CSR_2024_WEB
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DISKUSSION<br />
Im Gespräch<br />
beim<br />
<strong>CSR</strong>-Tag von<br />
respACT (v.l.): Brigitte<br />
Bichler (OMV),<br />
Michael Fembek<br />
(<strong>CSR</strong> Guide), Marina<br />
Luggauer (KPMG).<br />
Versetzen wir uns in ein österreichisches,<br />
mittelständisches Unternehmen, das sich erstmals<br />
mit dem Thema Treibhausgasemissionen<br />
beschäftigen möchte oder muss. Was würden<br />
Sie für den Einstieg raten?<br />
BRIGITTE BICHLER: Als ersten Schritt würde ich empfehlen,<br />
mich an dem sogenannten Scope-Konzept zu orientieren<br />
und mit meinen direkten Emissionen zu beginnen, die aus<br />
der operativen Tätigkeit des Unternehmens entstehen, also<br />
den Scope-1-Emissionen. Wenn ich ein produzierendes<br />
Unternehmen bin, habe ich jedenfalls Energieverbräuche.<br />
Handelt es sich dabei um fossile Brennstoffe, entstehen<br />
daraus Scope-1-Emissionen. Habe ich einen Fuhrpark, kann<br />
auch das eine Quelle für direkte CO 2<br />
-Emissionen sein.<br />
Wie ist es mit der Reisetätigkeit meiner<br />
Mitarbeiter? Sind Flugreisen ebenfalls<br />
Scope-1-Emissionen?<br />
BICHLER: Emissionen aus Geschäftsreisen sind keine<br />
direkten Emissionen, sondern Emissionen, die meiner<br />
Wertschöpfungskette, der Value Chain, und damit der<br />
Scope-3-Welt zuzurechnen sind. Der eigene Fuhrpark<br />
hingegen, das sind direkte Emissionen, also Scope-1.<br />
Scope-1 sind immer Emissionen aus meiner direkten<br />
betrieblichen Tätigkeit und entstehen überwiegend aus<br />
der Verbrennung von fossilen Brennstoffen in meinem<br />
Fuhrpark oder meinen Anlagen.<br />
Was ist mit dem Strom, den ich in der<br />
Produktion nutze?<br />
BICHLER: Der verbrauchte Strom ist eine indirekte<br />
Emission, gehört also zu den Scope-2-Emissionen. Da es<br />
in der Regel immer einen Stromverbrauch gibt, würde<br />
ich raten, die indirekten Scope-2-Emissionen aus dem<br />
Zukauf von Strom oder auch Wärme von Anfang an<br />
mitzunehmen.<br />
MARINA LUGGAUER: Ich würde dasselbe raten, aber noch<br />
einen Punkt ergänzen, den viele Unternehmen gerne<br />
übersehen, nämlich die Frage: Gibt es Tochtergesellschaften<br />
oder bin ich vielleicht selbst Teil eines<br />
Konzerns? Wichtig ist, dass man bei der THG-Inventur<br />
(vor allem für Scope-1 und -2) den Gleichklang mit der<br />
Finanzberichterstattung findet und darauf achtet, wer ist<br />
in meinem Konsolidierungskreis und wer nicht.<br />
Wen binde ich als mit der THG-Inventur beauftragte<br />
Person in dieser ersten „Findungsphase“<br />
alles ein?<br />
BICHLER: Wenn ich nicht aus dem operativen Bereich bin<br />
und die Abläufe zu wenig kenne, würde ich jedenfalls<br />
den Kontakt mit den Produktionsleuten suchen. Denn<br />
da kann beispielsweise rauskommen, dass ich vielleicht<br />
gar keinen fossilen Brennstoff verbrenne, weil ich nur<br />
Strom zukaufe. Dann hätte ich hier Scope-2-Emissionen.<br />
Oder es gibt ein Aggregat, das zwar nur ein paar Wochen<br />
im Jahr in Betrieb ist, trotzdem habe ich daraus einen<br />
Dieselverbrauch und damit Scope-1-Emissionen.<br />
LUGGAUER: Sprechen Sie auch mit dem Facility Management,<br />
denn das sind die Personen im Unternehmen, die<br />
genau wissen, wo kommt z.B. das Gas rein, wo ist es abzulesen<br />
und so weiter. Manchmal scheitert es an banalen<br />
Dingen, denen man sich zuerst nicht bewusst ist. Daher<br />
ist es ratsam, zu Beginn mit dem operativen Bereich und<br />
auch mit dem Facility Management zu sprechen.<br />
Gehen wir davon aus, die Emissionsquellen<br />
sind erfasst. Wie misst man nun das CO 2<br />
, das<br />
dort verursacht wird?<br />
BICHLER: Das Grundprinzip der Emissionsberechnung ist<br />
immer Aktivität mal Emissionsfaktor. Die Aktivität ist<br />
die von mir verbrauchte Menge an fossilem Brennstoff<br />
oder die zugekaufte Menge Strom. Der Emissionsfaktor<br />
sind die Gramm CO 2<br />
pro jeweilige Energieeinheit oder<br />
pro Kilowattstunde dieser Energiequelle. Für die Scope-<br />
2-Emissionen finde ich, im Idealfall, diesen Emissionsfaktor<br />
auf der Rechnung meines Energielieferanten.<br />
Wenn nicht, gibt es sehr viel Literatur dazu und auch<br />
Online-Tools, die diese Werte bereits integriert haben.<br />
LUGGAUER: Wo es schwieriger wird, ist bei der Fernwärme<br />
– erstens, weil die Anbieter üblicherweise keinen Emissionsfaktor<br />
ausweisen, zweitens, weil ich die Rechnung<br />
in der Regel verzögert bekomme. Das heißt, es muss<br />
mit einer Schätzung oder mit einem Forecast gearbeitet<br />
werden. Die Regularien lassen das auch zu, aber es muss<br />
gut dokumentiert sein, wie man vorgegangen ist.<br />
Als KPMG prüfen Sie ja solche Dinge. Was<br />
prüfen Sie da genau?<br />
LUGGAUER: Wir prüfen, welche Methoden und welche<br />
Datenquellen verwendet wurden. Dabei achten wir<br />
vor allem darauf, dass mit tatsächlich aktuellen Zahlen<br />
gerechnet wurde. Was wir vermehrt feststellen, ist,<br />
dass Unternehmen mit Tools arbeiten, bei denen nicht<br />
klar ist, welche Emissionsfaktoren den Berechnungen<br />
zugrunde liegen. Und oft ist der Anbieter dieses Tools<br />
nicht greifbar oder gibt die Daten nicht raus. Daher ist<br />
es wichtig, wenn man sich für ein automatisches Tool<br />
entscheidet, dass die Daten und Berechnungsmethoden<br />
offengelegt werden.<br />
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