MQ+ Winter 2023
Das Artland-Magazin
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ARTLÄNDER ORIGINALE<br />
Die 50er Jahre waren für die Menschen<br />
eine hoffnungsvolle Zeit und ein prägendes Jahrzehnt.<br />
Der zweite Weltkrieg mit seinen tiefsitzenden Wunden<br />
war endgültig vorbei und die Wirtschaft hatte sich<br />
in den Wirtschaftswunderjahren dieses Jahrzehnts erholt.<br />
Es war die Zeit des technischen Fortschritts und der Umbrüche, die für viele<br />
Menschen mehr Freiheit bringen sollten.<br />
Von Detlef Bülow<br />
Willis Vater Wilhelm Wacker hatte die<br />
Zeichen der Zeit sehr früh erkannt. Er<br />
dachte, wo gehobelt wird, da fallen<br />
auch Späne und gründete 1950 ein<br />
Unternehmen, welches Wertstoffe ankaufte,<br />
wobei er sich anfangs allerdings<br />
nicht nur auf den Handel mit Schrott<br />
und Metallen spezialisierte.<br />
Zu dieser Zeit war die flächendeckende<br />
Mülltrennung noch in weiter Ferne und<br />
es herrschte eine Knappheit an Wertstoffen<br />
aller Art. Somit war der Handel<br />
mit solchen Gütern ein wichtiger Wirtschaftszweig.<br />
Es gab viele kleine Händler,<br />
die mit Pferd und Wagen durch die<br />
Straßen zogen und dabei Metalle aller<br />
Art, Altkleider, Pappe und Papier, ja, und<br />
sogar Tierknochen sammelten. Diese<br />
Wertstoffe wurden dann an größere<br />
Händler, wie Wilhelm<br />
Wacker es war, weiterverkauft.<br />
Er besaß eine<br />
Holzbaracke an der<br />
Ladestraße. Alles, was<br />
hier ankam, wurde von<br />
Hand sortiert, dabei<br />
half dann auch der<br />
ein- oder andere Quakenbrücker<br />
Bahnmitarbeiter<br />
und verdiente<br />
sich so ein paar Mark<br />
dazu.<br />
In dieses väterliche<br />
Unternehmen ist<br />
Willi nach seiner<br />
Zimmermanns-Lehre<br />
eingestiegen und hat<br />
sich auf den Handel<br />
mit Metallen spezialisiert und die<br />
Firma dementsprechend ausgebaut.<br />
Hierbei war er sehr geschickt und der<br />
Platz reichte schnell nicht mehr aus.<br />
So kamen zwei große Plätze an der<br />
Ladestraße dazu, eine Laderampe mit<br />
Gleisanschluss und eine Halle mit außenliegender<br />
Waage, auf der Fahrzeuge<br />
aller Art gewogen werden konnten.<br />
Hier wurde pro Woche tonnenweise<br />
Altmetall angeliefert, zwischengelagert<br />
und wieder verschickt.<br />
Meine erste Begegnung mit Willi hatte<br />
ich als 9-jähriger kleiner Junge. Mein<br />
Vater räumte auf Drängen meiner<br />
Mutter unseren Keller auf, wobei unter<br />
anderem ein Haufen Altmetall zusammenkam.<br />
Diesen packten wir auf einen<br />
Fahrradanhänger, den mein Erzeuger<br />
selbst gebaut hatte und fuhren zum<br />
Schrotthändler in die Carlstraße, wo<br />
Willi wohnte und kleinere Mengen<br />
Altmetall annahm. Da unser Anhänger<br />
zum Teil mit Kupfer und Messing<br />
beladen war, wurde mein Vater auch<br />
dementsprechend entlohnt.<br />
Zuhause angekommen, stellten wir<br />
Fahrrad und Anhänger ab und beim<br />
Ausfegen des Kellers sagte mein Vater<br />
zu mir: „Mutter sagte: Räum doch<br />
bitte mal den hinteren Keller auf. Er<br />
ist unansehnlich und der Schrott, den<br />
du da mittlerweile angesammelt hast,<br />
nimmt viel Platz weg!“ Dann drückte er<br />
mir mit einem Augenzwinkern 5 Mark<br />
in die Hand und sagte: „Das ist für dich.<br />
Damit kannst du ins Kino gehen und<br />
dir etwas Süßes<br />
kaufen. Merke<br />
dir mein Sohn,<br />
was für die einen<br />
unansehnlicher,<br />
wertloser<br />
Schrott ist, ist<br />
für die anderen<br />
bares Geld. Jetzt<br />
ist der Keller<br />
aufgeräumt,<br />
deine Mutter ist<br />
glücklich und<br />
wir auch.“<br />
Einige Tage später<br />
schnappte<br />
ich mir meinen<br />
roten Bollerwagen<br />
und machte<br />
Ausgabe <strong>Winter</strong> <strong>2023</strong> MQ| 13