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Dieses Verhalten entbehrt nicht einer gewissen Logik.<br />
Denn in der Theorie beliebte Aktienbewertungsmodelle wie<br />
das Gordon-Growth-Modell diskontieren die zukünftigen<br />
Gewinne von Aktiengesellschaften mit einer Risikoprämie<br />
und einem Zinssatz ab. Dadurch wird ihr aktueller Wert ermittelt.<br />
Steigen die Zinsen, sinkt der „faire“ Wert einer Aktie.<br />
Umgekehrt steigt der „faire“ Wert einer Aktie, wenn der Zinssatz<br />
sinkt. Voraussetzung: Andere Faktoren des Modells, wie<br />
zum Beispiel die Dividendenwachstumsrate, bleiben gleich.<br />
Im Jahr 2022 reagierten die Finanzmärkte lehrbuchmäßig:<br />
Die Renditen zehnjähriger deutscher Staatsanleihen waren<br />
Anfang des Jahres noch negativ, stiegen dann aber auf<br />
über 2,3 Prozent im Oktober 2022. Diese Entwicklung ließ<br />
auch den Dax nicht kalt – er verlor fast ein Viertel seines Wertes.<br />
Danach ließen es die Zinsen ruhiger angehen und das<br />
Börsenbarometer stabilisierte sich.<br />
Die Analyse. Wir wollten die Bedeutung des Zinses für den<br />
Aktienmarkt mathematisch erfassen. FOCUS MONEY berechnet<br />
deshalb den „fairen“ Wert des Dax. Dazu haben wir<br />
die statistische Methode der linearen Regressionsanalyse<br />
verwendet. Wir haben versucht herauszufinden, wie sich der<br />
Zusammenhang zwischen der abhängigen und der unabhängigen<br />
Variablen entwickelt. Die unabhängige Variable ist die<br />
Variable, von der angenommen wird, dass sie die abhängige<br />
Variable beeinflusst. Als unabhängige Variable diente der<br />
Bund-Future, als abhängige Variable der Dax. Dadurch wurde<br />
der Einfluss des Aktienbarometers auf den Zinssatz reduziert.<br />
Der Bund-Future ist ein Terminkontrakt auf deutsche<br />
Staatsanleihen. Er ist ein wichtiger Indikator für die Zinsentwicklung.<br />
Steigt er, sinken die Zinsen. Fällt er, steigen die Zinsen.<br />
Der Bund-Future zählt zu den liquidesten Finanzderivaten<br />
und wird sowohl zur Spekulation als auch zur<br />
Absicherung von Anleiheportfolios eingesetzt.<br />
Für unsere Analyse wählten wir die Wochenschlusskurse<br />
des Bund-Futures und des Dax seit Juni 2023. Der Terminkontrakt<br />
verlor anfangs kräftig, was nichts anderes bedeutet,<br />
als dass die Renditen kletterten. Im Oktober 2023 notierten<br />
sie fast bei drei Prozent. Der Dax verlor über 700 Punkte.<br />
Der Zusammenhang zwischen der abhängigen und der unabhängigen<br />
Variable ist eindeutig: Steigt der Future, steigt<br />
der Dax (siehe Grafik rechts Mitte). Der lineare Trend beschreibt<br />
den Trendverlauf zwischen Dax und Bund-Future.<br />
Die Gleichung lautet: y = 197,15x minus 10 141. Wichtig!<br />
Die Formel gilt nur für unseren Analysezeitraum.<br />
Notiert der Bund-Future bei 134 Punkten, beträgt der “faire”<br />
Wert des Dax 16 277,10 Punkte (197,15 mal 134 Punkte<br />
minus 10 141). Aktuell notiert der Index bei 16 555 Punkten.<br />
Damit wäre der Dax aus heutiger Sicht theoretisch um<br />
1,7 Prozent überbewertet. Das würde sich ändern, wenn der<br />
Bund-Future auf 130 Punkte fallen würde (steigende Zinsen!).<br />
Dann läge der “faire” Wert des Dax bei 15 488,50 Punkten<br />
(197,15 mal 130 Punkte minus 10 141) und wäre theoretisch<br />
um 6,9 Prozent zu teuer.<br />
Fazit. Anleger sollten die Möglichkeit steigender Zinsen<br />
nicht außer Acht lassen. Das Inflationsgespenst zeigt sich<br />
zeitweise lebendiger als von vielen Experten erwartet. Der<br />
Dax könnte dann Federn lassen.<br />
14<br />
10<br />
6<br />
Leicht überbewertet<br />
Sinkende Zinsen sind gut für Aktien, da risikobehaftete<br />
Wertpapiere wettbewerbsfähiger werden. Stark<br />
steigende Renditen bremsen den Dax. Das Streudiagramm<br />
zeigt, wie eng der Zusammenhang zwischen<br />
Bund-Future und Dax seit Ende Juni 2023 ist. Mit Hilfe<br />
einer Regressionsgeraden lässt sich ein „fairer“<br />
Wert für den Dax ermitteln. Derzeit ist der Index<br />
überbewertet. Sollten die Zinsen steigen, könnte<br />
dies zu Kursverlusten am Aktienmarkt führen. Wichtig!<br />
Die Gerade ist nur für das Analysefenster gültig<br />
Deutsche Aktien und Staatsanleihen<br />
Rendite zehnjähriger Staatsanleihen in Prozent<br />
Dax in Tsd. Punkten<br />
Zinsen fallen<br />
2<br />
Dax steigt<br />
–2<br />
2000 2005 2010 2015 2020 2025<br />
Quelle: Bloomberg<br />
Bund-Future-/Dax-Matrix<br />
Wochenwerte vom 26.6.2023 bis 15.1.2024<br />
126<br />
17<br />
16<br />
y = 197,15x – 10 141, R²= 0,8181<br />
Bund-Future (Endloskontrakt) in Punkten<br />
128 130 132 134 136 138<br />
Quelle: Bloomberg, eigene Berechnung<br />
Fairer Wert des Dax<br />
in Tsd. Punkten<br />
überbewertet<br />
unterbewertet<br />
Dax-Performance-Index<br />
Fairer Wert<br />
2023 2024<br />
JUL AUG SEP OKT NOV DEZ JAN<br />
Quelle: Bloomberg, eigene Berechnung<br />
15<br />
14<br />
4<br />
2<br />
0<br />
Dax in tsd. Punkten<br />
17,0<br />
16,5<br />
16,0<br />
15,5<br />
15,0<br />
14,5<br />
FOCUS MONEY 6/2024<br />
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