Meine Firma 2/2021
Das Servicemagazin der AXA informiert Sie dreimal jährlich zu Themen, die Sie als Kleinunternehmerin oder Kleinunternehmer interessieren.
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2 | 2021
MeineFIRMA
Das KMU-Magazin der AXA
Nachfolge geregelt
Rolf Hatt und Jacqueline Meier haben die Nachfolge
ihres Unternehmens frühzeitig geplant. Und damit das
Fortbestehen ihres Lebenswerks gesichert.
Seite 28
Werden
Sie zur
Lieblingschefin
AXA MOTIVATIONSANGEBOTE
FÜR KMU
Know You Can
Legende folgt
AXA.ch/kmu-motivation
EDITORIAL
Das eigene Lebenswerk
wahren
Kennen Sie das? Es gibt Aufgaben, die schiebt
man gerne vor sich her. So wie ich jeweils das Editorial
zum Heftauftakt. Obwohl ich es mir
immer wieder anders vornehme, erledige ich es
doch immer erst auf den letzten Drücker.
Andere Aufgaben sind hingegen so elementar
wichtig, dass man sie unbedingt frühzeitig
planen und anpacken muss. So wie die Nachfolgeplanung
des eigenen Unternehmens – misslingt
diese, drohen der Konkurs, ein Verkauf unter Wert
und der Verlust von Arbeitsplätzen. Trotzdem
kümmern sich viele KMU gar nicht oder viel
zu spät um die Nachfolgeplanung ihres Lebenswerks,
wie neuste Studien zeigen: Nur gerade
30 Prozent aller Schweizer KMU gehen das Thema
Nachfolgeplanung aktiv an. Doch mit der anstehenden
Pensionierungswelle der Babyboomer
braucht nicht nur jedes siebte KMU eine Nachfolgelösung
– es droht betriebsintern auch Knowhow-Verlust
durch die Abgänge der geburtenstarken
Jahrgänge von 1946 bis 1964. Wie Sie
Ihre Nachfolgelösung optimal aufgleisen und
Ressourcenengpässe durch Pensionierungen vermeiden
können, erfahren Sie in dieser Ausgabe.
Viel Spass bei der Lektüre!
Ihre Melanie Ade,
Chefredaktorin «Meine Firma»
3
4
7
8
14
17
18
22
8
Editorial
Leser fragen – unsere Experten antworten
Sicherheit
Drei Firmeninhaber zeigen, wie sich Ressourcenengpässe
trotz Fachkräftemangel vermeiden lassen.
Schadenreportage: Ein Unwetter legte den Betrieb der Relish
Brothers AG in Sempach vorübergehend lahm.
Erfolg
Die Zahl der Pensionierten nimmt weiter zu und stellt
zahlreiche Pensionskassen vor grosse Herausforderungen.
Leiterin Avenir Jeunesse Salomè Vogt im grossen Interview
zum Thema Altersvorsorge.
26
Grafik: Familienunternehmen
Foto: Keystone/Gaetan Bally
Wir sind auch auf LinkedIn.
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company/meine-firma
Für spannende Inhalte auch online.
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28
Verantwortung
Die Inhaber der Hatt Montagen AG haben ihre Nachfolgelösung
frühzeitig geplant. Und sind heute froh darüber.
31
Experteninterview: Wie integriertes Personalmanagement
KMU in ihrer täglichen Arbeit unterstützen kann.
32
Wie man sich auch ohne Innovationsabteilung am Markt behaupten
kann, zeigt die Kistag Dekopack AG aus Schüpfheim.
34
Mein Stolz: Erfolgreiche Unternehmer erzählen,
was ihr Unternehmen ausmacht.
Drucksache
myclimate.org/01-21-812807
IMPRESSUM
Herausgeber: AXA, Newsroom | Adresse der Redaktion: AXA, «Meine Firma», Römerstrasse 17, 8400 Winterthur,
www.meine-firma.ch, E-Mail: meine.firma@axa.ch | Redaktion: Melanie Ade (Leitung), Mitarbeit an dieser Ausgabe: Véronique
Diebold, Mirjam Eberhard, Anna Ehrensperger, Urban Henzirohs, Joëlle Jeitler, Marcel Rubin | Online: Urs Wildi | Übersetzung:
Language Services, AXA | Gestaltung und Produktion: Infel AG, Zürich, Beni Spirig | Druck und Versand: Swissprinters AG, Brühlstrasse
5, CH-4800 Zofingen | Erscheinungsweise: dreimal jährlich in Deutsch, Französisch und Italienisch | Gesamtauflage: 84’000
Anzeigenverkauf: Galledia Fachmedien AG, Burgauerstrasse 50, 9230 Flawil, Tel. 058 344 97 69, ornella.assalve@galledia.ch,
www.galledia.ch | Adressänderungen und Abbestellungen: Bitte per Mail an meine.firma@axa.ch | Rechtlicher Hinweis: Zweck
dieser Publikation ist die Vermittlung von Informationen über unsere Dienstleistungen und Produkte. Sie stellt kein Angebot im
rechtlichen Sinn dar. Über die Wettbewerbe wird keine Korrespondenz geführt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
02/2021 3
Meine FIRMA
LESERFRAGEN
Auswirkungen der Aktienrechtsreform
Ich bin Aktionär eines KMU.
Ist die Aktienrechtsreform auch
bei den KMU von Relevanz?
P. W., Le Locle
Es trifft zu, dass viele der Neuerungen des
Aktienrechts – welches frühestens per
1.1.2022 in Kraft gesetzt wird – nur
börsenkotierte Unternehmen betreffen.
Die Revision umfasst eine Modernisierung
und Flexibilisierung in verschiedenen
Bereichen und stellt auch neue Instrumente
zur Verfügung, welche teilweise
auch für die KMU von Interesse sein
können. Für KMU sind zum Beispiel die
Hedwig Zingg Sanchez,
lic. iur.,
Rechtsanwältin,
Vermögensschadenhaftpflicht
AXA
neuen und flexiblen Möglichkeiten der
Finanzierung oder der Durchführung der
Generalversammlung von Interesse.
Mit dem neu eingeführten Kapitalband
können die Aktionäre dem Verwaltungsrat
die Kompetenz einräumen, das Aktienkapital
während maximal fünf Jahren in
einer limitierten Bandbreite zu erhöhen
oder auch herabzusetzen. Dies in einem
Rahmen von minimal 50 Prozent und
maximal 150 Prozent des Aktienkapitals.
Vorausgesetzt werden dabei eine
entsprechende statutarische Bestimmung
sowie mindestens eine eingeschränkte
Revision der Gesellschaft. Bei einem
Opting-out ist nur eine Ermächtigung für
eine Kapitalerhöhung möglich. Mit dieser
Lösung können unternehmerische
Entscheide betreffend Projektfinanzierung
oder Akquisitionen vermehrt dem
Verwaltungsrat übertragen werden.
Mehr Flexibilität gilt auch für die Durchführung
der Generalversammlung. Unter
dem heutigen Aktienrecht muss die
Generalversammlung gemäss dem
sogenannten Unmittelbarkeitsprinzip
sämtliche Aktionäre an einem Ort
zusammenbringen. Damit wird ein
tatsächlicher Austausch zur Meinungsbildung
und schliesslich zur Entscheidung
der Aktionäre bezweckt. Unter dem neuen
Aktienrecht werden auch rein virtuelle
oder sogar Mischformen von Generalversammlungen
möglich, soweit das Prinzip
der virtuellen Unmittelbarkeit eingehalten
wird. Nebst einer entsprechenden
Anpassung der Statuten sind auch
technische Einrichtungen notwendig.
Vorab müssen die teilnehmenden
Aktionäre elektronisch eindeutig identifizierbar
sein und die Möglichkeit haben,
sich in die Diskussionen einzubringen und
Anträge zu stellen. Schliesslich sollen die
elektronischen Voten ohne Verzögerung,
also unmittelbar, übertragen werden, um
ein unverfälschtes Abstimmungsresultat
zu garantieren. Die KMU tun gut daran,
einen Berater beizuziehen und die
Umsetzungsmöglichkeiten im Betrieb
konkret zu prüfen.
Eingeschränkte Haftung
beim Warentransport
Wir sind ein Elektronik-Fachhandel und liefern unsere Produkte meist über
ein externes Speditionsunternehmen an unsere Kunden aus. Im Frühling
haben wir eine Lieferung hochwertiger Lautsprecherboxen im Wert von
20’000 Franken nach Kreuzlingen versandt. Diese trafen dort jedoch derart
beschädigt ein, dass sie nur noch als Totalverlust entsorgt werden konnten.
Der Transporteur haftet zweifelsfrei für den entstandenen Schaden. Warum
benötige ich dann überhaupt eine eigene Warentransportversicherung?
L. M., Uster
Speditions- und Transportunternehmungen
schränken ihre Haftung gegenüber
ihren Auftraggebern meist ein. Je nach
Haftungsbedingungen (z.B. AB SPED-
LOGSWISS, ASTAG-Bedingungen oder
aber CMR im grenzüberschreitenden
Strassenverkehr) berechnet sich eine
solche Haftungsobergrenze aufgrund des
effektiven Warengewichts.
Gehen wir in Ihrem Beispiel von 100 Kilogramm
Sendungsgewicht aus, würde
sich eine maximale Haftung zwischen
1100 und 1500 Franken ergeben.
Bei einem Warenwert von 20ʼ000 Franken
würde die Entschädigung durch den
Transporteur also nur einem Bruchteil des
tatsächlichen Schadens entsprechen.
Mit einer All Risks-Transportversicherung
der AXA sind Ihre Güter bei Verlust,
Beschädigung oder Zerstörung während
des Transports zum vollen Warenwert
versichert. Zusätzlich vergütet werden
allfällige Mehrkosten, die durch ein
Schadenereignis entstehen können (u.a.
Mehrfrachten, Expresssendungen,
Aufräumungs-, Bergungs-, Vernichtungskosten
für beschädigte Waren).
Claudia Keller,
Spezialistin
Schaden
Transportversicherungen
Meine FIRMA
4 02/2021
LESERFRAGEN
Haftung bei
riskantem
Überholmanöver
Unser Lastwagenfahrer musste bei
einer Auslieferung rechts in eine enge
Strasse abbiegen. Dabei holte er auf
die linke Strassenseite aus und bog
nach rechts ab. Bei diesem Manöver
wurde unser LKW auf der rechten Seite
von einem Personenwagen überholt.
Nur durch die schnelle Reaktion
unseres Mitarbeiters konnte eine
Kollision mit dem rechts überholenden
Auto verhindert werden. Wäre unser
Fahrer haftbar, sofern es mit dem
überholenden PW zu einer Kollision
gekommen wäre?
S. R., Mendrisio
Marc Gfeller,
Teamleiter Schaden
Motorfahrzeuge
Bern
Illustrationen: Sarah von Blumenthal; Philip Bürli
Manöver beim Rechtsabbiegen sind
äusserst gefährlich und führen nicht selten
zu Kollisionen mit Fahrrädern und Mofas.
Um die Haftung eines Verkehrsteilnehmers
abschliessend prüfen zu können, sind
natürlich immer die konkreten Umstände
zu klären.
Mit dem von Ihnen geschilderten Fall hat
sich jedoch schon das Bundesgericht
befasst und kam dabei zum Entschluss,
dass der Rechtsabbieger in erster Linie
vortrittsbelastet ist, sofern er zum Abbiegen
auf die linke Seite ausholen muss. Denn wer
solch ein Manöver ausführt, muss sowohl
vor dem Ausholen wie auch vor dem
Abbiegen sicher sein, dass er mit seinem
Manöver weder den Vortritt des Gegenverkehrs
noch denjenigen des rückseitigen
Verkehrs behindert. Der eingeschaltete
Richtungsblinker entlastet den Rechtsabbieger
dabei nicht von der gebotenen
Vorsicht, und gegebenenfalls muss vor dem
Abbiegemanöver sogar noch ein Sicherheitshalt
eingelegt werden.
Als Abbieger empfiehlt es sich daher, den
Richtungsblinker frühzeitig zu aktivieren
und ganz an den rechten Strassenrand
einzuspuren, um ein rechtsseitiges Überholmanöver
zu verunmöglichen. Sofern sie für
das Abbiegemanöver nach links ausscheren
müssen, hat der nachfolgende Verkehr
grundsätzlich Vortritt.
Lohnfortzahlung nach Tod eines
Mitarbeitenden
Einer meiner Mitarbeitenden ist ganz unerwartet verstorben. Welche
Zahlungen muss ich weiterhin übernehmen, bzw. welche finanziellen
Ansprüche können seine Angehörigen geltend machen?
F. T., Wetzikon
Grundsätzlich endet das Arbeitsverhältnis
und damit auch der Lohnanspruch mit
dem Tod des Arbeitnehmers. Hinterlässt
der verstorbene Mitarbeiter jedoch eine
Frau, einen eingetragenen Partner, minderjährige
Kinder oder andere Personen,
denen gegenüber eine Unterhaltspflicht
besteht (beispielsweise volljährige Kinder
in Ausbildung), so muss der Arbeitgeber
den Lohn noch für eine bestimmte Zeit
weiterzahlen. Dieser sogenannte Lohnnachgenuss
wird vom Todestag an
berechnet und ist abhängig von der
Dienstdauer des verstorbenen Mitarbeiters:
Vom ersten bis zum fünften Dienstjahr
muss ein Monatslohn ausbezahlt
werden, ab dem sechsten Dienstjahr zwei
Monatslöhne. Geschuldet sind dabei alle
Carole
Kaufmann Ryan,
Rechtsanwältin,
AXA-ARAG
üblichen Lohnbestandteile wie etwa feste
Zulagen oder der Anteil am 13. Monatslohn.
Dieser Lohnnachgenuss unterliegt
nicht dem Erbrecht. In den Nachlass fallen
jedoch allenfalls noch offene Ansprüche
aus dem Arbeitsverhältnis, zum Beispiel
Ferien oder Überstunden.
02/2021 5
Meine FIRMA
Schützt
Ihre Firma
AXA CYBERVERSICHERUNG
und Präventionsservices
Know You Can
AXA.ch/cyber
Sicherheit
Buchhaltung
abgeben
Accounto erlöst KMU und Treuhandunternehmen
von zeitraubenden
Buchführungsarbeiten
und kümmert sich um alles Administrative.
Damit Sie sich auf
Ihr Kerngeschäft fokussieren können.
→ axa.ch/accounto
Foto: Getty Images/iStockphoto/Eli Asenova; Shutterstock/stockfour
7500
Velos weg
Die reduzierte Mobilität im Jahr
2020 hat die Anzahl der Fahrraddiebstähle
nicht signifikant verringert:
Insgesamt wurden der
AXA 2020 nur 300 Velodiebstähle
weniger gemeldet als im Vorjahr –
da waren es noch 7800. Trotzdem
hat sich der Gesamtschadenbetrag
um 130’000 Franken auf rund
11 Millionen Franken erhöht.
Grund dafür ist, dass die neuen
Fahrräder häufig teurer sind als
alte Modelle.
→ axa.ch/medien
Sorgen um die Vorsorge
Die Altersvorsorge beschäftigt die Schweizerinnen und Schweizer
seit Jahren und steht regelmässig bei Sorgenbarometern ganz oben
auf der Liste. Wie eine repräsentative Umfrage der AXA bei mehr
als 1000 Personen in der Deutsch- und Westschweiz zeigt, befürchtet
eine Mehrheit der Befragten, dass sich der Druck auf die Altersvorsorge
aufgrund der wirtschaftlichen Herausforderungen im
Zuge der Corona-Krise weiter verschärfen wird. Fast die Hälfte der
Befragten macht sich denn auch mehr Sorgen um die eigene Vorsorgesituation,
und rund ein Drittel von ihnen plant entsprechende
Massnahmen, um dem entgegenzuwirken, wie etwa eine verstärkte
Investition in die 3. Säule oder einen Einkauf in die 2. Säule.
Obschon die Altersvorsorge bei vielen Menschen in der Schweiz
Bedenken oder Sorgen auslöst, wissen mehr als zwei Drittel der
Befragten nicht, mit wie viel Rente sie im Alter überhaupt rechnen
können. Die Mehrheit der Befragten würde daher eine klarere
Übersicht über sämtliche Leistungen aus der 1., 2. und 3. Säule
begrüssen. Um mehr Transparenz zu schaffen, hat die AXA für ihre
Kundinnen und Kunden ein digitales Vorsorgeportal entwickelt, das
einfach und übersichtlich die persönliche Vorsorgesituation über
alle drei Säulen aufzeigt. Aktuell nutzen rund 200’000 Kundinnen
und Kunden das Vorsorgeportal.
02/2021
7 Meine FIRMA
FACHKRÄFTEMANGEL
Samuel Amrein, Managing Director
der First Choice Consulting AG,
stellt seit der Corona-Pandemie
einen zusätzlichen Bedarf an
spezialisierten Fachkräften fest.
Meine FIRMA
8 02/2021
FACHKRÄFTEMANGEL
Gezielt suchen
heisst besser finden
Der Fachkräftebedarf ist 2020 erstmals seit vier Jahren
wieder gesunken. Doch der Schein trügt – auch in
Zukunft werden ein umfassendes Talentmanagement
und eine durchdachte Rekrutierungsstrategie entscheidend
sein für die Gewinnung qualifizierter Mitarbeitenden.
Text Melanie Ade
Bild Dan Cermak
Meine Firma
Der demografische Wandel bewegt die Schweizer
Arbeitswelt seit vielen Jahren: Fachkräftemangel,
Pensionierungswellen, Verlängerung der Lebensarbeitszeit
sowie der Verlust von Know-how sind nur
einige von vielen Themen, die auch kleine und mittlere
Unternehmen schon länger umtreiben. Doch
dann überrollte die Corona-Krise die Schweizer
Wirtschaft mit beispielloser Wucht und stellte alles
Dagewesene auf den Kopf. Während der Fachkräftemangel
in den vorherigen Jahren stetig zugenommen
hatte, sank er 2020 erstmals
um 17 Prozent, wie der neuste
Fachkräftemangel-Index der
Adecco-Gruppe Schweiz zeigt.
Die First Choice Consulting AG
aus Luzern wurde 2011 gegründet
und ist spezialisiert auf das
Recruiting von Führungs- und
Fachkräften im Schweizer
Pharmamarkt sowie im
persönlichen Business Coaching
erfahrener Leistungsträger. Das
etablierte dreiköpfige Team
verfügt über langjährige
Erfahrung im Recruiting/Head
Hunting, Human-Resourcesund
Leadership-Management
sowie im Begleiten von Veränderungsprozessen.
→ firstchoice-consulting.ch
Nicht alle Branchen gleich
stark betroffen
Dennoch besteht in einigen
Branchen weiterhin ein Fachkräftemangel,
wie beispielsweise
in den Bereichen Ingenieurwesen,
Technik, Treuhand
sowie Informatik. Besonders
hoch blieb der Fachkräftebedarf
2020 in den Berufen der
Humanmedizin und Pharmazie.
Das kann auch Samuel
Amrein, Managing Director
der First Choice Consulting
AG, bestätigen – seine Firma
ist spezialisiert auf die Rekrutierung
von Führungs- und Fachkräften im Schweizer
Pharmamarkt. «Obwohl dieser Markt weitgehend
stabil ist, stellen wir seit der Corona-Pandemie einen
zunehmenden Mangel an spezialisierten Fachkräften
fest. Einerseits rekrutieren die Firmen derzeit
zurückhaltender, andererseits
ist auch die Dynamik individueller
Jobwechsel tendenziell
rückläufig.» Viele Arbeitnehmende
würden aufgrund
der Corona-Pandemie auf eine
Entspannung der Lage hoffen
und sich nicht in eine neue
Position und damit in eine vertragliche
Probezeit begeben
wollen, so der Unternehmer
aus Luzern.
Das bestätigt auch der
neuste «swissVR Monitor»
«Ein interessantes
Jobprofil allein reicht
heute nicht mehr aus,
um den Unterschied
zu machen.»
Samuel Amrein,
Managing Director der First Choice
Consulting AG
– eine halbjährliche Umfrage des Beratungsunternehmens
Deloitte sowie der Hochschule Luzern, die
auf der Befragung von 420 Schweizer Verwaltungsrätinnen
und Verwaltungsräten basiert und deren
Einschätzungen zu Konjunktur- und Geschäftsaussichten
erfasst. Er besagt, dass im vergangenen Jahr
zwar etwas weniger Stellen ausgeschrieben wurden,
der Fachkräftemangel aber immer noch da sei –
wenn auch temporär etwas weniger ausgeprägt. Die
Ergebnisse zeigen, dass viele Unternehmen nach wie
vor händeringend auf der Suche nach Fachkräften
sind; 59 Prozent der Befragten befürchten, dass
→
02/2021 9
Meine FIRMA
FACHKRÄFTEMANGEL
Meine Firma
es zunehmend schwieriger wird, hochqualifiziertes
Personal zu finden.
Junge Talente fördern
Einen Ressourcenengpass hat auch die Duss Küchen
AG zu verkraften, erzählt Geschäftsführer und Verwaltungsrat
René Widmer. Das in Emmenbrücke ansässige
Unternehmen ist seit Längerem auf der Suche
nach einem Kalkulator – bisher ohne Erfolg. «Generell
mussten wir feststellen, dass sich in den letzten
Monaten weniger Interessenten auf eine ausgeschriebene
Stelle beworben haben als früher. Es braucht
oft etwas mehr Zeit oder manchmal auch Glück, um
qualifizierte Mitarbeitende zu finden», sagt Widmer.
Doch allein der Corona-Pandemie mag er diesen Umstand
nicht zuschreiben. «Fehlende Fachkräfte waren
in unserer Branche schon vor Corona ein Thema.
Zukünftige Abgänge durch Pensionierungen planen
wir deshalb immer schon zwei Jahre im Voraus ein,
um die Stelle rechtzeitig neu besetzen zu können;
punktuelle Ressourcenengpässe versuchen wir stets
mit internen Rochaden auszugleichen oder Lernende
nachzuziehen.»
Beim Küchenspezialisten setzt man generell auf
die Aus- und Weiterbildung junger Talente und bildet
deshalb immer vier bis fünf Lernende gleichzeitig
aus. «Wir investieren viel in die Förderung und
Stärkung der individuellen Fähigkeiten und Begabungen
unserer Mitarbeitenden», sagt René Widmer.
Das entspreche zum einen den Unternehmenswerten
der Duss Küchen AG, sei aber darüber hinaus auch
elementar, um sich auf dem Stellenmarkt als attraktiver
Arbeitgeber zu positionieren, ist der Unternehmer
überzeugt: «Neben einer interessanten Tätigkeit,
einer modernen Infrastruktur und selbständiger
Arbeitsweise sind flexible Arbeitsmodelle und die
Möglichkeit, sich intern weiterzuentwickeln oder
weiterzubilden, heutzutage ein zentrales Bedürfnis
für junge Talente.»
«Ressourcenengpässe
versuchen wir mit
internen Rochaden
auszugleichen.»
René Widmer,
Geschäftsführer und Verwaltungsrat
der Duss Küchen AG
Bedürfnisse
genau abklären
Das bekräftigt auch Senior
Recruiting Manager Samuel
Amrein: «Ein interessantes
Jobprofil allein reicht heute
nicht mehr aus, um den Unterschied
zu machen. KMU
tun deshalb gut daran, sich
die Frage zu stellen, was genau
die Nachwuchskräfte
der jungen Generation an
Bedürfnissen mitbringen.»
So wünsche sich die neue Generation ein gewisses
Mitspracherecht, einfache Strukturen und flache
Hierarchien sowie eine wertschätzende Firmenkul-
1985 gegründet, beschäftigt
die Duss Küchen AG aus
Emmenbrücke heute 42
Mitarbeitende, davon fünf
Lernende. Die Firma ist
spezialisiert auf Küchenkonzepte,
Schränke, Türen und
Badzimmermöbel. Sie berät,
produziert, liefert und
montiert alles rund um
schöneres Wohnen in Eigenproduktion.
Das Team steht
seit über 30 Jahren für
höchste Qualität, Massarbeit
und persönliche Beratung und
unterstützt nachhaltig den
lokalen Wirtschaftsstandort.
→ duss-kuechen.ch
tur. Amrein hält es deshalb in Einzelfällen gar für
sinnvoll, wenn KMU für neue Rekrutierungskonzepte
gezielt interne oder externe Meinungsträger
der jüngeren Generation ins Boot holen, deren Bedürfnisse
genau abklären und diese in den Rekrutierungsprozess
integrieren: «Schliesslich sind die Neuzugänge
der neuen Generation die Führungskräfte
und Entscheidungsträger von morgen.»
Arbeitnehmende für die Zukunft fit machen
Sich bewusst auf die Zielgruppe einzulassen und
konkret auf deren Bedürfnisse einzugehen, das rät
auch Unternehmer Cornel Müller seinen Kunden.
Seine HR Tech Holding AG bietet sowohl für Stellensuchende
als auch für Unternehmen unterstützende
digitale Plattformen und Tools im Rekrutierungsbereich
und hat eine hehre Vision: Arbeitgeber und
Arbeitnehmende einfacher zusammenzubringen.
«Aufgrund der demografischen Entwicklung werden
uns mittel- und langfristig in der Schweiz Fachkräfte
fehlen, und da wird es für Arbeitgeber wie
auch für die ganze Volkswirtschaft relevant, dass wir
Arbeitnehmende mit den nötigen Skills ausstatten
und weiterbilden, um sie für den Arbeitsmarkt der
Zukunft fit machen», ist Müller überzeugt. Aber:
«Gerade KMU haben limitierte Ressourcen im Personalbereich,
um die Mitarbeitenden in dieser Transformation
wertvoll zu unterstützen.»
Der Firmenchef empfiehlt KMU deshalb den digitalen
Karriereberater «People-Analytix». Das Tool
zeigt Mitarbeitenden auf, welche Fähigkeiten künftig
an Bedeutung gewinnen, welche Jobs oder Projekte
am besten zum eigenen Profil passen und wie
allfällige Lücken im Jobprofil gezielt geschlossen
werden können. Für Vorgesetzte sei People-Analytix
wiederum ein nützliches Werkzeug, um zu erkennen,
welche Mitarbeitenden sich für ein Projekt
→
Meine FIRMA
10 02/2021
FACHKRÄFTEMANGEL
Setzt auf die Aus- und
Weiterbildung junger
Talente: René Widmer,
Geschäftsführer und
Verwaltungsrat der
Duss Küchen AG, mit zwei
seiner Lernenden.
02/2021 11
Meine FIRMA
FACHKRÄFTEMANGEL
Meine Firma
Die HR Tech Holding AG ist
spezialisiert auf innovative
Lösungen für E-Recruiting,
Talentmanagement und
Arbeitsmarktdaten. 1999
gegründet, umfasst die Holding
heute mit der jobchannel AG,
der x28 AG, dem SFKI und der
People-Analytix AG insgesamt
vier Firmen unter ihrem Dach.
Übergeordnetes Ziel ist es,
Arbeitgeber und Arbeitnehmende
mit Hilfe von innovativen
Tools und Technologien
zusammenzubringen und
damit sowohl Unternehmen bei
der Rekrutierung als auch
Fachkräfte bei der Jobsuche zu
unterstützen.
→ hr-tech.ch
Will mit seiner Firma
Arbeitgeber und Arbeitnehmende
zusammenbringen:
Cornel Müller, Gründer
und Inhaber der HR Tech
Holding AG.
Meine FIRMA
12 02/2021
FACHKRÄFTEMANGEL
oder eine Vakanz am besten eignen und wo noch
Weiterentwicklungsbedarf in der Belegschaft besteht.
«Dadurch können KMU gezielt ihre Zukunftsfähigkeit
sichern», erklärt Müller.
Die eigenen Stolpersteine kennen
Und noch einen wertvollen Hinweis hat der Unternehmer,
der mit seiner HR Tech Holding während
der Corona-Pandemie die Taskforce des Bundes
sowie die ETH Zürich mit den aktuellsten Arbeitsmarktdaten
beliefert hat, für andere KMU: «Ein Mangel
an Fachkräften ist nicht immer marktgetrieben,
sondern manchmal auch ‹hausgemacht›. Jedes KMU
sollte sich fragen: Lassen sich nur schwerlich Fachkräfte
finden, weil es nicht genügend gibt? Oder
gibt es nur in der jeweiligen Region zu wenige? Ist
meine Branche nicht attraktiv genug? Sind vielleicht
andere Unternehmen besser aufgestellt, oder suche
ich falsch?» Antworten auf diese Fragen gibt der
Schweizerische Fachkräfte-Index (SFKI). Der von der
«Fachkräftemangel
ist nicht immer
nur marktgetrieben,
sondern manchmal
auch hausgemacht.»
Cornel Müller,
Gründer und Inhaber der
HR Tech Holding AG
HR Tech Holding AG gemeinsam mit der Hochschule
Luzern entwickelte, wissenschaftlich fundierte Index
gibt Unternehmen Aufschluss darüber, wo sie
im Fachkräftemarkt stehen, wo die Stolpersteine bei
der Gewinnung spezialisierter Fachkräfte liegen und
wie diese aus dem Weg geräumt werden könnten.
Denn, wie Cornel Müller treffend sagt: «Wer den
Markt versteht, gewinnt die besten Fachkräfte.»
Sechs Tipps zum Erfolg
Cornel Müller, Gründer und
Inhaber der HR Tech Holding
AG, verrät sechs Tipps, mit
denen Sie sich und Ihr KMU als
attraktiver Arbeitgeber
positionieren und für junge
Talente und spezialisierte
Fachkräfte interessant machen
können.
i1i
Stellenanzeige auf der eigenen
Website aufschalten
Eine eigene Website hat heutzutage
jedes Unternehmen. Nutzen
Sie diese unbedingt, um Ihre
Vakanzen zu publizieren.
Einfacher und kostengünstiger
geht das nirgends. Pro Stellenanzeige
erstellen Sie am besten eine
separate Unterseite (keine PDFs).
Damit werden Ihre Stellenanzeigen
von (Job-)Suchmaschinen
besser gefunden.
i2i
Karrierewebsite mit attraktiven
Benefits anreichern
Kreieren Sie eine Karriereseite.
Damit können Sie nicht nur den
Stellenanzeigen einen Kontext
geben, sondern auch die Benefits,
die Sie als Arbeitgeber bieten,
beschreiben. Überlegen Sie sich,
was Sie als Arbeitgeber von
anderen Arbeitgebern abhebt und
was Sie als KMU im Gegensatz zu
«den Grossen» bieten können.
i3i
Jobtitel immer kurz und
eindeutig halten
Jobchannel hat diverse Analysen
und Auswertungen von Stellenanzeigen
gemacht und ist zum
Schluss gekommen: Jobtitel mit
11 bis 20 Zeichen erreichen die
beste Interaktionsrate. Um den
Jobtitel kompakt zu halten, sollten
Sie, wenn immer möglich,
genderneutrale Bezeichnungen
verwenden (z.B. Pflegefachperson
anstatt Pflegefachmann/-fachfrau).
Ausserdem erzielen
Stellenanzeigen mit eindeutigen,
unmissverständlichen Jobtiteln
bessere Ergebnisse (z.B. Pflegefachperson
anstatt Fachspezialist/
Fachspezialistin Pflege).
i4i
Zielgruppe und Arbeitsmarktsituation
kennen
Wie ticken die Menschen, die Sie
suchen? Wo befinden sie sich?
Wo suchen sie? Gibt es auf dem
Arbeitsmarkt viele von ihnen oder
nur ein paar wenige? Gibt es Menschen
auf dem Arbeitsmarkt, die
für Ihre Position mit wenig Upskilling
auch in Frage kommen?
Sucht Ihre Konkurrenz dieselben
Menschen? Was macht Ihre
Konkurrenz anders in Sachen
Recruiting?
i5i
Zielgruppenspezifische Inhalte
erstellen
Wenn Sie Ihre Zielgruppe genau
kennen, können Sie diese
spezifisch am richtigen Ort
ansprechen und für sich gewinnen.
Erstellen Sie dazu zielgruppenspezifische
Inhalte auf Ihrer
Website. Platzieren Sie die Inhalte
auf Ihrer Karriereseite. Erstellen
Sie dazu pro Berufsgruppe eine
einzelne Unterseite. Haben Sie
herausgefunden, dass Ihre
Zielgruppe gerne flexible
Arbeitszeiten hat und Wert darauf
legt, Beruf und Familie vereinbaren
zu können? Heben Sie Ihre
Arbeitsbedingungen speziell für
Mütter und Väter hervor und die
Möglichkeit, sich die Arbeitszeit
selbst einzuteilen.
i6i
Hürdenfreie Bewerbungsmöglichkeiten
anbieten
Alle Massnahmen helfen nur,
wenn sich die richtigen Menschen
am Schluss auch bewerben und
den Bewerbungsprozess nicht
abbrechen. Dazu muss als Erstes
ersichtlich sein, wie man sich
bewerben kann. Auch Kontaktmöglichkeiten
– am besten
persönliche – für Fragen müssen
leicht zu finden sein. Ausserdem
muss der Bewerbungsprozess frei
von komplizierten Formularen,
unnötigen Umwegen und ewig
dauernden Feedbackrunden sein.
02/2021 13
Meine FIRMA
SCHADENREPORTAGE
MARKETING
Zu viel Strom auf
der Gitarre
Gitarren verstehen sich nicht mit Wasser, auch nicht diejenigen
der Relish Brothers AG in Sempach Station. Nachdem ihr Lagerbestand durch
eine Überschwemmung restlos zerstört worden war, stand nicht
nur ihr Ruf als Qualitätsmarke, sondern gar ihre Zukunft auf dem Spiel.
Text Marcel Rubin
Bild Herbert Zimmermann
Der Blick auf die Berge zur Linken und nahende Silos
und Bauernhöfe zur Rechten lassen bei der Einfahrt
in Sempach Station nicht erahnen, dass in diesem
kleinen Dorf einer der innovativsten Gitarrenbauer
der Schweiz beheimatet ist. Trügerisch ist auch die
Idylle, die dieser Ort versprüht. Denn Anfang Juli
letzten Jahres hingen noch dunkle Wolken über seinem
Himmel.
Der verhängnisvolle Anruf
«Meine Frau hat mir schon lange gesagt, ich solle mir
endlich mal ein privates Handy zulegen», beginnt
Silvan Küng, Geschäftsführer und Co-Gründer der
Firma Relish Brothers AG, den vergangenen 2. Juli
2020 zu rekapitulieren. Seit der Firmengründung
2013 sei sein Mobiltelefon immer mehr zu einem Geschäftshandy
mutiert, und ein zusätzliches hatte er
sich – entgegen der dringlichen Bitte seiner Ehefrau
– nie zugelegt. «Wir hatten einen Abend zu zweit
geplant und assen in einem Restaurant in Luzern zu
Abend», erzählt er weiter und auch davon, dass sie
nach dem Essen weiter ins Kino gingen und dabei die
ganze Zeit etwas klingeln und surren hörten. «Mein
Handy konnte es aber gar nicht sein, ich hatte es zu
Hause liegen gelassen.»
Der Blick auf das Gerät seiner Frau offenbarte
schliesslich unzählige verpasste Anrufe und Nachrichten
– jedoch an seine eigene Adresse. «Ich ging
aus dem Kino und telefonierte mit meinen Eltern.
Diese hatten von einem Bekannten bei der Feuerwehr
erfahren, dass das ganze Gebiet rund um unseren
Firmensitz unter Wasser stand», führt Küng
weiter aus. In der Region regnete es den ganzen Tag
«Wären es fertige Instrumente
gewesen, hätte das Gitarrenherz sicher
noch stärker geblutet.»
Silvan Küng, Geschäftsführer und Co-Gründer Relish Brothers AG
über heftig, besorgte Gedanken
über seine Firma machte er sich
deshalb aber keine. Kurz überlegte
er, sich gleich selbst und unmittelbar
ein Bild der Lage zu machen.
Man könne aber sowieso nicht herein,
viel zu gefährlich mit all dem
Wasser und den überschwemmten
Stromleitungen im Gebäude, hiess
es vom anderen Ende der Leitung.
Am nächsten Morgen fuhr er zu
seinem Unternehmen und begutachtete
die Auswirkungen des vergangenen
Unwetters.
Meine Firma
Der Morgen danach
Schon bei der Anfahrt ahnte der Unternehmer
nichts Gutes. Von den Fluten weggetragene Autos
und Hochwasser überall. «Das Ausmass war grösser
als zuerst angenommen. Ich fuhr in der Region
von Ort zu Ort und begutachtete einen Schadenfall
nach dem anderen», bestätigt auch Daniel Wipfli,
Schadeninspektor bei der AXA und an besagtem Tag
ebenfalls vor Ort anwesend, die Umstände. An ein
Weiterarbeiten konnte vorerst nicht gedacht werden.
Wasser und Schlamm hatten sich die Einfahrt
herruntergeschlichen und sammelten sich im untergeschossigen
Lagerraum über einen Meter hoch
an. Zudem bestand das Risiko, dass die ganze Masse
unter Strom stehen könnte. Die Dimension des Schadens
konnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschätzt
werden. «Eine erste Erleichterung war, zu
wissen, dass keine fertiggebauten Gitarren vom Unwetter
betroffen waren», sagt Silvan Küng und führt
weiter aus: «Im Lager befanden sich vor allem Halbfabrikate.
Zwar hatten wir auch in diese Teile bereits
einiges an Arbeitszeit investiert, wären es aber fertige
Instrumente gewesen, hätte das Gitarrenherz sicherlich
noch stärker geblutet.» Das Eindringen des
Wasser-Sand-Gemischs hatte jedoch zur Folge,
Seit 2013 entwickelt und baut
die Firma Relish Brothers AG in
Sempach Station Gitarren, die
etwas aus der Reihe tanzen.
Ihre innovativen Instrumente
bauen sie unter anderem aus
Aluminium und mit austauschbaren
Tonabnehmern, bevor
sie sie in die ganze Welt verschicken.
→ relish.swiss
→
Meine FIRMA
14 02/2021
SCHADENREPORTAGE
1 Die Gitarren werden in der
hauseigenen Manufaktur in
Sempach Station hergestellt.
2 Co-Gründer und Geschäftsführer
Silvan Küng ist stolz auf seine
innovativen Instrumente.
3 Rund eine Gitarrenlänge hoch
stand das Hochwasser im Lager.
4 Silvan Küng mit AXA-
Schaden-inspektor
Daniel Wipfli im Showroom
der Relish Brothers AG.
1
2
3
4
02/2021 15
Meine FIRMA
SCHADENREPORTAGE
werden kann. Ihre Kundschaft stellt sich denn auch
mehrheitlich aus Technikaffinen sowie Berufsmusikerinnen
und Berufsmusikern zusammen, nicht
zuletzt auch, da sich die Instrumente der Relish
Brothers in einer eher höheren Preisklasse bewegen.
Auch aufgrund dieses Umstandes war bei der Begutachtung
der Schäden nach der Überschwemmung
schnell klar, dass hier kein Reputationsrisiko eingegangen
werden durfte, indem angeschlagene Ware
weiterverarbeitet würde.
Silvan Küng ist heilfroh, dass seine Firma die Krise glimpflich überstanden hat.
dass die Regale im Lager umgestürzt waren und die
überwiegend aus Holz bestehenden Komponenten
restlos nass wurden. Der ganze Lagerbestand musste
entsorgt werden – so viel stand bereits fest. Zu gross
wäre das Risiko von Garantiefällen gewesen, hätte
man mit diesen Teilen weiterhin Gitarren gebaut.
Qualität als höchstes Gut
Die Relish Brothers AG baut die etwas anderen Gitarren.
Zum Einsatz kommt neben klassisch verbautem
Holz auch Aluminium, welches sich am besten als
Skelett der Gitarre beschreiben lässt. Noch spezieller
wird es aber bei der Elektronik: Normalerweise werden
die Tonabnehmer, welche die Schwingungen der
angeschlagenen Saiten erfassen und in akustische
Signale umwandeln, fest in eine Gitarre verbaut.
Küng und seinem Co-Gründer war dieser Umstand
ein Dorn im Auge. Jeder Tonabnehmer, auch Pickup
genannt, verfügt über ganz individuelle Eigenschaften
und entsprechend auch über ein spezifisches
Klangbild. Will man dieses verändern, muss man in
der Regel entweder mühsam die Pickups abhängen,
ausschrauben und die neuen
wieder einbauen sowie an die
Sachversicherung
Unternehmungen
Niemand ist gefeit gegen Feuer-,
Elementar-, Wasser-, Glasschaden
und Einbruchdiebstahl.
Damit Sie im Schadenfall nicht
mit leeren Händen dastehen,
übernimmt die Sachversicherung
der AXA unkompliziert den
materiellen Verlust, Ihren
Betriebsunterbruchschaden,
Mehr- sowie Räumungs- und
Entsorgungskosten.
→ axa.ch/sachversicherung
Kabel anlöten oder sich gleich
eine zusätzliche Gitarre anschaffen.
Dieses Problem sowie
das Bedürfnis nach mehr
Individualität haben die beiden
Firmengründer erkannt
und ein Patent entwickelt,
welches das einfache Austauschen
der Tonabnehmer
– sogar während des Musizierens
– ermöglicht. Am besten
kann dieses System mit einem
Smartphone verglichen
werden, welches durch verschiedene
Apps personalisiert
Gemeinsam durch die Krise
Ein möglicher Reputationsschaden blieb jedoch
auch weiterhin Küngs grösste Sorge. Nordamerika
ist sein grösster Absatzmarkt, daneben bietet er
seine Gitarren Kundinnen und Kunden rund um
den Globus an – und diese warteten auf ihre Bestellungen.
Gerade als Anbieter eines Nischenprodukts
ist der Ruf in der Branche sehr wichtig. Und Lieferausfälle
mithin etwas vom Schlimmsten, was Küng
und der Reputation seiner Firma hätte widerfahren
können. Doch fehlte es an unbeschädigten Gitarrenkoffern,
welche normalerweise per Seefracht angeliefert
werden, was mehrere Wochen Lieferzeit in
Anspruch nimmt. Obwohl mit einem finanziellen
Mehraufwand verbunden, bestellte Küng die «Cases»
per Luftfracht. Glücklicherweise konnte dieser
schnellere, aber auch teurere Transport über die Versicherung
abgebucht werden. «Wir haben die Kosten
eines Betriebsausfalls den nötigen Kosten für eine
Wiederaufnahme des Betriebs gegenübergestellt
und uns darum dafür entschieden, alles zu tun, damit
so schnell wie möglich weitergearbeitet werden
kann», begründet Schadeninspektor Wipfli das mit
Küng vereinbarte Vorgehen. «Ich war heilfroh, dass
ich in dieser Zeit nicht allein dastand. Wir arbeiteten
Hand in Hand, was für mich eine enorme finanzielle,
aber auch mentale Entlastung bedeutete», beschreibt
Silvan Küng seine Erfahrung. So wurde der
Lagerraum innert kurzer Zeit von den Wasser- und
Schlammmassen befreit, und auch ein Provisorium
für anstehende Lackierarbeiten fand sich in gemeinsamer
Zusammenarbeit. «Silvan kennt seine Firma
ganz genau und konnte mir die benötigten Angaben
für die Schadenbearbeitung umgehend elektronisch
zustellen, das war in der Situation matchentscheidend»,
beschreibt Daniel Wipfli seinen Kunden erfreut.
Doch trotz der guten Zusammenarbeit und
dem Fakt, mit einem blauen Auge davongekommen
zu sein, lassen die nächsten Rekordniederschläge
hoffentlich noch etwas auf sich warten. In der Zwischenzeit
hat Küng seinen neuen Lagerbestand vorsichtshalber
schon mal neben sich ins Büro umdisponiert.
«Wir haben uns entschieden, alles
zu tun, damit so schnell wie möglich
weitergearbeitet werden kann.»
Daniel Wipfli, Schadeninspektor AXA
Meine FIRMA
16 02/2021
Erfolg
Fotos: Shutterstock/Tyler Olson; iStockphoto/peterschreiber.media
Neue
Zahlungsoptionen
Als erste Allbranchenversicherung
der Schweiz bietet die AXA
ihren Privatversicherten neu die
Möglichkeit an, ihre Rechnungen
in Bitcoin zu bezahlen. Damit reagiert
sie auf das wachsende Kundenbedürfnis
nach mehr Wahlfreiheit
im Zahlungsverkehr. Vorerst
können Prämienzahlungen
für alle Nichtleben-Produkte der
AXA Versicherungen AG (ohne
AXA-ARAG) bequem in Bitcoin bezahlt
werden, weitere Zahlungsoptionen
wie beispielsweise Twint
werden folgen.
Mehr vom
Lohn
Mit Swibeco profitieren Ihre Mitarbeitenden
von Vorzugspreisen
und steuerfreien Lohnnebenleistungen.
Für Kundinnen und Kunden
mit einer BVG-Lösung der
AXA ist dieser Zusatzservice inbegriffen.
→ axa.ch/swibeco
Umfassend abgesichert
Einfach, klar und flexibel – so wünschen sich KMU ihre Versicherung.
Die AXA Schweiz hat ihr Angebot an dieses Bedürfnis angepasst
und im Frühling zwei neue Produkte lanciert: die KMU Versicherung
und die KMU Personenversicherung. Beide Produkte sind
modular aufgebaut, und die Deckungsbausteine können flexibel
zusammengestellt und auf den jeweiligen Betrieb zugeschnitten
angeboten werden. Die Kundendokumente sind klar und verständlich
– in der Offerte und im Vertrag sehen Kunden auf einen Blick,
was versichert ist und was nicht. Das modulare Angebot der KMU
Versicherung umfasst die wichtigsten Sach- und Haftpflichtversicherungen
sowie den Rechtsschutz und die Cyberversicherung für
KMU und kann im Paket oder einzeln abgeschlossen werden. Die
KMU Personenversicherung entlastet Sie in finanzieller Hinsicht
mit der obligatorischen Unfallversicherung gemäss UVG, Unfallzusatzversicherung
und Krankentaggeldversicherung. Darüber hinaus
wird Ihr Unternehmen mit präventiven Massnahmen begleitet, die
zur Gesundheit Ihrer Mitarbeitenden beitragen. Bei den neuen KMU
Versicherungen reichen künftig wenige Angaben und Risikofragen,
um eine optimale Versicherungslösung zusammenzustellen. Unternehmerinnen
und Unternehmer, die sich gerne online informieren,
finden über den KMU Check heraus, welche Versicherungen ihr Betrieb
benötigt, und können im KMU-Onlinerechner direkt die Prämie
berechnen.
→ axa.ch/kmu-versicherung
02/2021 17
Meine FIRMA
BERUFLICHE VORSORGE
Faire Lösung
für alle
Generationen
Foto: Getty Images/iStockphoto
Die Schweiz blickt einer regelrechten
Pensionierungswelle
entgegen. Die Querfinanzierung
der Altersrenten zulasten
der jüngeren Generationen in
der beruflichen Vorsorge dürfte
dadurch weiter zunehmen.
Gerade jetzt zeigen sich
die Stärken von teilautonomen
BVG-Lösungen.
Text Anna Ehrensperger
Meine FIRMA
18 02/2021
In den nächsten 10 bis 15 Jahren werden so viele
Menschen in der Schweiz pensioniert wie nie zuvor.
Rund eine Million Schweizerinnen und Schweizer
werden im kommenden Jahrzehnt das Rentenalter
erreichen. Dann nämlich kommen zahlreiche Babyboomer,
also Personen der geburtenstarken Jahrgänge
bis 1964, ins Rentenalter.
Die Zahl der Pensionierten nimmt weiter stetig
zu, wodurch sich das Verhältnis von Berufstätigen
und Pensionierten innerhalb der Pensionskassen
weiter verschlechtern wird. Zusammen mit der gestiegenen
Lebenserwartung und den anhaltend tiefen
Zinsen wird dies zahlreiche Pensionskassen in
den nächsten Jahren vor zusätzliche Herausforderungen
stellen.
Verzahnt Produktion
mit Administration:
Rentenproblematik verschärft sich
Umso mehr, als die heute geltenden Parameter zur
Berechnung der Altersrenten auf zu optimistischen
Grundlagen beruhen. Dies trifft insbesondere auf den
gesetzlich festgelegten BVG-Umwandlungssatz zu,
der nach heutiger Berechnungsgrundlage zu hoch
ist. Bei der Einführung der beruflichen Vorsorge war
die Lebenserwartung noch deutlich tiefer, die Zinsen
wesentlich besser und der Anteil der Berufstätigen
im Vergleich zu den Rentnern deutlich höher.
Einmal gesprochene Altersrenten bleiben zudem
während ihrer ganzen Laufzeit unverändert, da die
Rentnerinnen und Rentner von einer Besitzstandsgarantie
profitieren. Die Pensionskassen müssen die
Altersrenten somit aus dem angesparten Vorsorgevermögen
der Rentner sowie den Zinserträgen finanzieren,
die sie erwirtschaften. Unter den heutigen
Rahmenbedingungen wird dies jedoch zunehmend
schwieriger. Reicht das verfügbare Geld nicht mehr
aus, müssen Pensionskassen andere Wege finden,
um die laufenden Renten zu finanzieren.
«Einmal gesprochene Altersrenten
bleiben während ihrer ganzen
Laufzeit unverändert.»
Sie müssen entweder deutlich mehr Rendite erwirtschaften
können oder aber die Leistungen für
zukünftige Generationen verringern und zusätzliches
Geld abzwacken, das eigentlich den Berufstätigen
zustünde. Mit der anstehenden Pensionierung
der Babyboomer wird sich dieser Umstand weiter
verschärfen.
Milliarden werden umverteilt
Schon heute werden in der Schweiz jedes Jahr Milliardenbeträge
in der beruflichen Vorsorge von den
Jüngeren zur älteren Generation umverteilt, indem
die erwirtschafteten Zinserträge nicht oder nur teilweise
auf dem Konto der berufstätigen Sparerinnen
und Sparer landen und stattdessen zur Finanzierung
von bestehenden und neuen Altersrenten
02/2021 19
→
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Technik edupool.ch
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BERUFLICHE VORSORGE
Foto: zVg
«Teilautonome Lösungen sind
nachhaltig rentabler»
Die AXA fokussiert seit Anfang
2019 ganz auf teilautonome
Pensionskassenlösungen.
Welche Bilanz ziehen Sie heute?
Unsere neuen teilautonomen
Sammelstiftungen haben sich in
den letzten zwei Jahren sehr gut
entwickelt und auch das
herausfordernde Corona-Jahr
problemlos gemeistert. Trotz
starker Börsenschwankungen im
Jahr 2020 konnten sie den
Versicherten erneut eine hohe
Verzinsung der Altersguthaben
gewähren, die deutlich über dem
BVG-Mindestzinssatz liegt.
Wie steht es um den Deckungsgrad
nach dem turbulenten
Corona-Jahr?
Ende 2020 lag der durchschnittliche
Deckungsgrad bei rund
110 Prozent. Die langfristig ausgerichtete
und gut ausbalancierte
Anlagestrategie zahlt sich aus. Die
Sammelstiftungen verfügen
zudem über eine solide finanzielle
und strukturelle Ausgangslage.
Sie sind mit Zusatzreserven in der
Höhe von 3 Milliarden Franken
und einem hohen Deckungsgrad
in die Teilautonomie gestartet
und konnten 2019 ihre Schwankungsreserven
sogar ausbauen.
Dadurch können sie Marktschwankungen
über die Zeit
ausgleichen.
Wie hat sich das Neugeschäft
entwickelt?
Die Nachfrage im Markt ist gross,
denn die guten Konditionen
unserer teilautonomen Sammelstiftungen
sprechen für sich.
Nachdem sich bereits zum
Zeitpunkt der Transformation
verwendet werden. Gemäss der Oberaufsichtskommission
(OAK) betrug die Umverteilung in der beruflichen
Vorsorge allein im Jahr 2019 mehr als 7 Milliarden
Franken. Dieses Geld wird später den heute
Berufstätigen fehlen, wenn sie dereinst selber in
Rente gehen.
Besonders stark wirkt sich dieses Ungleichgewicht
in der Vollversicherung aus, die umfassende
Constance Reschke,
Leiterin Berufliche Vorsorge
der AXA Schweiz
neun von zehn bestehenden
Kunden für den Wechsel in die
Teilautonomie entschieden
hatten, legten unsere Sammelstiftungen
in den vergangenen zwei
Jahren auch im Neugeschäft
wieder deutlich zu. Per 2020
verdreifachte sich das Neugeschäft.
Das ist ein historischer
Höchstwert.
Wie wollen Sie das Geschäft in
Zukunft weiterentwickeln?
Eine gute Pensionskassenlösung
ist als Differenzierungsmerkmal
auf dem Arbeits- und Fachkräftemarkt
immer wichtiger. Wir
entwickeln daher auch neue
Services und Angebote, die über
die klassischen Vorsorge- und
Versicherungslösungen hinausgehen,
wie etwa im Bereich der
Mitarbeitergesundheit und
-motivation. Seit kurzem bieten
wir beispielsweise mit Swibeco
eine innovative Lösung für
Personalnebenleistungen an, die
Firmenkunden für ihre Mitarbeitenden
nutzen können, um so ihre
Attraktivität als Arbeitgeberin
oder Arbeitgeber zu stärken.
→ axa.ch/swibeco
Garantien gewährt und im Unterschied zu anderen
BVG-Lösungen nicht nur die Risiken Tod und Invalidität,
sondern auch das Anlagerisiko trägt. Denn
Lebensversicherer, die Vollversicherungen anbieten,
müssen die gesamten Rentenverpflichtungen inklusive
Mindestverzinsung jederzeit mit Kapital decken
und die entsprechenden Anlagen mit zusätzlichem
Risikokapital unterlegen.
Dies zwingt Vollversicherer zu einer zurückhaltenden
Anlagestrategie, weshalb sie einen Grossteil
ihrer Anlagen in Obligationen investieren. Angesichts
der anhaltend tiefen Zinsen werfen diese
jedoch kaum mehr eine Rendite ab. Die Ertragschancen
der Vollversicherer sind dadurch deutlich
geringer als jene von autonomen Pensionskassen
oder teilautonomen Sammelstiftungen, die wesentlich
freier sind in der Ausgestaltung ihrer Anlagestrategie.
Für Versicherte in der Vollversicherung bedeutet
dies, dass vom erwirtschafteten Ertrag anteilsmässig
mehr Kapital für die Finanzierung der laufenden
Altersrenten verwendet werden muss und die systemfremde
Quersubventionierung der Altersrenten
durch die Jüngeren weiter zunimmt.
Vollversicherer müssen ihre Leistungsversprechen
an ihre zukünftigen Rentnerinnen und Rentner
kürzen. Dies tun sie, indem sie sowohl die
Verzinsung der aktiven Versicherten als auch die
Umwandlungssätze für zukünftige Renten stetig
senken. Gleichzeitig verbleiben die Prämien, welche
aktive Versicherte und Arbeitgeber für ihre Vorsorgelösung
zu zahlen haben, unverändert. Vollversicherungskunden
bezahlen unter diesen Rahmenbedingungen
für immer weniger Leistung einen
immer höheren Preis.
«Bei der Einführung der beruflichen
Vorsorge war die Lebenserwartung noch
tiefer, die Zinsen wesentlich besser.»
Bye-bye Rente?
Die Verlierer sind die Berufstätigen. Denn für die
Höhe der zukünftigen Rente sind gerade diese beiden
Parameter zentral, also die Verzinsung der Altersguthaben
und der Umwandlungssatz.
So macht es bezüglich Verzinsung einen grossen
Unterschied, ob das Altersguthaben mit einem Prozent
verzinst wird, wie dem in der Vollversicherung
üblicherweise angewendeten BVG-Mindestzins, oder
mit zwei Prozent, wie es in der Teilautonomie möglich
ist. Bei einer doppelt so hohen Verzinsung führt
der Zinseszinseffekt im Verlaufe eines Arbeitslebens
bis zur Pensionierung zu einer bis zu 20 Prozent höheren
Altersrente. Für den Einzelnen macht alleine
der Zinseffekt mehrere Hundert Franken mehr
Rente pro Monat aus.
Hinzu kommen die Effekte aus der Höhe des Umwandlungssatzes.
Dieser ist entscheidend dafür, wie
viel Rente man im Alter aufgrund des angesparten
Meine FIRMA
20 02/2021
BERUFLICHE VORSORGE
Die Rentenschere öffnet sich weiter
Bis zu 20% mehr Rente
durch höhere Verzinsung in
der Teilautonomie
Bis zu 10% weniger Rente
durch tiefere Umwandlungssätze
in der Vollversicherung
Aussicht auf bis zu 30 % mehr Rente in der Teilautonomie
Altersguthabens erhält. Im Obligatorium ist der
Umwandlungssatz gesetzlich festgelegt und beträgt
nach wie vor 6,8 Prozent. Das bedeutet, dass pro
100’000 Franken Alterskapital eine jährliche Rente
von 6800 Franken ausbezahlt wird. Im Überobligatorium
ist der Umwandlungssatz gesetzlich nicht
geregelt, das heisst, hier können die Vorsorgeeinrichtungen
selber den aus ihrer Sicht korrekten
Prozentsatz festlegen. Im Überobligatorium liegt
er daher oftmals deutlich tiefer als die 6,8 Prozent
im Obligatorium. Gerade in der Vollversicherung
ist seit Jahren eine Reduktion
dieser Umwandlungssätze zu
beobachten.
Bis zu 30 Prozent mehr
Altersrente
Weil teilautonome Lösungen
in ihrer Anlagestrategie
deutlich freier und flexibler
sind, können sie gerade auch
im aktuellen Tiefzinsumfeld
langfristig deutlich bessere
Ertragschancen zugunsten der
Versicherten erzielen.
Dadurch können sie die
Altersguthaben ihrer aktiven
Versicherten höher verzinsen,
und die überobligatorischen
Umwandlungssätze länger
1 Milliarde Franken
mehr für Versicherte
Die teilautonomen Sammelstiftungen
der AXA konnten in den
letzten zwei Jahren insgesamt
1 Milliarde Franken mehr an
Zinserträgen an die aktiven
Versicherten ausschütten, als
mit der Vollversicherung
möglich gewesen wäre. Zum
einen, weil sie dank einer
freieren und breit diversifizierten
Anlagestrategie eine höhere
Rendite zugunsten der Versicherten
erzielen können – zum
anderen, weil sie ohne Rentenverpflichtungen
in die Teilautonomie
gestartet sind und nur
sehr geringe Rentenverpflichtungen
zu finanzieren haben.
BVG-Lösungen der AXA:
→ axa.ch/pensionskasse
stabil halten als Vollversicherungen.
Dank der höheren
Verzinsung mitsamt positivem
Zinseszinseffekt und stabileren
Umwandlungssätzen haben
die Versicherten im Vergleich zur Vollversicherung
die Aussicht auf eine bis zu 30 Prozent höhere
Rente im Alter. Die Schere zwischen den Leistungen
einer Vollversicherung und jenen einer teilautonomen
BVG-Lösung geht damit zunehmend weiter auf.
Kostenlos, aber
nicht umsonst
Die BFU-SafetyKits für Ihr Unternehmen
Jedes SafetyKit enthält: Plakat, Flyer,
Präsent für die Mitarbeitenden,
Präventionsvideo und Präsentation.
Bestellen: safetykit.bfu.ch
Beratungsstelle für
Unfallverhütung
INTERVIEW
«Solche Themen
werden nicht am Esstisch
vermittelt»
In unserem Vorsorgesystem sind tiefgreifende Reformen
nötig, darüber sind sich Politik und Experten einig.
Und dennoch geht es damit kaum vorwärts. Was meint
die junge Generation zu dieser Situation? Wir sprachen mit
Salomè Vogt, der Leiterin von Avenir Jeunesse.
Text Urban Henzirohs
Bild Désirée Good
Salomè Vogt, die Altersvorsorge ist aufgrund der
Corona-Pandemie etwas aus dem Bewusstsein
der Bevölkerung verschwunden. Wie schätzen Sie
den Zustand der Altersvorsorge ein?
Corona hat das Thema in der Tat etwas aus dem Bewusstsein
verdrängt, auch wenn es mit der Vorsorge
vorwärtsgehen muss. Denn der Handlungsbedarf ist
unverändert. Nach wie vor werden jährlich sieben
Milliarden Franken von der aktiven zur pensionierten
Generation umverteilt. Dieses Geld wird uns
fehlen, wenn wir pensioniert sind. Dazu kommt mit
der Corona-Pandemie eine steigende Schuldenlast,
die ebenfalls solidarisch getragen werden muss. Wir
sollten darum die Schulden in der Vorsorge nicht
weiter erhöhen und auch die Umverteilung nicht
überstrapazieren. Denn Corona trifft die junge Generation
noch einmal stärker: Die Restriktionen
treffen uns am meisten, und die Situation auf dem
Arbeitsmarkt wird sehr schwierig.
Sie beschäftigen sich intensiv mit dem Thema
Altersvorsorge, viele Menschen aus Ihrer
Generation aber nicht. Welche Möglichkeiten
sehen Sie, Ihre Generation damit zu erreichen?
Ganz einverstanden bin ich damit nicht. Im Rahmen
der letzten Abstimmung 2017 wurde das Thema
auch unter Jungen stark diskutiert. Das letzte Ju-
gendbarometer vor Corona zeigte ebenfalls, dass
sich junge Menschen durchaus mit dem Thema beschäftigen
und sich auch Sorgen zur Zukunft ihrer
Altersvorsorge machen. Man weiss, dass das Problem
vorhanden ist, doch wie damit umgegangen werden
soll, ist eher unklar. Das Thema ist für sie präsent,
und die Jungen wollen, dass die Politik in die Gänge
kommt. Doch die Altersvorsorge als Ganzes bewegt
sich für sie auf einer Meta-Ebene. Wichtig ist es,
dass wir die Jungen mit konkreten Fragen und Problemen
abholen: Was kann ich selbst machen? Muss
ich vorsorgen? Denn je früher man mit der Vorsorge
beginnt, umso besser geht es einem im Rentenalter.
Gerade junge Menschen können den langen Zeithorizont
ausnutzen. Aber sie müssen wissen, wie sich
Teilzeitarbeit, eine Weltreise oder ein tiefer Lohn auf
ihre Vorsorge auswirken.
Kennen denn die Jungen das System?
Hier besteht Aufholbedarf. Zu lange dachte man,
dass solche Themen am Esstisch vermittelt werden.
Doch dies ist leider nicht der Fall. Die Vorsorge sollte
Teil des Lehrplans sein – schlussendlich kommt es
aber auf die Lehrpersonen an, ob sie den Stoff anschaulich
vermitteln. Vielen Jugendlichen ist das
Drei-Säulen-System ein Begriff. Doch: Es gibt noch
viel Luft nach oben.
→
Meine FIRMA
22
02/2021
INTERVIEW
«Die Vorsorge sollte Teil
des Lehrplans sein.»
02/2021 23
Meine FIRMA
INTERVIEW
Was muss aus Ihrer Sicht an der Altersvorsorge
verändert werden, damit sie zukunftsfähig ist?
Wir sprechen zu viel über Zahlen. Immer geht es
darum, ob die Mehrwertsteuer erhöht werden soll,
welche Risiken auf dem Kapitalmarkt lauern und ob
der Umwandlungssatz um 0,4 Prozent gesenkt wird.
So verlieren wir das «Big Picture»! Die gesamte Gesellschaft
hat sich seit der Einführung des Vorsorgesystems
grundlegend verändert. Die AHV wurde
1948 eingeführt, auch bei der Einführung des BVG-
Obligatoriums 1985 dominierte noch das klassische
Familienmodell. Heute haben wir mehr Scheidungen,
Patchwork-Familien, deutlich mehr Frauen im
Arbeitsmarkt, aber auch ein Bedürfnis nach mehr
Flexibilität, nach Teilzeitarbeit. Zudem wechseln
wir die Stelle im Schnitt nach fünf bis sechs Jahren.
Unser System ist auf all das nicht ausgerichtet. Hier
sollten wir uns zusätzlich Gedanken machen und
nicht nur über einzelne Parameter diskutieren.
Sind die Jungen möglicherweise mit
weniger zufrieden?
Das glaube ich nicht. Natürlich gibt es auch in meiner
Generation alle Facetten von Lebenseinstellungen.
Und dennoch erwarten die Jungen, dass die Versprechen
der Altersvorsorge eingehalten werden. Gerade
die aktuelle Krise zeigt, dass unser Vorsorgesystem
eine Errungenschaft ist, die wir uns dank unseres
Wohlstands leisten können. Aber für dessen Erhalt
ist ein kontinuierliches Wirtschaftswachstum wichtig,
denn niemand will in Altersarmut leben. Auch
Kurz und knapp
Wie sparen Sie?
Ich habe viel in meine Ausbildung
investiert und arbeite aktuell
Vollzeit. Ich habe eine 3. Säule,
ein Sparkonto und ein wenig
Aktien.
Mit wem möchten Sie mal
essen gehen?
Carla del Ponte.
Welches Buch hat Sie
inspiriert?
«How not to be wrong. The
power of mathematical thinking.»
Von Jordan Ellenberg.
Welche App haben Sie zuletzt
gelöscht?
Snapchat.
Was machen Sie nach Corona
als Erstes?
Ich gehe meine Nonna in Italien
besuchen.
Was können Sie gar nicht?
Auf den Genuss im Leben
verzichten.
Ihr Lieblingsferienort?
Sardinien.
Welchen Sport betreiben Sie
regelmässig?
Das mit der Regelmässigkeit ist
so eine Sache, aber seit neustem
spiele ich gerne Tennis.
Auf welche Errungenschaft
freuen Sie sich in der Zukunft?
Auf technologische Errungenschaften,
die uns helfen, unseren
ökologischen Fussabdruck zu
verringern.
«Ganz allgemein vermischen sich Beruf
und Freizeit in unserer Zeit viel stärker. Das
sollte sich in der Vorsorge auch abbilden.»
nicht die Generation, die heute ins Berufsleben eintritt.
Und auf reine Eigenverantwortung zu setzen,
sehe ich nicht als realistisch.
Erwarten die jungen Menschen andere Lösungen
und Möglichkeiten von ihrer Altersvorsorge?
Meine Erfahrungen zeigen, dass junge Menschen
sowieso nicht mehr erwarten, mit 64 und 65 pensioniert
zu werden. Also würde eine Rentenalter-
Erhöhung sicher zu einer nachhaltigen Sanierung
beitragen. Junge Menschen wollen aber während ihrer
Berufskarriere viel mehr Flexibilität mit einem
späteren Arbeitseintritt, Sabbaticals, Teilzeitarbeit,
aber auch hybriden Formen zwischen einer Anstellung
und einer Selbständigkeit. Ganz allgemein vermischen
sich Beruf und Freizeit in unserer Zeit viel
stärker. Das sollte sich in der Vorsorge auch abbilden.
Wie erreichen wir das?
Avenir Suisse hat bereits vor einiger Zeit den selbständigen
Arbeitnehmer als Modell vorgeschlagen.
Eine weitere Möglichkeit wäre auch die freie Pensionskassenwahl.
Die Sozialpartner definieren nach
wie vor den Umfang der Vorsorgelösung, den Verwalter
ihrer eigenen Ersparnisse können die Arbeitnehmenden
selbst wählen. Natürlich wäre eine Beratung
dabei sinnvoll, aber das wäre ähnlich wie bei
einem Hypothekenabschluss beim Hauskauf. Dieses
Modell würde der heutigen Generation wohl viel
besser zusagen.
Wollen die Jungen auch bei den Investments
entscheiden?
Das ist nicht eine Frage des Alters. Unsere Gesellschaft
ist individueller geworden, und die Leute
wollen zumindest mitentscheiden, wie ihr Geld investiert
wird. Auch aus diesem Grund wäre die freie
Pensionskassenwahl eine gute Lösung.
Für ältere Arbeitnehmende ist die Vorsorge
ein wichtiges Merkmal für einen attraktiven
Arbeitgeber. Was macht einen Arbeitgeber
für Ihre Generation attraktiv?
Junge Menschen schauen nicht auf die Vorsorgelösung,
wenn sie einen Arbeitsvertrag unterschreiben.
Das ist leider so. Sie wollen Gestaltungsmöglichkeiten,
Flexibilität, Familie und Beruf unter einen Hut
bringen. Natürlich werden die Vorsorgelösungen zur
Kenntnis genommen. Aber sie werden vom Arbeitgeber
auch nicht stärker hervorgehoben. Die Pensionskasse
wird häufig beiläufig erwähnt. Aber mit
einem attraktiven Modell darf und kann man durchaus
auch bei jungen Menschen Werbung machen. In
Zeiten von Teilzeitarbeit und Erwerbsunterbrüchen
ist es für jeden jungen Erwerbstätigen attraktiv, im
Meine FIRMA
24 02/2021
INTERVIEW
Rahmen einer überobligatorischen Lösung von einer
Reduktion oder gar Abschaffung des Koordinationsabzugs
zu profitieren. Ebenfalls interessant ist die
Möglichkeit einer sogenannten Partnerrente. Gewisse
Pensionskassen bieten für Personen, die in einer
eheähnlichen Gemeinschaft leben oder gemeinsame
Kinder haben, diese Lösung bereits an.
Zur Person
Grossunternehmen können mit zusätzlichen
Leistungen in der Vorsorge punkten. Welche
Möglichkeiten haben KMU?
KMU haben wie die Grossunternehmen auch einen
Gestaltungsspielraum im Rahmen der überobligatorischen
Vorsorgelösungen. Die meisten KMU können
bereits bessere Lösungen als die BVG-Mindestpflicht
anbieten. Und als KMU kann man auch kreativ sein.
Warum denn nicht für junge Arbeitnehmende eine
firmeninterne Vorsorge- oder
Salomè Vogt hat an der
Universität Zürich Politikwissenschaften,
Recht und
Gender Studies studiert und
mit einem Master abgeschlossen.
Seit 2017 leitet sie Avenir
Jeunesse, die Plattform der
jungen Generation des Think-
Tanks Avenir Suisse. Salomè
Vogt hat sich intensiv mit
dem Schweizer Vorsorgesystem
auseinandergesetzt und
mit anderen jungen Menschen
das Buch «Heute, nicht
morgen! Ideen für eine
fortschrittliche Altersvorsorge»
publiziert.
Anlageberatung organisieren?
Es lohnt sich bereits in frühen
Jahren zu wissen, wie man
Aktien kaufen kann, wie sich
Kinder, ein Karriereunterbruch
oder die Reduktion der Arbeitszeit
auf die eigene Vorsorge
auswirken. Junge Menschen
erkennen den Wert solcher
Massnahmen sehr schnell. Was
aber unabhängig vom Arbeitgeber
gilt: Eine gute Ausbildung
ist die beste Vorsorge. So kann
man auf dem Arbeitsmarkt bestehen,
erhält Entwicklungsmöglichkeiten
und höhere
Lohnchancen. Ein kontinuierliches
Erwerbseinkommen sichert
die eigene Rente. Und
diese Möglichkeiten habe ich
auch bei einem KMU.
Ein anderes sehr aktuelles Thema ist die Stellung
der Frau in der Vorsorge. Wo sehen Sie hier die
Probleme und den Handlungsspielraum?
Das muss man differenzieren. Die heutigen Probleme
der älteren Frauen sind nicht die gleichen Probleme
der jungen Frauen. Bei den Frauen, die jetzt pensioniert
wurden, kann man nichts mehr korrigieren.
Die jungen Frauen arbeiten viel mehr als ihre Mütter
und Grossmütter. Dieses Erwerbseinkommen
garantiert ihre Rente. Bei unserem Vorsorgesystem,
welches noch immer auf einem Weltbild der 1970er
und 1980er beruht, ist es wichtig, dass junge Frauen
nicht in alte Rollenmuster fallen, sobald sie Kinder
kriegen. Denn zu grosse Karriereunterbrüche führen
nach wie vor zu Vorsorgelücken. Hier müssen
wir bei den Frauen ein Bewusstsein für die eigenen
Vorsorgeentscheidungen schaffen, denn Heiraten ist
einfach keine zeitgemässe Form der Altersvorsorge.
Vor Corona machte die Jugend mit Klimastreiks
auf sich aufmerksam. Der Einsatz für eine nachhal-
Mit ihrer Publikation «Heute, nicht morgen!»
wollen Salomè Vogt und ihre Co-Autoren jungen
Menschen die Altersvorsorge näherbringen.
tige Vorsorge erscheint dagegen «erwachsener».
Sehen Sie dennoch Parallelen?
Absolut. Denn beide Anliegen betreffen unsere Zukunft.
Und ich bin überzeugt, dass unsere Altersvorsorge
vorher betroffen ist. Klima ist sicher das
emotionalere Thema und kann auf dieser Ebene angesprochen
werden. Vorsorge wirkt distanziert und
rational. Doch das Anliegen ist genauso wichtig.
Denn auf die lange Sicht müssen beide Handlungsfelder
wieder auf die richtige Bahn gebracht werden.
Doch man sollte die Themen nicht gegeneinander
ausspielen. Gerade in der Corona-Krise hat sich gezeigt,
dass die Menschen ein Bedürfnis nach Sicherheit
und finanzieller Absicherung haben. Diese Prioritäten
müssen wir als Gesellschaft ebenso in Angriff
nehmen.
«Die heutigen Probleme der älteren
Frauen sind nicht die gleichen Probleme
der jungen Frauen.»
02/2021 25
Meine FIRMA
DIE GRAFIK
Family first?
90 Prozent der Unternehmen in der Schweiz sind Familienunternehmen.
Ob das so bleibt, ist aber mehr als fraglich: Vor 15 Jahren beabsichtigte
noch weit über die Hälfte, das eigene Geschäft familienintern weiterzugeben.
Heute sind es noch 40 Prozent. Und einen konkreten Nachfolger
haben die wenigsten.
Wer übernimmt?
Zwei von drei Inhabern wünschen sich,
dass das Unternehmen in der Familie bleibt.
Nur 13 Prozent haben allerdings eine
dokumentierte Nachfolgeregelung. 47 Prozent
haben gar keinen Plan.
Herausforderungen für Familienunternehmen
Die Nachfolge sehen nur knapp 30 Prozent als Herausforderung.
Andere Bereiche sind dringlicher:
1
Innovation
70%
2
Talente/Rekrutierung
60%
4
Digitalisierung
56%
3
Wirtschaftliches
Umfeld
59%
5
Data Management
47%
7
Cybersicherheit
42%
6
Konkurrenzdruck
42%
8
Regulationsfragen
37% 9
Professionalisierung
36%
10
Nachfolge
29%
Köhner AG
Mehr Möglichkeiten
und Entscheidungsfreiheit
In 51 Prozent der Unternehmen
arbeitet die nächste
Generation bereits mit. Im
globalen Vergleich hinkt die
Schweiz hinterher, denn
weltweit sind die Nachkommen
in 65 Prozent der
Firmen eingebunden. Die
Hauptgründe: Junge
hierzulande haben mehr
Möglichkeiten bei der
Berufswahl und sind einem
geringeren gesellschaftlichen
Druck ausgesetzt.
Wenn schon, denn schon
Wird das Unternehmen an ein
Familienmitglied weitergegeben,
sind die Erwartungen an die
Nachfolge gross. Er oder sie muss:
Rare Nachfolgerinnen
In der Schweiz ist der Anteil
an Frauen, welche die
Unternehmensführung
übernehmen, mit 26 Prozent
nach wie vor gering.
Trotzdem liegt er über dem
globalen Durchschnitt von
23 Prozent.
37%
1 … Erfahrungen ausserhalb des
eigenen Betriebs sammeln: 82%
2 … Erfahrungen innerhalb des
eigenen Betriebs sammeln: 78%
Illustration: Daniel Karrer
3 … dem offiziellen Stellenprofil
entsprechen: 73%
4 … über spezifische Sprachkenntnisse
verfügen: 73%
5 … einen Abschluss einer
Wirtschaftshochschule haben: 40%
6 … den offiziellen Rekrutierungsprozess
durchlaufen: 31%
Fast nur Familienunternehmen
90 Prozent der hiesigen Unternehmen sind
in Familienhand. 68 Prozent von ihnen exportieren
ihre Produkte und Dienstleistungen ins Ausland.
Der internationale Anteil am Gesamtumsatz beträgt
37 Prozent – Tendenz steigend.
90%
Quellen: PwC: «Schweizer Familienunternehmen», 2019. UBS/Handelszeitung/Le Temps: «KMUimpulse», Juni 2019. UBS/Handelszeitung: «KMUimpulse», Juni 2018
Meine FIRMA
26 02/2021
Verantwortung
Nachhaltig
investiert
Foto: Shutterstock/photolinc
Die AXA setzt ihren konsequenten
Kurs für klimaschonende
Anlagen fort. Nachdem sie den
CO 2-Fussabdruck ihrer Anlagen
zwischen 2014 und 2019 bereits
um 31 Prozent reduzieren konnte,
strebt sie bis 2025 eine weitere
Senkung um 20 Prozent an. Zudem
investiert sie 25 Milliarden
Euro in grüne Investitionen, wie
zum Beispiel «Green Bonds», mit
deren Erlös Energie- und Umweltprojekte
gefördert werden.
→ axa.ch/nachhaltige-investitionen
Vor Risiken
gewarnt
Die AXA unterstützt das Medienkompetenz-Angebot
von Pro Juventute
als Teil ihres gesellschaftlichen
Engagements seit Jahren.
Die neue «wup»-App von Pro Juventute
macht Kinder auf Online-
Risiken aufmerksam.
→ projuventute.ch
Klimaschutz
ernst genommen
Ohne ausreichende Klimaschutzmassnahmen wird die Temperatur
weltweit bis ins Jahr 2100 um mehr als 4 °C steigen. Die Folgen sind
fatal: In allen Teilen der Welt häufen sich extreme Wetterereignisse,
die Meeresspiegel steigen an, und Tierarten sterben aus. Das ist für
die AXA nicht vertretbar, und eine solche Welt ist auch nicht versicherbar.
Deshalb hat sie den Kampf gegen den Klimawandel in der
Unternehmensstrategie verankert und ehrgeizige Klimaziele festgelegt.
Über die letzten Jahre konnte die grösste Versicherung der
Schweiz ihren betrieblichen CO 2-Ausstoss und den CO 2-Fussabdruck
der eigenen Anlagen bereits wesentlich senken und führt dies konsequent
weiter. Doch auch für den restlichen CO 2-Ausstoss übernimmt
die AXA Schweiz Verantwortung und kompensiert die verbleibenden
Emissionen von Gebäuden, Geschäftsreisen, Pendelverkehr und
ihrem Vertrieb. Bis 2025 möchte sie netto null CO 2 ausstossen und
nimmt mit diesem ambitiösen Ziel eine Vorreiterrolle in der Schweiz
ein. Netto null Emissionen bedeutet, dass die unvermeidbaren CO 2-
Emissionen des Unternehmens der Atmosphäre durch geeignete
Projekte wieder entzogen werden. So wird unter dem Strich kein
CO 2 verursacht. Die AXA investiert dazu beispielsweise in ein Pflanzenkohle-Programm,
das Kohlenstoff in Schweizer Böden speichert,
oder in ein Aufforstungsprojekt in Uruguay. Auch unterstützt sie
das Schweizer KMU «Climeworks», welches CO 2 aus der Luft filtert.
Bis 2025 sollen die verbleibenden betrieblichen CO 2-Emissionen mit
solchen Klimaschutzprojekten neutralisiert werden.
→ axa.ch/verantwortung
02/2021
27
Meine FIRMA
NACHFOLGEPLANUNG
MARKETING
Rolf Hatt (2.v.r.) und Jacqueline Meier haben mit Manuel Blatter (ganz links) und Jan Wicki zwei fähige Nachfolger für ihre Hatt Montagen AG gefunden.
Lebenswerk
bewahrt
Jedes siebte KMU braucht innerhalb der nächsten fünf Jahre eine
Nachfolgelösung, denn die Babyboomer kommen ins Pensionsalter.
Bei der Hatt Montagen AG ist die Übergabe an die nächste Generation
gelungen – dank einer frühzeitigen und sorgfältigen Planung.
Text Mirjam Eberhard
Bild Daniel Winkler
Meine FIRMA
28 02/2021
NACHFOLGEPLANUNG
Drei Fragen an …
Pensionierung. So können Sie
noch wichtige strategische
Entscheidungen treffen und
haben genügend Zeit, geeignete
Nachfolger zu suchen. Wenn Sie
zu spät anfangen, geht das je
nachdem zu Lasten des Preises
oder anderer Dinge, die Ihnen
wichtig sind.
Meine Firma
Die Hatt Montagen AG mit Sitz in
Brugg AG wurde 1990 gegründet
und ist international im
Rohrleitungs-, Anlage- und
Kraftwerksbau tätig. Besonders
stolz ist sie auf ihr grosses
Know-how, auf die Kundenorientierung,
die schnellen
Reaktionszeiten und die
Schweisstechnik auf hohem
Niveau. Mit den neuen Inhabern
sind total 12 Mitarbeitende für
die Kunden da.
→ hatt-montagen.ch
… Stephan Illi, CEO und
Präsident des Verwaltungsrats
der Wirtschafts- und Unternehmensberatung
Consulta AG.
www.consulta.swiss
Stephan Illi, wie regeln KMU in
der Schweiz aktuell ihre
Nachfolge?
Pro Jahr wechseln heute etwa
10ʼ000 KMU den Besitzer.
30 Prozent regeln ihre Nachfolge
gar nicht, die meisten davon
werden nach dem Weggang der
Eigentümerinnen und Eigentümer
liquidiert. Von den verbleibenden
KMU bleiben rund 40
Prozent innerhalb der Familie,
und je etwa 30 Prozent werden
an einen Geschäftsführer und an
Dritte verkauft.
Was muss ich beachten, wenn
ich eine Nachfolge suche?
Am wichtigsten ist: Fangen Sie
früh genug an, idealerweise etwa
fünf Jahre vor Ihrer geplanten
Kann ich alles selber machen?
In manchen Fällen stehen
Nachfolger bereits frühzeitig fest,
beispielsweise, wenn eine
Übergabe innerhalb der Familie
geplant ist. Dann fällt die Suche
schon mal weg. Dennoch bleibt
die Nachfolgeplanung ein
grosses Projekt, Sie sollten den
Aufwand nicht unterschätzen.
Eine Übersicht ganz zu Beginn
über alle Themen, die Sie
angehen sollten, gibt Ihnen die
nötige Ruhe, um in das komplexe
Projekt einzusteigen. Für gewisse
Themen ist professionelle Hilfe
sehr empfehlenswert, beispielsweise
bei der Trennung von
Geschäfts- und Privatvermögen,
steuerlichen oder rechtlichen
Aspekten. Bei der Consulta
bieten wir das alles aus einer
Hand.
Das Gründerehepaar Jacqueline Meier, vormals Hatt,
und Rolf Hatt war Mitte 50, als es sich mit Nachfolgeplanung
für die Hatt Montagen AG zu beschäftigen
begann. Nach der Gründung im Jahr 1990 hatten sie
die Firma gemeinsam aufgebaut und sie nach und
nach zu einem spezialisierten Anbieter im Rohrleitungs-,
Anlage- und Kraftwerksbau entwickelt. «Wir
haben über drei Jahrzehnte hinweg so viel für das
Unternehmen geleistet, es ist wie unser Baby. Für
uns war klar, dass es auch ohne uns weitergehen
soll», sagt die Unternehmerin.
Gemäss aktueller Studie des Wirtschaftsinformationsdienstes
Bisnode D&B stehen in der Schweiz
mindestens 75’000 kleine und mittlere Unternehmen
– in etwa jedes siebte KMU – vor der Übergabe an
die nächste Generation, weil die Führungspersonen
aus der Babyboomer-Generation über 60 Jahre alt
sind. Volkswirtschaftlich kommt einem reibungslosen
Übergang eine immens wichtige Rolle zu – denn
misslingen Nachfolgeregelungen, drohen Verlust
von Know-how, Steuereinnahmen und Arbeitsplätzen.
Für Inhaberinnen und Inhaber bedeutet die Liquidation
des eigenen Unternehmens zudem meist
einen herben emotionalen und finanziellen Verlust.
Dennoch, viele kümmern sich gar nicht oder sehr
spät um eine Nachfolgelösung.
Oft muss ein Plan B her
Bei der Hatt AG war das zum Glück nicht der Fall.
Das Gründerpaar zog frühzeitig Stephan Illi von der
Consulta AG Wirtschafts- und Unternehmensberatung
bei. Das Unternehmen hat sich auf Nach-
→
02/2021 29
Meine FIRMA
NACHFOLGEPLANUNG
Planen Sie
Ihre Nachfolge?
folgeplanungen bei KMU spezialisiert und begleitet
jährlich 20 bis 30 Unternehmerinnen und Unternehmer
in dem Prozess. Bei der Hatt Montagen AG fand
Illi eine gute Ausgangslage vor. «Er machte uns von
Anfang an Mut, dass wir eine gute Lösung finden
würden», erzählt Jacqueline Meier. Dies, nachdem
klar geworden war, dass keines der Kinder die Firma
übernehmen wollte. Das ist kein Einzelfall: Nur bei
vier von zehn KMU findet sich heutzutage ein Nachfolger
innerhalb der Familie.
Also musste für die Hatt Montagen AG ein Plan
B her – einen externen Käufer finden. Dafür organisierte
die Consulta eine umfassende Standortbestimmung,
die alle relevanten Themen umfasste:
von Versicherung und Vorsorge über steuerliche und
rechtliche Aspekte bis hin zur aktiven Suche nach
geeigneten Käufern. Auch eine Anzeige in einem
Branchenmagazin gehörte dazu – welche prompt
Jan Wicki und Manuel Blatter zu Gesicht bekamen.
Und die waren interessiert.
Die beiden führen als Zweimannbetrieb seit zehn
Jahren gemeinsam ein Unternehmen, das ebenfalls
im Rohrleitungsbau tätig ist. «Mit einer Übernahme
könnten wir neue Geschäftsfelder erschliessen», beschreibt
Jan Wicki ihre Motivation. Manuel Blatter,
sein ehemaliger «Oberstift», ergänzt: «Ich habe gemerkt,
dass ich rein physisch nicht so weitermachen
kann bis 65.» Denn in ihrer kleinen Firma erledigt
er die körperlich anspruchsvollen Schweissarbeiten
ganz allein.
Dreijährige Übergangsphase geplant
Aus ihrer Liste möglicher Käufer wählten Jacqueline
Meier und Rolf Hatt die beiden schliesslich als die
geeignetsten aus. «Sie brachten die nötige Erfahrung
mit, und wir hatten ein gutes Gefühl mit ihnen», so
Rolf Hatt. Und so kam nach reiflicher Überlegung
– «schliesslich ist das nicht wie ein Paar Schuhe kaufen»,
wie Manuel Blatter es ausdrückt – der Verkauf
im Frühling 2020 zustande. Manuel Blatter und Jan
Wicki sind seither die Eigentümer der Hatt Montagen
AG, Rolf Hatt und Jacqueline Meier ihre Ange-
Wollen Sie verhindern, dass Ihr
Unternehmen mit Ihnen in den
Ruhestand geht? Dann planen
Sie Ihre Nachfolge frühzeitig.
Die AXA unterstützt Sie gemeinsam
mit der Consulta dabei, die
optimale Nachfolgelösung zu
finden. Sie erhalten eine
umfassende Beratung und
wertvolle Tipps für eine
erfolgreiche Nachfolgeregelung
Ihres Unternehmens.
→ axa.ch/nachfolgeplanung
Sind froh, ihr Lebenswerk in guten Händen zu wissen:
Rolf Hatt und Jacqueline Meier.
«Wir konnten nicht einfach
den Schlüssel übergeben, das wussten
alle von Anfang an.»
Jacqueline Meier
stellten. Doch zu Ende ist die Übergabephase damit
noch nicht.
«Wir konnten nicht einfach den Schlüssel übergeben,
das wussten alle von Anfang an», sagt Jacqueline
Meier. Sie und ihr Ex-Mann bringen 30 Jahre
Erfahrung mit, verfügen über Know-how in sehr
komplexen und spezifischen Bereichen und kennen
viele Kunden persönlich. Etwa drei Jahre wollen sie
sich deshalb Zeit nehmen für eine schrittweise Übergabe
an ihre Nachfolger. Ab nächstem Jahr wollen
beide ihr Pensum schrittweise reduzieren.
«Es war ein rechtes Stück Arbeit», sagt Rolf Hatt
rückblickend, wenn er an die Nachfolgeplanung
denkt. Der Prozess hat ihn und Jacqueline Meier
Zeit, Energie und Geld gekostet. Doch die beiden
sind erleichtert, für ihr Unternehmen nun eine gute
Lösung gefunden – und damit das Fortbestehen ihres
Lebenswerks fürs Erste gesichert – zu haben.
Meine FIRMA
30 02/2021
HUMAN RESOURCES
Foto: zVg
Integriertes Personalmanagement
für KMU
Genau wie grosse Unternehmen müssen KMU
alle gängigen Personalmanagement-Aufgaben
wahrnehmen – haben jedoch weniger Ressourcen
zur Verfügung. Dies zwingt KMU zu neuen
Herangehensweisen. Wie integriertes Personalmanagement
sie dabei unterstützen kann,
erklärt Christoph Vogel von der Fachhochschule
Nordwestschweiz.
Zur Person
Christoph Vogel (M.Sc.) ist
wissenschaftlicher Mitarbeiter
am Institut für
Personalmanagement und
Organisation (PMO) und
Studiengangleiter des CAS
«Integriertes Personalmanagement
in kleinen
Unternehmen» an der Hochschule
für Wirtschaft der
Fachhochschule Nordwestschweiz
(FHNW).
Christoph Vogel, was sind
die grössten Herausforderungen
für KMU im
Personalmanagement?
Generell verfügen KMU
meist über weniger
finanzielle und zeitliche
Ressourcen für das
Personalmanagement als
Grossunternehmen. Hinzu
kommt, dass bei kleinen
und mittleren Firmen der
relative Einfluss einzelner
Mitarbeitender auf
das Unternehmensergebnis
markanter ist als in
grossen Organisationen.
Ein Ausfall oder eine
unpassende Neuanstellung
kann deshalb drastische
Folgen haben. Auch die
Suche nach passenden
Mitarbeitenden ist schwierig
geworden, da sich
der Arbeitsmarkt in den
letzten Jahren von einem
Angebots- zu einem Nachfragemarkt
entwickelt
hat. Im Wettbewerb gegen
Grossunternehmen können
KMU leider oft nicht
mithalten – umso wichtiger
werden Themen wie
Arbeitgeberattraktivität
und Employer Branding.
Gibt es auch Vorteile für
KMU gegenüber Grossunternehmen?
Die Stärken kleiner und
mittlerer Unternehmen
liegen auch im Personalmanagement
in der hohen
Flexibilität sowie in der
schnellen und unkomplizierten
Anpassungsfähigkeit.
Bei Bedarf ist es
möglich, rasch Massnahmen
zu entwickeln und
pragmatisch umzusetzen.
Durch die geringe Formalisierung
in der Vorbereitung,
Entscheidung, Umsetzung
und Optimierung
können Massnahmen und
Programme im Personalmanagement
wesentlich
effizienter erprobt und
nutzbar gemacht werden.
Des Weiteren ergibt sich in
KMU viel eher die Möglichkeit,
unterschiedliche
Aspekte des Personalmanagements
in einer «integrierten
Vorgehensweise»
zu kombinieren.
Was verstehen Sie unter
einem «integrierten
Ansatz» im Personalmanagement?
Im Rahmen der «integrierten
Vorgehensweise»
für Personalmanagement
in KMU werden die Felder
des Personalmanagements
nicht wie in Grossunternehmen
typisch isoliert
voneinander behandelt,
sondern so miteinander
verknüpft, dass mit
überschaubarem Aufwand
Synergien genutzt
und betriebsspezifische
Potenzale ausgeschöpft
werden können. Konkret
werden hierbei Massnahmen
für ein priorisiertes
Personalmanagement-Feld
entwickelt und nach Möglichkeit
so ausgelegt oder
erweitert, dass diese auch
Wirkungen in anderen
Personalmanagement-Feldern
zeigen. Beispielsweise
kann eine Massnahme im
priorisierten Bereich der
Arbeitgeberattraktivität
und Personalgewinnung
um Aktivitäten im Onboarding,
in der Personalentwicklung,
der Nachfolgeplanung
oder der
Mitarbeitendenbindung
erweitert werden, je nachdem,
was für das KMU am
meisten Mehrwert bringt.
Haben Sie einen konkreten
Tipp für unsere KMU,
wie sie sich für Arbeitnehmende
attraktiver
machen können?
Wichtig ist, dass sich KMU
im Personalmanagement
nicht zu sehr an den grossen
Unternehmen messen
und sich dabei selbst in
den Schatten stellen, denn
viele grosse Unternehmen
setzen viel in Bewegung,
um so agil und flexibel zu
werden, wie es KMU sind.
Vielmehr sollten KMU sich
ihrer Stärken sowie ihrer
Einzigartigkeit bewusst
werden, diese Stärken
gezielt in den Vordergrund
stellen und mutig Neues
ausprobieren. So kann es
gelingen, innovative und
passende Lösungen im
Personalmanagement sowie
auch im Kerngeschäft
zu finden und nutzbar zu
machen.
Interview: Melanie Ade
Buchtipp
Pekruhl, U., Vogel,
C. & Strohm, O. (2018).
Integriertes Personalmanagement
in kleinen Unternehmen:
Ein Praxisratgeber.
Berlin: Springer Gabler.
02/2021 31
Meine FIRMA
INNOVATION
Julien Hertli, CEO der Kistag
Dekopack AG, schreibt die Geschichte
der Holzverpackung neu.
Tradition trifft Moderne
Sich als KMU ohne eigene Forschungs- oder Innovationsabteilung
über Jahrzehnte hinweg erfolgreich im Markt zu behaupten, ist
eine Herausforderung. In einer eher konservativen Branche sowieso.
Wie es geht, zeigt die Kistag Dekopack AG aus Schüpfheim.
Text Melanie Ade
Bild Matthias Jurt
Meine FIRMA 32
02/2021
INNOVATION
Meine Firma
Gegründet 1939 und spezialisiert
auf den Bau einfacher
Holzkisten, ist die Kistag
Dekopack AG heute umfassender
Spezialist für innovative
Verpackungslösungen
und hochwertigen Innenausbau.
Das in Schüpfheim
ansässige Unternehmen setzt
auf hohe Qualität und nutzt
ausschliesslich einheimisches
Holz. Die Kistag Dekopack AG
beschäftigt heute 102 Mitarbeitende.
→ kistag.ch
Das Leben scheint sich oft ein wenig langsamer zu
drehen im Entlebuch, dem malerischen Tal zwischen
Luzern und Bern: Milchkühe weiden auf saftig
grünen Wiesen, die Hänge werden traditionell noch
von Hand gemäht, und die Nachmittagsruhe wird
nur hin und wieder durch ein Auto gestört.
Umso emsiger geht es bei der Kistag Dekopack AG
in Schüpfheim zu und her: In der grossen Produktionshalle
werden Holzteile zurechtgefräst, auf dem
Firmengelände kurven die Elektrostapler
umher, und im firmeneigenen
Kompetenzcenter tüfteln
die Entwickler an einem neuen
Prototyp. «Langweilig wird es bei
uns nie», lacht CEO Julien Hertli.
Die Erfolgsgeschichte des traditionsreichen
Unternehmens begann
1939 mit dem Bau einfacher
Kisten und Holzpalette. Doch dabei
blieb es nicht. «Durch stetige
Modernisierung und Investitionen
sind wir heute zu einem in
der Schweiz führenden Partner
im Bereich intelligenter Verpackungssysteme
aus Holz sowie
anspruchsvoller und kreativer
Innenausbaulösungen herangewachsen»,
so Hertli.
Der 33-Jährige leitet die Geschäfte seit nunmehr
vier Jahren, nachdem er bereits 2015 im Rahmen
seiner Masterarbeit die Unternehmensstrategie der
Firma neu ausgerichtet und um neue Geschäftsmodelle
erweitert hat. Nach dem Studium ausschliesslich
in grösseren Unternehmen tätig, reizte ihn die
familiäre Atmosphäre des KMU: «Ich wusste, hier
kann ich etwas mitgestalten, mitbewegen.»
Neue Geschäftsfelder erschliessen
Julien Hertli ist sich bewusst, dass auch – oder gerade
– bei einem sehr traditionellen Betrieb wie
einem Holzverpackungshersteller Transformation
und Wandel unabdingbar sind, um sich langfristig
im Markt zu behaupten. «Wären wir beim ursprünglichen
Holzpalett geblieben, gäbe es uns heute vermutlich
nicht mehr», räumt er ein. Zu gross und zu
günstig wäre die Konkurrenz aus dem Ausland heute.
Deshalb setzte die Kistag AG schon früh auf Innovation
und die Erschliessung neuer Geschäftsfelder:
Durch die Übernahme eines Schreinereibetriebs 2003
kam der Innenausbau hinzu, der heute rund 40 Prozent
des gesamten Umsatzes ausmacht und neben
traditionellen Schreinerarbeiten für Privathaushalte
und Architekten auch Ladenbaulösungen für grosse
Schweizer Detailhändler oder Messebetreiber bietet.
Produktion durch Automatisierung verbessern
Darüber hinaus erweiterte Hertli die eigene Belegschaft
mit neuen Spezialisten, heute beschäftigt das
Unternehmen gar einen Leiter Digital Transformation.
Der soll aber nicht nur den Auftritt in den so-
zialen Medien pushen, so der CEO: «Gerade in der
Produktion können Digitalisierung und Automatisierung
in vielen Bereichen eine Menge Zeit und
Geld sparen, indem Prozesse weniger fehleranfällig
und dadurch effizienter gestaltet werden.»
Innovation von innen und von aussen
Des Weiteren hat das Unternehmen ein firmeninternes
Kompetenzzentrum aus zwölf Projektleitern
und Entwicklern gebildet, die für die Weiterentwicklung
des Angebots zuständig sind. Zum einen
stellen sie sicher, dass jeder noch so spezielle Kundenwunsch
umgesetzt werden kann, zum anderen
treibt die Firma so aber auch interne Innovationsideen
voran: Seit kurzem können Kunden beispielsweise
im hauseigenen Showroom nicht nur ihre
Traumküche finden, sondern sie auch gleich mittels
Virtual-Reality-Brille begutachten. «So wollen wir
das Kundenerlebnis noch attraktiver gestalten», sagt
Julien Hertli.
Sein Tipp an alle Unternehmer: «Nehmt einen anderen
Blickwinkel ein, fragt konkret nach, was eure
Kundinnen und Kunden wirklich wollen. Nur so
kann Innovation im Sinne des Kunden gestaltet werden.»
Der neuste Coup der Kistag Dekopack AG – eine
komplett CO 2-neutrale Verpackung – wurde deshalb
auch in Zusammenarbeit mit ETH-Studenten erarbeitet:
«Rückmeldungen von jungen Führungskräften
haben gezeigt, dass sie sich nachhaltige Verpackungen
wünschen und wissen wollen, woher das
Material kommt, das wir verwenden. Das haben wir
uns zu Herzen genommen. Und jetzt werden wir als
erster Anbieter schweizweit eine Verpackung im Angebot
haben, die komplett ohne CO 2 und ausschliesslich
aus lokalen Materialien angefertigt wird. Diese
Verpackung werden wir von einer Fachstelle als CO 2-
neutral zertifizieren lassen.»
Tradition und Moderne vereint
Das Zusammenspiel zwischen Jung und Alt, die Verbindung
von Tradition und Moderne sieht Hertli
nicht nur bei der Angebotsentwicklung, sondern
auch in der Unternehmenskultur als Gewinn:
«Junge Talente bringen oft einen neuen Blickwinkel
und damit frischen Wind in den Betrieb, können
aber im Umkehrschluss viel vom Know-how der älteren
Mitarbeitenden profitieren.» Das sorgt nicht
nur für einen guten Teamspirit, sondern auch für
eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Denn etwas ist
allen Mitarbeitenden bei der Kistag Dekopack AG
gemeinsam, wie CEO Julien Hertli sagt: «Holz ist unsere
DNA, und wir freuen uns jeden Tag, mit diesem
schönen Naturprodukt arbeiten zu dürfen.»
«Nehmt einen anderen Blickwinkel
ein, betrachtet euer Angebot
durch fremde Augen.»
Julien Hertli, CEO Kistag Dekopack AG
02 /2021 33
Meine FIRMA
MEIN STOLZ
Kreativer Kopf
Fotos: Sébastien Agnetti; Matthias Jurt; Marc Kronig; Cédric Widmer
Fabian Hugo, Gründer und Inhaber
von Fabian Hugo Photography.
Nah am
Menschen
«Du musst das Leben auskosten,
und es wird dir die besten
Momente und damit die schönsten
Fotografien schenken.» Diesen
Satz von Henri Cartier-Bresson,
einem der grössten Fotografen
überhaupt, kann ich nur bestätigen.
Das Kennenlernen neuer
Menschen und Orte, aber auch
banale Dinge im Alltag auf
spezielle Art sichtbar zu machen,
das fasziniert mich schon seit
meiner Jugend an der Fotografie.
Statt einer Lehre als Fotograf
wählte ich damals jedoch den
Weg übers Gymnasium.
Rückblickend eine vernünftige
Entscheidung in Anbetracht meines
jungen Alters. 2007 habe ich mich,
ausgerüstet mit bescheidenem
Fotografie-Equipment, selbständig
gemacht. Dieser Weg
erschien mir verlockender als ein
Studium, das mich nicht erfüllt.
Dafür ist das Leben viel zu kurz.
In dieser Zeit absolvierte ich
den gestalterischen Vorkurs und
eine zweijährige fotografische
Ausbildung in Vevey. Ich behielt
Recht mit meiner Entscheidung,
meinen Traum zu verfolgen.
Bereits 2010 hatte ich zwei grosse
Bilder im Louvre ausgestellt. Für
die Zukunft würde ich mir wünschen,
einmal für das Label Patagonia
eine Bildwelt zu realisieren.
→ fabianhugo.ch
Die kreative Ader habe ich von meinem Grossvater geerbt. Als ich klein war,
zeichneten wir oft zusammen. Später absolvierte ich eine Lehre als Bauzeichner,
daraufhin eine Ausbildung als Grafiker an der Kunstgewerbeschule Luzern. Parallel
arbeitete ich in einer Werbeagentur. Ein besonders prägendes Jahr war meine
Computergraphics-Ausbildung am Academy of Arts College in San Francisco.
Zurück in der Schweiz, habe ich mich 1985 mit meiner kleinen Werbeagentur
IDEART selbständig gemacht. Da die Werbung ein hartes Business ist und jeder sich
den Umgang mit Grafikprogrammen selbst ein wenig aneignen kann, habe ich
mich schon früh aufs Illustrieren spezialisiert. Illustrieren, das ist speziell, das kann
nicht jeder. Seit Ende 2019 biete ich auch Skizzierkurse an und habe damit
anscheinend einen Nerv getroffen. Die Teilnehmenden sind jeweils überrascht, was
sie nach nur zwei Stunden erreichen können. Die Begeisterung der Leute zu
sehen – das gibt mir ein grossartiges Gefühl. Gerade in diesen schwierigen Zeiten
finde ich es besonders wichtig, seine Kreativität beizubehalten und Mut zur
Umsetzung neuer Ideen zu haben.
→ martschini.ch (Skizzierkurse: martschini.ch/sketch)
Ludek Martschini, Gründer und Inhaber von Martschini Illustration & Grafik.
Meine FIRMA
34 02/2021
MEIN STOLZ
Sam Gruber, Gründer und Geschäftsführer von PLAN 1 MEDIA Schweiz.
Faible für Technik
Den typischen Arbeitstag gibt es bei mir nicht. Von Musikproduktionen
für Privatkunden über grössere Projekte in
Zusammenarbeit mit Bands oder Tonaufnahmen für Radio und
TV, die Bandbreite ist riesig. PLAN 1 MEDIA ist ein Tonstudio-Netzwerk
mit Studios in München, Berlin und im schönen
Wallis. Ich mache selbst schon seit Jahren Musik und finde,
die Arbeit im Tonstudio ist eine perfekte Verschmelzung von
Kreativität und Technik. Angefangen habe ich damals im
Münchner Studio als Tontechniker. Als die Diskussion zur
Eröffnung eines weiteren Studios in der Schweiz im Raum
stand, habe ich meine Chance ergriffen und 2013 ein
Partnerstudio in Sankt Niklaus im Wallis eröffnet. Ich bin an
keinen Standort gebunden und habe hier, mit Blick aufs
Matterhorn, auch schon Projekte für namhafte nationale sowie
internationale Auftraggeber realisiert. Das gefällt mir, und
ich bin stolz, dass ich mein eigenes KMU aufbauen konnte. Ich
fände es schön, wenn mehr junge Leute den Schritt in die
Selbständigkeit wagen würden.
→ plan1.de
Design für den Alltag
Wir haben das Designstudio BIG-
GAME 2004 in Lausanne gegründet
und beschäftigen mittlerweile
ein Team von fünf bis sieben
Personen. Spezialisiert sind wir
auf Industriedesign, wir realisieren
aber auch Szenografien. Wir
kreieren für ein breites Publikum,
und es erfüllt uns stets mit Stolz,
wenn ein von uns entworfenes
Objekt Einzug in den täglichen
Gebrauch findet. Unser Schaffen
beschränkt sich nicht auf eine
Sparte; so halten wir uns die
Möglichkeit offen, verschiedenste
Produkte zu designen. In dieser
Hinsicht ist unsere Arbeit sehr bereichernd
und erlaubt es uns beispielsweise
auch, bei einem Projekt
von der Erfahrung zu profitieren,
die wir in einem ganz anderen Bereich
sammeln konnten. Seit unseren
Anfängen haben wir mit zahlreichen
internationalen Kundinnen
und Kunden zusammengearbeitet.
Für die Zukunft wünschen wir uns
mehr Aufträge aus der Schweiz.
→ big-game.ch
Augustin Scott de Martinville, Elric Petit und
Grégoire Jeanmonod, Gründer und Inhaber des
Designstudios BIG-GAME.
02/2021 35
Meine FIRMA
NACHFOLGE-NAVIGATOR ®
Danke Rolf Hatt und Jacqueline Meier
für euer Vertrauen.
Sichern auch
Sie Ihr
Lebenswerk
Planen Sie Ihre Nachfolge frühzeitig. Consulta
unterstützt Sie gemeinsam mit der AXA dabei.
nachfolge-navigator.ch/register
Promocode
meine-firma