vsao Journal Nr. 6 - Dezember 2023
Rettung - Von Krankenhäusern und Karotten Politik - Ein Leitfaden zu Planetary Health Sportmedizin - Verletzungen vorbeugen und behandeln Sekundärer Antikörpermangel - Die Immunoglobulin-Substitution in der Hämatologie
Rettung - Von Krankenhäusern und Karotten
Politik - Ein Leitfaden zu Planetary Health
Sportmedizin - Verletzungen vorbeugen und behandeln
Sekundärer Antikörpermangel - Die Immunoglobulin-Substitution in der Hämatologie
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<strong>vsao</strong><br />
<strong>Nr</strong>. 6, <strong>Dezember</strong> <strong>2023</strong><br />
<strong>Journal</strong><br />
Das <strong>Journal</strong> des Verbandes Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte<br />
Rettung<br />
Von Krankenhäusern<br />
und Karotten<br />
Seite 24<br />
Politik<br />
Ein Leitfaden zu<br />
Planetary Health<br />
Seite 6<br />
Sportmedizin<br />
Verletzungen vorbeugen<br />
und behandeln<br />
Seite 41<br />
Sekundärer<br />
Antikörpermangel<br />
Die Immunoglobulin-<br />
Substitution in<br />
der Hämatologie<br />
Seite 44
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Inhalt<br />
Rettung<br />
Von Krankenhäusern und Karotten<br />
Coverbild: Stephan Schmitz<br />
Editorial<br />
5 Save our souls<br />
Politik<br />
6 Gemeinsam für das Klima und<br />
die Gesundheit<br />
8 Viel Engagement und ein Entscheid<br />
für die Umwelt<br />
10 Auf den Punkt gebracht<br />
Weiterbildung /<br />
Arbeitsbedingungen<br />
12 Tipps und Tools für den Karrierestart<br />
15 Im AA-Universum<br />
<strong>vsao</strong><br />
16 Neues aus den Sektionen<br />
22 <strong>vsao</strong>-Inside<br />
23 <strong>vsao</strong>-Rechtsberatung<br />
Perspektiven<br />
41 Aktuelles zur sportärztlichen<br />
Betreuung: Sportmedizin zwischen<br />
Tanz und Tradition<br />
44 Aus der «Therapeutischen<br />
Umschau» – Übersichtsarbeit:<br />
Immunoglobulin-Substitutionstherapie<br />
bei hämatologischen<br />
Patienten mit sekundärem Antikörpermangel<br />
50 Der besondere Ort<br />
mediservice<br />
51 Briefkasten<br />
52 Das Dilemma mit der Digitalisierung<br />
54 Impressum<br />
Fokus: Rettung<br />
24 Trainieren für den Notfall<br />
28 Die Rettung einer Tessiner Karotte<br />
30 Rettung ist probiotisch<br />
34 Eine Inspirationsquelle für<br />
zukünftige Bauten<br />
38 Suizidprävention kann Leid<br />
verhindern<br />
<strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong>: neue Redaktionsmitglieder gesucht<br />
Sind Sie vielseitig interessiert und haben Lust, das <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong> mitzuprägen?<br />
Gewinnen Sie einen Einblick in unsere Arbeit, und nehmen Sie unverbindlich an einer<br />
Redaktionssitzung teil. Hauptaufgaben der Redaktion sind<br />
• die thematische Planung der Hefte,<br />
• die Suche nach Autorinnen und Autoren,<br />
• die regelmässige Teilnahme an den Sitzungen<br />
(sechs abendliche Sitzungen und eine Retraite).<br />
Interessiert? Dann melden Sie sich unter journal@<strong>vsao</strong>.ch.<br />
Wir freuen uns auf neue Gesichter.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 3
Allgemeine<br />
Innere Medizin<br />
30.01. – 03.02.24 Basel<br />
11. – 15.06.2024 Zürich<br />
40 h<br />
Innere Medizin<br />
05. – 09.12.<strong>2023</strong> Zürich<br />
39 SGAIM<br />
25. – 29.06.2024 Zürich<br />
40 h<br />
Hausarzt Fortbildungstage<br />
07. – 08.03.2024 St. Gallen<br />
14. – 15.03.2024 Bern<br />
14 h<br />
Bonus FOMF<br />
Code*<br />
INVS1223<br />
Anästhesiologie<br />
und Intensivmedizin<br />
04. – 05.06.2024 Zürich<br />
16 h<br />
EKG – Grundkurs<br />
10. – 11.06.2024 Zürich<br />
16 h<br />
Gynäkologie<br />
02. – 04.05.2024 Zürich<br />
24 h<br />
Ophthalmologie<br />
13. – 14.06.2024 Zürich<br />
16 h<br />
Pädiatrie<br />
11. – 13.04.2024 Zürich<br />
24 h<br />
Pneumologie<br />
03. – 04.05.2024 Zürich<br />
14 h<br />
Psychiatrie und<br />
Psychotherapie<br />
06. – 08.06.2024 Zürich<br />
21 h<br />
Psychologie<br />
07. – 09.12.<strong>2023</strong> Zürich<br />
23 SGPP | 24 ASP |<br />
21 SAPPM | 21 FSP<br />
Urologie<br />
24.05.2024 Zürich<br />
7 h<br />
Update Refresher<br />
Information / Anmeldung<br />
Tel.: 041 567 29 80 | info@fomf.ch | www.fomf.ch<br />
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Editorial<br />
Save our souls<br />
Regula Grünwald<br />
Chefredaktorin <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong><br />
Dreimal kurz, dreimal lang, dreimal kurz. Diesen Notruf<br />
setzte das britische Passagierschiff «Slavonia» ab, als es<br />
1909 vor den Azoren auf eine Klippe auflief – und<br />
sorgte damit für eine Premiere in der Geschichte der<br />
internationalen Seefahrt. Der Hilferuf war erfolgreich: Alle Passagiere<br />
wurden gerettet. Drei Jahre zuvor hatte sich die internationale<br />
Funkkonferenz in Berlin auf SOS als einheitliches Notsignal<br />
geeinigt, 1908 war dieses offiziell eingeführt worden. Formulierungen<br />
wie «save our souls» oder «sure of sinking» wurden erst im<br />
Nachhinein konstruiert, um den drei Buchstaben einen Sinn<br />
zu verleihen. Ursprünglich war SOS jedoch eine bedeutungslose,<br />
dafür aber sehr einprägsame und gut erkennbare Kombination<br />
von Morsezeichen.<br />
Einfach und leicht zu merken sind auch unsere heutigen Notrufnummern<br />
– sehr komplex hingegen das, was dahintersteckt. Wie<br />
sich ein reibungsloser Ablauf in Notfallsituationen trainieren lässt,<br />
zeigt ein Beitrag in unserem Schwerpunkt «Rettung». Dass es zu<br />
manchen Notfällen gar nicht erst kommen müsste, darauf deuten<br />
Studien zur Suizidprävention bei Jugendlichen hin. Wie weit<br />
die Schweiz diesbezüglich ist, beleuchtet ein weiterer Beitrag.<br />
Der Wunsch nach Sicherheit gehört zu den menschlichen Grundbedürfnissen.<br />
In vielen Religionen spielt deshalb der Glaube an<br />
einen göttlichen Retter eine prägende Rolle. Wir werfen einen Blick<br />
auf das Juden- und das Christentum.<br />
Doch nicht nur Menschenleben lassen sich retten: Im Ballenberg<br />
nahe Brienz sind auf 66 Hektaren über 100 gerettete historische<br />
Bauten aus der ganzen Schweiz versammelt. Im ganzen Land<br />
verteilt hingegen sind die Kulturpflanzen und Nutztiere, welche<br />
die Stiftung ProSpecieRara bewahren und schützen will. Im Fall<br />
der Tessiner Karottensorte «Gniff» brauchte es dafür einen<br />
beson deren Kniff. Mehr dazu im Fokusteil.<br />
Nicht gerade die Welt retten, aber zumindest einen Beitrag zu<br />
einem gesünderen Planeten leisten will der <strong>vsao</strong> mit einem Leitfaden<br />
zu Planetary Health. Fundierte Informationen, einprägsame<br />
Beispiele und praxistaugliche Tipps sollen zum Nachdenken<br />
und Handeln anregen. Ein Beitrag dazu findet sich im Politikteil.<br />
Dort nachzulesen ist ebenfalls, was der Zentralvorstand des<br />
<strong>vsao</strong> und die Delegiertenversammlung von mediservice an ihrer<br />
Herbstsitzung beschlossen haben.<br />
Mit der letzten Nummer dieses Jahres verabschieden wir Camille<br />
Bertossa, die uns als UHU und junge Assistenzärztin einen humorvollen<br />
Einblick in ihren nicht immer ganz so lustigen Alltag<br />
gegeben hat. Sie hingegen, liebe Leserinnen und Leser, würden<br />
wir sehr gerne auch im neuen Jahr wieder begrüssen. In der<br />
Zwischenzeit dankt Ihnen die Redaktion des <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong>s herzlich<br />
für Ihr Interesse und wünscht Ihnen und Ihren Liebsten frohe<br />
Festtage sowie ein glückliches und gesundes neues Jahr.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 5
Politik<br />
Gemeinsam<br />
für das Klima und<br />
die Gesundheit<br />
Der Klimawandel ist die grösste gesundheitliche Bedrohung<br />
unseres Jahrhunderts. Die FMH möchte mit ihrer<br />
Planetary-Health-Strategie die Ärztinnen und Ärzte<br />
dazu ermutigen, ihre Verantwortung wahrzunehmen.<br />
Auch der <strong>vsao</strong> leistet einen Beitrag dazu.<br />
Philipp Thüler, Leiter Politik und Kommunikation / stv. Geschäftsführer <strong>vsao</strong><br />
Die Sommer werden heisser, in<br />
den Wintern fehlt der Schnee,<br />
die Gletscher schmelzen, es<br />
kommt vermehrt zu Stürmen<br />
und Unwettern, Hochwassern, Steinschlägen,<br />
Erdrutschen und Dürreperioden –<br />
weltweit und auch in der Schweiz. Wir alle<br />
spüren, sehen und erleben den Klimawandel.<br />
Viele Veränderungen wie der<br />
Anstieg der Durchschnittstemperatur,<br />
der Anstieg des Meeresspiegels oder das<br />
Schmelzen der Gletscher sind bereits erfolgt<br />
und nicht mehr umkehrbar. Es besteht<br />
deshalb dringender Handlungsbedarf,<br />
um das Ausmass der Veränderungen<br />
so gering wie möglich zu halten.<br />
Unbestritten ist, dass es vor allem eine<br />
Reduktion der Treibhausgasemissionen<br />
braucht, da diese eine Hauptursache der<br />
Klimaveränderung sind. Die Schweiz hat<br />
sich mit der Unterzeichnung und Ratifizierung<br />
des Pariser Abkommens von<br />
2015 denn auch verpflichtet, die Treibhaus<br />
gasemissionen bis 2030 auf 50 Prozent<br />
des Standes von 1990 zu reduzieren.<br />
Was hat das mit der Ärzteschaft<br />
zu tun?<br />
Ebenso unbestritten ist, dass die Ärztinnen<br />
und Ärzte eine Verantwortung und<br />
ein Interesse haben, sich zu engagieren.<br />
Der Klimawandel ist ein gesundheitsrelevantes<br />
Thema, er ist – wie es die FMH<br />
in ihrer Planetary-Health-Strategie ausdrückt<br />
– die grösste gesundheitliche Bedrohung<br />
unseres Jahrhunderts. Die Erhaltung<br />
und die Verbesserung der natürlichen<br />
Lebensgrundlagen stabilisieren das<br />
Klima und schützen die Gesundheit. Denn<br />
der Klimawandel hat auch Auswirkungen<br />
auf die Gesundheit.<br />
Am direktesten zeigt sich dies im<br />
Zusammenhang mit der Hitzebelastung.<br />
Hitze kann Erschöpfung und Hitze schläge<br />
auslösen und bestehende Erkrankungen<br />
wie Herz-Kreislauf- oder Atemwegskrankheiten<br />
verschlimmern. Tropennächte führen<br />
zu schlechterer nächtlicher Erholung,<br />
auch psychische Krankheiten nehmen zu.<br />
Im Rekordsommer 2003 betrug die hitzebedingte<br />
Übersterblichkeit 6,9 Prozent,<br />
das entspricht gut 1000 zusätzlichen Todesfällen.<br />
Hohe Emissionen im Gesundheitswesen<br />
Es gibt aber auch indirekte Effekte, etwa<br />
durch sich verändernde Ökosysteme, die<br />
dazu führen, dass sich krankheitsübertragende<br />
Tiere wie Mücken und Zecken,<br />
Krankheitserreger und allergene Pflanzen<br />
vermehrt verbreiten. Auch die erhöhte<br />
Belastung der Luft durch Ozon und Feinstaub<br />
hat negative Effekte auf die Gesundheit.<br />
Dazu kommt: Weltweit trägt der Gesundheitssektor<br />
4,6 Prozent zu den Gesamtemissionen<br />
bei, in der Schweiz sind es<br />
je nach Quelle zwischen 5,9 und 6,7 Prozent.<br />
Eine Reduktion der Emissionen im<br />
Gesundheitswesen kann also durchaus<br />
einen wichtigen Beitrag leisten.<br />
Die Ärzteschaft hat dies erkannt. Pionierarbeit<br />
leisteten und leisten die Ärztinnen<br />
und Ärzte für Umweltschutz (AefU),<br />
ein Verein, der «aus der Sorge um eine<br />
zunehmend kranke Umwelt, die unsere Gesundheit<br />
bedroht und das Leben künftiger<br />
Generationen in Frage stellt», entstand. Er<br />
setzt sich bereits seit 1987 aus ärztlicher<br />
Perspektive für die Vermeidung und Verhinderung<br />
von schädlichen Umwelteinflüssen<br />
ein.<br />
Die Planetary-Health-Strategie<br />
der FMH<br />
Auch die FMH beschäftigt sich mit dem<br />
Thema. Im Oktober 2021 verabschiedete sie<br />
das Dokument «Planetary Health – Strategie<br />
zu den Handlungsmöglichkeiten der Ärzteschaft<br />
in der Schweiz zum Klimawandel».<br />
Dazu angeregt hatte die Vereinigung der<br />
Medizinstudierenden (swimsa) mit Unterstützung<br />
des <strong>vsao</strong>. In einer breit abgestützten<br />
Arbeitsgruppe, in der auch die swimsa<br />
und der <strong>vsao</strong> vertreten sind, wurde die Strategie<br />
erarbeitet. Mit der Strategie will die<br />
FMH Massnahmen zur Förderung von Planetary<br />
Health stärken und ein «nachhaltig<br />
gesundheitsförderndes und klimaresilientes<br />
Schweizer Gesundheitswesen» erreichen,<br />
und zwar mit «verhältnismässigen, finanziell<br />
tragbaren Massnahmen».<br />
6<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Politik<br />
Spitäler und Arztpraxen können zu einem schonenden Umgang mit Ressourcen beitragen, beispielsweise mit einer konsequenten Abfalltrennung.<br />
Bild: Adobe Stock<br />
Die FMH hat sich in der Strategie Ziele<br />
in vier Bereichen gesetzt. Die Information<br />
soll gefördert werden durch den Aufbau<br />
und die Verbreitung von Wissen und Kompetenzen<br />
zu Planetary Health. Die Ärzteschaft<br />
soll zudem aktiv zur Reduktion der<br />
Treibhausgase und zur Ressourcenschonung<br />
beitragen. Ebenso ihren Beitrag leisten<br />
soll sie zur Adaptation, indem sich die<br />
Ärzteschaft dafür einsetzt, dass sich die<br />
Schweiz und ihr Gesundheitswesen an ein<br />
sich veränderndes Klima anpassen. Und<br />
nicht zuletzt sollen die Schweizer Ärztinnen<br />
und Ärzte eine Vorbildrolle wahrnehmen<br />
und sich für eine Politik einsetzen,<br />
welche die öffentliche und die planetare<br />
Gesundheit schützt und fördert.<br />
Zuständig für die Umsetzung der Strategie<br />
sind bei der FMH die Abteilung Public<br />
Health und die Arbeitsgruppe Planetary<br />
Health. Eine solche Arbeitsgruppe<br />
hat seit Kurzem auch der <strong>vsao</strong> – sie wird<br />
von Nora Höger und Mirjam Arn geleitet.<br />
Was können Ärztinnen und<br />
Ärzte tun?<br />
Erste konkrete Resultate der verschiedenen<br />
Arbeiten gibt es bereits: Der <strong>vsao</strong> Zürich/Schaffhausen<br />
hat einen Leitfaden zu<br />
Planetary Health für <strong>vsao</strong>-Mitglieder publiziert,<br />
der vom Dachverband auch auf<br />
Französisch und Italienisch übersetzt<br />
wurde und auf der <strong>vsao</strong>-Website zur Verfügung<br />
steht. Nebst einer Übersicht über die<br />
gesundheitlichen Folgen des Klimawandels<br />
gibt es darin konkrete Handlungsempfehlungen<br />
für Ärztinnen und Ärzte,<br />
wie sie ihrer besonderen Verantwortung,<br />
sich aktiv mit dem Thema auseinanderzusetzen<br />
und ihre Stimme zu erheben, gerecht<br />
werden können.<br />
Die FMH hat ein ganzes Toolkit für<br />
Arztpraxen publiziert. Dieses enthält rund<br />
70 Massnahmen in 14 Kategorien wie zum<br />
Beispiel Wasser, Abfall und Recycling, Chemikalien,<br />
Heizung und Energie, Kommunikation,<br />
Weiterbildung oder Ernährung.<br />
Die einzelnen Massnahmen sind zudem in<br />
drei Stufen eingeteilt: Bronzemassnahmen<br />
erfordern geringen Aufwand und sind<br />
meist sofort umsetzbar. Silbermassnahmen<br />
bedürfen eines grösseren Aufwands,<br />
und für die Goldmassnahmen braucht es<br />
noch einmal etwas mehr Einsatz.<br />
Beispiele für Massnahmen sind die<br />
Einführung einer strikten Abfalltrennung,<br />
angepasstes Heizen, das Etablieren telefonischer<br />
Konsultationen, die Abschaffung<br />
von gebührenfreien Parkplätzen,<br />
das Anpassen gewisser Medikationen, der<br />
konsequente Einsatz von nachhaltigem<br />
Büromaterial, die Umsetzung einer nachhaltigen<br />
Anlagestrategie und viele mehr.<br />
Arztpraxen haben sogar die Möglichkeit,<br />
sich zu registrieren und die umgesetzten<br />
Massnahmen zu erfassen. Wenn eine registrierte<br />
Praxis 75 Prozent der Goldmassnahmen<br />
umgesetzt hat und dies auch<br />
nachweisen kann, darf sie sich mit dem<br />
FMH-Zertifikat «Umweltfreundliche Praxis»<br />
schmücken.<br />
Massnahmen für Spitäler<br />
Die im Toolkit beschriebenen Massnahmen<br />
sind auch für Privatpersonen inspirierend<br />
und können je nachdem auch in<br />
Spitälern umgesetzt werden. Wobei – für<br />
Spitäler gibt es noch mehr: Das vom Nationalfonds<br />
finanzierte Projekt «Green Hospital»<br />
hat eine Liste mit Massnahmen für<br />
ein «umweltfreundliches und effizientes<br />
Spital» publiziert. Ein Blick darauf lohnt<br />
sich – immerhin könnten gemäss dem Projektleiter<br />
und Umweltwissenschaftler Matthias<br />
Stucki 50 Prozent der Schweizer Spitäler<br />
ihren Umweltfussabdruck halbieren.<br />
Es gibt also auch im Arztberuf viele<br />
Möglichkeiten, etwas gegen Treibhausgasemissionen<br />
und für eine gesündere Umwelt<br />
zu tun. Nun gilt es, diese Gelegenheiten<br />
zu packen und selbst aktiv zu werden<br />
oder zu bleiben.<br />
Websites mit Informationen<br />
zum Thema<br />
– <strong>vsao</strong>: www.<strong>vsao</strong>.ch/planetary-health<br />
– FMH: www.planetary-health.fmh.ch<br />
– Green Hospital: www.greenhospital.ch<br />
@<strong>vsao</strong>asmac<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 7
Politik<br />
Der Zentralvorstand <strong>vsao</strong> war geprägt von einer kollegialen Atmosphäre,<br />
konstruktiven Diskussionen und einigen Abstimmungen.<br />
Viel Engagement<br />
und ein Entscheid<br />
für die Umwelt<br />
Neben den Dauerbrennern Bürokratie, Arbeitsbedingungen und<br />
Zulassungssteuerung widmeten sich die Delegierten des Zentralvorstands<br />
<strong>vsao</strong> auch dem Thema Planetary Health – und setzten als Delegierte<br />
von mediservice <strong>vsao</strong>-asmac gleich ein Zeichen: Das <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong> erscheint<br />
ab Mitte 2024 nur noch online.<br />
Regula Grünwald, Chefredaktorin <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong>, Bild: Severin Nowacki<br />
Eine gute Nachricht gleich vorneweg:<br />
Bei den <strong>vsao</strong>-Mitgliederbeiträgen<br />
gibt es auch im kommenden<br />
Jahr keine Erhöhung.<br />
Dies, obwohl das Budget 2024 ein Minus<br />
von CHF 276 500.– vorsieht. Der budgetierte<br />
Verlust sei jedoch keineswegs Zeichen<br />
von Misswirtschaft oder eines Mitgliederschwunds,<br />
betonte <strong>vsao</strong>-Geschäftsführer<br />
Simon Stettler. «Das Minus ist vielmehr<br />
Ausdruck unserer vielen Projekte, Aktivitäten<br />
und Arbeitsgruppen, welche die Ausgaben<br />
steigen lassen.» Da der <strong>vsao</strong> mit einem<br />
Vermögen von rund vier Millionen<br />
Franken über solide Finanzen verfügt, die<br />
finanzielle Situation in vielen Spitälern<br />
und damit bei den <strong>vsao</strong>-Mitgliedern hingegen<br />
weiterhin schwierig ist, beschloss<br />
der Zentralvorstand <strong>vsao</strong> (ZV) an seiner<br />
Herbstsitzung vom 25. November <strong>2023</strong>, die<br />
Mitgliederbeiträge nicht zu verändern, und<br />
nahm das Budget 2024 unverändert an.<br />
Inkompatible Systeme und<br />
Mehrfacherfassungen<br />
Dass beim <strong>vsao</strong> im Moment tatsächlich einiges<br />
läuft und auch 2024 vieles zu tun<br />
bleibt, zeigten die darauffolgenden Traktanden.<br />
Im Juni <strong>2023</strong> hatte der <strong>vsao</strong> einen<br />
runden Tisch zu den Themen Arbeitsbedingungen,<br />
Bürokratie und Weiterbildung<br />
organisiert, an dem Vertreterinnen<br />
und Vertreter der FMH, des Vereins der leitenden<br />
Spitalärztinnen und -ärzte Schweiz<br />
(VLSS), des Schweizerischen Instituts für<br />
ärztliche Weiter- und Fortbildung (SIWF),<br />
des Bundesamts für Gesundheit (BAG) sowie<br />
des Spitalverbands H+ teilnahmen.<br />
Diese legten verschiedene Wege fest, die<br />
nun in kleineren Gruppen weiterverfolgt<br />
werden. Auch ausserhalb dieser Gruppen<br />
ist der Verband aktiv. Mit der Publikation<br />
des Handbuchs «Medizin statt Bürokratie!»<br />
im Mai <strong>2023</strong> habe der <strong>vsao</strong> zwar die gleichnamige<br />
Kampagne abgeschlossen, sagte<br />
Philipp Thüler, Leiter Politik und Kommunikation.<br />
Eine Umfrage mit rund 700 Teilnehmenden<br />
habe jedoch gezeigt, dass insbesondere<br />
inkompatible Systeme und<br />
Mehrfacherfassungen nach wie vor eine<br />
grosse Belastung darstellten. «Bürokratie<br />
bleibt ein grosses Thema.» Gestützt auf<br />
konkrete Beispiele werden nun konkrete<br />
Lösungsvorschläge erarbeitet.<br />
8<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Politik<br />
Bilder: zvg<br />
Arbeitszeit und Vereinbarkeit<br />
Auf grosses – auch mediales – Interesse stiess<br />
dieses Jahr das Modell einer 42+4-Stunden-<br />
Woche, zu welcher der <strong>vsao</strong> ein Factsheet erarbeitet<br />
und publiziert hat. Die Forderung<br />
nach einer verkürzten Arbeitszeit ist ein<br />
Wunsch und Bedürfnis der Mitglieder – es<br />
gibt aber auch Gegenwind. Insbesondere einige<br />
Exponenten aus der Chirurgie äusserten<br />
öffentlich Kritik. Der <strong>vsao</strong> nahm diese Kritik<br />
ernst, suchte das Gespräch und strebt gemeinsame<br />
Lösungen an, um auch die chirurgische<br />
Weiterbildung zu stärken.<br />
Ein weiteres Bedürfnis vieler Mitg lieder<br />
ist die Vereinbarkeit von Beruf und<br />
Privatleben. Auch hier ist der <strong>vsao</strong> auf verschiedenen<br />
Ebenen aktiv. So können Mitglieder<br />
ein kostenloses Telefoncoaching<br />
durch die Fachstelle UND in Anspruch<br />
nehmen. «Oft lässt sich mit einfachen Mitteln<br />
eine schwierige Situation verbessern»,<br />
sage Yvonne Stadler-Niederer, Leiterin<br />
Recht. Weiter ist eine Broschüre zu den<br />
Themen Schutzbestimmungen in der<br />
Schwangerschaft, Mutterschaft und Elternzeit<br />
in Arbeit, und der <strong>vsao</strong> beteiligt<br />
sich an einem Projekt der Fachhochschule<br />
Nordwestschweiz (FHNW), das unter anderem<br />
die Auswirkungen von Sorgeverpflichtungen<br />
auf die Karriere untersuchen<br />
sowie Massnahmen entwickeln soll, um<br />
den Karriereknick zu vermeiden.<br />
Klar positionieren will sich der <strong>vsao</strong><br />
auch in einem Bereich, der nicht zu seinen<br />
Kernthemen gehört. Die im Sommer konstituierte<br />
Arbeitsgruppe Planetary Health<br />
soll das Thema im Verband sichtbarer machen<br />
sowie entsprechende Synergien mit<br />
anderen Institutionen nutzen. Wie eine<br />
Umfrage der Arbeitsgruppe zeigt, würden<br />
zwar viele Assistenz- und Oberärztinnen<br />
und -ärzte ein Engagement zu Planetary<br />
Health befürworten, konkrete Massnahmen<br />
werden jedoch nur an wenigen Arbeitsstätten<br />
umgesetzt.<br />
Auswirkungen des Klimawandels, Digitalisierung,<br />
Fachkräftemangel, steigende<br />
Kosten – auch andere Länder kämpfen<br />
mit ähnlichen Herausforderungen wie die<br />
Schweiz. Um zu prüfen, ob eine stärkere<br />
Vernetzung in Europa einen Mehrwert<br />
bringt, beschloss der ZV nach einigen Diskussionen,<br />
in der Organisation European<br />
Junior Doctors (EJD) einen Beobachterstatus<br />
zu beantragen. Nach einem Jahr<br />
soll die Zusammenarbeit evaluiert und das<br />
weitere Vorgehen entschieden werden.<br />
<strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong> geht online<br />
Noch vor dem Mittagessen hatten die Delegierten<br />
von mediservice <strong>vsao</strong>-asmac einen<br />
wegweisenden Entscheid für die Zukunft<br />
des <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong>s zu fällen. Der einbrechende<br />
Werbemarkt sowie die steigenden<br />
Produktionskosten stellen das <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong><br />
vor finanzielle Herausforderungen.<br />
Gleichzeitig führen die zunehmenden Bemühungen<br />
für Planetary Health zur Frage,<br />
ob eine gedruckte Ausgabe des <strong>Journal</strong>s<br />
noch zeitgemäss ist. Aus diesen Gründen<br />
beantragten Vorstand und Geschäftsleitung<br />
von mediservice, das <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong> in<br />
eine reine Online-Publikation umzuwandeln,<br />
voraussichtlich per August 2024. Waren<br />
die Meinungen an der letzten Delegiertenversammlung<br />
noch geteilt, herrschte<br />
diesmal Einigkeit: Alle anwesenden Sektionen<br />
nahmen den Antrag diskussionslos<br />
an. Einstimmig wurde auch das Budget<br />
2024 verabschiedet, das für das nächste<br />
Jahr einen überschaubaren Verlust von<br />
CHF 18 500.– vorsieht.<br />
Rekordverdächtiger Zuwachs<br />
Ein Thema, das viele <strong>vsao</strong>-Sektionen beschäftigt,<br />
ist die Zulassungssteuerung. Bis<br />
zum 30. Juni <strong>2023</strong> mussten die Kantone ihre<br />
Regelungen zur Festlegung der Höchstzahlen<br />
aufstellen. Fast alle Kantone sind<br />
dieser Vorgabe nachgekommen, wobei die<br />
jeweilige Auslegung teilweise sehr unterschiedlich<br />
ausfiel. 1 Mit einem Monitoring<br />
der kantonalen Regelungen und deren<br />
Auswirkungen sowie einem regelmässigen<br />
Austausch mit den Sektionsjuristinnen<br />
und -juristen bleibt der <strong>vsao</strong> am Ball und<br />
unterstützt die Sektionen bei Bedarf.<br />
Ob es nun die vielfältigen Engagements<br />
und Dienstleistungen des <strong>vsao</strong> sind,<br />
die neue Mitglieder anlocken, oder der<br />
Nachklang der grossen Mitgliederkampagne<br />
im Jubiläumsjahr 2022, sei dahingestellt.<br />
Klar ist jedoch, dass die Zahl der<br />
neuen Mitglieder sehr erfreulich ist. Mit<br />
1431 Neuzugängen konnte der <strong>vsao</strong> bis<br />
Ende September <strong>2023</strong> bereits mehr Anmeldungen<br />
verzeichnen als im ganzen Jahr<br />
2022. Eine vollständige Bilanz ist jedoch<br />
erst im Frühling 2024 möglich, wenn auch<br />
die Austritte beziffert werden können.<br />
1 Ein Überblick zum aktuellen Stand der Zulassungssteuerung<br />
ist in Heft 5/23 erschienen.<br />
Frisches Blut im GA<br />
Um auch weiterhin bestehende Herausforderungen<br />
anzugehen und Projekte voranzutreiben,<br />
braucht es viele Ressourcen.<br />
Einstimmig wählten die Teilnehmenden<br />
deshalb Fabrice Juchler, Fabian Kraxner<br />
und Loredana Mitruccio in den Geschäftsausschuss<br />
(siehe Kasten). Mit dem zweisprachigen,<br />
im Waadtland aufgewachsenen<br />
und ab nächstem Jahr im Kantonsspital<br />
Freiburg tätigen Fabrice Juchler ist<br />
im GA nun auch die Romandie vertreten.<br />
Als Tarifdelegierter <strong>vsao</strong> kennt er den Verband<br />
bestens und ist überzeugt, dass der<br />
<strong>vsao</strong> das Gesundheitswesen in der Schweiz<br />
prägen und verbessern kann. Auch Fabian<br />
Kraxner, Geschäftsleitungsmitglied des<br />
VSAO Zürich und Redaktionsmitglied des<br />
<strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong>s, ist kein Unbekannter. Seine<br />
Erfahrungen und sein Know-how möchte<br />
er nun auch auf nationaler Ebene einbringen,<br />
um den Verband gegen innen<br />
und aussen zu stärken. Den GA turnusgemäss<br />
nach zwei Jahren verlassen wird<br />
Clara Ehrenzeller, bisherige Vertreterin<br />
der Schweizerischen Vereinigung der<br />
Medizinstudierenden (swimsa). Loredana<br />
Mitruccio tritt per Januar 2024 ihre Nachfolge<br />
an. Schon länger ein bekanntes Gesicht<br />
im GA ist Svenja Ravioli, die der ZV<br />
trotz einem verlängerten Auslandaufenthalt<br />
als GA-Mitglied bestätigte.<br />
Der Zuwachs im GA sei sehr erfreulich,<br />
sagte <strong>vsao</strong>-Präsident Angelo Barrile.<br />
Dennoch seien jederzeit auch neue Gesichter<br />
willkommen – insbesondere auch<br />
aus der lateinischen Schweiz.<br />
Neu im Geschäftsausschuss<br />
<strong>vsao</strong><br />
Fabrice Juchler<br />
Assistenzarzt in der<br />
Praxis Flühli, Luzern<br />
Tarifdelegierter <strong>vsao</strong><br />
seit März 2021<br />
Fabian Kraxner<br />
Oberarzt Psychiatrie,<br />
Spital Affoltern<br />
(in Teilzeit)<br />
Geschäftsleitungsmitglied<br />
VSAO-<br />
Sektion Zürich;<br />
Gemeinderat (Exekutive)<br />
in Hedingen<br />
Loredana Mitruccio<br />
(ab Januar 2024)<br />
Medizinstudentin<br />
im fünften Jahr an<br />
der Università della<br />
Svizzera Italiana in<br />
Lugano<br />
Mitglied der Swiss<br />
Medical Students<br />
Association (swimsa)<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 9
Politik<br />
Was gibt es Persönlicheres<br />
als die Bedrohung<br />
unserer Existenz?<br />
Das «Problem» an der Klimakrise ist, dass sie uns alle<br />
betrifft. Jede und jeder von uns spürt bereits jetzt<br />
Folgen dieser drastischen Umweltveränderungen.<br />
Wir wissen, dass diese Krise unsere Existenz bedroht<br />
oder zumindest in ihrer jetzigen Form infrage stellt –<br />
wenn wir ehrlich sind.<br />
Wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben,<br />
dass im Schnitt jeder Tag im September und im<br />
Oktober dieses Jahres in der Schweiz zu<br />
trocken und zu heiss war. Bereits der<br />
Frühsommer war ungewöhnlich warm.<br />
Wenn wir ehrlich sind, müssen wir<br />
uns fragen: War das nicht schon in<br />
den letzten Jahren so? Wann hatten<br />
wir das letzte Mal einen «richtigen»<br />
Winter? Lohnt es sich noch, den<br />
Kindern das Skifahren beizubringen?<br />
Können wir regelmässige Urlaubsflüge<br />
noch verantworten? Die<br />
Liste liesse sich beliebig erweitern.<br />
Wenn wir ehrlich sind, ist es unglaublich<br />
anstrengend, sich mit diesem<br />
Thema auseinanderzusetzen. Zuzulassen,<br />
dass es so gut wie jedes Element<br />
unseres bisherigen Alltags infrage stellt. Sich<br />
bewusst zu werden, dass auch unsere Wohlstandsblase<br />
in Europa von drastischen Veränderungen betroffen<br />
sein wird. Dass die Welt unserer Kinder komplett anders<br />
aussehen wird – und dies nur schon mit den klimatischen<br />
Veränderungen, die bereits jetzt nicht mehr rückgängig zu<br />
machen sind. Das ist eigentlich kaum auszuhalten.<br />
Deshalb suchen wir nach Auswegen. Wir verhandeln<br />
(«Ich nehme jetzt das Auto, dafür esse ich nachher kein<br />
Fleisch»), bagatellisieren («Bei uns wird es schon nicht so<br />
schlimm werden»), reden uns raus («Die Klimakrise ist so<br />
komplex – wo soll ich denn da anfangen?!»), emotionalisieren<br />
(«Diese Aktivisten wollen uns vorschreiben, was richtig ist»),<br />
projizieren («Schade um die Tiere, die können sich nicht so<br />
schnell an die Umweltveränderungen anpassen!»), schieben die<br />
Verantwortung ab («Solange die USA und China so viel CO 2<br />
produzieren, kommt es auf meinen Beitrag eh nicht an») und<br />
vieles mehr. Es werden bereits Bücher und Abhandlungen<br />
geschrieben über die psychologischen Abwehrmechanismen<br />
hinsichtlich der drohenden Klimakatastrophe.<br />
Auf den<br />
Punkt<br />
gebracht<br />
Die meisten Diskussionen sind dazu verdammt, in der<br />
Emotionalität zu versinken, oder sie sind zumindest stark davon<br />
geprägt. Die gelebte Panik sehen wir bei den Klimaaktivistinnen<br />
und -aktivisten der «Letzten Generation». Die gelebte Verleugnung<br />
bei Donald Trump. Wie also nüchtern bleiben und Handlungsfähigkeit<br />
bewahren?<br />
Inzwischen gibt es kaum noch einen Tag,<br />
der mich nicht in irgendeiner Form an die<br />
Klimakrise denken lässt. Sei es das Freibadwetter<br />
im Oktober, sei es das neue<br />
Plastikspielzeug der Kinder, sei es der<br />
vollgestellte Parkplatz vor dem Haus.<br />
Spass macht das nicht. Aber genau<br />
dieses Bewusstsein gibt mir den<br />
Ansporn für Veränderung. Und<br />
wenn ich ehrlich bin: Ein bisschen<br />
Panik brauche ich, um weiterzumachen.<br />
In Anlehnung an Hannah<br />
Arendt: Kein Mensch hat das Recht,<br />
wegzuschauen.<br />
Denn es gibt nichts Persönlicheres<br />
als die Bedrohung unserer Existenz.<br />
Nora Höger,<br />
Co-Leiterin der <strong>vsao</strong>-Arbeitsgruppe<br />
Planetary Health<br />
Bild: zvg<br />
10<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
medifuture<br />
S100235<br />
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<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 11
Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />
Tipps und Tools<br />
für den<br />
Karrierestart<br />
Was gilt es auf dem Weg zum Facharzttitel zu beachten?<br />
Welche Fachrichtung wäre spannend? Und wo sind die Vor- und Nachteile<br />
bei einer Anstellung im Spital oder einer eigenen Praxis?<br />
Antworten auf diese und weitere Fragen gab es am<br />
Laufbahnkongress medifuture.<br />
Regula Grünwald, Chefredaktorin <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong>, Bilder: Yanik Gasser/pixters.ch<br />
Dank den vielfältigen, lehrreichen und oftmals auch humorvollen Referaten erhielten die Teilnehmenden von medifuture einen Einblick<br />
in verschiedene Facetten des Arztberufs.<br />
12<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />
Unbekannte Fachgebiete kennenlernen,<br />
hilfreiche Tipps<br />
zur Karriereplanung erhalten,<br />
sich mit Gleichgesinnten austauschen,<br />
gut essen. Gemäss einer – zugegebenermassen<br />
nicht ganz repräsentativen<br />
– Umfrage waren die Erwartungen<br />
an den diesjährigen, vom <strong>vsao</strong> und von<br />
mediservice <strong>vsao</strong>-asmac organisierten<br />
Laufbahnkongress medifuture klar.<br />
«Ihr seid selbstwirksam»<br />
Den Auftakt zu den Referaten machten die<br />
beiden Assistenzärzte Afreed Ashraf und<br />
Willi Balandies mit einer Liveaufzeichnung<br />
ihres Podcasts «Swissmedtalk». Zu<br />
Gast war Jana Siroka, leitende Ärztin Notfall/IMC<br />
in der Klinik Arlesheim sowie<br />
Mitglied im <strong>vsao</strong>-Geschäftsausschuss und<br />
im FMH-Zentralvorstand. Sie gab den gut<br />
450 Teilnehmenden gleich einen wichtigen<br />
Ratschlag mit auf den Weg: Die Assistenzzeit<br />
sei herausfordernd und verlange<br />
den jungen Menschen viel ab; umso wichtiger<br />
sei es deshalb, sich selbst Raum und<br />
Zeit zu geben, wenn der Stress zu gross<br />
oder eine Situation zu schwierig sei.<br />
«Sprecht es im Team an, schliesst euch zusammen.<br />
Fordert ein, dass ihr auf Augenhöhe<br />
behandelt werdet und Feedback bekommt.<br />
Denn ihr seid selbstwirksam.»<br />
Angeregte Gespräche unter zukünftigen Arbeitskolleginnen und -kollegen? Mit viel Begeisterung,<br />
spannenden Aktivitäten und originellen Give-aways versuchten die Ausstellenden, die nächste<br />
Generation zu packen.<br />
Gute Planung erspart Umwege<br />
Wie sich zumindest der organisatorische<br />
Teil der medizinischen Weiterbildung<br />
mög lichst stressfrei erledigen lässt, erklärte<br />
Christoph Hänggeli, Geschäftsführer<br />
des Instituts für ärztliche Weiter- und<br />
Fortbildung (SIWF). Das Weiterbildungssystem<br />
in der Schweiz biete viele Freiheiten<br />
in Bezug auf Teilzeitarbeit, Auslandaufenthalte<br />
und den genauen Werdegang.<br />
«Mit nahezu 150 verschiedenen Qualifikationen<br />
haben Sie eine riesige Auswahl,<br />
und Sie können sich nicht falsch entscheiden<br />
– denn Sie werden überall gebraucht.»<br />
Dennoch sei es wichtig, sich gut vorzubereiten<br />
und sich zu informieren, betonte<br />
Hänggeli und stellte vier wichtige Tools<br />
vor: Das e-Logbuch diene zur Dokumentation<br />
der Weiterbildung und gebe einen<br />
guten Überblick darüber, was die Assistenzärztinnen<br />
und -ärzte bereits erreicht<br />
hätten – sofern sie die Daten regelmässig<br />
und sorgfältig aktualisierten. Um Verzögerungen<br />
auf dem Weg zum Facharzttitel<br />
möglichst zu vermeiden, lohne sich ein<br />
regelmässiger Abgleich mit dem jeweiligen<br />
Weiterbildungsprogramm. Das Register<br />
der zertifizierten Weiterbildungsstätten<br />
führe zum einen alle anerkannten Institutionen<br />
auf, zum anderen seien dort<br />
auch Weiterbildungskonzepte sowie die<br />
Resultate der Qualitätsumfrage zu finden,<br />
die wichtige Hinweise auf das Niveau der<br />
angebotenen Weiterbildung gäben. Und<br />
schliesslich biete die Website www.siwf.ch<br />
nützliche Informationen zu allen Prozessen<br />
sowie Kontaktdaten für allfällige Fragen.<br />
Wer den Arztberuf wähle, entscheide<br />
sich für lebenslanges Lernen, betonte<br />
Hänggeli: «Medizinisches Wissen hat eine<br />
kurze Halbwertszeit. Die drei wichtigsten<br />
Dinge in diesem Beruf sind deshalb Bildung,<br />
Bildung und – Sie haben es erraten –<br />
nochmals Bildung.»<br />
Vorstellungsrunde der Fachgesellschaften<br />
So weit, so gut. Doch in welche Richtung<br />
soll es gehen? Für Eric Jaunin und Iulia<br />
Crisan ist der Fall klar: «Wer die Physiologie<br />
und Pharmakologie liebt, ist in der Anästhesiologie<br />
richtig», sagte Iulia Crisan<br />
an der Podiumsdiskussion der Fachgesellschaften.<br />
Sie könne sowohl mit dem Kopf<br />
als auch mit den Händen arbeiten. Zudem<br />
brauche es vor einer Operation oft einige<br />
beruhigende Worte. «Die Gespräche dauern<br />
aber nicht lange», sagte sie mit einem<br />
Augenzwinkern, «und wenn wir unsere<br />
Arbeit gut machen, wissen die Betroffenen<br />
beim Aufwachen nicht mehr, wie wir heissen.<br />
Wir sind die unsichtbaren Helden.»<br />
Ganz und gar nicht unsichtbar sei die Arbeit<br />
in der Hämatologie und der Onkologie,<br />
waren sich Yvette von Aarburg und<br />
Astrid Beerlage einig. «Wir dürfen Betroffene<br />
und Angehörige meistens über einen<br />
langen Zeitraum begleiten und unterstützen.<br />
Das ist eine schöne und dankbare Arbeit,<br />
auch wenn es nicht immer gut ausgeht»,<br />
sagte Astrid Beerlage. Besonders<br />
spannend in der Allgemeinen Inneren Medizin<br />
seien die Breite der Themen sowie<br />
eine gewisse Flexibilität, sagte Stefanie<br />
Mosimann: Eigene Praxis, Spital oder Forschung,<br />
alles sei möglich. «Wer die Vielfalt<br />
mag und sucht, wird sich in diesem Bereich<br />
wohlfühlen.» Auch die Gynäkologie<br />
sei ein buntes Fach, erklärte Claudia Becker.<br />
Von der Zeugung bis zum Mammakarzinom<br />
decke sie alles ab. «Wenn jemand<br />
gerne operiert, ist er oder sie hier<br />
richtig. Wenn nicht, auch.»<br />
Infos, Aktivitäten und Give-aways<br />
Wer etwas genauer wissen wollte, hatte in<br />
den Pausen die Gelegenheit, die Ausstellung<br />
mit über 50 Ständen zu besuchen.<br />
Zahlreiche Spitäler, Fachgesellschaften<br />
und Institutionen aus dem Gesundheitsbereich<br />
beantworteten Fragen, informierten<br />
über ihre Arbeit oder ihre Angebote<br />
und verteilten Give-aways. An einigen<br />
Ständen konnten die Teilnehmenden sogar<br />
selbst aktiv werden und eine Wunde<br />
nähen, eine Puppe intubieren und beatmen<br />
oder an einem Simulator Teilschritte<br />
einer Operation, eine Appendektomie<br />
oder eine Cholezystektomie durchführen.<br />
Beliebt waren auch die Simulation von<br />
Mikroanastomosen, der CV-Check sowie<br />
die Möglichkeit, ein kostenloses Bewerbungsfoto<br />
zu machen.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 13
Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />
Anzeige<br />
Selbstständig oder angestellt?<br />
Wie das Leben nach dem Facharzttitel<br />
aussehen kann, zeigten vier Referate auf<br />
Deutsch und Französisch von Brigitte<br />
Nyfeler, Chefärztin Notfallzentrum Lindenhofspital,<br />
Bern, Lars Frauchiger, Belegarzt<br />
und Inhaber einer Praxis für Orthopädische<br />
Chirurgie und Traumatologie des<br />
Bewegungsapparates, Julien Vaucher, Klinikchefarzt<br />
Allgemeine Innere Medizin<br />
am Kantonsspital Freiburg, und Patrick<br />
Ruedin, Spe zialist für Innere Medizin,<br />
Nephrologie und medizinische Hypnose<br />
in einer Gemeinschaftspraxis.<br />
In der Notfallmedizin brauche es oft<br />
rasche Entscheidungen, sagte Brigitte<br />
Nyfeler: «Man muss Prioritäten setzen und<br />
damit leben können, dass sich nicht immer<br />
alles bis zum Schluss abklären lässt.» Sie<br />
schätze jedoch, dass sie eine spannende<br />
und extrem vielfältige Arbeit habe. «Jeder<br />
Tag ist anders.»<br />
Vor einigen Jahren selbstständig gemacht<br />
hat sich hingegen Lars Frauchiger.<br />
Es sei ein Sprung ins kalte Wasser gewesen,<br />
erzählte er. «Wir lernen zwar alles über Medizin,<br />
aber wie man einen Businessplan<br />
macht oder ein Budget erstellt, hat einem<br />
niemand gesagt.» Bei solchen Fragen lohne<br />
es sich, frühzeitig Hilfe zu holen. Dennoch<br />
sei er froh über seine Entscheidung. «Selbst<br />
wenn ich viel zu tun habe, ist es in der Praxis<br />
ruhiger als im Spital.»<br />
Und wie sieht es mit der Freizeit aus?<br />
«Die Arbeit geht mir nicht aus», sagte Lars<br />
Frauchiger lachend, schob aber gleich nach:<br />
«Man kann gut Teilzeit arbeiten, insbesondere<br />
im gemeinschaftlichen Setting. Und ich<br />
kann vieles selbst bestimmen.» Im Spital sei<br />
einiges fremdbestimmt und ohne Spät- und<br />
Wochenenddienste gehe es nicht, räumte<br />
Brigitte Nyfeler ein. «Teilzeit ist aber durchaus<br />
möglich. Und nach Ende der Schicht<br />
kann ich einfach nach Hause gehen.»<br />
Mit wenig viel erreichen<br />
Auch nach dem Mittag erwartete die Teilnehmenden<br />
ein buntes Programm. Einen<br />
Einblick in die vielfältigen medizinischen<br />
Dienstleistungen des Schweizer Paraplegiker-Zentrums<br />
in Nottwil gab Michael<br />
Harder, leitender Arzt Paraplegiologie. Die<br />
brennendsten Fragen zur Chirurgie beantworteten<br />
Dieter Hahnloser, Leiter der Koloproktologischen<br />
Chirurgie am Universitätsspital<br />
in Lausanne, sowie Anna Wang,<br />
Fachärztin für Plastische und Handchirurgie<br />
am Kantonsspital Aarau, und der<br />
Hausarzt Raphael Stolz erzählte von seinen<br />
Erfahrungen als ärztlicher Leiter der<br />
Sanität am OpenAir St. Gallen sowie des<br />
Pfadi-Bundeslagers 2022.<br />
Unter besonderen Bedingungen arbeitet<br />
der Internist und Notfallmediziner Martin<br />
Rohacek, der seit acht Jahren in Tansania<br />
tätig ist. Die durchschnittliche Lebenserwartung<br />
betrage dort 65 Jahre und sei<br />
damit so hoch wie in den 1940er-Jahren in<br />
der Schweiz. Die nicht übertragbaren<br />
Krankheiten bedeuteten eine massive<br />
Krankheitslast. «Viele Menschen kommen<br />
oft erst sehr spät zu uns. Mit Screenings in<br />
den Dörfern versuchen wir, dem entgegenzuwirken<br />
und Hypertonie, Herz- und Lungenkrankheiten<br />
sowie Tumore früher zu<br />
erkennen.» Ursprünglich habe er geplant<br />
gehabt, zwei Jahre in Tansania zu bleiben,<br />
sagte Martin Rohacek. Warum ist er immer<br />
noch da? «Die Arbeit ist zwar anstrengend.<br />
Aber wir können mit wenigen Mitteln viel<br />
bewirken und vielen Leuten helfen. Das ist<br />
ein prägendes Erlebnis.»<br />
sympathisch l<br />
einfach l<br />
effizient l<br />
pex ll<br />
Die sympathische<br />
Ärztesoftware<br />
Voller Kopf und voller Bauch<br />
Ob das die Teilnehmenden wohl auch über<br />
medifuture sagen? «Tolle Referate, gute<br />
Stimmung, gute Abwechslung zwischen<br />
Referaten und verschiedenen Ständen»<br />
lautete die eine Rückmeldung, «Hatte eine<br />
super Zeit und konnte viel mitnehmen» eine<br />
andere. Erneut eine gelungene Ausgabe<br />
also, die vielen Studierenden die Möglichkeit<br />
bot, sich über ihre Karrieremöglichkeiten<br />
zu informieren, und vielleicht auch<br />
einige inspirierte, einen bestimmten Weg<br />
zu gehen. Und wie war das Essen? «Top!»<br />
pex II ist ein hocheffizienter Assistent mit einem ausgeklügelten<br />
TarMed-Abrechnungs- und Informationssystem. Die Ärztesoftware<br />
besticht durch eine einfache, übersichtliche Bedienung und klaren<br />
Arbeitsabläufen. Mit einer Vielzahl an Softwareoptionen lässt sich<br />
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Ihr Partner für medizinische Software<br />
Dank<br />
An dieser Stelle danken wir allen<br />
Sponsoren und Ausstellern ganz herzlich<br />
für ihre Unterstützung. Ein besonderer<br />
Dank geht an die Universitären Psychiatrischen<br />
Dienste Bern, die den Wettbewerb<br />
gesponsert haben. Ebenso danken<br />
wir den Referentinnen und Referenten.<br />
Ohne sie alle wäre medifuture <strong>2023</strong><br />
nicht zustande gekommen.<br />
Der nächste Laufbahnkongress findet<br />
am 2. November 2024 wiederum im<br />
Stadion Wankdorf in Bern statt.<br />
14<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />
Im AA-Universum<br />
Der Anfang vom Ende oder<br />
das Ende des Anfangs?<br />
Letztens ist mir beim Training<br />
aufgefallen, dass sich der Start<br />
in die medizinische Karriere<br />
sehr gut mit einem Triathlon<br />
vergleichen lässt. Wie beim Sport gilt<br />
es auch im Arztberuf, seine Stärken,<br />
Schwächen und Grenzen stets rasch zu<br />
erkennen und zu versuchen, im richtigen<br />
Moment die richtigen Massnahmen<br />
zu treffen.<br />
Doch beginnen wir beim Start:<br />
Da ist man voller Elan, Zuversicht und<br />
Adrenalin, mit einem bestimmten Ziel<br />
vor Augen – gleichzeitig jedoch begleitet<br />
von einem bangen Gefühl wegen eventueller<br />
Hindernisse und potenzieller<br />
Probleme. Wie bei einem Triathlon<br />
schwimmt man erst mal in Arbeit, und<br />
wenn man mit zu viel Elan startet, kann<br />
es sein, dass sich bereits bei der ersten<br />
Boje die Erschöpfung bemerkbar macht.<br />
Hier gilt es also, ein wenig herunterzufahren,<br />
den Puls stabil zu halten und<br />
sich zu überlegen, wie man die restliche<br />
Energie in Anbetracht der nächsten<br />
Etappen geschickt einteilen kann.<br />
Ist die erste Etappe überstanden,<br />
bietet die Wechselzone die Gelegenheit,<br />
sich kurz zu sammeln, bevor man wieder<br />
durchstartet. Denn auf der zweiten<br />
Etappe bleibt keine Zeit zum Überlegen;<br />
es gilt, zu radeln, so schnell es geht,<br />
und alles zu geben, was man draufhat.<br />
Vielleicht schafft man es dann auf die<br />
Überholspur. Doch zu früh freuen sollte<br />
man sich nicht, denn von hinten kommen<br />
ständig noch stärkere, besser vorbereitete,<br />
erfahrenere und mit besserem Material<br />
und neuerer Technik ausgestattete Konkurrentinnen<br />
und Konkurrenten. Davon<br />
sollte man sich jedoch nicht entmutigen<br />
lassen und das Ziel vor Augen behalten<br />
– was leichter gesagt ist als getan.<br />
Denn in der Regel erhalten diejenigen auf<br />
der Überholspur Jubel und Ermutigungen,<br />
da der bevorstehende Erfolg bei<br />
ihnen fassbarer ist. Den Schwächeren<br />
wird höchstens bemitleidend Mut zugeklatscht,<br />
oder sie werden gar nicht<br />
mehr beachtet.<br />
Bei der erneuten Ankunft in der<br />
Übergangszone folgt der zweite Schwächeanfall.<br />
Die Kraft in den Beinen schwindet,<br />
und ohne zusätzlichen Zuckerschub<br />
würde sich die dritte Etappe schwierig<br />
gestalten. Die Motivation ist zu diesem<br />
Zeitpunkt mässig stark ausgeprägt, und<br />
man mag sich die zwei Minuten Pause in<br />
dem Moment vielleicht gar nicht gönnen,<br />
wo das Ziel doch so nahe liegt. Trotz zunehmender<br />
Erschöpfung rappelt man<br />
sich nochmals auf und nimmt die Joggingstrecke<br />
auf sich. Die Beine, die sich<br />
mittlerweile wie Schaumstoff anfühlen,<br />
tragen einen doch irgendwie Meter um<br />
Meter weiter bis zur Ziellinie.<br />
Und nun? War es ein Zieleinlauf<br />
mit Ranggewinn, oder musste man das<br />
Rennen vorzeitig abbrechen? Wie lassen<br />
sich Gewinner und Verlierer unterscheiden?<br />
Ist das überhaupt nötig? Und wurde<br />
das Ziel wirklich erreicht?<br />
Denn mit dem Zieleinlauf hört der<br />
Wettkampf ja nicht auf: Das Adrenalin,<br />
das wieder aufsteigt, wenn das Rennen<br />
vorbei ist, lässt die Ambitionen erneut<br />
aufkochen, und man setzt sich gleich<br />
wieder ein neues Ziel.<br />
Meine persönliche Weisheit zum<br />
Jahresende, die vielleicht auch bei Ihnen<br />
eine positive Reflexion zum vergangenen<br />
Jahr auslöst: Erfolg heisst nicht, dass man<br />
der oder die Beste ist. Erfolg bedeutet,<br />
dass man in einem festgelegten Zeitraum<br />
sein Ziel erreichen konnte. Dass man<br />
überhaupt ein Ziel vor Augen hatte, nicht<br />
aufgegeben und durchgehalten hat. Aber<br />
Erfolg heisst auch, dass man zum richtigen<br />
Zeitpunkt die Notbremse gezogen,<br />
gemäss den persönlichen Ressourcen<br />
gehandelt und das Rennen vorzeitig abgebrochen<br />
hat.<br />
Das Erkennen und das Einteilen der<br />
persönlichen Ressourcen sind meiner<br />
Meinung nach das Wichtigste, um bei<br />
jeder Etappe – sei es beim Sport oder in<br />
der Medizin – das Beste aus sich herausholen<br />
zu können.<br />
Camille Bertossa,<br />
Assistenzärztin im<br />
1. Weiterbildungsjahr<br />
Bild: zvg<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 15
<strong>vsao</strong><br />
Neues aus<br />
den Sektionen<br />
Basel<br />
Staatsessen des VSAO Basel<br />
Rund 160 frischgebackene Ärztinnen und<br />
Ärzte versammelten sich am Freitag,<br />
20. Oktober <strong>2023</strong>, in der Halle 7 in Basel,<br />
um am traditionellen Staatsessen des<br />
VSAO Basel teilzunehmen.<br />
Im Rahmen dieser Veranstaltung organisierte<br />
der VSAO Basel eine informative<br />
Podiumsdiskussion zum Thema<br />
«Vereinbarkeit von Familie und Arbeit<br />
im Spital». Dr. med. Daniel Steffens sowie<br />
die Vorstandsmitglieder Dr. med. Susanna<br />
Stöhr und Arno Moritz lieferten den jungen<br />
Medizinerinnen und Medizinern<br />
wertvolle Einblicke in die sich wandelnden<br />
Arbeitsbedingungen im Spitalwesen.<br />
Die Teilnehmenden erhielten zahlreiche<br />
Ratschläge für einen gelungenen Einstieg<br />
in den Klinikalltag sowie wertvolle<br />
Tipps zum Umgang mit Stress. Zusätzlich<br />
bot sich die Gelegenheit zu einem fruchtbaren<br />
Austausch zwischen dem Vorstand<br />
und der Geschäftsleitung des VSAO Basel<br />
und den Gästen.<br />
Im modernen, industriellen Ambiente<br />
der Halle 7 in Basel genossen die Anwesenden<br />
ein festliches Abendessen, bei<br />
dem viele Fragen beantwortet und auf die<br />
erfolgreichen Abschlüsse der jungen Ärztinnen<br />
und Ärzte angestossen wurde. Der<br />
Abend war geprägt von einer inspirierenden<br />
Atmosphäre und zeigte exemplarisch,<br />
welche Unterstützungs- und Vernetzungsmöglichkeiten<br />
der VSAO Basel seinen Mitgliedern<br />
bietet.<br />
Das Staatsessen erwies sich einmal<br />
mehr als gelungene Veranstaltung, die<br />
nicht nur die Verbindung zwischen den<br />
jungen Medizinerinnen und Medizinern<br />
stärkt, sondern auch wichtige Informationen<br />
und Austauschmöglichkeiten für den<br />
Berufsstart bietet.<br />
Jenny Settembrini, Leiterin Kommunikation<br />
VSAO Basel<br />
Bern<br />
Workshops für<br />
Dienst planende<br />
Wir organisieren eine dreiteilige Workshopserie<br />
für Dienstplanerinnen und<br />
Dienstplaner. Der erste Teil vermittelt die<br />
Grundlagen für die Dienstplanung. Im<br />
zweiten Teil wird die konkrete Dienstplanerstellung<br />
geübt, und im dritten Teil geht<br />
es darum, Dienstpläne zu analysieren.<br />
Der Grundlagenworkshop:<br />
Brüten Sie oft stundenlang nach Feierabend<br />
über dem Dienstplan der Abteilung<br />
und sehen am Schluss nur noch PEP-Symbole,<br />
die vor den Augen im Kreis tanzen?<br />
Möchten Sie wissen, wie Teilzeitarbeit<br />
sinnvoll in den Dienstplan integriert werden<br />
kann? Sind Sie manchmal unsicher,<br />
wie Sie Stolpersteine bei der korrekten<br />
Umsetzung des Arbeitsgesetzes vermeiden<br />
können? Interessiert es Sie, wie ein<br />
korrekter Dienstplan aussehen könnte?<br />
Simon Schneider, Rechtsanwalt und<br />
stellvertretender Geschäftsführer VSAO<br />
Bern, Dr. med. Noëmi Allemann, Dienst<br />
Bild Basel: zvg; Bild Bern: Adobe Stock<br />
16<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
<strong>vsao</strong><br />
planberaterin VSAO Bern, Dr. med. Philipp<br />
Rahm, Dienstplanberater <strong>vsao</strong>, und Susanne<br />
Nüesch, Spitalfachärztin UNZ Inselspital<br />
und Verantwortliche Dienstplanung<br />
der Assistenzärztinnen und -ärzte, sorgen<br />
für ein spannendes Programm und stehen<br />
bei Fragen sehr gerne zur Verfügung.<br />
Datum: Donnerstag, 18. Januar 2024,<br />
18.30 bis 21 Uhr, mit Verpflegung<br />
Durchführungsort: Sitzungszimmer<br />
<strong>vsao</strong>, Bollwerk 10, 3011 Bern<br />
(direkt beim Bahnhof Bern)<br />
Solothurn<br />
Ein Jahr voller Highlights<br />
Das Jahr <strong>2023</strong> der VSAO-Sektion Solothurn<br />
war geprägt von einigen tollen und<br />
erfolgreichen Events. Angefangen hat es<br />
mit einer Dienstplanschulung im Frühling,<br />
an der <strong>vsao</strong>-Dienstplaner Philipp<br />
Rahm alle Fragen rund um die Dienstplanung<br />
beantwortete. Trotz der eher komplizierten<br />
Thematik haben wir rege diskutiert,<br />
uns ausgetauscht und Unklarheiten<br />
geklärt. Dazu durfte natürlich ein Apéro<br />
nicht fehlen – denn mit einem Glas Wein<br />
lässt es sich viel angenehmer diskutieren.<br />
Auch den diesjährigen feministischen<br />
Streik haben wir nicht verschlafen. Zusammen<br />
mit dem vpod Solothurn betrieben<br />
wir am Bürgerspital Solothurn ein<br />
Streik-Café. Dieses wurde rege besucht,<br />
und so konnten wir berufsgruppenübergreifend<br />
ein Zeichen für mehr Solidarität<br />
und Gleichstellung setzen.<br />
Im Sommer wollten wir unsere Mitglieder<br />
nochmals vor Ort an den beiden<br />
Standorten Solothurn und Olten treffen.<br />
Was eignet sich da besser, als einen Glacestand<br />
aufzustellen? An zwei Sommer tagen<br />
verteilten wir am Bürgerspital Solothurn<br />
und am Kantonsspital Olten feinste Oltner<br />
«Kalte Lust»-Glace und führten viele interessante<br />
Gespräche. Ein Hoch genuss!<br />
Mit dem Hintergedanken, die Wissenslücken<br />
vom Studium zu schliessen,<br />
organisierte der VSAO Solothurn im<br />
Herbst zwei Soft-Skills-Workshops zu den<br />
Themen «Time-Management» und «Feedback».<br />
Geleitet und mitgestaltet wurden<br />
sie von Dr. med. Regula Fankhauser (Leitende<br />
Ärztin SoH, MME) sowie von Dr. med.<br />
Kate Gurevich (Assistenzärztin SoH, VSAO<br />
Solothurn). Es trafen sich Assistenzärztinnen<br />
und -ärzte unterschiedlicher Ausbildungsstufen<br />
und Fachrichtungen. Im<br />
Work shop «Time-Management und Self<br />
Leadership» konnten die Teilnehmenden<br />
sich Gedanken zu ihren Lebenszielen machen<br />
und erhielten Tipps, um diese zu erreichen.<br />
In gemütlicher Atmosphäre und<br />
bei einem abschliessenden Apéro tauschten<br />
sich alle aus. Im Workshop «Feedback»<br />
wurde geübt, Vorgesetzten, Peers und Unterassistentinnen<br />
und -assistenten Feedback<br />
zu geben. Mit diesen praktischen<br />
Workshops erhoffen wir uns, Assistenzund<br />
Oberärztinnen und -ärzten praktische<br />
Skills für die Arbeit und die Freizeit<br />
vermitteln zu können.<br />
Um zukünftige Veranstaltungen und<br />
Events nicht zu verpassen, folge uns auf<br />
Instagram (www.instagram.com/<strong>vsao</strong>_so)<br />
und Facebook.<br />
Kate Gurevic und Mirjam Nussbaumer,<br />
Vorstandsmitglieder VSAO Solothurn<br />
Anmeldung bis am 10. Januar 2024<br />
auf www.<strong>vsao</strong>-bern.ch<br />
Die Informationen für die aufbauenden<br />
Folgeworkshops werden spätestens Anfang<br />
2024 auf unserer Website publiziert.<br />
Bilder: zvg<br />
MV 2024<br />
Save the Date:<br />
Mitgliederversammlung 2024<br />
25. April 2024, ab 19 Uhr<br />
im PROGR Bern<br />
Janine Junker, Geschäftsführerin VSAO Bern<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 17
<strong>vsao</strong><br />
Tessin<br />
Treffen in Lugano:<br />
Ein Austausch über<br />
den Arztberuf<br />
Am Mittwoch, 25. Oktober, fand in Lugano<br />
ein Treffen zwischen dem <strong>vsao</strong>, Medizinstudierenden<br />
im fünften Jahr und der<br />
ASMACT (<strong>vsao</strong>-Sektion Tessin) statt. Die<br />
Veranstaltung wurde organisiert von Maria<br />
Grazia Mele, der Verantwortlichen für die<br />
Koordination der medizinischen und universitären<br />
Ausbildung, und bot die Gelegenheit,<br />
eine Reihe von zentralen Themen<br />
rund um den Arztberuf und die Zukunft<br />
der Schweizer Ärzteschaft zu diskutieren.<br />
Am Treffen nahmen unter anderem<br />
der Präsident des <strong>vsao</strong>, Angelo Barrile, der<br />
Präsident der ASMACT, Davide Giunzioni,<br />
und die Vizepräsidentin der ASMACT,<br />
Gior gia Lo Presti, teil. Die Diskussion drehte<br />
sich um wichtige Themen wie medi <br />
zinische Leistungen, Gesundheitspolitik,<br />
Vertragswesen, Arbeitsbedingungen sowie<br />
die allgemeine Situation der Ärzteschaft in<br />
der Schweiz.<br />
Zentrale Themen des Treffens waren<br />
das Programm «Coach My Career» und die<br />
Bedeutung der ersten Anstellung als Assistenzärztin<br />
oder Assistenzarzt. Die Studierenden<br />
konnten ihre Bedenken im Hinblick<br />
auf mögliche Herausforderungen in<br />
den ersten Jahren ihrer Karriere äussern,<br />
und der <strong>vsao</strong> informierte über Ressourcen<br />
und Unterstützungsangebote zur Bewältigung<br />
dieser Schwierigkeiten.<br />
Zur Sprache kamen auch die Diskriminierung<br />
im medizinischen Bereich aufgrund<br />
des Geschlechts sowie die Frage, wie<br />
dieser begegnet werden kann. Die Diskussion<br />
verdeutlichte, wie wichtig die Förderung<br />
der Diversität und der Gleichstellung<br />
der Geschlechter im Arztberuf ist.<br />
Darüber hinaus wurde über das Bestreben<br />
diskutiert, die Arbeitszeit von Ärztinnen<br />
und Ärzten schweizweit zu verkürzen,<br />
ausgehend unter anderem von der Einführung<br />
der 42+4-Stunden-Woche in den Tessiner<br />
EOC-Spitälern (Ente Ospedaliero<br />
Cantonale) ab 2025. Dieser Schritt wird als<br />
wichtig erachtet, um das Wohlbefinden der<br />
Ärztinnen und Ärzte zu fördern und eine<br />
bessere Versorgungsqualität für die Patientinnen<br />
und Patienten zu gewährleisten.<br />
Das Treffen verdeutlichte, wie wichtig<br />
der Dialog zwischen angehenden Ärztinnen<br />
und Ärzten sowie erfahrenen Branchenvertreterinnen<br />
und -vertretern ist, um<br />
für die Herausforderungen und Chancen<br />
des Arztberufs in der Schweiz gerüstet zu<br />
sein.<br />
Giorgia Lo Presti, Vizepräsidentin ASMACT<br />
Angelo Barrile, Maria Grazia Mele, Davide Giunzioni und Giorgia Lo Presti (v. l. n. r.) trafen sich in<br />
Lugano, um gemeinsam mit Medizinstudierenden über die Zukunft des Arztberufs zu diskutieren.<br />
Bilder: zvg; Adobe Stock<br />
18<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Das <strong>Journal</strong> des Verbandes Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte<br />
<strong>Nr</strong>. 3, Juni 2021<br />
Seite 27<br />
Kardiologie<br />
Neue Therapien für die<br />
kardiale Amyloidose<br />
Seite 36<br />
Hämatologie<br />
Neoplasien ohne<br />
Chemotherapie behandeln?<br />
Seite 39<br />
Politik<br />
Arbeitszeiten müssen sinken<br />
Seite 6<br />
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Langeweile<br />
Ein spannendes Gefühl
<strong>vsao</strong><br />
St. Gallen /<br />
Appenzell<br />
Die Ereignisse überschlagen<br />
sich in der Sektion St. Gallen/<br />
Appenzell<br />
Wir hatten uns den Herbst <strong>2023</strong> ganz geordnet<br />
vorgestellt: In aller Ruhe würden<br />
wir uns der Lancierung unserer neuen<br />
Website widmen, im November dann einen<br />
runden Tisch veranstalten, um uns<br />
politisch besser zu koordinieren und die<br />
Verhandlungsposition des <strong>vsao</strong> zu stärken,<br />
und zuletzt das Jahr am 16. November<br />
<strong>2023</strong> mit unserer Mitgliederversammlung<br />
ausklingen lassen.<br />
Aber es kam anders. Dunkle Wolken<br />
zogen bereits Anfang September auf. Gerüchten<br />
zufolge lagen die Finanzen des<br />
St. Galler Spitalverbunds derart im Argen,<br />
dass ein gross angelegter Stellenabbau unausweichlich<br />
werden würde. Und tatsächlich:<br />
Am 27. September erhielt der <strong>vsao</strong><br />
St. Gallen/Appenzell eine äusserst kurzfristig<br />
versandte Einladung zur Medienkonferenz,<br />
an welcher der Verwaltungsratspräsident<br />
und die CEOs der Spitäler<br />
Grabs, St. Gallen und Uznach über einen<br />
Stellenabbau informieren würden. Das<br />
ungute Gefühl wurde zur Gewissheit, und<br />
so nahm unser Vorstand die Botschaft am<br />
Tag darauf zusammen mit anderen Sozialpartnern<br />
entgegen. Diese hatte es in sich:<br />
Ein Abbau von 440 Stellen soll drohende<br />
Defizite von jährlich 50 Millionen Franken<br />
decken. Davon fallen rund 120 Stellen in<br />
den Bereich der Pflege. Eigentlich absurd,<br />
war dieser Bereich doch bis vor Kurzem<br />
darum bemüht, vakante Stellen zu besetzen.<br />
Die Versicherung, die Kolleginnen<br />
und Kollegen an der «Bettenfront» seien<br />
nicht betroffen, da vorwiegend Stellen im<br />
Verwaltungsbereich wegfallen würden,<br />
beruhigte nur mässig.<br />
Der <strong>vsao</strong> St. Gallen/Appenzell nahm<br />
diese Nachricht mit gemischten Gefühlen<br />
auf. Zum einen verstehen wir, dass ein<br />
jährliches Defizit von 50 Millionen Franken<br />
das langfristige Überleben des Spitalverbunds<br />
direkt bedroht. Zum anderen<br />
fragen wir uns, warum das Defizit weiterhin<br />
so hoch ist, obwohl in den letzten Jahren<br />
bereits etliche Spitäler im Kanton (Flawil,<br />
Rorschach, Wattwil) geschlossen wurden.<br />
Offenbar verdienen die Spitäler des<br />
Kantons unter den aktuellen Rahmenbedingungen<br />
kein Geld. Zur gleichen Einsicht<br />
musste der Verwaltungsrat gekommen<br />
sein und fasste den Stellenabbau ins<br />
Auge, um die Finanzlage rasch und deutlich<br />
zu verbessern.<br />
Wir hoffen, dass der Stellenabbau wie<br />
versprochen hauptsächlich in der Verwaltung<br />
stattfinden wird. Erste Stellen fallen<br />
jedoch auch in der Ärzteschaft weg, pikanterweise<br />
sind dies zum Teil Stellen in der<br />
Grundversorgerklinik, die eigentlich geschaffen<br />
wurden, um die weggefallenen<br />
Ausbildungsplätze der vormals geschlossenen<br />
Regionalspitäler zu kompensieren.<br />
Die Leitenden der betroffenen Kliniken<br />
sind nicht zu beneiden, kämpfen sie doch<br />
um jede einzelne Stelle und versuchen, Innovationen<br />
der vergangenen Jahre so gut<br />
als möglich zu erhalten.<br />
Wir fordern im Namen des <strong>vsao</strong> mit<br />
Nachdruck nachhaltige Lösungen. Der<br />
Stellenabbau im Spitalverbund St. Gallen<br />
läutet ein neues Zeitalter ein. Die Finanzen<br />
in etlichen anderen Zentrumsspitälern<br />
sind ebenfalls in Schieflage, und der Druck<br />
auf die Gesundheitsversorger ist enorm.<br />
Die Tarife bieten keinerlei Möglichkeit,<br />
sich an rasch ändernde, wirtschaftliche<br />
Begebenheiten wie gestiegene Lohn- und<br />
Energiekosten sowie die Teuerung anzupassen.<br />
Die Zeche zahlt zum Schluss das<br />
Personal, das immer noch mehr Arbeit mit<br />
noch weniger Mitarbeitenden bewältigen<br />
soll. Derweil schöpfen die Privatspitäler die<br />
Gewinne ab. Lukrative Eingriffe, die unkomplizierte<br />
Verläufe versprechen, werden<br />
von diesen en masse durchgeführt. Treten<br />
Komplikationen auf oder sollen multimorbide,<br />
geriatrische Patientinnen und Patienten<br />
versorgt werden, schickt man diese<br />
getrost in die Zentrumsspitäler, die nebenbei<br />
noch fast die gesamte Aus- und Weiterbildung<br />
des medizinischen Nachwuchses<br />
stemmen. Dass dies auf Dauer nicht funktionieren<br />
kann, zeigt sich nun in St. Gallen<br />
mit erschreckender Klarheit.<br />
Unsere Sektion bleibt am Ball. Der Vorstand<br />
kann dies jedoch nicht alleine tun<br />
und ist weiter auf aktive und engagierte<br />
Mitglieder angewiesen. An der Mitgliederversammlung<br />
vom 16. November wurden<br />
erste Ansätze und das weitere Vorgehen<br />
angesprochen. Bringt eure Ideen ein, und<br />
meldet Missstände – nur dort, wo wir darauf<br />
aufmerksam gemacht werden, können<br />
wir auch reagieren. Das Melden ist dank<br />
unserer neuen Website www.<strong>vsao</strong>-sg.ch so<br />
einfach wie nie zuvor. Mit dem geplanten<br />
runden Tisch fordern wir die Politik auf,<br />
über nachhaltige Lösungen und den oben<br />
geschilderten Konflikt nachzudenken. Wir<br />
sind gespannt, was dabei herausschaut.<br />
Dasselbe Format auf nationaler Ebene lässt<br />
uns hoffen, dass fruchtbare Dialoge möglich<br />
und Lösungen erreichbar sind.<br />
Severin Baerlocher, Vorstandspräsident Sektion<br />
St. Gallen / Appenzell<br />
Bild: Kantonsspital St. Gallen<br />
20<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
<strong>vsao</strong><br />
Zürich /<br />
Schaffhausen<br />
Stark in der Klinik und im<br />
Alltag: Resilienztraining für<br />
Oberärztinnen und -ärzte<br />
Bild: zvg<br />
Die Arbeitsbelastung in Spitälern ist besonders<br />
für Ärztinnen und Ärzte hoch. Der<br />
VSAO Zürich setzt sich nicht nur für strukturelle<br />
Verbesserungen ein, sondern<br />
möchte insbesondere für Oberärztinnen<br />
und -ärzte eine Möglichkeit schaffen,<br />
durch die Stärkung der eigenen Resilienz<br />
ihre Widerstandskräfte zu trainieren.<br />
Was ist Resilienz? Resilienz ist die<br />
Kunst, an schwierigen Situationen zu<br />
wachsen und auch bei Stress seine Ziele<br />
nicht aus den Augen zu verlieren. Resilienz<br />
zu üben, ist von grosser Bedeutung, da<br />
sie uns ermächtigt, effektiv mit den Herausforderungen<br />
des Alltags umzugehen<br />
und unsere Lebensqualität nachhaltig zu<br />
steigern, indem wir uns schnell von Rückschlägen<br />
erholen und psychische Stärke<br />
aufbauen.<br />
Der VSAO Zürich hat dieses Jahr zum<br />
ersten Mal ein Resilienztraining für Oberärztinnen<br />
und -ärzte durchgeführt. An<br />
vier Abenden im Oktober und November<br />
<strong>2023</strong> stellten Fachpersonen acht verschiedene<br />
Faktoren vor, welche die Resilienz<br />
stärken, und zeigten auf, wie diese sowohl<br />
im Klinikalltag als auch privat trainiert<br />
werden können. Im Austausch mit den<br />
Kolleginnen und Kollegen konnten die<br />
Teilnehmenden ihre Erfahrungen mit Resilienz<br />
reflektieren und erweitern.<br />
Geleitet wurden die Workshops von<br />
einer Expertin und einem Experten auf<br />
diesem Gebiet: Dr. med. Bernadette<br />
Ruhwinkel, Oberärztin und Leitende Ärztin<br />
der Psychiatrie, Supervisorin und<br />
Coach im Gesundheitswesen, ist mit den<br />
Besonderheiten des beruflichen Alltags<br />
und insbesondere mit der interdisziplinären<br />
Teamarbeit vertraut; Dr. Michael<br />
Buchmann ist Agronom und als Resilienztrainer<br />
mit dem Training von individueller<br />
Resilienz und Teamresilienz vertraut.<br />
Beide sind als Co-Leitung des Resilienz-Ateliers<br />
in Winterthur seit 2019 für<br />
das Training von Resilienz aktiv.<br />
Es freut uns, dass das erste Resilienztraining<br />
bereits beachtlichen Anklang gefunden<br />
hat, und wir danken allen Teilnehmenden<br />
für ihr Dabeisein!<br />
Melde dich jetzt an: Forschungsevent<br />
am 17. Januar 2024<br />
Die Forschung ist ein grosser und wichtiger<br />
Bestandteil der Medizin. Sie dient als<br />
Grundlage aller medizinischen Massnahmen.<br />
Bisher ist Forschung nicht für alle<br />
zugänglich, und Forschungsarbeit erhält<br />
oft nicht genügend Anerkennung.<br />
Wir bauen deshalb ein neues Ressort<br />
Forschung auf und laden dich am Mittwochabend,<br />
17. Januar 2024, zum ersten<br />
Research-Event an der Universität Zürich<br />
mit inspirierenden Referentinnen und Referenten<br />
sowie einem Networking-Apéro<br />
ein. Melde dich jetzt an: www.<strong>vsao</strong>-zh.ch.<br />
Dominique Iseppi, Kommunikationsassistentin,<br />
VSAO Zürich / Schaffhausen<br />
Machen Sie Werbung für den <strong>vsao</strong><br />
Sie sind bereits Mitglied beim <strong>vsao</strong>? Schön – und gut zu wissen, denn je mehr Mitglieder wir<br />
sind, desto mehr Gewicht hat unsere Stimme. Wir belohnen Mitglieder, die aktiv Werbung<br />
für den <strong>vsao</strong> machen. Schliesslich gibt es keine bessere Werbung, als wenn jemand aus<br />
eigener Überzeugung andere Ärztinnen und Ärzte zu uns bringt. Für jedes neu angeworbene<br />
Mitglied erhalten Sie ein kleines Dankeschön, z. B. eine Lunchbox, einen Büchergutschein<br />
oder einen SBB-Gutschein im Wert von jeweils CHF 50.–. Ebenfalls zur Auswahl steht eine<br />
Spende an eine gemeinnützige Organisation.<br />
Alles Weitere finden Sie auf unserer Website unter www.<strong>vsao</strong>.ch/mitgliederkampagne.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 21
<strong>vsao</strong><br />
<strong>vsao</strong>-Inside<br />
Tabea Adamina<br />
Wohnort: Muri bei Bern<br />
Beim <strong>vsao</strong> seit: Mai <strong>2023</strong><br />
Der <strong>vsao</strong> für Dich in drei Worten:<br />
Dienstleistungsorientiert,<br />
verständnisvoll, engagiert<br />
In den gut sieben Monaten,<br />
die Tabea Adamina nun beim<br />
<strong>vsao</strong> als Sachbearbeiterin<br />
Service und Projekte tätig ist,<br />
hat sie bereits viel über Ärztinnen<br />
und Ärzte sowie über das Gesundheitswesen<br />
allgemein gelernt.<br />
Mit dieser Branche hatte sie vor ihrem<br />
<strong>vsao</strong> Engagement beruflich nur am<br />
Rande zu tun. Sie absolvierte ursprünglich<br />
eine kaufmännische Lehre und<br />
später die Tourismusfachschule. Nach<br />
einer mehrjährigen Phase, in der sie<br />
nicht berufstätig war, sondern sich<br />
vorwiegend um ihre Kinder und die<br />
Familie kümmerte, stieg sie wieder ins<br />
Berufsleben ein und arbeitete zuletzt<br />
während acht Jahren für Schweiz<br />
Tourismus.<br />
Tourismus passt recht gut, schliesslich<br />
ist Tabea im Wallis aufgewachsen.<br />
Heute lebt sie mit ihrem Mann und den<br />
drei Kindern in Muri bei Bern. In ihrer<br />
Freizeit unternimmt sie gerne etwas mit<br />
Freundinnen und Freunden, schmökert<br />
in Büchern oder erkundet spazierend<br />
die nähere und weitere Umgebung.<br />
Besonders entspannend ist für sie die<br />
Arbeit im eigenen Garten, und ganz<br />
speziell freut sie sich jeweils auf die<br />
Ferien, in denen sie am liebsten mit<br />
ihrer Familie verreist und neue Orte<br />
entdeckt.<br />
Auch die Arbeit beim <strong>vsao</strong> macht<br />
Tabea viel Spass und Freude: «Es ist toll,<br />
in einem so hilfsbereiten und aufgestellten<br />
Team zu arbeiten.» Als Mitarbeiterin<br />
des Bereichs Service und Projekte hat sie<br />
vielfältige und abwechslungsreiche<br />
Aufgaben. Sie betreut die Telefonzentrale<br />
und arbeitet mit bei der Debitorenbuchhaltung,<br />
der Mitgliederverwaltung, dem<br />
Erfassen von Neumitgliedern sowie der<br />
Organisation des <strong>vsao</strong>-Laufbahnkongresses<br />
medifuture. Durch die vielen Kontakte<br />
mit Mitgliedern lernt sie jeden Tag<br />
Neues dazu: «Die Mitglieder haben<br />
immer wieder neue Fragen und Probleme,<br />
mit denen sie sich an uns wenden.<br />
Das macht den Alltag spannend, und ich<br />
freue mich immer, wenn ich einem<br />
Mitglied weiterhelfen kann.»<br />
Beim <strong>vsao</strong> ist Tabea am richtigen Ort.<br />
Sie findet es wichtig, dass in den Spitälern<br />
Ärztinnen und Ärzte arbeiten, die<br />
nicht permanent überlastet sind. «Es<br />
motiviert mich sehr, dass sich der <strong>vsao</strong><br />
für bessere Arbeitsbedingungen in den<br />
Spitälern einsetzt und ich zu Fortschritten<br />
bei diesem wichtigen Anliegen<br />
beitragen kann.»<br />
Bild: zvg<br />
22<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
<strong>vsao</strong><br />
<strong>vsao</strong>-Rechtsberatung<br />
Pikettdienst:<br />
Was gilt als Arbeitszeit?<br />
Wenn ich Pikettdienst<br />
leiste, werde ich regelmässig<br />
telefonisch<br />
kontaktiert und muss<br />
dabei Anweisungen von zu Hause<br />
aus erteilen. Gilt diese Zeit als Arbeitszeit?<br />
Gemäss Art. 14 Abs. 1 der Verordnung 1<br />
zum Arbeitsgesetz (ArGV 1) gilt:<br />
«Beim Pikettdienst hält sich der Arbeitnehmer<br />
oder die Arbeitnehmerin neben<br />
der normalen Arbeit für allfällige Arbeitseinsätze<br />
bereit für die Behebung von<br />
Störungen, die Hilfeleistung in Notsituationen,<br />
für Kontrollgänge oder für<br />
ähnliche Sonderereignisse.»<br />
Art. 15 b Abs. 1 ArGV 1 hält fest:<br />
«Wird der Pikettdienst im Betrieb geleistet,<br />
stellt die gesamte zur Verfügung<br />
gestellte Zeit Arbeitszeit dar.»<br />
Und Art. 15 b Abs. 2 ArGV 1 bestimmt:<br />
«Wird der Pikettdienst ausserhalb des<br />
Betriebes geleistet, so ist die zur Verfügung<br />
gestellte Zeit soweit an die Arbeitszeit<br />
anzurechnen, als der Arbeitnehmer<br />
oder die Arbeitnehmerin tatsächlich zur<br />
Arbeit herangezogen wird.»<br />
In diesem Fall gelten das Beantworten<br />
von Fragen und das Erteilen von<br />
Anweisungen von zu Hause aus sehr wohl<br />
als Arbeit, da diese Leistung im Rahmen<br />
des Pikettdienstes und zum Nutzen<br />
des Arbeitgebers erbracht wird. Gemäss<br />
Art. 15 b Abs. 2 ArGV 1 gilt die dafür<br />
aufgewendete Zeit also als Arbeitszeit<br />
und wird zu den im Spital geleisteten<br />
Arbeitsstunden im Rahmen der normalen<br />
Tätigkeit oder des Pikettdienstes hinzugezählt.<br />
Damit steht folgende Frage im Raum:<br />
Wie kann die von daheim aus für den<br />
Arbeitgeber geleistete Arbeit verbucht<br />
werden?<br />
Am einfachsten wäre es, ein Dokument<br />
zu erstellen, in dem jeder Einsatz<br />
vermerkt wird mit Angabe des Datums,<br />
der Zeit des Anrufes, des Grundes der<br />
Anfrage (kann sehr allgemein gehalten<br />
werden) und der Dauer des «Einsatzes»,<br />
also des Telefongesprächs. Dieses<br />
Dokument müsste dann am Ende des<br />
Pikettdienstes dem Arbeitgeber vorgelegt<br />
werden, damit die aufgewendete Zeit in<br />
die wöchentliche Arbeitszeit einfliessen<br />
kann.<br />
Valentine Gétaz Kunz,<br />
Juristin der <strong>vsao</strong>-Sektion<br />
Wallis<br />
Bild: zvg<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 23
Fokus: Rettung<br />
Trainieren für<br />
den Notfall<br />
Simulationen helfen, medizinische Notfallsituationen<br />
gezielt zu üben und Abläufe zu optimieren. Sie ermöglichen<br />
einen spezifischen Blick auf die «Non-Technical Skills»,<br />
einen vielfach nicht ausreichend gewürdigten Aspekt der<br />
medizinischen Versorgung.<br />
Kai Kranz, Bereichsleiter Continuous Medical Education, Innovation & Development, Schweizer Institut<br />
für Rettungsmedizin (SIRMED), und Helge Regener, Geschäftsführer SIRMED<br />
Im Schockraum treffen Menschen mit unterschiedlichem<br />
beruflichem Hintergrund aufeinander. In einer Simulation<br />
können sie die Zusammenarbeit üben und verbessern.<br />
24<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Fokus: Rettung<br />
Bilder: SIRMED<br />
Kennen Sie das? Eine Patientin<br />
oder ein Patient erleidet auf<br />
der Abteilung einen Kreislaufstillstand,<br />
Sie beginnen<br />
gemeinsam mit anderen die Reanimation,<br />
das Reanimationsteam kommt, kurz<br />
danach hat die Person wieder einen Spontankreislauf<br />
und wird auf die Intensivstation<br />
verlegt. Obschon sie überlebt,<br />
bleibt bei Ihnen ein seltsames Gefühl der<br />
Unzulänglichkeit hängen. Der Ablauf war<br />
über weite Strecken hektisch, teilweise<br />
chaotisch: Platz schaffen, die Person auf<br />
den Rücken legen, Rea-Alarm auslösen,<br />
Herzdruckmassage, Defibrillation, Beatmung,<br />
Adrenalin und so fort. Im Verlauf<br />
der Reanimation haben die Beteiligten<br />
an alles gedacht, und dennoch gab es<br />
Missverständnisse, Behinderungen und<br />
spannungsgeladene Wortwechsel. In einer<br />
ruhigen Minute fragen Sie sich, ob das<br />
Erlebte tatsächlich der normale Ablauf<br />
einer innerklinischen Notfallversorgung<br />
ist und sein soll. Die Antwortet lautet: ja<br />
und nein. Ja, weil die beschriebene Situation<br />
in der Realität keine Seltenheit ist<br />
und angesichts des akuten Handlungsbedarfs<br />
plausibel erscheint. Und nein, weil<br />
es auch andere Verlaufsmöglichkeiten<br />
gibt, die Sie hoffentlich auch schon erlebt<br />
haben. Diese können durch Zufall entstehen<br />
oder das Resultat einer bewussten<br />
Planung sein.<br />
Überfachliche Kompetenzen<br />
kommen oft zu kurz<br />
Um zu verstehen, wie die geschilderte Situation<br />
zustande kommen kann, brauchen<br />
wir nur einen Blick auf die Ausbildungsstrukturen<br />
im Gesundheitswesen<br />
zu werfen. Im Bildungsjargon wird von<br />
Kompetenz gesprochen, wenn jemand<br />
eine berufliche Aufgabe oder Problemstellung<br />
erfolgreich bearbeiten kann.<br />
Dazu braucht es spezifisches Wissen und<br />
bestimmte Fertigkeiten. Basierend auf<br />
diesem Verständnis wurde der Ausbildungsaufbau<br />
vieler Gesundheitsberufe<br />
in Richtung Kompetenzorientierung neu<br />
ausgerichtet. Eine genauere Betrachtung<br />
zeigt allerdings, dass diese Kompetenzen<br />
häufig primär fachspezifische Aspekte betreffen<br />
und auf die einzelne Person ausgerichtet<br />
sind. Überfachliche Kompetenzen<br />
wie Teamwork, Leadership, Kommunikation<br />
usw. fristen mehrheitlich ein untergeordnetes<br />
Dasein, obwohl ihr enormer<br />
Einfluss auf eine sichere und effektive<br />
Versorgung der Patientinnen und Patienten<br />
längst belegt ist [2, 7]. Diese überfachlichen<br />
oder interpersonalen Kompetenzen<br />
Ein Experte beobachtet die Simulation aus dem Steuerraum und zeichnet sie für das anschliessende<br />
Debriefing auf.<br />
werden auch als «Non-Technical Skills»<br />
bezeichnet und als essenzielle Ergänzung<br />
der fachlichen Fähigkeiten, der «Technical<br />
Skills», angesehen [5]. Vereinfacht ausgedrückt:<br />
Fachliche Kompetenzen ermöglichen<br />
es, die konkreten Massnahmen der<br />
Patientenversorgung zu definieren; überfachliche<br />
Kompetenzen hingegen helfen,<br />
erstere zuverlässig unter verschiedenen<br />
Bedingungen anzuwenden.<br />
Die anfänglich beschriebene Situation<br />
hat insofern einen gewissen Normalitätscharakter,<br />
als Anwendungsaspekte in<br />
interprofessionellen Teams bei der Ausbildung<br />
nicht genügend gewichtet werden.<br />
Dieses Phänomen ist bekannt, weshalb die<br />
World Health Organization (WHO) und<br />
das Bundesamt für Gesundheit (BAG) zu<br />
mehr interprofessioneller Ausbildung in<br />
Gesundheitsberufen aufrufen [3, 12]. Um<br />
den Patientinnen und Patienten eine möglichst<br />
optimale und risikoarme Behandlung<br />
bieten zu können, braucht es eine<br />
stärkere Verankerung der Non-Technical<br />
Skills in der beruflichen Grund-, Weiterund<br />
Fortbildung. Eine erwiesenermassen<br />
nützliche Methode sind simulationsbasierte<br />
Teamtrainings [4, 6, 9, 11].<br />
Regelmässiges Training verbessert<br />
Prozesse<br />
Spitäler, darin insbesondere Notfallstationen,<br />
Operationssäle und Intensivstationen,<br />
gehören zu den Hochrisikoarbeitsumgebungen<br />
und werden daher<br />
als Hochzuverlässigkeitsorganisationen<br />
oder «High Reliability Organisations»<br />
(HRO) angesehen [1, 10]. HRO zeichnen<br />
sich durch eine besondere Prozesszuverlässigkeit<br />
aus; das heisst, sie erbringen<br />
ihre Leistungen auch unter erschwerten<br />
Voraussetzungen, weil ansonsten schwerwiegende<br />
Konsequenzen drohen. Von<br />
«Hochleistung» wird in diesem Zusammenhang<br />
gesprochen, wenn es um eine<br />
besonders hohe Arbeitseffizienz geht [8].<br />
SIRMED organisiert Kurse für Laien und Profis<br />
Das Schweizer Institut für Rettungsmedizin (SIRMED) ist eine gemeinnützige Aktiengesellschaft<br />
und wird zu je 50 Prozent von der Schweizer Paraplegiker-Stiftung (SPS)<br />
und der Schweizerischen Rettungsflugwacht (Rega) getragen. SIRMED führt rettungsund<br />
notfallmedizinische Aus-, Weiter- und Fortbildungen für Profis und Laien auf<br />
hohem Qualitätsniveau durch und beteiligt sich aktiv an der Ausgestaltung der Rettungs-<br />
und Notfallmedizin sowie der rettungsdienstlichen Bildung in der Schweiz.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 25
Fokus: Rettung<br />
Die «Hochzuverlässigkeit» orientiert sich<br />
an verschiedenen Grundprinzipien, so etwa<br />
an der hohen Expertise der Belegschaft<br />
sowie dem reibungslosen Ablauf von Prozessen.<br />
Um sie zu erreichen, ist kontinuierliches<br />
Training essenziell [10]. Mit simulationsbasierten<br />
Trainings lassen sich<br />
bestimmte Situationen üben. Die nachgängige<br />
Reflexion der abgelaufenen Prozesse,<br />
der Zusammenarbeit im Team sowie<br />
des individuellen Verhaltens ermöglicht<br />
relevante Erkenntnisse, die zu einer<br />
Optimierung der Prozesse beitragen können<br />
[6].<br />
Reale Bedingungen im Simulationsszenario<br />
Simulationen finden seit geraumer Zeit<br />
insbesondere in der Notfallmedizin und<br />
Anästhesiologie Anwendung, und auch<br />
andere Disziplinen machen zunehmend<br />
Gebrauch davon. Vielfach geht es darum,<br />
die Zusammenarbeit von Teams gezielt<br />
zu fördern, was wir am Beispiel eines sogenannten<br />
Schockraumtrainings veranschaulichen<br />
wollen. Personen, die einer<br />
Schockraumversorgung bedürfen, sind<br />
häufig in einem kritischen Gesundheitszustand.<br />
Eine besonders effiziente Versorgung<br />
ist also essenziell. Am Training nehmen<br />
reale Teamkonstellationen nach dem<br />
Prinzip «Train as you fight» teil. Sie werden<br />
in der Simulation mit vorab bewusst gewählten<br />
Arbeitssituationen, sogenannten<br />
Szenarien, in einer realitätsnahen Arbeitsumgebung<br />
konfrontiert. Ein sehr starker<br />
Bezug zum jeweiligen Arbeitskontext entsteht<br />
bei Trainings im eigenen Schockraum.<br />
Die Szenarien lassen sich gezielt<br />
auswählen und beruhen idealerweise auf<br />
einer vorherigen Bedarfsanalyse. So können<br />
z. B. Ereignisse geübt werden, die im<br />
Alltag selten vorkommen. Bevor ein Simulationsszenario<br />
beginnt, wird ein Team zusammengestellt<br />
und mit einigen Informationen<br />
zum Kontext (Zeit, Ort, Ressourcen<br />
usw.) versorgt. Das Szenario selbst dauert<br />
in der Regel zwischen zehn und fünfundzwanzig<br />
Minuten. Als Patientinnen und<br />
Patienten werden entweder Phantome<br />
oder reelle Personen, also Simulationspatientinnen<br />
und -patienten, eingesetzt. Das<br />
Team ist angehalten, alle Massnahmen der<br />
Behandlung konkret durchzuführen.<br />
Die Merksätze des «Crisis Resource Management»<br />
(CRM) gelten als Kodex der Zusammenarbeit<br />
im Team.<br />
CRM Merksätze<br />
Situationsbewusstsein<br />
– Kenne Deine Arbeitsumgebung<br />
– Nutze alle vorhandenen Informationen<br />
– Erkenne und verhindere Fixierungsfehler<br />
– Kenne Deine Grenzen und fordere frühzeitig Hilfe an<br />
– Reevaluiere die Situation immer wieder (10 für 10 Prinzip)<br />
– Lenke Deine Aufmerksamkeit bewusst<br />
Entscheidungsfindung<br />
– Antizipiere und plane voraus<br />
– Habe Zweifel und überprüfe genau<br />
– Verwende Merkhilfen und schlage nach<br />
– Definiere Probleme und lege Lösungsoptionen dar<br />
– Plane das Vorgehen und setze Prioritäten dynamisch<br />
Kommunikation<br />
– Sag was Dich bewegt, was für Dich unklar ist und<br />
wo Du Unterstützung brauchst<br />
– Kommuniziere Erkenntnisse laut<br />
– Schliesse Kommunikationskreisläufe (closed loop)<br />
– Pflege einen respektvollen Umgang<br />
Teamwork<br />
– Übernimm die Führungsfunktion oder füge Dich ins Team ein<br />
– Unterstütze Deine Teampartner beim Denken und Handeln<br />
– Finde einen Konsens über die Situation<br />
– Verteile die Arbeitslast (10 für 10 Prinzip)<br />
In Anlehnung an: Rall, Gaba 2005 und Jordi et al 2009<br />
Schweizer Institut für Rettungsmedizin | www.sirmed.ch 04 / 2021<br />
22_307_SIR_Memokarte_CRM-Merksaetze_A6_DE_FR_IT.indd 1 12.04.22 09:21<br />
Was ist gut gelaufen, was weniger? Und wer hat aus welchen Gründen wie gehandelt? Im Debriefing reflektieren die Anwesenden die Simulation.<br />
26<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Fokus: Rettung<br />
Debriefing zeigt Schwachstellen auf<br />
Im anschliessenden Debriefing reflektiert<br />
das Team gemeinsam mit Expertinnen<br />
und Experten die Simulation. Dabei liegt<br />
der Schwerpunkt häufig auf den<br />
Non-Technical Skills. Die geleitete Konversation<br />
soll aufzeigen, welche Behandlungsstrategien<br />
und Zusammenarbeitsansätze<br />
den Betroffenen geholfen haben und<br />
welche nicht. Als Referenz gelten dabei<br />
die jeweiligen Behandlungsstandards und<br />
Teamworkkonzepte wie etwa das «Crisis<br />
Resource Management» (CRM). Der Austausch<br />
schafft gegenseitiges Verständnis<br />
und ermöglicht es, produktive Formen der<br />
Zusammenarbeit zu erarbeiten.<br />
Setzt eine Organisation diese Art von<br />
Trainings bewusst ein, arbeitet sie an einem<br />
bekannten Schwachpunkt in der Versorgung<br />
der Patientinnen und Patienten,<br />
würdigt die Expertise von Einzelpersonen<br />
und Teams, stärkt die Effizienz und erhält<br />
wichtige Informationen über das institutionelle<br />
Leistungsvermögen. Und erfolgt<br />
eine konsequente Umsetzung der beschriebenen<br />
Massnahmen, werden Situationen<br />
wie eingangs beschrieben immer<br />
seltener auftauchen.<br />
Literatur<br />
[1] Baker, D. P., Day, R.,<br />
& Salas, E. (2006). Teamwork<br />
as an essential component of<br />
high-reliability organizations.<br />
Health services research,<br />
41(4 Pt 2), 1576–1598. https://doi.<br />
org/10.1111/j.1475-6773.2006.00566.x<br />
[2] Buljac-Samardzic, M.,<br />
Doekhie, K. D., & Van Wijngaarden,<br />
J. D. H. (2020). Interventions to<br />
improve team effectiveness within<br />
health care: A systematic review of<br />
the past decade. Human Resources<br />
for Health, 18(1), 1–42. https://doi.<br />
org/10.1186/s12960-019-0411-3<br />
[3] Bundesamt für<br />
Gesundheit (2013). Bericht der<br />
Themengruppe «Interprofessionalität».<br />
04/09/<strong>2023</strong> https://www.bag.<br />
admin.ch/bag/de/home/das-bag/<br />
publikationen/forschungsberichte/<br />
forschungsberichte-interprofessionalitaet-im-gesundheitswesen.<br />
html<br />
[4] Draycott, T., Sibanda, T.,<br />
Owen, L., Akande, V., Winter, C.,<br />
Reading, S., & Whitelaw, A. (2006).<br />
Does training in obstetric<br />
emergencies improve neonatal<br />
outcome? BJOG: an international<br />
journal of obstetrics and gynaecology,<br />
113(2), 177–182. https://doi.<br />
org/10.1111/j.1471-<br />
0528.2006.00800.x<br />
[5] Flin, R., O’Connor, P., &<br />
Crichton, M. (2008). Safety at the<br />
sharp end – A guide to non-technical<br />
skills. CRC Press, Tayler &<br />
Francis Group.<br />
[6] Kranz, K., & Regener, H.<br />
(2020). So tun als ob – Simulation<br />
für die Aus-, Fort- und Weiterbildung.<br />
Rettungsdienst, 43(11),<br />
1070–1077.<br />
[7] Krüger, A., Gillmann, B.,<br />
Hardt, C., Döring, R., Beckers, S.<br />
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non-technical skills for critical<br />
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management training for medical<br />
students. Der Anaesthesist, 58(6),<br />
582–588. http://www.ncbi.nlm.nih.<br />
gov/pubmed/19189061<br />
[8] Pawlowsky, P., &<br />
Mistele, P. (2008). Hochleistungsmanagement<br />
– Leistungspotentiale<br />
in Organisationen gezielt<br />
fördern (P. Pawlowsky & P. Mistele,<br />
Hrsg.). Gabler-Verlag.<br />
[9] Shapiro, M. J., Morey, J.<br />
C., Small, S. D., Langford, V.,<br />
Kaylor, C. J., Jagminas, L., Suner,<br />
S., Salisbury, M. L., Simon, R., &<br />
Jay, G. D. (2004). Simulation based<br />
teamwork training for emergency<br />
department staff: does it improve<br />
clinical team performance when<br />
added to an existing didactic<br />
teamwork curriculum? Quality &<br />
Safety in Health Care, 13(6),<br />
417–421. https://doi.org/10.1136/<br />
qhc.13.6.417<br />
[10] Weick, K. E., & Sutcliffe,<br />
K. M. (2015). Managing the<br />
Unexpected – Sustained Performance<br />
in a Complex World (third<br />
edition). Wiley.<br />
[11] Weile, J., Nebsbjerg, M.<br />
A., Ovesen, S. H., Paltved, C., &<br />
Ingeman, M. L. (2021). Simulation-based<br />
team training in<br />
time-critical clinical presentations<br />
in emergency medicine and critical<br />
care: a review of the literature.<br />
Advances in Simulation, 6(1), 3.<br />
https://doi.org/10.1186/s41077-021-<br />
00154-4<br />
[12] World Health Organization<br />
(2010). Framework for Action<br />
on Interprofessional Education &<br />
Collaborative Practice. 04/09/<strong>2023</strong><br />
https://www.who.int/publications/i/item/framework-for-action-on-interprofessional-education-collaborative-practice<br />
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Kathrin Grüneis<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 27
Fokus: Rettung<br />
Die Rettung<br />
einer Tessiner<br />
Karotte<br />
ProSpecieRara rettet seltene Pflanzensorten vor dem Aussterben.<br />
Doch manchmal scheitern herkömmliche Rettungsversuche<br />
einer Sorte – zum Beispiel, wenn das letzte Saatgut nicht mehr keimen<br />
will oder die wenigen verbleibenden Pflanzen noch weniger werden.<br />
Vor einigen Jahren drohte dieses Ungemach der Tessiner<br />
Karottensorte «Gniff». Eine neue Methode war gefragt.<br />
Philipp Holzherr, Co-Bereichsleiter Pflanzen, ProSpecieRara<br />
Die Karotte «Gniff» ist ein kultureller<br />
Schatz aus dem Kanton<br />
Tessin. Die violette Färbung<br />
mit dem weissen Kern,<br />
gepaart mit der konischen Form – von<br />
breiten Schultern zu einer dünnen Spitze<br />
auslaufend –, macht die Rübe aussergewöhnlich.<br />
Hinzu kommen der kräftige<br />
Geschmack nach Kräutern, die geringe<br />
Süsse und ein Hauch von Rose im Aroma.<br />
Die Karotte hat die Zeit als typische Landsorte<br />
überdauert. Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
dürfte sie vielerorts im Tessin<br />
bekannt gewesen sein. Keine zentrale<br />
Züchtungs organisation, sondern zahlreiche<br />
Gärtnerinnen und Gärtner sowie<br />
Kleinbetriebe pflegten das Saatgut der<br />
einzigartigen Karotte, was dazu führte,<br />
dass die Ausprägungen der Merkmale<br />
stark variierten. Und während die «Gniff»<br />
mancherorts als Karotte für die Schweine<br />
verschrien war, sagte man dem Dorf Brè<br />
bei Lugano die schmackhaftesten Exemplare<br />
dieser Sorte nach. «Gniff» – die Tessinerinnen<br />
und Tessiner sagen «niff» – ist<br />
im Dialekt nicht nur ein Wort für violett,<br />
sondern rund um Lugano und im Bleniotal<br />
auch schlicht ein Synonym für Karotte.<br />
Bestand litt unter Inzuchtdepression<br />
Doch wie es alten Sorten vielerorts ergeht,<br />
wurde auch die «Gniff» schleichend immer<br />
weniger angebaut – bis ProSpecieRara<br />
zu Beginn des neuen Jahrtausends nur<br />
noch an sechs Orten Saatgut auftreiben<br />
konnte. Leider war dessen Zustand<br />
alarmierend. Zum einen entsprachen die<br />
Karotten nicht mehr dem ursprünglichen<br />
Sortenbild der «Gniff». Zum anderen stiess<br />
Rote Liste mit besonders gefährdeten Obstsorten<br />
Nicht alle Pflanzen sind über Saatgut<br />
– also generativ – vermehrbar.<br />
Zu den vegetativ vermehrbaren<br />
Pflanzen gehören z. B. Obst und<br />
Beeren, aber auch viele Kräuterund<br />
Zierpflanzen. Als Bäume oder<br />
Sträucher wachsen sie permanent<br />
in Gärten von Institutionen oder<br />
aber in Privatgärten, wo sie gehegt<br />
und gepflegt werden. Bei Bedarf<br />
werden sie über Stecklinge, Edelreiser<br />
oder Wurzelteilung vermehrt.<br />
Von den über 2400 ProSpecieRara-Obstsorten stehen 40 Prozent auf der sogenannten<br />
Roten Liste. Das bedeutet, dass diese Sorten an weniger als drei Standorten abgesichert<br />
sind. Die Pflanzung weiterer Bäume ist dringend nötig. Jeweils im Herbst publiziert<br />
ProSpecieRara deshalb einen Auszug aus der Roten Liste mit dem Ziel, jährlich mindestens<br />
40 Sorten besser abzusichern.<br />
Wer Platz für einen Obstbaum hat sowie Lust, sich auf alte, teilweise wenig bekannte<br />
Obstsorten einzulassen, ist eingeladen, einen Baum aus der Roten Liste zu pflanzen.<br />
Auch Hausgärten sind dafür geeignet, wo kleinere Baumformen (z. B. Niederstamm<br />
oder Spalier) gepflanzt werden können. Interessant für beschränkten Platz sind auch<br />
Mehrsortenbäume, bei denen zwei bis drei verschiedene Sorten an einem Baum wachsen.<br />
Wer bereits einen Obstbaum im Garten hat, kann auch eine sehr seltene Sorte<br />
zusätzlich aufpfropfen.<br />
Weitere Infos gibt es unter www.prospecierara.ch/rote-liste<br />
Bilder: ProSpecieRara<br />
28<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Fokus: Rettung<br />
Weshalb ist die<br />
Erhaltung der Vielfalt<br />
wichtig?<br />
ProSpecieRara wurde 1982 als<br />
schweizerische, nicht profitorientierte<br />
Stiftung gegründet, um gefährdete<br />
Kulturpflanzen und Nutztiere vor<br />
dem Aussterben zu schützen. Heute<br />
engagiert sich ProSpecieRara für<br />
die Erhaltung und Nutzung von über<br />
1500 Garten- und Ackerpflanzen,<br />
2400 Obstsorten, 1000 Zierpflanzensorten,<br />
400 Beerensorten und<br />
38 Nutztierrassen.<br />
Das Schicksal der traditionellen Tessiner Karottensorte «Gniff» hing zeitweise am seidenen Faden.<br />
Dank umsichtiger Erhaltungs- und Züchtungsarbeit konnte sie schliesslich gerettet werden.<br />
die Saatgutorganisation Sativa Rheinau,<br />
welche die «Gniff» im Auftrag von Pro<br />
SpecieRara vermehren sollte, auf starke<br />
Pro bleme bei der Saatgutproduktion und<br />
folgerte daraus, dass die Bestände vermutlich<br />
unter Inzuchtdepression litten. Diese<br />
tritt auf, wenn in mehreren Generationen<br />
zu wenige Samenpflanzen miteinander<br />
vermehrt werden – und sie kann eine Sorte<br />
bis zur Auslöschung gefährden.<br />
Erhaltung auf Feldern mit vielen<br />
Vorteilen<br />
Im Normalfall werden die rund 1700 samenvermehrbaren<br />
Garten-, Acker- und Zierpflanzensorten,<br />
die sich in der Obhut von<br />
ProSpecieRara befinden, über ein grosses<br />
Netzwerk erhalten: In Samenbaukursen<br />
ausgebildete, ehrenamtliche Sortenerhalterinnen<br />
und -erhalter bauen die Sorten in<br />
ihren Gärten an, ernten Saatgut und schicken<br />
dieses an ProSpecieRara zurück, wo es<br />
in der Samenbibliothek – dem Herzstück<br />
der Stiftung – gelagert und später wieder<br />
ins Netzwerk verschickt wird. Diese sogenannte<br />
On-Farm-Erhaltung, bei der die<br />
Sorten lebendig in Gärten und auf Feldern<br />
erhalten werden (und nicht tiefgekühlt im<br />
Permafrost), bietet zahlreiche Vorteile. So<br />
passen sich die Sorten an sich ändernde<br />
Umweltbedingungen an. Zudem kommen<br />
sie regelmässig mit Krankheiten in Kontakt<br />
und bilden im Optimalfall Resistenzen.<br />
Dank Neuzüchtung in den<br />
Nischenanbau<br />
Nicht so die «Gniff». Der alarmierende<br />
Befund bei der Karottensorte war ein<br />
triftiger Grund für ProSpecieRara, die<br />
Sortenrettungsmethoden um die klassische<br />
Kreuzungszucht zu erweitern. Indem<br />
der «Gniff» mit einer anderen Sorte eine<br />
«Blutauffrischung» verpasst würde, könnte<br />
der Bestand gesunden. Mit Sativa Rheinau<br />
startete ProSpecieRara 2012 deshalb<br />
ein Züchtungsprojekt. Dabei wurde viel<br />
Wert darauf gelegt, die sortentypischen<br />
Eigenschaften zu erhalten. So behält auch<br />
die «neue Gniff» ihre konische Form und<br />
besticht weiterhin durch ihre violettweisse<br />
Farbe. Das Züchtungsprojekt soll<br />
die Karottensorte robuster machen und<br />
den Ertrag verbessern. Das Ziel ist, sie so<br />
auch in den landwirtschaftlichen Anbau<br />
zu bringen, damit sie mehr Menschen<br />
zugänglich wird. Anfang 2025 sollte das<br />
Saatgut erhältlich sein – und bald danach<br />
auch die Karotten im Gemüsehandel.<br />
Die vielfältigen Eigenschaften der<br />
alten Sorten und Rassen sind gleichbedeutend<br />
mit einem breiten Genpool,<br />
auf den man bei Bedarf zurückgreifen<br />
kann. Dies ist umso wichtiger, weil der<br />
Hauptteil der heutigen Welternährung<br />
auf beängstigend wenigen Arten,<br />
Sorten und Rassen basiert. Spezielle<br />
Eigenschaften können wieder gefragt<br />
sein wegen plötzlich auftretender<br />
Krankheiten, Klimaveränderungen<br />
oder neuen Konsumbedürfnissen.<br />
Eine möglichst breite Vielfalt zu<br />
erhalten, ist deshalb eine Rückversicherung<br />
für die Zukunft.<br />
Für ihre Arbeit ist ProSpecieRara auf<br />
die Unterstützung von Gönnerinnen<br />
und Gönnern sowie auf Spenden<br />
angewiesen.<br />
Mehr Infos unter<br />
www.prospecierara.ch/unterstuetzen<br />
Beitrag zur Nahrungsmittelsicherheit<br />
In der Zwischenzeit konnte auch die Ursprungssorte<br />
«Gniff» gerettet werden. Wie<br />
durch ein Wunder schaffte Sativa Rheinau<br />
es mit umsichtiger Auslese, den Bestand<br />
gesund zu bekommen. Die originale<br />
«Gniff» ist darum bereits wieder erhältlich.<br />
Die bessere Chance auf einen breiten<br />
Anbau hat indes die neue Sorte namens<br />
«Gniffola». Einen Beitrag zu einer vielfältigen<br />
Nahrungsmittelbasis der Zukunft<br />
leisten sie alle beide.<br />
Dies tun übrigens auch alle Menschen,<br />
die sich mit vom Aussterben bedrohten<br />
Sorten beschäftigen. Wer sie anpflanzt,<br />
vermehrt oder mit ihnen kocht,<br />
trägt zu ihrer Erhaltung bei. Denn nur,<br />
wenn die seltenen Sorten vielfältig genutzt<br />
werden und in den Köpfen und<br />
Herzen der Menschen präsent bleiben,<br />
sind sie auch langfristig abgesichert.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 29
Fokus: Rettung<br />
Rettung ist<br />
probiotisch<br />
Sklaverei, Krankheit, Tod:<br />
Es gibt im Juden- und im Christentum viele Situationen,<br />
in denen die Gläubigen auf Rettung hoffen – und diese erfahren.<br />
Doch was bedeutet Rettung? Und wer ist der Rettende?<br />
Einige religionshistorische Überlegungen zur Rettung.<br />
Dr. Florian Lippke, Oberassistent am Lehrstuhl für Exegese des Alten Testaments<br />
und altorientalische Religionsgeschichte, Universität Freiburg<br />
Bild: Adobe Stock<br />
30<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Fokus: Rettung<br />
Eine klare Botschaft in der<br />
Osternacht<br />
Wer einmal in der christlichen Osternacht<br />
an einem Gottesdienst war, hat vielleicht<br />
bemerkt, dass genau diese Texte vom Auszug<br />
aus Ägypten in den Gottesdienstlesungen<br />
vorkommen. So zum Beispiel der<br />
Durchzug durchs Schilfmeer, bei dem Israel<br />
endgültig der Kampftruppe Ägyptens<br />
entkommt. Diese Erzählung wurde in<br />
zahlreichen Filmen monumental in Szene<br />
gesetzt. Der erwähnte Errettungstext ertönt<br />
in den christlichen Kirchen, kurz bevor<br />
Ostern fröhlich gefeiert wird. Die Botschaft<br />
ist klar: Hier feiert auch das Christentum<br />
ein Rettungserlebnis. Wie das<br />
Entkommen der Israeliten aus der Repression<br />
Ägyptens, so geschieht zu Ostern die<br />
Errettung der Christen. Diese wird wiederum<br />
ganz konkret gedacht: Es ist eine Errettung<br />
vom (sündenbehafteten) Tod.<br />
Mit dem Auszug aus Ägypten wird das Volk Israel aus der Sklaverei errettet.<br />
Rettung (Synonym: Errettung)<br />
ist in den alten Kulturen und<br />
Religionen nie abstrakt gedacht.<br />
Sie ist immer konkret.<br />
Entweder wird verdeutlicht, wer gerettet<br />
hat oder worin die Rettung bestand. So<br />
umfasst Rettung in der antiken Welt unter<br />
anderem die Rettung aus der Sklaverei,<br />
die Rettung von einer Krankheit und – im<br />
Extremfall – die Errettung vom Tode.<br />
Schnell erkennt man an diesen Beispielen:<br />
Geht es um Rettung, ist der Ausgangspunkt<br />
meist eine widrige oder gar<br />
lebensbedrohliche Situation. Durch eine<br />
Rettung erfolgt die Änderung der Parameter<br />
und Bedingungen, sodass ein neuer<br />
Zustand hergestellt wird. Dieser zeichnet<br />
sich durch einen positiveren, lebensförderlichen<br />
Rahmen aus. Es liesse sich also<br />
kulturübergreifend formulieren: Durch<br />
eine Rettung wird eine lebensfeindliche<br />
Situation zum Guten und zum Lebensförderlichen<br />
gewendet. Mit anderen Worten:<br />
Rettung ist ein Eingreifen zugunsten des<br />
Lebens oder für das (gute) Leben – Rettung<br />
ist pro-biotisch.<br />
Die Errettung aus Ägypten<br />
Dreh- und Angelpunkt der Geschichte des<br />
Volkes Israel ist der Auszug aus Ägypten<br />
mit dem nachfolgenden Einzug ins Heilige<br />
Land. Dieser Auszug (Exodus) hat es sogar<br />
in die Zehn Gebote geschafft, denn diese<br />
beginnen mit einer Selbstvorstellung Gottes:<br />
«Ich bin JHWH, dein Gott, der dich aus<br />
dem Land Ägypten geführt hat, aus dem<br />
Sklavenhaus» (2. Mose 20,2). Hier wird natürlich<br />
auf die Errettung aus den widrigen<br />
und lebensfeindlichen Bedingungen der<br />
Sklaverei in Ägypten angespielt. Interessant<br />
dabei ist, dass selbst ein legalistischer<br />
Text wie die Zehn Gebote nicht mit einem<br />
Gesetz beginnt, sondern mit dem Hinweis<br />
auf die Errettung bzw. auf die Befreiung. Alle,<br />
die das Judentum exklusiv als Gesetzesreligion<br />
sehen, die nur auf Gebote, Verbote<br />
usw. achtet, werden hier eines Besseren belehrt.<br />
Die Schlüsselerzählung im Zentrum<br />
der jüdischen Überlieferung ist eine Errettungsgeschichte.<br />
Noch vor irgendwelchen<br />
Gesetzen werden die Befreiung aus der Unterdrückung<br />
und der Aufbruch in die Freiheit<br />
thematisiert. Freiheit und Rettung werden<br />
hier zusammen gedacht.<br />
Rettung und Stellvertretung<br />
Die im Neuen Testament zunächst geschilderten<br />
Ereignisse rund um Ostern<br />
sind nicht gerade lebensförderlich: Misshandlung,<br />
Kreuzigung und Tod von Jesus<br />
Christus werden ausführlich abgehandelt.<br />
Zwei Aspekte verwandeln diese Szenen<br />
aber in Rettungssituationen. Erstens: Zunächst<br />
einmal hält die christliche Lehre<br />
fest, dass Jesus für die Sünden der Menschen,<br />
insbesondere der Gläubigen, gestorben<br />
sei. Sein Tod bedeute demnach<br />
die Errettung der Menschen vom sündhaften<br />
Tod. Religionshistorisch kann dies als<br />
Stellvertretung oder als Sühne, also als<br />
Ausgleich einer Schuld, klassifiziert werden.<br />
In beiden Fällen resultiert hieraus ein<br />
«Gerettetsein» der Menschen bzw. der<br />
Gläubigen aus unguten Verstrickungen,<br />
von denen es im Leben viele gibt. Psychologisch<br />
ist dieses Freisprechen von Verstrickungen<br />
gleichzusetzen mit einer Errettung<br />
vom psychischen, sozialen oder<br />
physischen Tod. Es fühlt sich an, als ob<br />
Jesus Christus ein neues Leben schenkt.<br />
Und dies bringt uns zum zweiten Punkt …<br />
Rettung als Auferstehung<br />
Zweitens: Ostern endet nicht mit dem<br />
Tod. Ostern hat seinen Höhepunkt in der<br />
Auferstehung. Religionssoziologisch werden<br />
hier die Lebenswege der Gläubigen<br />
und der geschichtliche Weg von Jesus<br />
Christus parallel geführt. Die Botschaft<br />
lautet in diesem Fall: Wie Jesus Christus<br />
gestorben und auferstanden ist, so wird<br />
der einzelne Gläubige sterben und auferstehen.<br />
Der Tod bedeutet nicht das Ende –<br />
es folgt die Auferstehung. Wir jonglieren<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 31
Fokus: Rettung<br />
hier mit den komplexesten theologischen<br />
Themen überhaupt – über diese wurde<br />
seit je und wird immer noch diskutiert<br />
und gestritten. Thematisch wird aber allen<br />
klar: Es geht um Strukturen der Rettung,<br />
die durch einen «Heilsbringer» ermöglicht<br />
werden.<br />
Die grosse Frage: Wer rettet?<br />
Wer aber rettet im christlichen Glauben?<br />
Es gibt eine einfache und eine komplexe<br />
Antwort. Die einfache Antwort lautet: Im<br />
Christentum errettet Jesus vom Tod. Aber<br />
dieser Jesus hat einen sprechenden Namen.<br />
«Jesus» ist die griechische Wiedergabe<br />
eines hebräisch-aramäischen Namens:<br />
Jehoschua. Dieser Name ist ein<br />
Bekenntnis- oder Satzname. Ausbuchstabiert<br />
und übersetzt heisst er: «JHWH rettet/hilft.»<br />
Damit verweist die zentrale Retterfigur<br />
im Neuen Testament (Jesus) auf<br />
die Rettung durch den alttestamentlichen<br />
Gott (JHWH). Wieder eine komplexe Geschichte<br />
der Rettung, zwischen Altem und<br />
Neuem Testament, zwischen Judentum<br />
und Christentum. Man könnte fast meinen:<br />
Ohne Rettung geht es in diesen Religionen<br />
gar nicht.<br />
Religiöse Rettung<br />
Es gäbe noch viel zu berichten zum Thema<br />
Rettung: Über alle möglichen biblisch<br />
überlieferten «Rettungsnamen» zum Beispiel.<br />
Nicht nur Jesus heisst übersetzt<br />
«Gott rettet», auch der Name des Propheten<br />
Jesaja leitet sich vom hebräischen jš ˛<br />
ab und bedeutet «Gott ist Hilfe/Rettung».<br />
Der Nachfolger des Mose, der Israel ins<br />
Heilige Land führt, heisst Josua. Man kann<br />
dies mit «Gott errettet» übersetzen. Die<br />
Liste liesse sich weiterführen. Interessanterweise<br />
gibt es ein ganzes Buch, das den<br />
Rettern Israels gewidmet ist. Da der hebräische<br />
Begriff aber sowohl «retten» als auch<br />
«richten» heissen kann, erkennt man das<br />
Buch nicht direkt am Titel. Das sehr selten<br />
gelesene Buch der «Richter» (Schophetim)<br />
ist eigentlich ein «Retterbuch», das von<br />
den Rettungstaten Gottes durch die Stammesführer<br />
(Richter/Retter) berichtet.<br />
Das menschliche Bedürfnis nach<br />
Sicherheit<br />
In praktisch allen Religionen Eurasiens,<br />
aber auch darüber hinaus spielt der Glaube<br />
an einen göttlichen Retter eine entscheidende<br />
Rolle. JHWH, Christus,<br />
Mithras, Zeus Soter, Isis – die Rettung im<br />
göttlichen Gewand hat viele Namen und<br />
Formen. Allen gemeinsam ist das Eintreten<br />
für bedrückte und niedergeschlagene<br />
Individuen und Gruppen. Religiös-göttliche<br />
Retter und Retterinnen sind darum so<br />
wesentlich, weil sie das menschliche Bedürfnis<br />
nach Wohlergehen und Sicherheit<br />
ansprechen: Gerettet zu sein, heisst, wieder<br />
in Sicherheit zu sein. Und der Wunsch<br />
nach Sicherheit ist ein ganz und gar<br />
menschlicher. Nicht umsonst bezeichnet<br />
der Historiker Yuval Noah Harari den<br />
Menschen als tief religiöses Wesen: Die<br />
Frage nach dem Menschen, seinem Wohlergehen<br />
und seiner Errettung ist eine religiöse<br />
Schlüsselfrage.<br />
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<strong>Journal</strong><br />
<strong>Nr</strong>. 5, Oktober <strong>2023</strong><br />
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6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Fokus: Rettung<br />
Bild: Shutterstock<br />
Das Kirchenfenster der St Nicholas Church im englischen Gloucester<br />
thematisiert die Auferstehung Jesu.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 33
Fokus: Rettung<br />
Aufwendige Laubsägeornamente zieren die 1872 erbaute Fabrikantenvilla aus Burgdorf (BE).<br />
Eine<br />
Inspirationsquelle<br />
für zukünftige<br />
Bauten<br />
Über 100 historische Gebäude hat das<br />
Freilichtmuseum Ballenberg gerettet und nahe Brienz<br />
wieder aufgebaut. Sie sollen die ländliche Kultur<br />
vergangener Zeiten erlebbar machen – aber nicht nur das.<br />
Regula Grünwald, Chefredaktorin <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong>, Bilder: Severin Nowacki<br />
34<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Fokus: Rettung<br />
Idylle pur: Im Freilichtmuseum Ballenberg fühlt man sich um einige Jahrhunderte zurückversetzt. Links ein Bauernhaus aus Therwil (BL) von 1675,<br />
rechts ein Wohnhaus aus Villnachern (AG) etwa von 1635.<br />
Es war einmal eine Villa, erbaut<br />
im Schweizerhausstil und reich<br />
dekoriert mit Laubsägeornamenten.<br />
Sie stand inmitten eines<br />
schönen Parks. In den grosszügigen<br />
und vornehmen Räumen wohnte ein erfolgreicher<br />
Textilfabrikant mit seiner Familie<br />
und mehreren Hausangestellten.<br />
Ihr Glück währte jedoch nicht sehr lange.<br />
Die schwierige Wirtschaftslage nach dem<br />
Ersten Weltkrieg brachte die Firma in finanzielle<br />
Schieflage. Schliesslich war die<br />
Familie gezwungen, die Firma zu liquidieren<br />
und die Villa sowie das angrenzende<br />
Fabrikareal zu verkaufen. Nach und nach<br />
wurden das Fabrikgelände sowie die Parkanlage<br />
überbaut, bis sich die Villa eingeklemmt<br />
zwischen Strassen und Wohnblocks<br />
wiederfand. Eine Zeit lang wohnten<br />
einkommensschwache Familien in<br />
dem ehemals vornehmen Gebäude. Als<br />
auch diese ausziehen mussten, verlotterte<br />
die Villa, und ihr drohte der Abbruch. Sie<br />
hatte jedoch Glück: Die Stiftung Ballenberg<br />
liess sie abbauen, um sie im Freilichtmuseum<br />
Ballenberg möglichst originalgetreu<br />
zu rekonstruieren.<br />
Die Geschichte dieser 1872 erbauten<br />
Villa aus Burgdorf, die einem beim Besuch<br />
des Freilichtmuseums Ballenberg vom<br />
westlichen Eingang her als erstes Gebäude<br />
ins Auge sticht, steht stellvertretend für<br />
die Vergangenheit vieler anderer historischer<br />
Gebäude, die heute auf dem Ballenberg<br />
stehen. Und doch ist sie speziell<br />
Bauernhausforschung als<br />
treibende Kraft<br />
Im späteren 19. Jahrhundert begann sich<br />
die Volkskunde mit der Alltagskultur der<br />
unteren und mittleren Sozialschichten<br />
zu befassen und machte diese in entsprechenden<br />
Museen einer breiten Öffentlichkeit<br />
zugänglich. In diese Zeit fällt auch<br />
die Eröffnung des ersten Freilichtmuseums<br />
auf der schwedischen Insel Skansen<br />
bei Stockholm im Jahr 1891. Bis auch<br />
in der Schweiz ein Freilichtmuseum eröffnet<br />
wurde, sollte es jedoch noch eine<br />
Weile dauern. Die Bauernhausforschung,<br />
die insbesondere ab den 1930er- und<br />
1940er-Jahren zunehmend das Bewusstsein<br />
für den Wert von Bauernhäusern<br />
schärfte sowie Bauten, Siedlungen und<br />
Aspekte des bäuerlichen Alltags dokumentierte,<br />
trieb den Wunsch, historische<br />
Bauernhäuser zu retten und zu sammeln,<br />
weiter voran. 1978 öffnete schliesslich das<br />
Freilichtmuseum Ballenberg mit 16 Museums<br />
objekten seine Tore.<br />
Denkmalbegriff ist verhandelbar<br />
Heute sind auf der 66 Hektar grossen Fläche<br />
103 historische Bauten aus verschiedenen<br />
Epochen – in der Regel vor der Motorisierung,<br />
die im 19. Jahrhundert einsetzte –,<br />
aus nahezu allen Landesteilen und aus<br />
unterschiedlichen sozialen Schichten versammelt.<br />
Ein Zürcher Weinbauernhaus<br />
im Fachwerkbau und ein Aargauer Taglöhnerhaus<br />
mit Strohdach sind ebenso<br />
zu finden wie ein Kornspeicher und ein<br />
Heutzutage ein seltener Anblick: Muss das<br />
Strohdach des Taglöhnerhauses aus Leutwil<br />
(AG) aus dem Jahr 1803 erneuert werden, ist das<br />
Freilichtmuseum Ballenberg auf Spezialistinnen<br />
und Spezialisten aus Norddeutschland<br />
oder Lettland angewiesen.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 35
Fokus: Rettung<br />
Ein für die Region Zürichsee typisches Fachwerkhaus. Die vielen Balken des um 1780 erbauten<br />
Weinbauernhauses aus Richterswil (ZH) (links) wären statisch nicht alle nötig, zeugen jedoch von<br />
der Blütezeit des Fachwerkbaus.<br />
Altes Handwerk erhalten<br />
Das Freilichtmuseum Ballenberg<br />
vermittelt Einblicke in das ländlichgewerbliche<br />
Alltagsleben der Schweiz.<br />
Die historischen Gebäude mit den<br />
traditionell eingerichteten Küchen,<br />
Kammern und Wohnstuben bilden<br />
dabei nur einen Teil der Ausstellung.<br />
Denn das Museum will auch alte,<br />
zum Teil fast vergessene Gewerbe<br />
bewahren. So sind drinnen und<br />
draussen zahlreiche Handwerkerinnen<br />
und Handwerker anzutreffen, die auf<br />
traditionelle Weise Schindeln machen,<br />
Kohle herstellen, Kalk brennen, Stroh<br />
und Körbe flechten, schnitzen, schmieden,<br />
spinnen und weben. Auch Besucherinnen<br />
und Besucher können aktiv<br />
werden und bei einem Workshop<br />
Sgraffiti kratzen, Ziger herstellen,<br />
Holz schnitzen oder eine wundersame<br />
Tinktur mischen. Die gemeinnützige<br />
Stiftung finanziert sich zu 80 Prozent<br />
aus eigener Kraft und ist für den Unterhalt<br />
der Bauten und die zeitgemässe<br />
Vermittlung auf Unterstützung durch<br />
Spenden angewiesen.<br />
Mehr Infos unter<br />
www.ballenberg.ch/spenden.<br />
Der Ballenberg will das bäuerliche Leben dokumentieren.<br />
Dazu gehört auch ein einfacher, im 19. Jahrhundert gezimmerter<br />
Heustall aus Spiringen (UR).<br />
Handwerkerhaus aus Bern, ein Heustall<br />
aus Uri, ein Tessiner Gutshof und ein stattliches<br />
Genfer Bauernhaus mit Taubenhaus.<br />
Die Gebäude stammen aus dem bäuerlichen<br />
oder handwerklichen Umfeld, die Fabrikantenvilla<br />
bildet da eine Ausnahme.<br />
«Mit der Übernahme dieser Villa waren wir<br />
36<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Fokus: Rettung<br />
Für einmal kein Holz: Die Mauern des 1762 erbauten und später mehrmals umgebauten Genfer<br />
Bauernhauses mit Taubenhaus sind aus Bruch- und Kieselsteinen gebaut und verputzt.<br />
nicht ganz konsequent. Sie ist jedoch ein<br />
schönes Beispiel für den damals beliebten<br />
Chaletstil, in dem sich die Sehnsucht der<br />
wohlhabenden Gesellschaft nach einem<br />
idyllischen, beschaulichen Landleben widerspiegelt.<br />
Deshalb hat der Ballenberg sie<br />
bewahrt», erklärt Riccarda Theiler, Bereichsleiterin<br />
Architektur und Hausforschung<br />
im Freilichtmuseum Ballenberg, bei<br />
einem Rundgang. Zum Glück – denn wäre es<br />
um die reich verzierte Fassade und den<br />
kunstvoll geschnitzten Dachgiebel nicht<br />
jammerschade gewesen? «Das Bewusstsein<br />
dafür, was als schützenswert gilt, verändert<br />
sich; der Denkmalbegriff wird fortlaufend<br />
verhandelt», sagt Riccarda Theiler. Der Wert<br />
repräsentativer Architektur, wie beispielsweise<br />
von Schlössern oder Herrschaftsbauten,<br />
sei auch in der Vergangenheit kaum infrage<br />
gestellt worden. «Doch erst in jüngerer<br />
Zeit erfahren die Geschichten, die Bauernhäuser,<br />
Fabrikgebäude, Arbeiterwohnungen<br />
oder Nachkriegsbauten der 1950er-Jahre<br />
erzählen, vermehrt Aufmerksamkeit.»<br />
Die Gebäude an ihrem ursprünglichen<br />
Standort zu erhalten, ergebe Sinn, betont<br />
Riccarda Theiler. «Im Ballenberg haben wir<br />
nur Gebäude, die es sonst nicht mehr geben<br />
würde.» So fehlt im Freilichtmuseum bis<br />
heute ein Engadinerhaus. «Ein solches würden<br />
wir trotz dem offiziellen Sammlungsstopp<br />
gerne aufnehmen. Jedoch werden<br />
diese Häuser mit ihren wuchtigen Steinmauern<br />
und ihren schönen Sgraffiti sehr<br />
geschätzt und dementsprechend geschützt<br />
und bewahrt. Und das ist gut so.» Denn zwar<br />
werde bei einer Translozierung der Aufbau<br />
eines Objekts bis ins kleinste Detail dokumentiert,<br />
um es am neuen Ort möglichst<br />
originalgetreu rekonstruieren zu können.<br />
Doch selbst, wenn die Bausubstanz noch<br />
gut sei und kaum Materialien ersetzt werden<br />
müssten, verliere das Gebäude etwas.<br />
«Es wird aus seinem Kontext herausgerissen,<br />
aus der umgebenden Landschaft,<br />
aus seiner Siedlung. Das verändert viel.»<br />
Gleichzeitig gehe mit dem Abbruch von<br />
historischen Gebäuden auch am ursprünglichen<br />
Standort ein Stück Kultur und Geschichte<br />
verloren. «Früher hatte jede Region<br />
bestimmte Bauweisen, die sich dem<br />
strukturellen und wirtschaftlichen Wechsel<br />
anpassten. Heute lässt sich ein Neubau in<br />
Neuenburg kaum mehr von einem Neubau<br />
in St. Moritz unterscheiden.» Zwar sei es<br />
notwendig, Bestehendes zu verdichten und<br />
neuen Lebensraum zu schaffen. Allerdings<br />
sei es auch wichtig, gut hinzuschauen, bevor<br />
historische Siedlungen um Neubauten<br />
ergänzt würden. «Früher haben die Menschen<br />
nachhaltig und ökologisch gebaut.<br />
Dies heisst nicht, dass wir alles kopieren<br />
müssen. Aber die alten Gebäude – sei es auf<br />
dem Ballenberg oder sonst wo – können als<br />
Inspirationsquelle dienen.»<br />
1<br />
Bundesamt für Statistik (Hrsg.): Denkmäler in<br />
der Schweiz: Erste Ergebnisse. Denkmalstatistik<br />
2016 und Statistik des Kulturverhaltens.<br />
Neuenburg 2018.<br />
Kein Engadinerhaus in Sicht<br />
Gemäss Bundesamt für Statistik waren<br />
2016 rund 272 000 Einzelobjekte erfasst,<br />
die besondere denkmalpflegerische Qualitäten<br />
aufweisen. 75 084 davon standen unter<br />
Schutz, wobei 2752 Objekte als Baudenkmäler<br />
von nationaler und 72 332 als<br />
Baudenkmäler von regionaler oder lokaler<br />
Bedeutung klassiert waren. Da die Denkmalpflege<br />
stark föderalistisch geprägt ist,<br />
kann die Situation in den einzelnen Kantonen<br />
sehr unterschiedlich sein. Gut die<br />
Hälfte aller geschützten Objekte entfallen<br />
auf fünf Kantone. 1<br />
Der Kornspeicher aus dem Jahr 1760 stand in Ostermundigen etwas abseits vom Bauernhaus.<br />
Sein Glück – denn das Bauernhaus brannte 1797 ab.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 37
Fokus: Rettung<br />
Suizidprävention<br />
kann Leid<br />
verhindern<br />
Pro Jahr nehmen sich schweizweit rund 1000 Menschen<br />
das Leben, oft beginnt suizidales Verhalten in der Jugend.<br />
Schulische Präventionsprogramme können die Zahl<br />
der Selbstmordversuche senken. Für eine nachhaltige Umsetzung<br />
braucht es jedoch eine gesicherte Finanzierung.<br />
Maya Cosentino, Doktorandin und stv. Oberärztin, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />
und Psychotherapie, Universität Bern, Global Health Policy, London School of Hygiene and Tropical Medicine<br />
Prof. Dr. med. Michael Kaess, Ordinarius und Direktor, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />
und Psychotherapie, Universität Bern<br />
Über vier Prozent der Jugendlichen in Europa haben gemäss eigenen Angaben schon einen Selbstmordversuch hinter sich.<br />
Um Suizidversuchen vorzubeugen, braucht es eine nachhaltige Umsetzung von wirksamen Suizidpräventionsprogrammen.<br />
Bilder: Adobe Stock<br />
38<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Fokus: Rettung<br />
Suizid ist weltweit eine der häufigsten<br />
Todesursachen; etwa ein<br />
Prozent der Todesfälle geht auf<br />
einen Selbstmord zurück [1]. In<br />
Ländern mit hohem Einkommen ist Suizid<br />
die häufigste krankheitsbedingte Todesursache<br />
bei Jugendlichen [2]. Über vier<br />
Prozent der Jugendlichen in Europa geben<br />
an, dass sie schon einmal einen<br />
Selbstmordversuch unternommen haben<br />
[3]. Suizidales Verhalten bei Jugendlichen<br />
ist daher ein bedeutendes und zunehmendes<br />
Problem.<br />
Mehr Suizidversuche während<br />
der Pandemie<br />
Das Leid, das ein Suizid für die betroffenen<br />
Familien und das soziale Umfeld generiert,<br />
sowie die gesamtgesellschaftlichen<br />
Kosten eines Suizids in jungen<br />
Jahren sind beträchtlich. Deshalb geben<br />
aktuelle Trends in der Schweiz Grund zur<br />
Sorge [4]. Die COVID-19-Pandemie ging<br />
mit einem erheblichen Anstieg der Notfälle<br />
in der Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />
sowie mit einer Verschärfung der bereits<br />
bestehenden Ressourcenknappheit<br />
innerhalb des kinder- und jugendpsychiatrischen<br />
Versorgungssystems einher [5].<br />
2021 haben die Krankenhauseinweisungen<br />
wegen vermuteter Suizidversuche bei<br />
Jugendlichen in der Schweiz im Vergleich<br />
zu 2020 deutlich zugenommen, insbesondere<br />
bei Mädchen [5]. Die Schweiz ist keine<br />
Ausnahme: Eine Studie mit Daten aus<br />
18 Ländern zeigte, dass die Zahl der Besuche<br />
in der pädiatrischen Notaufnahme<br />
während der COVID-19-Pandemie insgesamt<br />
zurückging, die Zahl der Besuche in<br />
der Notaufnahme wegen Selbstmordversuchen<br />
jedoch deutlich zunahm [6].<br />
Wie sich Suizidalität entwickelt<br />
Suizidales Verhalten entsteht durch ein<br />
komplexes Wechselspiel zwischen neurobiologischen,<br />
sozialen, familiären und<br />
Umweltfaktoren. Bedeutende Risikofaktoren<br />
sind ungünstige Lebensereignisse<br />
und Stressfaktoren sowie Depressionen<br />
und andere psychische Störungen [7]. Dabei<br />
stellt das Kindes- und Jugendalter jene<br />
Entwicklungsperiode dar, in der sich suizidales<br />
Verhalten häufig zum ersten Mal<br />
zeigt. Ebenfalls deuten Forschungsergebnisse<br />
darauf hin, dass die meisten psychischen<br />
Erkrankungen bereits in der Kindheit<br />
und Jugend beginnen [8]. Nach der<br />
interpersonell-psychologischen Theorie<br />
nach Thomas Joiner werden drei spezifische<br />
Faktoren postuliert, die in der Entwicklung<br />
der Suizidalität eine wesentliche<br />
Rolle spielen: das Gefühl, ausgeschlossen<br />
zu sein («thwarted belongingness»), das<br />
Gefühl, anderen zur Last zu fallen («perceived<br />
burdensomeness»), sowie die – beispielsweise<br />
durch gedankliche Vorbereitung,<br />
selbstverletzende und suizidale<br />
Handlungen oder Substanzgebrauch – erworbene<br />
Fähigkeit, sich das Leben zu nehmen<br />
(«acquired capability for suicide») [9].<br />
Selbstverletzendes Verhalten ist daher bei<br />
Jugendlichen ein wichtiger Risikomarker<br />
für mögliche Suizidgefährdung [10].<br />
Sozio-emotionale Kompetenzen<br />
stärken<br />
Suizidale Jugendliche holen sich nur selten<br />
oder deutlich verspätet Hilfe [11, 12].<br />
Öffentliche Werbespots zur Suizidprävention<br />
für Jugendliche konnten weder deren<br />
Einstellung zur Vermeidbarkeit von Suizid<br />
noch ihr Hilfesuchverhalten ändern<br />
[13]. In ihrem evidenzbasierten Leitfaden<br />
zur Suizidprävention «Live Life» empfiehlt<br />
die Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO), die sozio-emotionalen Lebenskompetenzen<br />
bei Jugendlichen zu fördern<br />
[14]. Diese Empfehlung steht in Übereinstimmung<br />
mit Forschungsergebnissen,<br />
die darauf hindeuten, dass schulbasierte<br />
Programme zur Suizidprävention,<br />
die sozio-emotionale Kompetenzen wie<br />
Stress- und Problemlösungsstrategien sowie<br />
die Selbstregulation von Emotionen,<br />
Gedanken und Handlungen bei Jugendlichen<br />
stärken, positive Ergebnisse erzielen<br />
und als wirksam angesehen werden können<br />
[15, 16, 17]. So werden Jugendliche dabei<br />
unterstützt, die Verantwortung für ihre<br />
psychische Gesundheit selbst in die<br />
Hand zu nehmen. Darüber hinaus haben<br />
diese Programme das Potenzial, die meisten<br />
jungen Menschen zu erreichen, darunter<br />
auch gefährdete Jugendliche.<br />
Programm halbiert Suizidversuche<br />
Das internationale Programm «Youth Aware<br />
of Mental Health» (YAM) zielt darauf ab,<br />
stressbedingte Bewältigungs fähigkeiten zu<br />
verbessern und negative Wahrnehmungen<br />
zu verändern. Das schul basierte, universelle<br />
Programm wurde in einer multizentrischen,<br />
randomisierten, kontrollierten Studie<br />
mit über 11 000 Jugendlichen aus zehn<br />
europäischen Ländern untersucht [15]. Im<br />
Vergleich zur Kontrollgruppe verringerte<br />
YAM das Risiko schwerer Selbstmordgedanken<br />
bei Jugendlichen um fast 50 Prozent<br />
und die Zahl der Selbstmordversuche<br />
um über 50 Prozent. Interessanterweise<br />
zeigten Interventionen, die auf das Schulpersonal<br />
oder gefährdete Schülerinnen<br />
und Schüler abzielten, keine signifikanten<br />
Auswirkungen.<br />
Eine Übersichtsarbeit zur Bewertung<br />
primärer Suizidpräventionsmassnahmen<br />
für Kinder und Jugendliche deutet darauf<br />
hin, dass schulbasierte Massnahmen<br />
kurzfristig und möglicherweise auch langfristig<br />
Suizidversuche verhindern, während<br />
die Auswirkungen anderer gemeinschaftsbasierter<br />
Massnahmen ungewiss<br />
bleiben [16]. Als besonders wirksam haben<br />
sich schulische Suizidpräventionsprogramme<br />
erwiesen, die kurz dauern und<br />
eine Nachbeobachtung vorsehen [17]. Es<br />
wird geschätzt, dass pro 20 durch solche<br />
Programme erreichte Personen einem Suizidversuch<br />
vorgebeugt wird («number<br />
needed to treat») [17]. Dies deutet darauf<br />
hin, dass ein Interventionsprogramm in<br />
ein bis zwei Klassenräumen mindestens<br />
einen Suizidversuch verhindern kann.<br />
Weitere als potenziell wirksam eingestufte<br />
Präventionsmassnahmen bei Jugendlichen<br />
sind die kontrollierte Abgabe<br />
von Analgetika in kleineren Packungen<br />
sowie die Behandlung von Depressionen.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 39
Fokus: Rettung<br />
Aktionsplan: Umsetzung ist<br />
im Rückstand<br />
Im November 2016 hat das Bundesamt für<br />
Gesundheit (BAG) einen Aktionsplan zur<br />
Suizidprävention in der Schweiz verabschiedet.<br />
Dieser zielt darauf ab, die Suizidrate<br />
bis 2030 im Vergleich zu 2013 um<br />
25 Prozent zu reduzieren [18]. Laut dem<br />
jüngsten Fortschrittsbericht sind weitere<br />
Massnahmen erforderlich, um die angestrebten<br />
Ziele zu erreichen. Gegenwärtig<br />
werden primäre Suizidpräventionsprogramme<br />
– also Massnahmen vor dem Auftreten<br />
gesundheitlicher Probleme – für<br />
Jugendliche in der Schweiz nicht oft umgesetzt<br />
und sind kaum systematisch verankert<br />
[19]. Auch bestehende Programme<br />
haben Mühe, eine nachhaltige und umfassende<br />
Finanzierung zu erhalten.<br />
Leben retten kostet<br />
Um wirksame primäre Suizidprävention<br />
für Jugendliche nachhaltig umzusetzen,<br />
braucht es eine umfassende Einführung<br />
schulbasierter Suizidpräventionsprogramme<br />
in der Schweiz. Die Koordina tion, Finanzierung<br />
und effektive Um setzung einer<br />
nationalen Suizidpräventionsstrategie erfordert<br />
eine staatliche Führung. Laut dem<br />
Fortschrittsbericht zur Umsetzung des<br />
nationalen Aktionsplans fehlt dem Bund<br />
eine umfassende Gesetzgebungskompetenz<br />
in der Suizidprävention, welche die<br />
Einführung von Top-down-Massnahmen<br />
erlauben und eine nachhaltige Verankerung<br />
fördern würde [19]. Eine ausreichende<br />
Finanzierung würde die Entwicklung<br />
und Umsetzung langfristiger schulbasierter<br />
Suizidpräventionsprogramme ermöglichen<br />
und die Schulen in die Lage versetzen,<br />
Verträge mit Programmanbietern<br />
abzuschlies sen. Bisher fliessen die Mittel<br />
grösstenteils in Massnahmen, die von einer<br />
stärkeren, weniger stigmatisierten<br />
Lobby gefordert werden. Es wäre sinnvoll,<br />
die Mittel stattdessen nach Prioritäten geordnet<br />
zuzuweisen. Denn nur wenn finanzielle<br />
Mittel über einen längeren Zeitraum<br />
zur Verfügung stehen, können wirksame<br />
Suizidpräventionsprogramme nachhaltig<br />
umgesetzt und so Leben gerettet werden.<br />
Literatur<br />
[1] World Health Organization.<br />
Suicide worldwide in 2019:<br />
global health estimates.<br />
[2] Miniño A. Mortality<br />
among teenagers aged 12–19 years:<br />
United States, 1999–2006. NCHS<br />
Data Brief. 2010(37):1–8.<br />
[3] Carli V, Hoven CW,<br />
Wasserman C, Chiesa F, Guffanti G,<br />
Sarchiapone M, Apter A, Balazs J,<br />
Brunner R, Corcoran P, Cosman D.<br />
A newly identified group of<br />
adolescents at “invisible” risk for<br />
psychopathology and suicidal<br />
behavior: findings from the SEYLE<br />
study. World psychiatry. 2014<br />
Feb;13(1):78–86.<br />
[4] Zechmeister I, Kilian R,<br />
McDaid D. Is it worth investing in<br />
mental health promotion and<br />
prevention of mental illness? A<br />
systematic review of the evidence<br />
from economic evaluations. BMC<br />
public health. 2008 Dec;8(1):1–1.<br />
[5] Schuler D, Tuch A,<br />
Sturny I, Peter C. Psychische<br />
Gesundheit. Kennzahlen 2021<br />
(Obsan Bulletin 01/<strong>2023</strong>).<br />
Neuchâtel: Schweizerisches<br />
Gesundheitsobservatorium. <strong>2023</strong>.<br />
[6] Madigan S, Korczak DJ,<br />
Vaillancourt T, Racine N, Hopkins<br />
WG, Pador P, Hewitt JM, AlMousawi<br />
B, McDonald S, Neville RD.<br />
Comparison of paediatric<br />
emergency department visits for<br />
attempted suicide, self-harm, and<br />
suicidal ideation before and during<br />
the COVID-19 pandemic: a<br />
systematic review and meta-analysis.<br />
The Lancet Psychiatry. <strong>2023</strong><br />
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Press; 2005.<br />
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Michel C, Brunner R, Carli V,<br />
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Apr 18;385(9977):1536–44.<br />
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factors among adolescents: a<br />
meta-analysis and meta-regression.<br />
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admin.ch/bag/en/home/<br />
strategie-und-politik/politische-auftraege-und-aktionsplaene/aktionsplan-suizidpraevention.html<br />
[accessed 28 January<br />
<strong>2023</strong>].<br />
[19] Federal Office of Public<br />
Health. Zwischenstand Umsetzung<br />
Nationaler Aktionsplan Suizidprävention<br />
Schlussbericht.<br />
Available from: https://www.bag.<br />
admin.ch/bag/de/home/strategie-und-politik/politische-auftraege-und-aktionsplaene/aktionsplan-suizidpraevention.html<br />
[accessed 28 January <strong>2023</strong>].<br />
40<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Perspektiven<br />
Unter fachkundiger Anleitung absolviert eine Tänzerin des<br />
Balletts Basel das Screening, um ihre Schwächen zu<br />
erkennen und diesen so gezielt entgegenwirken zu können.<br />
Aktuelles zur sportärztlichen Betreuung:<br />
Verletzungen vorbeugen und rasch behandeln<br />
Sportmedizin<br />
zwischen Tanz und<br />
Tradition<br />
Ein Meniskusriss oder eine Sehnenentzündung sind zwar<br />
für alle Betroffenen mühsam, bei Spitzenathletinnen und -athleten haben<br />
solche Verletzungen aber weitreichende Konsequenzen.<br />
Die professionelle medizinische Betreuung – von der Prävention<br />
bis hin zur Akutversorgung – ist deshalb essenziell.<br />
Bilder: Kantonsspital Baselland<br />
Dr. med. Julian Röhm, Prof. Dr. med. Dr. phil. Dipl.-Ing. FH Andrej M. Nowakowski,<br />
Klinik für Orthopädie und Traumatologie, Zentrum Bewegungsapparat, Kantonsspital Baselland (KSBL)<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 41
Perspektiven<br />
Anhand verschiedener Übungen identifiziert ein Physiotherapeut Stärken und Schwächen des Tänzers.<br />
Der Kontrast zwischen Schwingsport<br />
und Ballett könnte kaum<br />
grösser sein: Schwingen, eine<br />
gelebte Schweizer Tradition,<br />
ist eine Sportart mit höchsten körperlichen<br />
Ansprüchen an Kraft, Ausdauer und Belastbarkeit.<br />
Die kräftigen Kämpfer wiegen<br />
nicht selten deutlich über hundert Kilogramm.<br />
Die Tänzerinnen und Tänzer im<br />
Ballett hingegen sind deutlich filigraner,<br />
wenn auch nicht weniger athletisch gebaut.<br />
Im Vordergrund stehen hier Kunst,<br />
Ausdruck und Körperbeherrschung.<br />
Wer sich etwas näher mit beiden Sportarten<br />
beschäftigt, merkt jedoch schnell,<br />
dass bei beiden ein ausserordentliches<br />
Mass an Disziplin, Training und Körperkontrolle<br />
notwendig ist. Die Sportorthopädinnen<br />
und -orthopäden sowie die Physiotherapeutinnen<br />
und -therapeuten des<br />
Kantonsspitals Baselland (KSBL) haben<br />
sich mit beiden Sportarten befasst.<br />
Präventionsarbeit im Ballett<br />
Die Tänzerinnen und Tänzer im Ballett<br />
sind nicht nur Kunstschaffende, sondern<br />
auch Spitzensportlerinnen und -sportler.<br />
Ihr Körper und ihre Gesundheit sind ihr<br />
Kapital, diese müssen sie dementsprechend<br />
trainieren und schützen. Prävention<br />
und professionelle medizinische Betreuung<br />
sind deshalb mittlerweile auch<br />
im Tanzsport essenziell.<br />
Seit 2021 ist das KSBL offiziell Medical<br />
Partner des Theaters Basel und übernimmt<br />
in diesem Rahmen die sportmedizinische<br />
Betreuung des Balletts Basel. Ein<br />
Team aus ausgebildeten Sportärztinnen<br />
und -ärzten sowie Sportphysiotherapeutinnen<br />
und -therapeuten entwickelte<br />
gemeinsam mit dem vom Theater Basel<br />
beschäftigten Physiotherapeuten ein Präventionskonzept,<br />
um die häufigen Verletzungen<br />
an Sehnen, Bändern und Knochen<br />
auf ein Minimum zu reduzieren.<br />
Individuelle Trainings mit<br />
positiven Effekten<br />
In einem ersten Schritt wurde im<br />
Herbst 2022 ein Pre-Season-Screening<br />
mit 28 Tänzerinnen und Tänzern durchgeführt.<br />
Die Testbatterie beinhaltete zehn<br />
verschiedene Übungen, bei denen Stärken<br />
und Schwächen der einzelnen Teilnehmenden<br />
erkannt und dokumentiert wurden.<br />
Während der Saison absolvierten sie<br />
neben dem gemeinsamen Ballett-Training<br />
auch individuelle Einheiten, um Defiziten<br />
gezielt entgegenzuwirken. Eine Wiederholung<br />
der Testbatterie im August <strong>2023</strong> zeigte<br />
erste positive Effekte. Um konkrete wissenschaftliche<br />
Erkenntnisse zu erhalten oder<br />
sogar Empfehlungen bezüglich des Tanztrainings<br />
zu geben, müssen noch mehr<br />
Tests durchgeführt werden. In Zukunft ist<br />
eine schweizweite Implemen tierung des<br />
Screenings denkbar. Neben der wichtigen<br />
Präventionsarbeit stehen die Fachpersonen<br />
des KSBL der Ballettkompanie auch<br />
bei der Akutversorgung zur Verfügung.<br />
Dank notfallmässigen Kon sultationen mit<br />
Bildgebung und medizinischer Erstversorgung<br />
können die Tänzerinnen und Tänzer<br />
ihre Beschwerden rasch abklären und Verletzungen<br />
umgehend behandeln lassen,<br />
um so möglichst schnell auf die Bühne zurückkehren<br />
zu können.<br />
Akutversorgung beim Schwingfest<br />
Im Kontrast zur Präventionsarbeit stellt die<br />
Akutversorgung eines sportlichen Gross-<br />
42<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Perspektiven<br />
Das Sportärzte-Team des KSBL kümmerte sich am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest 2022 in Pratteln um die verletzten Athleten.<br />
events Sportmedizinerinnen und -mediziner<br />
vor ganz andere Herausforderungen.<br />
Alle drei Jahre findet mit dem Eidgenössischen<br />
Schwing- und Älplerfest (ESAF)<br />
jeweils das grösste Einzelsportereignis der<br />
Schweiz statt. Das KSBL wurde im Rahmen<br />
der Planung des ESAF 2022 in Pratteln für<br />
die medizinische Athletenbetreuung in der<br />
Schwingarena angefragt.<br />
Der Durchmesser der grössten mobilen<br />
Freiluft-Arena der Schweiz betrug 250 Meter<br />
bei einer Zuschauerkapazität von über<br />
50 000 Menschen. Insgesamt kämpften<br />
274 Schwinger in 1790 Paarungen in sieben<br />
Kreisen, meistens parallel. Um ihre<br />
Gegner auf den Rücken zu legen, benötigen<br />
Schwinger gleichermassen Kraft und Dynamik.<br />
Mit im Boden eingebrachten Kraftmessplatten<br />
wurden in Versuchen Spitzenkräfte<br />
von bis zu einer Tonne gemessen.<br />
Vor allem die unteren Extremitäten, insbesondere<br />
die Kniegelenke, sind häufig<br />
von Verletzungen betroffen. Daher war<br />
ein gut funktionierendes System zur ärztlichen<br />
Primärversorgung notwendig. Die<br />
orthopädische Abteilung war mit insgesamt<br />
sieben ausgebildeten Sportorthopäden<br />
während dreier Tage vor Ort. Zusätzlich<br />
unterstützt wurde das Team von einem<br />
zertifizierten Notarzt sowie von Rettungssanitäterinnen<br />
und -sanitätern. Verletzungen,<br />
die zu Unterbrechungen oder zum<br />
Abbruch eines Kampfes führten, wurden<br />
dokumentiert. Dabei galt es, die verletzten<br />
und gehunfähigen Kämpfer schnell und<br />
sicher aus der grossen Arena und aus dem<br />
Blickfeld des grossen Publikums vor Ort<br />
und der bis zu 800 000 Fernsehzuschauenden<br />
zu befördern, um sie dann an einem<br />
Sanitätsposten unter Ausschluss der Öffentlichkeit<br />
untersuchen und behandeln<br />
zu können. Hierfür wurde ein geländegängiger<br />
Fahrtransporter mit speziellem<br />
Aufbau und Sichtschutz für den Liegendtransport<br />
ausgerüstet.<br />
Sorgfältig vorbereiten – schnell<br />
reagieren<br />
Die sportmedizinische Betreuung eines<br />
sportlichen Grossanlasses wie des ESAF<br />
ist essenziell, um die Gesundheit und Sicherheit<br />
der Athleten zu gewährleisten.<br />
Besonders wichtig hierfür sind qualifiziertes<br />
und erfahrenes medizinisches Personal,<br />
eine auf die typischen Verletzungen<br />
der zu betreuenden Sportart angepasste<br />
medizinische Ausrüstung und eine effektive<br />
Kommunikation zwischen den medizinischen<br />
Teams. Eine sorgfältige Vorbereitung<br />
hilft, um auf verschiedene Szenarien<br />
schnell reagieren zu können.<br />
Literatur<br />
Saner M, Steiner C, Röhm J, Müller SA,<br />
Suter T, Nowakowski AM. Primärversorgung<br />
von gehunfähigen Schwingern bei einem<br />
sportlichen Grossanlass, 38. Jahreskongress<br />
GOTS, Luxemburg <strong>2023</strong><br />
https://blog.primeo-energie.ch/<br />
schwingen-und-kraftwirkung/<br />
Maliachovas NK, Klukowska-Rötzler J,<br />
Sauter TC, et al. Severity and pattern of<br />
injuries caused by Swiss wrestling<br />
(Schwingen): first retrospective study at a<br />
level I University Emergency Department in<br />
Switzerland. BMJ Open Sport & Exercise<br />
Medicine 2018;4:e000270.<br />
doi:10.1136/ bmjsem-2017-000270<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 43
Perspektiven<br />
Aus der «Therapeutischen Umschau»* – Übersichtsarbeit<br />
Immunoglobulin-<br />
Substitutionstherapie<br />
bei hämatologischen<br />
Patienten mit sekundärem<br />
Antikörpermangel<br />
Thomas R. Braschler 1 und Sacha Zeerleder 1, 2<br />
Einführung<br />
Der Antikörpermangel als Untergruppe<br />
der Immundefizienzen wird entsprechend<br />
seiner Ätiologie eingeteilt in primäre und<br />
sekundäre Formen. Ein primärer Antikörpermangel,<br />
«Primary Antibody Deficiency»<br />
(PAD), basiert auf einer Gruppe heterogener,<br />
genetischer Krankheiten, die<br />
zu einem Mangel an und / oder einer Dysfunktion<br />
der Antikörper führen. Die Prävalenz<br />
liegt über alle Altersgruppen verteilt<br />
bei ca. 1:1200, im Kindesalter liegt sie<br />
etwas tiefer. Die sekundäre Immundefizienz<br />
hingegen ist eine Folge von exogenen,<br />
erworbenen Ursachen, wie zum Beispiel<br />
neoplastischen und / oder autoimmunen<br />
Krankheiten, viralen Infektionen (z. B.<br />
HIV, Malaria) oder Medikamentennebenwirkungen.<br />
Der sekundäre Antikörpermangel<br />
(«Secondary Antibody Deficiency»,<br />
SAD) als Untergruppe der sekundären<br />
Immundefizienz kommt deutlich häufiger<br />
vor als der primäre Antikörpermangel und<br />
1<br />
Abteilung für Hämatologie, Luzerner Kantonsspital,<br />
Luzern, Schweiz<br />
2<br />
Universitätsklinik für Hämatologie und<br />
Hämatologisches Zentrallabor, Inselspital,<br />
Universitätsspital Bern, Schweiz<br />
* Der Artikel erschien ursprünglich in der<br />
«Therapeutischen Umschau» (2022), 79(6),<br />
295–300.<br />
hat meist eine multifaktorielle Ätiologie,<br />
wobei die zugrunde liegende Krankheit<br />
wie auch die entsprechende Therapie einen<br />
relevanten Beitrag zum – vielfach<br />
temporären – Antikörpermangel leistet<br />
(Tabelle 1). Die chronische lymphatische<br />
Leukämie (CLL), das Multiple Myelom<br />
(MM) und Lymphome sind klassische<br />
hämatologische Krankheiten, die zu einem<br />
sekundären Antikörpermangel führen<br />
können. Die zur Therapie dieser<br />
Krankheiten verwendeten Medikamente,<br />
wie zum Beispiel alkylierende Substanzen,<br />
Purin-Analoga und Proteasom Inhibitoren,<br />
führen durch die Lymphozytendepletion<br />
respektive die Hemmung der<br />
Proliferation zu einer sekun dären Immundefizienz<br />
mit Störung der zellulären und<br />
vielfach auch der humoralen Immunität<br />
im Sinne eines Antikörpermangels. Die<br />
verzögerte Immunrekonstitution nach allogener,<br />
aber zum Teil auch autologer<br />
Stammzelltransplantation ist eine weitere<br />
Ursache des sekundären Antikörpermangels.<br />
Durch die breite Anwendung<br />
von therapeutischen Antikörpern und seit<br />
Kurzem auch von neuen zellulären Therapien<br />
mit zielgerichteter B-Zell-Depletion<br />
hat die Häufigkeit des sekundären Antikörpermangels<br />
deutlich zugenommen.<br />
Ein sekundärer Antikörpermangel führt<br />
zu einer erhöhten Infektanfälligkeit und<br />
trägt signi fikant zur Morbidität und Mortalität<br />
von hämatologischen Krankheiten<br />
und deren Therapien bei [1]. Dieser sekundäre<br />
An tikörpermangel wird in der klinischen<br />
Praxis vielfach mit der Verabreichung<br />
von Immunglobulinen behandelt.<br />
Der vorliegende Artikel befasst sich mit<br />
den Ursachen des sekundären Antikörpermangels,<br />
gibt einen Überblick über die Effektivität<br />
und die Indikationsstellung der<br />
Immun globulin-Substitutionstherapie.<br />
Ursachen eines sekundären<br />
Antikörpermangels bei hämatologischen<br />
Patienten<br />
Hämatologische Neoplasien sind häufig<br />
mit einem sekundären Antikörpermangel<br />
assoziiert, einer sogenannten Hypogammaglobulinämie.<br />
Mehr als 80 % der Patienten<br />
mit einer CLL haben eine Hypogammaglobulinämie<br />
und 25 bis 50 % der<br />
Patienten sterben schliesslich an infektiösen<br />
Komplikationen [2]. Hier ist anzumerken,<br />
dass mit zunehmendem Alter der<br />
Patienten, deren Komorbiditäten sowie<br />
der Krankheitsdauer die Prävalenz der<br />
Hypogammaglobulinämie zunimmt. Circa<br />
45 – 83 % der Patienten mit MM haben<br />
einen sekundären Antikörpermangel und<br />
gemäss einer Studie sterben 45 % dieser<br />
Patienten innerhalb von sechs Monaten<br />
nach Diagnose an infektiösen Komplikationen,<br />
wobei Pneumonien, Infektionen<br />
des Urogenitaltraktes und Septikämien<br />
als häufigste Ursachen identifiziert wurden<br />
[2].<br />
44<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Perspektiven<br />
Erwiesenermassen führt auch die<br />
Thera pie von hämatologischen Neoplasien<br />
zu einer sekundären Immundefizienz.<br />
Hochdosierte Steroide über längere<br />
Perioden führen nicht nur zu einer Suppression<br />
der zellulären Abwehr, sondern<br />
auch zu einem Immunglobulin-Mangel [3].<br />
Chemo therapie mit alkylierenden Substanzen<br />
(Cyclophosphamid, Chlorambucil,<br />
Melphalan, Bendamustin, Busulfan) induzieren<br />
eine Myelosuppression mit dem Risiko<br />
von infektiösen Komplikationen mit<br />
Erregern wie S. aureus, Strep. pneumo niae,<br />
H. influenza und K. pneumoniae. Eine Behandlung<br />
mit Purin-Analoga (z. B. Fludarabin)<br />
induziert durch die Lymphozytendepletion<br />
eine humorale und zellu läre<br />
Immunsuppression mit dem Risiko von<br />
opportunistischen bakteriellen wie viralen<br />
Infektionen [1]. Die Kombination dieser<br />
Zytostatika mit spezifisch gegen B-Zellen<br />
gerichteten Antikörpern (Immunochemotherapie,<br />
Kombination mit z. B. Rituximab),<br />
wie sie bei der Behandlung von lymphoproliferativen<br />
Krankheiten eingesetzt<br />
wird, kann zu einer schweren und lang<br />
anhaltenden Hypogammaglobulinämie<br />
von 18 bis 24 Monaten führen. Auch als<br />
Monotherapie kann eine Behandlung mit<br />
Rituximab abhängig von Dosis, Frequenz<br />
und Therapiedauer zu einer Hypogammaglobulinämie<br />
von sechs bis neun Monaten<br />
oder gar länger führen [4]. Die durch<br />
Rituximab induzierte Hypogammaglobulinämie<br />
geht dann auch mit einem erhöhten<br />
Infektionsrisiko einher [5]. Auch<br />
therapeutische Antikörper, die gegen andere<br />
B-Zell-Antigene (z. B. CD19, CD22) gerichtet<br />
sind, führen zu einer Hypogammaglobulinämie<br />
[1]. Therapeutische Antikörper,<br />
die Antigene auf Plasmazellen<br />
erkennen (z. B. anti-CD38), führen zu einer<br />
effizienten Plasmazell-Depletion und sind<br />
daher bei der Behandlung des MM sehr<br />
wirkungsvoll. Die Behandlung mit diesen<br />
Antikörpern geht mit einem erhöhten Risiko<br />
von bakteriellen und viralen Infektionen<br />
einher [6], jedoch interessanterweise<br />
nicht zwingend mit einer Hypogammaglobulinämie.<br />
Inhibitoren der Bruton-Tyrosinekinase<br />
(BTK), die zur Behandlung von<br />
lymphoproliferativen Krankheiten eingesetzt<br />
werden, induzieren ebenfalls eine<br />
Hypogammaglobulinämie.<br />
Blinatumomab, ein bispezifischer<br />
T-Zell-Antikörper («bispecific T-cell engager»,<br />
BiTE), der bei der akuten lymphatischen<br />
Leukämie eingesetzt wird, erkennt<br />
CD3 auf T-Zellen und CD19 auf B-Zellen<br />
und bringt so B- und T-Zellen in Kontakt.<br />
Die aktivierten, zytotoxischen T-Zellen<br />
Tabelle 1. Übersicht sekundäre Immundefizienze mit potenziell sekundärem Antikörpermangel<br />
bei hämatologischen Malignitäten.<br />
Hämatologische Krankheiten<br />
Leukämien<br />
Plasmazelldyskrasie<br />
Lymphome<br />
Therapien<br />
Medikamente<br />
Antikörpertherapien<br />
Zelluläre Therapien<br />
Entfernen von Antikörpern<br />
– Chronisch Lymphatische Leukämie<br />
– Akute Lymphatische Leukämie<br />
– Multiples Myelom<br />
– Smouldering Myeloma<br />
– MGUS<br />
– Hodgkin Lymphom<br />
– Diffus grosszelliges B-Zell Lymphom<br />
– Mantelzell Lymphom<br />
– Follikuläres Lymphom<br />
– Marginalzonen Lymphom<br />
– Burkitt Lymphom<br />
– M. Waldenström<br />
– Alkylantien (z. B. Cyklophosphamid,<br />
Melphalan)<br />
– Steroide<br />
– Proteasome inhibitoren (z. B. Bortezomib)<br />
– Purin-Analoga (z. B. Fludarabin, Cladribin,<br />
Bendamustin)<br />
– Mycophenolat-Mofetil<br />
– (Tyrosin) Kinase Inhibitoren (z. B.<br />
Imatinib, Dasatinib, Ibrutinib, Idealisib)<br />
– Anti-CD20 (z. B Rituximab, Ofatumumab,<br />
Obinutuzumab)<br />
– Anti-CD19 (z. B. Blinatumumab)<br />
– Anti-CD22 (z. B. Epratuzumab)<br />
– Anti-CD38 (z. B Daraumumab,<br />
Isatuximab)<br />
– Anti-CD52 (Alemtuzumab)<br />
– Anti-BAFF (Belimumab)<br />
– Allogene Stammzelltransplantation<br />
– Doner Lymphozyten Infusion<br />
– CD19-gerichtete «chimeric antigen<br />
receptor<br />
– T-cells» (CAR-T)<br />
– BCMA-gerichtete «chimeric antigen<br />
receptor<br />
– T-cells» (CAR-T)<br />
– Plasmapherese<br />
– Immunadsorption<br />
– Anti-FcRn (z. B. Rozanolixizumab)<br />
Anmerkungen: CD: Cluster of differentiation; BAFF: B-cell maturation antigen; CAR:<br />
Chimeric Antigen Receptor; FcRn: neonataler Fc-Rezeptor. Tabelle adaptiert aus [1].<br />
zerstören die B-Zellen (lymphatische<br />
B-Zell-Blasten wie auch physiologische<br />
B-Zellen), was zu einer ausgeprägten<br />
B-Zell-Depletion und in der Folge zu einer<br />
Hypogammaglobulinämie führt [1].<br />
Die nur langsame Immunrekonstitution<br />
des lympha tischen Kompartiments bei<br />
Patienten nach allogener Stammzelltransplantation<br />
führt zu einer zellulären<br />
wie humoralen Immundefizienz. Das Auftreten<br />
einer Graft versus-Host(GvHD)-<br />
Reaktion und die dadurch notwendige Immunsuppression<br />
verzögern die Immunrekonstitution<br />
zusätzlich und kann zu einer<br />
lang dauernden sekundären Immundefizienz<br />
mit Hypogammaglobulinämie füh<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 45
Perspektiven<br />
ren. Die kumulative Inzidenz einer Hypogammaglobulinämie<br />
bei Patienten nach<br />
allogener Stammzelltransplantation beträgt<br />
nach einem Jahr 24 % und nach drei<br />
Jahren 27 %. Als Risikofaktoren für eine<br />
Hypogammaglobulinämie bei diesen Patienten<br />
wurden lymphatische Malignitäten,<br />
die Behandlung mit Mycophenolat-Mofetil,<br />
tiefe Immunglobulin(IgG)-Spiegel vor<br />
der Transplantation und akute GvHD Grad<br />
2 bis 4 identifiziert [7]. Die negative Auswirkung<br />
des sekundären Antiköpermangels<br />
in dieser Patientengruppe wird durch<br />
eine Studie eindrücklich belegt: Patienten<br />
nach allogener Stammzelltransplantation,<br />
die im ersten Jahr nach Transplantation<br />
IgG-Spiegel von weniger als 4 g / l aufwiesen,<br />
zeigten eine 18 % höhere transplantations-assoziierte<br />
Mortalität, respektive<br />
eine 17 % tiefere Überlebensrate [8]. Die<br />
neuen zellulären Therapien mit «Chimeric<br />
Antigen Receptor(CAR)»-T-Zellen werden<br />
erfolgreich zur Behandlung von aggressiven<br />
B-Zell-Lymphomen eingesetzt. Diese<br />
CAR-T-Zellen reagieren mittels chimärem<br />
Antigenrezeptor (z. B. anti-CD19) spezifisch<br />
mit den Tumorzellen, z. B. Lymphomzellen.<br />
CAR-T-Zellen mit einem chimären<br />
Rezeptor gegen CD19 induzieren ebenfalls<br />
eine sehr effiziente und vielfach langanhaltende<br />
B-Zell-Depletion und somit auch<br />
eine Hypogammaglobulinämie. In einer<br />
Studie mit CAR-T-Zell-Infusion wurde zwischen<br />
Tag 15 und 30 in 35 %, zwischen Tag<br />
31 bis 60 in 27 % und zwischen Tag 61 und<br />
90 in 46 % eine Hypo gammaglobulinämie<br />
(IgG-Spiegel < 4 g / l) rapportiert [9]. In einer<br />
anderen Studie zeigen 67 % der Patienten<br />
90 Tage oder noch länger nach<br />
CAR-T-Zell-Infusion eine Hypogammaglobulinämie<br />
mit IgG-Spiegeln von < 4 g / l<br />
oder es wurde eine Immun globulin-<br />
Substitutionstherapie nötig [10]. Hier gilt<br />
anzumerken, dass die Häufigkeit des Auftretens<br />
der Hypogammaglobulin ämie von<br />
CAR-T-Präparat zu CAR-T Zell Präparat<br />
unterschiedlich ist, wobei dies wahrscheinlich<br />
nicht – oder nicht nur – an den<br />
verschiedenen Präparaten, sondern auch<br />
an den verschiedenen Therapieprotokollen<br />
liegt, die unterschiedliche Definitionen<br />
der Hypogammaglobulinämie aufweisen<br />
und verschiedene Zeitpunkte der<br />
IgG-Messung vorschreiben [11]. Obschon<br />
viele dieser Patienten bereits eine intensive<br />
Vorbehandlung mit Rituximab-enthaltenden<br />
Therapieschemata erhielten und<br />
vor CAR-T-Therapie verminderte Immunglobulin-Spiegel<br />
aufweisen, führt die CAR-<br />
T-Zell-Therapie zusätzlich zu einer weiteren<br />
Verminderung dieser Spiegel [11]. Infektiöse<br />
Komplikationen nach CAR-T-Zell-<br />
Therapie sind häufig und tragen signifikant<br />
zur Mortalität bei. In 23 – 42 % der Patienten<br />
tritt im ersten Monat nach CAR-T-Zell-<br />
Therapie eine infektiöse Komplikation<br />
auf, danach – bis Tag 90 nach CAR-T-Zell-<br />
Infusion – werden diese Komplikationen<br />
noch bei 21 % der Patienten beobachtet [11].<br />
Ein direkter Zusammenhang zwischen<br />
der Hypogammaglobulinämie und infektiösen<br />
Komplikationen kann bei Kindern<br />
in den ersten 28 Tagen nach CAR-T-Zell-<br />
Infusion belegt werden, eine entsprechende<br />
Assoziation konnte jedoch bei Erwachsenen<br />
Patienten noch nicht bestätigt werden.<br />
Therapie der sekundären<br />
Hypogammaglobulinämie<br />
mit Immunglobulinen<br />
Die IgG-Substitutionsbehandlung ist in<br />
der Behandlung des primären und sekundären<br />
Antikörpermangels zentral. Im Jahre<br />
1952 wurden bei einem achtjährigen<br />
Knaben mit rezidivierenden schweren<br />
Infektionen aufgrund einer Aggammaglobulinämie<br />
zum ersten Mal Immunglobuline<br />
verabreicht. Diese erste Substitutionsbehandlung<br />
wurde monatlich subkutan<br />
in Dosen von 3,2 g verabreicht und<br />
führte dazu, dass während einem Jahr<br />
keine Infektionen mehr aufgetreten sind<br />
[12]. In den folgenden Jahren wurden Immunglobuline<br />
hauptsächlich intramuskulär<br />
appliziert. Die Therapie zeigte jedoch<br />
Tabelle 2. Vergleich intravenös vs. subkutanes Immunglobulin.<br />
Pharmakokinetik<br />
Dosierung<br />
Patientenfreundlichkeit<br />
Nebenwirkungen<br />
Reaktion an der Injektionsstell<br />
Patientenzufriedenheit<br />
Intravenös immunglobuline<br />
– Fluktuierende Spiegel<br />
– Alle 3 – 4 Wochen<br />
– Dosis ev. Bestimmt durch Volumen<br />
Toleranz<br />
– Tiefe Talspiegel mit Wirkungsverlust<br />
– Meist gebunden an Spital / Poliklinik<br />
– Gefässzugang erforderlich<br />
– Spezialisiertes medizinisches Personal<br />
nötig<br />
– Erhöhtes Risiko von Nebenwirkungen<br />
– Dosis- und Frequenz-abhängige<br />
– Nebenwirkungen<br />
– Selten<br />
– Bevorzugt durch Patienten, die Angst vor<br />
Nadeln und Eigenverabreichung haben<br />
– Nicht zuverlässige Patienten<br />
Subkutan Immunglobuline<br />
– Konstante Spiegel<br />
– Alle 1 – 2 Wochen<br />
– Frequenz bestimmt durch Dosis,<br />
toleriertes Volumen und Präferenz Patient<br />
– Höhere Talspiegel mit geringem Risiko<br />
Wirkungsverlust<br />
– Meistens zu Hause möglich<br />
– Gefässzugang nicht erforderlich<br />
– Selten, meist milder als bei IglV<br />
– Kann bei Patienten eingesetzt werden<br />
die bei IglV Reaktionen hatten<br />
– Irritation, Schwellung, Verhärtung und<br />
Juckreiz an der Injektionsstelle normal;<br />
Symptome klingen rasch ab<br />
– Erhöhte QoL (Unabhängigkeit, Flexibilität)<br />
– Verminderte Belastung Infrastruktur<br />
– Tiefere Kosten<br />
Anmerkungen: IgSC: subkutane Immunglobuline; IgIV: intravenöse Immunglobuline; QoL: Quality of Life. Tabelle angepasst gemäss [13].<br />
46<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Perspektiven<br />
beträchtliche Nebenwirkungen, wie lang<br />
dauernde Schmerzen an der Injektionsstelle<br />
und nicht selten schwere allergische<br />
Reaktionen. Erst mit der weiteren Optimierung<br />
der Immunglobulinproduktion<br />
wurde es möglich, die Präparate intravenös<br />
zu verabreichen und randomisierte<br />
klinische Studien belegten, dass die<br />
intrave nöse Verabreichung dieser Präparate<br />
gegenüber der intramuskulären Applikation<br />
betreffend Effizienz und Sicherheit<br />
überlegen war [13].<br />
Die Indikation zur Immunglobulin-<br />
Substitutionsbehand lung bei sekundärem<br />
Antikörpermangel stützt sich im klinischen<br />
Alltag auf Empfehlungen, die grösstenteils<br />
auf klinischer Erfahrung und Daten<br />
aus der Behandlung der primären Immundefizienzen<br />
beruhen. Das ist dann<br />
auch der Grund, weshalb nationale Fachgesellschaften<br />
und Autoritäten ihre eignen<br />
Empfehlungen betreffend Indikation<br />
zur Immunglobulin-Substitutionstherapie<br />
bei sekundärem Antikörpermangel herausgeben.<br />
Es liegen kontrollierte Studien<br />
vor, die zum Beispiel bei CLL den Benefit<br />
einer Immunglobulin-Substitutionstherapie<br />
zeigen. Eine placebo-kontrollierte,<br />
doppelblinde Studie in 81 Patienten mit<br />
CLL zeigte eindrücklich, dass eine Substitutionsbehandlung<br />
mit Immunglobulinen<br />
zu einer signifikanten Reduk tion der<br />
bakteriellen Infektionen führte [14]. Weitere<br />
kontrollierte, randomisierte Studien<br />
mit einer jedoch bescheidenen Anzahl<br />
CLL-Patienten bestätigten die Resultate<br />
dieser Studie. Eine placebo-kontrollierte<br />
Studie in 82 Patienten mit Multiplem Myelom<br />
mit sekundärer Hypogammaglobulinämie<br />
zeigte eine signifikante Verminderung<br />
der schweren infektiösen Komplikationen<br />
während der Substitutionstherapie<br />
mit Immunglobulinen [15]. Eine Cochrane-Analyse<br />
aus dem Jahr 2008 kam zum<br />
Schluss, dass Immunglobulin-Substitutionstherapie<br />
bei Patienten mit CLL und<br />
Multiplem Myelom zwar das Auftreten<br />
von infektiösen Komplikationen vermindert,<br />
jedoch keinen Einfluss auf die Mortalität<br />
hat. Die Autoren relativierten ihre<br />
Aussage aber auch, da die Anzahl ausgewerteter<br />
Patienten nicht hoch sei und für<br />
eine verlässliche Aussage eine grössere<br />
Anzahl Patienten benötigt werde [16]. Eine<br />
kürzlich publizierte grosse Kohortenstudie<br />
mit rituximab-behandelten Patienten<br />
zeigte, dass die Immunglo bulin-Substi tutionsbehandlung<br />
das Risiko auf schwere<br />
infektiöse Komplikationen signifikant<br />
ver mindert [17]. Allgemein bleiben nebst<br />
der beschränkten Anzahl der in den placebo-kontrollierten<br />
Studien eingeschlossenen<br />
Patienten auch die Hete rogenizität<br />
der verwendetet Patientengruppen sowie<br />
die verwendeten unterschiedlichen Definitionen<br />
der Hypogammaglobulinämie<br />
ein Problem. Es fehlen aktuellere kontrollierte<br />
Studien mit einer hohen statistischen<br />
Aussagekraft, die eine verlässliche<br />
Aussage des Effekts der Immunglobulin-<br />
Substitution auf die Mortalität respektive<br />
die infektiösen Komplikationen erlauben.<br />
Das dürfte dann auch der Grund sein, weshalb<br />
die Europäische Gesellschaft für medizinische<br />
Onkologie ESMO («European<br />
Society for Medical Oncology») mit ihren<br />
Empfehlungen betreffend Substitutionstherapie<br />
mit Immunglobulinen bei CLL<br />
sehr zurückhaltend ist, da diese zu keiner<br />
bewiesenen Verbesserung des Überlebens<br />
der CLL-Patienten führt. Die ESMO empfiehlt<br />
daher den Einsatz der Immunglobulin-Substitution<br />
nur bei schwerer Hypogammaglobulinämie<br />
und wiederholten<br />
(schweren) Infektion [1].<br />
Welche Patienten profitieren<br />
potenziell von einer Immunglobulin-<br />
Substitutionstherapie, mit welcher<br />
Dosis und wie lange soll man<br />
behandeln?<br />
Angesichts der nicht glasklaren Datenlage<br />
betreffend Wirksamkeit haben in verschiedenen<br />
Ländern nationale Expertengremien<br />
und Autoritäten Empfehlungen<br />
aufgestellt, um festzulegen, welche Patienten<br />
mit sekundärem Antikörpermangel<br />
für eine Immunglobulin-Substi tutionsbehandlung<br />
qualifizieren. Auch die<br />
Europäische Arzneimittelbehörde («European<br />
Medical Agency», EMA) hat kürzlich<br />
ihre Empfehlung zur Behandlung von Patienten<br />
mit sekundärem Antikörpermangel<br />
mit Immunglobulinen angepasst. Den<br />
meisten Empfehlungen ist die Anfor derung<br />
des Nachweises einer Hypogammaglobulinämie<br />
bei einer unter liegenden<br />
hämatologischen Krankheit gemein. Die<br />
Definition einer Hypogammaglobulinämie<br />
hingegen wird sehr unterschiedlich<br />
gehandhabt, wobei IgG-Werte von < 4 g / l,<br />
< 5 g / l oder schlichtweg zweimalig gemessen<br />
unter dem Referenzwert für IgG als<br />
Definition verwendet werden. Viele Empfehlungen<br />
fordern auch, dass die Patienten<br />
schwere und / oder wiederholte infektiöse<br />
Episoden hatten [1, 18]. Angesichts<br />
dieses unübersichtlichen Wildwuchses<br />
an Empfehlung hat sich ein paneuropäisches<br />
Experten panel, zusammengesetzt<br />
aus renommierten Immunologen und<br />
Hämato-Onkologen, bemüht, mittels der<br />
Delphi Methode eine «Europäische Expertenempfehlung»<br />
zu erarbeiten. Diese<br />
Empfehlung berücksichtigt sehr gelungen<br />
die einschlägigen nationalen (europäischen<br />
und nicht europäischen) Empfehlungen.<br />
Die Empfehlung beginnt mit der<br />
Defini tion der verschiedenen Schweregraden<br />
der Infektionen (1), gefolgt von einer<br />
Stellungnahme betreffend Zeitpunkt der<br />
Bestimmung der Serum-Immunoglobuline<br />
(2), wann eine Substitutionstherapie<br />
begonnen werden sollte (3) und der zu<br />
wählenden Dosis (4). Abgeschlossen wird<br />
mit einer Empfehlung, wann eine Substitutionstherapie<br />
wieder sistiert werden<br />
kann (5). Nachfolgend ein auf Schweizer<br />
Verhältnisse angepasster Vorschlag, der<br />
die Europäischen Empfehlungen berücksichtigt<br />
[18]:<br />
1. Definition einer Infektion bei<br />
Patienten mit hämatologischen<br />
Neoplasien<br />
– schwere Infektion: erfordert eine akute<br />
intravenöse An tibiotikatherapie und<br />
geht mit einer immediaten und meist<br />
verlängerten Hospitalisation oder gar<br />
der Notwendigkeit einer intensivmedizinischen<br />
Behandlung einher<br />
– rezidivierende Infektionen: wiederholte<br />
Infektionen, mindestens dreimal pro<br />
Jahr trotz adäquater antimikrobieller<br />
Prophylaxe<br />
– persistierende Infektion: keine Verbesserung<br />
trotz Breitband-Antibiotika oder –<br />
nach erfolgter Keimidentifika tion und<br />
Resistenzbestimmung – gerichteter adäquater<br />
Antibiotikatherapie<br />
2. Zu welchem Zeitpunkt sollten die<br />
Gammaglobulin-Spiegel gemessen<br />
werden und was genau muss<br />
gemessen werden?<br />
– vor dem Start einer Anti-Tumor-Therapie<br />
(z. B. Immuno[chemo]-Therapie,<br />
Stammzelltransplantation, zelluläre<br />
Therapie)<br />
– bei pädiatrischen Patienten ist es wichtig,<br />
die Werte gemäss der altersspezifischen<br />
Normwerten zu interpretieren<br />
– die Autoren empfehlen eine regelmässige<br />
Kontrolle (alle acht bis zwölf Wochen),<br />
auch unter Substitution (Talspiegel)<br />
– die Messung sollte eine Bestimmung<br />
der Isotypen IgG, IgM und IgA beinhalten;<br />
bei Patienten mit / nach Behandlung<br />
eines Multiplen Myeloms ist eine<br />
regelmässige Immunfixation und Bestimmung<br />
der leichten Ketten im Serum<br />
sinnvoll<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 47
Perspektiven<br />
48<br />
Zusammenfassung<br />
Hämatologische Malignitäten und Immunochemotherapien sind häufig mit einer sekundären<br />
zellulären und humoralen Immunschwäche assoziiert. Durch die zunehmende<br />
Ver wendung von effektiven therapeutischen Antikörpern und zellulären Therapien, die<br />
gerichtet Antikörper-produzierende Zellen (B- und Plasma-Zellen) eliminieren, nimmt die<br />
Häufigkeit des sekundären Antikörpermangel-Syndroms in der täglichen hämatologischen<br />
Praxis zu. Diese Übersichtsarbeit gibt einen kurzen Überblick über die Ätiologie des sekundären<br />
Antikörpermangels bei hämatologischen Patienten und widmet sich in der Folge<br />
der Wirksamkeit und Indikationsstellung für eine Immunglobulin-Substitutionstherapie<br />
sowie Überlegungen zur entsprechenden Präparatewahl in dieser Patientengruppe.<br />
Abstract: Immunglobulin Substitution Therapy in<br />
Hematological Patients with secondary Antibody<br />
Deficiency<br />
Hematological malignancies and immunochemotherapy are frequently associated with<br />
secondary cellular and humoral immunodeficiencies. Due to the growing application<br />
of effective therapeutic antibodies, and cellular therapies specifically targeting and hence<br />
depleting antibody producing cells (B- and plasma cells) the incidence of secondary antibody<br />
deficiencies in the daily practice is increasing. This article will provide a short<br />
overview of the etiology of secondary antibody deficiencies in hematological patients.<br />
Then, it will discuss the efficacy and indication of immunoglobulin substitution therapy<br />
in these patients and finally address the choice of the respective preparation.<br />
3. Wann sollte bei Patienten mit<br />
hämatologischer Neoplasie eine<br />
Immunglobulin-Substitutionstherapie<br />
gestartet oder zumindest<br />
erwogen werden?<br />
– bei einem IgG-Spiegel < 4 g / l unter adäquater<br />
antimikrobieller Prophylaxe<br />
während oder nach einer schweren Infektion<br />
oder bei rezidivierenden oder<br />
persistierenden Infektionen<br />
– bei allen Patienten nach allogenen<br />
Stammzelltransplantation, im Besonderen<br />
wenn sie tiefe IgG (< 4 g / l) oder / und<br />
eine GvHD haben, die mit Immunsupressiva<br />
behandelt wird<br />
– bei Patienten nach CAR-T-Zell-Therapie<br />
sollte immer eine Substitution<br />
durchgeführt werden<br />
– bei Patienten mit einer trotz adäquater<br />
antibiotischer Therapie schweren, rezidivierenden<br />
oder persistierenden Infektion<br />
kombiniert mit einer milden<br />
Hypogammaglobulinämie von 4 bis<br />
6 g / l und / oder einer ungenügenden<br />
Impfantwort gegen Pneumokokken<br />
4. Wie muss dosiert werden?<br />
– Die Dosierung der Immunglobulin<br />
Substitutionstherapie sollte gewichtsadaptiert<br />
erfolgen. Bei adipösen Pa tienten<br />
sollte die Dosis gewichtsadaptiert an<br />
das Ideal- oder angepasstes Körpergewicht<br />
(engl. «ideal» oder «adjusted body<br />
weight») angepasst werden.<br />
– Bei hämatologischen Patienten mit einem<br />
sekundären Antikörpermangel<br />
sollte die Dosierung 0.4 g / kg Körpergewicht<br />
alle drei bis vier Wochen betragen.<br />
– Bei Patienten, bei denen die Infektion<br />
trotz dieser Dosis alle drei bis vier Wochen<br />
nicht unter Kontrolle ist respektive<br />
Rezidive auftreten, muss eine Erhöhung<br />
der Dosis erwogen werden.<br />
5. Wann kann die Immunglobulin-Substitution<br />
wieder gestoppt werden?<br />
– bei Patienten, die eine klinisch signifikante<br />
Periode ohne infektiöse Komplikationen<br />
hatten oder bei denen Zeichen<br />
einer immunologischen Erholung<br />
sichtbar sind<br />
– bei Patienten ohne infektiöse Komplikationen<br />
für mindestens sechs Monate<br />
und mit Zeichen einer immunologischen<br />
Erholung<br />
– auch nach Absetzen der Substitution<br />
sollten die Immunoglobulin-Spiegel<br />
regelmässig gemessen werden und bei<br />
Wiederauftreten von infektiösen Kompli<br />
ka tionen niederschwellig eine erneute<br />
Immunglobulin- Substitutionstherapie<br />
gestartet werden.<br />
Wahl des Präparates<br />
und der Verabreichungsroute<br />
Seit der ersten Verabreichung 1952 wurden<br />
die Produktionsprozesse der Immunglobulin-Präparate<br />
optimiert. Im Vordergrund<br />
dieser Produktionsoptimierung stand eine<br />
Erhöhung des Gehaltes und der Reinheit<br />
des gewonnenen IgG aus einem Pool von<br />
gesunden Plasmaspendern. Die Präparate<br />
mit einem Mindestanteil von 96 % IgG bestehen<br />
hauptsächlich aus den IgG-Subklassen<br />
IgG1 (ca. 56 – 69 %) und IgG2 (26 – 32 %),<br />
zudem enthalten sie einen geringen Anteil<br />
IgG3 und IgG4. Die erhältlichen Präparate<br />
weisen auch eine IgA-Konzentration von<br />
< 0.9 mg / ml auf. Die Optimierung der<br />
Produktionsprozesse schliesst auch eine<br />
effi zientere Pathogen-Inaktivierung ein,<br />
was die Sicherheit dieser Immunglobulin<br />
Präparate weiter erhöht [13].<br />
Die Therapie mit Immunglobulinen<br />
wird meist gut vertragen. Überempfindlichkeiten<br />
bis hin zur Anaphylaxie können<br />
auftreten, sind aber selten. Das Auftreten<br />
dieser Nebenwirkung kann einen Zusammenhang<br />
mit der Infusionsgeschwindigkeit<br />
haben, kann aber auch bei der ersten<br />
Infusion oder bei einer primären Hypooder<br />
Agam maglobulinämie mit oder ohne<br />
bestehenden IgA-Mangel auftreten. Beim<br />
Auftreten einer milden allergischen Reaktion<br />
kann die Infusion gestoppt werden<br />
und bei schneller Regredienz der Symptome<br />
nach einer Pause mit tieferer Infusionsgeschwindigkeit<br />
wieder aufgenommen<br />
werden [13]. Bei einer schwereren<br />
Reaktion bis hin zur Anaphylaxie muss<br />
die Infusion gestoppt werden und die entsprechenden<br />
notfallmedizinischen Massnahmen<br />
(Volumensupport, H1- und H2-<br />
Blocker, Steroide, evtl. Sauerstoff) müssen<br />
schnell eingeleitet werden. Selten kann<br />
die Immunglobulin-Substitution einen<br />
positiven direkten An tiglobulin-Test verursachen<br />
und in sehr seltenen Fällen kann<br />
dieser mit einer Hämolyse vergesellschaftet<br />
sein. Im Immunoglobulinpräparat enthaltene<br />
Isoagglutinine verursachen die<br />
sehr seltene Komplikation, wobei diese<br />
vor allem bei hohen Substitutionsdosen<br />
(> 0.5 g / kg KG) an Nicht-O-Blutgruppenempfänger<br />
auftritt. Hersteller haben zwischenzeitlich<br />
dieses Problem mit teils<br />
selektiver Reduktion von Isoagglutininen<br />
(Anti-A und Anti-B) in der Herstellung<br />
gelöst. Das sehr seltene Auftreten von<br />
thromboembolischen Komplika tionen<br />
wird ebenfalls beschrieben. Das plötzliche<br />
Zusammenspiel von Anstieg der Viskosität<br />
in Kombination mit vorbestehenden<br />
Risikofaktoren für thromboembo lische<br />
Ereignisse dürfte hier sicher eine Rolle<br />
spielen, vor allem bei höheren Dosierungen<br />
(> 0.5 g / l kg KG). Eine vergleichbare<br />
Ätiologie hat wahrscheinlich auch die<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
Perspektiven<br />
sehr selten beschriebene Niereninsuffizienz<br />
als Komplikation dieser Behandlung.<br />
In seltenen Fällen kann vor allem bei hochdosierter<br />
Behandlung mit Immunglobulinen<br />
(> 1 g / kg KG) eine aseptische Meningitis<br />
auftreten [13].<br />
Die subkutane Serumverabreichung<br />
hatte sich schon im Zeitalter von Emil von<br />
Behring vor mehr als 100 Jahren etabliert.<br />
Im Rahmen der verschiedenen Optimierungen<br />
der Prozesse in der Produktion mit<br />
dem Ziel, den Ertrag der Immunglobuline<br />
im Produkt zu steigern und die Sicherheit<br />
der Produkte zu verbessern, wurden über<br />
die letzten Dekaden verschiedene Verabreichungsrouten<br />
– intramuskulär, intravenös<br />
und dann auch wieder subkutan – verwendet.<br />
Mittlerweile wird der grösste Teil<br />
der Immunglobulin Präparate bei Antikörpermangel<br />
intravenös oder subkutan<br />
verabreicht. Die subkutane Immunglobulin-Verabreichung<br />
führt im Gegensatz<br />
zur intravenösen Verabreichung zu einer<br />
langsameren Absorption und Verteilung<br />
der IgG im Körper. Zudem vermindert eine<br />
sub kutane Verabreichung auch die Häufigkeit<br />
von schweren systemischen Nebenwirkungen.<br />
Bei Patienten mit hämatolo gischen<br />
Maligni täten mit einem sekundären<br />
Antikörpermangel, die für eine Immunglobulin-Substitutionstherapie<br />
qualifizieren,<br />
müssen die Vor- und Nachteile der<br />
intravenösen und subkutanen Verabreichung<br />
diskutiert werden und die Patienten<br />
sollten auch aktiv in den Entscheid<br />
einbezogen werden. Die Tabelle 2 gibt<br />
eine kurze allgemeine Übersicht über die<br />
Unterschiede zwischen subkutaner und<br />
intravenöser Verab reichung. Die Möglichkeit<br />
einer subkutanen Immunglobulin-Substitutionstherapie<br />
sollte – wenn<br />
es die Begleitumstände des Patienten erlauben<br />
– immer ernsthaft geprüft werden<br />
[13, 18].<br />
Prof. Dr. med. et phil. Sacha Zeerleder<br />
Abteilung Hämatologie<br />
Luzerner Kantonsspital<br />
Spitalstrasse<br />
6000 Luzern 16<br />
Schweiz<br />
sacha.zeerleder@luks.ch<br />
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<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 49
Perspektiven<br />
Der besondere Ort<br />
Ein Ort, wo Realität und<br />
Traum verschmelzen<br />
Tharshika Thavayogarajah, Redaktionsmitglied <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong><br />
Dubrovnik, die «Perle der<br />
Adria», ist zweifellos einer<br />
der faszinierendsten Orte,<br />
die Kroatien zu bieten hat.<br />
Die Stadt ist nicht nur für ihre atemberaubende<br />
Schönheit bekannt, sondern<br />
auch für ihre reiche Geschichte sowie<br />
ihre Rolle als Schauplatz einiger der<br />
bekanntesten Ereignisse in der Literaturund<br />
Filmgeschichte, wie etwa in der<br />
beliebten Serie «Game of Thrones».<br />
Ein Schauplatz der Geschichte<br />
Dubrovnik, auch bekannt als Ragusa,<br />
hat eine lange und ereignisreiche<br />
Geschichte, die bis in die Antike zurückreicht.<br />
Die Stadt war einst eine Seemacht<br />
und ein bedeutendes Handelszentrum.<br />
Mit ihren gut erhaltenen Stadtmauern,<br />
historischen Gebäuden und charmanten<br />
Plätzen zeugt die Altstadt von Dubrovnik,<br />
eine UNESCO-Weltkulturerbestätte,<br />
von dieser Vergangenheit.<br />
Die Stadt spielte auch während der<br />
Renaissance und der Aufklärung eine<br />
wichtige Rolle, wodurch sie zu einem<br />
Zentrum des intellektuellen und kulturellen<br />
Austauschs wurde. Viele berühmte<br />
Denker, Schriftsteller und Künstler haben<br />
Dubrovnik besucht und beeinflusst,<br />
was sich in der kulturellen Vielfalt der<br />
Stadt widerspiegelt.<br />
Eine Verbindung zu «Game of Thrones»<br />
Für Fans von «Game of Thrones»<br />
ist Dubrovnik ein wahrer Pilgerort.<br />
Die beeindruckende Kulisse der<br />
Stadt diente als Drehort für King’s<br />
Landing, die Hauptstadt der fiktiven<br />
Welt von Westeros. Beim Spaziergang<br />
durch die engen Gassen und über<br />
die majestätischen Stadtmauern kann<br />
man sich leicht vorstellen, in die Intrigen<br />
und Machtspiele der Serie verwickelt<br />
zu sein. Dubrovniks Architektur und<br />
Atmosphäre lassen Realität und Fiktion<br />
verschmelzen.<br />
Ein Ort zum Träumen und Entspannen<br />
Dubrovnik ist ein wahrer Rückzugsort.<br />
Die mediterrane Schönheit der Stadt,<br />
die azurblauen Gewässer der Adria und<br />
die malerische Landschaft bieten die<br />
perfekte Kulisse, um dem Stress des<br />
Alltags zu entfliehen. Die ruhigen Strände<br />
und die charmanten Cafés laden dazu<br />
ein, die Zeit zu vergessen und einfach<br />
den Moment zu geniessen.<br />
Die Geschichten des Ozeans<br />
Als Seemacht war das Schicksal der Stadt<br />
eng mit dem Meer verbunden, was in<br />
den historischen Hafenbereichen und<br />
den Geschichten der Seefahrer zum<br />
Ausdruck kommt. Die Küste Kroatiens,<br />
zu der Dubrovnik gehört, ist reich an<br />
maritimer Tradition. In den Gedichten<br />
und Geschichten der Region finden<br />
sich oft Anklänge an das Meer, die<br />
Freiheit der Wellen und die Abenteuer<br />
der Seefahrt. Diese literarische Tradition,<br />
gepaart mit der realen Geschichte der<br />
Stadt, verleiht Dubrovnik eine einzigartige<br />
Atmosphäre, die Besucherinnen<br />
und Besucher in ihren Bann zieht.<br />
Fazit: ein Ort der Vielfalt und Inspiration<br />
Dubrovnik ist zweifellos ein Ort, der<br />
sowohl in der realen Geschichte als auch<br />
in der Literatur und Fantasie eine<br />
bedeutende Rolle spielt. Die Verbindung<br />
von historischer Bedeutung, atemberaubender<br />
Schönheit und kultureller<br />
Vielfalt macht die Stadt zu einem Ort<br />
der Inspiration und des Träumens.<br />
Als Ärztin ist mein Alltag oft von Hektik<br />
und Verantwortung geprägt. In Dubrovnik<br />
finde ich die Möglichkeit, dem Alltag<br />
zu entfliehen, mich in die Vergangenheit<br />
zu vertiefen und gleichzeitig von den<br />
kreativen Impulsen der Literatur und<br />
Geschichte inspiriert zu werden.<br />
Tharshika<br />
Thavayogarajah<br />
ist seit <strong>2023</strong> Redaktionsmitglied<br />
des<br />
<strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong>s. Die<br />
Ärztin und Forscherin<br />
in der Hämatologie<br />
liebt neben der Medizin<br />
auch Kultur, Musik und Literatur.<br />
<strong>Journal</strong>ismus hat sie bereits im Studium<br />
interessiert, weshalb sie auch<br />
früher gerne Artikel zu bildungspolitischen<br />
Themen verfasst hat.<br />
Bilder: zvg<br />
50<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
mediservice<br />
Briefkasten<br />
Sicher surfen und<br />
shoppen<br />
Ich höre und lese oft von Cyberattacken<br />
auf Firmen. Welche<br />
Gefahren gibt es im Internet für<br />
mich als Privatperson, und wie<br />
kann ich mich davor schützen?<br />
Nicht nur Firmen, sondern auch Privatpersonen<br />
können zum Opfer von Internetkriminalität<br />
werden: Wer in einem<br />
scheinbar seriösen Phishing-E-Mail einen<br />
Anhang anklickt oder auf einer harmlos<br />
aussehenden Seite ein Programm herunterlädt,<br />
kann sich bereits einen Computervirus<br />
einfangen. Die Schadsoftware<br />
kann den Computer lahmlegen, Daten,<br />
Fotos und Dokumente zerstören oder<br />
persönliche Informationen wie Passwörter<br />
und Kreditkarteninformationen<br />
absaugen.<br />
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Wenn Hacker das Konto leerräumen<br />
Auch beim beliebten Onlineshopping<br />
kann einiges schiefgehen – wenn zum<br />
Beispiel bestellte Gegenstände fehlerhaft,<br />
beschädigt oder gar nicht ankommen.<br />
Ebenso unerfreulich ist es, wenn Sie<br />
online Ihre Traumferien buchen, vor Ort<br />
aber alles ganz anders ist als versprochen.<br />
Das Worst-Case-Szenario: Ihre E-Banking-Zugangsdaten<br />
geraten in falsche<br />
Hände und Ihr Konto wird leergeräumt.<br />
Wachsamkeit ist der beste Schutz<br />
Der beste Schutz gegen jede Art von<br />
Cyberattacken ist es, stets wachsam und<br />
vorsichtig zu bleiben: Stammt die E-Mail<br />
mit dem ausländischen Länderkürzel<br />
wirklich von Ihrem Paketdienst? Würde<br />
Ihre Bank tatsächlich auf diesem Wege<br />
nach persönlichen Daten fragen? Warum<br />
sollten gerade Sie von einem Millionengewinn<br />
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Anhänge von E-Mails mit unbekanntem<br />
Absender, klicken Sie nicht auf dubiose<br />
Banner und seien Sie sehr zurückhaltend<br />
beim Herunterladen von Programmen<br />
aus dem Netz. Auch beim Onlineshopping<br />
ist Wachsamkeit gefragt: Werden Sie<br />
misstrauisch, wenn ein Angebot zu gut<br />
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schwerer. Ausserdem sollten Sie von<br />
wichtigen Daten regelmässige Back-ups<br />
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vom Netz nehmen. Doch auch bei<br />
höchster Wachsamkeit lässt sich ein<br />
Restrisiko niemals ausschliessen.<br />
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Katrin Schnettler Ruetz,<br />
Senior Content Strategist bei<br />
Zurich Schweiz<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 51
mediservice<br />
Am weitesten verbreitet ist digitaler Stress bei Arbeitnehmenden in der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen.<br />
Das Dilemma<br />
mit der<br />
Digitalisierung<br />
Stress allgemein und insbesondere digitaler Stress wirken sich negativ<br />
auf die Gesundheit und die mentale Verfassung aus. In einem ersten Schritt<br />
hilft es, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und sich zu fragen:<br />
Stehe auch ich unter digitalem Stress?<br />
Sara Steinmann, Redaktorin Visana<br />
Bild: zvg<br />
52<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
eDossier 1 / Umgang mit digitalem <strong>2023</strong> Stress<br />
mediservice<br />
Fred, der Neandertaler, hört ein<br />
verdächtiges Geräusch. Er<br />
schreckt von seinem Mittagsschlaf<br />
hoch und ist hellwach:<br />
War das ein Säbelzahntiger? In Sekundenbruchteilen<br />
schiessen die Hormone durch<br />
seinen Körper, allen voran Adrenalin.<br />
Sein Körper signalisiert ihm höchste<br />
Alarmbereitschaft und zwei Optionen:<br />
Kampf oder Flucht.<br />
Der digitale Säbelzahntiger<br />
Auch wenn es im Arbeitsalltag keine Säbelzahntiger<br />
sind, die solche Situationen<br />
auslösen, reagiert unser Körper bei Stress<br />
noch immer gleich. Digitaler Stress am Arbeitsplatz<br />
kann solche Momente verursachen.<br />
Die meistgenannten Stressoren in<br />
diesem Bereich sind Leistungsüberwachung<br />
und Beeinträchtigung der Privatsphäre,<br />
Unzuverlässigkeit technischer<br />
Hilfsmittel, Unsicherheit im Umgang mit<br />
der digitalen Technik, die ständige Verfügbarkeit<br />
von Informationen sowie die<br />
permanente Erreichbarkeit.<br />
Negative Auswirkungen auf<br />
Körper und Psyche<br />
Wer häufig digitalen Stress am Arbeitsplatz<br />
empfindet, leidet vermehrt an körperlichen<br />
Beschwerden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />
und Störungen des<br />
Verdauungssystems. Zudem belastet digitaler<br />
Stress auch den mentalen Bereich<br />
und führt zu psychischen Beeinträchtigungen.<br />
So fühlen sich Betroffene müde<br />
und ausgelaugt, oft fehlt es an Energie.<br />
Zudem fällt es ihnen schwer abzuschalten:<br />
Arbeitsthemen gehen ihnen auch<br />
nach Feierabend nicht aus dem Kopf. Darüber<br />
hinaus sind digital gestresste Menschen<br />
häufiger gereizt und nervös.<br />
Anti-Stress-Strategien und<br />
aktive Erholung<br />
Wie lernen Betroffene, mit digitalen<br />
Stressfaktoren besser umzugehen? Anti-<br />
Stress-Strategien können helfen, die<br />
eigene Stresskompetenz zu verbessern.<br />
Dazu gehört es, Grenzen zu setzen, das<br />
Zeitmanagement zu optimieren und zu<br />
versuchen, die Realität anzunehmen und<br />
Anforderungen als konstruktiv zu bewerten.<br />
Sport und Bewegung wirken stressreduzierend<br />
und lassen sich gut in den<br />
Alltag einbauen. Ein Waldspaziergang,<br />
eine Velotour oder einige Stunden ohne<br />
Smartphone sorgen für wohltuende Abwechslung<br />
und lenken die Gedanken in<br />
andere Richtungen. Übrigens: Am weitesten<br />
verbreitet ist digitaler Stress bei Arbeitnehmenden<br />
in der Altersgruppe der<br />
25- bis 34-Jährigen.<br />
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uns telefonisch unter 031 350 44 22<br />
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E-Dossier «Umgang mit digitalem Stress»<br />
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(BGM) ein und bietet online themenspezifische E-Dossiers an.<br />
Diese enthalten nützliche Tipps für ein gesundes Arbeiten – gerade<br />
auch im Homeoffice. Das Angebot des BGM-Kompetenzzentrums<br />
von Visana umfasst Beratung, Seminare, Gesundheitsworkshops<br />
oder Impulsreferate sowie praktische Hilfestellungen,<br />
Best-Practice-Beispiele und das Magazin für Unternehmenskunden<br />
«Visana Business News». Weitere Infos und die E-Dossiers<br />
finden Sie hier: www.visana.ch/edossiers > Umgang mit digitalem<br />
Stress.<br />
Gesund arbeiten<br />
Umgang mit digitalem<br />
Stress<br />
eDossier, Visana<br />
Digitaler Stress – was ist das?<br />
Eine Definition<br />
Als Stress bezeichnet man den Zustand erhöhter<br />
psychischer oder physischer Aktivierung aufgrund einer<br />
fehlenden Balance zwischen Anforderungen und den<br />
individuellen Voraussetzungen (Ressourcen), mit diesen<br />
Anforderungen umzugehen.<br />
Stress wird dann zum Problem für die Gesundheit, wenn<br />
die Dauer und die Intensität der Belastungen hoch sind.<br />
Von digitalem Stress spricht man bei negativen<br />
Beanspruchungsfolgen durch Belastungen im Umgang<br />
mit digitalen Medien. Er kann durch eine Vielzahl von<br />
Faktoren ausgelöst werden.<br />
Digitaler Stress am Arbeitsplatz<br />
Gesundheitliche Folgen<br />
Arbeitnehmende, die starken digitalem Stress empfinden, leiden häufiger an spezifischen gesundheitlichen<br />
Beschwerden:<br />
Quelle: «Gesund digital arbeiten?!», 2020<br />
3<br />
<strong>2023</strong><br />
eDossier / Umgang mit digitalem Stress<br />
7<br />
<strong>2023</strong><br />
eDossier / Umgang mit digitalem Stress<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 6/23 53
Impressum<br />
Kontaktadressen der Sektionen<br />
<strong>Nr</strong>. 6 • 42. Jahrgang • <strong>Dezember</strong> <strong>2023</strong><br />
Herausgeber/Verlag<br />
AG<br />
VSAO Sektion Aargau, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,<br />
Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,<br />
Tel. 044 250 43 23, Fax 044 250 43 20<br />
mediservice <strong>vsao</strong>-asmac<br />
Bollwerk 10, Postfach, 3001 Bern<br />
Telefon 031 350 44 88<br />
journal@<strong>vsao</strong>.ch, journal@asmac.ch<br />
www.<strong>vsao</strong>.ch, www.asmac.ch<br />
Im Auftrag des <strong>vsao</strong><br />
Redaktion<br />
Regula Grünwald (Chefredaktorin),<br />
Maya Cosentino, Kerstin Jost, Fabian Kraxner,<br />
Bianca Molnar, Patricia Palten, Léo<br />
Pavlopoulos, Lukas Staub, Tharshika<br />
Thavayogarajah, Anna Wang<br />
Geschäfts ausschuss <strong>vsao</strong><br />
Angelo Barrile (Präsident), Nora Bienz<br />
(Vizepräsidentin), Severin Baerlocher,<br />
Christoph Bosshard (Gast), Clara Ehrenzeller<br />
(swimsa), Marius Grädel-Suter,<br />
Fabrice Juchler, Fabian Kraxner, Richard<br />
Mansky, Gert Printzen, Svenja Ravioli,<br />
Patrizia Rölli, Martin Sailer, Jana Siroka<br />
Druck, Herstellung und Versand<br />
Stämpfli AG, Kommunikationsunternehmen,<br />
Wölflistrasse 1, 3001 Bern<br />
Tel. 031 300 66 66<br />
info@staempfli.com, www.staempfli.com<br />
Layout<br />
Oliver Graf<br />
Titelillustration<br />
Stephan Schmitz<br />
Inserate<br />
Zürichsee Werbe AG, Fachmedien,<br />
Markus Haas, Laubisrütistrasse 44, 8712 Stäfa<br />
Tel. 044 928 56 53<br />
<strong>vsao</strong>@fachmedien.ch<br />
Auflagen<br />
Druckauflage: 22 850 Expl.<br />
WEMF/KS-Beglaubigung <strong>2023</strong>: 21 648 Expl.<br />
Erscheinungshäufigkeit: 6 Hefte pro Jahr.<br />
Für <strong>vsao</strong>-Mitglieder im Jahresbeitrag<br />
inbegriffen.<br />
ISSN 1422-2086<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 1/2024 erscheint im<br />
Februar 2024. Thema: Leere<br />
© <strong>2023</strong> by <strong>vsao</strong>, 3001 Bern<br />
Printed in Switzerland<br />
BL/BS<br />
VSAO Sektion beider Basel, Geschäftsleiterin und Sekretariat:<br />
lic. iur. Claudia von Wartburg, Advokatin, Hauptstrasse 104,<br />
4102 Binningen, Tel. 061 421 05 95, Fax 061 421 25 60,<br />
sekretariat@<strong>vsao</strong>-basel.ch, www.<strong>vsao</strong>-basel.ch<br />
BE VSAO Sektion Bern, Schwarztorstrasse 7, 3007 Bern, Tel. 031 381 39 39,<br />
info@<strong>vsao</strong>-bern.ch, www.<strong>vsao</strong>-bern.ch<br />
FR<br />
ASMAC Sektion Freiburg, Rue du Marché 36, 1630 Bulle,<br />
presidence@asmaf.ch<br />
GE Associations des Médecins d’Institutions de Genève, Postfach 23,<br />
Rue Gabrielle-Perret-Gentil 4, 1211 Genf 14, info@amig.ch, www.amig.ch<br />
GR<br />
JU<br />
NE<br />
VSAO Sektion Graubünden, 7000 Chur, Samuel B. Nadig,<br />
lic. iur. HSG, RA Geschäftsführer/Sektionsjurist, Tel. 081 256 55 55,<br />
info@<strong>vsao</strong>-gr.ch, www.<strong>vsao</strong>-gr.ch<br />
ASMAC Sektion Jura, Bollwerk 10, 3001 Bern, sekretariat@<strong>vsao</strong>.ch<br />
Tel. 031 350 44 88<br />
ASMAC Sektion Neuenburg, Joël Vuilleumier, Jurist,<br />
Rue du Musée 6, Postfach 2247, 2001 Neuenburg,<br />
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9000 St. Gallen, Tel. 071 228 41 11, Fax 071 228 41 12,<br />
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ASMAVal, p.a. Maître Valentine Gétaz Kunz,<br />
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ZH/SH<br />
VSAO ZH/SH, RA lic. iur. Susanne Hasse,<br />
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Publikation<strong>2023</strong><br />
FOKUSSIERT<br />
KOMPETENT<br />
TRANSPARENT<br />
Gütesiegel Q-Publikation<br />
des Verbandes Schweizer Medien<br />
54<br />
6/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>
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Referenzen: 1. BAG Spezialitätenliste. www.spezialitaetenliste.ch, abgerufen am 26.06.<strong>2023</strong>. 2. Traumaplant kann im Gegensatz zu anderen topischen Arzneimitteln mit<br />
der Indikation «stumpfe Traumen» auch bei Schürfwunden und anderen unblutigen Hautverletzungen angewendet werden. Arzneimittelinformationen; www.swissmedicinfo.ch,<br />
abgerufen am 26.06.<strong>2023</strong>. 3. Traumaplant ® . www.swissmedicinfo.ch, abgerufen am 26.06.<strong>2023</strong>. 4. Barna M et al. Wound healing effects of a Symphytum herb extract<br />
cream: Results of a randomized, controlled double-blind study. Wien Med Wochenschr 2007; 157(21-22): 569-574. 5. Kucera M et al. Topischer Beinwellextrakt: Studie bestätigt<br />
rasche Wirksamkeit bei Myalgien durch Überlastung oder akute stumpfe Traumen. J Pharmakol Ther 2012; 21(4): 112-117. 6. Casetti F et al. Beinwellsalbe. Klinischer<br />
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