichtet, wie revolutionäre<br />
aufklärerische Literatur den Weg in den Breisgau fand<br />
und was die Landesregierung, insbesondere der Freiherr<br />
von Sumerau, dagegen unternahm. Besonders Herstellung<br />
und Vertrieb antirevolutionärer Schriften schien<br />
Sumerau ein geeignetes Mittel zu sein. Wie im letzten<br />
Teil bereits erwähnt, tat sich Ignaz Fellner, ein Freiburger<br />
Druckereibesitzer, dabei besonders hervor. Fellner war in<br />
seinen Schriften sehr radikal und in einem Gedicht forderte<br />
er seine Landsleute sogar ganz offen zum Krieg gegen<br />
Frankreich auf: „Ha! Schonet nicht, Brüder/ und stoßet<br />
sie nieder/ sie trügen euch nur/ sind Mörder und Diebe/<br />
und schwören euch Liebe/ und brechen den Schwur!“ Mit<br />
solchen Texten versuchte die Regierung, eine Stimmung<br />
im Volk zu erzeugen, die sich klar gegen die Revolution<br />
richten sollte.<br />
Doch nicht nur die Literatur und die Verbreitung von<br />
Ideen machten von Sumerau Sorgen. Ein großes Problem<br />
sah er in dem Immigrantenstrom, der nach 1789 aus<br />
Frankreich einsetzte. Sumerau vermutete jede Menge<br />
Spitzel oder Revolutionäre unter ihnen, was nun wiederum<br />
eine groß angelegte Registrierungs- und Überwachungsaktion<br />
nach sich zog. Es waren zumeist Adlige<br />
mit ihren Bediensteten, die vor der Revolution und den<br />
Strafgerichten flohen, es kamen aber auch Flüchtlinge aus<br />
dem Bürgertum und eine hohe Anzahl an Geistlichen aus<br />
Frankreich in den Breisgau. Die auch als „die französischen<br />
Missvergnügten“ bezeichneten Flüchtlinge waren zwar in<br />
keinster Weise revolutionär eingestellt, doch Regierung<br />
und Magistrat blieben vorsichtig und befürchteten<br />
8<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023
weiterhin, dass sich unerwünschte Personen unter die<br />
Flüchtlinge gemischt hatten. Sumerau betrachtete vor<br />
allem die Bediensteten des Adels als höchst verdächtig.<br />
Deshalb traf man einige Vorsichtsmaßnahmen in Freiburg.<br />
Die Flüchtlinge durften sich nur nach ordentlicher<br />
Anmeldung bei den Behörden in der Stadt einquartieren.<br />
Für eine dauerhafte Niederlassung in Freiburg genügte<br />
die übliche Bürgeraufnahme durch die Stadt nicht mehr,<br />
man musste eine „Hofbewilligung“ von der Landesstelle<br />
einholen. Doch weder die Freiburger EinwohnerInnen<br />
noch die ImmigrantInnen hielten sich immer daran, denn<br />
bei unangemeldeten Hauskontrollen wurden immer<br />
wieder Verstöße festgestellt.<br />
Die Anzahl der Flüchtlinge stieg ständig an. Waren es<br />
noch 69 im Jahr 1791, so gab es 1798 bereits 212 registrierte<br />
ImmigrantInnen in Freiburg. Bei der Registrierung mussten<br />
die Franzosen Auskunft geben über sich selbst, ihr<br />
Gefolge, über ihren Vermieter und über ihre Fluchtgründe.<br />
Das alles wurde akribisch in Listen eingetragen, von<br />
denen einige noch heute im Stadtarchiv erhalten sind. Als<br />
1791 Louis Joseph de Bourbon, Prince de Condé aus den<br />
Flüchtlingen Bewerber für eine „Exilarmee“ im Breisgau<br />
aussuchte, kam es zu schweren Spannungen zwischen<br />
den EinwohnerInnen und den ImmigrantInnen. Das<br />
„Heer“ wuchs schnell an und bald kam es zu Übergriffen<br />
auf die zivile Bevölkerung. Der Münsterpfarrer Bernhard<br />
Galura schrieb in sein Tagebuch, dass „die Truppen des<br />
Prinzen Condé im oberen Breisgau ihren Sitten und Verhalten<br />
nach, wie die Heiden hausten“. Immer mehr BewohnerInnen<br />
des Breisgaus wollten, dass die „Flüchtlingsarmee“<br />
aus dem Land verschwindet, allein schon aus Sorge, in<br />
einen Krieg mit Frankreich hineingezogen zu werden. Die<br />
Freiburger Zünfte forderten sogar die Abschaffung aller<br />
ImmigrantInnen. Doch die meisten Flüchtlinge verhielten<br />
sich ruhig und waren ohnehin nur kurze Zeit in der Stadt.<br />
Das lag zum größten Teil an Freiherr von Sumerau, der<br />
bemüht war, die Flüchtlinge in Gruppen zusammen zu<br />
lassen und sie möglichst an einem Ort konzentriert unterzubringen,<br />
um sie besser unter Kontrolle zu haben. So<br />
kamen Immigrantengruppen nach Villingen, Rottenburg<br />
oder Konstanz, wo Sumerau ihnen dann erlaubte, sich<br />
dauerhaft niederzulassen.<br />
Direkt nach der Revolution in Frankreich war das Deutsche<br />
Reich bemüht, sich neutral gegenüber den Nachbarn<br />
zu verhalten und auch nach der Ausrufung der Republik<br />
wollte man den Frieden mit Frankreich wahren. Doch als<br />
immer mehr Besitztümer deutscher Fürsten im Elsass<br />
beschlagnahmt wurden, rüstete sich Wien dann doch für<br />
einen Krieg. Doch die Franzosen drehten den Spieß um<br />
und erklärten am 20. April 1792 dem Deutschen Reich den<br />
Krieg und überschritten den Rhein. Anfangs zog der Krieg<br />
am Breisgau vorbei, doch nach einem Jahr kehrten die<br />
Foto: Wikipedia<br />
Foto: Wikipedia<br />
Abb.: Porträt des Louis Joseph de Bourbon, Prince of<br />
Condé (1736-1818)<br />
französischen Truppen zurück. Als erstes wurde Breisach<br />
beschossen, bis die Stadt fast völlig niederbrannte. Nun<br />
bekam von Sumerau auch seine schon lange geforderte<br />
„Volksbewaffnung“ und auch im Volk selbst wurde der<br />
Ruf nach einer Aufstellung eines Volksaufgebotes immer<br />
lauter. Ende Dezember 1793 standen circa 3.000 Bauern<br />
mehr schlecht als recht bewaffnet bereit, um die Grenze<br />
nach Frankreich zwischen Kehl und Basel zu sichern. Das<br />
Freiburger Freiwilligenaufgebot von 373 Mann blieb in<br />
Freiburg, um die Stadt selbst vor Überfällen zu schützen.<br />
Vorher war aber das reguläre Militär aus Freiburg abgezogen<br />
worden, um die Grenze abzusichern.<br />
1796 kamen die Franzosen abermals über den Rhein in<br />
den Breisgau und diesmal marschierten sie auch auf<br />
Freiburg zu. Adel und Bürgertum flohen scharenweise<br />
aus der Stadt und überließen die einfache Bevölkerung<br />
wieder ihrem Schicksal. Auch der Freiherr von Sumerau<br />
setzte sich nach Wien ab. Und so zogen am 16. <strong>Juli</strong> 1796<br />
wieder einmal französische Truppen in Freiburg ein. Als<br />
Erstes erklärte der französische General Mengaud dem<br />
Rat und den EinwohnerInnen, dass die Franzosen und die<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023 9
Abb.: Die Hinrichtung von Marie Antoinette 1793 auf dem Platz der Revolution<br />
Foto: Wikipedia<br />
Revolution überall zu Unrecht schlecht dargestellt werden,<br />
man werde versuchen, diesen Irrtum auszuräumen.<br />
Und so garantierte er jedem den Erhalt seines Lebens,<br />
seines Besitzes und seiner Religion.<br />
Während der nachrevolutionären Kriege gab es auch<br />
etliche Gefangenenaustausche. Bemerkenswert war einer,<br />
bei dem einige hochgestellte Persönlichkeiten freikamen.<br />
Nachdem am 21. Januar 1793 der französische König<br />
und am 16. Oktober desselben Jahres auch die Königin<br />
Frankreichs hingerichtet wurden, befand sich die Tochter<br />
des Königspaares, Marie Thérèse Charlotte de Bourbon,<br />
noch in der Hand der Revolutionäre. Sie konnte letztendlich<br />
gerettet werden und gegen prominente Gefangene<br />
ausgetauscht werden. Darunter waren u. a. Jean Baptiste<br />
Dronet, der die Flucht von König Ludwig XVI. vereitelte,<br />
oder auch Hugues Maret, der später unter Napoleon<br />
Minister wurde. Der Freiburger Münsterpfarrer Galura<br />
notierte am 14. November 1795, dass „20 berüchtigte<br />
Förderer der Revolution“ von Freiburg nach Basel gebracht<br />
wurden und dort den Franzosen im Austausch gegen ihre<br />
Prinzessin übergeben wurden. So ging die Revolution<br />
irgendwie an Freiburg vorbei, ohne hier letztendlich<br />
wirklich etwas zu bewirken!<br />
DAS GROSSE SPITAL IN ZEITEN VON KRIEG UND<br />
REVOLUTION<br />
Das Heiliggeistspital war in diesen Zeiten der Kriege und<br />
der wechselnden Besatzungsmächte mehr gefordert als<br />
sonst. Denn der Anteil an Armen, Kranken und Bedürftigen<br />
unter der Bevölkerung war durch Krieg und Zerstörung<br />
stark angewachsen. Zwar gab es in der Vorstadt<br />
Neuburg bereits eine Elendenherberge für arme Reisende<br />
und Durchwanderer, doch die war stets überfüllt. Und<br />
so kamen täglich fremde Arme und Kranke zum Großen<br />
Spital und baten um Aufnahme. Scheinbar entschied der<br />
Spitalmeister allein über die Aufnahme, da es keine Unterlagen<br />
über eventuelle Aufnahmeprozedere gibt. Doch<br />
da die meisten von ihnen nur für eine oder zwei Nächte<br />
blieben, sah man wahrscheinlich keine Veranlassung,<br />
darüber Buch zu führen.<br />
Das Spital war trotz der Kriege und der Zerstörungen<br />
vermögend geblieben, doch bestand der größte Teil dieses<br />
Vermögens aus Land oder anderem festen Besitz sowie<br />
aus Schuldscheinen. Mit beidem konnte man jedoch nicht<br />
sofort etwas anfangen. Das Land musste für die Landwirtschaft<br />
erst wieder anbaufähig gemacht werden und<br />
Schulden bezahlen konnte in diesen Zeiten niemand.<br />
10<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023
So musste sich das Spital neu aufstellen und nach Möglichkeiten<br />
suchen, wie Geld eingespart werden konnte. Als<br />
Erstes ging es dem Fuhrpark des Spitals an den Kragen.<br />
Dieser befand sich auf dem Spitalhof vor dem Predigertor<br />
und wurde vom 14. bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts<br />
unterhalten. In den meisten Zeiten gehörten zwei Ochsengespanne<br />
und mehrere Pferdezüge zum Fuhrpark.<br />
Auch einige Mann als Personal wurden eingestellt. Vom<br />
Spital selbst wurden die Gespanne eigentlich nur zum<br />
Holztransport und zur Einfuhr der Ernte genutzt. Deutlich<br />
lukrativer war es, die Gespanne in der Stadt oder im Umland<br />
zu vermieten, z. B. zum Transport schwerer Lasten.<br />
Doch auch diese Geschäfte gingen durch den Krieg fast<br />
auf Null zurück, sodass das Spital durch das Verleihen<br />
nicht mal die Futterkosten für die Tiere hereinbekam.<br />
Deshalb wurden Ochsen, Pferde und Gespanne verkauft,<br />
um wenigstens für eine Weile die Rechnungen des Spitals<br />
begleichen zu können.<br />
Viel brachte das natürlich nicht ein und so musste das<br />
Spital weiter so wirtschaften wie in den Jahrhunderten<br />
vorher und trotz der Armut, die im ganzen Land<br />
herrschte, versuchen, an Bargeld zu kommen. Erstaunlich<br />
war, dass trotz des Elends in Stadt und Breisgau weiter<br />
genügend Spenden kamen, um die Armenversorgung<br />
aufrechtzuerhalten. Doch Bargeld blieb knapp und<br />
Lebensmittel mussten erst erwirtschaftet werden. Es war<br />
mehr oder weniger ein Leben von der Hand in den Mund.<br />
Erst der Tod der reichen Bürgerstochter Katharina Egg<br />
(1734-1767) und die damit verbundene Hinterlassenschaft<br />
sollten die Verhältnisse verbessern. In den 1740er Jahren<br />
wollte die Stadt den zerstörten Spitalhof wieder aufbauen<br />
und stellte einen entsprechenden Antrag bei der vorderösterreichischen<br />
Regierung, der aber abgelehnt wurde<br />
wegen der zu erwartenden „großen Ünkosten“. Doch der<br />
Rat versuchte alles, um die Regierung umzustimmen.<br />
Man führte alle „trifftigen Motiven genugsamb“ auf,<br />
um deutlich zu machen, warum das Spital unbedingt<br />
notwendig war. So gab der Rat an, das Wohnhaus nicht<br />
komplett neu bauen zu wollen, sondern die noch vorhandenen<br />
Mauern zu verwenden. Auch mit Scheunen und<br />
Stallungen wollte man so verfahren. Außerdem wollte<br />
man mehr Vieh halten, um mehr Milch, Butter, Fleisch<br />
u. ä. zu produzieren. Den Ausschlag gab wahrscheinlich<br />
das Argument, dass man sonst nicht wisse, wie man<br />
die SpitalbewohnerInnen ernähren könne. Zu jener Zeit<br />
lebten 104 Personen im Heiliggeistspital. Nach langen<br />
Verhandlungen gab die Regierung letztendlich nach und<br />
der Heidenhof im heutigen Stühlinger wurde als Spitalhof<br />
wieder errichtet.<br />
Bald hatte der Hof wieder die alte Größe und auch die<br />
alte Produktivität wurde wieder erreicht. 1787 bestand der<br />
Spitalhof aus 108 Juchart Gras und Baumgarten sowie<br />
Foto: Wikipedia<br />
Abb.: Bernhard Galura (* 21. August 1764 als Bernhard<br />
Katzenschwanzin Herbolzheim; † 17. Mai 1856 in Brixen)<br />
Wiesen. Juchart oder Joch ist ein altes Flächenmaß, das<br />
schon in der Antike bekannt war. Ein Juchart ist ungefähr<br />
so groß wie ein halber Hektar. Den Jahresrechnungen<br />
zufolge war der Heidenhof bald wieder ein rentables<br />
Unternehmen. So hatte der Hof im Jahre 1785 Einnahmen<br />
von 6.496 Gulden. Bei gleichzeitigen <strong>Ausgabe</strong>n von 3.079<br />
Gulden kann man sehen, dass der Gewinn doch wieder<br />
sehr beachtlich war. Aus diesen Rechnungsbüchern kann<br />
man auch ersehen, welche Tätigkeiten die Pfründner<br />
innerhalb und außerhalb des Spitals verrichten mussten.<br />
Obwohl es nicht explizit vermerkt ist, welche Pfründner<br />
zur Arbeit herangezogen wurden, dürfte es sich wohl nur<br />
um Pfründner der unteren Klassen handeln. Allerdings<br />
gab es auch dort Ausnahmen. In den Rechnungsbüchern<br />
taucht immer wieder ein Herrenpfründner namens<br />
Sebastian Gerteisen auf, der an der Feldarbeit teilnahm.<br />
Belohnt wurde er, wie die anderen auch, mit Wein und<br />
Brot. Warum dieser Herrenpfründner arbeitete, ist leider<br />
nicht bekannt.<br />
Welche Arbeiten die SpitalinsassInnen verrichteten, wie<br />
es finanziell im Spital weiterging und über die Zusammenlegung<br />
der Stiftungen geht es im nächsten Teil.<br />
Ich bedanke mich beim Stadtarchiv Freiburg und Herrn<br />
Thalheimer, der Waisenhausstiftung, Gerlinde Kurzbach,<br />
Peter Kalchtaler und Dr. Hans-Peter Widmann.<br />
Carsten<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023 11
FRAUEN IN NOTLAGEN<br />
Weiblich und wohnungslos<br />
Foto: Lucy Ray/PA Wire/Centre for Homelessness Impact<br />
Männlich, ungepflegt, Bierflasche in der einen, Kippe in<br />
der anderen Hand: Dieses Bild geht vielen beim Gedanken<br />
an einen wohnungslosen Menschen durch den Kopf.<br />
Dass dieses Stereotyp Betroffenen bei Weitem nicht<br />
gerecht wird, zeigen die Erfahrungen zweier Frauen.<br />
Ingrid Stoll, Bereichsleiterin der Wohnungsnotfallhilfe<br />
für Frauen beim „Sozialdienst katholischer Frauen e. V.“,<br />
kennt sich mit den Problemen von Frauen in schwierigen<br />
Lebenssituationen aus.<br />
„Damals, vor ungefähr 30 Jahren, war klar, dass es ein<br />
spezielles Angebot für Frauen geben muss“, sagt Ingrid<br />
Stoll über die Anfänge von „Femmetastisch“, einer Anlaufstelle<br />
für Frauen in Not in Stuttgart. Im Tagestreff gibt es<br />
Waschmöglichkeiten, günstige Mahlzeiten, einen Secondhand-Kleidershop<br />
und einen Ruheraum mit Schlafmöglichkeit.<br />
Mittlerweile bietet Femmetastisch auch betreutes<br />
Wohnen für Frauen an. Das betreute Wohnen ist<br />
gekoppelt an ein Miet- und Betreuungsverhältnis, um betroffene<br />
Frauen dabei zu unterstützen, ihr Leben wieder<br />
selbstständig zu organisieren. Auch zwischenmenschlicher<br />
Austausch wird durch verschiedene Freizeitangebote<br />
wie Feste und Tagesausflüge, aber auch durch Computer-<br />
oder Nähkurse gefördert. „Es geht uns nicht nur um<br />
Grundversorgung, sondern auch um Teilhabe“, erklärt<br />
Stoll. „Es gibt Frauen, die schon seit 25 Jahren kommen.<br />
Sie wohnen eventuell in prekärem, immer wechselndem<br />
Wohnraum. Für sie ist Femmetastisch ein Stück Heimat“,<br />
so die Sozialpädagogin.<br />
Geraten Frauen in die Wohnungs- oder Obdachlosigkeit,<br />
so sind oftmals Gewalterfahrungen im Spiel, beispielsweise<br />
in Beziehungen. „Wenn Frauen sich trennen und<br />
kein soziales Netzwerk haben, durch das sie aufgefangen<br />
werden, wird es schwierig“, sagt Stoll. So erging es Paula,<br />
die bereits in zwei vergangenen Beziehungen häusliche<br />
Gewalt durch ihre Ex-Partner erfahren hat.<br />
Nachdem ihr Verlobter sie verließ, war sie mehrere<br />
Wochen obdachlos in Stuttgart. In dieser Zeit waren<br />
sexuelle Angebote von Männern keine Seltenheit. Bereits<br />
von ihrem ersten Mann wurde sie geschlagen und hatte<br />
mit psychischen Problemen zu kämpfen. Auch finanziell<br />
gestaltete sich die Trennung für die 56-Jährige schwierig:<br />
12<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023
Ihr Ex-Partner räumte ihr Konto leer und behielt ihre<br />
Rente ein. Durch eine Freundin wurde Paula schließlich<br />
auf Femmetastisch aufmerksam und lebt mittlerweile<br />
im betreuten Wohnen. Anfang August 2022 ging sie für<br />
mehrere Wochen in Reha, da sie auch mit körperlichen<br />
Problemen zu kämpfen hat.<br />
GESELLSCHAFTLICHE ROLLENBILDER<br />
Stoll trennt zwischen Wohnungslosigkeit, die beide Geschlechter<br />
betrifft, und frauenspezifischer Arbeit. „Wenn<br />
ich frauenspezifische Arbeit machen will, muss ich genauer<br />
hinschauen. Ich muss Kenntnisse über die Situation<br />
von Frauen in der Gesellschaft haben und es muss mir<br />
wichtig sein, Parteilichkeit für Frauen zu ergreifen“, so<br />
die Bereichsleiterin. „Je sozial benachteiligter die Menschen<br />
sind, desto mehr sind auch noch die traditionellen<br />
Rollenbilder vorhanden“, erklärt sie. Außerdem habe auch<br />
die Corona-Pandemie einen Rückschritt für Frauen in der<br />
Gesellschaft bedeutet und gezeigt, „dass wir von einer<br />
Gleichberechtigung noch weit entfernt sind, wenn wir<br />
genauer hinschauen“.<br />
Dass jede und jeder in die Wohnungs- oder Obdachlosigkeit<br />
rutschen kann, zeigt die Geschichte von Silke, die<br />
insgesamt 32 Jahre mit ihrem Mann auf Reisen war und<br />
an vielen verschiedenen Orten in der Welt gelebt hat. Als<br />
ihr Mann unerwartet starb, zog sie zurück nach Stuttgart.<br />
Die ehemalige Lehrerin hat daraufhin als 24-Stunden-Pflegebetreuung<br />
gearbeitet, eine Tätigkeit, der in<br />
Deutschland oftmals Frauen aus Osteuropa nachgehen.<br />
Sie wohnte bei Patienten zu Hause und hat ihre Wohnung,<br />
in der sie sich sowieso nie aufhielt, aufgegeben.<br />
Silke beschreibt ihre damalige Arbeit mit den Patienten<br />
als eine Art Überlebensstrategie: „Für mich war der<br />
menschliche Aspekt an der Sache viel wichtiger als das<br />
Geld. Ich hatte meinen Mann verloren, also habe ich meine<br />
ganze Liebe in die Patienten gesteckt.“ Die Betreuung<br />
übte sie auf Minijob-Basis aus. „Wahrscheinlich habe ich<br />
mich selbst zu günstig verkauft. Für mich hat es gereicht.<br />
Unterkunft und Verpflegung hatte ich ja“, sagt sie darüber<br />
rückblickend.<br />
Schließlich erlitt sie jedoch einen Burnout, war psychisch<br />
und physisch erkrankt, längere Zeit im Krankenhaus und<br />
wusste nicht, wie es weitergehen soll. „Es war immer die<br />
Angst im Nacken, was danach passiert“, sagt Silke über<br />
die Übergangsphasen, wenn Patienten verstorben waren.<br />
Meist ließen die Angehörigen sie weiter dort wohnen, bis<br />
sie eine neue Stelle gefunden hatte. Nach dem Krankenhausaufenthalt<br />
konnte sie nach einiger Zeit aufgrund<br />
von Kontakten zur Kirche und zur Stadtverwaltung eine<br />
neue Wohnung finden. „Letztendlich war ich nicht auf<br />
der Straße, aber es hätte dazu kommen können. Es war<br />
haarscharf“, erinnert sich Silke.<br />
UNSICHTBARE FRAUEN<br />
In Deutschland sind nach Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
Wohnungslosenhilfe im Jahr 2020 ca.<br />
78.000 volljährige Frauen wohnungslos. Es sind aber vor<br />
allem Männer, deren Wohnungslosigkeit in der Gesellschaft<br />
sichtbar ist. „Frauen haben eine andere Art der<br />
Wohnungslosigkeit als Männer“, sagt Stoll. Eine Annahme<br />
ist, dass das an Sozialisation und Rollenbildern liegt: „Den<br />
Frauen ist es wichtiger, den Schein zu wahren. Sie sollen<br />
für alle da sein, aber nicht stören“, so die Sozialpädagogin.<br />
Während in der Wohnungslosenhilfe für Männer oft<br />
Alkohol ein Thema sei, seien bei Frauen eher Essstörungen<br />
oder Medikamente ein Problem. „Das Alkoholtrinken ist<br />
etwas nach außen Gehendes, etwas Sichtbares, und Frauen<br />
haben eher die Tendenz nach innen“, erklärt Stoll.<br />
Auf die Frage, warum Frauen in die Wohnungs- oder Obdachlosigkeit<br />
geraten, gibt es ihr zufolge keine eindeutige<br />
Antwort. Einen roten Faden zu finden, sei schwierig. „Der<br />
einzige rote Faden sind möglicherweise Gewalterfahrungen“,<br />
so die Sozialpädagogin. „Es gibt auch die studierten<br />
Frauen, die nach einer schlimmen Erfahrung den psychischen<br />
Absturz erleben und sich nicht mehr im System<br />
zurechtfinden. Wir bewegen uns alle auf einem ganz<br />
schmalen Grat“, findet sie.<br />
Nina Förster<br />
Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Trott-war e. V.<br />
/ International Network of Street Papers<br />
INFO ZUM FOTO<br />
Faith wuchs in einer Kleinstadt auf und hatte ein<br />
schwieriges Verhältnis zu ihren Eltern – sie verließ ihr<br />
Zuhause. Sie hätte gern einen Job und eine eigene<br />
Wohnung, in der sie Haustiere halten und eine eigene<br />
Familie gründen könnte. Sie fährt leidenschaftlich<br />
gern Skateboard und erkundet die Natur, und sie<br />
würde gern reisen und mehr von der Welt sehen.<br />
Zurzeit lebt sie in einer Übergangsunterkunft.<br />
Dieses Foto wurde mit freundlicher Genehmigung<br />
des Centre for Homelessness Impact (Zentrum für<br />
Obdachlosigkeit) zur Verfügung gestellt, das sich um<br />
eine veränderte Wahrnehmung von Menschen<br />
mit Obdachlosigkeit bemüht.<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023 13
WILLKOMMEN IM FALSCHEN FILM<br />
Als ich Anfang Mai einen Brief des Ordnungsamtes, welches<br />
unter anderem für die Schutzsuchenden- und Obdachlosenunterkunft<br />
zuständig ist, in der ich wohne, mit<br />
der Info erhielt, dass ab Juni alle Zimmer doppelt belegt<br />
werden, war für mich sofort klar, dass ich da raus will. So<br />
nahm ich erneut eine Portion Optimismus, Hoffnung und<br />
eine Prise Verzweiflung zusammen und schrieb mein gefühlt<br />
tausendstes, kostenloses Wohnungsgesuch in eine<br />
virtuelle Wohnungsplattform...<br />
Ich konnte es kaum glauben, als sich nach kurzer Zeit eine<br />
Dame meldete, die meine Anzeige erfrischend fand und<br />
von meinem Hauptarbeitgeber begeistert ist. So kam es,<br />
dass ich mir die kleine, alte und teilmöblierte Einliegerwohnung,<br />
ungefähr eine halbe Stunde vom Stadtkern<br />
entfernt, an einem Sonntag ansah. Mir gefiel die Wohnung<br />
und ich gab der älteren Dame meine Zusage. Sie<br />
wollte, was ich verstehen kann, umgehend sämtliche<br />
Unterlagen haben, die ich ihr dann keine drei Tage später<br />
zukommen ließ. Auf eine meiner ersten Fragen, wann ich<br />
denn einziehen könne, hatte mir Frau P. geantwortet, dass<br />
sie da flexibel sei. Da ich ja so schnell wie möglich von der<br />
Wohnungslosenunterkunft weg wollte, fragte ich sie, ob<br />
ich bereits am 15. Juni einziehen könnte.<br />
So kam es, dass Frau P. mir gegenüber langsam einen<br />
Rückschritt machte, denn sie verlangte selbstverständlich<br />
Foto: Devon Breen / Pixabay<br />
die Kaution vorab und wollte wissen, warum ich es denn<br />
so eilig habe. Ich machte mir viele Gedanken und hatte<br />
das innige Gefühl, dass es in diesem Fall wichtig und<br />
richtig ist, offen und ehrlich zu sein. Also bat ich Frau P.<br />
um ein Treffen, um ihre noch offenen Fragen zu beantworten.<br />
Sie stimmte umgehend zu und so saßen Frau P.,<br />
ihr Lebensgefährte und ich an Fronleichnam im Garten<br />
des Cafés, in dem ich als Minijobberin angestellt bin.<br />
Zunächst stockend erzählte ich beiden ausführlich, wo ich<br />
gerade wohne, wie es dazu kam, von der Doppelbelegung<br />
und legte erneut alle Unterlagen in Papierform vor. Des<br />
Weiteren erwähnte ich mehrmals, dass ich zusätzlich Bürgergeld<br />
bekomme. Das Gespräch wurde lockerer und ich<br />
lud beide ein, sich mein Zimmer und die Wohnungslosenunterkunft<br />
anzuschauen. Frau P. und ihr Lebensgefährte<br />
stimmten zu.<br />
Als ich beiden mein Zimmer gezeigt hatte, klopfte mein<br />
Nachbar an die Tür und meinte, ich solle Herrn H. vom<br />
Ordnungsamt anrufen, den ich menschlich sehr schätze.<br />
Ein ehemaliger Bewohner, der viele Probleme gemacht<br />
und ein Auge auf mich geworfen hatte, sei unerlaubt hier.<br />
Ich bekam Angst und Frau P. und ihr Begleiter schienen<br />
das bemerkt zu haben, denn beide meinten, ich könne<br />
bereits am Samstagmorgen in die Wohnung als Gast<br />
einziehen. Und am 1. <strong>Juli</strong> würde ich dann den Mietvertrag<br />
bekommen. Ich war total sprachlos und konnte mein<br />
14<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023
absurdes Glück nicht fassen! So packte ich meine wenigen<br />
Sachen zusammen, gab ein kleines Abschiedsessen<br />
für meine Wohneinheit und fuhr, da mir niemand helfen<br />
konnte, an einem Samstagmorgen mit dem Taxi zu meiner<br />
neuen Wohnung .<br />
Kaum hatte ich meine vier oder fünf Tüten in der neuen<br />
Wohnung abgeladen, sagte Frau P. zu mir, dass sie<br />
eine Gegenleistung verlangen würde, und zwar 50 €<br />
pro Woche bis zum 1. <strong>Juli</strong>. Ich war sehr erstaunt und ein<br />
wenig erschreckt, denn davon war in dem einstündigen<br />
Gespräch im Café keine Rede gewesen. Und 50 € hatte ich<br />
weder in bar noch auf meinem Konto. Frau P. gegenüber<br />
versicherte ich, dass ich am Montag mit meiner Sozialarbeiterin<br />
telefonieren werde und sie mir das Geld ganz<br />
sicher ausleihen wird. Dazu schrieb ich die Mobilnummer<br />
von meiner tatkräftigen Sozialarbeiterin auf. Frau P. legte<br />
mir auch noch ihre Bankverbindung auf den Tisch. Da ich<br />
ein unangenehmes Gefühl hatte, was die Wohnung anging,<br />
telefonierte ich mit Herrn H. vom Ordnungsamt und<br />
fragte ihn, ob ich im Notfall wieder zurückkommen könnte.<br />
Er bejahte, nur könne es wegen der Zimmerbelegung<br />
schwierig werden, da ich mit dem heutigen Tag offiziell<br />
ausgezogen war... Ich schlief in meiner Tageskleidung, was<br />
ich nur mache, wenn ich mich irgendwo unwohl fühle. In<br />
der Nacht fror ich und wachte mehrmals auf.<br />
Als ich am Sonntagabend nach einem langen Tag, der<br />
mich super von meiner bedrückten Stimmung abgelenkt<br />
hatte, in meine neue Unterkunft zurückkehrte, sprach<br />
ich Frau P. wegen des schrägen Rollos an. Sie holte einen<br />
Schraubenzieher und forderte mich auf, dass ich das machen<br />
solle. Ich lehnte ab, da ich handwerklich unbegabt<br />
bin. So stieg die ältere Frau auf eine Leiter und fummelte<br />
mit dem Schraubenzieher am kaputten Rollo herum. Frau<br />
P. wollte erneut wissen, wo ich denn arbeite, obwohl sie<br />
das eigentlich wusste. Also erzählte ich es ihr nochmals.<br />
Sie meinte darauf, dass das doch zu wenig sei, nur zwei<br />
Arbeitstage in der Woche als Masseurin und medizinische<br />
Bademeisterin und ein Minijob dazu. Sie hätte gedacht,<br />
dass ich bei meinem Ehrenamt, was mir viel Spaß macht,<br />
Geld bekommen würde. Da zu meinen Stärken viel Geduld<br />
und Freundlichkeit zählen und Frau P. schon älteren<br />
Semesters ist, erklärte ich abermals, wo ich arbeite, dass<br />
ich bei meinem Ehrenamt kein Geld bekomme und dass<br />
das Jobcenter dem Umzug zugestimmt hat und die Kaution<br />
als Darlehen übernehmen könnte.<br />
Auf einmal wurde die Frau mir gegenüber kurzzeitig<br />
aggressiv und fragte mich aufbrausend: „Warum Jobcenter?“<br />
und „Wie kommen Sie darauf, dem Jobcenter meine<br />
Daten weiterzugeben?“ Ich blieb ruhig und antwortete<br />
ihr, dass ich doch bei dem gemeinsamen Treffen mehrmals<br />
erwähnt hatte, dass ich zusätzlich Bürgergeld<br />
bekomme und das Jobcenter meinem Umzug zustimmen<br />
musste und das auch zeitnah getan hatte. Mir wurde die<br />
deutlich angespannte Situation zu viel und ich sagte zu<br />
Frau P., dass ich mal raus muss, mit meinem Bruder Benny<br />
telefonieren. Mein Bruder war wie ich ebenso arg über<br />
das plötzlich komplett andere Verhalten der älteren Dame<br />
verwundert. Er riet mir, nochmals mit ihr sachlich und<br />
entgegenkommend ein Gespräch zu führen.<br />
Das tat ich dann. So standen Frau P. und ich uns an<br />
ihrer Haustür des riesigen Hauses gegenüber. Sie war<br />
deutlich aufgebracht und meinte, dass sie es überhaupt<br />
nicht nachvollziehen kann, wie ich als junge Frau dort<br />
in diesem Container leben kann, wie es so weit kommen<br />
konnte, dass ich doch sicherlich früher gearbeitet hätte,<br />
sonst bräuchte ich jetzt sicher kein Bürgergeld und wie es<br />
sein kann, dass ich mit 30 Jahren (ich bin 31 Jahre alt, aber<br />
egal) nur die paar Tüten habe.<br />
Ich war total sprach- und fassungslos. Frau P. sprach<br />
weiter und äußerte sich, dass sie es nicht verstehen kann,<br />
warum der Staat es zulässt, dass Menschen so leben müssen<br />
(wie in der Wohnungslosenunterkunft) und so weiter.<br />
Was mich persönlich zutiefst empörte war, als sie meinte,<br />
dass ich nicht mal Winterkleidung habe und ich nicht mal<br />
die 50 € bezahlen könne. In mir kam der schlimme Verdacht<br />
auf, dass die Frau in meinen Sachen herumgewühlt<br />
hat. Den Mietvertrag würde sie mir nur geben, wenn ich<br />
die 50 € pro Woche bezahlen würde. „Ich habe sie (also<br />
mich) schließlich hierher gebracht, jetzt will ich auch was<br />
sehen.“ Frau P. sprach weiter, dass ihr Ehemann und sie<br />
immer hart gearbeitet hätten, um sich das große Haus zu<br />
leisten. Um die Situation nicht weiter eskalieren zu lassen,<br />
antwortete ich ihr darauf, dass ihr Garten tatsächlich<br />
hübsch aussieht.<br />
Mir war völlig klar, dass ich dort keine Minute länger<br />
bleiben wollte! Zum Glück rief mich Herr H. zurück, dem<br />
ich auf die Mailbox gequatscht hatte. Da ich den Schlüssel<br />
von meinem Zimmer noch hatte und Herr H. meine prekäre<br />
Lage verstand, meinte er, dass ich heute Abend noch<br />
zurückkehren kann. Dafür bin ich ihm zutiefst dankbar!<br />
So bestellte ich mir für die Rückfahrt noch mal ein Taxi.<br />
Frau P. wartete mit mir auf das Taxi und wirkte spürbar<br />
erleichtert, dass ich ging. Sie sagte zu mir, dass sie und ich<br />
in zwei verschiedenen Welten leben und ich dort auf Dauer<br />
nicht glücklich geworden wäre. Eine Antwort darauf<br />
fiel mir nicht ein.<br />
So fuhr ich also am späten Sonntagabend zurück in die<br />
Notunterkunft. Ich war und bin ziemlich erleichtert, dass<br />
ich dort weggekommen bin!<br />
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FREIeBÜRGER 07 | 2023 15
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FREIeBÜRGER 07 | 2023 17
AgriKultur FESTIVAL 2023<br />
Gutes Essen sollte nicht nur für reiche Menschen sein!<br />
Foto: AgriKultur<br />
Ist gutes Essen nur ein Privileg von Besserverdienenden?<br />
Das ist eins der Themen, die beim AgriKultur Festival vom<br />
21. bis 23. <strong>Juli</strong> 2023 im Eschholzpark und der angrenzenden<br />
Edith-Stein-Schule adressiert werden.<br />
Das Theaterprojekt „Ernährungsgerechtigkeit - Food Justice“<br />
involviert interessierte BürgerInnen, um zusammen<br />
mit anderen gesellschaftlichen Akteuren aus Freiburg<br />
und Umgebung das Thema der Ernährungsgerechtigkeit<br />
in dem innovativen Theaterformat nach dem Ansatz des<br />
Theaters der Unterdrückten zu entwickeln, zu proben und<br />
auf dem AgriKultur Festival aufzuführen (23. <strong>Juli</strong>, 13 Uhr).<br />
• Das „Wegwerfen von Lebensmitteln“ wird in einer Veranstaltung<br />
von „Food Sharing“ adressiert (22.07., 16 Uhr).<br />
• Der Workshop „Bis zum letzten Krümel“ (22.07., 16 Uhr)<br />
von der Bäckerei „Brotbruder“ zeigt auf, wie Mensch mit<br />
altem Brot leckere Gerichte zaubert.<br />
• Das „Solare Kochen“ gibt jedem die Möglichkeit, beim<br />
Kochen mitzumachen und gegen Spende mitzuessen.<br />
Genutzt werden krumme Bio-Waren, die nicht in den<br />
Handel kommen (22.07., 11 Uhr).<br />
• Produktiv „urban gärtnern“ kann bei einem Vortrag von<br />
Urs Mauk für SelbstversorgerInnen gelernt werden<br />
(21.07., 16.30 Uhr).<br />
Das sind nur einige Programmpunkte, die soziale Themen<br />
aufgreifen in Bezug zum Essen.<br />
Die Grundidee des Festivals ist, nachhaltige Landwirtschaft<br />
und Ernährung in einen kulturellen Kontext zu<br />
setzen und damit eine Plattform zum Informieren und<br />
(Kennen-)Lernen, zum Genießen und Feiern sowie für<br />
Austausch und Vernetzung zu sein. Verschiedene Formate<br />
wurden von Anfang an als Eckpunkte des Festivals<br />
gesetzt:<br />
• Vorträge und Diskussionsrunden zu Landwirtschaft<br />
und Ernährung<br />
• Authentische regional-ökologische Gastronomie<br />
• Bauern- und Infomarkt: Vorstellung von Initiativen,<br />
Betrieben und ihren Produkten<br />
• Workshops zum Selbermachen z. B. Gärtnern, badisch<br />
Kochen, Hühnerhaltung<br />
18<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023
• Theater zu ernährungspolitischen Themen<br />
• Filme zu Landwirtschaft und Ernährung<br />
• Künstlerischer Rahmen mit Dekoration, Ausstellungen,<br />
Performances (zu Landwirtschaft und Ernährung)<br />
• Kinderprogramm<br />
• Musik, Konzerte, DJs<br />
Ein wesentliches Ziel war und ist es, einen Austausch<br />
zwischen Stadt und Land zu ermöglichen und Produzenten<br />
und Konsumenten zum Dialog zusammenzubringen,<br />
denn der Graben zwischen ihnen ist ein wesentliches<br />
Problem unseres Ernährungssystems.<br />
Mehr Nachhaltigkeit und der Ausbau regional-ökologischer<br />
Strukturen in Landwirtschaft und Ernährung können<br />
nur mit Sensibilisierung der Gesellschaft stattfinden.<br />
Deswegen ist das Festival gratis und barrierefrei, es lädt<br />
jede(n) ein, vorbeizukommen und sich mit dem Angebot<br />
auseinanderzusetzen. Das Programm findet sich unter:<br />
www.agrikulturfestival.de und wird in Freiburg ausgelegt.<br />
Das Festival soll nicht ein passiver Raum zum Konsumieren<br />
sein, sondern die Teilnehmenden aktiv das Thema<br />
erfahren lassen: durch Erleben nicht nur beim Essen und<br />
Trinken, sondern auch im Austausch mit den Landwirten,<br />
den Initiativen und den anderen Gästen - aber auch durch<br />
das praktische Lernen bei den Workshops.<br />
Seit elf Jahren findet das Festival statt und soziale Gerechtigkeit<br />
war immer ein wichtiges Thema – schließlich gibt<br />
es die Tendenz, dass ökologisch und regionales Essen teurer<br />
verkauft wird und dass es schwierig ist für viele, sich<br />
solche Lebensmittel zu leisten. Manche nennen das Thema<br />
der biologischen Bewirtschaftung ein Luxusproblem.<br />
Tatsächlich ist die Art und Weise der Nahrungsmittelproduktion<br />
ein Thema, das uns alle angeht. Schließlich ist<br />
die industrielle Produktion von Nahrung ein wesentlicher<br />
Grund für eine Reihe von globalen Herausforderungen:<br />
• Industrielles Essen ist reich an Zucker, schlechten Fetten<br />
und Geschmacksverstärkern und ein wesentlicher<br />
Grund für eine ganze Reihe an Gesundheitsproblemen.<br />
Die Liste könnte noch verlängert werden, aber es wird<br />
klar, dass konventionelles, industrielles Essen viele Probleme<br />
verursacht, die alle angehen. Wenn wir jetzt die<br />
notwendigen Änderungen in der Lebensmittelproduktion<br />
durchführen, also unsere Nahrung sauberer und fairer<br />
produzieren, bedeutet das, dass wir zum einen viele<br />
Kosten vermeiden (die Zerstörung guter Böden und Klimaschäden<br />
kosten ja Geld), zum anderen aber auch, dass<br />
wir nicht immer so viel produzieren können wie durch<br />
die schadvolle intensive industrielle Produktion. Dies ist<br />
einer der Gründe, warum ökologische Lebensmittel im<br />
Laden teurer sind. Was machen Menschen mit beschränktem<br />
Einkommen? Auch sie interessiert es, dass unsere<br />
Umwelt sauber ist und unsere Lebensgrundlagen nicht<br />
zerstört werden. Auch sie wollen ihren Körper nicht mit<br />
schlechtem Essen belasten. Deswegen hat der Staat eine<br />
Verpflichtung, gutes Essen für alle verfügbar zu machen.<br />
Das geht zum Beispiel über die Gemeinschaftsverpflegung.<br />
In Kindergärten, Schulen, Mensen und Betriebskantinen<br />
essen in Freiburg tausende Menschen jeden Tag,<br />
hier sollen verstärkt ökologische und regional produzierte<br />
Lebensmittel genutzt werden. Diese Prozesse sind aktuell<br />
in der Diskussion und werden in anderen Ländern (z. B.<br />
Österreich) und Städten (z. B. Kopenhagen) schon intensiver<br />
verfolgt. Aber wir bleiben am Ball mit dem AgriKultur<br />
Festival, um das Bewusstsein auch hierzu zu verbessern!<br />
Komm vorbei und sei Teil des Wandels in unserer<br />
Nahrungsmittelversorgung!<br />
AgriKultur<br />
In eigener Sache<br />
• Die Qualität des Bodens verschlechtert sich zunehmend.<br />
• Die Wassermenge wird durch den großen Bedarf der<br />
Landwirtschaft reduziert, die Wasserqualität wird durch<br />
den großen Einsatz von Düngemitteln mit Stickstoff<br />
verschlechtert. Zum Wasserthema (Wasserkonflikte in<br />
Südbaden) gibt es übrigens einen wertvollen Input von<br />
„RegioWasser“ beim Panel Regio-Kompass (22.07., 11 Uhr).<br />
• Die Herstellung von Pestiziden und Düngemitteln ist<br />
sehr energieintensiv und verschlingt große Mengen fossiler<br />
Brennstoffe. Kein Wunder, dass Landwirtschaft und<br />
Ernährung einen großen Anteil an der globalen Klimabelastung<br />
haben (je nach Rechnung 21-37 % der gesamten<br />
Klimaemissionen).<br />
• Landwirtschaft ist ein wesentlicher Grund für Verlust<br />
von Biodiversität, z. B. Insektensterben.<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023 19
Pressemitteilung Radio Dreyeckland I 14.06.2023<br />
NACH ZULASSUNG DER ANKLAGE:<br />
Kritische Berichterstattung ist keine „Propaganda“!<br />
Das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) hat am 12.06.2023<br />
entschieden, dass die Anklage gegen unseren Redakteur<br />
von Radio Dreyeckland, der eine Meldung über die<br />
Einstellung eines Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang<br />
mit dem Verbot der Internetplattform linksunten.<br />
indymedia verfasst hatte, doch zugelassen wird. Die Gesellschaft<br />
für Freiheitsrechte e. V. (GFF) hat bereits erklärt,<br />
uns weiter zu unterstützen und kündigt an, notfalls bis<br />
zum Bundesverfassungsgericht zu gehen.<br />
In der Verlinkung auf die Archivseite von linksunten.indymedia<br />
sieht das OLG die Unterstützung einer verbotenen<br />
Organisation. Das Landgericht Karlsruhe hatte zunächst<br />
in einem ausführlich begründeten Beschluss entschieden,<br />
die Anklage nicht zuzulassen. Dagegen hatte die Staatsanwaltschaft<br />
Beschwerde eingelegt, die das Oberlandesgericht<br />
nun annahm und damit das Hauptverfahren<br />
eröffnete. „Das Landgericht hatte sich auf 40 Seiten akribisch<br />
mit der Aktenlage auseinandergesetzt, recherchiert,<br />
abgewogen und die Rechtsprechung des BGHs und des<br />
Bundesverfassungsgerichts einfließen lassen. Das Oberlandesgericht<br />
zitierte seitenweise einfach nur Wikipedia“,<br />
kritisierte die Strafverteidigerin Angela Furmaniak die<br />
Qualität der OLG-Entscheidung.<br />
Es sei überwiegend wahrscheinlich, so das Gericht, dass<br />
die verbotene Vereinigung linksunten.indymedia fortbestehe<br />
und die Archivseite betreibe. Der Artikel samt Link<br />
auf die Archivseite sei „Propaganda“ und damit nicht von<br />
der Pressefreiheit gedeckt, sondern eine strafbare Unterstützung<br />
der Vereinigung. Begründet wird dies unter<br />
anderem damit, dass in dem Artikel von einem „konstruierten<br />
Verbot“ und einer „rechtswidrigen Durchsuchung“<br />
im Zusammenhang mit dem Verbot von linksunten.<br />
indymedia die Rede ist.<br />
„Wenn Medien mit Strafverfahren rechnen müssen, nur<br />
weil sie kritisch über staatliche Vereinsverbote berichten,<br />
dann bleibt von der Pressefreiheit nicht mehr viel<br />
übrig“, erklärt David Werdermann, Jurist und Verfahrenskoordinator<br />
der GFF. „Die Verlinkung der Archivseite<br />
ist keine Propaganda, sondern gehört zu den Aufgaben<br />
der digitalen Presse. Nur so können LeserInnen sich selbst<br />
informieren und eine Meinung bilden.“ Die GFF wird<br />
den angeklagten Journalisten in dem nun anstehenden<br />
Hauptverfahren vor dem Landgericht Karlsruhe weiter<br />
unterstützen. Auch gegen die Durchsuchungen und<br />
Beschlagnahmen gehen wir und unsere AnwältInnen<br />
mit Unterstützung der GGF weiter vor. Das Amtsgericht<br />
Karlsruhe hatte Anfang des Jahres die Durchsuchung von<br />
Redaktions- und Privaträumen angeordnet. Die hiergegen<br />
eingelegten Beschwerden sind noch beim Landgericht<br />
Karlsruhe anhängig. Für den Fall, dass die Beschwerden<br />
keinen Erfolg haben oder es gar im Strafverfahren<br />
zu einer Verurteilung kommt, werden wir mit der GGF<br />
Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht<br />
erheben.<br />
„Erst die Hausdurchsuchungen, jetzt die Eröffnung des<br />
Hauptverfahrens: Die baden-württembergische Justiz<br />
braucht offenbar Nachhilfe in Sachen Pressefreiheit“,<br />
so Fabian Kienert, der angeklagte RDL-Redakteur. „Die<br />
Kriminalisierung belastet nicht nur mich, sondern verunsichert<br />
JournalistInnen in der ganzen Republik. Es muss<br />
möglich sein, kritisch über Vereinsverbote zu berichten,<br />
ohne sich direkt dem Vorwurf auszusetzen, eine verbotene<br />
Vereinigung zu unterstützen.“<br />
„Unsere journalistische Arbeit leidet unter dem Angriff<br />
der Staatsanwaltschaft. Wir müssen uns seit Januar dauernd<br />
mit fadenscheinigen Beschlüssen von Staatsanwälten<br />
und Gerichten auseinandersetzen, dabei haben wir<br />
als selbstorganisiertes Projekt schon so genug zu tun. Die<br />
Kriminalisierung unseres lizenzierten freien Radiosenders<br />
ist nicht nur politisch unhaltbar, sondern auch eine<br />
emotionale Bürde“, erklärt die Betriebsgruppe von Radio<br />
Dreyeckland.<br />
Fabian Kienert, Jenny Warnecke<br />
(RDL-Öffentlichkeitsarbeit)<br />
Weitere Infos: https://rdl.de/Hausdurchsuchungen<br />
https://rdl.de/beitrag/ermittlungsverfahren-nach-indymedia-linksunten-verbot-wegen-bildung-krimineller<br />
20<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023
GEMEINSAM IN BEWEGUNG<br />
beneFit e. V. lädt am 29. <strong>Juli</strong> zu einem vielfältigen Sport- und<br />
Bewegungsevent auf den Stühlinger Kirchplatz ein<br />
Dem Sport wird immer wieder eine große Rolle zugeschrieben,<br />
wenn es darum geht, unterschiedliche Personengruppen<br />
zusammenzubringen. Politische Leitgedanken<br />
wie Sport für Alle heben den organisierten Sport in<br />
Deutschland als niederschwellig und gesamtgesellschaftlich<br />
zugängliche Institutionen hervor. Doch treffen beim<br />
Sport wirklich Personengruppen aufeinander, die es im<br />
Lebensalltag nicht tun würden? Es ist schon lange bekannt,<br />
dass der Sport häufig eine geschlossene Gemeinschaft<br />
ist und nicht die Vielfalt der Gesellschaft in seinen<br />
Angeboten widerspiegelt.<br />
Menschen in prekären Lebenslagen werden häufig gänzlich<br />
ausgeschlossen, da Barrieren wie Kosten oder zu hohe<br />
Leistungserwartungen ausgrenzend wirken können.<br />
Am 29.07.2023 möchte beneFit e. V. bei einem bunten<br />
Sport- und Bewegungsevent zeigen, dass ein gemeinsames<br />
Sporttreiben nicht nur möglich, sondern auch für<br />
Individuum und Gesellschaft wichtig ist und gewinnbringend<br />
sein kann.<br />
Der Tag startet mit einem energievollen „Guten Morgen-Sportprogramm“,<br />
das zum Mitmachen einlädt,<br />
angeleitet von TrainerInnen von beneFit e. V. Im Anschluss<br />
können die BesucherInnen ebenfalls an verschiedenen<br />
Sport- und Bewegungsaktivitäten teilnehmen. Das Latino-Kollektiv<br />
wird mit einer Tanzaufführung für schwungvolle<br />
Momente sorgen, während beneFit e. V. und die<br />
step stiftung eine Bewegungsecke zum Ausprobieren<br />
Foto: beneFit e. V.<br />
bereitstellen. Wer nicht selbst aktiv werden möchte, kann<br />
beim Straßenfußballturnier zuschauen. Sechs Teams werden<br />
in der ganz besonderen Stadionkulisse des Stühlinger<br />
Kirchplatzes antreten. BesucherInnen haben die Möglichkeit,<br />
Kaffee und Kuchen auf Spendenbasis zu genießen.<br />
Ein Informationsstand steht für alle weiteren Fragen und<br />
Austausch bereit. Die Moderation von Til von Zweierpasch<br />
führt uns durch das Programm und DJ Super PHLY sorgt<br />
mit ihrer musikalischen Begleitung für die passende<br />
Stimmung.<br />
Konnte Dein Interesse geweckt werden? Dann komm vorbei<br />
und freue Dich auf ein buntes Sport- und Bewegungsprogramm!<br />
Wenn Du oder Deine Begleitung besondere<br />
Bedarfe haben, wie zum Beispiel den Einsatz von DolmetscherInnen<br />
für Gebärdensprache, oder Du sonstige Fragen<br />
zum Event hast, lass es uns wissen und wir schauen,<br />
was wir möglich machen können.<br />
Du hast Lust, beim Fußballturnier mitzuspielen? Dann<br />
melde Dich gerne per Mail bei uns – Jede(r) ist willkommen.<br />
Du kannst Dich alleine oder mit einer Gruppe<br />
anmelden.<br />
Für alle Rück- und Anfragen kannst Du uns gerne an<br />
info@benefit-bewegung.de eine E-Mail schreiben. Wir<br />
freuen uns über Dein Interesse und hoffen, Dich am 29.07.<br />
auf dem Stühlinger Kirchplatz zu treffen.<br />
Oettle & Wießmann<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023 21
Engagiert für<br />
wohnungslose Menschen<br />
Sonntagstreffs<br />
im <strong>Juli</strong> 2023<br />
02.07.2023<br />
13 Uhr<br />
09.07.2023<br />
12:30 Uhr<br />
Maria Magdalena Kirche im Rieselfeld<br />
Maria-von-Rudloff-Platz<br />
Straßenbahnlinie 5 Richtung Rieselfeld<br />
Halt Maria-von-Rudloff-Platz<br />
Evangelische Petrus-Paulus-Gemeinde<br />
Lorettostraße 59<br />
Straßenbahnlinie 3 Richtung Vauban<br />
Halt Weddigenstraße<br />
Trauung des Brautpaares Anne und Mike<br />
durch Pastor Reinhold Sylla von<br />
Freunde von der Straße<br />
Anschließend fröhliches Beisammensein<br />
beim Hochzeitsmittagessen<br />
Foto: E. Peters<br />
VERKÄUFER KARSTEN<br />
Moin, ich bin es, der Karsten, für meine Stammkundschaft<br />
der St. Pauli-Karsten. In der schönen Lüneburger Heide<br />
bin ich aufgewachsen, lebe aber schon seit elf Jahren in<br />
Freiburg. Ein Teil des FREIeBÜRGER-Teams bin ich seit Mai<br />
2012. Gestartet als Verkäufer, bin ich nach wie vor Verkäufersprecher<br />
und ein fester Bestandteil der Redaktion.<br />
Mein Verkaufsplatz ist in der Eisenstraße vor dem ehemaligen<br />
Westhoff Kaffeekultur-Geschäft. Ich verkaufe meist<br />
Dienstag bis Samstag zwischen 10 und 13 Uhr. Über die<br />
vielen Jahre konnte ich mir eine große Anzahl an StammkundInnen<br />
aufbauen, von denen viele Anteil an meinem<br />
Leben nehmen. Über jeden Neukunden, der dazu kommt,<br />
freue ich mich genauso wie über Gespräche, einen Kaffee<br />
oder eine Currywurst vom Münsterplatz.<br />
Mit einer großen Leidenschaft bin ich schon immer FC St.<br />
Pauli-Fan. So oft es geht fahre ich nach Hamburg, um ein<br />
Spiel live zu sehen, am liebsten mit meiner Tochter, die<br />
meine St. Pauli-Leidenschaft teilt. Ja, meine Tochter ist<br />
großartig und ich freue mich sehr darüber, dass sie ihre<br />
Ausbildung zur Hotelkauffrau mit Auszeichnung bestanden<br />
hat. Außerdem bin ich ein großer Sympathisant des<br />
SC Freiburg und freue mich über die erfolgreich abgeschlossene<br />
Saison.<br />
So Leute, das soll es von mir mal gewesen sein. Ich sage<br />
Tschüss und bis bald an meinem Verkaufsplatz...<br />
Ihr Karsten<br />
JULI 2023<br />
WINE LIPS + AFTERSHOW<br />
SO, 2. I 20 H I GARAGE, PUNK, PSYCHEDELIC<br />
KUMBIA QUEERS + FINISSAGE<br />
MO, 3. I 20 H I CUMBIA, TROPI-PUNK<br />
BIKINI BEACH /// SUMMER STAGE #3 THEATER FREIBURG<br />
DO, 6. I 20 H I FUZZY-BUZZY-GARAGE-PUNK<br />
BLACK SQUARE + BERLIN 2.0 + CATBITEBACK<br />
SA, 8. I 21 H I HARDCORE, DEATH POST PUNK, FEMINIST PUNK RAP<br />
BANDIT BANDIT /// SUMMER STAGE #3 THEATER FREIBURG<br />
SO, 9. I 20:30 H I FRENCH PSYCH ROCK<br />
CATL + DELTA DANNY<br />
FR, 14. I 21 H I DIRTY BLUES ROCK<br />
SALON RIOT #12 + VERNISSAGE<br />
SA, 15. I 20 H I KONZERTE KUNST PARTY<br />
BREANNA BARBARA + TULIPS<br />
DO, 20. I 20 H I PSYCHEDELIC BLUES ROCK, DARK SYNTH, WAVE PUNK<br />
BEAT CLUB #2<br />
FR, 21. I 21 H I DUB, DOWN BEAT, HOUSE<br />
BIONDA E LUPO<br />
SA, 22. I 21 H I NDW, SYNTH POP<br />
BAR /// SUMMER STAGE #3 THEATER FREIBURG<br />
SO, 23. I 20 H I COUNTRY DOOM, SLOWCORE<br />
VEREIN FÜR NOTWENDIGE KULTURELLE MASSNAHMEN e.V.<br />
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FREIeBÜRGER 07 | 2023
MITMACHSEITE<br />
Lernen Sie uns kennen...<br />
• Diskutieren Sie mit uns<br />
• Erzählen Sie uns Ihre Geschichte<br />
• Schreiben Sie einen Artikel<br />
• Unterstützen Sie unsere Aktivitäten<br />
• Kommen Sie auf ein Käffchen vorbei<br />
Machen Sie mit!<br />
Sagen Sie es weiter!<br />
Wir freuen uns auf Sie...<br />
Ihr FREIeBÜRGER-Team<br />
Engelbergerstraße 3 – 0761/3196525 – info@frei-e-buerger.de<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023 23
Henry setzt all seine Hoffnung auf das Vorstellungsgespräch,<br />
das am nächsten Tag stattfinden soll. Größte<br />
Sorge bereitet ihm dabei sein verwahrlostes Erscheinungsbild.<br />
Ebenso besorgniserregend ist Juniors Gesundheitszustand.<br />
Das Kind hat Fieber und Bauchweh. Henry<br />
ist mit der Situation vollkommen überfordert. Als er vor<br />
dem Motel in eine gewaltsame Auseinandersetzung verwickelt<br />
wird, muss er mit Junior fliehen, bevor beide ein<br />
lang ersehntes Bad nehmen können. Am nächsten Morgen<br />
bringt Henry seinen kranken Sohn schweren Herzens<br />
zur Schule.<br />
Nach schier unüberwindbaren Hürden gelangt Henry<br />
schließlich zum Bewerbungsgespräch bei einem vom<br />
Bundesstaat zur Resozialisierung von Straftätern geförderten<br />
Callcenter. Nun könnte sich Henrys Schicksal<br />
zum Besseren wenden. Doch als er Junior von der Schule<br />
abholt, hat sich dessen Zustand verschlechtert. Ohne<br />
Krankenversicherung und ohne Geld gibt es keine medizinische<br />
Hilfe für den kranken Jungen. Mit 38 Cent in der<br />
Tasche und knurrendem Magen klaut Henry im Walmart<br />
eine Packung Ibuprofen, um Junior zu retten. Und er fragt<br />
sich: „Bringt ein Diebstahl im Namen der Gesundheit seines<br />
Sohnes die ethische Waage ins Gleichgewicht?“<br />
Jakob Guanzon<br />
„Überfluss“<br />
Elster & Salis<br />
ISBN 978-3-906903-20-0<br />
380 Seiten | 25 €<br />
ÜBERFLUSS<br />
Buchbesprechung von utasch<br />
Mitten im Überfluss leiden viele Menschen unter Entbehrungen.<br />
Der Zugang zur bunten Warenwelt, zu Nahrung,<br />
Medikamenten und einem Dach über dem Kopf bleibt<br />
ihnen verwehrt. So ergeht es auch Henry und seinem<br />
Sohn Junior in dem Debütroman „Überfluss“ von Jakob<br />
Guanzon.<br />
Seit sechs Monaten leben Henry und sein Sohn in ihrem<br />
Truck. Juniors achter Geburtstag soll trotzdem ein besonderer<br />
Tag werden. Henry hat genug Geld zusammengekratzt,<br />
um seinem Sohn ein Essen bei McDonald's und<br />
eine Übernachtung in einem billigen Motel zu spendieren.<br />
Er ist sich der Erbärmlichkeit dieser Geburtstagsüberraschungen<br />
bewusst und leidet unter Scham und Schuldgefühlen.<br />
Henry reflektiert die Situation: „Ist es komisch<br />
oder traurig, dass anhaltende Entbehrungen jede noch so<br />
kleine Annehmlichkeit in Luxus verwandeln?“<br />
Wie Henry so tief sinken konnte, wird ausführlich in rückblickenden<br />
Kapiteln geschildert. Wir lernen Henrys früh<br />
verstorbene Mutter und seinen strengen, verbitterten<br />
Vater kennen. Wir folgen Henry durch seine chaotische<br />
Jugend bis in die Entzugsklinik, in der er seine große Liebe<br />
Michelle trifft. Es folgen die Aussöhnung mit dem Vater,<br />
die gemeinsame Arbeit im Baugewerbe und der Tod des<br />
Vaters, dessen Nachlass aus einem Scheck der Lebensversicherung<br />
und einem Schuldenberg besteht.<br />
Michelle und Henry heiraten, Junior wird geboren und<br />
das Glück der jungen Familie wird nur durch permanenten<br />
Geldmangel beeinträchtigt. Was Henry durch ehrliche<br />
Arbeit verdient, reicht nicht zum Leben. Deshalb lässt er<br />
sich von einem alten Freund in Drogengeschäfte ziehen,<br />
durch die er fünf Jahre im Knast landet. Nach seiner Entlassung<br />
findet er seinen Sohn verwahrlost und seine Frau<br />
drogenabhängig im Trailerpark vor. Wegen seiner Vorstrafe<br />
hat er keinen Anspruch auf staatliche Unterstützung<br />
und es gibt kein Entkommen aus dem Elend.<br />
Jakob Guanzon hat ein trauriges, schonungsloses und<br />
fesselndes Buch über verzweifelte Menschen geschrieben,<br />
deren Leben von Mangel bestimmt und Scheitern vorhersehbar<br />
ist. Von Luft und Liebe kann niemand leben und<br />
unsere Überflussgesellschaft ist leider kein Schlaraffenland.<br />
Der Roman macht die Scham, Wut und Verzweiflung<br />
eines Vaters, der am untersten Rand der Gesellschaft lebt,<br />
hautnah spürbar.<br />
24<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023
SOMMERSALAT MIT ERDBEEREN<br />
Foto: E. Peters<br />
Herzlich willkommen auf unserer Kochseite!<br />
Der Sommer ist da und mit ihm leckere Zutaten für einen<br />
erfrischenden Salat. Die meisten verspüren den Drang<br />
nach leichten Rezepten, so auch wir vom FREIeBÜRGER.<br />
Also haben wir das direkt umgesetzt. Es gibt diesen Monat<br />
nämlich einen Salat mit Erdbeeren, genauer gesagt<br />
einen Pastasalat mit einem roten & fruchtigen Tomatenpesto,<br />
gepimpt mit vielen leckeren Zutaten wie Wildkräutersalat,<br />
gerösteten Cashews, frischem Basilikum und<br />
natürlich mit ganz vielen süßen Erdbeeren. Sparen Sie<br />
nicht an den Erdbeeren, denn bald ist die Erdbeerzeit vorbei...<br />
Apropos Erdbeeren: Wussten Sie schon, dass Erdbeeren<br />
aufgrund ihres hohen Wassergehalts nur sehr wenig<br />
an Kalorien haben und mehr Vitamin C als Zitrusfrüchte<br />
enthalten?<br />
Dieser Salat ist einfach genau das Richtige, wenn es mal<br />
wieder so richtig knalle heiß ist. Einige werden jetzt denken:<br />
Erdbeeren in einem Salat..., ticken die aus der Redaktion<br />
noch ganz richtig? Ja, wir tun es! Sie werden es sehr<br />
schnell beim Verzehr merken, wie hervorragend alle Zutaten<br />
miteinander harmonieren. Jeder, der Zeit und Wonne<br />
hat, kann natürlich das Tomatenpesto selbst machen, mit<br />
fertigem geht es halt schneller und der Salat ist ruckzuck<br />
fertig.<br />
Zutaten für 4 Personen:<br />
250 g Vollkorn-Farfalle<br />
75 g Cashewkerne<br />
50 g Erdbeeren<br />
3-4 Basilikumblätter<br />
50 g Wildkräutersalat<br />
Zubereitung:<br />
Die Pasta nach Packungsanleitung bissfest kochen und<br />
abgießen. Danach die Cashewkerne in einer Pfanne bei<br />
mittlerer Hitze vorsichtig und nur kurz rösten, da sie superschnell<br />
anbrennen. Sie können sie zur Seite stellen,<br />
wenn sie braun sind. Jetzt die Erdbeeren vom grünen Hütchen<br />
befreien, leicht abbrausen, in Scheiben schneiden<br />
und den Salat waschen. Als Nächstes rühren Sie aus Honig,<br />
Limettensaft, Pesto und feingehackten Knoblauchzehen<br />
eine Soße an. Danach die Pasta direkt mit dem Dressing<br />
vermischen, die Cashewkerne dazugeben und nach<br />
Belieben mit Salz & Pfeffer abschmecken. Zuletzt noch<br />
die Basilikumblätter fein hacken und zusammen mit dem<br />
Wildkräutersalat und den Erdbeeren vorsichtig unterheben.<br />
Den Salat schön in Salatschalen anrichten und mit<br />
knusprigem Baguette oder Ciabatta-Brot servieren.<br />
Guten Appetit!<br />
120 g rotes Pesto<br />
1 EL Honig<br />
1-2 EL Limettensaft<br />
1-2 Knoblauchzehen<br />
Salz & Pfeffer<br />
Oliver & Ekki<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023 25
die Aktiven wieder Trainieren angesagt, die nächsten Special<br />
Olympics im Winter 2025 in Turin und im Sommer<br />
2027 im australischen Perth warten bereits.<br />
Hallöchen, liebe Sportfreunde,<br />
ich wünsche Euch einen schönen Start in den Sommer.<br />
Sportlich gesehen ist jetzt eine ganze Menge los, auch<br />
wenn die Fußballbundesliga gerade Pause macht. Nächste<br />
Woche geht die Tour de France los und in Wimbledon<br />
wartet das wichtigste Tennisturnier der Welt. Für die<br />
Leichtathletik ist gerade auch Hochsaison und im Fußball<br />
tragen die Frauen ihre Weltmeisterschaften aus. Also Langeweile<br />
dürfte nicht aufkommen.<br />
Doch erstmal komme ich zu einem Sportereignis, das gerade<br />
zu Ende gegangen ist. In den vergangenen Tagen<br />
fanden die Special Olympic World Games in Berlin statt<br />
und sie waren ein Beispiel für gelungene Integration. In<br />
26 Sportarten ermittelten geistig und mehrfach beeinträchtigte<br />
SportlerInnen ihre Besten, doch Gewinner waren<br />
eigentlich alle TeilnehmerInnen. Knapp 7.000 AthletInnen,<br />
1.200 Schieds- und KampfrichterInnen, 20.000<br />
ehrenamtliche HelferInnen sowie etwa 330.000 ZuschauerInnen<br />
sorgten dafür, dass die Spiele zu einem spektakulären<br />
Event wurden. Und auch das Fernsehen sorgte mit<br />
Liveübertragungen von den Wettkämpfen dafür, dass die<br />
Special Olympics in die Wohnzimmer getragen wurden.<br />
Ich selbst habe mir den einen oder anderen Wettbewerb<br />
angeschaut und war erstaunt, was diese SportlerInnen<br />
doch alles so schaffen können. Und man konnte auch sehen,<br />
dass jeder einzelne stolz darauf ist, bei diesen Spielen<br />
starten zu dürfen. Und jedem einzelnen sah man bei<br />
aller Anstrengung auch an, dass es ihm oder ihr unglaublich<br />
viel Spaß macht! Besonders gefiel mir das Interview<br />
mit einem der deutschen Sportler, der sagte, er sieht das<br />
alles weniger als Wettkampf, sondern als fröhliches Zusammensein<br />
mit Freunden. So eine Einstellung sollten<br />
mehr Menschen haben, nicht nur beim Sport. Jetzt ist für<br />
Ein weiterer Sportler, allerdings mit körperlicher Beeinträchtigung,<br />
lässt gerade die Leichtathletik-Welt aufhorchen.<br />
Markus Rehm, deutscher Paralympicsieger im<br />
Weitsprung, sprang am Wochenende 8,72 m weit! Mit<br />
Beinprothese! Damit hat er seinen eigenen Weltrekord<br />
zum wiederholten Mal verbessert und wäre auch in der<br />
Weltrangliste der nicht beeinträchtigten Springer sehr<br />
weit vorn. Erst neun Athleten ohne Beeinträchtigungen<br />
sind je weiter gesprungen als Markus Rehm! Das ist mehr<br />
als nur beachtlich. Rehm ist ja auch schon mehrfacher<br />
Deutscher Meister im „normalen“ Weitsprung geworden,<br />
doch international darf er nicht starten. Die internationalen<br />
Verbände und Funktionäre können sich seit Jahren<br />
nicht einig werden, ob solch eine Prothese ein Vorteil<br />
ist oder nicht. Hier sollte man es doch mal mit dem oben<br />
erwähnten Motto der Special Olympics versuchen... Den<br />
„normalen“ Weitsprung-Weltrekord hält übrigens der<br />
Amerikaner Mike Powell mit 8,95 m. Im <strong>Juli</strong> findet die Para<br />
Leichtathletik-WM in Paris statt und auch Markus Rehm<br />
wird an den Start gehen. Als klarer Favorit natürlich! Mal<br />
sehen, wo danach der „echte“ Weltrekord steht.<br />
In der kommenden Woche startet zum 110. Mal die Tour<br />
de France, das wohl schwerste Radrennen der Welt. Die<br />
Zeiten von Doping und Betrug scheinen ja vorbei zu sein,<br />
weshalb die ARD seit einigen Jahren wieder live von der<br />
Tour berichtet. Für die deutschen Radprofis ist seit dem<br />
Toursieg von Jan Ullrich 1997 außer einzelnen Etappensiegen<br />
nicht viel gelaufen. Nur selten schaffte es einer der<br />
deutschen Fahrer unter die besten zehn in der Gesamtwertung.<br />
Im Jahr 2019 fuhr Emanuel Buchmann auf einen<br />
starken vierten Platz, aber seitdem lief bei ihm nicht<br />
mehr viel zusammen. Doch in diesem Jahr will er wieder<br />
angreifen, seine Form war in letzter Zeit auf jeden Fall ansteigend.<br />
Vor zwei Monaten beim Giro in Italien gab es ein<br />
interessantes Phänomen zu beobachten. Fast nach jeder<br />
Etappe wurden Fahrer aus dem Rennen genommen, nicht<br />
etwa wegen Dopings oder unerwarteter Schwächeanfälle,<br />
nein, Corona war der Übeltäter! Vor allem waren das<br />
immer Sportler, die in der Gesamtwertung ganz vorn mit<br />
dabei waren. Da hat sich dann kaum noch einer getraut,<br />
das Trikot des Spitzenreiters überzustreifen, weil er dann<br />
vielleicht am nächsten Tag schon aufhören musste. Mal<br />
schauen, ob sich das bei der Tour fortsetzt.<br />
Fußball gibt es natürlich auch noch ein bisschen, schließlich<br />
hat ja Hansi Flicks Zauberteam gespielt. Und das<br />
gleich dreimal! Ich verstehe immer noch nicht, warum<br />
man nach Beendigung der Saison drei Länderspiele ansetzen<br />
muss, und damit stehe ich nicht allein da.<br />
26<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023
Abb.: Farbenfrohe Eröffnungsfeier der Special Olympics im Berliner Olympiastadion<br />
Foto: Fabrizio Bensch / REUTERS<br />
Zumal das ja auch noch eine extra lange Saison war, wegen<br />
der WM im Winter. Das tausendste Länderspiel hätte<br />
man im Herbst auch noch austragen können, vielleicht<br />
hätte man es dann sogar gewonnen. Wie dem auch<br />
sei, drei Spiele, davon zwei verloren und keins gewonnen.<br />
Ich glaube, das ist die schlechteste Bilanz, die eine<br />
DFB-Mannschaft in diesem Jahrtausend hatte. Na gut,<br />
mit der Ukraine, Polen und Kolumbien hatte man nicht<br />
unbedingt Laufkundschaft als Gegner, aber die Branchenführer<br />
sind es auch nicht gerade. Doch die wirklich guten<br />
Mannschaften wollen halt auch nur gegen andere sehr<br />
gute Teams testen und da gehört Deutschland einfach<br />
nicht mehr dazu. Momentan steht die deutsche Elf in der<br />
Weltrangliste auf Rang 14. Und da nur Turnier- und Qualifikationsspiele<br />
Punkte einbringen, wird Deutschland bis<br />
zur EM daheim auch noch ein paar Plätze einbüßen, denn<br />
wir spielen ja die Quali nicht mit. Und so wie sich Flicks<br />
Team in den besagten drei Spielen präsentiert hat, wird<br />
es im nächsten Jahr nicht einmal zum erweiterten Favoritenkreis<br />
zählen. Dabei redet das ganze Land schon wieder<br />
vom Sommermärchen 2024. Aber Märchen müssen<br />
nicht immer gut ausgehen, bei Rotkäppchen musste am<br />
Ende der Wolf ja auch sterben! Aber Trainer Flick bleibt<br />
optimistisch und spricht immer noch davon, auf dem<br />
richtigen Weg zu sein. Da hoffe ich nur, dass er es schafft,<br />
seinen Spielern diesen Weg auch zu zeigen. Denn noch<br />
haben die davon keine Ahnung, die Abwehr ist so leicht<br />
auszuspielen, wie es noch nie eine deutsche Abwehr war,<br />
das Mittelfeld ist ideenlos und die Stürmer treffen nicht.<br />
Ein kleiner Hoffnungsfunken bleibt: Es muss einfach besser<br />
werden, denn schlechter ist nicht mehr möglich.<br />
In zwei Wochen beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft<br />
der Frauen und dieses Mal ist das deutsche Team nicht<br />
unbedingt Favorit Nummer 1. In den letzten Jahren haben<br />
eben andere Nationen mächtig aufgeholt, sodass es<br />
längst kein Vierkampf zwischen USA, Brasilien, Schweden<br />
und Deutschland ist. Sieben oder acht Frauschaften<br />
können sich Hoffnungen auf den Titel machen und da ist<br />
dann vielleicht auch das DFB-Team dabei. Doch egal wie<br />
es ausgeht, in der Vorrunde ausscheiden werden unsere<br />
Damen wohl nicht. Ein Kampf wurde schon mal verloren,<br />
nämlich der ums Geld. Zwar bekämen die Damen für den<br />
Gewinn der WM so viel wie nie zuvor, nämlich 252.000<br />
Euro, die Herren hätten für den Titel in Katar allerdings<br />
400.000 Euro kassiert. Da wollte sich Deutschland in Katar<br />
für Frauenrechte einsetzen und dann so etwas...!<br />
Für heute war es das, beim nächsten Mal gibt es mehr<br />
von den Fußballdamen...<br />
Carsten<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023 27
Kontakt: www.schemske.com<br />
FOLGE 37<br />
Der Kontrollraum in Miriams Firma lag im Dunkel, erhellt<br />
nur vom Schein der Bildschirme. Hinter dem riesigen<br />
Hauptbildschirm, der an der Seitenwand montiert war,<br />
befand sich eine Kohlefadenlampe. Sie wurde nie ausgeschaltet,<br />
denn das hätte den empfindlichen Kohlefaden<br />
brechen lassen. Ihr warmer Schein erleuchtete die Wand<br />
hinter dem großen Monitor. Miriam beendete die Videokonferenz<br />
und rief ihren Onkel an. Sie beließ die Gesichter<br />
der IT-Schamaninnen noch auf dem Bildschirm, als<br />
Wolf Hammer sich meldete. „Hallo Wolf, es wurde Zeit,<br />
dass ich meine Damen mal auf den Fall ansetzte.“ „Hast<br />
du deine berühmte KI eingesetzt?“ „Im Gegenteil, ich<br />
habe sie träumen geschickt.“ „Schamaninnenträume,<br />
hoffe ich!“ Sie schaltete die Gesichter nacheinander auf<br />
Vollbild.<br />
„Zuerst der Bericht von Angie. Sie sah einen ‚Ring Roter<br />
Sonnen‘, in der Schwärze des Alls.“ Sie schaltete Angie<br />
ab und wechselte auf die Japanerin. „Hiroko sah einen<br />
Schweinebuckel, was auch immer sie damit meinte.“ Sie<br />
wechselte auf ihre Retterin. „Sylvie sah einen LKW, der an<br />
einer Rampe stand.“ Das Vollbild der Engländerin erschien.<br />
„Whorag hat nichts geträumt oder gesehen.“<br />
Jetzt erschien ein Live-Bild aus dem Silicon Valley. „Vishnewsky,<br />
genannt Babsie, sah endlose Reihen von Menschen,<br />
vielleicht Soldaten.“<br />
Wolf dachte nach. „Bei dem roten Ring denke ich an Infrarot-LEDs,<br />
die um das Objektiv herum angeordnet sind.<br />
Dadurch sehen solche Kameras auch bei Nacht.“ „Das<br />
würde mit dem LKW an der Rampe übereinstimmen.<br />
Aber ein Schweinebuckel?“ „Mitch, der echte Musikmanager,<br />
erzählte mir einmal von einem Soundman mit einem<br />
Stiernacken.“ „Wir müssen Mitch sofort kontaktieren.“<br />
Wolf legte auf.<br />
Dann begann er ein neues Gespräch. „Mary, wie hieß der<br />
Musiker am Klavier in Baden-Baden?“ Die Sängerin hörte<br />
den dringlichen Ton in seiner Stimme. „Pazeller, es ist<br />
Friedrich Pazeller.“ „Stimmt es, dass er ein Tinnitus-Experte<br />
ist? Könnte er Mitch heilen?“ „Unbedingt. Dass wir daran<br />
nicht früher gedacht haben!“ „Ruf ihn an, wir werden<br />
ihn noch heute Abend abholen.“<br />
Wolf legte auf und rief Annabell an. Sie war zuhause,<br />
hatte keinen Nachtdienst, war aber nicht gewillt, irgendwohin<br />
zu gehen. „Hör zu, Annabell, ich habe dich angelogen.<br />
Ich bin nicht der Musikmanager. Mitch erholt sich<br />
in der Schwarzwaldklinik von einem Hörsturz.“ „Schwarzwaldklinik?<br />
Spinnst du jetzt?“ „Nein. Hör zu. Hol‘ diesen<br />
Pazeller in Baden-Baden ab und bringe ihn zu Mitch. Ich<br />
bin Wolf Hammer, aber das erkläre ich dir später. Bitte, es<br />
ist dringend. Mary wird die Adresse noch mitteilen!“<br />
Wolf ging ziellos durch Mitchs Wohnung, als sein Handy<br />
klingelte. „Ich bin mit Friedrich auf der Autobahn.<br />
Er schläft, hatte einen harten Proben-Tag. Da ist noch<br />
etwas.“ Wolf zuckte zusammen. Diesen Ton kannte er von<br />
seiner Exfrau. „Danke dir für die Rettung meiner Tochter.<br />
Susi geht es schon ein wenig besser. Damit hat es<br />
nichts zu tun.“ Wolf fragte sich, worauf sie hinaus wollte.<br />
Er brauchte nicht lange zu warten. „Wir können Freunde<br />
bleiben. Aber ich mache jetzt Schluss mit dir. Einen<br />
Vertrauensbruch verzeihe ich nicht, niemandem!“ Sein<br />
Telefon piepte, sie hatte aufgelegt.<br />
Nach über einer Stunde klingelte sein Handy. Es war Pazeller.<br />
„Hör zu, dein Freund ist wieder okay. Er kann die<br />
weitere Behandlung mit der App vornehmen, die ich auf<br />
sein Handy geladen habe. Könnten wir zu dir kommen?<br />
Mitch sagt, du wärest in seiner Wohnung.“<br />
28<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023
Als es klingelte, standen einige Leute vor der Tür. Wortlos<br />
drängte sich Annabell an ihm vorbei. Sie schob Friedrich<br />
und Mitch am Ellenbogen ins Wohnzimmer. Ganz zum<br />
Schluss reichte die Sängerin Mary Sylvester dem verdutzten<br />
Wolf freundlich lächelnd die Hand. Mitch und Annabell<br />
nahmen an dem Gespräch nicht teil. Nachdem Mitch<br />
den Namen des Verdächtigen genannt hatte, setzten<br />
sie sich in einer Ecke aufs Sofa und steckten die Köpfe<br />
zusammen. Wolf nahm die Wohnungsschlüssel, die<br />
Fernbedienung des Maybach und die Papiere des Musikmanagers<br />
und legte alles auf den Couchtisch. Mitch sah<br />
die Geste und kramte ebenfalls in seinen Taschen. Dann<br />
wandte er sich wieder seiner neuen Freundin zu. Jetzt<br />
hatte die Dating-App doch noch gesiegt.<br />
Wolf wandte sich mit einem verlegenen Winken zur Wohnungstür.<br />
Bevor er sie öffnete, fiel ihm noch etwas ein.<br />
„Alexa“, rief er, „öffne den Safe.“ Die KI ließ die Stahltür<br />
klicken. Wolf nahm den Schuhkarton heraus und ließ<br />
ihn in den weißen Krankenhaus-Plastiksack gleiten, der<br />
zusammengelegt auf einem Regal gelegen hatte. Jemand<br />
zupfte ihn am Arm. Erschreckt drehte er sich um. Es war<br />
Mary, die sich ihre Handtasche über die Schulter schlang.<br />
„Wo willst du mit dem Ding hin, Wolf? Lässt du dich<br />
jetzt einliefern, da Mitch wieder gesund ist?“ Sie zog ihn<br />
in den Aufzug und drückte den Knopf. „Was ist in dem<br />
Sack?“<br />
Sie standen gerade im Hausflur, als Wolf sich noch mal<br />
umdrehte. „Sollen wir eine Runde in Mitchs Swimmingpool<br />
drehen? Jetzt dürfte keine Menschenseele da oben<br />
sein. Dann sortieren wir die Hinterlassenschaft meines<br />
verstorbenen Vaters.“ Mary nickte. „Vier Augen sehen<br />
mehr als zwei.“ Der Aufzug brachte sie in den obersten<br />
Stock. Als sie die Treppe zum Pool hinaufgingen, leuchteten<br />
die Lichter der Nacht von weit unten zu ihnen empor.<br />
Sie stießen die Glastür auf und ein Schwall feuchter, chemisch<br />
riechender Luft wehte in ihre Nasen. Niemand war<br />
da. Lachend entledigten sie sich ihrer Kleider und stiegen<br />
in das sich leise kräuselnde Wasser. Sie sahen nicht die<br />
zwei misstrauisch zusammengekniffenen Augen, die sie<br />
von der Umkleide aus fixierten.<br />
Nach dem Herumplantschen setzten sie sich auf eine der<br />
Bänke. Die Lüftung kühlte sie ab und trocknete sie. Wolf<br />
leerte den großen, weißen Beutel und legte alles auf die<br />
Bank, die letzten Habseligkeiten seines Vaters. Geldbeutel,<br />
Schlüssel, Kulturbeutel, Taschenschirm und ein<br />
Plastikbeutel mit dem Ehering. Wolf holte ihn heraus und<br />
gab ihn Mary. Im Geldbeutel befanden sich Kreditkarten<br />
und eine Mitgliedskarte des Freiburger Clubs Pferdestall,<br />
ohne Namen, lediglich nummeriert. Es war wohl ein verdeckter<br />
Ausweis für seine Dienststelle. Dazu elftausend<br />
Euro in bar.<br />
Mary sinnierte. „Ring. Gold. The Lord of the Rings, Ringsgwandel,<br />
Ringer-Bank... Weißt du, ich habe oft im Club<br />
Atlantis in Basel gespielt. Genau gegenüber ist die Ringer<br />
Bank AG.“ „Dann ist die Nummer der Mitgliedskarte der<br />
Code des dortigen Nummernkontos.“ Wolf atmete tief<br />
ein und aus. „Wir müssen nach Basel. Aber zuerst muss<br />
ich mich noch mal abkühlen.“<br />
Keiner von ihnen bemerkte die Gestalt, die sich leise ins<br />
Becken schob. Erst als ihn eine harte Hand brutal immer<br />
tiefer ins Wasser zog, sah Wolf undeutlich die Gestalt<br />
eines stämmigen Mannes. Wolf wehrte sich nicht. Er zog<br />
vielmehr den Mann, der ihn festhielt, ebenfalls tiefer,<br />
bis zum Grund des Beckens. Mit dem Fuß schob er das<br />
Schutzgitter der Entleerungspumpe beiseite. Der überaus<br />
kräftige Sog zerrte an ihm. Schnell schob er die Hand des<br />
Widersachers dorthin. Als der Kerl sicher festsaß, wurde<br />
es Zeit, Luft zu holen. Wolf stieg auf und blies Wasser und<br />
Schaum in die Luft. Auch nach mehrmaligem Tauchen gelang<br />
es ihm nicht, den Unglücklichen wieder aus dem Sog<br />
der Ablaufpumpe zu befreien. Der Mann klammerte sich<br />
an ihn, aber Wolf spürte, wie er schwächer wurde.<br />
Wolf setzte sich zu Mary und erzählte ihr, wie er mit dem<br />
Mann gekämpft hatte. „Um mich zu befreien, schob ich<br />
ihn zum Schutzgitter der Ablaufpumpe. Es war wohl der<br />
Mörder, der sich zum Ziel gesetzt hatte, Freiburger Musiker<br />
zu töten. Aber ob er mich oder Mitch gemeint hatte,<br />
werden wir nie erfahren.“<br />
Mary schob die Habseligkeiten von Wolfs Vater zurück in<br />
den Beutel. Dann reichte sie ihm das Handy. „Ruf mal die<br />
Polizei an. Du wirst einiges zu erklären haben. Wenn das<br />
vorüber ist, fahren wir beide nach Basel.“<br />
- ENDE -<br />
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Wolf-Hammer-Krimi<br />
als Audiobook<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023 29
WIR WERDEN DIE NUSS SCHON KNACKEN!<br />
WORTSPIELRÄTSEL<br />
von Carina<br />
Fett umrandete Kästchen stellen den jeweiligen Lösungsbuchstaben des endgültigen<br />
Lösungswortes dar und zwar von oben nach unten gelesen. Sind pro Einzellösung mehrere<br />
Kästchen fett umrandet, sind diese Buchstaben identisch! Alles klar? Na dann viel Spaß!<br />
Zur Beachtung: Ä/Ö/Ü = AE/OE/UE und ß = SS<br />
Aloha, liebe Kopf-Surfer!<br />
Die einen haben ihn noch vor sich, andere schon hinter sich, einige können sich<br />
(mal wieder) keinen leisten und bleiben auf Balkonien. Man sagt, diese Zeit sei die schönste<br />
Zeit im Jahr. Die Ziele sind genauso unterschiedlich wie die Geschmäcker. Einige hauen<br />
dann ordentlich auf den Putz, andere wollen sich lieber so richtig erholen, viele möchten<br />
etwas sehen und Land und Leute kennenlernen. Richtig: Diesmal haben alle Begriffe<br />
irgendwas mit dem Thema Urlaub zu tun. Und ich wünsche Euch allen einen schönen<br />
selbigen und ich hoffe, Ihr erholt Euch gut dabei!<br />
1. Holzbohle für die Internetreise<br />
2. Tour mit christlichem Symbol<br />
3. Kopfbedeckungen für ein Magnetende<br />
4. Flüssigkeits-Sturz<br />
5. Hühnerprodukt eines Ödlands<br />
6. Krankheitssymptom einer Tour<br />
7. Weibliche Brust mit Gewässer<br />
8. Luftfahrtfurcht<br />
9. Fortbewegung mit Leistungseinheit<br />
10. Tatsächlichkeits-Symbol<br />
Lösungswort:<br />
Zu gewinnen für das korrekte Lösungswort:<br />
1.- 3. Preis je ein Gutschein unserer Wahl<br />
UND:<br />
Im Dezember 2023 wird von ALLEN korrekten<br />
Einsendungen ein zusätzlicher Gewinner gezogen,<br />
der eine besondere Überraschung erhält!<br />
Einsendeschluss<br />
ist der 30 . <strong>Juli</strong> 2023<br />
(es gilt das Datum des Poststempels bzw. der E-Mail)<br />
E-Mails nur mit Adressen-Angabe. Unsere Postanschrift finden Sie<br />
im Impressum auf Seite 31. Teilnahmeberechtigt sind alle, außer die<br />
Mitglieder des Redaktionsteams. Wenn es mehr richtige Einsendungen als<br />
Gewinne gibt, entscheidet das Los. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Lösungswort der letzten <strong>Ausgabe</strong>: JUBILIEREN<br />
bestehend aus den folgenden Einzellösungen:<br />
1. JAHRESZAHL 2. GLUECKWUNSCH<br />
3. SALATBUFFET 4. HOCHSTIMMUNG 5. GRILLPARTY<br />
6. MUSIKKAPELLE 7. FESTTAG<br />
8. GROSSARTIG 9. FEUERWERK 10. KNALLERFETE<br />
Gewonnen haben (aus 51 korrekten Einsendungen):<br />
H. Scherzinger, Freiburg<br />
N. Scherger, Mahlberg<br />
G. Dahlem, St. Peter<br />
HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH !<br />
Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt.<br />
30<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023
ÜBER UNS<br />
Seit Jahren geht in unserer Gesellschaft die Schere zwischen<br />
Arm und Reich weiter auseinander. Besonders durch die<br />
Agenda 2010 und die damit verbundenen Hartz IV-Gesetze<br />
wurden Sozialleistungen abgesenkt. Die Lebenshaltungskosten<br />
steigen jedoch von Jahr zu Jahr. Viele Menschen kommen<br />
mit den Sozialleistungen nicht mehr aus oder fallen schon<br />
längst durch das ziemlich löchrig gewordene soziale Netz.<br />
Und heute kann jeder von Arbeitslosigkeit bedroht sein.<br />
Vereine und private Initiativen versuchen die Not, in welche<br />
immer mehr Menschen kommen, zu lindern und die Lücken<br />
im System zu schließen. Es gibt unterschiedliche nichtstaatliche<br />
Einrichtungen wie z. B. die Tafeln, welche sich um diese<br />
ständig wachsende Bevölkerungsgruppe kümmern. Oder<br />
eben die Straßenzeitungen wie der FREIeBÜRGER.<br />
In unserer Straßenzeitung möchten wir Themen aufgreifen,<br />
welche in den meisten Presseerzeugnissen oft zu kurz oder<br />
gar nicht auftauchen. Wir wollen mit dem Finger auf Missstände<br />
zeigen, interessante Initiativen vorstellen und kritisch<br />
die Entwicklung unserer Stadt begleiten. Wir schauen aus<br />
einer Perspektive von unten auf Sachverhalte und Probleme<br />
und kommen so zu ungewöhnlichen Einblicken und<br />
Ansichten. Damit tragen wir auch zur Vielfalt in der lokalen<br />
Presselandschaft bei.<br />
Gegründet wurde der Verein im Jahr 1998 von ehemaligen<br />
Wohnungslosen und deren Umfeld, deshalb kennen die<br />
MitarbeiterInnen die Probleme und Schwierigkeiten der<br />
VerkäuferInnen aus erster Hand. Ziel des Vereins ist es, dass<br />
Menschen durch den Verkauf der Straßenzeitung sich etwas<br />
hinzuverdienen können, sie durch den Verkauf ihren Tag<br />
strukturieren und beim Verkaufen neue Kontakte finden<br />
können. Wir sind eine klassische Straßenzeitung und geben<br />
unseren VerkäuferInnen die Möglichkeit, ihre knappen finanziellen<br />
Mittel durch den Verkauf unserer Straßenzeitung<br />
aufzubessern. 1 € (Verkaufspreis 2,10 €) pro <strong>Ausgabe</strong> und das<br />
Trinkgeld dürfen unsere VerkäuferInnen behalten.<br />
Es freut uns zum Beispiel sehr, dass sich einige wohnungslose<br />
Menschen über den Verkauf der Straßenzeitung eine neue<br />
Existenz aufbauen konnten. Heute haben diese Menschen<br />
einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz und eine<br />
Wohnung. Der FREIeBÜRGER unterstützt also Menschen<br />
in sozialen Notlagen. Zu unseren VerkäuferInnen gehören<br />
(ehemalige) Obdachlose, Arbeitslose, GeringverdienerInnen,<br />
RentnerInnen mit kleiner Rente, Menschen mit gesundheitlichen<br />
Problemen, BürgerInnen mit Handicap u. a. Unser Team<br />
besteht derzeit aus fünf MitarbeiterInnen. Die Entlohnung<br />
unserer MitarbeiterInnen ist äußerst knapp bemessen und<br />
unterscheidet sich aufgrund der geleisteten Arbeitszeit und<br />
Tätigkeit. Dazu kommt die Unterstützung durch ehrenamtliche<br />
HelferInnen. Leider können wir durch unsere Einnahmen<br />
die Kosten für unseren Verein, die Straßenzeitung und Löhne<br />
unserer MitarbeiterInnen nicht stemmen. Daher sind wir<br />
auch in Zukunft auf Unterstützung angewiesen.<br />
SIE KÖNNEN UNS UNTERSTÜTZEN:<br />
• durch den Kauf einer Straßenzeitung oder<br />
die Schaltung einer Werbeanzeige<br />
• durch eine Spende oder eine Fördermitgliedschaft<br />
• durch (langfristige) Förderung eines Arbeitsplatzes<br />
• durch Schreiben eines Artikels<br />
• indem Sie die Werbetrommel für unser<br />
Sozialprojekt rühren<br />
Helfen Sie mit, unser Sozialprojekt zu erhalten und weiter<br />
auszubauen. Helfen Sie uns, damit wir auch in Zukunft<br />
anderen Menschen helfen können.<br />
Impressum<br />
Herausgeber: DER FREIeBÜRGER e. V.<br />
V.i.S.d.P: Oliver Matthes<br />
Chefredakteur: Uli Herrmann († 08.03.2013)<br />
Titelbild: Felix Groteloh<br />
Layout: Ekkehard Peters<br />
An dieser <strong>Ausgabe</strong> haben mitgearbeitet:<br />
Carsten, Carina, Conny, Ekki, H. M. Schemske,<br />
Karsten, Oliver, Recht auf Stadt, Rose Blue, utasch<br />
und Gastschreiber<br />
Druck: Freiburger Druck GmbH & Co. KG<br />
Auflage: 5.000 | Erscheinung: monatlich<br />
Vereinsregister: Amtsgericht Freiburg | VR 3146<br />
Kontakt:<br />
DER FREIeBÜRGER e. V.<br />
Engelbergerstraße 3<br />
79106 Freiburg<br />
Tel.: 0761 / 319 65 25<br />
E-Mail: info@frei-e-buerger.de<br />
Website: www.frei-e-buerger.de<br />
Öffnungszeiten: Mo. - Fr. 12 - 16 Uhr<br />
Mitglied im Internationalen Netzwerk<br />
der Straßenzeitungen<br />
Der Nachdruck von Text und Bild (auch nur in Auszügen) sowie<br />
die Veröffentlichung im Internet sind nur nach Rücksprache<br />
und mit der Genehmigung der Redaktion erlaubt. Namentlich<br />
gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung<br />
der Redaktion wieder.<br />
Die nächste <strong>Ausgabe</strong> des FREIeBÜRGER erscheint am:<br />
01.08.2023<br />
1. und 2. Mittwoch im Monat um 14 Uhr:<br />
Öffentliche Redaktionssitzung<br />
FREIeBÜRGER 07 | 2023 31
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Geschlossene Toiletten sind scheiße<br />
Im <strong>Juli</strong> wird im Freiburger Gemeinderat<br />
über die Situation der öffentlichen<br />
Toiletten diskutiert. Diese ist beschissen.<br />
Es gibt kaum welche und von den<br />
Öffnungszeiten muss man wohl als<br />
potenzielle:r Nutzer:in angepisst sein.<br />
Dieses vielleicht gar nicht so komplizierte<br />
Thema scheint der Stadtverwaltung zu<br />
heikel zu sein, als dass sie Radio<br />
Dreyeckland ein Interview geben kann,<br />
bevor nicht alles ausdiskutiert ist. Wir<br />
finden diese intransparente Haltung<br />
scheiße und werden uns trotzdem nicht<br />
davon abhalten lassen, diesen und andere<br />
Mängel der sozialen Infrastruktur in<br />
Freiburg kritisch zu beleuchten.<br />
Jeden 1. Mittwoch des<br />
Monats: 12-13 Uhr<br />
im Mittagsmagazin<br />
'Punkt 12'<br />
Hört, Macht, Unterstützt Radio Dreyeckland: 102,3 Mhz - Stream: rdl.de/live - 0761/31028