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220926Wellerbuch lay 1

Anlässlich seines 77. Geburtstages hat Alexander Weller, gebürtiger Holländer - inzwischen Tiroler - 77 Begegnungen mit besonderen Menschen in seinem Lebenslauf und seiner jeweiligen Umgebung aufgeschrieben. Das Buch kostenlos an Freunde, Interessierte - ausgegeben. Für eine Spende zugunsten der Gambrinusfreunde, die damit Menschen denen es nicht so gut geht hilft. Stand: Dezember 2023 waren EUR 4.555,00 zusammengekommen. Ein rundum gelungenes Projekt.

Anlässlich seines 77. Geburtstages hat Alexander Weller, gebürtiger Holländer - inzwischen Tiroler - 77 Begegnungen mit besonderen Menschen in seinem Lebenslauf und seiner jeweiligen Umgebung aufgeschrieben. Das Buch kostenlos an Freunde, Interessierte - ausgegeben. Für eine Spende zugunsten der Gambrinusfreunde, die damit Menschen denen es nicht so gut geht hilft. Stand: Dezember 2023 waren EUR 4.555,00 zusammengekommen. Ein rundum gelungenes Projekt.

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BESO NDERE BEGEGN UN GEN

¯DER HERR FRANZ.

FRANZ JOSEF STEINMAYR †

Unsere Nummer 20

¯70

Es gibt außergewöhnliche und seltene Gegenstände. Es gibt

außergewöhnliche Barbücher. Es gibt außergewöhnliche

Cocktails. Es gibt außergewöhnliche Whiskyflaschen. Es

gibt logischerweise auch außergewöhnliche Barkeeper. Und

hier sind wir 1989 bei Franz Josef Steinmayr in der „Diana Bar“

in Hall in Tirol gelandet!

Nach Auslandsaufenthalten, unter anderem in Köln, wanderte

„Herr Franz“ retour nach Österreich in das Innsbrucker,

von der Familie Cammerlander geführte, Steak-Restaurant

„Churrasco“. Bei telefonischen Tischbestellungen gab es zwei

Varianten: „Bitte bei Herrn Franz“ oder „Bitte NICHT bei

Herrn Franz!“ Offensichtlich polarisierte Herr Franz.

In den 80ern übernahm Herr Franz die Disco „Diana Bar“

in Hall in Tirol von seinem Vater. Ohne Namensänderung, aus

welchen Gründen auch immer. Diese Entscheidung erwies sich

nicht als besonders klug. Die Gäste hatten von einer neuen

Betriebsübernahme keine Ahnung. Und genau diese Gäste

passten überhaupt nicht in Herrn Franzs Konzept. „Herr Weller,

mein Ziel ist es, egal, wie lange das dauert, den Disco-

Gästen den Eintritt zu verwehren und sie durch neue, gepflegte

Gäste zu ersetzen! Ein Gast soll seinen Drink genießen, mir

300 Schilling dalassen und zufrieden nach Hause gehen!“

Disco-Gäste würden sein immenses Angebot an Spirituosen

sowieso nicht verstehen und bei Cola, Cola Rum, Bier oder

Wein bleiben. Es galt also, zu selektieren. Mein Angebot in

dieser für ihn sehr schwierigen Zeit: „Seagram bezahlt Ihnen

eine Werbekampagne.“ Seine Antwort: „Nein, Herr Weller,

das ist sehr nett, aber Werbung ist kurzfristig und ich plane

langfristig!“

Im Sommer platzierte er sich auf einer seiner 3-Tische-Terrasse

und am Abend und im Winter hielt er die Eingangstüre

versperrt. In Sekundenschnelle war, abhängig von Outfit,

Haarpracht, Promille oder allgemeinem Eindruck Ankommender,

zu entscheiden über eine Begrüßung wie etwa „Leider

kein Platz mehr“, „Geschlossene Gesellschaft“ oder „Sind Sie

Mitglied?“, obwohl das Lokal gänzlich leer war!

Bei positivem Gesamteindruck der Ankommenden lächelte

er wohlwollend, machte die Tür weit auf und schloss sie dann

gleich wieder von innen ab! Dieses System erwies sich zwar á

la longue als zielführend, war aber nicht unbedingt förderlich

dafür, eine Frau und drei Kinder zu versorgen. Außerdem, ja

außerdem waren da immer und immer wieder ganz seltene

Whisky-, Cognac- oder Rum-Flaschen besonders verlockend

und er konnte da meistens nicht widerstehen und legte sich

einige davon zu! In Herrn Franzs „Flaschen-Museum“ waren

nicht nur die Flaschen einmalig.

Auch Herr Franz persönlich war absolut einmalig: Die

am Nachmittag gelieferten Eisblöcke zerkleinerte er mit einer

Hacke in verwendungstaugliche, aber logischerweise nicht

gleichgeformte Eiswürfel. Die Zubereitung der Cocktails gestaltete

Herr Franz als eine richtige Zeremonie.

Zuerst kam das Eis ins Glas, die Cocktails wurden präzise

bis an den Rand gefüllt, und der Shaker war dann, bis auf die

Eiswürfel, leer! Tja, wie gelingt so etwas? Das ist wohl kaum

erklärbar. Breit lächelnd, den Cocktail mit gespreizten Fingern

theatralisch serviert, fügte er obendrein noch salbungsvoll ein

„Ich beneide Sie!“ hinzu. Einmal im Herbst: Ein bayrisches

Ehepaar hat die erste Hürde überstanden, der Dame wird ein

Platz an der Bar zugewiesen. Der Herr geht zur Toilette. Nach

kurzer Zeit kommt der Herr zurück, nimmt Platz neben seiner

Begleitung, und es stehen bereits zwei nicht bestellte Drinks

bereit.

„WAS IST DENN DAS, WIR HABEN JA NOCH

NICHTS BESTELLT?“, möchte der verwunderte Gast wissen.

Herr Franz, wie aus der Pistole geschossen: „Am 18. April

waren Sie bereits einmal hier, sind auf den gleichen Plätzen

gesessen und haben genau diese zwei Drinks bestellt!“ Für

den Gast eine schwierige Entscheidung: ärgern oder bewundern?

Nicht so erbaut war Herr Franz, wenn ein Glas Wein bestellt

wurde. Nach kleiner Zöger-Pause und mit leicht angehobenen

Schultern entschied er dann doch „Naja, ist ja auch ein

Getränk“, das Begehrte zu servieren. Bier wurde entweder in

einem seltenen Original-Glas oder versteckt in einem Silberbecher

serviert. Red Bull wurde überhaupt nicht serviert! Herr

Franz empfand das bei seinem außerordentlichen Angebot

als persönliche Beleidigung! Ein junger Bursch beispielsweise

mit grenzwertiger Haarlänge in Begleitung seiner Freundin

wurde in diesem Zusammenhang harsch aus der ehrenwerten

Diana-Bar gewiesen mit der Empfehlung „Ja nicht wieder-

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