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Leitfaden für die erste Treibhausgas-Inventur Wie KMU die ersten Schritte tun sollten, um ihre Treibhausgase zu dokumentieren, erläutern Brigitte Bichler, Leiterin der Nachhaltigkeitsabteilung der OMV AG, und Marina Luggauer, Managerin und Expertin für Nachhaltigkeit und ESG bei KPMG Austria, im Gespräch mit CSR Guide-Herausgeber Michael Fembek. Foto: respACT 122 SERVICE
DISKUSSION Im Gespräch beim CSR-Tag von respACT (v.l.): Brigitte Bichler (OMV), Michael Fembek (CSR Guide), Marina Luggauer (KPMG). Versetzen wir uns in ein österreichisches, mittelständisches Unternehmen, das sich erstmals mit dem Thema Treibhausgasemissionen beschäftigen möchte oder muss. Was würden Sie für den Einstieg raten? BRIGITTE BICHLER: Als ersten Schritt würde ich empfehlen, mich an dem sogenannten Scope-Konzept zu orientieren und mit meinen direkten Emissionen zu beginnen, die aus der operativen Tätigkeit des Unternehmens entstehen, also den Scope-1-Emissionen. Wenn ich ein produzierendes Unternehmen bin, habe ich jedenfalls Energieverbräuche. Handelt es sich dabei um fossile Brennstoffe, entstehen daraus Scope-1-Emissionen. Habe ich einen Fuhrpark, kann auch das eine Quelle für direkte CO 2 -Emissionen sein. Wie ist es mit der Reisetätigkeit meiner Mitarbeiter? Sind Flugreisen ebenfalls Scope-1-Emissionen? BICHLER: Emissionen aus Geschäftsreisen sind keine direkten Emissionen, sondern Emissionen, die meiner Wertschöpfungskette, der Value Chain, und damit der Scope-3-Welt zuzurechnen sind. Der eigene Fuhrpark hingegen, das sind direkte Emissionen, also Scope-1. Scope-1 sind immer Emissionen aus meiner direkten betrieblichen Tätigkeit und entstehen überwiegend aus der Verbrennung von fossilen Brennstoffen in meinem Fuhrpark oder meinen Anlagen. Was ist mit dem Strom, den ich in der Produktion nutze? BICHLER: Der verbrauchte Strom ist eine indirekte Emission, gehört also zu den Scope-2-Emissionen. Da es in der Regel immer einen Stromverbrauch gibt, würde ich raten, die indirekten Scope-2-Emissionen aus dem Zukauf von Strom oder auch Wärme von Anfang an mitzunehmen. MARINA LUGGAUER: Ich würde dasselbe raten, aber noch einen Punkt ergänzen, den viele Unternehmen gerne übersehen, nämlich die Frage: Gibt es Tochtergesellschaften oder bin ich vielleicht selbst Teil eines Konzerns? Wichtig ist, dass man bei der THG-Inventur (vor allem für Scope-1 und -2) den Gleichklang mit der Finanzberichterstattung findet und darauf achtet, wer ist in meinem Konsolidierungskreis und wer nicht. Wen binde ich als mit der THG-Inventur beauftragte Person in dieser ersten „Findungsphase“ alles ein? BICHLER: Wenn ich nicht aus dem operativen Bereich bin und die Abläufe zu wenig kenne, würde ich jedenfalls den Kontakt mit den Produktionsleuten suchen. Denn da kann beispielsweise rauskommen, dass ich vielleicht gar keinen fossilen Brennstoff verbrenne, weil ich nur Strom zukaufe. Dann hätte ich hier Scope-2-Emissionen. Oder es gibt ein Aggregat, das zwar nur ein paar Wochen im Jahr in Betrieb ist, trotzdem habe ich daraus einen Dieselverbrauch und damit Scope-1-Emissionen. LUGGAUER: Sprechen Sie auch mit dem Facility Management, denn das sind die Personen im Unternehmen, die genau wissen, wo kommt z.B. das Gas rein, wo ist es abzulesen und so weiter. Manchmal scheitert es an banalen Dingen, denen man sich zuerst nicht bewusst ist. Daher ist es ratsam, zu Beginn mit dem operativen Bereich und auch mit dem Facility Management zu sprechen. Gehen wir davon aus, die Emissionsquellen sind erfasst. Wie misst man nun das CO 2 , das dort verursacht wird? BICHLER: Das Grundprinzip der Emissionsberechnung ist immer Aktivität mal Emissionsfaktor. Die Aktivität ist die von mir verbrauchte Menge an fossilem Brennstoff oder die zugekaufte Menge Strom. Der Emissionsfaktor sind die Gramm CO 2 pro jeweilige Energieeinheit oder pro Kilowattstunde dieser Energiequelle. Für die Scope- 2-Emissionen finde ich, im Idealfall, diesen Emissionsfaktor auf der Rechnung meines Energielieferanten. Wenn nicht, gibt es sehr viel Literatur dazu und auch Online-Tools, die diese Werte bereits integriert haben. LUGGAUER: Wo es schwieriger wird, ist bei der Fernwärme – erstens, weil die Anbieter üblicherweise keinen Emissionsfaktor ausweisen, zweitens, weil ich die Rechnung in der Regel verzögert bekomme. Das heißt, es muss mit einer Schätzung oder mit einem Forecast gearbeitet werden. Die Regularien lassen das auch zu, aber es muss gut dokumentiert sein, wie man vorgegangen ist. Als KPMG prüfen Sie ja solche Dinge. Was prüfen Sie da genau? LUGGAUER: Wir prüfen, welche Methoden und welche Datenquellen verwendet wurden. Dabei achten wir vor allem darauf, dass mit tatsächlich aktuellen Zahlen gerechnet wurde. Was wir vermehrt feststellen, ist, dass Unternehmen mit Tools arbeiten, bei denen nicht klar ist, welche Emissionsfaktoren den Berechnungen zugrunde liegen. Und oft ist der Anbieter dieses Tools nicht greifbar oder gibt die Daten nicht raus. Daher ist es wichtig, wenn man sich für ein automatisches Tool entscheidet, dass die Daten und Berechnungsmethoden offengelegt werden. 123
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