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OCG Journal 4/23 Zukunftsmusik - Der Einfluss der Künstlichen Intelligenz in der Musik

Wie verändert KI die Musikindustrie? Wie viel Gewicht geben wir künstlicher Kreativität? Welche Möglichkeiten entstehen durch KI in der Kunst und mit welchen technischen Anwendungen beschäftigen sich österreichische Musikwissenschaftler*innen? Die Mitgliederzeitschrift der Österreichischen Computer Gesellschaft (OCG) widmet sich stets einem Schwerpunktthema, diesmal: KI und Musik.

Wie verändert KI die Musikindustrie? Wie viel Gewicht geben wir künstlicher Kreativität? Welche Möglichkeiten entstehen durch KI in der Kunst und mit welchen technischen Anwendungen beschäftigen sich österreichische Musikwissenschaftler*innen? Die Mitgliederzeitschrift der Österreichischen Computer Gesellschaft (OCG) widmet sich stets einem Schwerpunktthema, diesmal: KI und Musik.

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Komponieren mit Würfelspiel<br />

ponieren. Dies ist also e<strong>in</strong> direkter Vorfahre<br />

von künstlicher <strong>Musik</strong>erzeugung, wo<br />

durch Zufallsvektoren <strong>Musik</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten<br />

Art „komponiert“ werden kann<br />

(Anm.: Das late<strong>in</strong>ische Wort komponieren<br />

bedeutet übersetzt zusammensetzen).<br />

Doch warum hat sich so e<strong>in</strong>e Art des<br />

Komponierens nicht durchgesetzt?<br />

„Es gab schon im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

musikalische Zufallsspiele“<br />

So wie <strong>in</strong> den Würfelspielen ist es auch<br />

für ML-Modelle e<strong>in</strong>fach möglich aus gegebenen<br />

Vorgaben etwas zu „kreieren“.<br />

Weitaus schwieriger ist es allerd<strong>in</strong>gs, die<br />

Weiterentwicklung und Anwendung auf<br />

e<strong>in</strong> neuartiges Problem o<strong>der</strong> auch etwas<br />

S<strong>in</strong>nvolles, komplett Neues zu kreieren.<br />

Die Weiterentwicklung vom Menuett<br />

zum Walzer hätte wohl nicht stattgefunden,<br />

wenn immer nur die „Menuettwürfel“<br />

geworfen worden wären. Für solche<br />

Weiterentwicklungen spielt auch <strong>der</strong><br />

gesamtgesellschaftliche Kontext e<strong>in</strong>e<br />

große Bedeutung bzw. können auch<br />

Weiterentwicklungen <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Bereichen,<br />

wie zum Beispiel Tanz, ausschlaggebend<br />

se<strong>in</strong>. ML liefert uns dah<strong>in</strong>gehend<br />

mehr Möglichkeiten als Würfelpaare,<br />

jedoch s<strong>in</strong>d - zum<strong>in</strong>dest im Moment -<br />

diese auch noch sehr beschränkt. Im<br />

nächsten Absatz werde ich die S<strong>in</strong>nfrage<br />

menschlicher Kompositionen reflektieren<br />

und argumentiere, warum ich abseits<br />

von technischen E<strong>in</strong>schränkungen<br />

nicht denke, dass computergenerierte<br />

<strong>Musik</strong> die Notwendigkeit und Nachfrage<br />

von <strong>Musik</strong>, welche von Menschen<br />

komponiert wurde, ersetzen wird. Hierbei<br />

möchte ich aber nochmals betonen,<br />

dass ML <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt <strong>der</strong> <strong>Musik</strong> aber auch<br />

an sehr verschiedenen Stellen s<strong>in</strong>nvollen<br />

E<strong>in</strong>zug halten kann, wie zum Beispiel bei<br />

Digitalisierungsschritten,<br />

Verbesserung<br />

von Notenscanqualität o<strong>der</strong> auch e<strong>in</strong>er<br />

Soundwie<strong>der</strong>gabe für Übungszwecke.<br />

Ich denke, dass wir enorm davon profitieren<br />

können, wenn wir Modelle des ML<br />

so e<strong>in</strong>setzen, dass sie uns als Menschen<br />

bereichern und entlasten. Viele spannende<br />

Bereiche werden hier auch noch erforscht<br />

werden können.<br />

VERLANGEN NACH VERBUN-<br />

DENHEIT – MUSIK BERÜHRT UNS<br />

<strong>Musik</strong> kann viele verschiedene Funktionen<br />

haben. Schon immer gab es<br />

zweckorientierte <strong>Musik</strong>, wie zum Beispiel<br />

Tanzmusik, Kirchenmusik o<strong>der</strong> auch Ritualmusik,<br />

sowie <strong>in</strong> <strong>der</strong> heutigen Zeit<br />

Filmmusik. <strong>Der</strong> Zweck kann dabei etwa<br />

Unterhaltung, Tanzbarkeit, atmosphärische<br />

Gestaltung o<strong>der</strong> auch e<strong>in</strong>e polarisierende<br />

Äußerung se<strong>in</strong> - o<strong>der</strong> auch<br />

Intellektualität, wie es zum Beispiel im<br />

20. Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>in</strong> <strong>der</strong> Avantgarde im<br />

Vor<strong>der</strong>grund stand. E<strong>in</strong> Stück <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

gewissen Stil zu komponieren, gehört<br />

zum Handwerk, das jede komponierende<br />

Person <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em vertiefenden Studium<br />

lernen wird. Solche Arbeiten würde mit<br />

angepasstem ML sicherlich schneller und<br />

effektiver erledigt werden können. Doch<br />

ist Effizienz auch nicht <strong>der</strong> ausschlaggebende<br />

Wert von <strong>Musik</strong>. <strong>Musik</strong> entspricht<br />

e<strong>in</strong>em tiefen menschlichen Urverlangen:<br />

Dem Verlangen nach Verbundenheit<br />

und Nähe, und zwar zu an<strong>der</strong>en Lebewesen,<br />

nicht zu Masch<strong>in</strong>en. <strong>Musik</strong> vermag<br />

es, Empf<strong>in</strong>dungen und Erlebtes auf e<strong>in</strong>er<br />

zusätzlichen Ebene auszudrücken, wo<br />

unsere verbale Sprache an ihre Grenzen<br />

stößt. Melodien und <strong>der</strong>en Interpretationen<br />

können uns im Zusammenspiel auf<br />

e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Ebene sehr tief berühren.<br />

Es ist bekannt, dass Frequenzschw<strong>in</strong>gungen<br />

auch e<strong>in</strong>en <strong>E<strong>in</strong>fluss</strong> auf den menschlichen<br />

Körper haben und sich positiv auf<br />

die Gesundheit auswirken können. Doch<br />

auch abgesehen davon darf nicht vergessen<br />

werden, welch hohen Stellenwert das<br />

Gefühl menschlicher Verbundenheit hat.<br />

Nicht umsonst wirkt sich das geme<strong>in</strong>same<br />

Musizieren, wie etwa Chors<strong>in</strong>gen,<br />

auch <strong>in</strong> Laienensembles sehr positiv auf<br />

die menschliche Psyche aus. E<strong>in</strong>e gute<br />

Komposition vermag es an<strong>der</strong>e Menschen<br />

tief <strong>in</strong> ihrem Inneren anzusprechen<br />

und dies hat für uns e<strong>in</strong>en speziellen<br />

Wert, wenn sie von e<strong>in</strong>em Menschen<br />

kommt. Humanistische Pr<strong>in</strong>zipien <strong>in</strong>tegrieren<br />

Würde, Respekt, persönliche Autonomie<br />

und menschliches Wohlergehen.<br />

10 <strong>OCG</strong> <strong>Journal</strong> | 04 • 20<strong>23</strong>

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