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OCG Journal 4/23 Zukunftsmusik - Der Einfluss der Künstlichen Intelligenz in der Musik

Wie verändert KI die Musikindustrie? Wie viel Gewicht geben wir künstlicher Kreativität? Welche Möglichkeiten entstehen durch KI in der Kunst und mit welchen technischen Anwendungen beschäftigen sich österreichische Musikwissenschaftler*innen? Die Mitgliederzeitschrift der Österreichischen Computer Gesellschaft (OCG) widmet sich stets einem Schwerpunktthema, diesmal: KI und Musik.

Wie verändert KI die Musikindustrie? Wie viel Gewicht geben wir künstlicher Kreativität? Welche Möglichkeiten entstehen durch KI in der Kunst und mit welchen technischen Anwendungen beschäftigen sich österreichische Musikwissenschaftler*innen? Die Mitgliederzeitschrift der Österreichischen Computer Gesellschaft (OCG) widmet sich stets einem Schwerpunktthema, diesmal: KI und Musik.

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Abbildung 4: <strong>Der</strong> erste Prototype e<strong>in</strong>es 3D-gedruckten Steges, <strong>der</strong> mit <strong>in</strong>sgesamt 16 Sensoren ausgestattet ist, um die<br />

verschiedenen Kräfte währen des Spielvorgangs zu messen.<br />

SENSORIK<br />

E<strong>in</strong> Mikrofon kann natürlich als künstliches<br />

Ohr dienen und e<strong>in</strong>e ständige Analyse<br />

des Schalls kann uns e<strong>in</strong>e Rückmeldung<br />

über die Qualität des Klangs geben.<br />

Etwas komplizierter ist es, die Sensorik<br />

<strong>der</strong> menschlichen Hand nachzubilden.<br />

Aus den Forschungsergebnissen zur Bogen-Saiten-Interaktion<br />

(z. B. [4]) ist bereits<br />

klar, dass die Bogengeschw<strong>in</strong>digkeit und<br />

die Anpresskraft sowie die Streichregion<br />

die wichtigsten Parameter darstellen.<br />

Beispielsweise lässt sich durch Variation<br />

<strong>der</strong> Bogengeschw<strong>in</strong>digkeit die Lautstärke<br />

des angeregten Tons kontrollieren.<br />

Die Klangfarbe kann durch den Abstand<br />

des Bogens zum Steg, aber auch durch<br />

die Anpresskraft bee<strong>in</strong>flusst werden. Die<br />

Bogengeschw<strong>in</strong>digkeit und e<strong>in</strong>e relativ<br />

genaue Information über den Abstand<br />

Bogen - Steg können wir aus den MoCap<br />

Daten entnehmen – vorerst unbekannt<br />

bleibt also die Kraft. Im Gegensatz zu Robotern<br />

lassen sich bei <strong>der</strong> Hand des Menschen<br />

die ausgeübten Kräfte nicht so e<strong>in</strong>fach<br />

messen. Deshalb rüsten wir e<strong>in</strong> Cello<br />

mit e<strong>in</strong>em speziell entwickelten Sensorsteg<br />

aus (siehe Abbildung 4). Dies hat<br />

den Vorteil, dass wir die beiden Streichvorgänge<br />

von Mensch und Masch<strong>in</strong>e direkt<br />

mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> vergleichen können.<br />

WARUM WIR KÜNSTLICHE<br />

INTELLIGENZ EINSET-<br />

ZEN WOLLEN<br />

In <strong>der</strong> klassischen Regelungstechnik wird<br />

e<strong>in</strong>e Regelstrecke analysiert, die sogenannten<br />

Systemeigenschaften ermittelt.<br />

Auf Basis e<strong>in</strong>es mathematischen Modells<br />

wird e<strong>in</strong> geeigneter Regler entworfen.<br />

Dieser Regelkreis muss <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage se<strong>in</strong>,<br />

z. B. auf e<strong>in</strong>e Än<strong>der</strong>ung des Ist-Zustandes<br />

ausreichend schnell und stabil zu reagieren.<br />

Beim Streichen des Cellos mit dem<br />

Bogen ist lei<strong>der</strong> ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Systemantwort<br />

zu erwarten, die Regelstrecke<br />

selbst ist sehr komplex und nichtl<strong>in</strong>ear.<br />

Auch ohne dass, wie beim Spielen üblich,<br />

die gespielte Saite ständig <strong>in</strong> ihrer Länge<br />

verän<strong>der</strong>t wird, än<strong>der</strong>n sich ständig<br />

die Regelzustände und Parameter. E<strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>greifen <strong>der</strong> klassischen Regelungstechnik<br />

wäre nur <strong>in</strong> begrenztem Umfang<br />

und mit hohem technischem Aufwand<br />

möglich. Selbstlernende o<strong>der</strong> <strong>in</strong>telligente<br />

Systeme könnten hier, so hoffen wir, e<strong>in</strong>e<br />

vielversprechende Perspektive bieten,<br />

um das Problem zu lösen.<br />

DATEN SAMMELN UND KI<br />

LERNEN LASSEN<br />

Um den E<strong>in</strong>satz von Künstlicher <strong>Intelligenz</strong><br />

zu ermöglichen, müssen wir zunächst<br />

Daten sammeln bzw. generieren.<br />

Dazu werden professionelle <strong>Musik</strong>er*<strong>in</strong>nen<br />

e<strong>in</strong>geladen, bestimmte Klänge nach<br />

unseren Vorgaben zu spielen. Mit Hilfe<br />

des neu entwickelten Sensor-Stegs und<br />

den Daten aus dem MoCap sowie zusätzlichen<br />

Tonaufnahmen werden dann<br />

so genannte Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g Sets gebildet. Wir<br />

erwarten, dass bereits bei <strong>der</strong> Zusammenstellung<br />

dieser Sets Zusammenhänge<br />

zwischen Klang und Spielparametern<br />

erkannt werden können. Nach dem Lernprozess<br />

soll die KI den Roboterarm so<br />

steuern, dass <strong>der</strong> Fehler bei e<strong>in</strong>er erneuten<br />

Aufnahme auf e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum reduziert<br />

wird. Da das System <strong>in</strong> Zukunft auch<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage se<strong>in</strong> soll, normale Celli ohne<br />

e<strong>in</strong>gebaute Sensorik zu spielen, werden<br />

auch die im Roboterarm selbst e<strong>in</strong>gebauten<br />

Kraftsensoren erfasst. E<strong>in</strong> zweiter<br />

Lernprozess zielt darauf ab, die notwendigen<br />

Spielparameter dann auch ohne das<br />

spezielle Sensor-Cello reproduzieren zu<br />

können. Hier kann die KI den Fortschritt<br />

überwachen.<br />

Noch weiter <strong>in</strong> die Zukunft gedacht,<br />

könnte e<strong>in</strong>e Software bzw. KI die Noten<br />

vom Blatt <strong>in</strong>terpretieren und dann entsprechende<br />

Bewegungen über den Roboter<br />

ausführen. Mit e<strong>in</strong>er künstlichen<br />

Greifhand o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>em zweiten Roboterarm<br />

würden sich die musikalischen Möglichkeiten<br />

jedoch noch um e<strong>in</strong> Vielfaches<br />

erweitern.<br />

IST DIE JOB-ANGST VON<br />

MUSIKER*INNEN BERECHTIGT?<br />

Insbeson<strong>der</strong>e die Doksari-Projekte zielen<br />

<strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie auf e<strong>in</strong> besseres Verständnis<br />

des <strong>Musik</strong>machens ab. Wir glauben,<br />

dass <strong>Musik</strong>er*<strong>in</strong>nen nicht befürchten<br />

müssen, durch Masch<strong>in</strong>en ersetzt zu werden,<br />

wenn mo<strong>der</strong>ne Technologien, wie<br />

18 <strong>OCG</strong> <strong>Journal</strong> | 04 • 20<strong>23</strong>

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