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Unter der Staleke 232, Winter 2023

Heimatzeitung für die Gemeinde Hagen im Bremischen – Die STALEKE erscheint vier Mal im Jahr und wird kostenlos an alle Haushalte der Gemeinde Hagen im Bremischen verteilt.

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2) Hermann Allmers, Briefwechsel mit Freunden<br />

im Nordwesten, Bremen 2014<br />

Die beiden Herren hatten also<br />

ganz unterschiedliche Auffassungen<br />

in Religion und Politik.<br />

Auf <strong>der</strong> einen Seite <strong>der</strong> konservative,<br />

dem Königshaus <strong>der</strong> Welfen<br />

treue Hannoveraner und auf <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en Seite <strong>der</strong> weitgereiste<br />

Freigeist, schon mit dem reformfreudigeren<br />

Preußen liebäugelnde<br />

Dichter und Künstler.<br />

Beide – Fachtmann und Allmers<br />

–, ausgesprochen selbstbewusste<br />

Persönlichkeiten – kandidierten<br />

1863 für die Wahl zur<br />

Vorsynode, auf <strong>der</strong> die „kirchlichen<br />

Fragen <strong>der</strong> Gegenwart“<br />

besprochen werden sollten.<br />

Es ging um den sogenannten<br />

„Katechismusstreit“ und um die<br />

Reform <strong>der</strong> Kirchenverfassung.<br />

Am 24. August 1863 wurde Allmers<br />

zum konstituierenden Mitglied<br />

<strong>der</strong> Vorsynode gewählt,<br />

und damit unterlag Fachtmann.<br />

Als Allmers 1865 in Sandstedt<br />

auch noch zum Kirchenvorsteher<br />

gewählt wurde, löste das<br />

bei Fachtmann heftige Kritik<br />

aus, die er in einem langen Brief<br />

vom 21. März 1865 an Hermann<br />

Allmers in Worte fasst. 2<br />

Mit vielen Bibelzitaten durchsetzt<br />

und nicht ohne umfassende<br />

Hinweise auf seine eigenen<br />

Erfolge als Amtmann in Hagen,<br />

stellt er sich moralisch über Hermann<br />

Allmers. Diesem wirft er<br />

Verleumdung seiner Person vor,<br />

z.B. dass er ein Heuchler sei, was<br />

sittlich verworfener Mensch bedeute.<br />

H.A. habe ihm öffentlich<br />

„Katholisch-Machen“ vorgeworfen<br />

und „Knechtungsversuche<br />

<strong>der</strong> Einwohner“.<br />

Auch habe Hermann Allmers<br />

mit dem Ausdruck „Priester- und<br />

Beamtenröcke“ für seine Gegner<br />

den Amtmann persönlich gemeint.<br />

Da spürt man die große<br />

Betroffenheit des Amtmannes.<br />

Weiter wirft Fachtmann Allmers<br />

vor, er habe die Einwohner bei<br />

<strong>der</strong> Wahl zum Kirchenvorsteher<br />

über seine eigene religiöse<br />

Einstellung getäuscht, und<br />

schil<strong>der</strong>t Allmers religiöse Auffassung<br />

folgen<strong>der</strong>maßen: „Sie<br />

müssten sagen: Christus hat we<strong>der</strong><br />

Wun<strong>der</strong> gethan, noch ist er<br />

auferstanden; die Bibel enthält<br />

Gutes, aber überwiegend Fabeln“<br />

… … „Sie glauben also an<br />

keinen persönlichen Gott. Ebenso<br />

ist Ihnen Christus nicht das in<br />

menschlicher Gestalt erschienene<br />

Ebenbild des Vaters.“ Und er<br />

zitiert aus einem früheren Brief<br />

Hermann Allmers’: „Daß Jemand<br />

zu einem Abendsmahle (gemeint<br />

Abendessen) gehe, sei Ihnen vollkommen<br />

verständlich; völlig unverständlich<br />

aber, wie Jemand<br />

zum Abendmahle (gemeint Tisch<br />

des Herrn) gehen könne.“<br />

Nun war aber <strong>der</strong> Empfang<br />

des Sakramentes Abendmahl<br />

zu <strong>der</strong> Zeit Voraussetzung für<br />

das Amt des Kirchenvorstehers.<br />

Doch Hermann Allmers hatte<br />

sich abgesichert, er hatte sich<br />

in Bremen bei einem liberalen<br />

Pastor das Abendmahl, in welcher<br />

Form auch immer, geben<br />

lassen, was für Fachtmann moralisch<br />

verwerflich und nicht zu<br />

entschuldigen war.<br />

Am 29. April 1865 wurde die<br />

Wahl Hermann Allmers zum Kirchenvorsteher<br />

durch die Königliche<br />

Kommission in Hannover<br />

annulliert. Der Punkt geht an<br />

den Amtmann.<br />

Es gab aber noch ein an<strong>der</strong>es<br />

Ärgernis zwischen den beiden.<br />

Der Hagener Amtmann hatte<br />

am 27. Mai 1857 den Landwirtschaftlichen<br />

Verein in Hagen<br />

gegründet und ihn als Vorsitzen<strong>der</strong><br />

sehr erfolgreich geführt.<br />

Fachtmann schreibt: Als Sie<br />

„in Sandstedt eine Thierschau<br />

veranstalteten, zu <strong>der</strong> alle, nur<br />

nicht Beamte geladen wurden<br />

und es dort als eine beson<strong>der</strong>e<br />

Errungenschaft proclamiert wurde,<br />

daß dieselbe ohne Amt und<br />

Landdrostei statt finde und wenn<br />

dabei ausgesprochen ist, es sei<br />

eines freien Ostersta<strong>der</strong>s unwürdig,<br />

sein Vieh vor dem Amtshause<br />

in Hagen aufzustellen, liegt darin<br />

ein Fußtritt für [meine] langjährige,<br />

anspruchslose Aufopferung<br />

von Zeit und Kräften“.<br />

Hermann Allmers Antwort<br />

Hermann Allmers Reaktion auf<br />

all diese Vorwürfe ist gelassen.<br />

Ein angefangener Brief an den<br />

Geht es Ihnen auch manchmal so? Beim Frühjahrsputz o<strong>der</strong> Aufräumen<br />

findet man den alten Karton o<strong>der</strong> den Ordner mit den<br />

Dokumenten aus Großvaters o<strong>der</strong> gar Urgroßvaters Zeit wie<strong>der</strong>,<br />

und man bekommt Lust, darin zu stöbern. Alte Briefe, Verträge,<br />

Stammbücher, Kochrezepte und vieles an<strong>der</strong>e kommt zum Vorschein.<br />

Nur lei<strong>der</strong> ist alles handschriftlich und in deutscher Schrift<br />

verfasst und daher mühsam zu entziffern. Dann ist <strong>der</strong> Spaß<br />

schnell vorbei! Für solche Fälle finden Sie Hilfe beim Kultur- und<br />

Heimatverein: Telefon 04746 397 (J. Siegmeyer). Wir transkribieren<br />

(umschreiben in Druckschrift) und deuten Ihre Dokumente.<br />

Die nächsten Zusammenkünfte <strong>der</strong> Geschichtswerkstatt in <strong>der</strong><br />

Burg Hagen finden <strong>2023</strong>/24 immer montags um 19:00 Uhr statt,<br />

und zwar 11. Dezember; 22. Januar; 26. Februar; 18. März; 15. April.<br />

Gäste sind immer herzlich willkommen.<br />

3) Hermann Allmers, Briefwechsel mit Freunden<br />

im Nordwesten, Bremen 2014<br />

Amtmann, <strong>der</strong> nicht verschickt<br />

wurde, ist erhalten geblieben. 3<br />

Darin spricht er von Missverständnissen<br />

und will diese in<br />

drei Punkten erklären.<br />

1.) Zum Streit über Reformfragen<br />

bei <strong>der</strong> Erneuerung <strong>der</strong><br />

Kirchenordnung sei es gekommen,<br />

weil Fachtmann als erster<br />

eine Versammlung in Hagen<br />

einberufen habe, um die Einwohner<br />

gegen die Reformen<br />

zu beeinflussen. Die drei Versammlungen<br />

in Sandstedt<br />

wären nur eine Gegenreaktion<br />

gewesen.<br />

2.) An dem Zustandekommen<br />

<strong>der</strong> Tierschau sei er vollkommen<br />

unschuldig, das sei von<br />

den Ostersta<strong>der</strong> Bauern ausgegangen,<br />

jedoch sehr in seinem<br />

Sinne gewesen, denn endlich<br />

sei „einmal ein Werk zu Stande<br />

gekommen, ohne Amt, Landdrostei<br />

o<strong>der</strong> irgend eine an<strong>der</strong>e<br />

Behörde – allein durch echtes<br />

Selbstgefühl unserer Bauern.“<br />

Das sei die „reinste Freude für<br />

sein osterstadisches Herz“ gewesen,<br />

denn noch im Marschenbuch<br />

bezeichnete er seine<br />

Landsleute als „die allerschlaffsten,<br />

unselbständigsten aller<br />

Marschbewohner, ledig und<br />

baar allen Gemeinsinns.“<br />

Zum dritten Punkt – Wahl zum<br />

Kirchenvorsteher und Abendmahl<br />

– gibt es keine Erklärungen<br />

mehr. Der Brief bricht<br />

vorher ab, nicht ohne dass<br />

Hermann Allmers seine Haltung<br />

in folgende Worte fasst:<br />

„Meiner inneren Natur nach bin<br />

ich zuerst Mensch (was indeß<br />

mit meinem Ideal vom Christen<br />

zusammenfällt) sodann Deutscher,<br />

dann Ostersta<strong>der</strong> mit etwas<br />

erzbischöfl. bremischem Beigeschmack;<br />

Amt Hagener und<br />

Hannoveraner dagegen in allerletzter<br />

Linie –“ Hier bricht <strong>der</strong><br />

Brief ab, offensichtlch scheint<br />

ihm eine Rechtfertigung müßig,<br />

zumal auch Fachtmanns<br />

Brief geendet hatte: „Übrigens<br />

glaube ich, unsere Wege gehen<br />

besser neben einan<strong>der</strong> her. Süß<br />

u. Sauer passen auf die Dauer<br />

nicht in ein Gefäß.“ s<br />

Fortsetzung folgt.Jutta Siegmeyer<br />

Krzysztof Czerniak<br />

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UNTER DER STALEKE WINTER <strong>2023</strong> | 45

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