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Ehemaliges Polizeipräsidium Berlin (Ost) - Denkmalpflegerische Studie 2007 - BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH

Das ehemalige Polizeipräsidium in der "Hauptadt der DDR" in Ost-Berlin an der Otto-Braun- bzw. Keibelstraße war ursprünglich das in den späten Zwanzigern neu erbaute Logistikzentrum des Karstadt-Kaufhauskonzerns, der im Zuge von "Wirtschaftsförderungen" von seinem bisherigen Hauptsitz in Hamburg nach Berlin umsiedelte. Das riesige Gebäude war für den Standort insbesondere hinsichtlich der Verkehrserschließung deutlich überdimensioniert, der eigentlich sehr moderne Ansatz der Einbeziehung "outgesorcter" Unternehmensteile als Mieter am Standort u. a. kam nie vollständig zum Tragen, der Konzern geriet auch deshalb in wirtschaftliche Schieflage. Durch die Übernahme des Gebäudekomplexes für diverse Behörden etc. als "Reichshaus" wurde der Konzern zu Beginn der Nazizeit trotz der durch die neuen Machthaber verfolgten Anti-Kaufhaus-Politik letztendlich gerettet, der Preis war die "Entjudung" des Konzerns. In den Originalunterlagen befinden sich Pläne mit den Namen der vor 1933 für die jeweiligen Räume vorgesehenen Mitarbeiter - diese dürften in einem hohen Anteil auch jüdischer Herkunft gewesen sein. Es handelt sich um eines der ersten großen Bürogebäude in Stahlbeton-Skelettbauweise - gegenüber der bis dahin präferrierten Ausführung als Stahlskelettbau - dieses wurde im Hinblick auf die Einsparung des "kriegswichtigen" Stahls besonders durch die entsprechend involvierte Baufirma Wiemer & Trachte propagiert und auch nach dem 2. Weltkrieg entsprechend fortgesetzt. Der Gebäudekomplex stand bis in das Frühjahr 1945 weitgehend unversehrt, in den letzten Kriegswochen aber führten einzelne Treffer jeweils zum Verlust ganzer Gebäudesektionen, wenn nur jeweils eine Stütze versagte - etwa 1/3 des ursprünglichen Volumens ist damit verloren. Der Gebäudekomplex wurde zu Zeiten der DDR als Ersatz für das im II. WEltkrieg verlorene Polizeipräsidium am Alexanderplatz genutzt, in einem kriegszerstörten Gebäudeabschnitt an der Keibelstraße wurde der berühmt-berüchtigte Zellentrakt hierfür eingebaut bzw. neu errichtet. Das Gebäude wird heute durch Behörden des Landes Berlin genutzt und ist auch Sitz der BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH.

Das ehemalige Polizeipräsidium in der "Hauptadt der DDR" in Ost-Berlin an der Otto-Braun- bzw. Keibelstraße war ursprünglich das in den späten Zwanzigern neu erbaute Logistikzentrum des Karstadt-Kaufhauskonzerns, der im Zuge von "Wirtschaftsförderungen" von seinem bisherigen Hauptsitz in Hamburg nach Berlin umsiedelte. Das riesige Gebäude war für den Standort insbesondere hinsichtlich der Verkehrserschließung deutlich überdimensioniert, der eigentlich sehr moderne Ansatz der Einbeziehung "outgesorcter" Unternehmensteile als Mieter am Standort u. a. kam nie vollständig zum Tragen, der Konzern geriet auch deshalb in wirtschaftliche Schieflage. Durch die Übernahme des Gebäudekomplexes für diverse Behörden etc. als "Reichshaus" wurde der Konzern zu Beginn der Nazizeit trotz der durch die neuen Machthaber verfolgten Anti-Kaufhaus-Politik letztendlich gerettet, der Preis war die "Entjudung" des Konzerns. In den Originalunterlagen befinden sich Pläne mit den Namen der vor 1933 für die jeweiligen Räume vorgesehenen Mitarbeiter - diese dürften in einem hohen Anteil auch jüdischer Herkunft gewesen sein.
Es handelt sich um eines der ersten großen Bürogebäude in Stahlbeton-Skelettbauweise - gegenüber der bis dahin präferrierten Ausführung als Stahlskelettbau - dieses wurde im Hinblick auf die Einsparung des "kriegswichtigen" Stahls besonders durch die entsprechend involvierte Baufirma Wiemer & Trachte propagiert und auch nach dem 2. Weltkrieg entsprechend fortgesetzt. Der Gebäudekomplex stand bis in das Frühjahr 1945 weitgehend unversehrt, in den letzten Kriegswochen aber führten einzelne Treffer jeweils zum Verlust ganzer Gebäudesektionen, wenn nur jeweils eine Stütze versagte - etwa 1/3 des ursprünglichen Volumens ist damit verloren.
Der Gebäudekomplex wurde zu Zeiten der DDR als Ersatz für das im II. WEltkrieg verlorene Polizeipräsidium am Alexanderplatz genutzt, in einem kriegszerstörten Gebäudeabschnitt an der Keibelstraße wurde der berühmt-berüchtigte Zellentrakt hierfür eingebaut bzw. neu errichtet.

Das Gebäude wird heute durch Behörden des Landes Berlin genutzt und ist auch Sitz der BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH.

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<strong>Denkmalpflegerische</strong> <strong>Studie</strong> <strong>2007</strong> ehemaliges Karstadt –Verwaltungszentrum <strong>Berlin</strong> (1930) / Reichshaus / jetzt <strong>Polizeipräsidium</strong> Otto-Braun-Strasse 27, <strong>Berlin</strong>-Mitte<br />

Christian Welzbacher,<br />

Die Staatsarchitektur der Weimarer Republik, <strong>Berlin</strong> 2006<br />

„Die Fortsetzung der Politik mit architektonischen Mitteln“<br />

(Motto der Einleitung)<br />

(Textauszug zum „Reichshaus“ von Otto Kohtz, S. 130+131)<br />

Die Gleichförmigkeit der additiven Rasterstruktur des<br />

Hochhausturmes – deren Strenge im Detail Planungen Max Tauts<br />

oder die Entwürfe Adolph Meyers und Walter Gropius' für die<br />

Chicago Tribüne 1922 vorwegzunehmen scheint - suggeriert eine<br />

Zweckmäßigkeit, die ganz aus der Bauaufgabe »Bürohaus«<br />

entwickelt scheint. Kohtz betonte daher auch die pragmatischen<br />

Aspekte seines Hochhauses, schlug vor, hier neben einer<br />

»Zentralstelle für die Beschäftigung der Arbeitslosen in <strong>Berlin</strong>« auch<br />

einen Teil der Reichsministerien zusammenzufassen. Auf diese<br />

Weise könnten vom Staat angemietete Wohnungen, die an anderer<br />

Stelle der Stadt durch Ministerien zweckentfremdet worden seien,<br />

wieder ihrer eigentlichen Bestimmung zurückgegeben werden. Die<br />

heterogenen Nutzungsvorstellungen schienen sich dabei auf die<br />

Gestaltung nicht auszuwirken. Eine innere Hierarchie ist allein durch<br />

die Geschoßhöhe der jeweiligen Büros und die unterschiedliche<br />

Aussicht gegeben, doch die architektonisch ausformulierte<br />

Distinktion einzelner Bereich unterbleibt, egalisiert durch<br />

gleichförmige Detaillierung und strenge Großstruktur. Die zur<br />

Pyramide geschichteten gleichartigen Teile des Hauses formieren<br />

sich vielmehr zu einer charakteristischen Figur, deren markante Form<br />

auf eine Bedeutungsdimension über die Summe seiner Bestandteile<br />

hinaus verweist. In der Großform verlässt das »Reichshaus« die vom<br />

Architekten beschworene Ebene des Pragmatismus und dringt in<br />

symbolische Sphären vor. Nach dem Wunsch seines Planers sollte<br />

das Bauwerk für »Wohlfahrt, Gesundheit, Sitte, Kraft, Geist und<br />

Schönheit« stehen - nicht konkrete politische Inhalte, sondern<br />

allgemeine »Werte«, die als überparteilich, überpolitisch, gar<br />

überideologisch angesehen werden konnten und sich daher<br />

wahrscheinlich nicht auf vergleichbare Formeln aus dem bürgerlichfreiheitlichen<br />

Umfeld bezogen. Der soziale Anspruch seines Hauses<br />

lag für Kohtz zunächst in der direkten Beschaffung von Arbeit.<br />

Darüber hinaus würde der fertig gestellte Bau Wohn- und damit<br />

Lebensraum für eine Anzahl von Menschen am Rande des<br />

Existenzminimums bieten. Insofern mögen sich die<br />

Wertebezeichnungen seines Bauprojektes auf die Konsequenzen<br />

beziehen, die eine Verwirklichung für die betroffenen Bewohner der<br />

Stadt bedeutet hätte: »Wohlfahrt« als gemeinschaftlich-soziale<br />

Strategie dauerhafter Lebensgestaltung, die durch die Arbeit am<br />

»Reichshaus« und den entsprechenden Verdienst möglich werden<br />

könnte. Dieser Status könnte sich dann in physischem Zustand -<br />

»Gesundheit«, »Kraft«, »Schönheit« - und moralischer, durch<br />

Bildung erreichter Ordnung - »Sitte«, »Gesetz« und »Geist«<br />

ausdrücken. Damit berief sich Kohtz auf die Ansprüche der<br />

Sozialreformer aus der Zeit um die Jahrhundertwende.<br />

Pragmatismus, Funktionsorientierung und Symbolik schienen sich zu<br />

verbinden.<br />

Alle Abbildungen zum Reichshaus aus Chr. Welz-<br />

Bacher, a.a.O,, Quellenverweis dort: Plansammlung<br />

Der Technischen Universität <strong>Berlin</strong>, Kohtz,<br />

bzw. Stadtbaukunst alter und neuer Zeit H 16, 1920<br />

Foto rechts: BPK 40.008.122<br />

Architekt des Neubaus: Otto Kohtz,<br />

1927(Luftaufnahme)Aufnahmedatum: um<br />

1927Aufnahmeort: <strong>Berlin</strong> Scherl<br />

Beachte die Dimension in Relation zum Reichstag!<br />

Das „Reichshaus“<br />

Nach dem Erwerb der Karstadt_Hauptverwaltung durch den<br />

Reichs-Fiskus 1934 wird das Gebäude auf den Plänen als<br />

„Reichshaus“ bezeichnet. Dieser Begriff stammt aus einer<br />

Kampagne von Architekten (insbesondere Otto Kohtz) seit<br />

Beginn der Weimarer Republik, undzwar für die bauliche<br />

Markierung des Reichs-Zentrums durch ein Hochhaus am<br />

Reichstag, das Verfügungsräume für Ministerien und sonstige<br />

Verwaltungen bereitstellen sollte –vgl. Textauszug- und<br />

insbesondere aber über Architektur symbolisch wirken sollte,<br />

dabei besonders auch über „Masse“ und den Rückgriff auf<br />

archaische, „geläuterte“ Formen. Entsprechendes war<br />

zentrales Thema der zeitgenössischen Architekturdiskussion<br />

und ist mit bedeutenden Namen aller Couleur verbunden.<br />

Für etliche mündete es konsequent in die Staatsarchitektur<br />

des III. Reichs, auch für Philipp Schäfer.<br />

Die formale Nähe zum „Reichshaus-Architekten“ zeigt dessen<br />

Neubau für den (deutschnationalen) Scherl-Verlag 1927 s.u.,<br />

in dem auch das Skript für den Film “Metropolis“ erschien.<br />

Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass die Realisierung<br />

des „Reichshaus“-Programms namentlich und auch faktisch in<br />

einem Lagerhaus stattfand, das von der dann „großen Achse“<br />

abgelegen war, auch wenn das Haus „stilistisch passte“.<br />

1.2.5 Die REICHSHAUS Debatte um Otto Kohtz<br />

Burckhardt Fischer, Architekten & Ingenieure, <strong>GmbH</strong> im Auftrage der <strong>BIM</strong> - <strong>Berlin</strong>er <strong>Immobilienmanagement</strong> <strong>GmbH</strong> - 10 -

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