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OCG Journal 4/23 Zukunftsmusik - Der Einfluss der Künstlichen Intelligenz in der Musik

Wie verändert KI die Musikindustrie? Wie viel Gewicht geben wir künstlicher Kreativität? Welche Möglichkeiten entstehen durch KI in der Kunst und mit welchen technischen Anwendungen beschäftigen sich österreichische Musikwissenschaftler*innen? Die Mitgliederzeitschrift der Österreichischen Computer Gesellschaft (OCG) widmet sich stets einem Schwerpunktthema, diesmal: KI und Musik.

Wie verändert KI die Musikindustrie? Wie viel Gewicht geben wir künstlicher Kreativität? Welche Möglichkeiten entstehen durch KI in der Kunst und mit welchen technischen Anwendungen beschäftigen sich österreichische Musikwissenschaftler*innen? Die Mitgliederzeitschrift der Österreichischen Computer Gesellschaft (OCG) widmet sich stets einem Schwerpunktthema, diesmal: KI und Musik.

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es bis dah<strong>in</strong> rechtlich unbestritten war,<br />

dass nur natürliche Personen, d. h. Menschen,<br />

geistige Schöpfungen im S<strong>in</strong>ne<br />

des Urheberrechts hervorbr<strong>in</strong>gen können.<br />

Die Künstliche <strong>Intelligenz</strong>, <strong>der</strong> dieses<br />

menschliche Privileg e<strong>in</strong>geräumt wurde,<br />

heißt AIVA, was für „Artificial Intelligence<br />

Virtual Artist“ steht und von <strong>der</strong> <strong>in</strong> Luxemburg<br />

ansässigen KI-Unternehmung AIVA<br />

Technologies mit För<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> EU<br />

und dem luxemburgischen Staat erstellt<br />

worden war. 16 Bislang wurden bei <strong>der</strong><br />

SACEM Luxemburg 37 <strong>Musik</strong>werke für<br />

AIVA als Urheber registriert, wie e<strong>in</strong>e Datenbanksuche<br />

(Stand: 16.11.20<strong>23</strong>) ergeben<br />

hat, darunter die „Fantasie Symponique<br />

‚Le Reveil‘ op. 7“, <strong>der</strong> „Celtic Dance op. 14<br />

<strong>in</strong> a-Moll“ o<strong>der</strong> die Ouvertüre „AIVA – ‚Letz<br />

make it happen‘ op. <strong>23</strong>“, die zum luxemburgischen<br />

Nationalfeiertag <strong>in</strong> <strong>der</strong> dortigen<br />

Philharmonie uraufgeführt wurde. 17<br />

Zwar hat die Anerkennung <strong>der</strong> Urheberschaft<br />

durch e<strong>in</strong>e KI noch nicht Schule gemacht,<br />

aber es könnte zum Präzedenzfall<br />

für an<strong>der</strong>e musikschaffende KIs werden.<br />

Vollständig weitergedacht würde das bedeuten,<br />

dass e<strong>in</strong>e KI für ihre Leistungen<br />

ebenso remuneriert werden müsste wie<br />

menschliche Urheber*<strong>in</strong>nen. Das könnte<br />

die gesamte Wertschöpfung <strong>der</strong> <strong>Musik</strong><strong>in</strong>dustrie,<br />

die vor allem auf dem Urheberrecht<br />

aufbaut, <strong>in</strong>frage stellen. Die aktuelle<br />

Diskussion über den Ausschluss von<br />

KI-generierter <strong>Musik</strong> durch sogenannte<br />

künstlerbezogene Auszahlungsmodelle<br />

<strong>der</strong> <strong>Musik</strong> Stream<strong>in</strong>g Dienste wäre obsolet.<br />

Insgesamt würde menschliches und<br />

KI-<strong>Musik</strong>schaffen auf die gleiche Stufe<br />

gestellt. KI wäre dann mehr als nur e<strong>in</strong><br />

Tool für Kreative zum <strong>Musik</strong>schaffen. Es<br />

ist daher e<strong>in</strong> umfassen<strong>der</strong> gesellschaftspolitischer<br />

Diskurs nötig, welche Rechte<br />

<strong>der</strong> KI e<strong>in</strong>geräumt werden dürfen und<br />

welche besser nicht. Die <strong>Musik</strong><strong>in</strong>dustrie<br />

ist dabei wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>mal das Testfeld dafür,<br />

wie alle diese wirtschaftlichen und rechtlichen<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen auch jenseits<br />

<strong>der</strong> <strong>Musik</strong> gemeistert werden können.<br />

Peter Tschmuck<br />

Professor für<br />

Kulturbetriebslehre<br />

am Institut für<br />

Popularmusik <strong>der</strong><br />

Universität für <strong>Musik</strong><br />

und darstellende Kunst Wien. Se<strong>in</strong>e<br />

Forschungsschwerpunkte s<strong>in</strong>d die<br />

<strong>Musik</strong>wirtschaft und die Ökonomie<br />

des Urheberrechts.<br />

Quellen:<br />

1 Siehe TikTok/@ghostwriter977, https://www.tiktok.com/@ghostwriter977/video/7222027667132960046, Zugriff am 16.11.20<strong>23</strong>.<br />

2 Roll<strong>in</strong>g Stone, „Viral Drake and The Weeknd AI Collaboration Pulled From Apple, Spotify“, 17. April 20<strong>23</strong>, Zugriff am 16.11.20<strong>23</strong>.<br />

3 YouTube, „ghostwriter - heart on my sleeve (Drake x The Weeknd AI) Official Audio“, 31. Mai 20<strong>23</strong>, Zugriff am 16.11.20<strong>23</strong>.<br />

4 Zitiert <strong>in</strong>: Music Bus<strong>in</strong>ess Worldwide, „Universal Music Group responds to ‚fake Drake‘ AI track: Stream<strong>in</strong>g platforms have ‚a fundamental<br />

responsibility to prevent the use of their services <strong>in</strong> ways that harm artists‘“, 17. April 20<strong>23</strong>, Zugriff am 16.11.20<strong>23</strong>.<br />

5 Music Bus<strong>in</strong>ess Worldwide, „This AI Drake rip-off already has 250,000 plays on Spotify. How will the music <strong>in</strong>dustry respond?“, 17. April 20<strong>23</strong>,<br />

Zugriff am 16.11.20<strong>23</strong>.<br />

6 Music Bus<strong>in</strong>ess Worldwide, „Major record companies hate AI voice-clon<strong>in</strong>g platforms that don‘t pay. The one they hate most was created<br />

by a 20-year-old UK student“, 12. Oktober 20<strong>23</strong>, Zugriff am 16.11.20<strong>23</strong>.<br />

7 International Trademark Association, „Right to Publicity“, o.D., Zugriff am 16.11.20<strong>23</strong>.<br />

8 <strong>Der</strong> § 15 des deutschen Urheberrechtsgesetzes räumt dem Urheber das ausschließliche Recht e<strong>in</strong>, se<strong>in</strong> Werk <strong>in</strong> körperlicher Form zu vervielfältigen<br />

(§ 16), zu verbreiten (§ 17) und auszustellen (§ 18). Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz)<br />

vom 9. September 1965 (BGBl. I S. 1273).<br />

9 Music Bus<strong>in</strong>ess Worldwide, „AI company Anthropic recently secured up to $4bn <strong>in</strong> <strong>in</strong>vestment from Amazon. Now it’s be<strong>in</strong>g sued for<br />

copyright <strong>in</strong>fr<strong>in</strong>gement by Universal Music Group“, 18. Oktober 20<strong>23</strong>, Zugriff am 16.11.20<strong>23</strong>.<br />

10 Anthropic Pressemitteilung, „Expand<strong>in</strong>g access to safer AI with Amazon“, 25. September 20<strong>23</strong>, Zugriff am 16.11.20<strong>23</strong>.<br />

11 Concord Music Group, Inc. v. Anthropic PBC, Case 3:<strong>23</strong>-cv-01092, Compla<strong>in</strong>t and Demand for Jury Trial <strong>in</strong> the United States District Court<br />

for the Middle District of Tennessee, Nashville Division, October 18, 20<strong>23</strong>, Appendix, Zugriff am 16.11.20<strong>23</strong>.<br />

12 Ibid., S. 58.<br />

13 The Verge, „AI companies have all k<strong>in</strong>ds of arguments aga<strong>in</strong>st pay<strong>in</strong>g for copyrighted content“, 4. November 20<strong>23</strong>, Zugriff am 16.11.20<strong>23</strong>.<br />

14 Aaron van den Oord et al., 2016, „WaveNet: A generative model for raw audio“, arXiv:1609.03499 [Cs], S. 1.<br />

15 Die Initiative Urheberrecht (IU) ist e<strong>in</strong> Zusammenschluss von 44 Berufsverbänden und Gewerkschaften, die <strong>in</strong>sgesamt 140.000 UrheberInnen<br />

und KünstlerInnen vertreten. Am 19. September 20<strong>23</strong> hat die IU, das Positionspapier „Generative KI: Urheberrechtlicher Status quo &<br />

Handlungsempfehlungen“ veröffentlicht, aus dem das Zitat (S. 2) stammt.<br />

16 Siehe EU-Projektdatenbank CORDIS, „AI that composes complex <strong>in</strong>strumental music for movies, games, advertis<strong>in</strong>g and other types of<br />

digital media“, 17. August 2022, Zugriff am 16.11.20<strong>23</strong>.<br />

17 Siehe YouTube, „AIVA – ‚Letz make it happen‘ op. <strong>23</strong>“, 29. Juni 2017, Zugriff am 16.11.20<strong>23</strong>.<br />

8 <strong>OCG</strong> <strong>Journal</strong> | 04 • 20<strong>23</strong>

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