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Flensburg Journal Ausgabe 256 - Januar 2024

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MITTENDRIN Generation<br />

50 plus<br />

„Macht das einfach!“ – Patenschaften für<br />

Kinder psychisch belasteter Eltern im<br />

Haus der Familie des ADS<br />

Das Thema „Psychische Belastungen“<br />

ist aktuell wie nie. Obwohl die Datenlage<br />

noch ziemlich unzureichend ist,<br />

wird angenommen, dass zwischen drei<br />

und vier Millionen Minderjährige oder<br />

jedes sechste Kind in Deutschland mit<br />

mindestens einem psychisch belasteten<br />

oder erkrankten Elternteil aufwächst<br />

– pro Schulklasse komme man<br />

auf drei bis vier Kinder.<br />

Doch was bedeutet die psychische Erkrankung<br />

eines Elternteils für die Familie<br />

und insbesondere für Kinder und<br />

Jugendliche? Und wie können Kinder<br />

psychisch belasteter oder erkrankter<br />

Eltern unterstützt werden?<br />

Kinder, die in Familien aufwachsen, in<br />

denen die Mutter oder der Vater psychisch<br />

belastet oder erkrankt sind,<br />

stehen manchmal vor ganz besonderen<br />

Aufgaben und Herausforderungen. Sei<br />

es, dass ihre Eltern ihnen aufgrund der<br />

eigenen Belastung bzw. Erkrankung<br />

zeitweise weniger Aufmerksamkeit<br />

entgegenbringen und ihre Bedürfnisse<br />

nicht so gut wahrnehmen können, sei<br />

es, dass unterstützende familiäre oder<br />

soziale Netzwerke fehlen oder dass die<br />

Kinder sich übermäßig um ihre Eltern<br />

sorgen und zu viel Verantwortung für<br />

diese übernehmen.<br />

Aus wissenschaftlichen Studien wissen<br />

wir, dass Kinder schwierige Zeiten<br />

oder unsichere Lebensumstände besser<br />

meistern und gesund und seelisch<br />

stabil aufwachsen können, wenn sie<br />

verlässliche und vertrauensvolle Bezugspersonen<br />

auch außerhalb des<br />

Behutsam und mit<br />

Sorgfalt durch eine schwere Zeit<br />

Mathildenstraße 35, 24937 <strong>Flensburg</strong>, Tel. 0461 141110<br />

Süderstraße 80, 24955 Harrislee, Tel. 0461 700370<br />

Ambulanter Pflegedienst •<br />

Betreutes Wohnen •<br />

www.berg-bestattungen.de<br />

Dementenbetreuung<br />

Pflegeberatung<br />

Mürwiker Straße 2 • 24943 <strong>Flensburg</strong> • Telefon 04 61 / 314 40 0<br />

www.drk-schwesternschaft-flensburg.de<br />

erkrankten Familiensystems an ihrer<br />

Seite haben.<br />

Seit 2006 setzt hier das präventive Patenschaftsmodell<br />

im Haus der Familie<br />

des ADS an.<br />

Ehrenamtliche Paten und Patinnen<br />

begleiten Kinder psychisch belasteter<br />

oder erkrankter Eltern über einen längeren<br />

Zeitraum im Alltag und verbringen<br />

gemeinsam eine gute Zeit.<br />

Als Modellprojekt gestartet, hat sich<br />

die Idee der Patenschaften inzwischen<br />

zu einem fest installierten Angebot für<br />

Kinder aus belasteten Familien in der<br />

Stadt <strong>Flensburg</strong> weiterentwickelt. Die<br />

Patenschaften werden durch die Stadt<br />

<strong>Flensburg</strong> finanziert und befinden sich<br />

in einer Co-Trägerschaft des Kinderschutzbundes<br />

<strong>Flensburg</strong> e. V. sowie des<br />

ADS-Grenzfriedensbundes e. V.<br />

Mona Leißling und Johanna Kolber, Koordinatorinnen<br />

des Patenschaftsangebotes,<br />

suchen regelmäßig Menschen,<br />

die ebensolche Vertrauenspersonen<br />

für betroffene Kinder werden können.<br />

Denn die länger werdende Warteliste<br />

bei den <strong>Flensburg</strong>er Patenschaften<br />

verrät, dass der Bedarf für Familien, die<br />

auf der Suche nach einer ehrenamtlichen<br />

Patin oder einem Paten sind, hoch<br />

ist. Interessierte potenzielle Paten<br />

und Patinnen durchlaufen einen intensiven<br />

Auswahl- und Schulungsprozess,<br />

um auf eine Patenschaft gut vorbereitet<br />

zu sein. Wer sich im Anschluss an die<br />

Schulungen dafür entscheidet, eine Patenschaft<br />

zu übernehmen, wird in der<br />

Regel mit einer das Leben bereichernden<br />

Erfahrung belohnt. Dabei werden<br />

alle Patinnen und Paten auch während<br />

der Patenschaft durch die Koordinatorinnen<br />

kontinuierlich begleitet. Antje<br />

Andresen ist seit 13 Jahren Patin von<br />

Alyssa. In einem Interview berichten<br />

Patin Antje und Patenkind Alyssa von<br />

ihren Erfahrungen einer Patenschaft<br />

mit all ihren Höhen und Tiefen.<br />

Antje, was war Deine Motivation damals,<br />

eine Patenschaft einzugehen?<br />

Antje: Das weiß ich noch ganz genau.<br />

Und zwar habe ich eine große Anzei-<br />

ge in der Zeitung gelesen. Da<br />

ging es darum, dass das Haus<br />

der Familie Paten und Patinnen<br />

sucht für Kinder, die in herausfordernden<br />

Familienverhältnissen<br />

leben. Das hat mich<br />

sofort angesprochen, weil ich<br />

selbst in der Vergangenheit als<br />

alleinerziehende Mutter von<br />

zwei kleinen Kindern während<br />

der Trennung von meinem damaligen<br />

Ehepartner psychisch<br />

erkrankt bin und zur Behandlung<br />

in einer Klinik war. In dieser<br />

Zeit hätte ich jemanden gebraucht,<br />

der mich unterstützt<br />

hätte.<br />

Als ich mich dann entschied,<br />

Patin zu werden, war für mich<br />

schnell klar: Es ist nicht wichtig,<br />

ob ich einen Jungen oder<br />

ein Mädchen, ein kleines oder<br />

großes Kind als Patenkind<br />

bekomme. Was kommt, das<br />

kommt und das soll dann so<br />

sein. Und dann kam da das<br />

kleine Mädchen von vier Jahren<br />

– die kleine Alyssa. Und so<br />

fing es mit uns an.<br />

Alyssa: Das ist schon so lange<br />

her. Unsere Patenschaft<br />

besteht nun seit 13 Jahren.<br />

Und das erste, woran ich mich<br />

erinnere ist, dass ich mich mit<br />

Antje gerne verkleidet habe<br />

und Laufsteg gelaufen bin –<br />

Antje hat dann von mir Fotos<br />

geschossen. Und diese Fotos<br />

hängen noch heute bei Antje<br />

im Flur.<br />

Wie sehen eure Patenschaftstreffen<br />

aus? Was hat sich im<br />

Laufe der Zeit verändert?<br />

Alyssa: Also wir haben immer<br />

schon etwas zusammen<br />

gekocht und gespielt. Jetzt<br />

ist es nicht ganz anders. Ich<br />

komme erst einmal bei Oma<br />

(Patin Antje) an, dann reden<br />

wir etwas und dann kochen<br />

wir unsere Lieblingsspeise:<br />

62 FLENSBURG JOURNAL • 01/<strong>2024</strong>

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