Flensburg Journal Ausgabe 257 - Februar 2024
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haben drei Viertel der Kommilitonen so<br />
gemacht“, erklärt Rasmus Andresen.<br />
Die dänische Metropole lockte mehr<br />
als das beschauliche Roskilde, das lediglich<br />
in den Tagen des bekannten<br />
Musik-Festivals zu einer Großstadt anwächst.<br />
„Nach 15 Jahren war ich in diesem<br />
Sommer mit einem Freund wieder<br />
da“, verrät Rasmus Andresen. „Es war<br />
wie ein Revival.“<br />
Der Weg in die Politik und<br />
nach Brüssel<br />
Nach dem abgeschlossenen Studium<br />
sah der persönliche Plan so: ein Jahr<br />
Berlin erleben und dann zurück nach<br />
Kopenhagen. „Die Koffer hatte ich<br />
schon gepackt“, schmunzelt der <strong>Flensburg</strong>er.<br />
„Ich bin dann aber in Schleswig-Holstein<br />
hängengeblieben.“ 2009<br />
stellten sich die Grünen zur Landtagswahl<br />
neu auf und verdoppelten ihr<br />
Wahlergebnis. Etwas überraschend<br />
schaffte Rasmus Andresen den Einzug<br />
in den schleswig-holsteinischen<br />
Landtag und war nun mit 23 Jahren der<br />
jüngste Abgeordnete in Kiel. Eine Zeit<br />
lang wohnte er in <strong>Flensburg</strong> und pendelte<br />
stets mit dem Zug. „Drei Stunden<br />
im ÖPNV machen auf Dauer keinen Sinn,<br />
wenn man morgens schon in Kiel sein<br />
und bis zum Abend bleiben muss“, erzählt<br />
Rasmus Andresen. „Ich zog dann<br />
in Kiel in eine WG.“<br />
2012 schaffte er den Wiedereinzug in<br />
den Kieler Landtag und fungierte als<br />
erster stellvertretender Vorsitzender<br />
der Grünen-Fraktion. Ab 2017 wurde<br />
er Vize-Präsident des Landtages. 2019<br />
war eigentlich erst Halbzeit in der<br />
Wahlperiode, doch die Ministerriege<br />
hatte sich geändert. Robert Habeck<br />
wechselte nach Berlin. Jan Philipp Albrecht<br />
wurde neuer Umweltminister<br />
in Schleswig-Holstein. Dieser war bis<br />
dahin der einzige Grünen-Abgeordnete<br />
aus dem Norden Deutschlands in<br />
Brüssel gewesen. Bei den Diskussionen<br />
um eine Neubesetzung rückte schnell<br />
Rasmus Andresen in den Fokus. Die Parameter<br />
grenzüberschreitende Politik,<br />
dänische Minderheit, parlamentarische<br />
Erfahrung und vorhandenes Netzwerk<br />
verhalfen dem <strong>Flensburg</strong>er auf die<br />
Liste. Die Nord-Grünen hatten damit<br />
weiterhin einen EU-Abgeordneten.<br />
Bezug zur <strong>Flensburg</strong>er<br />
Kommunalpolitik<br />
Rasmus Andresen wohnt am Wochenende<br />
in einer WG in seinem Heimatstadtteil<br />
Jürgensby. Dadurch hat er<br />
automisch stets die <strong>Flensburg</strong>er Kommunalpolitik<br />
im Blick. Als positiv für<br />
„klimarelevante Themen und soziale<br />
Fragen“ sieht er es, dass die Grünen<br />
und der SSW nun über eine Mehrheit<br />
in der Ratsversammlung verfügen. Gespannt<br />
ist er, wie das Rathaus das Bürgerbegehren<br />
„Fossilfreie Stadtwerke“<br />
bis 2035 umsetzen wird. Ein spannendes<br />
lokales Wirtschaftsunternehmen<br />
ist die Werft. In Brüssel geht es derzeit<br />
auch um einen emissionsfreien Schiffsverkehr<br />
– mit neuen Antrieben und<br />
Schiffstypen. „Die FSG könnte in diese<br />
Richtung aufgestellt werden“, meint<br />
Rasmus Andresen. „Allerdings müssten<br />
die Eigentümer der Werft verstärkt in<br />
Brüssel anklopfen und sich dort einen<br />
Namen machen.“<br />
Als lokales Handlungsfeld sieht er<br />
auch den diskutierten Fernbahnhof<br />
in Weiche und erwähnt einen stetigen<br />
Austausch mit Wirtschaftsminister<br />
Robert Habeck und dem SSW-Bundestagsabgeordneten<br />
Stefan Seidler. „Die<br />
<strong>Flensburg</strong>er Politik war in dieser Frage<br />
bislang eher zerstritten, nun zeigt sie<br />
einen gemeinsamen Weg auf“, beobachtet<br />
Rasmus Andresen. Das sei ein<br />
Signal an die Bahnen in Deutschland,<br />
Dänemark und Schweden, aber auch<br />
an die Politik in Berlin und Brüssel. Da<br />
es sich um einen internationalen Zugverkehr<br />
in einer Grenzregion handele,<br />
schließt der EU-Parlamentarier eine<br />
EU-Förderung nicht aus.<br />
Nach dem extremen Hochwasser-Ereignis<br />
Ende Oktober sprach Rasmus<br />
Andresen mit Menschen in <strong>Flensburg</strong><br />
und Arnis. Wegen möglicher Hilfsgelder<br />
aus Brüssel hakte er bei Ursula von der<br />
Leyen, der Präsidentin der EU-Kommission,<br />
nach. Er bekam eine unbefriedigende<br />
Nachricht, dass die Hilfstöpfe<br />
leer wären. In 2023 wären schon viele<br />
finanzielle Mittel wegen Waldbränden in<br />
Griechenland oder Stürmen in Skandinavien<br />
geflossen. Außerdem scheint der<br />
Küstenstreifen im deutsch-dänischen<br />
Grenzgebiet wohl auch nur – mit der<br />
Brille der EU-Kommission gesehen – ein<br />
kleiner Schadensfall gewesen zu sein.<br />
„Es ist bitter, dass nicht auch für kleinere<br />
Schadensereignisse unbürokratisch<br />
gezahlt wird“, findet Rasmus Andresen.<br />
Sein Terminkalender ist stets prall<br />
gefüllt. Ständig ist er unterwegs. „Familienfreundlich<br />
ist das alles nicht“,<br />
meint der 37-Jährige und erzählt von<br />
einem Kieler EU-Abgeordneten, der<br />
Vater geworden ist und im Juni nicht<br />
wieder zur Europawahl antreten wird.<br />
Rasmus Andresen selbst nutzt das Wochenende<br />
als private Oase. Darin findet<br />
auch der Handball seinen Platz, denn<br />
seit fast 25 Jahren besitzt er bei der SG<br />
<strong>Flensburg</strong>-Handewitt eine Dauerkarte.<br />
Jüngst genoss er mit einem Freund<br />
die Stehplatz-Atmosphäre, aber gewöhnlich<br />
sitzt er auf seinem Sitzplatz<br />
im Block O der Campushalle. So wird es<br />
auch an diesem Abend sein – aber erst<br />
um 20 Uhr. Zunächst einmal soll Rasmus<br />
Andresen für einen Termin nach Husum.<br />
Text und Fotos: Jan Kirschner<br />
Leon<br />
Musik<br />
in meinen<br />
Ohren.<br />
FLENSBURG JOURNAL • 02/<strong>2024</strong><br />
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