220926Wellerbuch lay 1
Anlässlich seines 77. Geburtstages hat Alexander Weller, gebürtiger Holländer - inzwischen Tiroler - 77 Begegnungen mit besonderen Menschen in seinem Lebenslauf und seiner jeweiligen Umgebung aufgeschrieben. Das Buch kostenlos an Freunde, Interessierte - ausgegeben. Für eine Spende zugunsten der Gambrinusfreunde, die damit Menschen denen es nicht so gut geht hilft. Stand: Dezember 2023 waren EUR 4.555,00 zusammengekommen. Ein rundum gelungenes Projekt.
Anlässlich seines 77. Geburtstages hat Alexander Weller, gebürtiger Holländer - inzwischen Tiroler - 77 Begegnungen mit besonderen Menschen in seinem Lebenslauf und seiner jeweiligen Umgebung aufgeschrieben. Das Buch kostenlos an Freunde, Interessierte - ausgegeben. Für eine Spende zugunsten der Gambrinusfreunde, die damit Menschen denen es nicht so gut geht hilft. Stand: Dezember 2023 waren EUR 4.555,00 zusammengekommen. Ein rundum gelungenes Projekt.
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BESO NDERE BEGEGN UN GEN
¯SAUBER ...
JAN JANSEN †
Unsere Nummer 142
¯184
Breda, Provinz „Noord Brabant“, Sommer 1959. Meine
Eltern geschieden.Meinem Vater wurden die fünf Kinder
zugewiesen. Mutter blieb in unserem Haus wohnen
(zusammen mit dem ehemaligen Nachbar!) und wir zogen
in eine Pension. Vater hatte im elterlichen Schweißgeräte-und
Butan-Gas-Unternehmen, inklusive jeweils eine Stunde Hin- und
Rückfahrt von Breda nach Rotterdam und retour, nicht all zu viel
Zeit für uns Kinder. Meine älteste Schwester, Patricia, wurde von
der „Haushalt Schule“ abgezogen, damit sie für uns einkaufen
und kochen konnte. In dieser Situation passte es durchaus, dass
ich nicht zu Hause, sondern im Internat aufwuchs. Daher war
geplant und ziemlich fix, dass ich nach der Hauptschule die
nächste Schulstufe weiterhin in einem Internat verbringen sollte.
Womit ich allerdings nicht ganz einverstanden war.
Fünf Jahre in einem streng katholischen Internat, mit zu
den Feiertage drei Kirchen Feierlichkeiten, tägliche Messe,
Hochamt und Vesper sowie wöchentliche Beichttermin, waren
meines Erachtens ausreichend. Für die Internat Gymnasium
Prüfung habe ich mir dann ordentlich Mühe gegeben so viel
wie möglich falsch zu machen. Das Resultat war geplant und
von meiner Seite gesehen erfolgreich. Die Übersiedlung zum
nächstfolgenden Internat somit versperrt. Nachdem ich nicht
sonderlich euphorisch auf eine weitere schulische Karriere
war, kontaktierte Vater unseren Wäsche Lieferant Herr Jan
Janssen, Eigentümer der Wäscherei „Janssen wasserij“.
„Mijnheer Jan“, etwa 50, ca. 1.60 groß, Jenever Nase, Markenzeichen
grüne Gummistiefel. Ob es möglich wäre Sohn
Alexander, beim Abholen der Schmutzwäsche und liefern
der saubere Wäsche, im Lieferauto bei den Kunden Touren
mitfahren zu lassen. „Ja“ entschied „mijnheer Jan Janssen“
(man fragt sich automatisch wie einfallsreich die Eltern, bei der
Namensgebung ihres Sohnes, damals waren).
Schon am darauf folgende Montag verdiente ich als „Beifahrer“
mein erstes eigenes Geld. Auch lernte ich wie flexibel
die Geschäftswelt funktionierte. Bereits nach eine Woche war
meine Zeit als „Beifahrer“ vorbei und wurde ich, laut Prokurist,
„vorübergehend“ in der Wäscherei eingesetzt. Hier fehlten
fleißige, schnelle Arbeitshände an allen Wäscherei-Ecken und
–Enden. Chef Jan Janssen hatte von Anfang an geplant mich
in der Wäscherei einzusetzen! Enorme Wasch-Maschinen,
Trocken Maschinen und Bügel Maschinen verursachten in
der Halle unangenehm störenden Lärm. Metallene Wäsche
Behälter auf Räder, über den Rand vollgestopft mit aus der
Trockenmaschine geklaubten Wäsche, wurden durch Kollegen,
Kolleginnen oder mich hin und her transportiert. Mein
Arbeitsplatz, ein einundeinhalb Meter breiter, zwei Meter
langer Tisch. Links von mir der gleiche Tisch und in der Mitte
Platz für immer volle Wäschewägen mit getrockneter Wäsche.
Neben mir am zweiten Tisch Albert „ Berti“ genannt, ein ca.
fünfundzwanzig jähriger schlanker, blonder, immer lächelnder,
ein wenig zurückgebliebener Bursche.
Die Aufgabe war, zu zweit die einzelnen Wäschestücke
aus den Wäschewagen zu nehmen, per Hand so schnell wie
möglich für die Bügelmaschinen zu glätten und damit fertig
zu sein bevor der nächste volle Wäschebehälter zu verarbeiten
war. Je leerer der Behälter um so tiefer müssten wir uns
hinunter bewegen. Zweifelsohne eine besonders interessante
Arbeit! Berti arbeitete fleißig, lächelte und redete pausenlos
mit mir. Nicht nur wegen dem Lärm der Maschinen bekam ich
kaum was mit über seine Geschichten. Auch ohne Maschinen-
Lärm war er kaum zu verstehen. Nach jeder (Rauch)Pause
wechselten wir unseren Standplatz. Eine kluge Abwechslung.
Somit vermieden wir am Ende des Tages auf nur einer Körperseite
taub zu sein. Die Rauchpausen bedeuteten für mich der
reine Sexualunterricht. Die drei Haupt-Themen bestanden aus
Sex, Sex und Sex. (Schon eine andere Stufe wie im Internat
Oudenbosch, wo Bruder Gottfried mit hoch rotem Kopf uns
eindringlich warnte, „bestimmte Organe nur im Sakrament der
Ehe verwenden zu dürfen“.).
Die Kolleginnen wurden auf das ordinärste und im
übelsten Jargon angemacht, die fantasievollsten möglichsten
und unmöglichsten Stellungen beschrieben. Die Kolleginnen
konterten, mit oder ohne Unbehagen, mit nicht minder vulgären
Kommentaren. Freitag zur Mittagpause war Auszahlungstermin.
Der Prokurist, äußerst bedacht ja keine persönliche
Bindung mit den Angestellten entstehen zu lassen, war dafür
Zuständig. Alleine, ohne Gehilfen, brauchte das natürlich
seine Zeit, wodurch eine ziemlich lange Wartereihe entstand.
Unwillig, unfreundlich und barsch machte der Prokurist seine
Arbeit, zählte Scheine und Münzen zweimal und übergab der