Flensburg Journal Ausgabe 257 - Februar 2024
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Rasmus<br />
Andresen<br />
<strong>Flensburg</strong>s<br />
Europa-<br />
Abgeordneter<br />
Dort wo die Norderstraße ihren leicht<br />
schlängelnden Verlauf hat, gibt es ein<br />
ehemaliges Geschäft, das unauffällig<br />
ist, aber nicht leer steht. Erst wenn<br />
man die Räumlichkeit betritt, wird<br />
dem Besucher die Funktion dieser<br />
Immobilie bewusst. An der hinteren<br />
Wand hängt eine große Europa-Karte.<br />
Schräg davor steht ein grünes Rollup,<br />
das gelbe Sterne zieren. Über der Aufschrift<br />
„Member of the European Parliament“<br />
thront der Name von Rasmus<br />
Andresen, dem Europa-Abgeordneten<br />
aus <strong>Flensburg</strong>.<br />
Dieser kommt zum Wochenende zumeist<br />
nach Hause und ist auch diesen<br />
Freitagvormittag gerade in seinem<br />
Büro aufgekreuzt. Mit seinem hiesigen<br />
Mitarbeiter Matthias Ullrich bespricht<br />
der Grünen-Politiker den Tagesablauf.<br />
Nach einem Pressegespräch soll<br />
es nach Husum gehen. Das Thema:<br />
Obdachlosigkeit. Rasmus Andresen<br />
nennt neben dem Finanzsektor den<br />
Sozialbereich als Schwerpunkt, beschäftigt<br />
sich aber als einziger Europa-Abgeordneter<br />
nördlich des Kanals<br />
und als einziger Grünen-Mandatsinhaber<br />
aus Schleswig-Holstein und<br />
Hamburg zwangsläufig mit praktisch<br />
allen Politikfeldern.<br />
Die meiste Zeit hält sich der 37-Jährige<br />
in Brüssel auf, wo er sich eine<br />
kleine Wohnung funktional eingerichtet<br />
hat. Ein Europa-Abgeordneter<br />
– insgesamt sind es 705 Frauen<br />
und Männer – ist etwa 30 Wochen<br />
im Jahr in der belgischen Metropole<br />
anzutreffen. Dort tagen von Montag<br />
bis Donnerstag die Ausschüsse des<br />
Europäischen Parlaments, beraten<br />
sich die Fraktionen und werden Gesetztestexte<br />
ausgehandelt. Die Parlamentarier<br />
sprechen von „Arbeitswochen“.<br />
Zwölf weitere Wochen sind<br />
für die Plenarsitzungen in Straßburg<br />
terminiert. Dort bucht sich Rasmus<br />
Andresen ein Hotelzimmer. Er pendelt<br />
von <strong>Flensburg</strong> nicht nur nach<br />
Belgien und Frankreich, sondern<br />
auch immer wieder nach Berlin, da er<br />
als Sprecher der Grünen-Fraktion die<br />
Arbeit zwischen Brüssel und der Bundeshauptstadt<br />
zu koordinieren hat.<br />
Der Tagesablauf<br />
Ein normaler Arbeitstag beginnt für<br />
Rasmus Andresen um 7.30 Uhr. In einer<br />
Telefon-Konferenz tauschen sich<br />
die Grünen in Berlin und Brüssel zur<br />
„Morgenlage“ aus. Zuletzt erforderten<br />
der Hamas-Terror und der Krieg<br />
in Nahost schnelle Reaktionen. Und<br />
als nach einem Richterspruch des<br />
Bundesverfassungsgerichts plötzlich<br />
ein Loch von 60 Milliarden Euro<br />
im Bundeshaushalt klaffte, war der<br />
illustren Telefonrunde schnell klar,<br />
dass von dieser deutschen Finanzmisere<br />
auch die EU etwas zu spüren<br />
bekommt. Rasmus Andresen war sofort<br />
sensibilisiert. Schließlich ist er<br />
im Europäischen Parlament Mitglied<br />
des Haushaltsausschusses. Sein<br />
Standpunkt: „Wer mehr Klimaschutz<br />
und weniger Armut will, muss dafür<br />
arbeiten, dass EU-Mittel nachhaltig<br />
eingesetzt werden.“<br />
Der <strong>Flensburg</strong>er hat stets die Energiewende<br />
im Blick, stellt aber auch mit<br />
Sorge fest, dass 20 Prozent der 450<br />
Millionen Menschen ein Leben unterhalb<br />
der Armutsgrenze führen. Tendenz<br />
steigend: Corona-Pandemie und<br />
Inflation hinterließen Spuren. „Sehr<br />
vermögende Menschen und Konzerne<br />
mit maximalen Profit sollten mehr abgeben<br />
für die Masse der Bevölkerung“,<br />
findet Rasmus Andresen.<br />
Ein solches Gremium wie der Haushaltsausschuss<br />
trifft sich in Brüssel<br />
für vier bis fünf Stunden und setzt<br />
die Tagesordnung bei Bedarf – und<br />
das ist meistens der Fall – am nächsten<br />
Vormittag fort.<br />
Rasmus Andresen sitzt auch im<br />
Wirtschafts- und Währungsausschuss<br />
und beschäftigt sich mit<br />
Banken-Regulierung und Steuerfragen.<br />
Als stellvertretendes Mitglied<br />
schaut der <strong>Flensburg</strong>er häufiger<br />
auch in den Ausschuss für Industrie,<br />
Energie und Forschung. Es ist nicht<br />
die Ausnahme, sondern eher die<br />
Regel, dass die Ausschüsse parallel<br />
stattfinden. Es kommt immer wieder<br />
vor, dass ein EU-Abgeordneter<br />
zwischen verschiedenen Punkten<br />
14 FLENSBURG JOURNAL • 02/<strong>2024</strong>