06.02.2024 Aufrufe

Architekturpreis des Landes Sachsen-Anhalt 2016

Der im Rhythmus von drei Jahren ausgelobte Architekturpreis des Landes Sachsen-Anhalt ist ein Spiegel der qualitätsvollen Architekturentwicklung im Land. Mit ihm werden die hervorragenden Leistungen von Architekten und Bauherren öffentlich gewürdigt. Mit dem Architekturpreis des Landes Sachsen-Anhalt 2016 wurde ausgezeichnet die Sanierung und Erweiterung eines Wohnhauses in der Welterbestadt Quedlinburg, Breite Straße 12. Der Preis wurde vergeben an Anja und Norbert Buschmeier aus Hövelhof und ihre Architekten, die qbatur Planungsgenossenschaft eG aus der Welterbestadt Quedlinburg. 47 Bewerbungen gingen zum Verfahren ein, 13 davon kamen in die „Engere Wahl“. Die Jury vergab den Architekturpreis des Landes Sachsen-Anhalt 2016 und vier Auszeichnungen zum Architekturpreis. Den Publikumspreis erhielt der Altmarkt in Zeitz von DÄRR LANDSCHAFTSARCHITEKTEN, Halle (Saale) und der Stadt Zeitz als Bauherr. Auf der Preisverleihung am 8. März 2016 im Magdeburger Kloster Unser Lieben Frauen wurden die Preisträger bekanntgegeben.

Der im Rhythmus von drei Jahren ausgelobte Architekturpreis des Landes Sachsen-Anhalt ist ein Spiegel der qualitätsvollen Architekturentwicklung im Land. Mit ihm werden die hervorragenden Leistungen von Architekten und Bauherren öffentlich gewürdigt. Mit dem Architekturpreis des Landes Sachsen-Anhalt 2016 wurde ausgezeichnet die Sanierung und Erweiterung eines Wohnhauses in der Welterbestadt Quedlinburg, Breite Straße 12. Der Preis wurde vergeben an Anja und Norbert Buschmeier aus Hövelhof und ihre Architekten, die qbatur Planungsgenossenschaft eG aus der Welterbestadt Quedlinburg. 47 Bewerbungen gingen zum Verfahren ein, 13 davon kamen in die „Engere Wahl“. Die Jury vergab den Architekturpreis des Landes Sachsen-Anhalt 2016 und vier Auszeichnungen zum Architekturpreis. Den Publikumspreis erhielt der Altmarkt in Zeitz von DÄRR LANDSCHAFTSARCHITEKTEN, Halle (Saale) und der Stadt Zeitz als Bauherr. Auf der Preisverleihung am 8. März 2016 im Magdeburger Kloster Unser Lieben Frauen wurden die Preisträger bekanntgegeben.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

16

ARCHITEKTURPREIS

DES LANDES SACHSEN-ANHALT



ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016

Michael Imhof Verlag

1


SACHSEN-ANHALT

Architekturpreis

Publikumspreis

Auszeichnung

HANSESTADT

SALZWEDEL

Osterburg

Havel

HANSESTADT

HAVELBERG

Engere Wahl

Weitere Teilnehmer

Klötze

Hansestadt Stendal

Elbe

Hansestadt Gardelegen

Hansestadt Tangermünde

Mittellandkanal

FLECHTINGEN

Tangerhütte

Elbe

Elbe-Havel-Kanal

Genthin

Wolmirstedt

HALDENSLEBEN

A2

Möser

DRUXBERGE

Oschersleben

Schwanebeck

Bode

MAGDEBURG

A14

BLANKENBURG (HARZ) Rieder

GÜSTEN

Aschersleben

Thale Ballenstedt

Harzgerode

Hettstedt

Saale

SCHÖNEBECK (ELBE)

Halberstadt

LUTHERSTADT WITTENBERG

Egeln

STASSFURT

DESSAU-ROSSLAU

Elbe

WELTERBESTADT QUEDLINBURG

Jessen

BERNBURG (SAALE)

Wernigerode

Schadeleben

B 242

B80

SÜLZETAL

B81

B 180

Saale

B71

B6

B 184

Köthen

B 185

MANSFELD-LUTHERSTADT

Lutherstadt Eisleben

HALLE (SAALE)

Sangerhausen

SALZATAL

Zerbst

A9

Wolfen

Mulde

Bitterfeld

B 100

Mühlbeck

Pouch

B 187

Schwarze

Elster

A38

Weiße Elster

Querfurt

Bad Lauchstädt

MERSEBURG

Unstrut

Freyburg

Bad

Dürrenberg

NAUMBURG (SAALE) Weißenfels

Bad Kösen

HOHENMÖLSEN

ZEITZ

2 ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


INHALT

5 BAUTEN, DIE GESCHICHTEN ERZÄHLEN

6 DER ARCHITEKTURPREIS

Wohnhaus, Sanierung und Erweiterung, Welterbestadt Quedlinburg

10 DER PUBLIKUMSPREIS / AUSZEICHNUNG

Altmarkt Zeitz, Zeitz

DIE AUSZEICHNUNGEN

12 Haus Stein, Druxberge

14 Augusteum, Sanierung und Umbau, I. Bauabschnitt, Lutherstadt Wittenberg

16 Mediathek Burg Giebichenstein, Halle (Saale)

DIE ENGERE WAHL

18 Gemeindehaus in der Wallonerkirche, Magdeburg

19 Dr. Frank Gymnasium, Mensa, Staßfurt

20 Melanchthonhaus, Sanierung und Erweiterung, Lutherstadt Wittenberg

21 Musikscheune Kloster Michaelstein, Blankenburg (Harz)

22 Freier KinderGarten „Riesenklein“, Halle (Saale)

23 Wohnhaus, Umbau und Erweiterung, Halle (Saale)

24 Wohn- und Geschäftshaus, Halle (Saale)

25 Mühleninsel Merseburg: Wohnen – Arbeiten – Wasserkraft – Sport, Merseburg

27 DIE WEITEREN TEILNEHMER

37 DAS VERFAHREN

38 DIE AUSLOBER

39 DIE JURY, DAS BERATENDE GREMIUM

40 DIE GRUSSWORTE UND REDEN

zur Preisverleihung am 8. März 2016

51 IMPRESSIONEN

58 ADRESSEN

60 IMPRESSUM

3


4 ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


Bauten, die Geschichten erzählen

… sind in dieser Dokumentation des Architekturpreises

des Landes Sachsen-Anhalt 2016 versammelt.

Die 46 Einreichungen sind Spiegel des breiten

Spektrums der baulichen Entwicklung des

25 Jahre alten jungen Bundeslandes, sie geben

Auskunft über den Stand von Baukultur und sind

Zeugnisse wichtiger Planungsprozesse.

Die Broschüre lädt zu einer Reise von Nord nach

Süd und von Ost nach West durch Sachsen-Anhalt

ein, um diesen Geschichten nachzuspüren:

... in der Hansestadt Havelberg, wo das „Haus der

Flüsse“ aus Anlass der Bundesgartenschau 2015

entstand, zentrumsnah die Besucher in Empfang

nahm und als Bildungszentrum Natura 2000

heute über Auenlandschaft, Diversität und den

wichtigen Schutz der Biosphäre informiert.

... in der Welterbestadt Quedlinburg, wo Architekten

und Bauherren gemeinsam Altes retteten und

Neues so hervorragend hinzufügten, dass diese

beispielhafte Stadtreparatur den Architekturpreis

des Landes Sachsen-Anhalt 2016 erhielt.

... in der Lutherstadt Wittenberg, wo die Stiftung

Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt Maßstäbe

für den zeitgenössischen Umgang mit Welterbe

setzt, und wo die schnelle Realisierung eines

Wettbewerbsergebnisses aus MUT ZUR LÜCKE –

MUT ZU NEUEM noch schneller zufriedene Mieter

gefunden hat.

... und nicht zuletzt in Zeitz mit seinem Altmarkt,

wo Geschichte aus Jahrhunderten ablesbar ist und

dessen neue, attraktive Anmutung die Zeitzer und

ihre Gäste einlädt, sich auf diese in Gegenwart

und Zukunft einzulassen.

Jede Bewerbung erzählt ihre eigene Geschichte:

vom Mut und der Entschlossenheit der Bauherren,

von Kreativität und Innovation der Architekten,

Landschaftsarchitekten, Innenarchitekten und

Stadtplaner, von gezielter Förderpolitik und dem

Engagement der Nutzer, von Glück und von Hartnäckigkeit.

Sie erzählt aber auch von Rückschlägen

und Beschränkungen, von Unwägbarkeiten

beim Bauen, von neuen Lösungen und der Zusammenarbeit

aller am Bau Beteiligten.

Mit der Dokumentation der Ergebnisse des Architekturpreises

des Landes Sachsen-Anhalt 2016 ist

das Verfahren „förmlich“ abgeschlossen. Diese

Broschüre ist bereits die achte in zwanzig Jahren,

in denen es bereits den einmaligen, begehrten

und populären Architekturpreis des Landes Sachsen-Anhalt

gibt.

Die Kontinuität der Auslobung ist beispielhaft und

seine Außenwirkung wird sich in den kommenden

Monaten entfalten, wenn unter anderem in Magdeburg,

Berlin und Brüssel die Wanderausstellung

gezeigt wird und ihre Besucher zum Staunen

bringt: Sachsen-Anhalt ist mehr als das Land der

Frühaufsteher. Es ist ein guter Ort zum Leben. Und

seine neue Architektur trägt dazu maßgeblich bei.

5


6 ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


ARCHITEKTURPREIS

7


8

ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


Wohnhaus, Sanierung und Erweiterung (2013)

Standort: Breite Straße 12, Welterbestadt Quedlinburg

Architekt: qbatur Planungsgenossenschaft e.G., Welterbestadt Quedlinburg

Bearbeiter: Freier Architekt Dipl.-Ing. Ulrich Queck; Architekt Christian Kröning M.A.

Bauherr: Anja und Norbert Buschmeier, Hövelhof

Die Geschichte des Hauses Breite Straße 12 ist

zunächst die eines scheinbar hoffnungslosen Sanierungsfalls.

Das Einzeldenkmal – ein in seinem

Ursprung über 650 Jahre alter, schmaler, dreigeschossiger

Fachwerkbau – war, so beschreiben es

die Architekten, kaum mehr als eine abrissreife

Ruine. Einst stand es artig in der Reihe der Häuser,

gut geschützt durch einen Ecknachbarn, die Nummer

11. Der war aber bereits seit den 1960er Jahren

verloren. Die Brache wurde wilder Parkplatz und

schrieb unheilvoll ein mögliches Zukunftsszenario

vor. Am Ende aber wurde genau diese Lücke zur

Chance für beide Adressen. Und so erzählt sich hier

die wundervolle Geschichte jenes „übermütigen

Paars eines liebevoll restaurierten Fachwerkhauses

mit seinem modernen Erweiterungsbau, bei dem

nur aus der Symbiose beider jenes Gleichgewicht

aus Rückzug und Geborgenheit und neugierigem

Sich öffnen für die Welt entsteht“ 1 .

Quedlinburg mit seinen mehr als 1.200 erhaltenen

und im Laufe des vergangenen Vierteljahrhunderts

nach und nach mit großem privaten und öffentlichen

Engagement sowie umfangreichen Fördermitteln

geretteten Fachwerkhäusern zeigt eine einzigartige

Dichte dieses historisch wertvollen Bestands

und steht als ausgewiesenes Flächendenkmal unter

UNESCO-Welterbeschutz. Hier zu bauen ist hohe

Kunst, es muss gleichermaßen Denkmalschutz- und

Denkmalpflege-, Bewohner-, Gegenwarts- wie

Zukunftswünschen entsprechen, muss ausgleichen,

vermitteln – und trotzdem Zeichen setzen. Hier

glückte dieser Balanceakt, dem die Jury bescheinigte:

„Das Projekt ist ein hervorragendes Beispiel

für Stadtreparatur, es gibt der Stadt Quedlinburg die

Würde des innerstädtischen Wohnens zurück.“

Zu Beginn hatten die Architekten das einsturzgefährdete

Gebäude lediglich gesichert, dann erst

fanden sich neue Eigentümer und ließen sich auf

das Wagnis eines Umbaus mit umfassender Sanierung

des Altbaus – und der Anfügung eines modernen

Eckhauses ein. Der restaurierte Fachwerkbau

zeigt heute zur Straße wieder seine ruhige, barock

geprägte Fassadenfassung mit den sich nach außen

öffnenden Kastenfenstern. Regionaltypische Ziegel,

die sogenannten Linkskremper, decken sein spitzes

hohes Dach. Sie sind aus Altbestand wiederverwendet

wie auch die Türen im Innern, Fundstücke aus

dem stadteigenen Depot für historische Baustoffe.

Ein Flachdach und die hell geschlämmte, aus recyceltem

Backstein errichtete Fassade bestimmen das

Bild des ihm an die Seite gestellten Neubaus mit

klarem Statement: Hier ist im Heute gebaut worden.

Glatt, schlicht und kubisch. Von einem „intensiven

Planungs- und Entscheidungsprozess“ wird berichtet,

in den Denkmalbehörde, Sanierungsträger und

städtischer Bauausschuss eingebunden waren und

deren gemeinsames Votum der moderne, von der

Gestaltungssatzung abweichende Baukörper fand.

In Höhe, Material- und Farbwahl schmiegt er sich

durchaus an seine Altstadtnachbarn an, das jedoch

ganz und gar ohne anzubiedern. Auch nicht mit den

hellen, horizontalen Sandsteinbändern, die als

Referenz an die Balkenlagen des Altbaus zu verstehen

sind.

Das stärkste Motiv des Neubaus ist das große Eckfenster.

Es erlaubt eine ideale Belichtung des

Innern, aber ebenso Einblicke in das Leben eines

modernen Hauses, das es so noch nicht oft gibt in

der Welterbestadt. Es fordert geradezu auf, hinzuschauen

und zu lernen, das ein solch ungleiches,

„übermütiges Paar“ aufs Beste zusammengehen

kann. Im Innern geschieht das fast unmerklich.

Gebäudeteile, Raumfolgen und Treppenverläufe

gehen ineinander über, Farben und Materialien

tragen außerdem zu diesem stimmigen wie homogenen

Eindruck bei. Kleinteiligkeit herrscht im

Altbau, großzügige Weite im Neubau. Glasfronten

öffnen sich hier zum Hof und im Obergeschoss auf

das Dach des Carports in der Seitengasse, das zum

Sonnendeck mit Blick auf den kleinen Hofgarten

avanciert.

Die Jury lobt „die Einbindung aller zum innerstädtischen

Wohnen benötigten Funktionen: das Parken,

das Wohnen selbst mit der Beziehung von Innenund

Außenraum bis hin zur Dachterrasse und dem

Stadtgarten. ... Dabei bilden Alt und Neu … ein

schlüssiges Ganzes. Diese Selbstverständlichkeit

wird besonders gewürdigt.“ So ist diese Geschichte

vor allem eine beispielhaft versöhnliche, die man

sich vielfach und überall wünschen darf.

1

Prof. Ralf Niebergall, Rede zur Verleihung des Architekturpreises

des Landes Sachsen-Anhalt 2016 am 8. März 2016 in Magdeburg

ARCHITEKTURPREIS

9


10

ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


Altmarkt Zeitz (2012)

Standort: Altmarkt, Zeitz

Architekt: DÄRR LANDSCHAFTSARCHITEKTEN, Halle (Saale)

Bearbeiter: Freier Landschaftsarchitekt Dipl.-Ing. Matthias Därr; Dipl.-Ing. (FH) Thomas Grafe,

Landschaftsarchitektin Dipl.-Ing. (FH) Sigrun Därr

Bauherr: Stadt Zeitz, Zeitz

Später einmal wird man sich in Zeitz erzählen, dass

der Altmarkt einst ein großer, ein einziger Parkplatz

war. Die Zeitzer werden ihre Köpfe darüber schütteln,

wie eine solche „Verschwendung von Stadt“

mit dieser über Jahrhunderte gewachsenen, eindrucksvollen

städtebaulichen Kulisse – gebildet aus

Rathaus, Gewandhaus, Traditionshotel und vieler

weiterer, aus verschiedenen Bauepochen stammenden

Gebäuden – überhaupt möglich war. Dass

außerdem die Betonsteinplatten auf dem Platz

kaputt und die angrenzenden Beet- und Geländeeinfassungen

verschlissen waren, ja auch daran

werden sie sich erinnern. Aber das Bild wird verblassen,

während sie auf den elegant geschwungenen,

breiten Einfassungen der Rasenbeete sitzen,

auf das Meer der darin in kräftigem Gelb blühenden

Krokusse schauen und das alles mit Stolz den von

Ferne angereisten Gästen zeigen werden. Wobei:

Stolz ist schon jetzt. 946 Zeitzer und ihre Sympathisanten

votierten für die neue Landschaftsarchitektur

in ihrer „guten Stube“ im Ausscheid um den

Publikumspreis.

Der Umgestaltung des Zeitzer Altmarkts, dem größten

der drei Innenstadtplätze der Dom- und Residenzstadt,

war ein Ideenwettstreit vorausgegangen,

an dessen Ausgangspunkt die Behebung der Defizite

aus acht Jahrzehnten glückloser baulicher und

nutzungstechnischer Veränderungen stand: Zu

wenig waren in der Vergangenheit das harmonische

Maß des großen Platzes, seine historische Bebauung

und die Topografie berücksichtigt und notwendige

Maßnahmen nur bruchstückhaft umgesetzt

worden. Zu oft mangelte es auch einfach an Geld.

DÄRR LANDSCHAFTSARCHITEKTEN aus Halle

(Saale) gewannen 2011 das Gutachterverfahren mit

ihren Vorstellungen einer „Modernisierung“ und

durften sie auch umsetzen. Ihr formuliertes Ziel: mit

einfacher und zeitgemäßer Formensprache die

ursprüngliche Einheit des Platzes wiederherzustellen.

Dazu wurden historische Linienführungen identifiziert,

wieder aufgenommen und neu interpretiert,

die vorhandene Gefällesituation durch breitere, flachere

Böschungen abgemildert und so eine direkte,

barrierefreie Verbindung zwischen Rathaus und

gegenüberliegendem Gewandhaus möglich gemacht.

Das eindrucksvollste Element jedoch sind die zwei

großen, flach geneigten und organisch geformten

„Rasentapis“. Wie eine glatte Wasseroberfläche

wirkt das satte Grün innerhalb ihrer Natursteineinfassungen,

deren Plastizität sich durch einen abgerundeten

und unterschnittenen Überstand deutlich

verstärkt. Hier lässt es sich herrlich sitzen und

schauen auf diese neue „ansprechend einladende

wie lebendig bespielbare Mitte“, die – so urteilte die

Jury – aus dem „tragenden Prinzip der klassischen

europäischen Stadt“ überzeugend entwickelt wurde,

nämlich „Platz als offene, flexible Bühne des öffentlichen

Lebens“ zu verstehen.

Viele gute Ideen tragen diesen Gedanken und fügen

ihn zu einem gelungenen Ganzen zusammen. Da ist

ein hell-changierendes Granitpflaster für die Wegeund

Platzflächen, das dem Ort eine große Homogenität

verleiht. Da ist eine Beleuchtung, die historische

Bauten, Bauteile und Objekte des Nachts

erhellt und wirkungsvoll in Szene setzt. Und da ist

auch das Mahnmal für die Opfer des Faschismus

angemessen wieder aufgestellt. Nicht zuletzt ist an

der Nordwestecke des Platzes der Archäologie mit

dem Fund eines Gebäudes aus dem 16. Jahrhundert

Rechnung getragen worden, es ist Teil des

„Unterirdischen Zeitz“. In „künstlerischer Verfremdung“

entstand ein Bodenrelief. Eingelassene

Nebeldüsen lassen es regelmäßig verschwinden und

langsam wieder zutage treten, es ist ein Spiel mit

der Erinnerung, aber eben auch ein Brunnen, der im

Sommer zur Erfrischung einlädt.

Die Jury attestiert: „Mit einer großzügigen wie klaren

Geste gelang es ..., jegliche unangemessene

Fragmentierung zu vermeiden und alle Beteiligten

(Rathaus, Gewandhaus etc. – d. Red.) lesbar an

einem gemeinsamen Platz zu versammeln. ... Das

offene Konzept erlaubt eine flexible Bespielung

– auch für zukünftige, heute noch nicht absehbare

Ansprüche – und integriert verträglich die

heute noch erforderlichen Stellplätze.“ Denn:

Geparkt werden kann auf dem Zeitzer Altmarkt

auch noch heute. Aber deutlich weniger. Und der

Platz samt seiner unmittelbar angrenzenden Straßen

ist verkehrsberuhigt. Also kein Parkplatz

mehr, sondern ein Stadtplatz. Gemacht für Menschen.

Im besten Sinn.

AUSZEICHNUNG

PUBLIKUMSPREIS

11


12

ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


Haus Stein, Druxberge (2013)

Standort: Bauernstraße 10, Druxberge

Architekt: JAN RÖSLER ARCHITEKTEN, Berlin

Bearbeiter: Freier Architekt Jan Rösler M.Sc.; Sven Rickhoff M.Sc.

Bauherr: Hendrike Stein und Bernd Bergander, Druxberge

Es ist ein allseits beklagtes Phänomen, das Orte

stiller werden und Häuser und Scheunen verwaisen

lässt: der demografische Wandel. Leere kann aber

auch locken. Wie in Druxberge, dem Bördedorf bei

Eilsleben. Hier hat man aus der Not eine Tugend

und aus einer alten Backsteinscheune ein Ferienhaus

gemacht. Mit feinem Gespür für die Seele des

Hauses und einer sorgfältigen Reduktion auf das

Wesentliche blieben das äußere Erscheinungsbild

und der Grundcharakter des Gebäudes erhalten –

ganz so, wie es sich Architekt und Bauherr vorgenommen

hatten.

Aus einfach gebrannten roten Ziegelsteinen war in

den 1930er Jahren auf dem Druxberger Wirtschaftshof

ein nützliches, zwei Geschoss hohes Vorratsgebäude

errichtet worden – und das durchaus mit

Sinn für das schöne Detail: einem durchlaufenden

Fries nämlich unterhalb der Traufe. Die Hausöffnungen

– Fenster, Türen, Tore – hingegen waren allein

mit traditionell schmucklosen Holzläden, -türen

bzw. -schiebetoren zu verschließen. Rötliche Dachziegel

deckten ein einfaches Sparrendach.

Viel hat sich an diesem für die Börde, das Dorf und

den Hof typischen Bild weder mit noch nach der

Sanierung und Umnutzung verändert. Denn die

behutsamen Eingriffe an der Haussubstanz sind

bei Abwesenheit der Feriengäste auch auf den

zweiten Blick nicht wahrnehmbar. Erst wenn neues

– wenngleich temporäres – Leben eintrifft, sich

Läden und Tore weit öffnen und Stimmengewirr

nach außen dringt, vollzieht sich eine chamäleonhafte

Wandlung, zeigt sich das Innere in seiner

überraschend modernen Erscheinung und bildet

mit der präzisen Ausführung einen bewussten Kontrast

zum rauen unbearbeiteten Äußeren. Wird eine

Scheune zum Wohnhaus.

Darin finden sich zwei Bereiche: das Untergeschoss

für die Nutzung des Tags, das Obergeschoss für

Rückzug und Ruhe in der Nacht. Die innere Organisation,

also Raumaufteilung und Öffnungen zwischen

den Etagen, geben dabei die Stahlträger einer

Preußischen Kappendecke samt der dekorativen

Gussstütze vor. Zusammen mit nunmehr vollflächig

verglasten Fenstern, Türen und Toren sind helle,

weite Räume entstanden, die von den historischen

Baustoffen profitieren und diese mit ästhetischsicherem

Sinn in Szene setzen. So wurden die

bestehenden Sparren aufgedoppelt, die Zwischenräume

mit Flachs gedämmt, mit Lehm verputzt und

weiß geschlämmt. Die Ansicht des Alten konnte

damit erhalten und zugleich die statische Belastbarkeit

ertüchtigt werden. Nachhaltige Baustoffe sind

überall verwendet: von Innendämmung aus Holzweichfaser

bis Lehmputz an den Wänden. Und

kluge Energieerzeugung für eine „gewisse Unabhängigkeit“

ist am Haus umgesetzt: mit Photovoltaikund

solarthermischer Anlage in Verbindung mit

einem Windkraftgenerator.

Naturbelassene oder diffusionsoffene Kalkfarbe

auf Lehmwänden, der Natursteinboden oder das

weiß geölte Eichenparkett sowie die geretteten

Dachziegel von einer anderen – leider – bereits

abgerissenen Scheune, die nun dieses Ferienhaus

decken, oder die vielen, vielen raumsparenden

Details – nicht wenige von eigener Hand des zum

Tischler ausgebildeten Architekten gefertigt –

machen das „Haus Stein“ zu einem dieser seltenen,

durch und durch gut gelungenen Projekte,

die auf ihre ganz eigene bescheidene Weise wirken

und eigentlich gar keiner Worte bedürfen. Wäre

nicht dies: Reisen die Feriengäste ab, fällt das

Haus zurück in seinen Dornröschenschlaf, werden

Läden, Türen, Tore geschlossen, wird ein Wohnhaus

wieder zur Scheune. Und der Vorüberfahrende

mag meinen, die Orte seien still und Häuser

und Scheunen verwaist ... Denkste.

Deshalb muss es erzählt werden.

Die Jury wertete: „Was vielleicht als Luxus daherkommt,

die Nutzung einer alten Scheune als Ferienhaus,

birgt Potenzial für den Erhalt von Dörfern,

die von Abwanderung bedroht sind. Hier bieten sich

Ansatzpunkte für Entwicklungsimpulse: Nachahmung

erwünscht! Jedenfalls dann, wenn sie wie hier

auf alles Tümelnde, Rustikale verzichtet, sich beispielgebend

auf Typisches, Strukturelles beschränkt

und zu einem solch´ schönen Ergebnis fügt. Dabei

kommen ökologische Aspekte nicht zu kurz: nachwachsende

Rohstoffe, Wiederverwendung alter Ziegel,

Photovoltaik- und solartechnische Anlage und

ein Windgenerator.

Das neue Leben für die alte Scheune: Hier findet es

eine architektonisch überzeugende Antwort.“

AUSZEICHNUNG

13


14

ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


Augusteum, Sanierung und Umbau,

I. Bauabschnitt (2015)

Standort: Collegienstraße 62c, Lutherstadt Wittenberg

Architekt: BHBVT Gesellschaft von Architekten mbH Berlin

Busmann Haberer Bohl Vennes Tebroke, Berlin

Bearbeiter: Freier Architekt Dipl.-Ing. Bruno Vennes, Architekt Dipl.-Ing. Stefan Tebroke;

Architekt Dipl.-Ing. Björn Kriewald, Architekt Dipl.-Ing. (FH) Ralf Grubert,

Dipl.-Ing. Ute Beneke, Dipl.-Ing. (FH) Ronny Huse M.A.

Bauherr: Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt, Lutherstadt Wittenberg

2017 jährt sich zum 500. Mal jenes hochberühmte

Datum des 31. Oktober, an dem Martin Luther sein

Thesenpapier an die Wittenberger Schlosskirchenpforte

schlug und damit die Welt verändern sollte.

Das Reformationsjubiläum ist Stadt, Land und Kirche

guter Anlass, wichtige städtebauliche Projekte

in der Lutherstadt zu verwirklichen, so auch den

Umbau und die Sanierung des Augusteums, eines

der ältesten Universitätsgebäude Deutschlands. Mit

dem Zuwachs an Raum eröffnet sich der Stiftung

Luthergedenkstätten der langersehnte Platz für Sonderausstellungen

wie gleichermaßen für kulturelle

Bildung und museumspädagogische Angebote in

unmittelbarer Nähe zum seit 1996 unter UNESCO-

Welterbestatus gestellten Lutherhaus.

In dem hat Luther über 40 Jahre gelebt, gewohnt

und gearbeitet: am östlichen Ende der Wittenberger

Collegienstraße im Südflügel eines Klosters der

Augustinermönche. Hier befand sich späterhin das

eigentliche Collegium Augusteum der 1502 von

Friedrich dem Weisen eingerichteten landesherrlichen

Universität Leucorea. An ihr lehrten die

Reformatoren Martin Luther und Philipp Melanchthon,

sie waren die Stars ihrer Zeit. Studenten aus

aller Welt strömten nach Wittenberg. Die Stadt an

der Elbe galt als „ruhmreiche Stadt Gottes, Hauptstadt

des sächsischen Kurfürstentums, die berühmteste

der Universitäten in Europa“ und war „der bei

weitem heiligste Ort des letzten Jahrtausends“, wie

es auf einer Stadtansicht von 1560 heißt.

1581 gab Kurfürst August eine Erweiterung des

Collegium Augusteums samt einem westlichen

Gebäudeflügel in Auftrag. Der Bau „in schlichter

Großartigkeit“ 1 beherbergte ab 1598 auch die Universitätsbibliothek.

Über die Zeiten war das Gebäude

wechselvoll genutzt, war u.a. Kornkammer und

Lazarett. Vor 200 Jahren schließlich zog hier das

Evangelische Predigerseminar ein. Es wird im Zuge

des jubilären Stadtumbaus zur seiner Ausbildungskirche,

der Wittenberger Schlosskirche, ziehen.

Die größte Herausforderung beim Umbau des

Augusteums, so beschreiben es die Architekten,

„bestand im Zusammenführen der einzelnen Gebäudeteile

des Ensembles in einem für die Zukunft

tragfähigen Gesamtkonzept“. Es musste sowohl die

Belange des Denkmalschutzes als auch die der

zukünftigen Nutzung respektieren. Geringe Eingriffe

in den historischen Bestand bei gleichzeitig baulich

hohen Anforderungen an einen modernen Museumsbetrieb

mit Empfang, Kasse, Garderobe, Shop,

Toiletten? Ein fast unlösbares Unterfangen. Es ließ

die Idee von einem transparenten, verglasten, langgestreckten

Bau im Hof entstehen, der sich als

„Pergola“ versteht und noch viel mehr erreicht:

Errichtet auf „der nie gebauten Position des östlichen

Flügels der ehemaligen Klosteranlage ... vollendet

das Bauwerk“, so die Entwurfsverfasser, „die

ursprüngliche vierseitige Schließung des Hofes“.

Wenig Schwere, viel Leichtigkeit. Mit diesem Ansatz

entstand in einem minimal invasiven Eingriff zwischen

dem Lutherhaus und dem Augusteum ein

gläsernes Erschließungsbauwerk „mit viel Respekt

vor der baulichen Umgebung, die behutsam und

neu ergänzt wurde“, attestiert die Architekturpreisjury.

Der schlanke Baukörper führt entlang der östlichen,

mit Ziegeln ergänzten historischen Hofmauer.

Davor hat man schmale sandsteinfarbene

Fertigteilstützen als Rahmen für schaufenstergroße

Glasflächen gestellt. Sie erlauben einen großartigen

Blick hinaus in den lutherischen Gartenhof und von

dort einen zurück, auf die alte schöne Mauer nämlich

wie auf ein museales Ausstellungsexponat. Vor

ihr ist der Verkaufstresen angeordnet, in einem

neuen Kellergeschoss die Sanitäranlagen und Garderobe.

Die barrierefreie Erschließung übernimmt

ein Aufzug im umgebauten östlichen Treppenhausanbau

von 1930.

Das Augusteum selbst ist in einem ersten Bauabschnitt

denkmalgerecht saniert und die Sonderausstellungsräume

in der Bibliothek und dem Fürstensaal

für ihre neue Nutzung konditioniert worden.

Aus klimatischen wie konservatorischen Gründen

entschied man sich für eine – erdwärmegespeiste

– Fußbodenheizung. Die neue Farbigkeit auf dem

ersetzten Fassadenputz an Nord- und Giebelseite

folgte restauratorischen Vorgaben. So fasst die Jury

zusammen: „Die komplexen Anforderungen an die

anspruchsvolle Sanierung, die mit Tragwerk, Brandschutz,

Klimatisierung und Besucherführung befasst

war, wurden vorbildlich bewältigt.“

1

Dehio Handbuch, Sachsen-Anhalt, 1999, Deutscher Kunstverlag

GmbH München Berlin

AUSZEICHNUNG

15


16

ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


Mediathek Burg Giebichenstein (2015)

Standort: Neuwerk 7, Halle (Saale)

Architekt: F29 Architekten GmbH, Dresden, und ZILA Freie Architekten, Leipzig

Bearbeiter: Architekt Dipl.-Ing. Peter Zirkel, Architekt Dipl.-Ing. Dirk Lämmel;

Dipl.-Ing. Falk Eisenächer, Dipl.-Ing. Carina Fürstenau,

Architektin Dipl.-Ing. Silke Wollenweber, Architekt Dipl.-Ing. Clemens Zirkelbach

Bauherr: Bau- und Liegenschaftsmanagement Sachsen-Anhalt (BLSA), Magdeburg

Zwischen zwei historischen Villen zu bauen, kann

schwierig sein, insbesondere dann, wenn der nachbarlich

gebaute Reichtum per se Aufmerksamkeit

erheischt, der Bauplatz eng ist und die denkmalpflegerischen

Vorgaben streng. Mit dem Neubau der

Mediathek auf dem Design Campus der Kunsthochschule

Burg Giebichenstein gelang jedoch das

Kunststück eines überzeugenden Nebeneinanders

von Alt und Neu: mit der Idee vom Gartenhaus.

Für Fans des Historismus ist das städtebauliche

Umfeld eine Augenweide. Es war etwa zur Zeit der

vorletzten Jahrhundertwende, da sich die hallesche

Crème de la Crème am hangartig-idyllischen Ostufer

der Saale vielfach opulente, im Detailreichtum

überbordende Villen bauen und von parkähnlichen

Gartenanlagen umgeben ließ. Allen voran der Bankier

Steckner, dessen 1906 erbauter schlossartiger

Familiensitz nun bereits seit 1976 das Hauptgebäude

der Hochschule ist. Die benachbarte, weitaus

bescheidenere Villa Engelmann – lange Zeit als

Wunschkandidat für die zukünftige Mediathek im

Gespräch – ist heute wieder Wohnhaus und bildet

mit ihrem Grundstück die südliche Kante des topografisch

schwierigen Bauterrains.

Für ihren Entwurf ließen sich die Architekten von

einem alten Bauplan inspirieren, der an eben jener

Stelle eine Pergola zeigt. Sie erdachten einen

schlichten, langgestreckten Holzbau in der Anmutung

eines – derartigen Herrschaftshäusern gern

beigestellten – Gartenhauses, das sich eindeutig der

Repräsentanz unterordnet, dabei adäquate Distanz

wahrt und dennoch originell das Gebäudekonglomerat

auf dem Areal ergänzt. Die Jury des vorgeschalteten

Wettbewerbs jedenfalls war überzeugt

und vergab im Herbst 2011 aus dem Feld der zum

Schluss 30 Teilnehmer den Auftrag an F29 aus

Dresden, die ihn mit ZILA, Leipzig, realisierte.

Entstanden ist ein leichter, feiner, gut proportionierter

und filigran mit Holz verkleideter Bau. Er

schiebt sich mit seiner Stirn in den Hang hinein

und zeigt straßenseitig selbstbewusste Präsenz wie

Bescheidenheit neben der Steckner-Villa, beide hinter

historischer Einfriedung geborgen. Seine wahre

Dimension verbirgt der Neubau jedoch gut, unter

der Erde nämlich, wo sich gut 60 Prozent seiner

Baumasse findet. So füllt ein „komplett erdüberdecktes

Sockelgeschoss fast das gesamte Baufeld

aus“. Immerhin war ein üppiges Raumprogramm

umzusetzen: ein vor äußeren Einflüssen zu schützender

Freihandbereich und das Büchermagazin,

Lesesaal, Seminar- und Arbeitsräume sowie solche

für die Bibliotheksverwaltung.

Von drängender Enge oder abgedunkelter Kelleratmosphäre

erzählt das Haus indes an keiner Stelle.

Die oberirdischen Geschosse sind mit einer transparenten

Fassade zur Villa orientiert. In deren Raster

aus Glas und Lärchenholz spiegelt sich nicht nur

die Detailverliebtheit der Nachbarin, es spielt das

Spiel seiner Teilung von unten nach oben in unaufgeregter

Gefälligkeit. So dringt gut Licht in die Etagen,

aber auch über die großzügigen Verglasungen

der Lufträume in die sogenannten „Gebäudeköpfe“

und damit in Lesesaal und Seminarraum. Wer hier

den Blick vom Buch hebt, findet mit Wipfeln, Villa

oder Wolken vielfach Sichtbeziehung zur äußeren

Welt, die auch das „Fenster zur Stadt“ sucht, das

die Architekten an der östlichen Ecke der Südfassade

angeordnet haben.

Dass das Haus aus Holz in Wahrheit ein Haus aus

Beton ist, offenbart sich erst im Innern. Seine Skelettbauweise

mit auffallend schlanken Stützen

gewährleistet frei spannende Flachdecken und

damit gut Platz. Beide Materialien – Ortbeton und

Holz – finden sich in einer ruhigen Symbiose dann

auch im gesamten Gebäude und gestalten im besten

Sinne Raum, der, das betonen die Architekten,

mit seinem „robusten Erschließungssystem spätere

Anpassungen an die Weiterentwicklungen des

Medienspektrums“ lässig meistern kann.

Im Übrigen: Es sitzt sich gut auf breiter Treppe mit

Sicht auf das Neue neben der alten Villa und dem

entstandenen neuen Hof. Hier ist schon jetzt der

hippe Treffpunkt der angehenden Kunst- und

Design-Wissenschaftler, einer Klientel, die das „auf

neue Medien stärker ausgerichtete Funktionsspektrum

der neuen Bibliothek“ gut zu schätzen weiß.

Die Jury befand: „Das Haus ist schön, einfach, flexibel

und gemacht für lange Zeit. Bauherr, Architekt

und Benutzer werden das noch lange genießen.“

AUSZEICHNUNG

17


Gemeindehaus in der Wallonerkirche (2015)

Standort: Neustädter Straße 6, Magdeburg

Architekt: Steinblock Architekten GmbH, Magdeburg

Bearbeiter: Freie Architektin Dipl.-Ing. Ulrike Tietze; Freier Architekt Dipl.-Ing. Alexander Tietze,

Freier Architekt Dipl.-Ing. Matthias Rau, Freie Architektin Dipl.-Ing. Elfriede Steinblock,

Architektin Franziska Schrimpf M.Sc.

Bauherr: Evangelisch-reformierte Gemeinde Magdeburg, Magdeburg

Die Magdeburger Wallonerkirche hat ein neues Herz

erhalten: ein Gemeindehaus an zentraler Stelle in

deren Mittelschiff. Es verdichtet die Kirche nach

innen und macht die Gemeinde zugleich sichtbarer

nach außen. Ein geglückter Fall einer Vitalisierung.

Schon lange Zeit, seit ihrem reduzierten Wiederaufbau

in den 1960er Jahren, war die Magdeburger Wallonerkirche

nur noch wenig genutzt und leer: kein

Gestühl, keine Kanzel. Allein die beiden Reihen der

fast trutzig anmutenden Stützen gestalteten den

großartig-kühlen Raum. Gottesdienste der Evangelisch-reformierten

Gemeinde fanden überwiegend in

der kleinen Martinskapelle statt, das Gemeindeleben

in angemieteten Räumen darüber. Es war die Summe

vieler Defizite, die zu einem kühnen Vorhaben ermutigte:

eine Rückkehr zu den Wurzeln, in eben jene

hochgotische, im 13. Jahrhundert errichtete dreischiffige

Hallenkirche des einstigen Augustinerklosters.

Deren Ruine war ab 1689 zur Heimat der Glaubensflüchtlinge

aus Frankreich, der Pfalz und der

Wallonie geworden.

In dem schlichten Sakralbau bildet nun ein zweigeschossiger,

aus sich heraus leuchtender Quader die

pulsierende neue Mitte. Eine Stahlkonstruktion gibt

den festen Rahmen für große Glasflächen, die Außen

und Innen organisch verschmelzen lassen. Die wenigen

geschlossenen Wandflächen sind im zarten Muster

eines gefalteten Seidenpapiers bedruckt, es imitiert

fantasievoll die Anmutung schweren Sandsteins.

Als Essenz von „Interpretation und Variation des Vorgefundenen“,

so die Entwurfsverfasser, ist die neue

Architektur ein Angebot zum Dialog „zwischen alt

und neu, hart und weich, grob und zart, nah und

fern“. Nicht zuletzt das auch wieder geöffnete Hauptportal

lädt nun jedermann ein, daran teilzuhaben.

Über das Innere des kleinen Kubus ist schnell erzählt:

Das Erdgeschoss bietet einen kleinen hellen Saal für

Gottesdienste, das Obergeschoss Gemeinde- und

Pfarrbüro, Teeküche und Toilette. Ein Aufzug verbirgt

sich neben der schmalen Treppe, das sieht man dem

„Haus im Haus“ wahrlich nicht an. Die Jury würdigt

„den sorgfältigen Einbau, der in Transparenz und

Materialität nichts vortäuscht“. ... Er macht, so das

Resümee, „einen ‚total’ leeren Raum und Kirche wieder

lebendig“. Das neue Herz – hier kann man es

pochen hören.

18

ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


Dr. Frank Gymnasium, Mensa (2015)

Standort: Stadtbadstraße 3, Staßfurt

Architekt: Hyder Consulting GmbH Deutschland, Halle (Saale),

mit PLANTRAUM FREIRAUMARCHITEKTEN, Halle (Saale)

Bearbeiter: Dipl.-Ing. Frank Ackmann; Architekt Dr. Haie-Jann Krause, Architektin Dipl.-Ing.

Susanne Schultze; Freier Landschaftsarchitekt Dipl.-Ing. (FH) Stefan Petrat

Bauherr: Salzlandkreis, Aschersleben

Der Neubau einer Mensa komplettiert das Gebäude

des Dr. Frank Gymnasiums in Staßfurt. Das ist gut.

Das Projekt wurde als eines der Modellvorhaben des

Landes Sachsen-Anhalt im Rahmen des aufgelegten

Förderprogramms STARK III „Investition in Bildung“

realisiert. Das ist bemerkenswert. Es wurde aber derart

qualitätsvoll, energetisch sinnvoll und intelligent

umgesetzt, dass die Jury nicht umhinkam, das Haus

für die „Engere Wahl“ zu nominieren.

„Kraftwerk macht Schule“ – unter diesem Titel hatte

der Salzlandkreis die EU-Förderung beantragt. Ziel

war von Anbeginn, die Mensa in Passivhaus-Standard

zu bauen. Deren „ganzheitliches, integratives Energiekonzept“

sah jedoch darüber hinaus vor, in der Folge

nahezu alle Schulgebäude auf dem Areal mit Energie

versorgen zu können, und das in einer Form, die sich

für alle rund 1.000 Schülerinnen und Schüler tagtäglich

nachvollziehbar erklärt.

Heute steht an der Westseite des teilweise unter Denkmalschutz

stehenden Schulkomplexes ein eingeschossiges

barrierefreies Glashaus. Ein Pausenhof, in genialer

Leichtigkeit als Sportfläche gestaltet, ist seine

vorgelagerte Bühne, die eine diagonal verlaufende Tartanbahn

keck durchkreuzt. Die Freifläche bezieht sich

symbiotisch auf das Gebäude, die Landschaftsgestaltung

wurde mit der Nominierung in besonderer Weise

gewürdigt. Wie auf einem Tablett wird hier der Flachbau

in Holztafel- bzw. Holzständerbauweise präsentiert,

dessen weit auskragendes Dach „tanzende“

Stützen tragen. Der komfortable Überstand beschirmt

nicht nur einen umlaufenden Wandelgang und formt

die Anmutung des Pavillons als „Freiraumlounge“,

sondern versteht sich zugleich als sommerlicher Sonnenschutz.

Der eigentliche Clou aber findet sich im Innern. Hinter

Glas ist die Energiezentrale „wie ein wertvolles Artefakt

ausgestellt“. (Fast) alle Bauteile des Energieversorgungssystems

aus Blockheizkraftwerk samt Wärmepumpenanlage

hat man hier versammelt. Wie viel

Energie erzeugt und während des Schulbetriebs verbraucht

oder eingespart wurde, wird – in verstehbare

Zahlen und Diagramme übersetzt – auf Monitoren zum

Pausenbrot serviert. „Pädagogisch wertvoll“, so das

Votum der Jury, ist die derart baulich umgesetzte

„Erzählstrategie Energie“.

ENGERE WAHL

19


Melanchthonhaus, Sanierung und Erweiterung

(2013)

Standort: Collegienstraße 61, Lutherstadt Wittenberg

Architekt: dietzsch & weber architekten bda, Halle (Saale)

Bearbeiter: Freier Dipl.-Architekt Thomas Dietzsch, Freier Architekt Dipl.-Ing. Andreas Weber;

Architekt Dipl.-Ing. Tobias Grün, Dipl.-Ing. Björn Schlegel, Dipl.-Ing. Andrea Heller

Bauherr: Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt, Lutherstadt Wittenberg

„Wenn ein Haus das wichtigste Exponat seiner selbst

ist“ – diese kurze Formel steht für das historische

Wohn- und auch Sterbehaus des Philosophen, Denkers

und Reformators Philipp Melanchthon. Es ist das

„authentischste Gebäude“ der unter UNESCO-Schutz

gestellten Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt.

Über die Jahrhunderte weitgehend original erhalten

und seit 1954 als Museum betrieben, lief der 1537

eigens für den Universitätsprofessor errichtete Renaissancebau

jedoch Gefahr, im Heute und in der Zukunft

von Mensch und Interesse „übernutzt“ zu werden.

Ein „dienstbarer Nachbar“ ist folgerichtig in einer

Lücke daneben entstanden, ein monolithisch anmutender

Erweiterungsbau, der sich mit großer Selbstverständlichkeit

und Disziplin in die Reihe der vielfältigen

Bauten entlang der Collegienstraße stellt. Mit

dem kleinen Schrägdach folgt er einer wittenbergischen

Typologie, gänzlich neu angelegt aber ist die

dunkelgraue Ziegelfassade, sie changiert je nach

Lichteinfall und Wetter; vor- und zurückspringende

Reihen des Klinkerverbands verstärken ihre plastische

Wirkung.

Die Aufgaben des Neubaus sind klar umrissen: zum

einen, dem wertvollen Denkmal die Last des hohen

Anspruchs an einen modernen Museumsbau zu nehmen.

So empfängt er den Besucher in seinem Erdgeschoss

mit Kasse und Shop und allen weiteren baulichen

Notwendigkeiten sowie einem Aufzug, der die

barrierefreie Erschließung ermöglicht. Zum anderen

aber schafft das klimatisierte, luftfeuchteregulierte

und lichtgedimmte Gebäude auf seinen zwei oberen

Etagen zusätzliche 600 Quadratmeter Ausstellungsfläche

für den konservatorisch anspruchsvollen

Schatz: die Briefe, Bücher, Bilder, Büsten.

Melanchthons Haus selbst erhielt im Zuge der denkmalgerechten

Sanierung seine bauarchäologisch

belegte Raumabfolge zurück, Decken wurden saniert

und das Tragwerk gesichert. Ein sparsames, auf szenografische

Elemente setzendes Ausstellungskonzept

lässt das Gebäude heute weitgehend für sich allein

sprechen, nur das Studier- und Sterbezimmer, 1897

im „altdeutschen Stil“ inszeniert, ist geblieben.

Fazit: Die Jury lobt „die Eigenständigkeit des modernen

Neubaus, seine reduzierte Fassade und die Verwendung

werthaltiger Materialien. Es ist eine hochwertige

Architektur entstanden“.

20

ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


Musikscheune Kloster Michaelstein (2015)

Standort: Michaelstein 3, Blankenburg (Harz)

Architekt: PLANUNGSRING Architekten + Ingenieure GmbH, Wernigerode

Bearbeiter: Dipl.-Ing. Uwe-Karsten Bothe; Architekt Dipl.-Ing. Christian Fischer,

Dipl.-Ing. Conrad Zeiske

Bauherr: Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt, Leitzkau

Von jeher waren Klöster Orte geistigen Lebens und

lebendige Pflegstätten von Kunst, Kultur und Bildung.

Im ehemaligen Zisterzienserkloster Michaelstein lebt

bereits seit den 1960er Jahren diese Tradition mit der

heutigen „Musikakademie Sachsen-Anhalt für Bildung

und Aufführungspraxis“ weiter. Eine Stiftung veranstaltet

ganzjährig Konzerte und Workshops, ein Instrumentenmuseum

lädt zum Besuch.

Mit dem 2010 begonnenen Umbau der historischen

Wirtschaftsscheune begann ein alter Traum Wirklichkeit

zu werden, 300 Konzertbesuchern unter einem

Dach Platz mit störungsloser Akustik zu bieten, optimale

Bedingungen für Ton- und Aufnahmetechnik

inklusive. Die Scheune mit ihrem markant-offenen

Dachgebälk gehört zum Gebäudeensemble der im

Ursprung aus dem 12. Jahrhundert stammenden

Klosteranlage. Größtmöglicher Substanzerhalt war

daher, so die Architekten, oberstes Ziel bei allen notwendigen

Eingriffen: „Die innenräumliche Anmutung

sollte erhalten bleiben.“ Herausforderung war zudem

die baulich anspruchsvolle Unterkellerung für Technik,

Sanitär- und Nebenräume.

Fünf Jahre Bauzeit und zwei Bauabschnitte später

empfängt die Musikscheune seine Besucher über

einen schwellenlos zugänglichen gläsernen Riegel.

Das wiederaufgebaute Schauerdach integriert diesen

Foyerbau mühelos vor den früheren Scheunentoren, es

scheint, als nähme es ihn unter seine Fittiche. Aus

Glas und Stahl konstruiert steht der Neubau direkt vor

der alten Scheunenwand, er versteht sich „als räumlicher

Puffer“ mit Zugang in den Konzertsaal, per Aufzug

geht es barrierefrei ins Untergeschoss.

Der Saal selbst lebt von seiner großartigen Dachkonstruktion.

Die Althölzer konnten zwar nicht gehalten

werden, das Versprechen schon, so die Jury, „die vorgefundenen

Verbände, Auskreuzungen und Sparrenabstände

wieder erlebbar zu machen“. Die restaurierten

alten Scheunenwände rahmen den Raum, neu sind

nur zwei Betonscheiben, sie zonieren Aufführungsfläche

und Zuschauerraum. Mit seiner ausgeklügelten

Akustik ist er prädestiniert für die Aufführung klassischer

und zeitgenössischer Musik, bietet aber genauso

beste Voraussetzung für Konferenz, Theater oder Fest.

Der Konzertsaal in der Scheune – Ort für Kulturgenuss

in vielfachem Sinn.

ENGERE WAHL

21


Freier Kindergarten „Riesenklein“ (2015)

Standort: Diesterwegstraße 37, Halle (Saale)

Architekt: complizen Planungsbüro, Halle (Saale)

Bearbeiter: Freier Architekt Dipl.-Designer Andreas Haase; Dipl.-Ing. Jenniffer Nitschke, Maik Ronz

Bauherr: Riesenklein gGmbH, Halle (Saale)

Die Geschichte der provisorischen Erweiterung des

Freien KinderGartens „Riesenklein“ könnte gut und

gern zu einem Bestseller in Sachen „Architektur

macht Schule“ taugen. Denn alles, aber auch alles,

haben Erzieher, Pädagogen, Eltern, Architekten und

Kinder in einem einzigartigen Findungs- und Realisierungsprozess

einer riesenkleinen Bauaufgabe einfach

richtig gemacht.

Das hallesche Bildungshaus „Riesenklein“ gibt es seit

15 Jahren. Und es wächst. Bis zu dem in drei Jahren

geplanten Umzug in ein neues Gebäude fehlten jetzt

rund 100 Quadratmeter Platz. Über die Frage, wie

sinnvolle, ökonomische, ökologische und nachhaltige

temporäre Zwischennutzungen aussehen oder was

Modularbauten bringen könnten, kam man auf die –

nicht ganz naheliegende – Idee mit den Hochseecontainern.

Sie würden am besten den Ansprüchen, Ideen

und Träumen der Nutzer gerecht werden.

Es folgte eine intensive Zeit. In Zusammenarbeit aller

wurden für die Container Raumlösungen, Baustoffe

und Nischen besprochen, diskutiert, verworfen und

festgelegt, ein Modell gebaut und in themenbezogenen

Alltags- und Spielaufgaben die späteren Grundrisse

entwickelt. Das Ergebnis: die Anschaffung von

vier Hochseecontainern, die aneinandergekoppelt,

zueinander versetzt positioniert und mit der Rückseite

des „Riesenklein“-Hauses zu einem Ensemble verbunden

worden sind. Je nach Raumfunktion wurden

Wand- und Deckenteile für Türen, Fenster und Verbindungsöffnungen

herausgeflext. Eine gedämmte

Holzständerkonstruktion ermöglichte den flexiblen

Ausbau, weiß lasiertes Holz die Natürlichkeit der

Oberflächen. Es ist hell und gemütlich im Innern,

jedes Detail mit Sorgfalt wohldurchdacht. Zudem:

Alle Materialien wurden reversibel verbaut, die Idee

der Nachnutzung ist konstruktiv berücksichtigt, die

Dämmwerte sind eingehalten. Und die Riesenkleinen?

Längst glücklich in ihrem Provisorium: Denn wer

kann schon von sich behaupten in einem Haus zu

leben, das um die ganze Welt gekommen ist?

Die Jury war sich sicher: „Die innere Gestaltung mit

abwechslungsreichen Raumfolgen und die Funktionalität

sind eine hervorragende Interimslösung. Sie tritt

den Beweis dafür an, was entstehen kann, wenn

Improvisation und Kreativität aufs Beste zusammengehen.“

22

ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


Wohnhaus, Umbau und Erweiterung (2013)

Standort: Schlossberg 2a, Halle (Saale)

Architekt: Barbara Limpert, Freie Architektin, Halle (Saale)

Bearbeiter: Freie Architektin Dipl.-Ing. Barbara Limpert, Freier Dipl.-Architekt Thomas Dietzsch

Bauherr: Barbara Limpert und Thomas Dietzsch, Halle (Saale)

Es war schon lange da, dieses kleine, wie zurückgelassen

wirkende, zweigeschossige Haus am Hang in

prominenter Lage zwischen Moritzburg und Dom, und

war doch – desolat und von Grün überwuchert – völlig

aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden.

Dass es zum benachbarten, um 1900 in hellem Backstein

errichteten Preußischen Militärlazarett als dessen

Kohle- und Lagerschuppen gehörte, wussten nur

wenige.

Ja, man hätte es auch abreißen und etwas Neues

bauen können. Um jedoch die vorhandenen Ressourcen,

insbesondere die darin steckende (graue) Energie,

sinnvoll und kreativ zu nutzen, war es für die

Bauherren – selbst Architekten – geradezu folgerichtig,

den einfachen Bau als Steilvorlage für einen

Umbau samt Erweiterung zu verstehen. Das beneidenswerte

Ergebnis: zwei großzügige Wohnungen,

separat voneinander erreichbar, mit dem Luxus von

Terrassengrün und Sonne mitten in der Saalestadt.

Die im Ursprung simple Hausstruktur ließ eine völlige

Neuorganisation mit einfachen Mitteln zu. Einzig eine

neue massive Querwand steift heute das Gebäude

zusätzlich aus. Die große bauliche Veränderung war

jedoch eine an drei Seiten mit Lärchenholz verkleidete

Aufstockung. So wurde aus dem zweigeschossigen ein

dreigeschossiger Bau, der den Bewohnern ein komfortables

Zimmer mit Vollverglasung zu der nach Westen

orientierten Dachterrasse verschafft. Die West- und

Südseite grenzten ursprünglich an heute nicht mehr

vorhandene Gebäude an, das erklärt, warum lediglich

die Nord- und Ostseite von ihren Erbauern mit dezent

geschmücktem Ziegelmauerwerk versehen wurden.

Diese Fassaden wurden nun der neuen Raumstruktur

folgend zurückhaltend korrigiert und mit Mineralfaserplatten

innengedämmt. Die Südseite hingegen konnte

völlig neu und mit großen Fenstern samt Schiebeläden

aus Holzlamellen gestaltet werden.

Solarthermie und Regenwassernutzung flankieren das

ressourcenschonende Konzept des Wohnhauses auf

dem halleschen Schlossberg, „das sicher erst bei weiterer

Bebauung der Umgebung seine ganze Wirkung

entfalten wird“, urteilte die Jury und resümiert: „Mit

einem überschaubaren Budget wurde hier ein in jedweder

Hinsicht nachhaltiges Projekt in bemerkenswerter

Qualität umgesetzt, ... ein innerstädtischer

Standort aufgewertet.“

ENGERE WAHL

23


Wohn- und Geschäftshaus (2014)

Standort: Georg-Cantor-Straße 1a, Halle (Saale)

Architekt: snarq architekten, Halle (Saale)

Bearbeiter: Architektin Dipl.-Ing. Nina Nolting, Freier Architekt Sebastian Sasse M.Sc.;

Dipl.-Ing. (FH) Stefanie Warmer

Bauherr: Frank Kuhn, Halle (Saale)

Dominant, expressiv, schräg ... Die Reihe möglicher

Adjektive für das neue Haus ist lang. Sie alle eint der

Versuch, die ausdrucksstarke Form des gänzlich in

Grau gehaltenen, hohen und in seinem Grundriss

superschmalen Gebäudes auf der Ecke Georg-Cantor-

Straße/Breite Straße in Worte zu fassen. Das Platzwunder

wurde auf ein kompliziert geschnittenes

Grundstück mit dem verwegenen Mut zur schwierigen

Lücke eingepasst. Es ergänzt und verdichtet Halles

beliebte nördliche Innenstadt nahe des Botanischen

Gartens in bester, und wie die Jury feststellte, beispielhafter

Weise.

Wie ein schlappes L ist der Baukörper geformt. Er

entwickelt sich aus dem Verlauf der beiden aufeinander

zulaufenden Straßen und schließt an städtebaulich

wichtiger Stelle eine alte Wunde. Der Eingang

findet sich folgerichtig im leichten Knick des Hauses,

hier ist auch das Treppenhaus, es erlaubt die Anordnung

der insgesamt fünf Wohnungen zu beiden Seiten.

Sie alle profitieren mit ihren breiten Fensterbändern

und einem Balkon von der südöstlichen Ausrichtung

und somit vom guten Sonnenlicht.

Die beiden betagten, gründerzeitlichen Nachbarn

gaben die mögliche Höhenentwicklung vor. Das neue

Haus mit seinen dem Himmel zustrebenden zwei

Dachspitzen hat sie jedoch frech ausgetrickst. Nichts

lehnt oder schmiegt sich da an alte Brandwände, es

wird lediglich vermittelt. Und das zu einem guten

Zweck. Die expressive Dachform lässt Licht auch

vom Südwesten in die beiden oberen Studiowohnungen

und damit beste Abendsonne auf die Terrassen

fließen.

Einfach und rational sind die Grundrisse angelegt.

Geringe Spannweiten ermöglichen flexible Raumaufteilungen:

von der loftartigen freien Gestaltung bis

zum klassischen Wohnen. Drei Pkw–Stellplätze

sowie ein Büro – übrigens das des Bauherrn – haben

im Erdgeschoss ihren Platz gefunden. Großflächige

Schaufenster öffnen hier elegant die Giebelfront, die

selbstbewusst und architektonisch zeitgenössisch

die Straßenflucht füllt. Und eines klarstellt: Das hier

ist weder eine zahme Prothese noch ein sich anbiederndes

Implantat. Es ist etwas Neues, sehr Authentisches,

„als städtebauliche Lösung gelungen und

eine gute Geste im Sinne der Stadtreparatur“.

24 ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


Mühleninsel Merseburg: Wohnen – Arbeiten –

Wasserkraft – Sport (2015)

Standort: Meuschauer Straße 10–14, Merseburg

Architekt: Architekturbüro Dr. Mertens, Architekt BDA, Bad Dürrenberg

Bearbeiter: Freier Architekt Dr.-Ing. Hans-Norbert Mertens; Dipl.-Ing. (FH) Bettina Albert,

Architektin Ing. Kathrin Eitner, Nicole Heine, Patrick Heldt, Architektin Dipl.-Ing.

Denitsa Ilieva, Cindy Schilling, Robin Schulz, Dipl.-Architektin Veronica Ziemann,

Dipl.-Ing. Reinhardt Weißmann, Dipl.-Ing. Manfred Schiffner

Bauherr: Helmut Soller, Ilmendorf

Schon Caspar Merian wählte 1690 das alte Meuschau

als Bühne für seinen historischen Stich Merseburgs.

Später klapperte auf der lauschigen Insel im Strom

eine Getreidemühle, zuletzt die des VEB Mühlenwerke

Merseburg. Mit der Stilllegung 1992 verfiel das

Gelände vis-a-vis des Dombergs zur Brache – besseren

Zeiten harrend.

Mehr zufällig als geplant geriet das Ensemble während

eines Workshops der IBA Stadtumbau Sachsen-

Anhalt 2010 zum Gegenstand der Betrachtung: Gern

wollte zu jener Zeit die Stadt eine Entwicklung anschieben,

als just der private Investor Helmut Soller

auf den Plan trat. Seine Idee: hier ein Wasserkraftwerk

zu errichten. Das sollte der Beginn einer beispielhaften,

teils von Land, Bund und EU geförderten

Revitalisierungsgeschichte werden. Mit dem Konzept

Wohnen – Arbeiten – Wasserkraft – Sport glückte dem

Bayern ein durchaus waghalsiger Husarenstreich.

Dreh- und Angelpunkt der Entwicklung: das Wasser.

Um seine Kraft für das ambitionierte Energiekonzept

nutzen zu können, wurde zunächst ein verschütteter

Mühlgraben freigelegt. In seinem Verlauf entstand der

Neubau des Wasserkraftwerkes. Es ist das ideelle und

technische Herzstück der Mühleninsel. Nach und

nach wurden alle denkmalgeschützten Gebäude

saniert, verfallene und nicht mehr nutzbare Nebengelasse

abgerissen. Das Mühlengebäude, zwei ehemalige

landwirtschaftliche Domänengebäude und die

ehemalige Unternehmervilla bilden heute ein aufgeräumtes

– und energieautarkes – geschlossenes Ganzes

in einem kreativen Mix von Wohnen und Gewerbe.

Man findet hier Sportverein, Eventagentur, Praxen

und Pension, im Unterlauf des Mühlgrabens zudem

Wassersportanlagen für den erfolgreichen Merseburger

Kanuverein. Und sogar an die Fische ist gedacht:

eine Fischtreppe führt sie an der Wasserkraftanlage

sicher vorbei.

Längst ist die wiederbelebte Insel ins Bewusstsein

der Merseburger und ihrer Besucher zurückgekehrt.

Die Jury würdigt mit der Nominierung das Engagement

des privaten Bauherrn wie das aller Beteiligten

bei der Rettung einer aus der Geschichte gewachsenen,

einmaligen städtebaulichen Situation mit einem

hervorragenden, in vielfacher Hinsicht beispielhaften

Projekt. Die besseren Zeiten – sie sind für die Mühleninsel

angebrochen.

ENGERE WAHL

25


26

ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


DIE WEITEREN TEILNEHMER

27


Zweifeldsporthalle (2015)

Standort: Vor dem Lüchower Tor 2, Hansestadt

Salzwedel

Architekt: Kirchner + Przyborowski Diplomingenieure

Architekten BDA, Magdeburg und Burg

Bearbeiter: Freier Architekt Dipl.-Ing. Burkhard

Przyborowski; Architekt Dipl.-Ing. (FH) Mario Peters,

Dipl.-Ing. (FH) Steffen Maaß, Dipl.-Ing. (FH) Gabriele

Hollmann, Gabriele Kranke, Architektin Dipl. Ing. (FH)

Tanja Stumpe

Bauherr: Altmarkkreis Salzwedel, Hansestadt Salzwedel

„Haus der Flüsse“ (2015)

Standort: Elbstraße, Hansestadt Havelberg

Architekt: däschler architekten & ingenieure gmbh,

Halle (Saale)

Landschaftsarchitekt: PLANTRAUM

FREIRAUMARCHITEKTEN, Halle (Saale)

Bearbeiter: Freier Architekt Dipl.-Ing. (FH) Christian

Däschler, Freier Landschaftsarchitekt Dipl.-Ing. (FH)

Stefan Petrat; Dipl.-Ing. Steve Hesse, Dipl.-Ing. Ronald

Rudolph, Dipl.-Ing. (FH) Christian Schunke, Anna

Bugoslavska M.A.

Bauherr: Biosphärenreservat Mittelelbe, Oranienbaum-

Wörlitz

Scheunenumbau (2015)

Standort: Altenhäuser Straße 34a, Flechtingen

Architekt: Freie Architektin Christiane Ertmer,

Gommern OT Karith

Bearbeiter: Freie Architektin Dipl.-Ing. (FH) Christiane

Ertmer

Bauherr: Madlen und Jens Weidemann, Flechtingen

28

ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


Evangelische Sekundarschule, Umbau (2015)

Standort: Waldring 111, Haldensleben

Architekt: Kirchner + Przyborowski Diplomingenieure

Architekten BDA, Magdeburg und Burg

Bearbeiter: Freier Architekt Dipl.-Ing. Ulrich Kirchner;

Dipl.-Ing. Angelika Dohm, Joakim Blomquist, Dipl.-Ing.

Annett Bethge, Dipl.-Ing. Kristin Bauer, Architekt

Dipl.-Ing. (FH) Lars Dietrich, Gisela Hirschfeld

Bauherr: Evangelische Johannes-Schulstiftung,

Magdeburg

Motel One, Um- und Erweiterungsbau (2014)

Standort: Domplatz 5, Magdeburg

Architekt: planungsring.de GmbH, Wolfsburg

Bearbeiter: Architekt Dipl.-Ing. Thomas Nörthemann;

Architekt Dipl.-Ing. Tilman Grassl, Dipl.-Ing. Ines

Köppe

Bauherr: GbR GRUNDTEC Wanzleben, Hannover

Pauluskirche, Foyer (2015)

Standort: Goethestraße 28, Magdeburg

Architekt: Dr. Ribbert Saalmann Dehmel Architekten

BDA, Magdeburg

Bearbeiter: Freier Architekt Dipl.-Ing. Daniel Dehmel;

Dipl.-Ing. Utz Saalmann, Dipl.-Ing. (FH) Dorothee

Dauer

Bauherr: Evangelische Paulusgemeinde, Magdeburg

AOK Kundencenter, Neugestaltung (2015)

Standort: Lüneburger Straße 4, Magdeburg

Architekt: MANUELA JÜRRIES Architekten/

Innenarchitekten, Magdeburg

Bearbeiter: Freie Innenarchitektin Dipl.-Formgestalter

Manuela Jürries; Architekt Dipl.-Ing. Jochen Justus

Lohmann

Bauherr: AOK Sachsen-Anhalt, Magdeburg

WEITERE TEILNEHMER

29


Wohngebäude „MOVIT60+“ (2013)

Standort: Fürstenwallstraße 9, Magdeburg

Architekt: ACM GmbH Atelier für Architektur und

Consulting, Magdeburg

Bearbeiter: Freier Architekt Dipl.-Ing. Peter Schube;

Dipl.-Ing. Michael Beikirch

Bauherr: Wohnungsbaugenossenschaft Otto von

Guericke e.G., Magdeburg

Büro- und Verwaltungsgebäude (2013)

Standort: Erweiterungsneubau, Albert-Vater-Straße 50,

Magdeburg

Architekt: planungsring.de GmbH, Wolfsburg

Bearbeiter: Architekt Dipl.-Ing. Thomas Nörthemann;

Architekt Dipl.-Ing. Tilmann Grassl, Architekt Dipl.-Ing.

Michael Bohn

Bauherr: Albert-Vater-Straße Verwaltungs-KG, Magdeburg

Haus B – Low-Budget-Haus (2014)

Standort: Carl-Krayl-Ring 17, Magdeburg

Architekt: Architekt Dipl.-Ing. (FH) Sebastian Brecher

Bearbeiter: Sebastian Brecher, Magdeburg

Bauherr: Familie Brecher, Magdeburg

Innenarchitektur eines Verwaltungsgebäudes

/ Vermietungscenters (2015)

Standort: Scharnhorstring 8/9 (Vermietungscenter

Ernst-Reuter-Allee 10), Magdeburg

Architekt: MANUELA JÜRRIES Architekten/

Innearchitekten, Magdeburg

Bearbeiter: Freie Innenarchitektin Dipl.-Formgestalter

Manuela Jürries; Architekt Dipl.-Ing. Jochen Justus

Lohmann

Bauherr: Wohnungsbaugenossenschaft Otto von

Guericke e.G., Magdeburg

30

ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


Plattenbausanierung (2013)

Standort: Regierungsstraße 37a–e, Magdeburg

Architekt: arc architekturconzept GmbH, Magdeburg

Bearbeiter: Freie Architektin Dipl.-Ing. (FH) Sandra

Oheim, Freier Architekt Dipl.-Ing. Steffen Lauterbach;

Gina Holze, Architekt Dipl.-Ing. Vui Van Duong,

Dipl.-Ing. Frank Oheim, Alexander Schroth

Bauherr: WOBAU Wohnungsbaugesellschaft Magdeburg

mbH, Magdeburg

Einfamilienhaus „Wohnen für vier – das

perfekte Rezept“ (2014)

Standort: Wolframstraße 22, Magdeburg

Architekt: META architektur GmbH, Magdeburg

Landschaftsarchitekt: stock landschaftsarchitekten,

Jena

Bearbeiter: Architekt Dipl.-Ing. (FH) Sebastian Schulze

M.A., Architekt Dipl.-Ing. (FH) Andreas Müller M.Sc.;

Lars Stierwald B.A., Alexander Schlee B.A., Sophie

Müller B.A., Dipl.-Ing. (FH) Torsten Hofer

Bauherr: privat

Terrassenwohnen „Elbbahnhof“ (2013)

Standort: Elbbahnhof 49/51/53/55/57/59,

Magdeburg

Architekt: arc architekturconzept GmbH, Magdeburg

Bearbeiter: Freie Architektin Dipl.-Ing. (FH) Sandra

Oheim, Freier Architekt Dipl.-Ing. Steffen Lauterbach,

Freier Architekt Dipl.-Ing. Frank Schaper; Dipl.-Ing.

Mathias Lauenroth, Dipl.-Ing. Frank Oheim,

Alexander Schroth

Bauherr: Wohnungsbaugenossenschaft „Stadt

Magdeburg von 1954“ eG, Magdeburg

WEITERE TEILNEHMER

31


Logistikhalle (2013)

Standort: Appendorfer Weg 2, Sülzetal, OT

Osterweddingen

Architekt: GOLDBECK Nordost GmbH, NL Magdeburg,

Sülzetal OT Osterweddingen

Bearbeiter: Architekt Dipl.-Ing. (FH) Sebastian Brecher,

Dipl.-Ing. Ivonne Michaelis, Dipl.-Ing. (FH) Ina Jäckel

Bauherr: Florpartner GmbH, Sülzetal, OT Osterweddingen

Kompetenzzentrum Demenz (2015)

Standort: Wilhem-Hellge-Straße 301, Schönebeck (Elbe)

Architekt: constructionZone Architekturbüro,

Barby OT Tornitz

Bearbeiter: Freie Architektin Dipl.-Ing. (FH) Angela

Grube; Franziska Klette, Steffen Grube-Schümann

Bauherr: SWB Städtische Wohnungsbau GmbH,

Schönebeck (Elbe)

Kita „Güstener Spatzen“ (2015)

Standort: Hallesche Straße 2, Güsten

Architekt: Kirchner + Przyborowski Diplomingenieure

Architekten BDA, Magdeburg und Burg

Bearbeiter: Freier Architekt Dipl.-Ing. Ulrich Kirchner;

Dipl.-Ing. Angelika Dohm, Dipl.-Ing. Annett Bethge,

Architektin Dipl.-Ing. (FH) Franziska Thielicke,

Dipl.-Ing. Kristin Bauer, Dipl.-Ing. Steffen Bröhl,

Dipl.-Ing. (FH) Kirsten Lippelt

Bauherr: Verwaltungsgemeinde Saale-Wipper, Güsten

Campus Technicus, Schulgebäude,

Modernisierung und Erweiterung (2013)

Standort: Käthe-Kollwitz-Straße 12/14, Bernburg (Saale)

Architekt: ARGE Junk & Reich – Architekten BDA

Planungsgesellschaft mbH / Hartmann + Helm

Planungsgesellschaft mbH, Weimar

Bearbeiter: Architekt Dipl.-Ing. Falko Bormann,

Architekt Dipl.-Ing. Jörg Baum; Architektin Dipl.-Ing.

(FH) Corina Schwan, Architektin Dipl.-Ing. Manuela

Bormann, Architekt Dipl.-Ing. Kevin Rulsch, Dipl.-

Ing. Bettina Stacke, Dipl.-Ing. Bettina Baum, Dirk

Niederhausen

Bauherr: Salzlandkreis Hochbauamt, Bernburg (Saale),

und Stadt Bernburg (Saale), Bernburg (Saale)

32

ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


Wohnpark West (2015)

Standort: Erich-Mühsam-Str. 4, Lutherstadt Wittenberg

Architekt: Leuschner Gänsicke Beinhoff Architekten,

Hamburg; Bauleitung: bc Architekten + Ingenieure

GmbH, Lutherstadt Wittenberg

Bearbeiter: Freier Architekt Dipl.-Ing. Uwe Gänsicke,

Freie Architektin Dipl.-Ing. Ulla Beinhoff; Freier

Architekt Dipl.-Ing. Andreas Leuschner, Dipl.-Ing. (FH)

Frauke David-Gänsicke

Bauherr: Wittenberger Wohnungsbaugesellschaft mbH,

Lutherstadt Wittenberg

Friederikenschule – Grundschule und

Hort, Modernisierung, Instandsetzung und

bauliche Erweiterung, Sanierung (2014)

Standort: Friederikenstraße 23, Dessau-Roßlau

Architekt: Arbeitsgemeinschaft Architekturbüro Brosig

+ Mengewein und Partner GbR und bankertsommer

ARCHITEKTEN, Dessau-Roßlau

Bearbeiter: Freier Architekt Dipl.-Ing. Hans-Georg

Brosig, Freier Architekt Dipl.-Ing. Dieter Bankert,

Freie Architektin Dipl.-Ing. Anne-Barbara Sommer

Bauherr: Stadt Dessau-Roßlau, Dessau-Roßlau

Neue Meisterhäuser (2014)

Standort: Ebertallee 59–71, Dessau-Roßlau

Architekt: Bruno Fioretti Marquez Architekten, Berlin

Bearbeiter: Architekt Prof. José Gutierrez Marquez;

Dipl.-Ing. Marco Smith, Dipl.-Ing. Simon Davis,

Dipl.-Ing. Nadine Stecklina

Bauherr: Stadt Dessau-Roßlau, Dessau-Roßlau

Luthers Elternhaus Dauerausstellung

(2014)

Standort: Luthertraße 26, Mansfeld-Lutherstadt

Architekt: complizen Planungsbüro, Halle (Saale)

Bearbeiter: Freier Architekt Dipl.-Designer Andreas

Haase; Dipl.-Ing. Jenniffer Nitschke, Tanja Unger M.A.

Bauherr: Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-

Anhalt, Lutherstadt-Wittenberg

WEITERE TEILNEHMER

33


Wohnhaus (2015)

Standort: Bahnhofstraße 10, Salzatal OT Beesenstedt

Architekt: Brambach Architekten GmbH, Halle (Saale)

Bearbeiter: Freier Architekt Dipl.-Formgestalter

Hans-Otto Brambach, Architektin Dipl.-Ing. (FH) Eva

Brambach; Sumit Adhikari B.A., Patricia Birkler B.A.

Bauherr: privat

Schulungsgebäude (2013)

Standort: Fährstraße 5, Halle (Saale)

Architekt: DRESSLER ARCHITEKTEN BDA,

Halle (Saale)

Bearbeiter: Freier Architekt Dipl.-Ing. Matthias Dressler,

Architekt Dipl.-Ing. (FH) Ronny Meyer

Bauherr: Diakoniewerk Martha Maria e.V., Nürnberg

Jugendherberge, Umbau (2015)

Standort: Große Steinstraße 60, Halle (Saale)

Architekt: AG Jugendherberge Halle, Dressler Marter

Przyborowski Architekten, Magdeburg

Bearbeiter: Freier Architekt Dipl.-Ing. Burkhard

Przyborowski; Architekt Dipl.-Ing. (FH) Mario Peters,

Dipl.-Ing. (FH) Steffen Maaß, Dipl.-Ing. (FH) Gabriele

Hollmann, Gabriele Kranke

Bauherr: Deutsches Jugendherbergswerk Landesverband

Sachsen-Anhalt e.V., Magdeburg

Landesgymnasium Latina, Paul-Raabe-Saal

(2014)

Standort: Franckeplatz 1, Haus 42/43, Halle (Saale)

Architekt: Architekt Wilfried Ziegemeier, Hannover,

DRESSLER ARCHITEKTEN BDA, Halle (Saale)

Bearbeiter: Freier Architekt Dipl.-Ing. Matthias

Dressler; Architekt Dipl.-Ing. (FH) Ronny Meyer,

Dipl.-Ing. (FH) Nadine Galle, Diana Klein

Bauherr: Bau- und Liegenschaftsmanagement Sachsen-

Anhalt (BLSA), Magdeburg

34

ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


Wohn- und Geschäftshaus (2013)

Standort: Leitergasse 3a, Halle (Saale)

Architekt: snarq architekten, Halle (Saale)

Bearbeiter: Architektin Dipl.-Ing. Nina Nolting,

Freier Architekt Sebastian Sasse M.Sc.; Dipl.-Ing. (FH)

Hendrik Schmidt

Bauherr: Nina Nolting, Sebastian Sasse, Halle (Saale)

Zweigbibliothek der Universitäts- und

Landesbibliothek (2015)

Standort: Emil-Abderhalden-Straße 25, Halle (Saale)

Architekt: Eßmann | Gärtner | Nieper | Architekten GbR,

Leipzig

Bearbeiter: Dipl.-Ing. Jens Wilgeroth,

Dipl.-Ing. Andreas Reinhardt

Bauherr: Bau- und Liegenschaftsmanagement

Sachsen-Anhalt (BLSA), Magdeburg

Steintor-Campus, Neugestaltung

Freianlagen (2015)

Standort: Emil-Abderhalden-Straße/Ludwig-Wucherer-

Straße, Halle (Saale)

Architekt: DÄRR LANDSCHAFTSARCHITEKTEN,

Halle (Saale)

Bearbeiter: Freier Landschaftsarchitekt Dipl.-Ing.

Matthias Därr; Dipl.-Ing. (FH) Thomas Grafe,

Landschaftsarchitektin Dipl.-Ing. Sigrun Därr

Bauherr: Bau- und Liegenschaftsmanagement Sachsen-

Anhalt (BLSA), Magdeburg

WEITERE TEILNEHMER

35


Atriumwohnungen (2013)

Standort: Talstraße, Halle (Saale)

Architekt: snarq architekten, Halle (Saale)

Bearbeiter: Architektin Dipl.-Ing. Nina Nolting,

Freier Architekt Sebastian Sasse M.Sc.;

Dipl.-Ing. (FH) Stefanie Warmer

Bauherr: Ralf Kuhn, Halle (Saale)

Sekundarschule „Johann Wolfgang von

Goethe“, Sport-, Freifläche und Einfriedung

(2014)

Standort: Bahnhofstraße 7, Merseburg

Architekt: Ingenieurbüro Weiß&Schellenberg,

Merseburg

Bearbeiter: Architektin Dipl.-Ing. Claudia Janich;

Dipl.-Ing. Volkmar Weiß, Dipl.-Ing. Hartmut

Schellenberg, Marcus Göpfert, Annett Hofmann,

Steffen Ranneberg, Evelyn Woitzik, Carina Trutschel

Bauherr: Landkreis Saalekreis, Merseburg

Integrative Kindertagesstätte, Gebäude

und Freianlagen (2015)

Standort: Unter den Hassenbergen 6, Naumburg

(Saale) OT Kleinjena

Architekt: TRÄNKNER ARCHITEKTEN, Naumburg

(Saale)

Bearbeiter: Freier Architekt Dipl.-Ing. Matthias

Tränkner; Architektin Dipl.-Ing. (FH) Anne Panzner,

Architektin Dipl.-Ing. Annett Giel

Bauherr: Stadt Naumburg (Saale), Naumburg (Saale)

Stadthaus (2015)

Standort: Ernst-Thälmann-Straße 58, Hohenmölsen

Architekt: Dreetz und Partner, Wendelstein

Bearbeiter: Freier Architekt Dipl.-Ing. Jochen Dreetz;

Erhard Grützke; Marlies Vogel

Bauherr: Jochen Dreetz, Wendelstein

36

ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


DAS verfahren

Die Vergabe des Architekturpreises des Landes

Sachsen-Anhalt hat Tradition. Seit 1995 wird im

dreijährigen Rhythmus Bilanz über das Baugeschehen

im Land gezogen, werden die besten eingereichten

Arbeiten ausgezeichnet.

Das Verfahren wurde am 3. Oktober 2015 ausgelobt,

die Bewerbungen waren bis zum 18. Januar

2016 einzureichen.

Für den Architekturpreis des Landes Sachsen-

Anhalt 2016 standen 46 zur Beurteilung zugelassene

Beiträge zur Wahl.

Am Sonntag, den 31. Januar 2016, hatten sich

die Mitglieder der unabhängigen Jury gemeinsam

mit dem beratenden Gremium auf eine Tagesreise

durch Sachsen-Anhalt begeben und in Staßfurt,

Güsten, Bernburg (Saale), Merseburg, Halle (Saale)

und Magdeburg umgesehen.

Noch nie war die Beteiligung der Sachsen-Anhalter

an der Abstimmung zum Publikumspreis so

groß. Eine breite Öffentlichkeit (2.529 abgegebene

Stimmen) votierte für ihren Favoriten aus den

dreizehn in die „Engere Wahl“ gekommenen Bewerbungen.

Die Spannung war groß, denn erst auf der Preisverleihung

wurden die Träger der Preise und Auszeichnungen

bekanntgegeben. Die fand in Magdeburg

im Kunstmuseum Kloster Unser Lieben

Frauen am 8. März 2016 statt. Der Ort der Preisübergabe

gehörte selbst zur „Engeren Wahl“ des

Architekturpreises des Landes Sachsen-Anhalt

2013 und wurde als „Bauwerk des Jahres 2012“

ausgezeichnet. Hier schließt sich in wunderbarer

Weise ein Kreis des Bauens und der Kultur: von

Baukultur.

Am darauffolgenden Tag, dem 1. Februar 2016,

tagte in Magdeburg die Jury unter Vorsitz von Prof.

Willem Bruijn, Architekt aus Wolfurt (Vorarlberg).

Ausgiebig und einfühlsam wurde in der mehrstündigen

Sitzung über alle Einreichungen diskutiert

und in einem intensiven Abwägungsprozess

schließlich eine Entscheidung getroffen. Die war

aufgrund der qualitativ hohen Bewerbungen tatsächlich

nicht leichtgefallen. Dreizehn Arbeiten

wurden für die „Engere Wahl“ bestimmt. Die Auseinandersetzung

mit den Vor- und Nachteilen jeder

Bauaufgabe änderte auch gelegentlich die

Sicht und konzentrierte auf das Wesentliche. Das

beratende Gremium war der Jury eine große Unterstützung.

Deren Kenntnis um Prozesse und

Verfahren schärfte den Blick der Juroren. Am Ende

der Sitzung wurden der Architekturpreis des Landes

Sachsen-Anhalt 2016 sowie vier Auszeichnungen

zum Architekturpreis vergeben.

37


DIE AUSLOber

Auslober des Architekturpreises

des Landes Sachsen-Anhalt 2016:

Der Architekturpreis des Landes Sachsen-Anhalt

2016 ist Bestandteil der Landesinitiative Architektur

und Baukultur und wurde durch das Land

Sachsen-Anhalt gefördert.

Ministerium

für Landesentwicklung und Verkehr

des Landes Sachsen-Anhalt

Turmschanzenstraße 30

39114 Magdeburg

Architektenkammer Sachsen-Anhalt

Fürstenwall 3

39104 Magdeburg

Schirmherr des Architekturpreises:

Thomas Webel,

Minister für Landesentwicklung und Verkehr

des Landes Sachsen-Anhalt

38 ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


DIE JURY

DAS BERATENDE GREMIUM

Vorsitz:

Willem Bruijn

Architekt, Wolfurt

Barbara Ettinger-Brinckmann

Architektin, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer,

Kassel

Thomas Felke

Mitglied des Landtages des Landes Sachsen-

Anhalt, Vorsitzender des Ausschusses für

Landesentwicklung und Verkehr, Halle (Saale)

Sven Fröhlich

Architekt, Berlin

Dr. Klaus Klang

Staatssekretär im Ministerium für Landesentwicklung

und Verkehr des Landes Sachsen-

Anhalt, Magdeburg

Dr. Alois Kösters

Chefredakteur der Volksstimme, Barleben

Axel Lohrer

Landschaftsarchitekt, München/Stuttgart

Gerhard Miesterfeldt

Vizepräsident des Landtages des Landes

Sachsen-Anhalt, Barleben

Ines Wrusch

Innenarchitektin, Hamburg

Stefan Farivar

Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft

des Landes Sachsen-Anhalt, Magdeburg

Maik Grawenhoff

Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr

des Landes Sachsen-Anhalt, Magdeburg

Guido Henke

Mitglied des Landtages

des Landes Sachsen-Anhalt, Haldensleben

Manfred Klein

Ministerium der Finanzen

des Landes Sachsen-Anhalt, Magdeburg

Ingo Mundt

Kultusministerium

des Landes Sachsen-Anhalt, Magdeburg

Werner Theisen

Ministerium für Arbeit und Soziales

des Landes Sachsen-Anhalt, Magdeburg

Verena Wicke-Scheil

Mitglied des Landtages

des Landes Sachsen-Anhalt, Haldensleben

Frauke Weiß

Mitglied des Landtages

des Landes Sachsen-Anhalt, Halberstadt

Dr. Ulrike Wendland

Landeskonservatorin, Landesamt für Denkmalpflege

und Archäologie Sachsen-Anhalt,

Halle (Saale)

39


Susanne Schweidler

Fachbereichsleiterin Kunst und Kultur der Landeshauptstadt Magdeburg

Grußwort zur Verleihung des Architekturpreises des Landes Sachsen-Anhalt 2016

am 8. März 2016 in Magdeburg

Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling, der große

Idealist, bezeichnete Architektur als „erstarrte

Musik“. Er meinte, dass „ein schönes Gebäude in

der That nichts anderes als eine mit dem Aug

empfundene Musik, ein nicht in der Zeit, sondern

in der Raumfolge aufgefaßtes (simultanes) Concert

von Harmonien und harmonischen Verbindungen“

1 sei. Wo, wenn nicht in diesen Räumen,

lassen sich die Worte Schellings besser nachempfinden!

Für deren Umgestaltung war das Architekturbüro

Hartkopf . Rüger . Architekten aus Halle

(Saale) – heute Architekturbüro Regine Hartkopf

– in die „Engere Wahl“ zum Architekturpreis des

Landes Sachsen-Anhalt 2013 gekommen. „Bauen

im Bestand par excellence“ hieß es in der Würdigung

der gelungenen umfangreichen Umbaumaßnahmen,

die sowohl die Ausstellungsräume des

Museums als auch den Foyer-Bereich betrafen.

Insofern ist der Ort für Ihre Veranstaltung wohl der

angemessene!

Obgleich dieses Haus auch in Zukunft immer wieder

eine Baustelle sein wird, bildet es doch mit

seinem aus verschiedenen Jahrhunderten überlieferten

Bestand die großartige Möglichkeit, die

zeitgenössische Nutzung als Ort der Kunst und

Musik mit dem Bewahren im Museum in einen

spannenden Dialog zu setzen. Der Stadt Magdeburg

ist ihr ältestes Baudenkmal mit seinen vielfältigen

kulturellen Funktionen darüber hinaus

einer der wichtigsten Orte für Veranstaltungen wie

diese, weshalb wir uns sehr freuen, dass die Preisverleihung

heute hier stattfindet.

Baukunst ist jedoch viel mehr als „erstarrte Musik“,

obwohl mir persönlich als Laienmusikerin

und Musikwissenschaftlerin diese Formulierung

natürlich sehr behagt! Sie ist auch „raumgefasster

Zeitwille – lebendig, wechselnd, neu“, sagte Ludwig

Mies van der Rohe. Dieses Zitat finde ich

zumindest aus zwei Gründen sehr passend:

Zum einen, weil die Vorauswahl – die sogenannte

„Engere Wahl“ der Jury – aus meiner Sicht nicht

nur das Ergebnis der Verständigung von ausgewählten,

fachkundigen Persönlichkeiten, sondern

eben auch Ausdruck und Resultat gesellschaftlicher

Diskurse und Entwicklungen ist. Ich bin

gespannt auf ihr Votum am heutigen Abend, denn

wenn ich mir die 13 Arbeiten anschaue, stelle ich

fest, dass die überwiegende Zahl, nämlich acht,

wenn ich richtig gezählt habe, Sanierungs- bzw.

Umbauprojekte sind. Als gänzlich neue Bauten

wurden vier Einreichungen ausgesucht. Ein Projekt

wurde ausgewählt, bei dem sich die Autoren

ins Alte hineinwagten, um Neues zu bauen. Altes

wird also einerseits wiederbelebt, nutzbar gemacht,

umgedeutet? Andererseits wird Architektur

zur Definition, zur Interpretation von Leere, zum

gesellschaftlichen Statement?

Ihre Vorauswahl, liebe Jurymitglieder, finde ich

aber auch vor dem Hintergrund der Frage, wie

Architektur die Auseinandersetzung mit dem kulturellen

Erbe interpretiert, interessant.

Ist es Neuinterpretation oder Rückbesinnung?

Oder das eine durch das andere? Wann und wie

entstehen neue Qualitäten? Nicht nur für das

Gebäude, den Ort, sondern für die Gesellschaft?

Zum anderen finde ich das Zitat von Ludwig Mies

van der Rohe passend, weil wir dieses Thema im

erweiterten Kontext, nämlich im Rahmen unserer

Bewerbung um den Titel „Kulturhauptstadt Europas“

2025, in den nächsten Wochen und Monaten

intensiv beleuchten werden:

Wie gehen wir mit unserem Erbe um? Was erzählt

uns unsere Geschichte für die Gestaltung der

Zukunft? Was wirkt identitätsstiftend und entfaltet

zugleich eine umspannende, europäische Dimension?

Und warum? Viele von Ihnen wissen, dass

sich Magdeburg dieser spannenden Aufgabe der

Bewerbung stellen wird. 2019/2020 wird die Vorauswahl

aller sich in Deutschland bewerbenden

Städte in Berlin durch eine internationale Jury

sein. Und in diesem Zusammenhang wird uns

natürlich, neben Themen wie Identität und historisches

Erbe, Internationalität, kulturelle Diversität

und Partizipation, auch das Thema Stadtgestaltung,

Stadtentwicklung und neue Urbanität – in

Magdeburg insbesondere der „Verlust der Mitte“

– intensiv beschäftigen. Einer unserer fünf Fachbeiräte,

die demnächst ins Leben gerufen werden,

wird sich diesem Feld zuwenden.

40 ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


Es ist zu erwarten, dass Architektur dabei eine

maßgebliche Rolle einnehmen wird: Wie widerspiegelt

sie die Bedürfnisse der Menschen? Wie

gelingt es einer Stadt wie Magdeburg, aus architektonischen

Bausteinen Stadtgestalt zu formen?

Welche Räume brauchen Kunst und Kultur – wo

und wie entfaltet sich hier Kommunikation? Welche

Rolle spielt Architektur überhaupt für und bei

Stadtentwicklung, welche Aufgabe kommt ihr hier

zu? Welche Impulse vermag sie zu setzen?

„Baukunst ist raumgefasster Zeitwille – lebendig,

wechselnd, neu“ – und doch nachhaltig, nicht nur

das Antlitz, sondern auch das Selbstverständnis von

Stadt und Gesellschaft prägend. Als „erstarrte

Musik“ besitzt sie, greifbar Gestalt geworden, einen

schier unendlichen Klang, der uns umfängt.

1

Vorlesung „Philosophie der Kunst“, 1803

41


Thomas Webel

MINISTER FÜR LANDESENTWICKLUNG UND VERKEHR DES LANDES SACHSEN-ANHALT

UND SCHIRMHERR DES ARCHITEKTURPREISES DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016

Rede zur Verleihung des Architekturpreises des Landes Sachsen-Anhalt 2016

am 8. März 2016 in Magdeburg

In guter Tradition vergibt unsere Architektenkammer

in enger Zusammenarbeit mit meinem Haus,

dem Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr,

nunmehr bereits zum achten Mal den Architekturpreis

des Landes Sachsen-Anhalt. Es ist mir

eine besondere Freude und Ehre, heute an dieser

Stelle die Preisverleihung vornehmen zu können.

Wir befinden uns an einem Ort, der selber erst vor

wenigen Jahren im Blickfeld gelungener Planung,

vor allem guter Architektur, gestanden hat. Mit der

Sanierung des Westflügels hier im Kloster Unser

Lieben Frauen wurde mit einer besonderen Feinfühligkeit

der denkmalgerechte Umgang mit historischer

Bausubstanz mit modernen funktionalen

Ansprüchen verbunden. Dies gelang so gut, dass

der Architekten- und Ingenieur-Verein zu Magdeburg

von 1876 e.V. das Vorhaben zum „Bauwerk

des Jahres 2012“ ausgezeichnet hat.

Und auch heute geht es um Auszeichnungen von

hervorragender Architektur und Landschaftsarchitektur!

Bereits seit dem Jahr 1995 wird der Architekturpreis

des Landes im dreijährigen Rhythmus nun

schon ausgelobt. Der Preis hat sich damit als fester

Bestandteil der Darstellung kreativer Leistungskraft

von Architekten, Stadtplanern, Landschafts-

und Innenarchitekten etabliert. In diesem

Jahr ist besonders erfreulich, dass sich die eingereichten

Beiträge geographisch – wie ein Kreuz –

auf das ganze Land verteilen lassen: von der Altmark

bis ins Burgenland und vom Harz bis in den

Landkreis Wittenberg. Eine gewisse Ballung der

Einreichungen betrifft die Stadträume von Halle

und Magdeburg, aber das ist ein Umstand, der für

die Vergabe eines Landespreises nicht überrascht,

handelt es sich dabei schließlich um die mit Abstand

beiden größten Städte unseres Landes.

Eine unabhängige Jury aus neun Mitgliedern hat

am 1. Februar 2016 die Preisträger ausgewählt.

Unter dem Vorsitz von Willem Bruijn gelangten

aus den 46 zur Beurteilung zugelassenen Bewerbungen

13 in die sogenannte „Engere Wahl“. Am

Ende einer – wie ich mir habe sagen lassen – sehr

spannenden und diskussionsfreudigen Jurysitzung

wurden dann der Architekturpreis des Landes

Sachsen-Anhalt 2016 sowie vier weitere Auszeichnungen

zum Architekturpreis gekürt.

Die Qualität der Baukultur ergibt sich aus der Verantwortung

der gesamten Gesellschaft für ihre

gebaute Umwelt und deren Pflege. In diesem Sinn

ist Baukultur nicht allein Sache der Architekten,

der Planer oder der Bauwirtschaft, die gewissermaßen

von ihrer Profession her damit befasst

sind, sondern ebenso eine Angelegenheit der Bauherren

und aller Bürgerinnen und Bürger. An dieser

Stelle gilt mein Dank daher allen Teilnehmern

am Wettbewerbsverfahren. Und ich betone, dass

der Architekturpreis des Landes eine Auszeichnung

für den Bauherrn und den Architekten darstellt.

Beide gemeinsam treffen die Entscheidung

für die Einreichung. Dies dokumentiert eindeutig

ihre Wahrnehmung der Verantwortung für die

gebaute Umwelt. Und dies dokumentiert auch die

partnerschaftliche Zusammenarbeit beider Beteiligter,

wenn es um die Realisierung eines anspruchsvollen

Bauvorhabens geht: von der ersten

Entwurfsskizze bis hin zum Anbringen der Briefkastenbeschriftung.

Bei der Auszeichnung der prämierten Wettbewerbsbeiträge

ging es laut Auslobung vorrangig

um „richtungsweisende“ Beispiele mit „hoher

baukünstlerischer Qualität“. Beabsichtigt war aber

auch, die gesamte Vielfalt und Breite von Bauund

Planungsaufgaben in unserem Land abzubilden.

Und dies mit Blick auf eine Gesellschaft, die

sich im Wandel befindet und die heute ungleich

höhere Erwartungen an ihr Lebensumfeld stellt.

Mit der Entscheidung der Jury wird dann auch tatsächlich

die gesamte Vielfalt der Bauaufgaben in

Sachsen-Anhalt in ihrer Breite abgebildet: Kulturund

Bildungsbauten, neue oder sanierte Wohnhäuser,

Freianlagen sowie das Bauen im Welterbe.

Hervorragende Architektur und Landschaftsarchitektur

wurden prämiert. Die Jury würdigte gleichermaßen

aber auch Bauherrenengagement, sei

dies für private oder öffentliche Bauherren, für

42 ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


Eigeninitiative oder für klugen und effektiven Einsatz

von Steuergeldern oder Fördermitteln, mit

dem Architektur- und Bauqualität entstand.

Und weil die Menschen in Sachsen-Anhalt auch

mit der hiesigen gebauten Umwelt leben, sich

auseinandersetzen und identifizieren müssen,

begrüße ich außerordentlich, dass im Rahmen des

Architekturpreises auch im Jahr 2016 wieder ein

Publikumspreis ausgelobt wurde.

In der öffentlichen Diskussion könnte die identitätsstiftende

Wirkung von Architektur meines Erachtens

noch intensiver in den Mittelpunkt gerückt

werden. Die Kunde eines reichen kulturhistorischen

und damit auch architektonischen Erbes in

Sachsen-Anhalt sollte – ebenso wie die Botschaft

über anspruchsvolle Architektur – weit über

unsere Landesgrenzen hinausgetragen werden.

Menschen sollen neugierig gemacht und dadurch

möglichst zahlreich in unser Land geführt werden.

Und Architekten gehören hier mit zu den

besten Botschaftern.

Abschließend möchte ich mich bei allen Mitwirkenden

am Wettbewerb noch einmal herzlich

bedanken! Ich danke den engagierten Architekten

und Bauherren, die gemeinsam ihren jeweiligen

Beitrag eingereicht haben. Ich danke der Jury und

dem beratenden Gremium. Und ich danke der

Architektenkammer Sachsen-Anhalt, die schon

über viele Jahre nicht allein nur die Interessen des

Berufsstandes vertritt, sondern darüber hinaus mit

vielfältigen Aktionen Architektur und Baukultur

immer wieder in den Mittelpunkt der öffentlichen

Diskussion stellt. Namentlich erwähne ich hier die

Geschäftsführerin Petra Heise, die mit ganz besonderem

Engagement immer wieder maßgeblich

diese Aktionen initiiert.

Ich gratuliere schon jetzt allen Teilnehmern und

Preisträgern und wünsche der Veranstaltung einen

weiteren guten Verlauf. Vielen Dank!

(Es gilt das gesprochene Wort.)

43


Prof. Ralf Niebergall

PRÄSIDENT DER ARCHITEKTENKAMMER SACHSEN-ANHALT

Rede zur Verleihung des Architekturpreises des Landes Sachsen-Anhalt 2016

am 8. März 2016 in Magdeburg

Nachdem ich meine Rede zum letzten Architekturpreis

des Landes Sachsen-Anhalt 2013 mit

den Worten „Neulich in der Sauna …“ begann und

damit, bevor ich überhaupt etwas gesagt hatte,

einen unerwarteten Lacherfolg erzielte, nahm ich

mir vor, auch diese Rede wieder mit „Neulich“ zu

beginnen, lasse aber diesmal den Ort der Begebenheit

weg, um nicht den falschen Eindruck zu

erwecken, dem Präsidenten der Architektenkammer

ginge es einfach zu gut.

Neulich unterhielt ich mich mit einem Immobilienhai,

einem ziemlich großen Fisch in seiner Branche,

über Architektur. „Es geht nur um Gefühle!“,

sagte er seufzend und mit einem leichten Achselzucken.

„Nehmen Sie zum Beispiel die Londoner:

Sie lieben das Gürkchen und hassen die Käsereibe!

Können Sie mir das erklären?“ Ich konnte

nicht, denn ich brauchte einen Moment um zu

begreifen, dass er nicht über kulinarische Vorlieben

oder die Abneigung gegen bestimmte Küchengeräte

sprach. Der Spitzname für Norman Fosters

rundes Hochhaus in der City of London, mit 180

Metern eher eine ausgewachsene Gurke als ein

„Gürkchen“, war mir zwar geläufig, die „Käsereibe“,

ein scharfkantiges, spitz zulaufendes und

noch höheres Teil in unmittelbarer Nachbarschaft,

kannte ich allerdings noch nicht. Eher schon das

„Walkie Talkie“, ebenfalls ein seltsam geformter

Wolkenkratzer in der Nähe, der vor einiger Zeit

traurige Berühmtheit erlangte, weil er mit seiner

konkav gekrümmten Fassade bei winterlichem

Sonnenschein einen unschuldig am Straßenrand

geparkten Jaguar zum Schmelzen gebracht hatte.

Der lapidare Kommentar des Immobilienmannes

zu diesem Missgeschick war übrigens, dass der

Architekt schließlich nicht alles wissen könne,

schon gar nicht, dass Autos auch im Winter unter

der Sonne schmelzen. Das machte ihn mir sympathisch,

wo wir Architekten doch gemeinhin alles

wissen müssen und sowieso an allem schuld sind,

und ich nannte ihn seither nicht mehr „Hai“.

Aber zurück zum Ausgang: „Es geht nur um

Gefühle!“, hatte er mit Blick auf die Architektur

gesagt. Mit dieser Aussage fand ich ihn wenig später

in berühmter Gesellschaft, als ich in der Süddeutschen

Zeitung ein Interview mit Frank O.

Gehry las, der gerade mit Studenten in München

weilte. Auf die Frage, was er denn seinen Schülern

vermitteln wolle, antwortete der 86-Jährige: „Wenn

es gilt, etwas weiterzugeben, dann das: Bei einem

Gebäude geht es in der Quintessenz darum, ein

Gefühl zu schaffen, eine Atmosphäre herzustellen.

Die Architektur muss Sinn haben für die Beziehungen

der Menschen untereinander.“

Nun haben die Bauten in Sachsen-Anhalt vielleicht

wenig mit dem zu tun, was unseren beiden

Protagonisten bei ihrem Urteil über Architektur vor

Augen stand. Zwar suchen sich gegenwärtig ambitionierte

Geschäftsführer von Wohnungsgesellschaften

darin zu übertreffen, an möglichst unpassender

Stelle das Stadtbild unserer Landeshauptstadt

mit ein paar mehr oder minder ambitionierten

Türmen zu verschönen, aber es bleiben, verglichen

mit der City of London wohl doch eher

Türmchen oder tatsächliche „Gürkchen“. Und es

fehlt hierzulande auch an Mäzenen wie Louis Vuitton,

dessen überaus erfolgreiches Geschäftsmodell

es ist, Leuten, die keinen Geschmack haben,

zumindest ein teures Lebensgefühl zu verkaufen,

und der es deshalb seinem Architekten Frank O.

Gehry erlauben kann, ein Drittel oder mehr des

ganzen Volumens eines Gebäudes als völlig nutzlosen,

aber immerhin atemberaubend schönen

Raum zu konzipieren – nur der Gefühle wegen.

Das sollten Sie mal mit dem BLSA versuchen.

Und dennoch begegneten uns, den neugierig Mitreisenden,

besonders aber der Jury dieses Architekturpreises

2016, auf unserer Architektour

durch halb Sachsen-Anhalt Gefühle in mannigfaltiger

Form und wir erhielten einen Eindruck

von der Beziehung der Menschen untereinander,

der lange nachwirkt. Vielleicht hat das manches

Jurymitglied für das unanständig frühe Aufstehen

an einem kühlen Sonntagmorgen am Vortag der

entscheidenden Jurysitzung zumindest ein wenig

entschädigt.

44 ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


Obgleich: Bei dem ersten Gebäude, das wir anfuhren,

nachdem wir die Landeshauptstadt im Wintermorgenrot

verlassen hatten – das Mechthild von

Magdeburg vom Fürstenwall uns nachwinkend

sanft durchströmte, wie es sich für eine heilige

Mystikerin gebührt – war es gerade die Abwesenheit

eines Gefühls, die mir besonders im Gedächtnis

haften geblieben ist. Wir besuchten die neue

Mensa einer Schule in Staßfurt. Die rote Tartanbahn

für den 60-Meter-Lauf zielt schräg über

einen elegant in zarten Strukturen gestalteten Vorplatz

auf ein gläsernes Gebäude, dessen Herz eine

weitere gläserne Vitrine ist, die mitten im Speiseraum

die Energiezentrale beherbergt, nein, ausstellt

als sei sie ein wertvolles Artefakt. Dabei kann

man sich kaum etwas Unsinnlicheres vorstellen,

als eine moderne Energiezentrale. Wo früher verschlungene

Rohre mit fingerdicken Muffen verschraubt,

zischende Absperrventile, Gitterrost-

Traversen, ölige Gestänge und dampfende Kessel

aufregende Sets für schwitzig-blutige Hollywoodfilme

abgaben, führen heute viereckige Zinkblechkanäle

in kompakte, hellgrau lackierte Schränke

und an anderer Stelle wieder heraus. Würde nicht

irgendwo ein Flachbildschirm grün flimmernde

Daten anzeigen, ahnte man nicht, dass in diesem

behäbigen Gebilde überhaupt etwas passiert.

Mein emotionales Schulterzucken machte mir

bewusst, wie abstrakt dieses hier räumlich inszenierte

große Thema häufig für uns ist. Das hehre

Ziel aller Staaten, die Erderwärmung auf nicht

mehr als zwei Grad Celsius zu begrenzen, das

auch und besonders uns Architekten dazu auffordert,

unseren Beitrag dafür zu leisten (denn 40

Prozent der Treibhausgase werden nun mal von

Gebäuden erzeugt), ist genauso abstrakt! Zumal

dieser Kampf wohl nicht im klimatisch eher gemütlichen

Staßfurt entschieden wird. Was sind

schon zwei Grad? Zwei Grad wärmer fänden wir im

nasskalten März doch eigentlich ganz nett. Die

architektonische Inszenierung setzt offenbar darauf,

dass die „Digital Natives“, die Schüler der

heutigen Generation, die, während sie ihr Essen

verspeisen, über Whats App oder Facebook mit

der Welt kommunizieren und Nachrichten abrufen,

sehr wohl in der Lage sind, die Verpflichtung,

die für uns erwächst aus Dürre-, Hunger- und Tsunamikatastrophen

ganz anderswo auf der Welt mit

den grauen Kästen in der gläsernen Vitrine zu verknüpfen.

Dieses Bewusstsein quasi selbstverständlich

einsaugen in ihr tägliches Leben wie die

roten Nudeln auf ihrem Teller. Vielleicht ist aber

auch das gläserne Gebäude mit seinen tanzenden

Baumstämmen unter dem weit auskragenden

Dach, das entfernt an Mies van der Rohe erinnert,

die trotzige Antwort kluger Architekten auf die

landläufige Meinung, energieeffizientes Bauen

ließe sich nur mit dicker Styroporverpackung und

Schießscharten-Fenstern erreichen.

Auf unserem Weg lagen zwei Kindergärten. Die

Bauaufgabe an sich ist wohl hoch emotional. In

Halle werden wir von zwei freundlichen Frauen

empfangen. Auf einer Kreidetafel steht: „Willkommen

am Sonntag!“ In einem langen Flur haben die

beiden in einer ebenso langen Reihe Fotos vom

Entwicklungsprozess einer winzigen Bauaufgabe

ausgelegt. Man sieht Lehrer, Erzieher, Kinder in

Diskussionen, beim Entwickeln von Ideen, beim

Malen ihrer Visionen, beim Brüten über Plänen,

sieht erste Bilder vom Bau und die Reflexion des

intensiven Erlebens von Baggern und Kränen auf

Kinderzeichnungen. Bewunderung kommt auf für

die Architekten, die all das Suchen und Diskutieren

für gut 100 Quadratmeter nutzbare Fläche, die

als temporäre Erweiterung nur drei Jahre bestehen

soll, klaglos über sich ergehen lassen haben, aber

zugleich auch Stolz auf unseren Beruf.

Wir dringen tief in die Bedürfnisse, Träume, Visionen

von Menschen ein, schaffen Räume, die sie

bewegen, ihre Gefühle beeinflussen, Tag für Tag.

Die Architektur fasst die Versöhnung von Mensch

und Wirklichkeit in Raum, womit das Gebaute

zum Ausdruck versöhnter Wirklichkeit wird. So

etwa drückt es der Architekt und Publizist Jörn

Köppler vielleicht etwas hochtrabend aus. Wie

anspruchsvoll ist dies, wenn wir für Kinder bauen,

deren Wirklichkeit und ihre Beziehung zu ihr in

ihrem unbändigen Entdeckungsdrang jeden Tag

eine Neue ist?

45


Wir folgen den beiden Erzieherinnen den Flur entlang,

finden uns nach einem ausgestülpten kurzen

Verbinder in einem Arrangement aus vier Hochseecontainern,

die nur von außen temporär zusammengebastelt

wirken, innen jedoch durch raffiniert

geführtes Tageslicht, Nischen und Durchbrüche

einen vielfältigen, mit seiner freundlich hellen

Bekleidung aus Sperrholz zugleich homogen beruhigenden

Raum bilden. Stolz malt sich in die

Gesichter der Vorführenden, die auf bei eBay

ersteigerte Fenster weisen, die man in die Wände

der Container geschnitten hat.

Den gleichen Gesichtsausdruck von freudigem

Stolz zweier Frauen hatten wir auf unserer Reise

schon vorher gesehen. In Güsten. Ebenfalls ein

Kindergarten. Mehr als 200 Kinder spielen, leben,

lernen hier, wachsen hier auf. Ein so großer Kindergarten

in solch einem kleinen, freilich adretten,

aber keineswegs aufregenden Städtchen im gefühlten

Nirgendwo? „Ja“, sagen sie, „man bekommt

hier wieder Kinder, eine ganze Menge

sogar! Und außerdem ziehen die Möglichkeiten

unseres Hauses auch Eltern von weiter weg an.“

Dabei zeigen sie auf offene Spielräume, in denen

sich die Kinder den Platz suchen, auf den sie

gerade Lust haben.

Dieses Wort haben wir ebenfalls oft gehört: Möglichkeiten!

So ist Architektur nicht nur Ausdruck

versöhnter Wirklichkeit, sondern eröffnet Möglichkeiten.

„Wenn es Wirklichkeitssinn gibt, muss es

auch Möglichkeitssinn geben“, steht auf den ersten

Seiten von Robert Musils berühmten Roman

„Der Mann ohne Eigenschaften“. Gute Architektur

aktiviert den Möglichkeitssinn. Der Schuldirektor

in Staßfurt preist die Möglichkeiten seiner neuen

Mensa, sie mit wenigen Handgriffen in abgetrennte

lichtdurchflutete Unterrichtsräume zu verwandeln.

Das kühne Implantat eines modernen

Kubus in die Wallonerkirche in Magdeburg eröffnet

der Gemeinde ganz neue Möglichkeiten,

erklärt uns der Vorsitzende des Presbyteriums. Ein

aus sich heraus strahlender Gottesdienstraum, der

sich zum ehrwürdigen Kirchenschiff öffnet, darüber

Küche, Büro, Spielraum für Kinder und Versammlungsraum

in einem. Gemeinde, die ganz

bei sich in ihrer Kirche sein kann. Architektur, die

in ihrer Spannung aus der wuchtigen Kraft des

Alten und eleganter Leichtigkeit des Hinzugefügten

ganz neue Bedeutung gewinnt und über sich

hinausweist.

Überhaupt scheint die zeitgenössische Architektur

in Sachsen-Anhalt am meisten und in ihrer schönsten

Form bei sich zu sein, wo sie sich auf diesen

spannenden Dialog von Historischem und Neuem,

von fest Gefügtem und dem Aufbrechen in eine

neue Offenheit einlässt, die ein harmonisches

neues Ganzes entstehen lässt. Und die Beispiele

dafür sind so mannigfaltig, dass es der Jury des

Architekturpreises schwergefallen sein dürfte, darunter

das eine Beispielgebende auszuwählen.

Da ist die neue Mediathek der Kunsthochschule

Burg Giebichenstein in Halle, die sich schlank

und feingliedrig zwischen zwei selbstbewusste,

einstigen Reichtum auftrumpfend vortragende

Fabrikantenvillen am Neuwerk in den Hang

schmiegt. Strenge, rationale Einfachheit, die dem

wilden Leben der Design-Studenten unmerklich

Struktur verleiht, ohne ihre Gedanken und Träume

einzuengen. Im Gegenteil: dazu anregt, durch die

großen Öffnungen den Blick schweifen zu lassen

auf die Nachbarn, auf die Bäume oder schräg

nach oben auf die treibenden Wolken und dabei

im Fenster stehend, den Rhythmus der Fassade

auf die warmen Holzstiele trommelnd, faszinierende

neue Designs auszudenken.

Da ist jenes übermütige Paar eines liebevoll restaurierten

Fachwerkhauses in Quedlinburg mit

seinem modernen Erweiterungsbau, bei dem nur

aus der Symbiose der beiden jenes Gleichgewicht

aus Rückzug in Geborgenheit und neugierigem

Sich öffnen für die Welt entsteht, die der Dynamik

und den Verheißungen des Lebens im 21.

Jahrhundert gerecht wird und zugleich mit großem

Respekt die Schönheit des Alten, die kaum

noch sichtbar war unter dem Mehltau des Verfalls,

diesem Leben wieder anverwandelt. Das

selbst im Neubau, der ganz den freien Geist des

46 ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


Heutigen atmet, aber sich in ein Kleid aus alten

Ziegeln hüllt – sei es, um des Genusses willen,

etwas anzuschauen, anzufassen, was Zeit und

früheres Leben in sich trägt, sei es, um im Sinne

des Zwei-Grad-Klimaziels auch die Energie nicht

verloren gehen zu lassen, die diese Steine einst

zu ihrer Herstellung brauchten, oder sei es auch

nur, um den naserümpfenden konservativen

Quedlinburgern etwas zu geben, das sie mit dem

krachmodernen neuen Nachbarn irgendwie versöhnen

kann.

Da sind Wohnhäuser in den engen und verwinkelten

Gründerzeitvierteln von Halle, denen es auf

schwierig geschnittenen Grundstücken gelingt, in

skulpturaler Eigenständigkeit ihren Bewohnern

jene Offenheit und Großzügigkeit zu bieten, von

der ich schon als vielleicht beste Errungenschaft

der Moderne sprach. Da sind alte Scheunen mit

größter Liebe zum Detail zu neuem Leben erweckt,

als Ferienhaus in Druxberge, als Konzertsaal im

Kloster Michaelstein. Da sind öffentliche Räume

als Bühne des städtischen Lebens. Vielfältige

Bauaufgaben, die alle einzeln Würdigung verdienten,

da sie eines ganz besonders eint: die

Hingabe und der Mut ihrer Architekten und ihrer

aufgeschlossenen Bauherrn. Denn erst mit beiden

zusammen entsteht gute Architektur.

Und so könnte ich also meinen begeisterten und,

zugegeben, höchst subjektiven Bericht fortsetzen,

könnte von manch schöner Begegnung mit Bauherren

und Nutzern berichten, die zeigen, wie sehr

hierzulande Architekten Sinn für die Beziehungen

der Menschen untereinander haben (um noch einmal

Frank O. Gehry zu zitieren). Könnte von unerwarteten

Begegnungen sprechen, wie etwa dem

zufälligen Besuch in der Stadtkirche zu Bernburg.

Sie liegt mitten im Campus Technicus, einem

Schulkomplex, der ein ganzes Stadtquartier wiederbelebt

und das eigentliche Ziel unserer Besichtigung

war. Dort realisierte der Künstler Moritz

Götze in beispiellos-mutiger Frechheit eine neue

Gestaltung, die sich ganz unbekümmert barocker

Vorbilder bedient, aber zugleich in der berühmten

Götze-Pop-Art-Manie dem historischen Gemäuer

heutige Lebendigkeit einschreibt. Ein Erlebnis,

das selbst weitgereiste Jurymitglieder zum Staunen

brachte, und das ich jedem, der es noch nicht

gesehen hat, nur empfehlen kann.

Aber bevor ich immer weiter abschweife, höre ich

jetzt wirklich auf, habe hoffentlich hinreichend

Verwirrung gestiftet, welche Einreichungen nun

tatsächlich von der Jury als preiswürdig gekürt

wurden. Ich selbst war ja bei der Entscheidung

nicht dabei, und so bleibt es spannend bis zum

Schluss. Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen

Einreichern zum Architekturpreis, den Architekten

und ihren Bauherren. Besonders für ihr Herzblut,

mit dem sie daran arbeiten, das Leben in Sachsen-Anhalt

schöner zu machen. Denn dieses Herzblut

brauchen wir viel mehr als jene Politiker, die

uns mit Blick auf die Wahlen am kommenden

Sonntag erzählen, wie schrecklich in Sachsen-

Anhalt gerade alles ist, um daraus fragwürdiges

politisches Kapital zu schlagen. Sie brauchten nur

eine Architekturpreisbereisung mitzumachen, um

eines Besseren belehrt zu werden. Ich bedanke

mich beim Ministerium für Landesentwicklung

und Verkehr um Thomas Webel, dass Sie diesen

Architekturpreis in schöner Kontinuität auch zum

achten Mal wieder möglich gemacht haben,

bedanke mich bei meiner Geschäftsstelle für die

viele Arbeit, die sie mit Vorbereitung und Durchführung

hatte. Noch viel mehr Dank wird Petra

Heise den vielen, die es verdienen, ganz am

Schluss aussprechen. Und so bedanke ich mich

jetzt nur noch für Ihre Aufmerksamkeit.

47


Dennis Mueller

Freier Architekt, VON M, Stuttgart

Preisträger einer Auszeichnung des Architekturpreises des Landes Sachsen-

Anhalt 2013 für das Luthersterbehaus in Lutherstadt Eisleben

Vortrag zur Verleihung des Architekturpreises des Landes Sachsen-Anhalt 2016

am 8. März 2016 in Magdeburg

Als mich Frau Heise vor einigen Wochen fragte, ob

ich zur heutigen Preisverleihung einen Vortrag

über das Thema „Wie gute Architektur entsteht“

halten möchte, habe ich mich sehr gefreut und

ohne Zögern sofort zugesagt. Ein kapitaler Fehler,

wie sich sehr schnell herausstellen sollte.

Wie entsteht gute Architektur? Besser: Wie kann

gute Architektur entstehen? Oder noch präziser:

Unter welchen Rahmenbedingungen könnte gute

Architektur entstehen? Was ist eigentlich gute

Architektur?

Sie hören die Fragen eines Verzweifelten. Wie

sollte ich dieses komplexe Thema angehen? Und

was erschwerend dazukommt: Weder mein bisheriges

Werk noch irgendwelche anderen Tätigkeiten

berechtigen mich, Ihnen heute Abend zu erklären,

wie man letztendlich gute Architektur macht. Ich

werde also eher als Fragender, denn als Wissender

auftreten.

Um meinem Vortrag etwas Struktur zu geben, fand

ich es passend, meine Ideen in drei Unterthemen

einzuteilen.

Zunächst werde ich unter Punkt 1 versuchen zu

klären, was gute Architektur ist. In Punkt 2 werde

ich ungeschönt über den derzeitigen Zustand von

Architektur und Baukultur berichten. Punkt 3

schließlich sucht den großen Schulterschluss zwischen

Bauherr und Architekt auf dem Weg zur

guten Architektur.

Wenn Sie der Meinung sind, dass sich das etwas

größenwahnsinnig anhört, muss ich Ihnen Recht

geben. Ich werde es dennoch versuchen.

Punkt 1 – Was ist eigentlich gute Architektur?

Ein Fallbeispiel:

Ich bediene mich hier einer Geschichte, die der

deutsche Journalist und Autor Harald Martenstein

in diesem Jahr im Rahmen seines Festvortrages

beim Neujahrsempfang des BDA, Landesverband

Baden-Württemberg, erzählte. Es geht um seine

persönliche Erfahrung mit einem Architekten:

„Nach ein paar Wochen musste mein Architekt,

immer, wenn ich das Wort ,gemütlich‘ verwendet

habe, erst mal kurz auf den Balkon gehen und

eine Zigarette rauchen. Auf das Wort ,gemütlich‘

scheinen Architekten irgendwie allergisch zu

reagieren. Er wollte immer Glas. Oder Stahl. Stahl

fand er auch gut. Ich wollte immer Holz. Ich sagte,

vielleicht finden wir einen Kompromiss. Es muss

doch auch eine Sorte Stahl geben, die ein bisschen

nach Holz aussieht. – … Da wollte mein

Architekt gleich wieder auf den Balkon.“

Diese einfache Geschichte zeigt uns, so glaube

ich, eines der Kernprobleme beim Entstehen von

Architektur auf. Architektur ist ein Prozess, bei

dem viele unterschiedliche Partner zusammen an

einem fragilen Gedankengebilde arbeiten, um es

am Schluss mehr oder weniger erfolgreich in Form

von Gebautem zu realisieren. Die zwei Hauptprotagonisten

sind dabei zweifelsfrei der Bauherr und

sein Architekt.

Sehr häufig beobachten wir, dass diese beiden

Partner von völlig unterschiedlichen Qualitätsdefinitionen

hinsichtlich Architektur ausgehen. Unterschiedliche

Erwartungshaltungen, mangelnde

Kommunikation und Unkenntnis des Gegenübers

machen einen Dialog auf Augenhöhe praktisch

unmöglich. Fatalerweise ist jedoch genau das –

ein fruchtbarer und gelungener Dialog zwischen

den beiden Projektpartnern – für das qualitätsvolle

Gelingen einer Bauaufgabe absolut unerlässlich.

Wie gute Architektur aussehen muss, kann ich

Ihnen leider nicht sagen. Das kann objektiv vermutlich

niemand. Dass es sich bei guter Architektur

allerdings immer um ein komplexes Ganzes

handelt, bei dem am Ende unzählige Parameter

fein aufeinander abgestimmt wie kleine Zahnräder

sauber ineinandergreifen, können wir, denke ich,

an diesem Punkt festhalten. Und dass solche

komplexen Vorgänge nicht von einem einzelnen,

sondern nur von einem gut funktionierenden Team

bewältigt werden können, liegt auf der Hand.

Die häufige Diskrepanz zwischen dem jeweiligen

Qualitätsdenken vom Architekten und Laien bleibt

48 ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


bis dato ungelöst und ist dabei eine der größten

Gefahren auf dem Weg zur architektonischen Qualität.

Es muss uns also gelingen, den Dialog der

beiden Hauptprotagonisten zu verbessern.

Punkt 2 – Wie ist der derzeitige Zustand von

Architektur und Baukultur?

Klartext! Als kleine Vorwarnung: Jetzt wird‘s etwas

unangenehm.

Aus der Sicht des Architekten muss ich Ihnen leider

sagen, dass ich glaube, ein großer Teil der

Qualitätsverhinderer ist auf der Seite der Bauherren

zu suchen. Bitte verstehen Sie mich nicht

falsch. Ich möchte weder arrogant daherreden

noch meinem aufgestauten Frust Luft verschaffen.

Aber allein die Tatsache, dass wenn Sie in meiner

Heimatstadt Stuttgart auf der Königstrasse stehend

nach dem Weißenhof fragen, vermutlich

Dreiviertel der Gefragten davon ausgehen, sie würden

sich nach einem zweitklassigen Tennisturnier

erkundigen, ist bedenklich. Und ich fürchte, in

anderen Regionen Deutschlands sieht das nicht

besser aus. Dieselbe Prozentzahl an Menschen

würde vermutlich auch auf die Frage nach einem

zeitgenössischen Architekten mit „Hundertwasser“

antworten. Ich habe überhaupt kein Problem

mit dem Künstler Hundertwasser, aber als Antwort

auf diese Frage gibt es einfach bessere und sinnvollere

Antworten.

Ergänzend zur allgemeinen Unkenntnis kommt

(vielleicht gerade auch wegen des fehlenden Verständnisses)

eine prinzipielle Ablehnung von Architektur

und Architekt, wie in dem folgenden Leserkommentar

in der Stuttgarter Zeitung, den ich letzte

Woche in der Online-Ausgabe entdeckt habe:

„An der Gesellschaft vorbeibauen. Genau das ist

es, was seit den 1950er Jahren unter dem Begriff

‚moderne Architektur’ praktiziert wird. Kein Gefühl

für Maß und Formen, keine Rücksicht auf Vorhandenes

oder der Geschichte einer Stadt/eines Platzes.

Hauptsache der/die Architektin kann sich

profilieren.“

Da fragt man sich als Architekt, der seinen Beruf

ernstnimmt, schon, woher so etwas kommt.

Sind wir ehrlich, dann wird Baukultur in der breiten

Öffentlichkeit entweder überhaupt nicht, oder

wenn, dann als störend wahrgenommen. Auf der

anderen Seite stehen wir – die Architekten. Die

ewig missverstandenen Wächter des guten

Geschmacks. Denn wer, wenn nicht wir, können

diesen so wichtigen Dialog des Entwerfens und

Bauens in Gang bringen und moderieren? Aber

anstatt proaktiv zu versuchen, die andere Seite zu

verstehen, ziehen wir uns schmollend in unser

Haus zurück und klagen bei Mitstreitern über die

vielen Ungerechtigkeiten, die uns täglich widerfahren.

Ja, wir Architekten können uns so richtig

gut zuhören. Den Anderen – also unseren Bauherren

– offenbar sehr häufig nicht. Dennoch, am

Ende des Tages sind wir es, die für Menschen und

deren Bedürfnisse planen und bauen. Und wenn

wir Sie nicht respektvoll und offen am Dialog teilhaben

lassen, dürfen wir uns auch nicht über

mangelnde Akzeptanz beschweren.

Dazu ein Beispiel:

Auf dem Gebiet der Literatur bin ich eine absolute

Null. Im Eifer des Gefechts kann es schon mal

vorkommen, dass ich Thomas Mann mit Max

Frisch (den ich als Architekt einfach viel besser

kenne) verwechsle. Von meinem gebildeten Gegenüber

erwarte ich in diesem Moment einen konstruktiven

Hinweis und keine arrogante Richtigstellung.

Natürlich sind wir Architekten keine banalen

Erfüllungsgehilfen für Bauherrn mit mangelhafter

Fach- und Sachkenntnis. Natürlich hat der Bauherr

eine große Verantwortung auch in kultureller

Hinsicht. Und natürlich muss er seine Pflichten

während des Prozesses professionell und umfassend

wahrnehmen. In der Regel kann er das auch,

wenn wir Architekten ihm die Spielregeln so erklären,

dass man sich danach auf Augenhöhe, als

Team, begegnen kann.

Punkt 3 – Der Weg zur guten Architektur. Was können

wir tun?

Wir müssen reden! Und zwar über Architektur.

Miteinander. Also genau das machen, was wir

heute hier tun.

49


Ich habe vor mehr als zehn Jahren meinen bis

dato in architektonischer Sicht völlig – ich nenne

es mal – jungfräulichen Eltern erklärt, was ich den

lieben langen Tag denn so mache und warum ich

was wie mache. Ein ganz einfacher Basis-Unterricht

in Architektur. Ein halbes Jahr später haben

die beiden Flüge nach Chicago gebucht, um sich

Gebäude von Mies van der Rohe und Frank Lloyd

Wright anzuschauen. Und das Ganze ohne jeglichen

Druck des Sohnes. Ehrenwort.

Ich habe damals verstanden, dass eigentlich jeder

begeisterungsfähig für Architektur sein kann,

wenn ich ihn an meiner Begeisterung teilnehmen

lasse. Und ich gehe heute sogar soweit, dass es

eine der Hauptaufgaben unseres Berufsstandes

ist, die Menschen, für die wir bauen, mitzunehmen,

ihnen Türen zu öffnen, die sie bis dato noch

gar nicht kannten. Wenn wir das schaffen, bekommen

wir das Vertrauen, welches wir so dringend

brauchen, um in sich schlüssige Bauten entwerfen

und realisieren zu können – letztendlich einfach

gute Architektur zu machen.

Preise, die Baukultur auszeichnen, die beispielhafte

Architektur in die Öffentlichkeit tragen, auf

Qualitäten hinweisen und diese verständlich kommunizieren,

sind nicht nur verdiente und wichtige

Auszeichnungen für die harte Arbeit, die hinter

den jeweiligen Planungsteams liegt. Sie sind sehr

gute Plattformen, um Architektur wieder näher an

die Menschen zu bringen. Also dahin, wo sie hingehört.

Und ich bin fest davon überzeugt, dass am

Ende davon alle profitieren können.

Mehr Akzeptanz, mehr Verständnis, mehr Vertrauen,

könnten am Ende zu einer (ich gebe zu, etwas vereinfachten

und vielleicht auch naiven) Grundformel

oder Basis für gute Architektur führen:

Architekt:

zuhören und verstehen

Bauherr:

vertrauen und machen lassen

Wir sollten daher nicht müde werden, Baukultur

zu thematisieren und zu erklären, dabei Architektur

stärker im Bildungswesen zu verankern und in

der öffentlichen Diskussion zu fördern.

50 ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


Impressionen

51


52

ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


53


54 ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


55


56 ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


57


Adressen

beteiligte büros

ACM GmbH

Atelier für Architektur und Consulting

Zum Handelshof 7, 39108 Magdeburg

arc architekturconzept GmbH

Lauterbach Oheim Schaper

Spiegelstraße 56, 38820 Halberstadt

Zum Domfelsen 1, 39104 Magdeburg

Architekten Leuschner Gänsicke Beinhoff

Thedestraße 108, 22767 Hamburg

Architekturbüro Brosig + Mengewein

und Partner GbR

Dipl.-Ing. Architekten BDA

Humboldtstraße 2, 06844 Dessau-Roßlau

Architekturbüro Dr. Mertens, Architekt BDA

Kirchfährendorfer Straße 3, 06231 Bad

Dürrenberg

bankertsommer ARCHITEKTEN

Kiefernweg 15, 06846 Dessau-Roßlau

BHBVT Gesellschaft für Architekten mbH Berlin

Busmann, Haberer, Bohl, Vennes, Tebroke

Leuschnerdamm 13, 10999 Berlin

Brambach Architekten GmbH

Clara-Zetkin-Straße 15, 06114 Halle (Saale)

Architekt

Dipl.-Ing. (FH) Sebastian Brecher

Carl-Krayl-Ring 17, 39130 Magdeburg

Bruno Fioretti Marquez Architekten

Schlesische Straße 26, 10997 Berlin

complizen Planungsbüro

Advokatenweg 38, 06114 Halle (Saale)

constructionZone - Architekturbüro

Felddamm 28, 39249 Barby OT Tornitz

DÄRR LANDSCHAFTSARCHITEKTEN, bdla

Ernst-Grube-Straße 1, 06120 Halle (Saale)

däschler architekten & ingenieure GmbH

Große Ulrichstraße 23, 06108 Halle (Saale)

dietzsch & weber architekten bda

Franz-Schubert-Straße 7a, 06108 Halle (Saale)

DR. RIBBERT SAALMANN DEHMEL

ARCHITEKTEN BDA

Uhlichstraße 2, 39108 Magdeburg

Dreetz und Partner

Theodor-Körner-Straße 45, 06642 Kaiserpfalz

OT Wendelstein

DRESSLER ARCHITEKTEN BDA

Robert-Blum-Straße 14, 06114 Halle (Saale)

Freie Architektin

Dipl.-Ing. (FH) Christiane Ertmer

Thälmannstraße 28, 39291 Gommern OT Karith

Eßmann | Gärtner | Nieper | Architekten GbR

Christianstraße 17, 04105 Leipzig

F29 Architekten GmbH

Friedrichstraße 29, 01067 Dresden

GOLDBECK NORDOST GmbH/NL Magdeburg

An der Autobahn 3, 39171 Sülzetal OT

Osterweddingen

Hyder Consulting GmbH Deutschland

Hochbau/Architektur

Seebener Straße 22, 06114 Halle (Saale)

Ingenieurbüro Weiß & Schellenberg

Gutenbergstraße 14, 06217 Merseburg

58 ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016


JAN RÖSLER ARCHITEKTEN

Zossener Straße 50, 10961 Berlin

Junk & Reich, Architekten BDA,

Planungsgesellschaft mbH

Nordstraße 21, 99427 Weimar

Wolfram Stock Stock + Partner

Geschwister-Scholl-Straße 2, 07749 Jena

ZILA Freie Architekten

August-Bebel-Straße 49, 04275 Leipzig

Freie Innenarchitektin

Dipl.-Formgestalter Manuela Jürries

Mittelstraße 49, 39114 Magdeburg

Kirchner + Przyborowski

Diplomingenieure Architekten BDA

An der Kälberweide 6, 39114 Magdeburg

Freie Architektin Dipl.-Ing. Barbara Limpert

Mühlweg 22, 06114 Halle (Saale)

META architektur GmbH

Große Diesdorfer Straße 249, 39108 Magdeburg

PLANTRAUM FREIRAUMARCHITEKTEN

Hegelstraße 6, 06114 Halle (Saale)

Planungsring

Architekten + Ingenieure GmbH

Dornbergsweg 22, 38855 Wernigerode

planungs-ring.de GmbH

Burgallee 6, 38446 Wolfsburg

qbatur Planungsgenossenschaft e.G.

Hölle 11, 06484 Welterbestadt Quedlinburg

snarq architekten

Leitergasse 3 A, 06108 Halle (Saale)

Steinblock Architekten GmbH

Porsestraße 19, 39104 Magdeburg

TRÄNKNER ARCHITEKTEN, Naumburg (Saale)

Jägerstraße 33, 06618 Naumburg (Saale)

59


Impressum

Herausgeber:

Architektenkammer Sachsen-Anhalt

Körperschaft des öffentlichen Rechts

Fürstenwall 3, 39104 Magdeburg

Tel. (0391) 53611-0

Fax (0391) 53611-13

E-Mail: info@ak-lsa.de

www.ak-lsa.de

Konzeption:

Petra Heise

Redaktion:

Petra Heise

Texte:

Cornelia Heller, Freie Journalistin, Magdeburg

Einführungstext:

Petra Heise

Lektorat:

Cornelia Heller, Freie Journalistin, Magdeburg

Gestaltung:

Jo Schaller & Angela Schubert, Halle (Saale)

Druck:

Grafisches Centrum Cuno, Calbe (Saale)

Auflage:

1.500 Exemplare

Verlag:

Michael Imhof Verlag

Stettiner Straße 25, 36100 Petersberg

Fotos:

ACM GmbH (S. 30), Nadja Bleul (S. 20), Philipp Böhme, fotonen.

eu (S. 30, 31), constructionZone Architekturbüro (S. 32), Fotostudio

Christiane Damerau (S. 36), Matthias Därr (S. 10, 35), Daniel

Dehmel (S. 29), Thomas Dietzsch (S. 23), Jochen Dreetz (S. 36),

Matthias Dreßler (S. 34), Thomas Ertmer – Fotoatelier Mentzel (S.

28, 29, 30, 32), Sebastian Gündel (S. 33), Erhard Grützke (S. 36),

Barbara Limpert (S. 23), Sascha Linke (S. 16), Frank-Heinrich

Müller@photografiedepot.de (S. 18), Andreas Haase (S. 33), Petra

Heise (S. 52, 53), Werner Huthmacher (S. 14, 16), Claudia Janich

(S. 36), Steffen Junghans (S. 35), Anja Jürges (S. 52, 53), Viktoria

Kühne (S. 5, 41, 43, 45, 49, 54–57), Simon Menges (S. 12),

Michael Moser (S. 34), Eduardo Novo (S. 22, 24, 35), Burkhard

Przyborowski (S. 28, 29, 32, 34), Qbatur (S. 8), Markus Scholz

(S. 23), Jean Schwarz Fotografien (S. 29, 30), Architekturfotografie

Adrian Schulz (S. 31), Sigrid Schütze-Rodemann, Gert Schütze

(S. 34), Michael Setzpfand (S. 28), Anne-Barbara Sommer (S. 33),

Steffen Spitzner (S. 6/7, 8, 18, 19, 21, 25, 36), Carsten Stolze (S.

33), Andres Weber (S. 20), Thomas Weiß (S. 32)

Sollten trotz gewissenhafter Recherche Rechteinhaber nicht

angegeben worden sein, wird um Kontaktaufnahme gebeten.

Hinweis: In den Informationen zu den einzelnen Bauten sind bei

den Bearbeitern die Entwurfsverfasser mit einem „;“ von den

weiteren Bearbeitern getrennt.

Literaturhinweise:

Neue Architektur in Sachsen-Anhalt

ISBN 3-937251-30-8

Architekturpreis des Landes Sachsen-Anhalt 2007

ISBN 9-783865-683526

Architekturpreis des Landes Sachsen-Anhalt 2010

ISBN 978-3-86568-593-3

Architekturpreis des Landes Sachsen-Anhalt 2013

ISBN 978-3-86568-929-0

Weitere Informationen:

www.architekturtourismus.de

ISBN:

978-3-7319-0207-2

Alle Rechte vorbehalten.

© Architektenkammer Sachsen-Anhalt, 2016

60 ARCHITEKTURPREIS DES LANDES SACHSEN-ANHALT 2016



Michael Imhof Verlag

ISBN 978-3-7319-0207-2

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!