02.01.2024 Aufrufe

220926Wellerbuch lay 1

Anlässlich seines 77. Geburtstages hat Alexander Weller, gebürtiger Holländer - inzwischen Tiroler - 77 Begegnungen mit besonderen Menschen in seinem Lebenslauf und seiner jeweiligen Umgebung aufgeschrieben. Das Buch kostenlos an Freunde, Interessierte - ausgegeben. Für eine Spende zugunsten der Gambrinusfreunde, die damit Menschen denen es nicht so gut geht hilft. Stand: Dezember 2023 waren EUR 4.555,00 zusammengekommen. Ein rundum gelungenes Projekt.

Anlässlich seines 77. Geburtstages hat Alexander Weller, gebürtiger Holländer - inzwischen Tiroler - 77 Begegnungen mit besonderen Menschen in seinem Lebenslauf und seiner jeweiligen Umgebung aufgeschrieben. Das Buch kostenlos an Freunde, Interessierte - ausgegeben. Für eine Spende zugunsten der Gambrinusfreunde, die damit Menschen denen es nicht so gut geht hilft. Stand: Dezember 2023 waren EUR 4.555,00 zusammengekommen. Ein rundum gelungenes Projekt.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

BESO NDERE BEGEGN UN GEN

¯PAPA HACKL. HELFER UND RETTER.

ERWIN ALBERT HACKL†

Unsere Nummer 124

Sommer 1971. Vier Personen sitzen am Wohnzimmertisch

der Familie Hackl. Hofrat Erwin Albert Hackl liest Zeitung.

Mutter Erna strickt. Tochter Ingeborg Hackl ist in Fachliteratur

vertieft und ich sitze da, überlege wie ich es anfangen

soll. Wieso lernt man nicht irgendwann, irgendwo mit so einer

heiklen Situation umzugehen? Wie anfangen? Klar hat man gelernt,

dass Napoleon in Waterloo ein bisserl Pech gehabt hat,

dass Charles Lindberg 1927 als erstem die Alleinüberquerung

des Atlantiks gelang und noch vieles mehr. Wie man bei den

Eltern um die Hand eines Mädchens, das man heiraten möchte,

anhält, da hatte ich also nicht viel Übung! Eigentlich überhaupt

keine Ahnung!

Ich beschloss spontan auf „Attacke“ zu schalten und

durchbrach die Stille mit: „ Ich würde gerne Ihre Tochter

heiraten und bitte um Ihre Erlaubnis“. Schlagartig änderte sich

die Ruhe im Raum. Mutter Erna, ließ ihre Arme in den Schoss

fallen, stoppte mit ihrer Stickerei, starrte mit großen Augen

ihren Ehemann an. Vater Albert hatte diese Situation offensichtlich

auch noch nicht oft durchgespielt, denn er legte die

Zeitung blitzartig auf den Wohnzimmertisch, schlug nervös

das rechte Bein über das linke, nahm die Zeitung wieder auf

und sagte zuerst einmal gar nichts. Inge, meine hoffentlich

zukünftige Ehefrau, beobachtete das Geschehen mit Spannung.

Ich ebenso. Hier haben Mütter nichts zu sagen, also

starrten wir alle drei das Haupt-der-Familie erwartungsvoll an.

Klar dämmerte es Ingeborgs Vater eine Reaktion zeigen zu

müssen. Nicht so einfach als Tiroler, der erste Schwiegersohn

aus Indien und der zukünftige nächste auch kein Tiroler!

Die Chance auf Verbesserung war, mangels dritte Tochter,

nicht vorhanden. Und dennoch, er erteilte mir, immer noch ein

bisschen verdattert, aber doch, die Erlaubnis seiner Tochter

zu heiraten. Es wurde gleich zweimal geheiratet. Einmal

standesamtlich unterm Goldenen Dachl und das zweite Mal

kirchlich in Breda, Niederlande. Erstens damit meine Familie

nicht so weit zu fahren brauchte und zweitens, und das ist ja

allgemein bekannt, hält doppelt wesentlich besser. Typisch für

meinen nunmehriger Urtiroler Schwiegervater – die besonders

gut ernährten, in der Landschaft grasenden niederländischen

Kühe zwar zu loben – aber gleichzeitig festzustellen, dass

die Tiroler Kühe in der Heimat optisch doch einen erheblich

¯200

besseren Eindruck machen! Hofrat Dr. Albert Erwin Hackl,

geboren 1912 in Zaunhof, einem Bergweiler im Pitztal, wuchs

dort als 14. Kind einer Bergbauernfamilie auf. Er lernte über

die allgemeinen Entbehrungen der damaligen Kriegs- und

Nachkriegszeit von Kindheit an die Folgen persönlicher Armut

kennen. Nach dem Gymnasium in Volders studierte er an der

Universität Innsbruck Rechtswissenschaft. Als "Bettelstudent"

hatte er für sein Studium weitgehendst selbst aufzukommen. In

der NS-Zeit wurde er wegen seiner österreichischen Gesinnung

seines Postens enthoben und 1941 zum Wehrdienst an

die Ostfront einberufen. Nach Kriegsende 1945 trat er in den

Landesdienst bei der Präsidialabteilung ein und hatte dort die

unangenehme Aufgabe den Personalstand beim Mittel- und

Pflichtschulsektor zu entnazifizieren! Schon hier war Albert

Hackl der Helfer und Retter der politisch Verfolgten.

1960 erging an Dr. Hackl der Auftrag, in Tirol ein wirksames

Studien-Beihilfewesen aufzubauen. Bei weit über 3.000

Anfragen jährlich, keine leichte Aufgabe – die Stipendien

gerecht zu vergeben. Es wurde erst entschieden nachdem er

einen genauen Überblick der sozialen Lage und des schulischen

Fortschrittes hatte, bevor er die ihm anvertrauten Mittel

als Stipendien weitergab. Er verschaffte unzähligen Studenten

kostenlose Kostplätze. Wenn er für „seine“ Studenten Hilfe

brauchte, pilgerte er im Landhaus sowohl zu den „Roten“ als

auch zu den „Schwarzen“! Der damals einzige Studierte aus

dem Pitztal der sich für Pitztaler Interessen wirkungsvoll im

Landhaus einsetzte, war eben der mit Ehrfurcht ausgesprochene

„Hofrat Hackl“. Bevorzugt ging er zu Fuß von seiner

Wohnung in Wilten zum Landhaus. Auf der Straße traf er viele

Bekannten und erkundigte sich nach Familie und Studienfortschritte

der Kinder. Kein Wunder, dass sich einerseits auf dem

Bürotisch die Anträge stapelten und andererseits am Boden

Unordnung herrschte. Wein-, Schnapsflaschen, Forellen und

Wildbrett, Kuchen und Gebackenes bildeten dort ungewollt

eine Vielfalt der heimischen Produktionen ab. Alpenrosen

nicht immer, aber frische Blumen standen meistens auf seinem

Schreibtisch! Ich als wohlerzogener Niederländer wunderte

mich ein wenig über so viel Transparenz! Hatte der Bauer

nach eigenen Angaben nicht drei, sondern dreizehn Kühe

im Stall, so erhielt sein Sohn oder seine Tochter eben kein

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!