ERF Antenne 0102|2024 Glück-Wunsch
Das Magazin von ERF – Der Sinnsender
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den. (…) <strong>Glück</strong>lich sind die Hungernden, denn sie sollen<br />
satt werden. (…) <strong>Glück</strong>lich sind die Friedfertigen,<br />
denn sie werden die Erde besitzen.“ (nach Matthäus<br />
5,4-7) Da sind sie wieder, diese Gegensätze. Momentan<br />
herrschen mehr Autokraten als Friedfertige. Sie scheinen<br />
alles zu besitzen. Friedliche Demonstrationen für<br />
Menschenrechte mit Regenschirmen (Hongkong), mit<br />
Blumen (Belarus) oder ohne Kopftuch (Iran) werden<br />
niedergeprügelt. Wo sind denn <strong>Glück</strong> und Frieden?<br />
Das <strong>Glück</strong> und der Sinn<br />
Viktor Frankl sagte: „Wer ein Warum zum Leben hat,<br />
erträgt fast jedes Wie.“ Je sinnhafter unser Leben ist,<br />
umso glücklicher können wir sein. In meinem tiefsten<br />
Kummer bin ich vor allem eins: eine Mutter. Ich entdecke<br />
meine neuen Rollen als Freundin, Schwester<br />
und Autorin. Ich werde nie einen Sinn darin sehen,<br />
dass mein Mann verstarb. Ich glaube nicht, dass es<br />
Gottes Plan war. Wenn andere Geschwister in einer<br />
großen Not einen Sinn entdecken, dann ist es ein<br />
ganz persönlicher Prozess. Man kann ihn nicht auf<br />
ein anderes Leben übertragen. Mein neuer Lebensweg<br />
führt mich zu Menschen und Möglichkeiten. Eine<br />
Reise, ein Auftrag, eine Begegnung. Es schleicht sich<br />
ein Trotz in mein Leben – ein Lebenstrotz. Ich gebe<br />
auf, mich mit Familien zu vergleichen, die zwei gute<br />
Einkommen haben, sich Urlaube, Haus und Ausflüge<br />
leisten können. Trotzig führe ich eine Patenschaft in<br />
Albanien weiter für eine Witwe mit vier Kindern. Sie<br />
haben noch weniger als ich. Ich habe Witwenrente,<br />
Kindergeld und Wohngeld. Plötzlich dämmert mir: Ich<br />
habe viel. Ich habe genug. Ich werde genügsam. Nein,<br />
ich werde nicht geizig, sondern freue mich aufrichtig<br />
an gebrauchten Dingen, Schnäppchen und Leihgaben.<br />
Das <strong>Glück</strong> und die einfachen Dinge<br />
Alte Menschen fühlen sich trotz Einschränkungen<br />
glücklicher als junge, denn sie müssen sich nicht<br />
mehr beweisen. Sie haben gelernt, den Moment<br />
wahrzunehmen: die Sonne auf dem Balkon, den Duft<br />
von Blumen, die Wolkenformationen am Himmel,<br />
die kleine Plauderei mit dem Postboten, den Gruß der<br />
Nachbarin, den leckere Eintopf. Das <strong>Glück</strong> sucht die<br />
Langsamkeit und den Moment.<br />
Letztendlich schenken uns die alltäglichen Dinge<br />
einen <strong>Glück</strong>smoment. Guter Schlaf oder genussvolles<br />
Essen machen glücklich. Auch das empfiehlt<br />
die Bibel. „Kauft euch alles, was ihr gern hättet … und<br />
was ihr euch sonst noch wünscht … feiert ein fröhliches<br />
Fest, esst und trinkt!“ (5. Mose 14,26). Vielleicht<br />
ist das die eigentliche Lebenskunst: Gute Momente<br />
wahrzunehmen und die kleinen Alltäglichkeiten<br />
genießen. Es gibt Zeiten, da tanzt das <strong>Glück</strong> durch<br />
unser Leben und dann gibt es Wochen und Monate<br />
voller Kummer. Zu wissen, dass beides sein kann<br />
und sich beidem zu stellen, ist glaubensmutig,<br />
hoffnungsstark und zweifeltrotzig. Tiefer Kummer<br />
und großes <strong>Glück</strong>. Sie wechseln sich ab – so war<br />
es schon immer gewesen, denn alles hat seine Zeit<br />
(Prediger 3,1).<br />
»Tiefer Kummer und großes<br />
<strong>Glück</strong> – sie wechseln sich ab«<br />
SUSANNE OSPELKAUS arbeitet als Autorin und<br />
ist mit literarischen Veranstaltungen deutschlandweit<br />
unterwegs. Ihre Erfahrungen über den Tod<br />
ihres ersten Mannes hat sie in „Meine Reise durch<br />
das Trauerland“ aufgeschrieben. Mit ihrer Familie<br />
lebt sie östlich von München.<br />
www.susanne-ospelkaus.com<br />
Thema<br />
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