MQ+ Winter 2023
Das Artland-Magazin
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Welthits<br />
von damals und ihre Geschichten<br />
1987 war der Brite Billy Idol mit seinem Song um, lässt ihn stehen und Edward ist am Boden<br />
„Sweet Sixteen“ weltweit erfolgreich. Hinter zerstört.<br />
diesem Lied steckt allerdings eine herzzerreißende<br />
Geschichte, die sich vor 100 Jahren den nächstbesten Dampfer und wandert nach<br />
Der kleine, schmächtige Steinmetz geht auf<br />
zugetragen hat. Im Jahr 1913 schwebt Edward Amerika aus, in der Hoffnung, Agnes zu vergessen.<br />
Doch auch in der Neuen Welt will ihm<br />
Leedskalnin im siebten Himmel. Der 26-jährige<br />
Lette ist verliebt in die süße 16-jährige Agnes einfach nicht aus dem Kopf gehen. Tag<br />
Agnes. Die Hochzeit steht unmittelbar bevor. und Nacht denkt er an seine süße 16-jährige<br />
Doch am Tag vor der Trauung macht Agnes Ex-Verlobte. Mit der Zeit wird Edward etwas<br />
einen Rückzieher. Plötzlich ist ihr Edward zu seltsam. Merkwürdige Dinge tragen sich des<br />
alt und nicht reich genug. Sie entscheidet sich nachts auf seinem Grundstück in Florida zu.<br />
Eines Morgens liegen ein paar tonnenschwere<br />
Korallenfelsen im Garten. In jeder Nacht kommen<br />
neue dazu. Niemand weiß genau, wie<br />
der kleine lettische Steinmetz diese gewaltigen<br />
Brocken bewegt, kein Nachbar hat je etwas<br />
gesehen. Edward erklärt später: „Ich habe<br />
die Geheimnisse der Pyramiden entdeckt. Ich<br />
habe herausgefunden, wie die Ägypter und<br />
die alten Baumeister in Peru, Yucatan und<br />
Asien nur mit primitiven Werkzeugen viele<br />
Im Herbst 1988 präsentierte Phil Collins nen Song „A Groovy Kind Of Love“, doch viele<br />
sei-<br />
Popmusikfans wussten schon damals, dass<br />
dieses Lied ursprünglich eine alte Nummer<br />
aus den 60er-Jahren war. Doch die Geschichte<br />
des Liedes geht noch viel weiter zurück. 1797<br />
hatte der Italiener Muzio Clementi eine Melodie<br />
für den dritten Satz seiner Sonatine op.<br />
36 komponiert, die rund 150 Jahre später der<br />
amerikanischen Musikstudentin Carole Bayer<br />
Sager als Inspiration für einen Popsong diente.<br />
Carole saß damals mit dem erst 17-jährigen<br />
Toni Wine zusammen und aus einer Laune<br />
heraus entstand ein neuer Welthit. Gemeinsam<br />
dachten sich die beiden den Text zu<br />
ihrem Song aus und als Carole erstmals von<br />
dem neuen Jugendausdruck „groovy“ hörte,<br />
der damals ein angesagter Begriff bei den<br />
amerikanischen Jugendlichen war, versuchten<br />
sie das neue Modewort in dem Song unterzubringen.<br />
Carole und Toni experimentierten mit verschiedenen<br />
Varianten. Carole hatte die Idee<br />
von „Groovy Kinda…“, woraus sich schließlich<br />
„Groovy Kind of Love“ entwickelte und schon<br />
Billy Idol - „Sweet Sixteen“<br />
Phil Collins - „A Groovy Kind Of Love“<br />
war die Hauptzeile des neuen Liedes den - „A Groovy Kind Of Love“. Der gesamte<br />
gefun-<br />
Song war in 20 Minuten fertiggestellt. Der<br />
Text handelt von einem Protagonisten, der<br />
die sehr glückliche („groovy“) Beziehung zu<br />
seiner Geliebten lobt – bei Trauer und gegenseitiger<br />
Nähe.<br />
„A Groovy Kind Of Love“, übersetzt in etwa<br />
„Eine geile Art der Liebe“ war natürlich im damals<br />
sehr prüden Amerika der 60er-Jahre eine<br />
gewagte Textzeile. Und deshalb fand sich dort<br />
auch niemand, der dieses Lied singen mochte<br />
- selbst Caroles Freundin, die berühmte Lesley<br />
Gore, musste auf Anraten ihres Managements<br />
ablehnen. Mit Hilfe eines Musikverlages<br />
gelang schließlich das Lied nach England, wo<br />
man Dank der Beatles schon etwas lockerer<br />
drauf war. Die Band „The Mindbenders“ greiffen<br />
zu und landeten mit „A Groovy Kind Of<br />
Love“ sowohl in England als auch in Amerika<br />
auf Platz zwei.<br />
Wie Millionen andere Jugendliche hörte auch<br />
der damals 14-jährige Phil Collins dieses Lied.<br />
Die Musik hatte den jungen Briten schon in<br />
frühen Jahren begleitet. In einem Interview<br />
AUS DER BUCHVORSTELLUNG<br />
KUNST GESCHÄFTSWELT & KULTUR<br />
SERIE<br />
von Detlef<br />
Bülow<br />
Tonnen wiegende Steinblöcke hoben und an<br />
ihren Platz setzten.“<br />
In 28 Jahren trägt Edward Leedskalnin auf<br />
diese geheimnisvolle Weise insgesamt 1.100<br />
Tonnen Korallenfelsen zusammen und baut<br />
daraus eine spektakuläre Burg. Er widmet sie<br />
der Herzensbrecherin Agnes, die er immer<br />
noch seine „Sweet Sixteen“ nennt - obwohl<br />
diese längst in die Jahre gekommen ist und<br />
nach wie vor nichts von ihm wissen will. Dann<br />
stirbt Edward. Später wird das beeindruckende<br />
Bauwerk „Coral Castle“ getauft, also Korallenburg,<br />
und es wird zur Touristenattraktion.<br />
1987, in jenem Jahr wäre Edward Leedskalnin<br />
100 geworden, besucht der ebenfalls etwas<br />
exzentrische Popstar Billy Idol das „Coral<br />
Castle“. Der Sänger hört die Geschichte über<br />
Edwards Liebesleid, macht daraus einen Pophit<br />
und setzt so der süßen 16-jährigen Agnes<br />
ein weiteres Denkmal - dieses Mal jedoch ein<br />
musikalisches.<br />
verriet er: „Ich habe bereits als Kind ständig<br />
Musik gehört und habe darüber in dem Song<br />
‚All Of My Life‘ vom Album ‚But Seriously‘<br />
geschrieben. Darin heißt es: ‚Oben habe ich<br />
Platten gehört, während Dad Fernsehen geguckt<br />
hat. Ich habe die Zeit nicht so genutzt,<br />
wie ich sollte …‘ Tja, man denkt in diesem<br />
Alter ja noch, dass die Eltern für immer da<br />
sein werden.“<br />
Als Phil Collins später selbst ein berühmter<br />
Popstar war, erinnerte er sich an „A Groovy<br />
Kind Of Love“ und nahm das Lied für den Film<br />
„Buster“ auf.<br />
Phil Collins war dabei nicht nur für die Musik<br />
zuständig, sondern spielte auch die Hauptrolle<br />
in dem Streifen - den Postzugräuber Buster<br />
Edwards, der mit seiner Bande in den 60ern<br />
weltweit für Schlagzeilen gesorgt hatte. Der<br />
Film und die Musik wurden zu absoluten<br />
Kassenschlagern. „A Groovy Kind Of Love“<br />
schaffte es diesmal sogar auf Platz eins – fast<br />
200 Jahre später, nachdem Muzio Clementi<br />
seine Sonatine komponiert hat, die als Vorlage<br />
für dieses Lied gedient hat.<br />
Ausgabe <strong>Winter</strong> <strong>2023</strong> MQ| 57