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25. Jahrgang<br />
April <strong>2023</strong><br />
2,10 €, davon 1,- €<br />
für die VerkäuferInnen<br />
UNABHÄNGIGE STRASSENZEITUNG FÜR FREIBURG UND DAS UMLAND<br />
ZUR UNTERSTÜTZUNG VON MENSCHEN IN SOZIALEN NOTLAGEN<br />
Wir haben<br />
die Eier...<br />
MIETEN ODER KAUFEN?<br />
Wer wo wie wohnt, entscheidet zuerst<br />
einmal das Portemonnaie<br />
IM GESPRÄCH MIT...<br />
Eva Geppert von medinetz<br />
DIE GRENZEN DES GELDES<br />
Perspektiven aus meiner Sicht
INHALT<br />
3<br />
VORWORT<br />
23<br />
DIE ROTE BANK<br />
4<br />
RECHT AUF STADT<br />
24<br />
BUCHBESPRECHUNG<br />
6<br />
900 JAHRE ARMUT IN FREIBURG<br />
25<br />
KOCHEN<br />
10<br />
MIETEN ODER KAUFEN?<br />
26<br />
SPORT<br />
14<br />
IM GESPRÄCH MIT EVA GEPPERT<br />
28<br />
KRIMI 34. FOLGE<br />
18<br />
DIE GRENZEN DES GELDES<br />
30<br />
RÄTSEL<br />
20<br />
UNSERE PRAKTIKANTIN ELLEN<br />
31<br />
ÜBER UNS<br />
22<br />
VERKÄUFERIN SIGRID<br />
OHNE IHRE UNTERSTÜTZUNG<br />
GEHT ES NICHT<br />
Liebe LeserInnen,<br />
um weiterhin eine<br />
interessante Straßenzeitung<br />
produzieren und Menschen<br />
durch ihren Verkauf einen<br />
Zuverdienst ermöglichen<br />
zu können, benötigen<br />
wir Ihre Hilfe.<br />
Vielen Dank!<br />
Spendenkonto:<br />
DER FREIeBÜRGER e. V.<br />
IBAN: DE80 6809 0000 0002 4773 27<br />
BIC: GENODE61FR1<br />
Denken Sie bitte daran, bei einer Überweisung Ihren Namen<br />
und Ihre Anschrift für eine Spendenbescheinigung anzugeben.<br />
2<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong>
Liebe LeserInnen,<br />
das erste Quartal des Jahres ist schon wieder herum und<br />
sowohl kalendarisch als auch meteorologisch befinden<br />
wir uns im Frühling. Na ja, der Winter scheint wohl<br />
wirklich vorbei zu sein, doch das derzeitige wechselhafte<br />
Wetter macht auch noch keine richtige Freude. Aber es ist<br />
halt mal wieder April!<br />
Freude macht dagegen Corona, denn das scheint nun<br />
endgültig vorbei zu sein. Sämtliche Vorsichtsmaßnahmen<br />
sind fallen gelassen worden und auch in der Tram darf<br />
man wieder oben ohne mitfahren. Vielleicht denkt ja die<br />
Stadt nun auch darüber nach, das Stadtjubiläum nachzuholen<br />
und gebührend zu feiern?! Mit Corona sind nun<br />
auch die QuerdenkerInnen verschwunden, dabei wollte<br />
ich die noch so viel fragen. Vor allem, wann die Diktatur<br />
mit Impfzwang und Maskentoten usw. kommt, aber da<br />
lässt man uns wieder mal im Dunkeln! Na ja, die Spitzen<br />
der „Bewegung“ hatten sich ja schon längst abgesetzt.<br />
Dr. Schiffmann macht Safari in Ostafrika, Koch Hiltmann<br />
hat sich in eine freiwillige Diktatur-Kur in der Türkei<br />
begeben und Vordenker Ballweg sitzt wegen Betrugs im<br />
Knast. Doch die Freiburger QuerdenkerInnen sind nun<br />
nicht etwa arbeitslos, die sind jetzt in „FreiSeinFreiburg“<br />
aufgegangen. Von was die sich befreien wollen oder wen<br />
sie befreien wollen ist mir noch nicht ganz klar, aber sie<br />
verderben mir schon wieder die Lust, samstags in die<br />
Stadt zu fahren!<br />
Das musste ich in den vergangenen Tagen auch ein paar<br />
Mal verschieben, denn es wurde gestreikt... „Alle Räder<br />
stehen still, wenn dein starker Arm das will!“ Dieses<br />
alte Arbeiterkampflied aus dem Jahr 1863 hat bis heute<br />
nichts von seiner Aktualität eingebüßt! Das beweisen<br />
gerade die vielen Protestdemonstrationen und Streiks<br />
in Deutschland. Auch in Freiburg wird gestreikt, am 27.<br />
März stand auch bei uns alles still und das zu Recht. Denn<br />
die Forderungen der ArbeiterInnen, der Beschäftigten im<br />
öffentlichen Dienst und vieler anderer nach gerechter<br />
Bezahlung für ihre Arbeit ist längst überfällig. Schließlich<br />
leiden doch (fast) alle Menschen in Deutschland unter der<br />
Inflation. Jeden treffen die ständigen Preiserhöhungen in<br />
allen Lebensbereichen, da ist es doch nur logisch, dass die<br />
Menschen im Land auch mehr Geld erhalten müssen.<br />
Debatte geführt, doch seit 2016 ist die jährliche Erhöhung<br />
ein Selbstläufer. Dazu kommen noch die Pauschalen<br />
für Fahrten, Büroeinrichtung und Aufwandsentschädigungen.<br />
Für die Bürokosten z. B. muss nicht einmal ein<br />
Nachweis erbracht werden.<br />
Dabei will ich nicht einmal diskutieren, ob das alles<br />
gerechtfertigt ist oder wie viel ein Politiker oder eine Politikerin<br />
verdienen sollte, doch angesichts dieser Methoden<br />
dürften arbeitende Menschen doch wohl erst recht mehr<br />
Lohn verlangen! Und da ich ihnen wünsche, dass sie mit<br />
ihrem Kampf auch Erfolg haben, sollen sie auch so lange<br />
streiken, bis sie ihr Recht bekommen. Natürlich muss der<br />
ein oder andere dann mal zurückstecken, aber das ist nun<br />
mal so. Ich musste auch einen lange erwarteten Arzttermin<br />
verschieben, aber das sind eben Momente, in denen<br />
es gilt, zusammenzuhalten. In diesem Fall bedeutet das,<br />
die Streikenden zu unterstützen, denn eigentlich kämpfen<br />
sie doch für uns alle mit!<br />
Im Übrigen sind auch die Pensionen der Abgeordneten<br />
festgelegt. Pro Jahr, das sie im Bundestag sitzen, bekommen<br />
sie 267 €. Das heißt: Nach nur einer Legislaturperiode<br />
stehen ihnen monatlich 1.068 € Pension zu. Normale<br />
Werktätige dürfen für solch ein Sümmchen als Rente erst<br />
einmal 30 Jahre arbeiten! Deshalb müssen alte PolitikerInnen<br />
auch keine Pfandflaschen sammeln, wenn sie<br />
denn irgendwann aus dem aktiven Dienst ausscheiden...<br />
Das war es mal wieder. Wir wünschen Ihnen viel Spaß<br />
beim Lesen und Rätseln. Vielen Dank, dass Sie uns auch<br />
in diesem Monat durch den Kauf des FREIeBÜRGER<br />
unterstützen.<br />
Carsten<br />
Anzeige<br />
Natürlich sehen das ArbeitgeberInnen, egal welcher Art,<br />
anders, doch die müssen auch nicht jeden Cent mehrmals<br />
umdrehen, bevor sie ihn ausgeben können. Was mich<br />
allerdings etwas verwundert ist, dass die Politik nicht<br />
endlich ein Machtwort spricht und den Werktätigen<br />
Recht gibt. Denn im Vergleich zu ihnen bekommen die<br />
Abgeordneten im Bundestag ihre Lohnerhöhungen jedes<br />
Jahr automatisch. Die unterste Gehaltsstufe liegt dort<br />
bei 10.674,28 € und jedes Jahr wird es mehr. Automatisch!<br />
Früher wurde über die Erhöhung wenigstens noch eine<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong> 3
FREIBURG – STADT FÜR ALLE?!<br />
VONOVIA E. V. SETZT MEHR DENN JE AUF STEIGENDE<br />
MIETEN – WIR AUF VERGESELLSCHAFTUNG<br />
Der Vonovia-Vorstand hat verkündet, die Dividendenausschüttung<br />
zu halbieren. Dass diese Zeitenwende bei der<br />
Vonovia als größtem Wohnungsunternehmen Deutschlands,<br />
das auch in Freiburg rund 3.000 Wohnungen besitzt,<br />
für die MieterInnen kein Grund zur Freude ist, stellt<br />
die Plattform kritischer ImmobilienaktionärInnen klar.<br />
Tatsächlich setzt die Vonovia mehr denn je auf steigende<br />
Mieten und will die Investitionen in den Wohnungsbestand<br />
deutlich reduzieren.<br />
Pro Aktie fällt die Dividende von 1,66 € auf 0,85 €. Für das<br />
bisher wachstumsorientierte Geschäftsmodell stellt die<br />
Halbierung der Dividende einen radikalen Bruch dar. Der<br />
Konzern ist mehr denn je auf steigende Mieten angewiesen.<br />
Deren Basis ist die immer schärfere Wohnungsnot.<br />
Zweites Standbein sind potenzielle KäuferInnen, einschließlich<br />
Kommunen, die auch weiterhin spekulativ<br />
hohe Immobilienwerte zahlen können und zahlen wollen.<br />
Und das dritte Standbein sind die staatlichen Wohnungsbau-<br />
und Klimaziele. Mangels vorhandener Alternativen<br />
könnten sie die öffentliche Hand zwingen, dem größten<br />
europäischen Wohnungskonzern noch mehr als bislang<br />
schon üblich unter die Arme zu greifen. Die Reduktion<br />
der Dividende ist auch eine Konsequenz daraus, dass die<br />
im letzten Spätsommer als Krisenreaktion verkündeten<br />
Verkaufspläne bislang kaum umgesetzt werden konnten.<br />
Jetzt sollen „Kommunalisierungen“ an wohnungsnotgeplagte,<br />
sozialdemokratisch regierte Kommunen die<br />
Rettung bringen. In der Analystenpräsentation wurde<br />
der Verkauf von Immobilien für zwei Milliarden € bis<br />
Ende des Jahres angekündigt. Man sei nicht gezwungen,<br />
unterhalb der Zeitwerte zu verkaufen. In konkreten Verhandlungen<br />
befindet sich die Vonovia mit sieben sozialdemokratisch<br />
regierten Kommunen in unterschiedlichen<br />
Bundesländern. Darunter befindet sich die Stadt Dresden,<br />
die den Rückkauf von mehreren tausend Immobilien<br />
bereits beschlossen hat.<br />
Genau das wäre im Übrigen auf Freiburg auch zugekommen,<br />
wären die Freiburger MieterInnen nicht schlauer als<br />
die Stadt und Oberbürgermeister Salomon gewesen. In<br />
Dresden wurden die kommunalen Wohnungen verkauft,<br />
in Freiburg konnte der Stadtbauverkauf durch den erfolgreichen<br />
Bürgerentscheid verhindert werden.<br />
RECHT-AUF-STADT-NEWSLETTER<br />
Mit unserem RaS-Newsletter<br />
informieren wir einmal im Monat<br />
über „Recht auf Stadt“-Themen.<br />
Wer Infos will, einfach E-Mail an:<br />
info@rechtaufstadt-freiburg.de<br />
Man sei, so die Vonovia, nicht gezwungen, an Kommunen<br />
zu verkaufen. Die Vonovia könne nicht unter Druck<br />
gesetzt werden, günstig zu verkaufen. Die Kommunen<br />
wollten bestimmte Immobilien aus sozialen und politischen<br />
Gründen. Der Preis sei da nicht der Treiber. Vonovia<br />
erwarte ein gutes Geschäft.<br />
Seit Jahren fordert die Plattform kritischer ImmobilienaktionärInnen,<br />
dass die Vonovia die Dividenden reduziert<br />
und in gutes, bezahlbares Wohnen anstatt in spekulatives<br />
Wachstum investiert. Der jetzige Schritt einer Halbierung<br />
der Dividendenausschüttung hilft den MieterInnen nicht<br />
weiter. Die angekündigten Reduktionen der Bestandsinvestitionen<br />
werden den Wertverlust beschleunigen. Das<br />
klingt nach Finanzmarkt, die Folgen könnten die MieterInnen<br />
aber durch Herunterkommenlassen der Häuser<br />
zu spüren bekommen. Die Plattform kritischer ImmobilienaktionärInnen<br />
fordert die komplette Offenlegung<br />
der tatsächlichen Modernisierungs- und Betriebskosten<br />
gegenüber den MieterInnen. Es ist offensichtlich, dass<br />
das finanzmarktgetriebene Geschäftsmodell der Vonovia<br />
nicht mehr in die Zeit passt. Die Wahrscheinlichkeit<br />
wächst, dass die öffentliche Hand einspringen muss, um<br />
über massive Subventionen, überteuerte Stützungskäufe<br />
oder Rettungsschirme die Wohnungen und Arbeitsplätze<br />
des Spekulationsriesen zu retten.<br />
Stattdessen sollte ein politischer Plan erarbeitet werden,<br />
wie die Wohnungen, die Produktionsmittel und das<br />
Personal der Vonovia dauerhaft in eine gemeinwirtschaftliche<br />
oder gemeinnützige Trägerform überführt werden<br />
können. Dabei darf der Staat allerdings nicht die systemisch<br />
überbewerteten Zeitwerte der Vonovia als Grundlage<br />
für Kaufpreisbestimmungen oder Entschädigungen<br />
nehmen.<br />
Der Text stammt weitgehend von der Plattform kritischer<br />
ImmobilienaktionärInnen. Wir sagen: Vonovia enteignen,<br />
vergesellschaften und in MieterInnenselbstverwaltung<br />
überführen.<br />
4<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong>
STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (RÜCKBLICK VOM 15. FEBRUAR BIS 15. MÄRZ)<br />
[FR] SOZIALTICKET<br />
Ab April wird das Sozialticket in Freiburg deutlich teurer<br />
werden. Von aktuell 24 € steigt der Preis auf dann 34 €.<br />
Der Gemeinderat hatte aufgrund der Einsparungen durch<br />
das 9-Euro-Ticket den Preis auf 24 € abgesenkt, vorher<br />
hatte es schon 34 € gekostet. Die Stadtverwaltung wollte<br />
den Preis sogar auf 38 € erhöhen. Auf Initiative der Eine-Stadt-Für-Alle-Fraktion<br />
bildete sich aber eine Mehrheit<br />
aus Grünen, Eine Stadt Für Alle, SPD-Kulturliste und JUPI,<br />
die diese noch stärkere Verteuerung ablehnte. Als Alternative<br />
wird das sogenannte Deutschlandticket angepriesen.<br />
Das 49-Euro-Ticket, das im Nahverkehr in ganz Deutschland<br />
gilt, soll in Freiburg für Sozialticketberechtigte zwar<br />
auf 28 € subventioniert werden, allerdings wohl nur per<br />
Abo und evtl. sogar nur mit vorheriger Schufa-Abfrage<br />
funktionieren. Selbst die Stadtverwaltung geht davon<br />
aus, dass 60 % der berechtigten SozialticketnutzerInnen<br />
weiterhin das „normale“ Sozialticket und nur 40 % das<br />
Deutschlandticket nutzen werden. Im Hartz-IV-Satz, mittlerweile<br />
heißt es Bürgergeld, sind insgesamt nur 45 € für<br />
den gesamten Mobilitätsbereich vorgesehen. Darin enthalten<br />
sind allerdings auch etwaige Kosten für ICE-Fahrten,<br />
Autoleihgebühren oder auch Kosten fürs Fahrrad und<br />
dessen Reparatur. Das verdeutlicht, dass auch 34 € oder<br />
28 € für ein ÖPNV-Ticket viel zu teuer sind.<br />
[FR] EINSCHRÄNKUNGEN BEIM FRAUENNACHTTAXI<br />
Das FrauenNachtTaxi in Freiburg wird zukünftig 10 € statt<br />
7 € kosten. Gleichzeitig reduziert die Stadt die Leistungen.<br />
Die Taxis fahren nicht mehr zwischen 22 und 6 Uhr, sondern<br />
nur noch von 23 bis 5 Uhr. Und: An der Stadtgrenze<br />
ist Schluss, weil man sich nicht mit den Umlandkommunen<br />
bzw. Landkreisen auf eine Kostenbeteiligung einigen<br />
kann. Die Einschränkungen werden mit steigenden Kosten<br />
begründet. Da scheint man dann in der Konsequenz<br />
weniger Sicherheit für Frauen in Kauf zu nehmen.<br />
[FR] KOMMERZ WICHTIGER ALS BARRIEREFREIHEIT<br />
Der Freiburger Gemeinderat hat ohne Gegenstimmen die<br />
temporären Ausnahmen von den Sondernutzungsrichtlinien<br />
für die Innenstadt um ein Jahr verlängert. Gastronomiebetriebe<br />
dürfen mehr öffentliche Flächen mit Stühlen<br />
und Tischen besetzen, der Einzelhandel großzügiger<br />
draußen Auslagen und Werbeaufsteller aufbauen: Mit<br />
solchen gelockerten „Sondernutzungsrichtlinien“ sollten<br />
in Freiburg, wie anderswo auch, die Einschränkungen<br />
für Betriebe während der Coronapandemie ein wenig<br />
kompensiert werden. Die Vorsitzende des Freiburger<br />
Beirats für Menschen mit Behinderung, Daniela Schmid,<br />
erklärt gegenüber RDL die Konsequenzen der derzeitigen<br />
Regelungen für Menschen im Rollstuhl oder mit einem<br />
Rollator: „Das grobe Kopfsteinpflaster ist frei. Die gut<br />
berollbaren Flächen wurden einfach zugestellt mit Außengastronomie,<br />
Stühlen, Werbeaufstellern.“<br />
Dadurch hätten auch Blinde ihre Leitlinie an der Häuserkante<br />
verloren. In der vom Gemeinderat durchgewunkenen<br />
Drucksache der Stadtverwaltung findet sich ein<br />
bemerkenswerter Satz zu diesem ganzen Übel: „Die Belange<br />
der Menschen mit Behinderungen und Mobilitätseinschränkungen<br />
müssen mit den Interessen der übrigen<br />
Nutzungsgruppen wie den wirtschaftlichen Interessen<br />
der örtlichen Gastronomie und des Einzelhandels gerade<br />
im Hinblick auf die politisch gewünschte Attraktivierung<br />
der Innenstadt in eine abgewogene und ausgeglichene<br />
Balance gebracht werden.“ Übersetzt heißt das: Der Kommerz<br />
und eine angeblich attraktive Innenstadt ist uns<br />
wichtiger als Barrierefreiheit, die Belange von Menschen<br />
mit Behinderung und eine Zugänglichkeit der Stadt auch<br />
für diese Menschen.<br />
[FR] TEURE WOHNUNGEN IN LEHEN<br />
Der Freiburger Gemeinderat hat mal wieder einen<br />
Bebauungsplan verabschiedet. Wer denkt, dass es sich<br />
im Baugebiet Im Zinklern in Lehen um sinnvolle Nachverdichtung<br />
handelt, sollte bei der Quote an sozialem<br />
Wohnungsbau stutzig werden. Wieder einmal wird die<br />
50 %-Quote an sozialem Wohnungsbau, die eigentlich<br />
für neue Baugebiete gilt, ignoriert. Gerade einmal 100<br />
von etwa 550 Wohneinheiten sollen geförderte Mietwohnungen<br />
werden. Dafür werden dann auch nebenbei mal<br />
wieder einige WagenbewohnerInnen verdrängt.<br />
[BE] 27 % MEHR MIETE IN DREI MONATEN<br />
Nach Zahlen des Immobilienportals immowelt haben sich<br />
in Berlin die Angebotsmieten innerhalb von drei Monaten<br />
um 27 % verteuert. Nach immowelt-Angaben rangiert<br />
Berlin damit mit nun 12,78 € pro m² nach München mit<br />
17,39 € pro m² auf Platz zwei der teuersten deutschen<br />
Großstädte.<br />
REGIERUNG HOFIERT IMMO-LOBBY<br />
MinisterInnen und StaatssekretärInnen der Ampel-Koalition<br />
haben sich im Jahr 2022 142 Mal zu persönlichen<br />
Gesprächen mit LobbyistInnen der Immobilienwirtschaft<br />
getroffen. Das geht aus Antworten auf Anfragen der Bundestagsabgeordneten<br />
Caren Lay von der Partei DIE LINKE<br />
hervor, über die die taz berichtete. Mit MieterInnenorganisationen<br />
trafen sich besagte Stellen hingegen nur 50<br />
Mal. Wirtschaftsminister Habeck traf sich neben anderen<br />
ImmolobbyistInnen allein zehnmal persönlich mit der<br />
Vonovia, mit dem Mieterbund hingegen kein einziges<br />
Mal. Völlig überraschend also, dass die Verbesserung des<br />
Mieterschutzgesetzes und das Vorkaufsrecht für Kommunen<br />
weiter auf sich warten lassen.<br />
Weiterführende Links zu den Meldungen<br />
findet ihr wie immer auf der Homepage<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong> 5
Abb.:Porträt Ludwigs XV. von Frankreich (1710-1774)<br />
900 JAHRE ARMUT IN FREIBURG<br />
Armenwesen und Pflege in Freiburg (Teil 26)<br />
Foto: Wikimedia Commons<br />
In der letzten Ausgabe schrieb ich über das Recht und<br />
dessen Auslegung in Freiburg und man konnte unschwer<br />
erkennen, dass auch die härtesten Strafen nichts nutzten,<br />
wenn die Bevölkerung vor Hunger, Not und Elend keinen<br />
anderen Ausweg fand, als strafbare Handlungen zu<br />
begehen. Dabei waren sie doch eigentlich nur durch die<br />
Umstände ihrer Zeit geprägt. Viele Jahrzehnte hatten<br />
sie nichts anderes als Gewalt, Mord und Raub gesehen,<br />
waren wahrscheinlich selbst mehrfach zum Opfer geworden.<br />
Wenn dann ein Krieg beendet war und der nächste<br />
noch nicht ganz da, standen sie ohne irgendetwas da. Sie<br />
konnten zusehen, wie ihre Familien in der Not zugrunde<br />
gehen. Und irgendwann waren Diebstahl oder Raub die<br />
einzigen Mittel zum Überleben. Und diese Zeiten häuften<br />
sich, denn nach dem Dreißigjährigen Krieg gab es nicht<br />
lange Frieden.<br />
DIE STADT FREIBURG ZWISCHEN WIEN UND PARIS<br />
Freiburg war während des Dreißigjährigen Krieges<br />
mehrfach von fremden Heeren erobert, geplündert und<br />
wieder verlassen worden. Doch auch nach dem großen<br />
Krieg sollte das noch etwa 100 Jahre so weitergehen.<br />
Stadt und Bevölkerung sollten einfach nicht zur Ruhe<br />
kommen. Nach dem Krieg kam Freiburg wieder unter die<br />
Herrschaft Vorderösterreichs, unter der die Stadt schon<br />
einige Jahrhunderte freiwillig stand. 1677 nahm erneut<br />
ein französisches Heer die Stadt ein und diesmal schien<br />
es so, als wollten sie länger bleiben. Denn kaum hatten<br />
die Franzosen die Stadt erobert, begannen sie damit,<br />
sie in eine Festung umzubauen. Dazu wurde eigens der<br />
französische Festungsbaumeister Sébastien Le Prestre de<br />
Vauban nach Freiburg geholt, welcher als Baumeister von<br />
Ludwig XIV. , dem französischem Sonnenkönig, schon zu<br />
großem Ruhm gelangt war.<br />
Vauban hatte im französischen Heer bereits in jungen<br />
Jahren eine steile Karriere gemacht. Sein Talent als<br />
Baumeister konnte er in den verschiedensten Städten,<br />
Festungen oder Garnisonen unter Beweis stellen, sodass<br />
man bald an höchster Stelle auf ihn aufmerksam wurde.<br />
Bereits mit 22 Jahren wurde Vauban zum Festungsbaumeister<br />
ernannt und 1678 im Alter von 45 Jahren wurde er<br />
6<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong>
vom französischen König zum Kommissar aller französischen<br />
Festungen befördert.<br />
Dieser Baumeister wurde 1684 also nach Freiburg berufen,<br />
um die Stadt gegen künftige Belagerungen und<br />
Angriffe zu sichern. Als erstes ließ Vauban die noch vorhandenen<br />
Reste der Vorstädte im Westen und Norden der<br />
Innenstadt vollständig abbrechen, wobei auch die dort<br />
befindlichen Armenunterkünfte abgerissen worden sind.<br />
Vom Schlossberg ausgehend ließ er dann eine sternenförmig<br />
angelegte Mauer um die Stadt ziehen. Acht gewaltige<br />
Bastionen wurden in diesen Festungsgürtel eingebaut,<br />
sodass nun die gesamte Stadt rundum geschützt war.<br />
Nachdem die Stadt dermaßen zugebaut war, ging Vauban<br />
daran, erstmals auch den gesamten Schlossberg zu<br />
befestigen. Die topografischen Gegebenheiten des Berges<br />
nutzend, ließ Vauban ein in mehrere Abschnitte unterteiltes<br />
Verteidigungssystem vom „Alten Schloss“ am Fuß des<br />
Bergs bis zum oben gelegenen „Fort St. Pierre“ ausbauen,<br />
sodass am Ende Freiburg vom Schlossberg aus völlig<br />
beherrscht werden konnte. Derart bewehrt wuchs die<br />
strategische Bedeutung Freiburgs für den französischen<br />
König stark an, konnte er doch nun von Freiburg aus<br />
Vorstöße ins weitere Reichsgebiet unternehmen.<br />
Nach dem Frieden von Rijswijk 1697 fiel die Stadt wieder<br />
an die Habsburger zurück, doch auch diesmal dauerte<br />
es nicht lang, bis im Jahre 1713 infolge des Spanischen<br />
Erbfolgekriegs erneut französische Truppen vor den<br />
Toren der Stadt standen und nach zweimonatiger Belagerungszeit<br />
als Sieger in die Stadt einzogen. Bereits ein Jahr<br />
später mussten die Franzosen wieder abziehen. 30 Jahre<br />
danach gab es erneut eine französische Belagerung und<br />
auch diesmal zogen die Franzosen am Ende in Freiburg<br />
ein. Doch bei dieser Schlacht gab es eine Begebenheit,<br />
die mehr als alles andere die Absurdität des Krieges<br />
deutlich macht. Der französische König Ludwig XV. war<br />
anwesend und wollte die Schlacht vom Lorettoberg aus<br />
mitverfolgen. Damit dieser nun nicht von irgendwelchen<br />
Kugeln getroffen wird, vereinbarte man vorher, dass die<br />
Habsburger den Berg nicht beschießen. Als Gegenleistung<br />
wollten die Franzosen das Münster unversehrt lassen. So<br />
konnte der französische Monarch in aller Ruhe zusehen,<br />
wie zahlreiche Soldaten ihr Leben für ihn lassen mussten.<br />
Am Ende trugen die Franzosen wie gesagt den Sieg davon<br />
und zogen ein letztes Mal in die Stadt ein. Da es absehbar<br />
war, dass bei den Friedensverhandlungen Freiburg wieder<br />
den Habsburgern zugesprochen wird, begannen sie nach<br />
ihrem Einzug unverzüglich damit, die von ihnen selbst erbauten<br />
Befestigungsanlagen abzureißen. Fast ein halbes<br />
Jahr brauchten sie, um die von Vauban gebaute Festung<br />
komplett zu zerstören. Es war offensichtlich, dass die<br />
Franzosen dieses starke Bollwerk nicht noch einmal dem<br />
Feind überlassen wollten. Nun unterstand die Stadt ein<br />
Foto: Wikimedia Commons<br />
Abb.: Sébastien Le Prestre de Vauban (1633-1707)<br />
weiteres Mal den Habsburgern und diese führten in ihren<br />
Ländereien gerade weitreichende Umstrukturierungen in<br />
Politik, Verwaltung und Wirtschaft durch, die schließlich<br />
auch Freiburg treffen sollten.<br />
DIE REFORMEN DER HABSBURGER UND IHRE FOLGEN<br />
FÜR FREIBURG<br />
In Wien hatte inzwischen Kaiserin Maria Theresia die<br />
Regierungsgeschäfte übernommen und sie begann bald<br />
darauf mit einer groß angelegten, umfassenden Regierungs-<br />
und Verwaltungsreform, die auch auf Freiburg<br />
gravierende Auswirkungen haben sollte. Und obwohl sich<br />
die Stadt Freiburg einst freiwillig unter die Herrschaft der<br />
Habsburger gestellt hatte, wurden die Beziehungen zum<br />
Wiener Kaiserhaus dadurch sehr schwierig. Die von Wien<br />
ausgehenden Reformen auf fast allen Gebieten sowie das<br />
gleichzeitig immer strenger werdende absolutistische<br />
Regime sorgten bald für Proteste in der Bevölkerung, die<br />
sich auch mehrmals in offenen Konflikten äußerten.<br />
Die vorderösterreichische Regierung wollte eine Reorganisation<br />
des Finanzwesens, vor allem aber eine Reform von<br />
Staat und Verwaltung, und setzte sie nach den Plänen des<br />
Grafen Friedrich Wilhelm von Haugwitz um.<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong> 7
Abb.: Der Freiburger Weiberkrieg 1757<br />
Doch bei allen Reformen und Umwälzungen, Ziel sollte<br />
immer die Stärkung des absolutistischen Herrschers sein.<br />
Die Reformen sollten „die Unbeweglichkeit, Kostspieligkeit<br />
und Ineffizienz der zivilen und militärischen Verwaltung,<br />
sowie das Eigenleben der einzelnen Länder, die nur ihr<br />
eigenes, nicht aber das Gemeininteresse im Auge hätten“<br />
beseitigen. Aus diesem Grund richtete die Regierung<br />
1754 ein sogenanntes Kreisamt ein, welches die Überwachung<br />
der Städte, aber auch des Adels und des Klerus zur<br />
Aufgabe hatte. Der Graf Christoph Anton von Schauenburg<br />
wurde von den Habsburgern als Leiter des Amtes<br />
eingesetzt. Neben der besagten Überwachungsfunktion<br />
fiel dem neuen „Kreishauptmann“ aber noch eine weitere<br />
wichtige Aufgabe zu. Schauenburg sollte in die stark von<br />
den Ständen regierten Landesteile und Städte hineinwirken<br />
und versuchen, die Privilegien der Zünfte und<br />
Stände zu beschneiden bzw. zurückzudrängen. Auf diese<br />
Weise wollte die vorderösterreichische Regierung auch in<br />
Freiburg zu mehr Macht kommen.<br />
Schauenburg hätte sich keinen ungünstigeren Zeitpunkt<br />
für seinen Amtsantritt wählen können, denn in Freiburg<br />
herrschte zu jener Zeit eine gereizte, aggressive Stimmung,<br />
die gegen die Wiener Zentralregierung gerichtet<br />
war. Die Gründe dafür lagen in der Misswirtschaft der<br />
Foto: Wikimedia Commons<br />
Freiburger Stadtverwaltung aus dem Jahre 1747. Damals<br />
beschwerte sich die Freiburger Bürgerschaft in Wien, was<br />
dazu führte, dass die Regierung den gesamten Stadtrat<br />
feuerte und stattdessen einen Interimsmagistrat einsetzte.<br />
Bereits da sollten Reformen bei der Geschäftsführung<br />
und vor allem Stelleneinsparungen die Effizienz des Rates<br />
verbessern und das „Gemeine Gut“ entlasten, welches<br />
sonst immer „tueffer in die Schulden hinein zu sincken und<br />
endtlichen gar zu versticken schien!“ Damit setzte sich die<br />
Landesregierung über die der Stadt zugesicherte Selbstverwaltung<br />
hinweg, was die BürgerInnen nun auf die<br />
Barrikaden brachte. In der Stadt brach offener Protest und<br />
Widerstand aus, die Regierung musste mehrfach gegen<br />
unerlaubte Zusammenkünfte und „verbotene Parteimachung“<br />
vorgehen.<br />
Jetzt, zehn Jahre später, gab es noch immer den Übergangsmagistrat<br />
und die Bürgerrechte waren immer mehr<br />
beschnitten worden. Schauenburg wollte nun diesen<br />
Zustand beenden und so kündigte der „Kreishauptmann“<br />
1757 Neuwahlen des Stadtrates an, mit der gleichzeitigen<br />
Verfügung einer neuen Stadtverfassung. Laut dieser<br />
Verfassung bestand der Stadtrat nun aus zwei Gremien,<br />
einem „Äußeren Rat“ und einem „Inneren Rat“. Die<br />
12 Zunftmeister Freiburgs saßen nun im „Äußeren Rat“,<br />
8<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong>
durften zwar über politische und wirtschaftliche Angelegenheiten<br />
verhandeln, wurden auch beim Verkauf städtischer<br />
Grundstücke oder Gebäude herangezogen, aber<br />
sämtliche Entscheidungen, welche dieser Rat treffen wollte,<br />
bedurften der Genehmigung durch die vorderösterreichische<br />
Regierung. Der „Innere Rat“ beschäftigte sich mit<br />
allen juristischen Sachen, egal ob Zivil- oder Strafrecht,<br />
und er regelte letztendlich die wirtschaftlichen und finanziellen<br />
Angelegenheiten der Stadt. Somit war diesem<br />
Gremium die „Generalaufsicht“ über sämtliche städtischen<br />
Geschäfte übertragen worden. Zu diesem „Inneren<br />
Rat“ gehörten der Bürgermeister, der jetzt auf Lebenszeit<br />
eingesetzt war, der Schultheiß, vier juristisch gebildete<br />
Räte sowie zwei Deputationsräte, die allesamt der Habsburger<br />
Regierung verpflichtet waren. Des Weiteren war<br />
der Posten des „Obristzunftmeisters“ abgeschafft worden,<br />
der früher mit Bürgermeister und Schultheiß die Spitze<br />
des Magistrat gebildet hatte. Doch wie sein Amt schon besagt,<br />
hätte dieser die Interessen der Zünfte vertreten, was<br />
die Regierung ja verhindern wollte.<br />
All diese Maßnahmen sowie das arrogante und auch<br />
feindselige Auftreten des Kreishauptmanns von Schauenburg<br />
trugen dazu bei, dass der Missmut in der Bevölkerung<br />
zu einem Volkszorn wuchs, der nur auf den berühmten<br />
Funken zum Ausbruch wartete. Und der kam auch<br />
bald, in Gestalt zweier Wilddiebe!<br />
Die beiden Freiburger Mehlkrempen Peter Jehle und<br />
Martin Imbery wurden auf dem Gebiet der Markgrafen<br />
beim Wildern erwischt und konnten gerade noch in die<br />
Stadt flüchten. Der verhasste Schauenburg ließ die beiden<br />
verhaften und wollte sie den Behörden in Emmendingen<br />
ausliefern. Das war der Beginn zum „Freiburger Weiberkrieg“<br />
und eben auch der Funke, der den Volkszorn offen<br />
ausbrechen ließ. Eine von den beiden Ehefrauen der<br />
Wildfrevler zusammengetrommelte Menge, darunter<br />
viele Frauen, tobte los und wollte das Recht in die eigenen<br />
Hände nehmen. Die Meute stürmte als Erstes zum<br />
Pfarrhaus, dann zum Rathaus und schließlich auch zum<br />
Wohnhaus Schauenburgs, wo sie Drohreden abhielten.<br />
Danach marschierte sie weiter zum Gefängnisturm und<br />
befreite die beiden Missetäter. Unterwegs forderte die<br />
Menge lautstark die Einhaltung „von alten Rechten und<br />
Gerechtsamen“. Der „Freiburger Weiberkrieg“ hatte eine<br />
Untersuchung zur Folge, die aber nicht allzu hart geführt<br />
wurde, schließlich wollte man das Volk beruhigen und<br />
nicht gleich einen neuen Aufstand heraufbeschwören. Die<br />
Hauptbeschuldigten wurden lediglich zu Schanzarbeiten<br />
zwischen 10 und 60 Tagen verurteilt.<br />
Der Weiberkrieg leitete gleichzeitig den Sturz des Grafen<br />
von Schauenburg ein. Da der Kreishauptmann auch bei<br />
anderen Gelegenheiten versagte, die Beschwerden aus<br />
Abb.: Kaiserin Maria Theresia (1717-1780)<br />
Foto: Wikimedia Commons<br />
der Bevölkerung, aber auch aus dem Ritterstand, immer<br />
häufiger und gravierender wurden und er sich auch<br />
einige persönliche Verfehlungen leistete, wurde Schauenburg<br />
1759 aus allen Ämtern entlassen. Später wurde<br />
er sogar verhaftet und musste sich einem Strafverfahren<br />
stellen. Mit ihm wurde zur Freude der Freiburger Bürgerschaft<br />
auch das ungeliebte Kreisamt wieder abgeschafft.<br />
Stattdessen zog allerdings die vorderösterreichische<br />
Landesregierung wieder von Konstanz nach Freiburg und<br />
übernahm sämtliche Aufgabenbereiche Schauenburgs.<br />
Und die Regierung machte da weiter, wo Schauenburg<br />
aufhören musste, den eigenen Einfluss und die Kontrolle<br />
in der Stadt zu stärken.<br />
Wie das weiterging und welche Maßnahmen die Regierung<br />
ergriff, um ihre Ziele zu erreichen, können Sie im<br />
nächsten Heft lesen.<br />
Ich bedanke mich beim Stadtarchiv Freiburg und Herrn<br />
Thalheimer, der Waisenhausstiftung, Gerlinde Kurzbach,<br />
Peter Kalchtaler und Dr. Hans-Peter Widmann.<br />
Carsten<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong> 9
Foto: Dickson Phua / CC BY-NC-ND 2.0<br />
Abb.: Ein traditioneller Kampung und moderne HDB-Wohnungen in Singapur<br />
MIETEN ODER KAUFEN?<br />
Wer wo wie wohnt, entscheidet zuerst einmal das Portemonnaie<br />
Wohnraum ist ein Grundbedürfnis und zugleich eine begehrte<br />
Geldanlage. Das verträgt sich nicht. Die Knappheit<br />
von Wohnraum wird zur neuen sozialen Frage, die längst<br />
nicht mehr nur die Armen betrifft.<br />
Vom Schutz vor dem Wetter und wilden Tieren zum<br />
Apartment im Hochhaus – Wohnen ist ein Grundbedürfnis,<br />
zu allen Zeiten der Menschheitsgeschichte. Die<br />
Menschen fingen an zu wohnen, als sie in der frühen<br />
Jungsteinzeit allmählich sesshaft wurden. Sie betrieben<br />
Landwirtschaft und Vorratshaltung anstatt des nomadischen<br />
Lebens. Von Anfang an hatte die Qualität des<br />
Wohnraums Einfluss auf die körperliche und seelische<br />
Verfassung der BewohnerInnen.<br />
Die Weltgesundheitsorganisation WHO misst heute dem<br />
Wohnen eine zentrale Bedeutung für die menschliche Gesundheit<br />
bei, insbesondere hinsichtlich wachsender Städte,<br />
einer alternden Bevölkerung und des Klimawandels.<br />
Gesunder Wohnraum bedeutet für die WHO eine intakte<br />
physische Unterkunft, die Schutz vor den klassischen<br />
vier Elementen Feuer, Wasser, Erde und Luft bietet und<br />
angenehme Temperaturen ermöglicht, sanitäre Anlagen<br />
und Beleuchtung besitzt sowie Zugang zu Brennstoff oder<br />
Strom hat. Des Weiteren schützt sie vor Schadstoffen,<br />
Verletzungsgefahren, Schimmel oder Schädlingen.<br />
Doch nicht nur das. Gesunder Wohnraum soll nach der<br />
WHO ein Gefühl von Zuhause vermitteln, von Zugehörigkeit,<br />
Sicherheit und Privatsphäre. Und auch das, was<br />
außerhalb der eigenen vier Wände existiert, gehört dazu:<br />
ein soziales Umfeld, das Interaktionen ermöglicht und so<br />
zum Wohlbefinden beiträgt, der Zugang zu öffentlichen<br />
Einrichtungen, Grünflächen und Verkehrsmitteln. Die<br />
Wohnung bietet einen gewissen Schutz vor Müll und Verschmutzung.<br />
Höchste Priorität räumt die WHO dem Problem<br />
der Überbelegung ein, denn zu wenig Wohnraum pro<br />
Kopf schlägt nicht nur aufs Gemüt, sondern führt auch zu<br />
Krankheiten, etwa durch Infektion. Davon sind nicht nur<br />
Menschen in Armut betroffen: Hinter mindestens einem<br />
dieser Merkmale ungesunden Wohnens, die sich entlang<br />
der obigen Kriterien ergeben, werden viele LeserInnen<br />
ebenfalls ein Häkchen setzen können.<br />
10<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong>
DIE NEUE SOZIALE FRAGE<br />
„Was man heute unter Wohnungsnot versteht, ist die<br />
eigentümliche Verschärfung, die die schlechten Wohnungsverhältnisse<br />
der Arbeiter durch den plötzlichen<br />
Andrang der Bevölkerung nach den großen Städten<br />
erlitten haben; eine kolossale Steigerung der Mietpreise,<br />
eine noch verstärkte Zusammendrängung der Bewohner<br />
in den einzelnen Häusern, für einige die Unmöglichkeit,<br />
überhaupt ein Unterkommen zu finden.“ Einzig aufgrund<br />
der altertümlichen Sprache ahnt man, dass das keine<br />
zeitgenössische Beschreibung ist. Das Zitat aus Friedrich<br />
Engels‘ „Zur Wohnungsfrage“ beschreibt im Jahr 1872 die<br />
Situation europäischer ArbeiterInnen, die Engels seit den<br />
1840er-Jahren vor allem in den Industriestädten Englands<br />
dokumentierte. Zur Einsicht, dass das Wohnen die neue<br />
soziale Frage ist, kommt man seither immer wieder, auch<br />
heute in Zeiten „neuer“ Wohnungsknappheit. Woher<br />
kommt das heute? „Und diese Wohnungsnot macht nur<br />
so viel von sich reden, weil sie sich nicht auf die Arbeiterklasse<br />
beschränkt, sondern auch das Kleinbürgertum mit<br />
betroffen hat“, könnte man Engels weiter anführen.<br />
„Eine Stadt in Wohnangst“ titelte zuletzt die Süddeutsche<br />
Zeitung über die Situation in der Großstadt München.<br />
Wohnraum ist zu teuer – und das geht an die Substanz.<br />
Was den Habenichtsen schon lange klar war, dringt seit<br />
einiger Zeit auch in die wohlsituierteren Schichten vor. Es<br />
fehlt an bezahlbarem Wohnraum, nicht nur für GeringverdienerInnen.<br />
Bezahlbar heißt, dass man nicht mehr als<br />
30 % des Nettoeinkommens für Miete aufbringen muss.<br />
Ein Verhältnis, bei dem inzwischen auch viele Besserverdienende<br />
nur müde lächeln können.<br />
MIETEN, KAUFEN ODER BESETZEN?<br />
Bei der Mietquote sind in Europa die deutschsprachigen<br />
Länder führend. Hier wohnt fast die Hälfte der Bevölkerung<br />
zur Miete, in der Schweiz sogar gut 56 %. Vergleichbar<br />
hohe Mietquoten gibt es sonst nur in Hongkong und<br />
Südkorea. Paradoxerweise ist die Mietquote gerade in<br />
einigen reicheren Ländern hoch. Viele arme Menschen<br />
im Globalen Süden könnten sich Mietzahlungen gar<br />
nicht leisten. Die Liste der Länder, in denen die meisten<br />
Menschen ihren Wohnraum auch ihr Eigentum nennen<br />
können, wird in Europa von einem unerwarteten Land<br />
angeführt: Rumänien. Gefolgt wird es von weiteren<br />
postsozialistischen Staaten. Dort wurde häufig nach der<br />
„Wende“ ab 1989 öffentlich verwalteter Wohnraum zu<br />
geringen Preisen an die BewohnerInnen verkauft. Ein<br />
zwiespältiges Schnäppchen: In einem Bericht für die BBC<br />
aus dem Jahr 2018 von Ioana Moldovan heißt es, dass<br />
bis zu ein Drittel des rumänischen Gebäudebestands in<br />
schlechtem Zustand ist. Es fehlt den EigentümerInnen<br />
oft schlicht das Geld, um notwendige Reparaturen zu<br />
bezahlen. Gerade in einer Erdbebenregion wie Rumänien<br />
ist das ein lebensgefährlicher Missstand. Mit einem kaum<br />
vorhandenen Marktsegment an Mietwohnungen fehlt es<br />
außerdem vielen RumänInnen an räumlicher Flexibilität,<br />
etwa wenn berufs- oder familienbedingt ein Umzug ansteht.<br />
Dann bleibt oft nur Kaufen und Verkaufen – wenn<br />
denn das notwendige Kapital vorhanden ist. Sonst heißt<br />
es: Wohnen auf engem und überbelegtem Raum.<br />
Verstädterung heißt das Phänomen, das vordergründig<br />
hinter der Wohnungsnot in den Metropolregionen<br />
weltweit steckt. Das bedeutet, dass immer mehr Menschen,<br />
meist berufsbedingt, in Städte und Ballungsgebiete<br />
ziehen. Stadtluft macht frei – diesem Slogan folgten<br />
nicht nur viele Leibeigene im Spätmittelalter, um den<br />
Grundherren zu entfliehen. Zu allen Zeiten waren Städte<br />
Anziehungspunkte, gerade für die, die nur ihre Arbeitskraft<br />
zu Markte tragen können. 2009 lebte die Hälfte der<br />
Menschheit in Städten, 2050 sollen es nach Prognosen<br />
zwei Drittel sein. Dort drängen sich immer mehr Menschen<br />
in kleinen Wohnungen. Wenn zudem die Familien<br />
wachsen, wird es immer schwieriger, angemessen großen<br />
Wohnraum zu finden.<br />
Auch für Einzelpersonen wird die Wohnungssuche<br />
schwieriger. So leben immer mehr Menschen auf engstem<br />
Raum, bis hin zu den sogenannten Sargwohnungen<br />
von Hongkong, oder im eigenen Auto, wie zuletzt porträtiert<br />
in dem Film „Nomadland“. Oder, so einfach wie<br />
brutal: in der Obdachlosigkeit. Das informelle Wohnen<br />
gewinnt auch im Globalen Norden an Bedeutung: das<br />
Bauen von Behausungen auf Land, das anderen gehört,<br />
das Umherziehen mit seinen Habseligkeiten, das Leben<br />
im Zelt oder anderen behelfsmäßigen Unterkünften, an<br />
Stadträndern, auf Brachen und Parkplätzen, in Bauwagen<br />
und besetzten Immobilien. Kurz: Das Leben im Slum ist<br />
nicht nur ein Phänomen der sogenannten Entwicklungsländer,<br />
es kehrt auch in der Ersten Welt wieder. Hier liegen<br />
wieder die oben erwähnten Länder nach der postsozialistischen<br />
Transformation des Wohnraums an der Spitze.<br />
Mieten, kaufen, spekulieren. Der Großteil der MieterInnen<br />
und selbst der EigenheimbesitzerInnen haben wenig<br />
Einfluss auf eine andere Entwicklung: die zunehmende<br />
Kommodifizierung von Wohnraum als Wertanlage und<br />
Profitquelle. Der Begriff „Betongold“ kommt nicht von<br />
ungefähr. Aber seit den 1990er-Jahren und spätestens<br />
seit den 2010er-Jahren gewinnt diese Dynamik weltweit<br />
rasant an Fahrt. Im postfordistischen Zeitalter, in dem wir<br />
uns immer noch befinden, verschob sich das Potential der<br />
Profitmaximierung von der Industrie zum Teil in Richtung<br />
Immobilien. Wurden Wohnungen einst zur Unterbringung<br />
der Mehrwert produzierenden Arbeitskräfte bereitgestellt,<br />
so werden sie nun vermehrt zur Hauptmanege<br />
der Profitgenerierung. Passenderweise wurde die Wohnungswirtschaft<br />
in fast allen Industrieländern seit spätestens<br />
den 1990er-Jahren neoliberalisiert. So sank etwa<br />
der Bestand kommunaler Wohnungen in Deutschland<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong> 11
von einem Marktanteil von etwa 20 % in den 1980er-Jahren<br />
auf sechs % in den frühen 2000ern. Das bedeutet,<br />
dass der freie Markt unangefochten die Preise diktiert<br />
und nur noch wenige Wohnungen der öffentlichen Hand<br />
unterliegen. Das war – zumindest in vielen Industrieländern<br />
– auch mal anders.<br />
SOZIALBAU FÜR DIE UNTEREN KLASSEN<br />
Die soziale Ungleichheit bringt oft schlechte Wohnverhältnisse<br />
mit sich. Das verursacht gesundheitliche<br />
Probleme bis hin zur Ausbreitung von Seuchen und zu<br />
einer kürzeren Lebensdauer. Dabei gibt es schon lange Bestrebungen<br />
seitens ArbeitgeberInnen und Regierungen,<br />
Wohnraum für die arbeitende Bevölkerung bereitzustellen.<br />
Ein Vorteil davon ist eine gesündere ArbeiterInnenschaft.<br />
Ein weiterer Vorteil ist, dass man die BewohnerInnen<br />
beisammen hat und die Kontrolle über sie ausüben<br />
kann.<br />
Als frühes Beispiel einer Sozialbausiedlung gilt die Fuggerei<br />
in Augsburg, die 1521 von Jakob Fugger, auch genannt<br />
„Der Reiche“, gestiftet wurde. Die Wohnungen werden<br />
noch heute extrem billig vermietet und die MieterInnen<br />
sprechen, zumindest gemäß der Mietvereinbarung, täglich<br />
ein Vaterunser, ein Glaubensbekenntnis und ein Ave<br />
Maria für den Stifter und die Stifterfamilie Fugger. Die<br />
Werksiedlung im schottischen New Lanark wiederum gilt<br />
als Beispiel für frühes genossenschaftliches Wohnen des<br />
frühen 19. Jahrhunderts. Sie war eine Idee des walisischen<br />
Textilunternehmers und Frühsozialisten Robert Owen.<br />
Im 20. Jahrhundert, als in Industrieländern erste Sozialstaaten<br />
entstanden, schossen die Sozialbauten nur so<br />
aus dem Boden, insbesondere nach den Zerstörungen im<br />
Zweiten Weltkrieg. Dieser Bestand verfällt aber mittlerweile.<br />
Was nicht privatisiert ist wird vernachlässigt, baufällig,<br />
wird zum Ghetto, Angstraum und sozialen Brennpunkt:<br />
z. B. manche französische Banlieues, die Projects in<br />
der Bronx in New York, die Gropiusstadt in Berlin.<br />
Eine Ausnahme sind die sogenannten Gemeindebauten<br />
von Wien. Das Produkt des „Roten Wiens“, also der Ära<br />
von 1919-1934, als die österreichische Hauptstadt von<br />
SozialdemokratInnen regiert wurde, bieten die Mietshäuser<br />
bis heute bezahlbaren und hochwertigen Wohnraum<br />
für Menschen verschiedenster Herkunft und Einkommensklassen.<br />
Ein Tauschkonzept ermöglicht Umzüge<br />
ohne Mietaufschlag. So kann eine Wohnung je nach<br />
Lebenslage innerhalb der Gemeindebauten gewechselt<br />
werden. Laut eines Rankings des Economist ist Wien 2022<br />
zum zehnten Mal in Folge die lebenswerteste Stadt der<br />
Welt.<br />
Mit dem Globalen Süden verbindet man das Konzept<br />
des Sozialbaus eher nicht, doch auch hier wurde für die<br />
Massen gebaut: In französischen Kolonien baute man<br />
ähnlich wie in den Banlieus abgeschottete Stadtteile für<br />
die arbeitende, kolonisierte Bevölkerung. Das franquistische<br />
Spanien zog Wohnblocks in Marokko hoch, immer<br />
untermalt vom Diskurs der Modernisierung, Zivilisation<br />
und angeblicher Großzügigkeit der Kolonisatoren und<br />
späteren Geberländer. In vielen dekolonisierten Ländern<br />
mit sozialistischer Ausrichtung wurde nach Vorbild des<br />
sowjetischen Plattenbaus (oder der jugoslawischen<br />
IMS-Bauweise) Wohnraum geschaffen, am auffälligsten<br />
vielleicht in Brasilien mit futuristischen, modernistischen<br />
Bauten des Architekten Oscar Niemeyer. Dessen Wohnkomplex<br />
Conjunto Juscelino Kubitschek in Belo Horizonte,<br />
entworfen 1951 als Stadt in der Stadt aus 1.100 Wohnungen,<br />
geplant mit Annehmlichkeiten und Gemeinschaftseinrichtungen,<br />
wurde so nie realisiert. Der Militärputsch<br />
von 1964 kam dazwischen. Heute leben immerhin an die<br />
5.000 Menschen in den beiden Türmen.<br />
Ob die oben genannten Sozialbauten immer den Bedürfnissen<br />
der BewohnerInnen gerecht werden, ist fraglich.<br />
Vielerorts werden Gebäude, einst im Gedanken an die<br />
mitteleuropäische Kernfamilie erbaut, kurzerhand umgebaut.<br />
In Kuisebmond in Namibia etwa, einer Vorstadt der<br />
Hafenstadt Walvis Bay, werden die Einfamilienhäuser aus<br />
Kolonialzeiten von ihren BewohnerInnen durch Anbauten<br />
vergrößert, um Mehrgenerationenfamilien Platz zu<br />
schaffen.<br />
WOHNEN, GEMEINSCHAFT UND REPRODUKTION<br />
Die Zahl der Singlehaushalte steigt weltweit. Doch<br />
Wohnen bedeutet für viele immer noch Gemeinschaft<br />
und Familie. Vom jungsteinzeitlichen Langhaus, in dem<br />
verschiedene Generationen und Gemeinschaftsmitglieder<br />
zusammenwohnten, zum Oikos der griechischen Antike,<br />
in dem ein männlicher Haushaltsvorstand über Frauen,<br />
Kinder, Bedienstete und Versklavte herrschte, zum mittelalterlichen<br />
Wohnstallhaus mit der landwirtschaftlichen<br />
Mehrgenerationenfamilie inklusive Haustieren, bis zur<br />
Fokussierung auf die Zweigenerationenfamilie als „typische“<br />
Wohnpartei ab dem 19. Jahrhundert. In Indien ist<br />
dieser Strukturwandel in der Gegenwart im Gange. Inzwischen<br />
sind neue nichtverwandte Zweckgemeinschaften<br />
dazugekommen, etwa im Wohnheim oder der Wohngemeinschaft.<br />
Andere eher selbstgewählte Wohnzusammenhänge<br />
sind Mehrgenerationenhäuser, Kommunen<br />
und Wohnprojekte. Neben dem effizienter genutzten<br />
Wohnraum können diese Modelle auch ein Ansatz sein,<br />
um die Einsamkeit und Vereinzelung zu bekämpfen.<br />
Auch hier ist Wohnraum der Ort der Reproduktion der<br />
Arbeitskraft. Das geschieht vor allem durch Hausarbeit:<br />
Kochen, Waschen, Putzen, Kindererziehung – Tätigkeiten,<br />
die auch heute noch als typisch weiblich gelten.<br />
12<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong>
Foto: Bernard Spragg / NZ CC0 1.0<br />
Abb.: Wandbild von Dcypher in Canterbury/Neuseeland<br />
FeministInnen betonen deshalb schon lange: Das Private<br />
ist politisch und damit ist der Modus des Wohnens politisch.<br />
Die Hausarbeit gehört fair aufgeteilt und Architektur<br />
hat die Mühseligkeit der menschlichen Existenz zu<br />
erleichtern. Das Wohnen ist auch deshalb politisch, weil<br />
Frauen im Zuhause einem hohen Risiko ausgesetzt sind,<br />
Opfer von Gewalt zu werden. Im Februar 2016 titelte das<br />
Magazin Vice „Angesichts steigender Mieten bleiben viele<br />
Frauen in gewalttätigen Beziehungen“ über die verheerende<br />
Situation in weltweiten Metropolregionen. Dass<br />
Frauen unabhängig von Ehemännern und Herkunftsfamilie<br />
wohnen können, ist bis heute in vielen Ländern<br />
nicht selbstverständlich. Im New York City des frühen 20.<br />
Jahrhunderts etwa baute die Young Women’s Christian<br />
Association (YWCA) erste Wohnheime nur für werktätige<br />
unverheiratete Frauen auf. Dieser größer werdenden<br />
Bevölkerungsgruppe sollten sichere (und kontrollierte)<br />
Wohnbedingungen gewährleistet werden. Viele von<br />
ihnen mieteten sich später Apartments in den ersten großen<br />
Wohnblocks, auch eine Ermöglichung von weiblicher<br />
Unabhängigkeit und deshalb den damaligen Konservativen<br />
ein Dorn im Auge. Feministische ArchitektInnen, wie<br />
etwa die britische Matrix Feminist Design Co-operative,<br />
die von 1981 bis 1994 existierte, denken die Bedürfnisse<br />
von Frauen und Sorgenden in ihren Entwürfen mit, denn<br />
Architektur formt auch die Beziehungen.<br />
Am Ende stehen immer noch die Preise. Wenn man sich<br />
den Wohnraum nicht leisten kann oder man ständig von<br />
Räumung und Eigenbedarfskündigung bedroht ist, helfen<br />
auch die schönste Raumaufteilung, der hauseigene Spielplatz<br />
und die Kinderwagenrampe nichts. Und das ist ein<br />
globales Problem. Deshalb gehen weltweit Menschen entlang<br />
der „neuen sozialen Frage“ auf die Straße, besetzen<br />
Häuser, fordern bezahlbare Mieten oder Re-Kommunalisierung<br />
oder die Enteignung von Immobilienkonzernen.<br />
Es gäbe bessere Modelle, um Wohnraum zu finanzieren,<br />
zu schaffen, zu verwalten und zu verteilen, als durch große<br />
Unternehmen auf dem freien Markt. Erprobt werden<br />
sie schon lange, und das weltweit: in Genossenschaften,<br />
Kooperativen, Community Land Trusts oder auch durch<br />
kommunale Wohnungsbaugesellschaften. Sind sie die<br />
Zukunft des Wohnens? Gesund wäre es!<br />
Kathi King<br />
(Mitarbeiterin im iz3w)<br />
Anm. d. Red.: Den Artikel haben wir aus der Zeitschrift<br />
iz3w (395) über „Wohnen weltweit“ übernommen.<br />
Wir danken für die Genehmigung zum Abdruck.<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong> 13
ursprünglich eine Gruppe, die eine Herberge erschaffen<br />
wollte, einen Ort, an dem Geflüchtete ankommen können,<br />
wo sie wohnen und sich aufhalten können. Im daraus<br />
entstandenen rasthaus sind nun die SAGA (Südbadisches<br />
Bündnis gegen Abschiebung), das Freiburger Forum, Aktion<br />
Bleiberecht, die Deutschkurse, FAU und medinetz. medinetz<br />
hat sich als Aufgabe gesetzt, MigrantInnen oder eben vor<br />
allem Illegalisierten (Papierlosen) einen Zugang zu medizinischer<br />
Versorgung zu verschaffen. Das läuft letztendlich so<br />
ab, dass wir eine Liste mit Praxen und BehandlerInnen haben,<br />
zu denen wir die Menschen vermitteln können und die<br />
dann dort kostenlos behandelt werden. Zweite große Aufgabe<br />
von medinetz ist die politische Arbeit. Wir haben uns<br />
zur Aufgabe gemacht, uns selber abzuschaffen und überflüssig<br />
zu machen. Unserer Meinung nach ist es Aufgabe<br />
des Staats, allen Menschen eine medizinische Versorgung<br />
zu gewährleisten, was zum Beispiel auch in der Menschenrechtscharta<br />
Artikel 25 verankert ist. Eine weiterer Punkt ist<br />
die Vernetzung mit anderen Gruppen.<br />
Foto: E. Peters<br />
IM GESPRÄCH MIT...<br />
Eva Geppert<br />
Das Projekt medinetz ist im Rahmen der antirassistischen<br />
Freiburger rasthaus-Initiative entstanden und hat<br />
sich zum Ziel gesetzt, MigrantInnen und Flüchtlingen,<br />
insbesondere Papierlosen, Zugang zu medizinischer Versorgung<br />
zu verschaffen. Wir freuen uns, Eva Geppert im<br />
Gespräch zu haben, die uns mehr erzählen kann.<br />
Hallo Eva, herzlich willkommen! Schön, dass Du Dir Zeit<br />
genommen hast. Wie geht es Dir?<br />
Gut, Dankeschön. Schön, dass ich da sein kann.<br />
Wie lange arbeitest Du schon bei medinetz und in welcher<br />
Position?<br />
Ich bin 2011 zu medinetz gekommen. Wir sind eine Gruppe<br />
von ungefähr acht bis 15 Leuten und haben da gar keine<br />
festgelegten Rollen und übernehmen immer unterschiedliche<br />
Aufgaben.<br />
Seit wann gibt es medinetz und was macht Ihr genau?<br />
medinetz gibt's jetzt seit über 20 Jahren und ist im Rahmen<br />
der Freiburger rasthaus-Initiative entstanden. Diese war<br />
Wer sind Eure Kooperationspartner?<br />
Kooperationspartner sind Wohlfahrtsverbände wie DRK,<br />
Diakonie und der Sozialdienst Katholischer Frauen, gerade<br />
wenn es um Beratung geht. Und dann eben unsere BehandlerInnen<br />
aus vielen allgemeinmedizinschen Praxen, aber<br />
auch aus Zahnarztpraxen und Praxen anderer Fachrichtungen.<br />
Wir arbeiten auch mit den anderen rasthaus-Gruppen<br />
zusammen. Zum Beispiel vermittelt SAGA uns immer mal<br />
wieder Leute, die einen Arzt oder eine Ärztin sehen müssen.<br />
Wir versuchen jetzt immer mehr, auch an anderen Stellen<br />
Networking zu betreiben. z. B. letztes Jahr mit der Freiburger<br />
Straßenschule. Vor kurzem war ein Austausch mit der<br />
Pflasterstub‘.<br />
Krank ohne Papiere. Ist das Angebot ausschließlich für<br />
Geflüchtete und MigrantInnen? Oder für jeden, der nicht<br />
krankenversichert und/oder ohne Papiere ist?<br />
Die eigentliche medinetz-Aufgabe ist tatsächlich die, dass<br />
Menschen mit Migrationshintergrund und ohne Krankenversicherung<br />
medizinische Hilfe erhalten. Das hat sich ein<br />
bisschen erweitert durch den Freiburger Anonymisierten<br />
Behandlungschein (FRABS) für alle Menschen, dieser wird<br />
durch den eng mit medinetz verwobenen Verein FRABS e.V.<br />
herausgegeben. Grundsätzlich ist es so, dass sich alle an<br />
uns wenden können und wir auch durch ein Clearing versuchen,<br />
dass Menschen wieder auf einem normalen Weg in<br />
die Gesundheitsversorgung aufgenommen werden können.<br />
Kannst Du uns etwas über FRABS e. V. erzählen?<br />
Der Verein wurde von MitgliederInnen von medinetz im<br />
April letzten Jahres gegründet. Dieser kann jetzt anonymisierte<br />
Behandlungsscheine ausstellen und hat gleichzeitig<br />
gegenüber der Stadt die Aufgabe, eine anonymisierte<br />
Statistik zu erstellen. Der FRABS funktioniert so,<br />
14<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong>
dass Menschen, die ihn bekommen, für drei Monate die<br />
Möglichkeit haben, medizinische Leistungen in Anspruch<br />
zu nehmen. Voraussetzungen für die Ausstellung eines<br />
FRABS sind, dass die Person mittellos ist, keine Krankenversicherung<br />
hat und sich in der Regel seit drei Monaten<br />
in Freiburg aufhält. Die Stadt Freiburg hat einen gewissen<br />
Geldbetrag für FRABS e. V. bewilligt. Ein Teil ist dazu da,<br />
die Behandlungen zu bezahlen, ein anderer Teil finanziert<br />
eine sozialarbeiterische Teilzeitstelle, die es jetzt seit einem<br />
Jahr ungefähr gibt. Alle medinetz-Leute arbeiten sozusagen<br />
unterstützend außenrum. Wir haben uns darauf geeinigt,<br />
dass die Arbeit nicht an einer Person hängen soll, was mal<br />
mehr, mal weniger gut klappt, weil alle diese Aufgaben neben<br />
ihren regulären Jobs wahrnehmen.<br />
Wie kann man als Betroffener mit Euch Kontakt<br />
aufnehmen?<br />
Es gibt einmal die Sprechstunde, die immer Dienstag nachmittags<br />
im rasthaus in der Adlerstraße 12 auf dem Grethergelände<br />
in Freiburg stattfindet, von 16:30 bis 18 Uhr. Dann<br />
gibt's die Möglichkeit, per E-Mail Kontakt aufzunehmen<br />
(info@medinetz.rasthaus-freiburg.org) oder per Telefon<br />
auf einen Anrufbeantworter zu sprechen (0761-2088331),<br />
der täglich abgehört wird und man wird dann einen Rückruf<br />
bekommen.<br />
Was wird getan, um den Betroffenen schnell zu helfen?<br />
Da muss man ein bisschen unterscheiden zwischen medinetz-PatientInnen<br />
und Leuten, die einen FRABS bekommen.<br />
Mit einem FRABS können die Menschen sich rein theoretisch<br />
an jede Praxis alleine wenden, es besteht theoretisch<br />
eine freie Arztwahl. Bei den Menschen, die wir über medinetz<br />
vermitteln und denen wir keinen FRABS ausstellen<br />
können, weil sie z. B. nicht in Freiburg wohnhaft sind,<br />
versuchen wir, so schnell wie möglich einen Termin bei der<br />
Fachrichtung, wo sie hinmüssen, zu vermitteln.<br />
Wie viele Betroffene erreicht Ihr und aus welchen Teilen<br />
der Welt kommen Sie?<br />
Bevor es FRABS e. V. gab, waren es ca. 90 Menschen im Jahr<br />
und tatsächlich gab es meistens ca. 20 Länder, aus denen<br />
sie gekommen sind, das hat jedes Jahr ein bisschen variiert.<br />
Seit FRABS steigen die Fallzahlen. Im letzten Jahr haben<br />
wir von April bis Dezember knapp 80 Behandlungsscheine<br />
ausgestellt und dazu noch Menschen in die normale medinetz-Struktur<br />
vermittelt.<br />
Was sind genau die Probleme, mit denen Betroffene hier<br />
in Deutschland konfrontiert sind?<br />
Die Illegalisierten sind mit der Angst konfrontiert, dass<br />
ihnen Abschiebung drohen könnte, wenn sie zu einem<br />
Arzt oder einer Ärztin gehen würden. Letztendlich hat<br />
das Sozialamt, das einen Behandlungsschein ausstellen<br />
könnte, die Pflicht, ans Ausländeramt zu übermitteln<br />
(Übermittlungspflicht). Die Inanspruchnahme von medizinischer<br />
Versorgung könnte somit mit einer Abschiebung<br />
verbunden sein. Menschen, die nicht illegalisiert sind und<br />
keine Krankenversicherung haben, haben trotzdem häufig<br />
das Problem, dass sie nicht wissen, wie sie zu einer gesundheitlichen<br />
Versorgung kommen können und dass es natürlich<br />
auch mit Scham und Existenzängsten verbunden ist.<br />
Was könnte die Situation Deiner Meinung nach verbessern,<br />
damit es Eurer Unterstützung gar nicht mehr bedürfen<br />
würde?<br />
Einmal die Abschaffung der Übermittlungspflicht sowie<br />
grundlegender Zugang für jede und jeden ins Gesundheitssystem.<br />
Die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes<br />
ist auch eine Forderung, die wir haben.<br />
Wie können unsere LeserInnen Euch unterstützen?<br />
Wir freuen uns immer über Unterstützung. Wir treffen uns<br />
alle zwei Wochen Montag abends zum Plenum. Da kann<br />
gerne vorbeigekommen werden. Gleichzeitig freuen wir<br />
uns über Menschen, die auf unsere Behandler-/Behandlerinnen-Liste<br />
möchten. Und das nächste ist noch, medinetz<br />
einfach bekannt zu machen und anderen Menschen davon<br />
zu erzählen.<br />
Was ist für Dich der schönste Ort in Freiburg? Und welcher<br />
der hässlichste?<br />
Ein nicht so schöner Ort für mich ist die LEA, die Erstaufnahmestelle.<br />
Ich wohne in der Nähe und fahre dort häufiger<br />
mit dem Fahrrad mit meiner Tochter vorbei. Sie hat<br />
mich schon öfters gefragt, warum da ein Gitter ist und<br />
Menschen dahinter sind. Ich finde es sehr schade, dass<br />
Menschen, die den weiten Weg auf sich genommen haben,<br />
so empfangen werden bzw. nicht willkommen geheißen<br />
werden und dass ihnen so viele Rechte genommen werden.<br />
Schöne Orte gibt es viele in Freiburg. Für mich ist die<br />
Schneeburg ein ganz schöner Ort.<br />
Was wünschst Du Freiburg?<br />
Dass es einerseits die Offenheit beibehält, aber gleichzeitig<br />
noch offener wird und auch an Orte und Gruppierungen<br />
denkt, die bisher nicht so beachtet wurden.<br />
„Ihr sollt wissen, dass kein Mensch illegal ist. Das ist ein<br />
Widerspruch in sich. Menschen können schön sein und<br />
noch schöner. Sie können gerecht sein oder ungerecht.<br />
Aber illegal? Wie kann ein Mensch illegal sein?“<br />
Elie Wiesel<br />
Kein Mensch ist illegal... Vielen Dank für das interessante<br />
Interview und für Eure wertvolle Arbeit!<br />
Oliver, Ekki & Conny<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong> 15
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FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong> 17
DIE GRENZEN DES GELDES<br />
Perspektiven aus meiner Sicht<br />
Foto: Josh Appel / Unsplash<br />
Ich bin unter Menschen und ich bin allein. Wenn ich unter<br />
Menschen bin, gehen wir in Konzerte, wir gehen in Galerien<br />
und nehmen an Führungen teil, wir machen Städtebesichtigungen.<br />
Wenn ich allein bin, gehe ich ins Kino, auch<br />
ins Museum oder in Galerien und ich lese viele Bücher. Ich<br />
lese Bücher hauptsächlich zu philosophischen Themen,<br />
aber ich lese auch Belletristik, besonders zum Einschlafen.<br />
Ich habe Bibliotheksausweise der Freiburger Stadtbücherei<br />
und der Unibibliothek, aber manche Bücher gibt es<br />
nicht in Bibliotheken oder sie sind ständig entliehen. Oder<br />
sie sind so wichtig, dass ich viel darin unterstreichen will,<br />
weil ich sie bestimmt noch mal brauche. Neuerscheinungen,<br />
die im Literaturhaus Freiburg besprochen werden,<br />
muss ich mir kaufen, um sie rechtzeitig vor der Veranstaltung<br />
zu lesen. Ich würde mich auch gern an der Universität<br />
in Soziologie einschreiben, denn mich interessieren<br />
mehr und mehr Fragestellungen, die sich an mich und<br />
die Gesellschaft richten. Ich bin sehr kulturinteressiert.<br />
Ich habe eine große Sehnsucht danach, immer Neues<br />
zu lernen und meinen Horizont zu erweitern. Ohne das<br />
könnte ich nicht leben. Diese Inhalte machen mein Leben<br />
lebenswert.<br />
Ich kann nicht arbeiten. Ich habe es einige Male an vielen<br />
verschiedenen Orten versucht, aber ich schaffte es nicht.<br />
Es ging mir nicht gut. Die Krankheitszeit hinterher war zu<br />
lang und zu schlimm. Ich schaffe eine Arbeitsstelle nicht.<br />
Das nagt an mir. Ich bekomme Sozialleistungen und bin<br />
sehr froh und dankbar dafür.<br />
Im Jahr <strong>2023</strong> wurde das Bürgergeld eingeführt. Ich erhalte<br />
502,- € monatlich und davon gibt es Empfehlungen, für<br />
welche Ausgaben dieses Geld verwendet werden soll. Das<br />
ist bis auf den letzten Cent geregelt. Man muss sich nicht<br />
an diese Vorgaben halten. Aber wenn man für einen Bereich<br />
mehr ausgibt, fehlt er notwendigerweise in einem<br />
anderen. Es gibt z. B. die Bereiche Nahrungsmittel, Bekleidung,<br />
Energiekosten usw. Es gibt auch den Bereich Kultur,<br />
wofür pro Monat 48,98 € und den Bereich Bildung, wofür<br />
pro Monat 1,81 € ausgegeben werden können.<br />
Manche Kinos, Museen usw. haben Ermäßigungen für InhaberInnen<br />
des Freiburg-Passes, aber nicht alle. Die Kinos<br />
des Friedrichbaus usw. geben mir z. B. keine ermäßigten<br />
Karten, das Koki schon. Bücher sind sehr teuer geworden,<br />
18<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong>
im Hardcover kosten sie fast alle über 20 €. Philosophiebücher<br />
würde ich zur Bildung rechnen. Auch gesellschaftskritische,<br />
feministische... Bücher fallen für mich<br />
darunter. Sie kosten auch meist über 20 €, sodass ich mir,<br />
wenn ich ein ganzes Jahr im Bereich Bildung sparen würde,<br />
meist kein Buch kaufen könnte. Die Realität ist, dass<br />
ich mein Budget schon im Januar überschreite.<br />
Solange ich Sozialleistungen empfange, darf ich in keiner<br />
Universität eingeschrieben sein, denn dann würden die<br />
Sozialleistungen enden. Ich könnte mich als Gasthörerin<br />
in manche Fächer einschreiben und müsste dafür eine<br />
Gebühr von 50 € pro Semester zahlen. Es gibt jedoch auch<br />
Härtefallregelungen. Als Gasthörerin dürfte ich keine Prüfungen<br />
ablegen und hätte somit keine wirksamen Zertifikate,<br />
die mein Studium belegen.<br />
Um mich über aktuelle Nachrichten zu informieren, brauche<br />
ich Internet und Zeitungen, welche ich auch unter<br />
den Bereich Kultur setzen würde. Von der GEZ erhalte ich<br />
eine Befreiung von den Gebühren. Einen Fernseher hatte<br />
ich noch nie und Radio hat mich schon immer genervt.<br />
Die Medien haben eine große Verantwortung, die BürgerInnen<br />
eines Landes zu informieren und die Pressefreiheit<br />
ist ein hohes Gut. Jedoch finden sich in Zeitungen<br />
mehr Meinungen als Fakten, auch wenn das vielen nicht<br />
auffällt. Die Meinung ist die Meinung von jemandem<br />
(wie dieser Text), ihr muss man sich nicht anschließen.<br />
Trotzdem werden viele gerade von diesem Stil mitgerissen,<br />
ist er doch weniger trocken. Auch haben die meisten<br />
Zeitungen eine politische Ausrichtung und schreiben in<br />
diesem Interesse. Daher müsste man, wenn man sich ein<br />
umfassendes Bild über die großen Themen der Welt (Ukraine-Krieg,<br />
Energiekrise, Ökologie etc.) machen wollte,<br />
zu diesen Themen mehrere Artikel aus verschiedenen Zeitungen<br />
lesen. Die meisten Zeitungen, die ihre Artikel ins<br />
Netz stellen, verlangen für das Lesen der Artikel ein Abo.<br />
Bei der Badischen Zeitung beträgt ein Abo beispielsweise<br />
in den ersten sechs Monaten 7,25 €, danach verdoppelt<br />
sich der Betrag. Ein Abo von mehreren Zeitungen würde<br />
die Ausgaben für Kultur etc. endgültig sprengen.<br />
bitte dumm“. Wenn nur alles so einfach wäre. Ist es aber<br />
nicht. Mir geben die Sektoren Kultur und Bildung einen<br />
inneren Ausgleich, Lebensenergie und ziehen mich aus<br />
der Niedergeschlagenheit. Sie sind daher für mich unverzichtbar.<br />
Also nehme ich Geld aus anderen Bereichen<br />
dafür: weniger Essen, weniger Kleidung... Aber ich kenne<br />
viele Menschen, die sich das nicht erlauben können,<br />
obwohl sie genauso wissensdurstig sind. Auf der anderen<br />
Seite ist dieses Kleinhalten eines großen Teils der Bevölkerung<br />
auch für die Verantwortlichen nicht gut. Werden<br />
das selbstständige Denken und die unvoreingenommene<br />
Wissensbildung nicht gefördert, lassen sich Menschen<br />
auch leichter von manchen Lagern mitreißen. Warum<br />
auch nicht, sie wissen es nicht besser.<br />
Es gibt Stiftungen und Vereine, die Menschen in finanzieller<br />
Not Unterstützung anbieten und Dinge möglich<br />
machen, die ohne sie nicht gingen. Es bräuchte noch viel<br />
mehr davon und viel mehr Spendenwillige. Es bräuchte<br />
besonders unter den Förderern von Kultur und Bildung<br />
eine Art Bewusstsein, dass sie nicht nur aus selbstloser<br />
Nächstenliebe spenden, sondern damit auch die Gesellschaft<br />
erhalten, von der sie profitieren. Daher bräuchte<br />
es viel leichtere Zugänge zur Bildung für Menschen aus<br />
ärmeren Schichten. Und damit verbunden auch Motivation,<br />
die die Skepsis überwindet oder den inneren Schweinehund<br />
zum Schweigen bringt, der vielleicht Sätze sagt<br />
wie: „Warum soll ich mich denn damit beschäftigen? Das<br />
bringt doch eh nichts! Ich habe doch eh nichts zu sagen!“<br />
Damit stellt sich der innere Schweinehund auf die Seite<br />
derjenigen, die einen das glauben lassen wollen.<br />
Den eigenen Horizont zu überschreiten und Neues kennenzulernen<br />
ist für jede/n spannend, bereichernd und<br />
wertvoll. Ich möchte gern dazu motivieren!<br />
Ines<br />
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1,81 € im Bereich Bildung (vor einigen Jahren waren es mit<br />
Hartz IV nur 1,01 €) kommt mir hingegen wie ein völliger<br />
Witz vor. Von allen elf Bereichen sind für den Bereich<br />
Bildung die mit Abstand geringsten Ausgaben vorgesehen.<br />
Dabei weiß ich von nichts in dieser Kategorie, was<br />
davon zahlbar wäre. Selbst wenn man an einen günstigen<br />
Englisch-Kurs käme, könnten zusätzliche Lernmaterialien<br />
wie z. B. ein Lehrbuch davon nicht bezahlt werden. Warum<br />
führt man es dann überhaupt auf? Die Gesetzgeber<br />
müssten eigentlich wissen, wie unrealistisch dieser<br />
Betrag ist. Der innere Widerspruch schmerzt. Es klingt für<br />
mich wie die Botschaft: „Du bist dumm, dann bleib auch<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong> 19
MEIN PRAKTIKUM BEIM FREIeBÜRGER<br />
„Die Redaktion fühlt sich an wie ein Zuhause“<br />
Foto: E. Peters<br />
Hallo, mein Name ist Ellen Fäßler, aktuell bin ich Praktikantin<br />
in der Redaktion des FREIeBÜRGER. Im Sommer<br />
habe ich hier in Freiburg das Abitur gemacht, bin ein<br />
bisschen auf Reisen gegangen und mit der Angst zurückgekommen,<br />
mich nie entscheiden zu können, was ich nun<br />
machen möchte. In diesem Stadium der Berufsfindungsphase<br />
bin ich beim FREIeBÜRGER gelandet...<br />
Meine zwei Wochen hier waren sehr vielseitig. Am Anfang<br />
habe ich viel recherchiert, mich durch alte Ausgaben der<br />
Straßenzeitung gewühlt und die Redaktion in der Engelbergstraße<br />
so immer besser kennengelernt. Meine Tage<br />
waren geprägt von der Klingel. VerkäuferInnen kommen<br />
zum Zeitungen holen vorbei, an der Tür wird ein Plausch<br />
gehalten, in der Küche ein Kaffee zusammen getrunken.<br />
Die Redaktion fühlt sich an wie ein Zuhause, oft steht<br />
Besuch vor der Tür und für jeden wird Zeit gefunden.<br />
Familiäre Stimmung herrschte auch an der VerkäuferInnen-Versammlung.<br />
In großer Runde saßen fast 30<br />
VerkäuferInnen zusammen im Ferdinand-Weiß-Haus<br />
und diskutierten. Das Eintrudeln der VerkäuferInnen<br />
erinnerte an ein Klassentreffen. Jeder wird auf den<br />
neusten Stand gebracht, Tipps werden ausgetauscht,<br />
während einige Scherze die Stimmung auflockern. Im Ferdinand-Weiß-Haus<br />
durfte ich für einen Tag hospitieren,<br />
Frühstück vorbereiten, Kaffee ausschenken und so alle<br />
BesucherInnen kennenlernen. Das Ferdinand-Weiß-Haus<br />
versteht sich als Tagesstätte und Beratungsstelle für Menschen<br />
in Wohnungsnot. Es gibt ein umfassendes Angebot<br />
zur alltäglichen Versorgung, sowie ein Team an SozialarbeiterInnen,<br />
das für Beratungen zur Verfügung steht.<br />
Auch als Verkäuferin war ich unterwegs, vielleicht haben<br />
wir uns ja sogar mal gesehen? Ich stand in Mitte der Kajo<br />
und habe probiert, freundlich zu lächeln, während ich<br />
den ein oder anderen ansprach. Später habe ich Karsten<br />
auf einer seiner alltäglichen Verkäuferrunden begleitet.<br />
Als ich um 11 Uhr Richtung Münster schlendere, steht<br />
Karsten schon da, mitten in der Sonne hält er die aktuelle<br />
Ausgabe des FREIeBÜRGER vor sich. Seine Verkaufstaktik:<br />
ein Lächeln im Gesicht. Im Hintergrund spielt Straßenmusik.<br />
„Ein guter Weg, um zu wissen, wie viel Zeit<br />
vergeht“, sagt Karsten, „denn die MusikerInnen wechseln<br />
20<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong>
im Stundentakt ihre Plätze.“ Während wir uns unterhalten,<br />
bleiben Leute stehen, reden mit Karsten und kaufen<br />
eine Zeitung. Ich bekomme parallel Freiburger Stadtkunde,<br />
denn in seiner Zeit als Verkäufer hat Karsten nicht<br />
nur StammkundInnen, sondern auch ein umfassendes<br />
Wissen über Freiburg gesammelt. Karsten ist seit 2012<br />
Teil der Straßenzeitung, aktuell ist er Verkäufersprecher,<br />
Kassenwart und selbst aktiver Verkäufer. An seiner Arbeit<br />
hat er am liebsten, dass er im direkten Kontakt zu allen<br />
steht. Für ihn bedeutet der FREIeBÜRGER, Menschen die<br />
Möglichkeit zu bieten, sich selbst zu strukturieren und<br />
unabhängig das Geld zu verdienen, was sie am Tag oder<br />
im Monat brauchen.<br />
Ein wichtiges Prinzip beim FREIeBÜRGER ist, wie Oliver<br />
es immer schön sagt: „Es gibt ja kein Zwang, jeder darf<br />
so viel verkaufen wie er oder sie möchte." Oliver ist seit<br />
2013 als Redakteur Teil des Teams. Er schreibt die VerkäuferInnenvorstellung,<br />
das Kochrezept und recherchiert viel<br />
und gerne, wenn ein Interview ansteht. Darüber hinaus<br />
ist die Öffentlichkeitsarbeit ein wichtiger Arbeitsbereich<br />
von ihm. Am liebsten hätte Oliver einen Bus, mit dem er<br />
sich auf den Platz der Alten Synagoge stellen kann, um<br />
über die Straßenzeitung zu informieren. Für Oliver ist der<br />
FREIeBÜRGER eine Familie, ein Haufen zusammengewürfelter<br />
Leute, die sich gegenseitig respektieren.<br />
Das dritte Mitglied der Redaktion ist Ekki, er ist für das<br />
Layout verantwortlich. Teil der Straßenzeitung ist er aber<br />
schon länger. Das Konzept hat ihn von Beginn an fasziniert<br />
und seine Neugierde geweckt. So hat er angefangen,<br />
selbst die Straßenzeitung zu verkaufen. Ekki versteht unter<br />
dem FREIeBÜRGER auch eine Art Mitmach-Zeitung, bei<br />
der jeder Artikel einreichen kann. Das wäre für die Redaktion<br />
eine große Entlastung und sie könnten sich auf andere<br />
Aufgaben wie z. B. die Öffentlichkeitsarbeit fokussieren.<br />
Abb.: Verkäufersprecher Karsten beim Verkauf<br />
Foto: Ellen<br />
In meinen zwei Wochen habe ich viele Menschen kennengelernt<br />
– wenn ich jetzt durch die Stadt laufe, entdecke<br />
ich überall StraßenzeitungsverkäuferInnen. Manchmal<br />
fühlt es sich so an, als hätte das Praktikum ein kleines<br />
Fenster für mich geöffnet, welches es mir ermöglicht,<br />
Freiburg und seine BewohnerInnen aus einer anderen<br />
Perspektive kennenzulernen.<br />
Ellen<br />
In eigener Sache<br />
Hier in der Redaktion existieren viele Wünsche für die<br />
Zukunft. Höhere Verkaufszahlen, das würde es ermöglichen,<br />
die VerkäuferInnen mehr zu unterstützen und mehr<br />
Arbeitsplätze zu schaffen. Vor allem wäre der FREIeBÜR-<br />
GER unabhängiger und das Projekt nicht großteils auf<br />
Spenden angewiesen, sagt Ekki. Mehr junge Menschen,<br />
die sich an der Straßenzeitung beteiligen, wünscht sich<br />
Oliver. Das Projekt lebt von der Vielseitigkeit und von der<br />
Unterstützung engagierter Menschen. Nur durch sie ist<br />
es auch in Zukunft möglich, von Armut betroffenen Menschen<br />
eine Perspektive zu geben und ihre Lebensumstände<br />
zu verbessern.<br />
Karstens Traum ist es, als Verein FREIeBÜRGER aktiv dem<br />
Wohnungsmangel entgegenzuwirken und somit Obdachlosigkeit<br />
vorzubeugen durch z. B. das Mitfinanzieren einer<br />
kleinen WG.<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong> 21
Engagiert für<br />
wohnungslose Menschen<br />
Sonntagstreffs<br />
im April <strong>2023</strong><br />
10.04.<strong>2023</strong><br />
13 Uhr<br />
Der Meditationsverein<br />
Dhamma Dāna e. V.<br />
lädt ein in die<br />
Waldorfschule St. Georgen<br />
Bergiselstraße 11<br />
Buslinie 11 nach St. Georgen<br />
Halt Innsbrucker Straße<br />
oder<br />
Straßenbahnlinie 3<br />
bis Endhaltestelle Vauban<br />
Bitte den Eingang am Dorfbach<br />
unterhalb der Schule benutzen!<br />
Foto: E. Peters<br />
VERKÄUFERIN SIGRID<br />
Hallo an alle! Ich heiße Sigrid und bin seit kurzem Verkäuferin<br />
der Freiburger Straßenzeitung. Geboren und<br />
aufgewachsen bin ich in der bayerischen Kreisstadt Bad<br />
Kissingen. Hier habe ich auch meine Lehre zur Hauswirtschafterin<br />
abgeschlossen. Ich lebe schon seit über zwanzig<br />
Jahren in der Freiburger Region und wurde vor kurzem<br />
in der Pflasterstub' auf den FREIeBÜRGER aufmerksam.<br />
Mein Verkaufsplatz ist seit Anfang März in der Eisenbahnstraße<br />
vor dem Alnatura. Je nach Wetterlage stehe ich<br />
dort meist von Montag bis Freitag ab ca. 12 Uhr für ein bis<br />
zwei Stunden. In der kurzen Zeit habe ich beim Verkaufen<br />
einige tolle Gespräche mit KäuferInnen geführt, wurde<br />
zum Kaffee eingeladen oder es gab frisches Obst für mich.<br />
In meiner Freizeit höre ich gerne Musik, stöbere in den<br />
Umsonstläden, gehe viel wandern und schwimme sehr<br />
gerne – das tut meiner Gesundheit gut. Für meine Zukunft<br />
wünsche ich mir einen festen Job, egal ob in der<br />
Gastro oder im Verkauf, da bin ich flexibel. Mein größter<br />
Traum wäre, einmal in die Karibik zu fliegen, ein Tag im<br />
Europapark wäre aber auch schon ein guter Anfang, einfach<br />
mal ein paar Stunden die Seele baumeln lassen...<br />
APRIL <strong>2023</strong><br />
LUCY KRUGER & THE LOST BOYS<br />
DI, 4. I 20 H I ART POP NOISE<br />
STAATSEINDE + RANK-O<br />
DO, 6. I 20 H I SYNTH WAVE, EBM, NOISE<br />
MORD FUZZTANG + TOUT BLEU +<br />
SHE´S LOST CONTROL<br />
SA, 8. I 21 H I GARAGE PSY KRAUTROCK, DARK SHOEGAZE INFERNO<br />
SERFS + JESUS LIVES IN VEGAS<br />
MO, 10. I 20 H I POST PUNK, ELECTRONIC<br />
BEEHOOVER + SCORCHED OAK +<br />
DESERT TREE HOUSE<br />
FR, 14. I 21 H I STONE DOOM, STONER ROCK, PSYCHEDELIC BLUES<br />
DIVES<br />
SA, 22. I 21 H I LO-FI GARAGE, DIY ROCK, SURF POP<br />
SEDLMEIR + TARANJA WU<br />
FR, 29. I 21 H I SPACE-KRAUT, ELEKTRO POP, HARD-SCHLAGER<br />
SALON RIOT #11 /W LOBSTERBOMB +<br />
BATBAIT + FINNA + AFTERPARTY<br />
SO, 30. I 19 H I KONZERTE, KUNST, PARTY<br />
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In diesem Sinne: Ihnen eine schöne Zeit und vielleicht bis<br />
ganz bald an meinem Verkaufsplatz.<br />
Ihre Sigrid<br />
VEREIN FÜR NOTWENDIGE KULTURELLE MASSNAHMEN e.V.<br />
HASLACHER STRASSE 25 | 79115 FREIBURG<br />
WWW.SLOWCLUB-FREIBURG.DE<br />
22<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong>
EIN NEUER PLATZ FÜR DIE ROTE BANK<br />
Mahnmal und Symbol gegen Gewalt an Frauen<br />
Foto: P. Gagliardi<br />
Am 27.03.<strong>2023</strong> wurde die Rote Bank am Rathaus im Stühlinger<br />
aufgestellt. Musikalisch begleitet von der Freiburger<br />
Songwriterin Laura Braun wurde sie vom Leiter des<br />
Amts für Soziales, Boris Gourdial, begrüßt. Eine Installation<br />
von 113 Paar roten Schuhen, angelehnt an Projekte der<br />
mexikanischen Künstlerin Elina Chauvet, erinnerte an die<br />
113 Femizide in Deutschland im Jahr 2021.<br />
Ein Ort der Information, der Erinnerung, der Solidarität<br />
und Hoffnung – seit Dezember 2020 wandert die Rote<br />
Bank durch den öffentlichen Raum Freiburgs und will auf<br />
ein Thema aufmerksam machen, welches viel zu häufig<br />
im Verborgenen bleibt: Häusliche Gewalt. Die Idee der<br />
Bank stammt aus Perugia, Italien, und findet seit ihrem<br />
Beginn 2016 regen Anklang in weiteren italienischen und<br />
zunehmend auch deutschen Städten.<br />
tödlichen Ausgang Häuslicher Gewalt erinnern. Jeden 3.<br />
Tag wird in Deutschland eine Frau durch ihren (Ex-)Partner<br />
ermordet.<br />
Möglichst alles zu tun, um dies in Freiburg zu verhindern<br />
– das ist ein Ursprungsgedanke des Netzwerks FRIG, in<br />
welchem seit 25 Jahren Polizei, Justiz, Stadt Freiburg und<br />
NGOs zusammenarbeiten.<br />
Für Fragen und Anregungen zum Thema Häusliche Gewalt<br />
oder zur Roten Bank melden Sie sich gerne bei info@<br />
frig-freiburg.de oder unter 0761-89 73 520.<br />
In Freiburg wird die Rote Bank von der Fachstelle Intervention<br />
gegen Häusliche Gewalt (FRIG) koordiniert. Mittlerweile<br />
schaut sie auf über zehn Stationen zurück: auf dem<br />
Rathausplatz, dem Platz der Alten Synagoge, dem Adelhauser<br />
Platz sowie in vier Stadtteilen, auf den Polizeirevieren<br />
und in Geflüchtetenunterkünften hat sie temporär<br />
Platz gefunden.<br />
Mit ihrer knallroten Farbe will die Bank zum einen ein<br />
klares STOP-Zeichen setzen und zugleich an den mitunter<br />
Foto: kfd-Diözesanverband Freiburg<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong> 23
geraten sind. Die 101 Erzählungen mit Übersetzungen aus<br />
25 Sprachen und aus über 50 Ländern nehmen uns mit<br />
auf eine literarische Reise rund um die Welt.<br />
Haben Sie jemals etwas von der Autorin Tekahionwake<br />
gelesen, die als Tochter einer Engländerin und eines<br />
Mohawk-Häuptlings in einem Indianerreservat geboren<br />
wurde, mit ihren Gedichten Berühmtheit erlangte und<br />
sich für die indigenen Völker Kanadas engagierte?<br />
Oder kennen sie die erste professionelle Schriftstellerin<br />
Japans Higuchi Ichiyō? In ihrer Geschichte „Mond über<br />
dem Dachfirst“ schreibt sie über eine Frau, die mit einem<br />
einfachen Arbeiter verheiratet ist und deren Gewissen<br />
durch die Existenz eines wohlhabenden Verehrers belastet<br />
wird.<br />
Sandra Kegel (Hrsg.)<br />
„Prosaische Passionen“<br />
Manesse Verlag<br />
ISBN 978-3-7175-2546-2<br />
928 Seiten | 40 €<br />
PROSAISCHE PASSIONEN<br />
Buchbesprechung von utasch<br />
Vor über hundert Jahren begannen Frauen rund um<br />
den Globus, ihre geistige, ökonomische und politische<br />
Selbstständigkeit zu erkämpfen. In einer Zeit allgemeinen<br />
Wandels durch Industrialisierung und Urbanisierung<br />
forderten Frauen ihr Recht auf Gleichberechtigung und<br />
entwickelten ein kämpferisches Selbstbewusstsein, das<br />
sich auch in der Literatur spiegelte.<br />
In der einzigartigen Textsammlung „Prosaische Passionen“<br />
präsentiert Herausgeberin Sandra Kegel 101 Prosatexte<br />
von Autorinnen der Moderne, die zwischen 1850<br />
und 1921 geboren wurden. Darunter finden sich bekannte<br />
Schriftstellerinnen wie Ilse Aichinger, Simone de Beauvoir,<br />
Virginia Woolf, Agatha Christie, Irmgard Keun, Selma<br />
Lagerlöf und Doris Lessing. Was das Buch jedoch besonders<br />
interessant macht, sind die Texte der Autorinnen,<br />
deren Bekanntheit nicht über die Grenzen ihrer Heimatländer<br />
hinausging oder die inzwischen in Vergessenheit<br />
Sui Sin Far dürfte Ihnen auch nicht bekannt sein. Die<br />
Tochter einer Chinesin und eines Engländers arbeitete<br />
zunächst als Schriftsetzerin, später als Journalistin und<br />
berichtete in ihren Reportagen und Erzählungen über das<br />
Leben chinesischer Einwanderer.<br />
Haben Sie schon mal von Rokeya Sakhawat Hossain<br />
gehört, die im heutigen Bangladesch geboren wurde und<br />
in der Erzählung „Sultanas Traum“ eine feministische<br />
Utopie entwirft?<br />
Die türkische Schriftstellerin Halide Edib Adivar erzählt<br />
davon, wie ein Mädchen zur berühmtesten Koranrezitatorin<br />
Istanbuls wurde. Und Chawa Schapira, die aus einem<br />
Schtetl in der Westukraine stammte, schildert die fatale<br />
Entwicklung einer Träumerin.<br />
Die Texte all dieser interessanten internationalen Schriftstellerinnen<br />
machen neugierig auf deren Leben. Im<br />
Anhang informieren die Lebensläufe dieser faszinierenden<br />
Frauen über deren Werdegang sowie das oftmals<br />
weit über das Schreiben hinausreichende Engagement,<br />
mit dem sie sich für gesellschaftliche Veränderungen<br />
einsetzten.<br />
In dieser Anthologie ist die beeindruckende Vielfalt weiblichen<br />
Fühlens, Denkens und Schreibens versammelt. Die<br />
Texte, die vor rund hundert Jahren verfasst wurden, sind<br />
von zeitloser Tiefe und Brillanz. „Prosaische Passionen“ ist<br />
eines der seltenen Bücher, die sich als wahre Schatzkiste<br />
entpuppen und in keinem gut sortierten Bücherregal<br />
fehlen sollten. Jede Geschichte darin ist ein einzigartiges<br />
Geschenk und eröffnet eine neue Facette weiblicher<br />
Erzählkunst. Nach den ersten 35 Geschichten, die ich<br />
bereits gelesen habe, sehe ich freudig gespannt der Lektüre<br />
der restlichen 66 Texte entgegen. Doch für die verbliebenen<br />
Erzählungen werde ich mir Zeit lassen. Zu kostbar<br />
sind die kurzen Texte, um sie wie einen Roman zu verschlingen.<br />
Genießen Sie diese Geschichten lieber maßvoll<br />
und ausgewogen portioniert!<br />
24<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong>
LUPINENSCHROT-BOLO<br />
Foto: E. Peters<br />
Herzlich willkommen auf unserer Kochseite!<br />
Die Lupine gehört zu den Hülsenfrüchten und ihre geschälten<br />
und mit einer Walze zerkleinerten Samen erhält<br />
man als Lupinenschrot. Es schmeckt leicht nussig und<br />
ganz leicht süßlich, hat jedoch generell keinen starken<br />
Eigengeschmack und ist dementsprechend vielseitig<br />
einsetzbar. Ein großer ökologischer Vorteil von Lupinen<br />
ist, dass sie hier in Deutschland wachsen. Lupinenschrot<br />
kann man gut als vegane Alternative zu Hackfleisch verwenden.<br />
Für eine Portion 75 g Lupinenschrot mit 125 ml<br />
Gemüsebrühe für fünf bis zehn Minuten kochen und<br />
anschließend noch weitere zehn Minuten quellen lassen.<br />
Wichtig ist, den Topf mit einem Deckel zu verschließen,<br />
damit nicht so viel Dampf entweicht. Wir kochen für Sie<br />
eine leckere Lupinenschrot-Bolo mit Tagliatelle, denn leckere<br />
Pasta geht immer und ist schnell zubereitet.<br />
Zutaten für 4 Personen:<br />
2 Zucchini, 2 Zwiebeln, 2 Knoblauchzehen, 2 EL Olivenöl,<br />
2 EL Tomatenmark, 400 ml Gemüsebrühe, 2 Dosen gewürfelte<br />
Tomaten, 200 g Lupinenschrot, 1 TL Zucker, Salz &<br />
Pfeffer, 2 TL italienische Kräuter, z.B. Oregano oder Rosmarin,<br />
frisches Basilikum, frischen Parmesan, 400 g Tagliatelle<br />
oder Spaghetti<br />
Zubereitung:<br />
Die Zucchini waschen, die Enden abschneiden und den<br />
Rest in kleine Würfel schneiden. Dann die Zwiebeln und<br />
den Knoblauch schälen und beides fein hacken. Jetzt in einem<br />
Topf die Zucchini, die Zwiebeln und den Knoblauch<br />
in Olivenöl anbraten. Das Tomatenmark dazugeben und<br />
kurz mit anbraten.<br />
Als nächstes alles mit der Gemüsebrühe und den gewürfelten<br />
Tomaten aus der Dose ablöschen. Jetzt das Lupinenschrot,<br />
Zucker, Salz, Pfeffer und die italienischen Kräuter<br />
hinzugeben und alles bei geschlossenem Deckel zehn Minuten<br />
lang köcheln lassen. Den Herd ausschalten, aber<br />
den Topf weitere zehn Minuten auf dem Herd stehen lassen,<br />
damit das Lupinenschrot gut quellen kann. Inzwischen<br />
in einem weiteren Topf mit Salzwasser die Pasta<br />
kochen.<br />
Jetzt holen wir die Pastateller raus, richten die Tagliatelle<br />
schön kreisförmig in der Mitte des Tellers an. Dann etwas<br />
von der leckeren Bolo-Sauce drübergeben. Zum Schluss<br />
frisch geriebenen Parmesan und frische Basilikumblätter<br />
drüberstreuen.<br />
Guten Appetit!<br />
Oliver & Ekki<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong> 25
So, jetzt aber genug vom Winter, machen wir mal mit<br />
Fußball weiter und auch hier das Wichtigste zuerst:<br />
Gianni Infantino wurde wie bereits befürchtet als Chef<br />
der FIFA wiedergewählt. Der entschiedenste Gegner<br />
Infantinos, unser DFB, stimmte zwar dagegen, aber da<br />
kein zweiter Kandidat vorhanden war, war das natürlich<br />
brotlose Kunst. Egal, unsere Funktionäre feierten sich<br />
für diesen Heldenmut selbst und Infantino darf weiter<br />
Verbrechen am Fußball begehen. Ich bin ja gespannt, wie<br />
weit der seinen Unsinn noch treibt. Er hat ja nach seiner<br />
Wahl gedroht, dass er weiter versuchen wird, den Fußball<br />
attraktiver zu machen. Na dann, zum Wohl!<br />
Hallöchen, liebe Sportfreunde,<br />
und guten Abend allerseits! Ja, es ist schon wieder ein<br />
Monat herum und somit ist es Zeit für die schönste<br />
Nebensache der Welt: den Sport! Es ist eigentlich schade,<br />
dass der Winter schon wieder vorbei ist, ich hatte mich<br />
bereits daran gewöhnt, die Wochenenden liegend vor<br />
der Glotze zu verbringen und laut zu meckern, wenn die<br />
deutschen WintersportlerInnen nichts gewinnen. Na ja,<br />
wenn nichts schiefgeht, gibt es ja im nächsten Jahr auch<br />
wieder einen Winter und da mach ich dann halt weiter.<br />
Etwas Bewegendes gab es aber aus deutscher Sicht doch<br />
noch: Eric Frenzel hat seine Karriere beendet. Man sagt<br />
ja, die Nordische Kombination sei die Königsdisziplin bei<br />
den Nordischen Skisportarten, weil man sich halt erst<br />
von einer Schanze stürzen und dann noch einen kilometerweiten<br />
Langlauf durch den Schnee bewältigen muss.<br />
Wenn das also die Königsdisziplin ist, dann war und ist<br />
Eric Frenzel der absolute König des Wintersports! In 16<br />
Jahren, die er für Deutschland im Weltcup an den Start<br />
ging, erreichte er 43 Einzelsiege und weitere 11-mal stand<br />
er mit der Mannschaft auf dem obersten Treppchen.<br />
Fünfmal konnte er am Ende der Saison den Pokal für den<br />
Weltcupgesamtsieger einpacken und auch bei Großereignissen<br />
hat er mächtig abgeräumt. Eric Frenzel wurde<br />
dreimal Olympiasieger und siebenmal Weltmeister!<br />
Insgesamt holte Frenzel bei Olympischen Spielen und<br />
Weltmeisterschaften 25(!) Medaillen und ist somit der<br />
erfolgreichste Wintersportler, den es bisher gab. Am 26.<br />
März lief er nun sein letztes Rennen. Da auch der Trainer<br />
der deutschen Kombinierer, Hermann Weinbuch, nach<br />
gefühlten 100 Jahren seinen Job aufgab, könnte Frenzel<br />
ja ein neues Betätigungsfeld finden. Mit seiner Erfahrung<br />
wäre das sicher sinnvoll.<br />
Auch der deutsche Fußball soll wieder attraktiver werden<br />
und nach der Blamage bei den letzten beiden Weltmeisterschaften<br />
soll 2024 die EM im eigenen Land gewonnen<br />
werden. Den ersten Schritt zur Attraktivität hat der DFB<br />
auch schon vollzogen: Rudi Völler ist der neue Bierhoff.<br />
Ja, im Ernst, ich wollte es gar nicht glauben, Tante Käthe<br />
ist zurück aus dem Kloster und mischt wieder im Fußball<br />
mit! Da kamen doch gleich die schönsten Erinnerungen<br />
in mir hoch, die WM 90 als Spieler oder die WM 2002<br />
als Trainer und natürlich seine Weizenbieransprache an<br />
Waldi Hartmann... Unvergessene Fußballmomente waren<br />
das! Und nun hat er auch gleich mal gezeigt, wo der Hammer<br />
hängt und hat die Diskussionen um die One-Love-<br />
Binde beendet und beschlossen, dass die Kapitänsbinde<br />
in Zukunft wieder in den deutschen Farben sein soll.<br />
Nachdem er das Wesentliche geklärt hatte, gab es auch<br />
gleich das erste Länderspiel und das wurde gewonnen.<br />
Doch mehr noch als das Spiel haben mich danach die Reaktionen<br />
der geballten deutschen Fußballsachverständigen<br />
überrascht. Nach diesem einen Spiel war man sich einig,<br />
einen Neuanfang gesehen zu haben, die Mannschaft<br />
trat wieder als Einheit auf und auch das deutsche Mittelstürmerproblem<br />
sah man gelöst. Der ganze Frust und die<br />
Enttäuschung, die nach der Wüsten-WM herrschten, waren<br />
wie weggeblasen, ich konnte kaum glauben, dass ich<br />
das gleiche Spiel gesehen habe. Dabei war das doch nur<br />
ein Freundschaftsspiel gegen Peru, das zwar gewonnen<br />
wurde, aber von gutem Fußball doch sehr weit entfernt.<br />
Da wir nächstes Jahr Gastgeber der EM sind, braucht sich<br />
unsere Mannschaft nicht für das Turnier qualifizieren.<br />
Ob das ein Vorteil ist bezweifele ich allerdings, denn das<br />
wären immerhin Spiele unter Wettkampfbedingungen.<br />
Wenn man stattdessen gegen drittklassige Teams wie es<br />
Peru war testet und die Siege danach hochjubelt, ist das<br />
der falsche Weg, glaube ich.<br />
Aber die Qualifikation für die Europameisterschaft ist<br />
auch gestartet und da frage ich mich, nach welchen Gesichtspunkten<br />
man die Gruppen ausgelost hat. Eine<br />
Rangliste wie üblich kann es diesmal nicht gewesen sein.<br />
Da spielen Italien und England in einer Gruppe,<br />
26<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong>
Foto: Jana Rodenbusch / REUTERS<br />
Abb.: FIFA-Präsident Gianni Infantino als Pappmaschee-Großfigur, gesichtet am Rosenmontagsumzug <strong>2023</strong> in Köln.<br />
die beiden haben das letzte Finale bestritten, in einer anderen<br />
Gruppe treffen Frankreich und Holland aufeinander<br />
und dann gibt es Gruppen mit Tschechien, Polen, Albanien,<br />
Moldau und den Färöer Inseln oder aber Serbien,<br />
Montenegro, Ungarn, Bulgarien und Litauen. Wer hat das<br />
gelost? Da aus jeder Gruppe zwei Teams weiterkommen,<br />
werden diesmal wohl jede Menge der sogenannten Fußballzwerge<br />
mitmischen und der eine oder andere Favorit<br />
darf zuschauen.<br />
Die Bundesliga pausiert gerade wegen der Länderspiele,<br />
doch den Knaller gab es trotzdem von den Bayern. Die<br />
haben einfach so, von jetzt auf gleich, den Nagelsmann<br />
als Trainer entlassen und den Tuchel auf die Bank gesetzt,<br />
ohne Vorwarnung! Er hat die Kabine verloren, hieß<br />
es nach drei Tagen als Begründung. Da sieht man mal,<br />
wie verrückt und sensibel der Fußball inzwischen geworden<br />
ist. Früher war der Trainer allmächtig, wenn er Erfolg<br />
hatte sowieso. Sein Wort war Gesetz! Heute muss sich<br />
der Trainer jedes Wort dreimal überlegen, denn wenn er<br />
was Falsches sagt, beschweren sich die Spieler-Millionäre<br />
beim Vorstand. Und dann ist die Kabine weg und der<br />
Coach auch. Was würden altgediente Trainer wie Ernst<br />
Happel, Felix Magath oder Huub Stevens wohl dazu sagen?<br />
Haha! Der Witz an der Sache ist, der Nagelsmann<br />
war mit Bayern ja noch in allen Wettbewerben vertreten,<br />
also das Triple wäre möglich! Da wäre mir das Gerede von<br />
der Kabine egal... Aber wenn jetzt der Torwarttrainer von<br />
Manuel Neuer wiederkommen darf, dann kommen vielleicht<br />
die echten Gründe raus?!<br />
Meine Schalker machen in ihrer Aufholjagd unbeirrt weiter,<br />
den letzten Platz haben sie hinter sich gelassen und<br />
stellenweise macht es sogar wieder Spaß, denen zuzuschauen.<br />
Wenn ich an das Derby gegen Lüdenscheid denke,<br />
da haben die echt ganz gut gespielt. Der Punkt war<br />
wirklich verdient, das war nicht etwa eine Glückssache<br />
wie in manchen Gegenden behauptet wurde. Vor allem<br />
hab ich in dem Spiel endlich mal wieder gesehen, dass<br />
die Mannschaft kämpft und sich mit allen Mitteln gegen<br />
die Niederlage wehrt. Hat ja auch funktioniert! Tja,<br />
seit ich bei der UNO den Antrag gestellt habe, Schalke ins<br />
Weltkulturerbe aufzunehmen, haben die kein Spiel mehr<br />
verloren! Acht Spiele ohne Niederlage, allein das müsste<br />
ausreichen, um nicht abzusteigen. Ich habe mir mal ausgerechnet,<br />
dass es mit etwas Glück und mit Hilfe der anderen<br />
Klubs sogar noch für die Conference League reichen<br />
könnte. Aber nächstes Jahr international spielen reicht<br />
auch noch!<br />
So, das war es mal wieder für heute. Mal sehen, wer im<br />
nächsten Monat Bayerntrainer ist...<br />
Carsten<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong> 27
Kontakt: www.schemske.com<br />
FOLGE 34<br />
Das Licht in dem Fahrzeug war gedimmt, es glühte in einem<br />
unirdisch fluoreszierenden Blau. Dennoch sah man<br />
die Einzelheiten der Inneneinrichtung deutlich, es war<br />
ein Transporter, ein Krankenwagen. Genaueres konnten<br />
die zwei Männer, die auf den Schragen lagen, nicht<br />
feststellen, denn die Hinweistafeln an den Seitenwänden<br />
waren in einer für sie unlesbaren Schrift angebracht.<br />
Herbie hob den Blick und sah, dass sein Kumpan ebenfalls<br />
erwacht war: „Andy, sind wir entführt worden?“ Als<br />
Antwort kam nur ein lautes Stöhnen. Die beiden sahen<br />
aus den Rückfenstern gelbstrahlende Straßenlaternen,<br />
die über ihnen dahinschwebten.<br />
Das Holpern des schnellfahrenden Transporters machte<br />
es Wolf Hammer schwierig, die beiden Männer gleichzeitig<br />
zu beeinflussen. Eigentlich müsste er sich mit einer<br />
Hand festhalten, stattdessen drückte er sich fest in die<br />
Rücklehne der Sitzbank, die unterhalb der Scheibe zum<br />
Fahrerhaus angebracht war. Seine Mittelfinger lagen<br />
jeweils an der Halsschlagader der Männer und fühlten,<br />
aber nicht nur den Puls. Er schaute hinüber zu dem<br />
Rettungssanitäter, der neben ihm saß und sich umgedreht<br />
hatte. Beobachtete er die nächtliche Straße, die das<br />
Zucken des Blaulichts reflektierte oder versuchte er, mit<br />
dem Fahrer Kontakt aufzunehmen?<br />
Auf der Sundgauallee war eine Geschwindigkeitsbegrenzung,<br />
Zone 30, angezeigt, aber das kümmerte die französischen<br />
Sanitäter nicht. An der geschwungenen Brücke<br />
der Straßenbahnüberführung schwenkte der Transporter<br />
nach links und bog ab in Richtung des Krankenhauses.<br />
„Üniclinique“, sagte der Sanitäter neben ihm. Wolf nickte.<br />
Sie mussten fast um das gesamte Gelände der Klinik herum<br />
fahren, bis sie gegenüber der Gaststätte Paradies auf<br />
den Fahrweg in Richtung der Notaufnahme gelangten.<br />
Als die beiden ein wenig angeschlagenen Männer ausgeladen<br />
wurden, verzog sich Wolf Hammer unauffällig und<br />
ging zu den Taxiständen. Bis auf ein einziges Taxi waren<br />
die Stellplätze leer. Der Fahrer wollte so spät in der Nacht<br />
die Türe nicht öffnen, bis er sich von der Harmlosigkeit<br />
des Fahrgastes überzeugt hatte.<br />
„Wohin wollen Sie?“, fragte der Fahrer. Wolf musste<br />
überlegen. Er wohnte in der Wohnung von Mitch, dem<br />
Musikmanager, dessen Identität er angenommen hatte.<br />
Aber wo war die noch mal? „Eschholzstraße, am Ende<br />
rechts ab, und dann ganz nach hinten“, sagte Wolf. „Ferdinand-Weiß-Straße“,<br />
sagte der Fahrer besserwisserisch.<br />
Während der kurzen Fahrt dachte Wolf darüber nach,<br />
was er von Andy und Herbie erfahren hatte, während er<br />
ihren Puls fühlte. Vor seinem geistigen Auge waren Bilder<br />
aufgetaucht, von denen er eines als das Abbild von Alois<br />
interpretierte. Dahinter, teilweise mit ihm vermischt,<br />
kam noch ein anderer Mann. Wolf interpretierte dieses<br />
stark verwischte Bild als das eines Mannes, den die<br />
beiden selbst nicht kannten. Als das Taxi hielt, zahlte er<br />
und stieg aus. Vielleicht sollte er die Sache überschlafen,<br />
dachte er, während der Lift ihn emportrug.<br />
Ein schreckliches Geräusch weckte ihn. Er hatte nur wenige<br />
Sekunden geschlafen! Verwirrt griff er nach dem<br />
quietschenden Handy. Es war Miriam. „Kannst du heute<br />
Abend mal in die Firma kommen? Mein Kollege hat etwas<br />
herausgefunden“, sagte sie. Sie war wie immer sehr<br />
28<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong>
vorsichtig am Telefon, deshalb brummte er nur ein Ja und<br />
legte auf.<br />
***<br />
Am Nachmittag rappelte sich Wolf auf und duschte. Er<br />
frühstückte nicht, sondern rief sein Alter Ego, den Musikmanager<br />
an. „Bist du bereit für ein paar Süße Stückle?“,<br />
fragte er. „Jetzt gleich?“, dann fuhr er nach Bad Krozingen.<br />
An der Rezeption der Schwarzwaldklinik fragte er<br />
nach Herrn Hammer. „Vorname?“, fragte die Frau, die<br />
kaum von ihrem Handy aufsah. „Wolfgang“, antwortete<br />
Wolf. „Privatpatient. Ist umgezogen. Zimmer 401, ganz<br />
oben.“ Wolf drückte im Aufzug den obersten Knopf.<br />
Mitch hatte ihn schon erwartet. Wolf drückte ihm die Papiertüte<br />
mit den Süßen Stückle in die Hand und schaute<br />
sich um. Es roch nach Kaffee. Im Unterschied zu seinem<br />
letzten Besuch hatte sich Mitch in eine Suite umquartiert.<br />
Es war eine Penthouse-Wohnung mit einem schönen<br />
Ausblick auf das Markgräfler Land. Die Einrichtung<br />
war spartanisch, Mitch schien kaum Bedürfnisse zu<br />
haben.<br />
„Es genügt mir“, Mitch hatte seine Gedanken erraten.<br />
„Hauptsache, es ist leise.“ Der Musikmanager litt also immer<br />
noch an den Folgen eines Hörsturzes. Wolf erinnerte<br />
sich an das Konzert von Status Quo und an die schrecklich<br />
lauten Subwoofer. Er war froh gewesen, dass er an<br />
die Ohrstöpsel gedacht hatte. „Was machst du so, geht es<br />
dir schon besser?“, fragte Wolf. „Hauptsache, man lässt<br />
mich in Ruhe“, sagte Mitch. Es gab keine geräuscherzeugenden<br />
Gegenstände in dem großen Raum. Sie schwiegen<br />
beide.<br />
***<br />
Wolf Hammer ließ seine Augen schweifen. Dann fiel ihm<br />
etwas auf. Der große Bildschirm in Miriams Konferenzsaal<br />
war kein Fernseher, sondern die Projektion eines Beamers.<br />
Auf den Einzelbildern bewegten sich die IT-Schamaninnen,<br />
lautlos. Im Raum befanden sich nur Wolf<br />
und Miriam. Dann öffnete sich eine Tür und Ravi trat ein.<br />
Kaum hatte er sich vor einen Laptop gesetzt, schaltete<br />
Miriam ihn auf Vollbild. Zuerst bewegte Ravi nur die Lippen,<br />
bis sein Ton zugeschaltet war.<br />
Er hielt ein Handy hoch. „Ich habe größere Probleme etwas<br />
zu erklären, während ich die Tätigkeit gerade ausführe.<br />
Hier in der Nachbesprechung kann ich das leichter.“<br />
Wolf duckte sich, er mochte es nicht, wenn eine Kamera<br />
auf ihn gerichtet war. Aber er kam noch nicht aufs Bild.<br />
Ravi schwenkte das Handy. „Wolf hat uns zwei Handys<br />
gegeben, kurzzeitig, und ich bekam physischen Zugriff.“<br />
Er machte eine ungeduldige Geste. Miriam schaltete den<br />
Bildschirm seines Laptops auf Vollbild.<br />
„Zusammen mit den Handydaten und den Funkmasten<br />
in Littenweiler, bei der ‚Kirche‘ von Alois, ergab sich für<br />
den Beobachtungszeitraum folgendes Bild.“ Eine Tabelle<br />
mit drei Spalten und vier Zeilen erschien. Alois hatte 16<br />
Anrufe an die beiden getätigt, aber Herbie und Andy hatten<br />
18 Anrufe von ihm empfangen. Es fehlten also zwei<br />
Anrufe.<br />
„Die fehlenden Anrufe erschienen bei den beiden Handys<br />
als von Alois kommend, aber bei Alois gingen sie laut<br />
Funkmast nicht ab. Jemand hat Alois Nummer verwendet<br />
oder sein Handy gehackt.“ Ravi erschien wieder im Bild.<br />
„Kurz noch, wie wir die beiden in den Japanischen Garten<br />
gelockt haben.“ Er hielt wieder das Handy hoch.<br />
„Ich spreche jetzt mal mit einem Teilnehmer, mal sehen,<br />
was ihr darüber denkt.“ Das Handy quäkte. ‚Hey, ihr<br />
beiden solltet mal herhören. Plan für heute geändert.<br />
Holt die Koffer um 23.15 im Japanischen Garten ab. Das<br />
ist beim Seepark, solltet ihr finden‘. Ravi ließ das Handy<br />
sinken und sprach weiter. „Ich habe eine Software benutzt,<br />
bei der Alois‘ Stimme über meine gelegt wird. Weil<br />
das in Echtzeit abging, war ein Risiko dabei. Man kann<br />
nämlich nicht vorhersagen, was die Algorithmen machen<br />
werden.“<br />
Miriam schaltete sich ein. „Wir hatten Erfolg. Konntest<br />
du eine Stimm-Analyse der beiden Anrufe machen?“<br />
Ravi zuckte die Schultern. „Wie bei Fingerabdrücken oder<br />
DNA. Du musst erst den passenden Besitzer ausfindig<br />
machen.“ Wieder waren alle Konferenzteilnehmer auf<br />
ihren kleineren Fenstern sichtbar. Wolf schaltete sich aus.<br />
Er hatte das Gefühl, dass bei den IT-Schamaninnen und<br />
auch bei Ravi keinerlei Bewusstsein darüber herrschte, ob<br />
es unethisch oder gar gesetzwidrig war, was sie da taten.<br />
Dachten sie, dass ‚Die Schwere des Verdachts‘ ihr Vorgehen<br />
rechtfertigte?<br />
- Fortsetzung folgt -<br />
NEU!<br />
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Wolf-Hammer-Krimi<br />
als Audiobook<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong> 29
WIR WERDEN DIE NUSS SCHON KNACKEN!<br />
WORTSPIELRÄTSEL<br />
von Carina<br />
Fett umrandete Kästchen stellen den jeweiligen Lösungsbuchstaben des endgültigen<br />
Lösungswortes dar und zwar von oben nach unten gelesen. Sind pro Einzellösung mehrere<br />
Kästchen fett umrandet, sind diese Buchstaben identisch! Alles klar? Na dann viel Spaß!<br />
Zur Beachtung: Ä/Ö/Ü = AE/OE/UE und ß = SS<br />
Salve, liebe Kopfzerbrecher!<br />
Was für uns eine alltägliche Selbstverständlichkeit ist, stellt ein anatomisches Gesamtkunstwerk<br />
von äußerster Komplexität dar. Sämtliche Funktionen, die zuverlässig unseren<br />
Alltag bestimmen, meist ohne dass wir darüber nachdenken, sind ein einziges Wunder.<br />
Ähnlich wie alle Zahnrädchen und Bauteile einer Maschine entsteht ein Zusammenspiel in<br />
unserem Innersten, dessen Abläufe exakt aufeinander abgestimmt sind, um uns im besten<br />
Fall ein Leben lang das zu ermöglichen, das unser Dasein ausmacht. Dieses Mal geht es um<br />
den Menschlichen Körper - Viel Spaß!<br />
1. Sitzgelegenheit für Saatgut<br />
2. Tragebehälter für den Busen<br />
3. Himmelskörper mit Sehorganen<br />
4. Strudel mit christlichem Symbol<br />
5. Erbträger-Ausscheidungsorgan<br />
6. Veraltete Gebeins-Währung<br />
7. Ein Gewebe für einen Überbringer<br />
8. Hühnerprodukte-Knüppel<br />
9. Kleines Putztuch für ein Sinnesorgan<br />
10. Sturz eines Beinteils<br />
Lösungswort:<br />
Zu gewinnen für das korrekte Lösungswort:<br />
1.- 3. Preis je ein Gutschein unserer Wahl<br />
UND:<br />
Im Dezember <strong>2023</strong> wird von ALLEN korrekten<br />
Einsendungen ein zusätzlicher Gewinner gezogen,<br />
der eine besondere Überraschung erhält!<br />
Einsendeschluss<br />
ist der 26. April <strong>2023</strong><br />
(es gilt das Datum des Poststempels bzw. der E-Mail)<br />
E-Mails NUR mit Adressen-Angabe. Unsere Postanschrift finden Sie<br />
im Impressum auf Seite 31. Teilnahmeberechtigt sind alle, außer die<br />
Mitglieder des Redaktionsteams. Wenn es mehr richtige Einsendungen als<br />
Gewinne gibt, entscheidet das Los. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Lösungswort der letzten Ausgabe: AUGENWEIDE<br />
bestehend aus den folgenden Einzellösungen:<br />
1. LAUBFROSCH 2. BLUETENMEER<br />
3. BLATTGOLD 4. STAMMZELLE 5. LOEWENZAHN<br />
6. SCHWERTLILIE 7. TAUBNESSEL<br />
8. FINGERHUT 9. HEIDEKRAUT 10. ZITTERPAPPEL<br />
Gewonnen haben (aus 59 korrekten Einsendungen):<br />
L. Feist, Kirchzarten<br />
P. Grewe, Freiburg<br />
C. Wolf, Auggen<br />
HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH !<br />
Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt.<br />
30<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong>
ÜBER UNS<br />
Seit Jahren geht in unserer Gesellschaft die Schere zwischen<br />
Arm und Reich weiter auseinander. Besonders durch die<br />
Agenda 2010 und die damit verbundenen Hartz IV-Gesetze<br />
wurden Sozialleistungen abgesenkt. Die Lebenshaltungskosten<br />
steigen jedoch von Jahr zu Jahr. Viele Menschen kommen<br />
mit den Sozialleistungen nicht mehr aus oder fallen schon<br />
längst durch das ziemlich löchrig gewordene soziale Netz.<br />
Und heute kann jeder von Arbeitslosigkeit bedroht sein.<br />
Vereine und private Initiativen versuchen die Not, in welche<br />
immer mehr Menschen kommen, zu lindern und die Lücken<br />
im System zu schließen. Es gibt unterschiedliche nichtstaatliche<br />
Einrichtungen wie z. B. die Tafeln, welche sich um diese<br />
ständig wachsende Bevölkerungsgruppe kümmern. Oder<br />
eben die Straßenzeitungen wie der FREIeBÜRGER.<br />
In unserer Straßenzeitung möchten wir Themen aufgreifen,<br />
welche in den meisten Presseerzeugnissen oft zu kurz oder<br />
gar nicht auftauchen. Wir wollen mit dem Finger auf Missstände<br />
zeigen, interessante Initiativen vorstellen und kritisch<br />
die Entwicklung unserer Stadt begleiten. Wir schauen aus<br />
einer Perspektive von unten auf Sachverhalte und Probleme<br />
und kommen so zu ungewöhnlichen Einblicken und<br />
Ansichten. Damit tragen wir auch zur Vielfalt in der lokalen<br />
Presselandschaft bei.<br />
Gegründet wurde der Verein im Jahr 1998 von ehemaligen<br />
Wohnungslosen und deren Umfeld, deshalb kennen die<br />
MitarbeiterInnen die Probleme und Schwierigkeiten der<br />
VerkäuferInnen aus erster Hand. Ziel des Vereins ist es, dass<br />
Menschen durch den Verkauf der Straßenzeitung sich etwas<br />
hinzuverdienen können, sie durch den Verkauf ihren Tag<br />
strukturieren und beim Verkaufen neue Kontakte finden<br />
können. Wir sind eine klassische Straßenzeitung und geben<br />
unseren VerkäuferInnen die Möglichkeit, ihre knappen finanziellen<br />
Mittel durch den Verkauf unserer Straßenzeitung<br />
aufzubessern. 1 € (Verkaufspreis 2,10 €) pro Ausgabe und das<br />
Trinkgeld dürfen unsere VerkäuferInnen behalten.<br />
Es freut uns zum Beispiel sehr, dass sich einige wohnungslose<br />
Menschen über den Verkauf der Straßenzeitung eine neue<br />
Existenz aufbauen konnten. Heute haben diese Menschen<br />
einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz und eine<br />
Wohnung. Der FREIeBÜRGER unterstützt also Menschen<br />
in sozialen Notlagen. Zu unseren VerkäuferInnen gehören<br />
(ehemalige) Obdachlose, Arbeitslose, GeringverdienerInnen,<br />
RentnerInnen mit kleiner Rente, Menschen mit gesundheitlichen<br />
Problemen, BürgerInnen mit Handicap u. a. Unser Team<br />
besteht derzeit aus fünf MitarbeiterInnen. Die Entlohnung<br />
unserer MitarbeiterInnen ist äußerst knapp bemessen und<br />
unterscheidet sich aufgrund der geleisteten Arbeitszeit und<br />
Tätigkeit. Dazu kommt die Unterstützung durch ehrenamtliche<br />
HelferInnen. Leider können wir durch unsere Einnahmen<br />
die Kosten für unseren Verein, die Straßenzeitung und Löhne<br />
unserer MitarbeiterInnen nicht stemmen. Daher sind wir<br />
auch in Zukunft auf Unterstützung angewiesen.<br />
SIE KÖNNEN UNS UNTERSTÜTZEN:<br />
• durch den Kauf einer Straßenzeitung oder<br />
die Schaltung einer Werbeanzeige<br />
• durch eine Spende oder eine Fördermitgliedschaft<br />
• durch (langfristige) Förderung eines Arbeitsplatzes<br />
• durch Schreiben eines Artikels<br />
• indem Sie die Werbetrommel für unser<br />
Sozialprojekt rühren<br />
Helfen Sie mit, unser Sozialprojekt zu erhalten und weiter<br />
auszubauen. Helfen Sie uns, damit wir auch in Zukunft<br />
anderen Menschen helfen können.<br />
Impressum<br />
Herausgeber: DER FREIeBÜRGER e. V.<br />
V.i.S.d.P: Oliver Matthes<br />
Chefredakteur: Uli Herrmann († 08.03.2013)<br />
Titelbild: Kenny Eliason<br />
Layout: Ekkehard Peters<br />
An dieser Ausgabe haben mitgearbeitet:<br />
Carsten, Carina, Conny, Ekki, H. M. Schemske,<br />
Karsten, Oliver, Recht auf Stadt, Rose Blue, utasch<br />
und Gastschreiber<br />
Druck: Freiburger Druck GmbH & Co. KG<br />
Auflage: 5.000 | Erscheinung: monatlich<br />
Vereinsregister: Amtsgericht Freiburg | VR 3146<br />
Kontakt:<br />
DER FREIeBÜRGER e. V.<br />
Engelbergerstraße 3<br />
79106 Freiburg<br />
Tel.: 0761 / 319 65 25<br />
E-Mail: info@frei-e-buerger.de<br />
Website: www.frei-e-buerger.de<br />
Öffnungszeiten: Mo. - Fr. 12 - 16 Uhr<br />
Mitglied im Internationalen Netzwerk<br />
der Straßenzeitungen<br />
Der Nachdruck von Text und Bild (auch nur in Auszügen) sowie<br />
die Veröffentlichung im Internet sind nur nach Rücksprache<br />
und mit der Genehmigung der Redaktion erlaubt. Namentlich<br />
gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung<br />
der Redaktion wieder.<br />
Die nächste Ausgabe des FREIeBÜRGER erscheint am:<br />
28.04.<strong>2023</strong><br />
1. und 2. Mittwoch im Monat um 14 Uhr:<br />
Öffentliche Redaktionssitzung<br />
FREIeBÜRGER 04 | <strong>2023</strong> 31
Ohne Streik wird sich nichts verändern<br />
In Freiburg beteiligten sich am 23. März 3.000<br />
Menschen am Warnstreiktag im öffentlichen<br />
Dienst. 10,5 % mehr Lohn klingt viel, ist aber<br />
angesichts der Preissteigerungen bei Lebensmitteln<br />
und Energie nicht mehr als ein Ausgleich.<br />
Auch wenn zu befürchten ist, dass die<br />
Gewerkschaftsfunktionäre kurz nach rhetorischer<br />
Eskalation, in der mit unbefristetem<br />
Streik gedroht wird, ein Ergebnis weit unter den<br />
Forderungen als großen Erfolg verkaufen,<br />
werden die Tarifauseinandersetzungen und<br />
Warnstreiks nicht nur im öffentlichen Dienst<br />
uns auch im April noch beschäftigen. Wir<br />
werden<br />
rdl.de/tag/klimakatastrophe<br />
Nach den völlig unverhältnismäßigen Durchsuchungen<br />
gegen uns haben wir mittlerweile<br />
die Begründungen für unsere Beschwerden<br />
dagegen am Landgericht Karlsruhe eingereicht.<br />
Die grundsätzliche Bedeutung des Falls für die<br />
Pressefreiheit wird auch dadurch deutlich, dass<br />
die renommierte Bürgerrechtsorganisation Gesellschaft<br />
für Freiheitsrechte uns unterstützt.<br />
Der gravierende Eingriff in die Presse- und<br />
Rundfunkfreiheit muss in den baden-württembergischen<br />
Behörden personelle und strukturelle<br />
Konsequenzen haben!<br />
Auf rdl.de/Hausdurchsuchungen informieren<br />
wir über den Fortgang.<br />
werden reden von Kundgebungen und<br />
hoffentlich auch Stimmen von den Beschäftigten<br />
einfangen und haben keine Angst vor einer<br />
"Lahmlegung des Landes". rdl.de/tag/streik<br />
Im April steht die Anpassung an die Folgen des<br />
Klimawandels auf der Tagesordnung des Gemeinderats.<br />
Baumfällungen, der Wegfall von Grünflächen,<br />
die Versiegelung von Plätzen und auch der<br />
Bau von Eigenheimen und Eigentumswohnungen,<br />
in denen wenige Menschen viel Fläche verbrauchen,<br />
sind sicher nicht die adäquate Taktik. Dagegen<br />
wäre es durchaus an der Zeit, sich in Freiburg,<br />
als Stadt, die in Deutschland am zweitstärksten<br />
von Starkregenspringfluten gefährdet ist,<br />
gut mit dem Hochwasserschutz auseinanderzusetzen.<br />
Wir werden einen kritischen Blick auf die<br />
umgesetzten und unterbleibenden Maßnahmen<br />
werfen und Personen aus der Klima- und Ökologiebewegung<br />
zu Wort kommen lassen.<br />
Jeden 1. Mittwoch des<br />
Monats: 12-13 Uhr<br />
im Mittagsmagazin<br />
'Punkt 12'<br />
Hört, Macht, Unterstützt Radio Dreyeckland: 102,3 Mhz - Stream: rdl.de/live - 0761/31028