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s12-22_red_jan24_ZM 27.12.2023 13:51 Seite 16
Bildungsgerechtigkeit
in Deutschland
Klassenziel verfehlt
Wäre die Schule ein Kindergeburtstag würde wohl jedes Kind ein gleich großes Stück vom Einhorn-Kuchen bekommen. Egal, ob Junge
oder Mädchen, arm oder reich, in München oder Marrakesch geboren. So gerecht geht es allerdings bei der Verteilung von Bildungschancen
nicht zu. Kinder aus sozial benachteiligten Elternhäusern oder mit Migrationshintergrund sowie zunehmend auch Jungen
erhalten oft weniger Chancen, eine ordentliche Ecke von der Bildungstorte zu ergattern.
Risiko Schule
In Deutschland müsste deshalb mehr als bisher gegen abträgliche
Faktoren wie Armut, Herkunft, elterliche Bildungsentscheidungen,
schulische Leistungsbewertung und Schullaufbahnempfehlungen
getan werden. Der Wettbewerbsnachteil von Kindern aus bildungsfernen
Elternhäusern ist meist so groß, dass gleiche Beschulung nicht
ausreicht, um den Vorsprung ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler
aus bildungsnahen Elternhäusern einzuholen. Auch die sehr frühe
Verteilung auf verschiedene Schularten mit unterschiedlichen Lernmilieus
bremst die Chancengerechtigkeit. So ist das Risiko für viele
Kinder, die Schullaufbahn nicht glatt zu durchlaufen, hoch. Sie haben
dann einen schlechten oder gar keinen Schulabschluss.
Leuchtturm statt Risikoschule
Bildungsgerechtigkeit sinkt
Der nationale Bildungsbericht 2022 sowie die aktuelle Pisa-Studie
bestätigen, dass der Bildungserfolg in Deutschland mehr denn je von
der sozialen Herkunft abhängt und unser Bildungssystem zu viele
Verlierer produziert. Dass alle Kinder gemeinsam lernen und jedes
Kind seinen Lernvoraussetzungen entsprechend optimal gefördert
wird, bleibt vorerst nur ein bildungspolitischer Traum. So erreichen
nahezu 80 Prozent der Kinder aus Familien mit hohem sozioökonomischem
Status die Hochschulreife, aber nur 31 Prozent der Kinder
aus armutsgefährdeten Elternhäusern.
In einer idealen Bildungswelt würde Schule allen Kindern Chancen für einen erfolgreichen Lebensweg eröffnen.
Sie würde Vereinssport, das Erlernen eines Instrumentes oder Kunstkurse für jede und jeden ermöglichen und
tatsächlich Ungleichheit abbauen. Davon sind wir weit entfernt. Bildungsforscher mahnen deshalb gerade für
Brennpunkt-Schulen eine besonders gute Personal- und Ressourcenausstattung an. Als Mentoren könnten auch
Lehramtsstudierende zum Einsatz kommen. Die gute Nachricht: es gibt sie bereits, diese Leuchtturmschulen, die
sich mit Engagement und guten Ideen von der Problemschule zu einem Lernort für alle entwickelt haben.
Bildung für alle
Bildungsforscher fordern deshalb eine ausgleichende Bildungspraxis,
bei der ...
• Kinder möglichst früh gefördert werden
• leistungsschwache wie -starke Schülerinnen und Schüler ein
passendes Lernangebot erhalten
• Wert auf soziale Kompetenzen gelegt wird
• die eigene Persönlichkeit entwickelt werden kann
• dIe Ganztagsschule ausgebaut und qualitativ verstärkt wird
• Bildungswege flexibler beschritten werden dürfen
Dazu braucht es ...
• zusätzliches pädagogisches Personal für frühkindliche und
schulische Bildung
• ein geeignetes frühkindliches Bildungs- und Betreuungsangebot für
jedes Kind
• eine förderliche Unterrichtsgestaltung für alle
• starke Schulen, die ein Gemeinschaftsgefühl vermitteln und sichere
Strukturen bieten
• diagnostische Verfahren, die Kinder objektiv beurteilen
• multiprofessionelle Teams für eine umfassende, individuelle
Betreuung
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