Pirouette No. 02/2024 Februar
Erstklassige Europameisterschaften in Litauen Ursprünglich sollte die EM 2024 in Budapest stattfinden, aber im Frühsommer 2023 gab Ungarn die EM zurück. Drei andere Länder bewarben sich, von denen der ISU-Vorstand überraschend die zweitgrößte litauische Stadt Kaunas nominierte. Innerhalb von sechs Monaten veranstaltete das kleine Land mit nur 2,7 Millionen Einwohnern erstmals in seiner Geschichte einen großen Eiskunstlauf-Wettbewerb mit sehr guter Organisation, unterstützt auch von erfahrenen, oft freiwilligen Helfern aus anderen Ländern. Topthemen: · Europameisterschaften Weiteres aus dem Inhalt: · Interview: Dmitri Savin · Interview: Alexander Selevko · Interview: Nina Pinzarrone · Kanadische Meisterschaft · Eisshow: Music on Ice · US-Meisterschaften · Pro & Contra: Adam Siao Him Fa und der verbotene Salto · Deutsche Jugendmeisterschaften · Neues aus Russland: Sprungturnier in Moskau · Japan: Eishow Prince Ice World Broadway Classics · Eislaufgeschichte: Walter Hofer, Revue- und Trainerlegende · Neues aus aller Welt Titelbild: Die EM-Goldmedaille für Lucrezia Beccari & Matteo Guarise war etwas überraschend, denn sie waren im Laufe der Saison noch nicht das italienische Paar Nummer eins. In der Pressekonferenz sagten sie, das Training mit anderen Paaren, darunter Hocke & Kunkel, habe sie sehr motiviert und dass Guarise entschieden habe, dass sie zum Musical „Cats“ laufen sollen. Foto: Jochen Krauter Auch als Printversion erhältlich unter: www.pirouette-online.de/nr-2-februar-2024.html (Erscheinungstermin 8.2.2024)
Erstklassige Europameisterschaften in Litauen
Ursprünglich sollte die EM 2024 in Budapest stattfinden, aber im Frühsommer 2023 gab Ungarn die EM zurück. Drei andere Länder bewarben sich, von denen der ISU-Vorstand überraschend die zweitgrößte litauische Stadt Kaunas nominierte. Innerhalb von sechs Monaten veranstaltete das kleine Land mit nur 2,7 Millionen Einwohnern erstmals in seiner Geschichte einen großen Eiskunstlauf-Wettbewerb mit sehr guter Organisation, unterstützt auch von erfahrenen, oft freiwilligen Helfern aus anderen Ländern.
Topthemen:
· Europameisterschaften
Weiteres aus dem Inhalt:
· Interview: Dmitri Savin
· Interview: Alexander Selevko
· Interview: Nina Pinzarrone
· Kanadische Meisterschaft
· Eisshow: Music on Ice
· US-Meisterschaften
· Pro & Contra: Adam Siao Him Fa und der verbotene Salto
· Deutsche Jugendmeisterschaften
· Neues aus Russland: Sprungturnier in Moskau
· Japan: Eishow Prince Ice World Broadway Classics
· Eislaufgeschichte: Walter Hofer, Revue- und Trainerlegende
· Neues aus aller Welt
Titelbild:
Die EM-Goldmedaille für Lucrezia Beccari & Matteo Guarise war etwas überraschend, denn sie waren im Laufe der Saison noch nicht das italienische Paar Nummer eins. In der Pressekonferenz sagten sie, das Training mit anderen Paaren, darunter Hocke & Kunkel, habe sie sehr motiviert und dass Guarise entschieden habe, dass sie zum Musical „Cats“ laufen sollen.
Foto: Jochen Krauter
Auch als Printversion erhältlich unter: www.pirouette-online.de/nr-2-februar-2024.html (Erscheinungstermin 8.2.2024)
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7<br />
Erstklassige<br />
Europameisterschaften<br />
in Litauen<br />
Keine Medaille für die DEU – zweimal Gold für Italien<br />
Aus Kaunas berichtet Klaus-Reinhold Kany<br />
Europameisterschaften<br />
Foto: Höppner<br />
Ursprünglich sollte die EM 2<strong>02</strong>4 in Budapest<br />
stattfinden, aber im Frühsommer<br />
2<strong>02</strong>3 gab Ungarn die EM zurück. Der<br />
offizielle Grund war, dass die Energiekosten<br />
so hoch seien, dass der Verband sie<br />
nicht stemmen konnte. Aber in Wirklicheit<br />
gab es andere Gründe: Der Verband war<br />
sehr zerstritten über die Frage, ob man<br />
lieber eingekaufte Russen für Ungarn<br />
starten lassen wollte, die bessere Ergebnisse<br />
erreichen, oder lieber echte Ungarn,<br />
die weniger gut sind, aber den einheimischen<br />
Nachwuchs mehr motivieren. Der<br />
Streit eskalierte so stark, dass der Verband<br />
schließlich entschied, keine EM zu<br />
organisieren. Drei andere Länder bewarben<br />
sich, von denen der ISU-Vorstand<br />
überraschend die zweitgrößte litauische<br />
Stadt Kaunas (auf litauisch „Kounas“ ausgesprochen)<br />
nominierte.<br />
Innerhalb von sechs Monaten veranstaltete das<br />
kleine Land mit nur 2,7 Millionen Einwohnern<br />
erstmals in seiner Geschichte einen großen Eiskunstlauf-Wettbewerb<br />
mit sehr guter Organisation,<br />
unterstützt auch von erfahrenen, oft freiwilligen<br />
Helfern aus anderen Ländern. So kamen<br />
die Hallenansagerinnen aus Finnland, für<br />
die Akkreditierung war das bewährte Team um<br />
den Esten Margus Hernits zuständig, den Presseraum<br />
betreute Petra Hager aus München<br />
und für die Interviewzone war Rüdiger Lawall<br />
aus Rheinhessen zuständig. Deutschland<br />
braucht leider wegen der Bürokratie viele Jahre,<br />
um so einen Wettbewerb auf die Beine zu<br />
stellen. Übrigens tendiert die DEU richtigerweise<br />
jetzt eher zu einer WM als zu einer EM, auch<br />
weil man sich dann gleich für zwei Jahre (2<strong>02</strong>7<br />
und 2<strong>02</strong>8) bewerben kann.<br />
Die Veranstaltung fand in der vor etwa zehn<br />
Jahren gebauten Zalgirio Arena statt, die direkt<br />
am Ufer der Memel auf einer Insel liegt. In dieser<br />
Mehrzweckhalle wird hauptsächlich Basketball<br />
gespielt; noch eine Woche vor der EM war<br />
das deutsche Team Alba Berlin dort zu Gast.<br />
Für Konzerte mit kleiner Bühne hat sie 20.000<br />
Zuschauerplätze, beim Eiskunstlaufen sind es<br />
etwa 15.000. Am Samstagabend bei der Eistanzkür<br />
mit Medaillenchancen für das litauische<br />
Eistanzpaar und beim Schaulaufen (mit<br />
den Stargästen Papadakis & Cizeron) war die<br />
Halle ausverkauft und auch sonst gut besucht.<br />
Im September 2018 fand in derselben Halle<br />
einmal ein Junioren Grand Prix ohne Paarlaufen<br />
statt, bei dem ein Dutzend Läufer/innen<br />
teilnahmen, die auch diesmal dabei waren,<br />
zum Beispiel Asaf Kazimov, damals mit Lara<br />
Luft, Taschlerova/Taschler und die Einzelläufer<br />
Nikolaj Majorov (heute Eistänzer) und Lucrezia<br />
Beccari (heute Paarläuferin). Das Wetter war<br />
diesmal sehr winterlich und schwankte zwischen<br />
0 und -20 Grad. Eisige Sonnentage wechselten<br />
mit stürmischen Neuschnee-Tagen.<br />
Neu war, so stellte ISU-Event-Koordinator Wieland<br />
Lüders fest, dass niemand von den fast<br />
170 ursprünglich gemeldeten Läufer/innen absagte<br />
und evtl. durch Ersatzläufer/innen ersetzt<br />
wurde, sondern alle drei oder mehr Wochen<br />
zuvor Gemeldeten auch tatsächlich starteten.<br />
In allen vier Kategorien war das Niveau<br />
höher als im vergangenen<br />
Jahr.<br />
Zwei Deutsche<br />
waren in den vier<br />
Jurys: Angelika<br />
Ullm wertete das<br />
KP der Männer<br />
und Christian Baumann<br />
die Kür im<br />
Eistanzen. Zu Essen<br />
gab es für die<br />
Zuschauer nicht viel, auch kein Restaurant,<br />
weil ein Basketballspiel so kurz ist, dass man<br />
in Litauen vorher und nachher isst. Einziger<br />
Negativpunkt waren die beiden viel zu lauten<br />
Unterhaltungskünstler, die in jeder Eiserneuerungspause<br />
in ohrenbetäubender Lautstärke<br />
schrien und kleine Späßchen mit den Zuschauern<br />
machten. Dies geschah fast nur in litauisch,<br />
was das internationale Publikum natürlich<br />
nicht verstand, und vor allem so laut, dass<br />
es die Ohren schädigen konnte. Am zweiten<br />
Tag soll die ISU eine mäßigere Lautstärke gewünscht<br />
haben, aber nach zehn Minuten waren<br />
sie so laut wie zuvor. Da half für Menschen<br />
mit empfindlichen Hörorganen nur eines: Ohren<br />
zuhalten oder in die Wandelgänge der Halle<br />
gehen, was viele auch taten.<br />
In der Pause der Eistanzkür wurde es sehr politisch:<br />
Weil am 13. Januar 1991 die Befreiung<br />
Litauens von sowjetischer Herrschaft nach einem<br />
Putschversuch Russlands erkämpft wurde,<br />
ist dies ein wichtiger Gedenktag im Land.<br />
Daher wurde auch an diesem 13. Januar in<br />
der Eishalle gefeiert. Die Nationalhymne wurde<br />
von den Litauern inbrünstig gesungen, es<br />
gab eine Schweigeminute für die Opfer des<br />
damaligen Kampfes und schließlich wurde<br />
noch ein Freiheitslied angestimmt. Damit will<br />
das kleine Land zeigen, dass es keine neue<br />
Besetzung durch Russland oder andere Mächte<br />
akzeptiert.