CSR_2024_WEB
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DISKUSSION<br />
„Wir haben 200<br />
Jahre geschult,<br />
den Eigennutzen<br />
zu maximieren.“<br />
MATHIAS SCHÜZ<br />
„Nicht Shareholder<br />
Value, sondern<br />
Stakeholder Values.“<br />
DAVID RISI<br />
RISI: Der ordnungspolitische Rahmen hat sich in den letzten<br />
Jahren geändert, und der Druck seitens des Regulators<br />
auf die Unternehmen ist gestiegen. Dies manifestiert<br />
sich in den ESG-Kriterien. Unternehmen haben bereits<br />
Abteilungen dafür, und es gibt einen starken Fokus auf<br />
Compliance, also die Einhaltung von Regeln.<br />
Unternehmen sehen Nachhaltigkeit aber nicht nur als<br />
Verpflichtung, sondern auch als Chance, und da kommt<br />
Corporate Social Responsibility (<strong>CSR</strong>) ins Spiel, indem<br />
aktiv Themen angegangen und nicht nur Risiken minimiert<br />
und Regeln befolgt werden.<br />
Unternehmen können <strong>CSR</strong> mit ESG kombinieren,<br />
beispielsweise auch durch die Einbeziehung von<br />
Lieferanten und die Zusammenarbeit mit dem Staat als<br />
wichtigen Stakeholder, um ordnungspolitische Rahmenbedingungen<br />
zu schaffen.<br />
SCHMIDPETER: Erlebt der Stakeholder-Ansatz damit eine<br />
Wiederbelebung? Ist das ein neuer Trend in der Wissenschaft?<br />
RISI: Der Stakeholder-Ansatz ist Mainstream in der Kommunikation<br />
von Unternehmen, da ist der Shareholder<br />
Value out. Und trotzdem sind Unternehmen weiterhin<br />
am Shareholder Value Profit orientiert.<br />
Die Unternehmen sprechen immer vom Business Case,<br />
wenn es um Nachhaltigkeit geht. Aber in der Praxis,<br />
und das zeigen etliche Untersuchungen, dominiert der<br />
Trade-off und nicht der Business Case.<br />
Das Primat des Shareholder Value-orientierten Profitstrebens<br />
schafft keine nachhaltige Transformation.<br />
Wir brauchen einen Paradigmenwechsel. Die Grundverantwortung<br />
gegenüber Mitarbeitern, Zulieferern usw. ist<br />
einzuhalten, das Primat der Stakeholder Values.<br />
SCHMIDPETER: Bei ESG kommt Ökonomie ja gar nicht<br />
mehr vor. Es sind E für Umwelt, S für Sozial und G für<br />
Governance. Bei <strong>CSR</strong> war es ja noch die Triple Bottom<br />
Line. Wie kann man erklären, dass gerade die Finanzexperten<br />
bei ESG die Ökonomie gar nicht mehr in der<br />
Abkürzung integriert haben?<br />
SCHÜZ: Die Triple Bottom Line wurde von Elkington<br />
definiert, aber schon in den 1980er-Jahren von Wissenschaftlern<br />
proklamiert. Dass ESG nun als Richtschnur<br />
genommen wird, ist tatsächlich merkwürdig, so als ob<br />
die Ökonomie nicht mehr zählt.<br />
Das Problem besteht schon im Ansatz. Wenn man in die<br />
Ökologie oder ins Soziale investiert, geht das auf Kosten<br />
des Ökonomischen und umgekehrt. Dies ist jedoch ein<br />
Scheinargument, denn solange man nur diesen Trade-off<br />
sieht, wird immer irgendwo ‚geräubert‘. Nachhaltiger<br />
Gewinn entsteht schlussendlich hingegen nur dann,<br />
wenn faire Tauschverhältnisse entlang aller drei Dimensionen<br />
geschaffen werden.<br />
SCHLINDWEIN: Ökonomie kommt in der ESG-Diskussion<br />
schon vor, und zwar als Prinzip der doppelten Materialität.<br />
Man betrachtet ja, wie Externalitäten – also<br />
z.B. das Klima – auf meine Bottom-Line und meinen<br />
Ertrag wirken und umgekehrt, welche Auswirkungen<br />
meine Wirtschaftsaktivitäten auf das Klima bzw. auf die<br />
Biodiversität haben.<br />
Zum Profitstreben: Ich würde schon die kritische Frage<br />
stellen, was denn der Purpose eines Unternehmen ist,<br />
wenn es nicht doch irgendwo die Orientierung am Profit<br />
gäbe. Ich würde eher den ewigen Wachstumsgedanken<br />
hinterfragen, dieses Maximieren von Wachstumsraten.<br />
Aber Profit an sich ist für mich nichts Schlechtes.<br />
SCHMIDPETER: Wir leben in einer Zeit voller Krisen, und da<br />
ändern sich immer auch die Materialitäten, die globalen<br />
Prioritäten. Ukraine und Nahost haben die Welt verändert,<br />
haben auch die Lieferketten verändert, die weltweit<br />
nach wie vor nur zum Teil funktionieren. Kann man<br />
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