Unter der Staleke 232, Winter 2023

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Fakten aus alten Akten Amtmänner in Hagen (Fortsetzung) Wir haben lediglich unsere Räumlichkeiten in Bramstedt aufgegeben – stehen Ihnen jedoch weiterhin jederzeit gerne zur Verfügung! Nachdem in den letzten beiden „Staleken“ die Gründungen der Amtssparkasse und des Landwirtschaftlichen Vereins in Hagen geschildert wurden, kehren wir noch einmal zu dem verdienstvollen, allerdings auch etwas umstrittenen Amtmann Theodor Christian Fachtmann zurück. Diedrich Steilen schreibt: „Sein Scheiden wurde in Hagen allgemein bedauert. Jeder fühlte, daß ein guter Mann und warmherziger Freund ging. Die Sparkasse, die ihm alles verdankte, überreichte ihm als Dank für seine uneigennützige Tätigkeit ein Geschenk von 100 Talern, ein Hagener Bürger ein Teebrett mit silbernen Griffen und ein Einwohner aus Uthlede einen in Amerika gefertigten kunstvollen Stiefelknecht. Sie wurden Gegenstand eines unerquicklichen Streites zwischen Regierungsrat Fachtmann und dem Ministerium und der endete damit, daß Fachtmann alles zur Verfügung stellte.“ Die 100 Taler – das war ja öffentliches Geld – konnten nicht so einfach an einen Privatmann abgegeben werden. Aus den Akten geht hervor, dass Fachtmann sich zutiefst in seiner Ehre gekränkt und beleidigt fühlte, und dennoch wirkte er als Amtmann in Osterholz und später in Einbeck ebenso erfolgreich, bis er 1886 in den Ruhestand trat. Handhabung. Der aus Hannover kommende Fachtmann vertrat die konservative Haltung seines Königs, Georg V., der sich zu einem „Königtum von Gottes Gnaden“ bekannte und keinen Schritt in eine parlamentarische und damit demokratische Zukunft gehen wollte. Hermann Allmers dagegen vertrat die freiheitlichen Gedanken der Revolution von 1848 und hielt eine Reform der evangelisch-lutherischen Kirche für erforderlich. Mit zwei gleichen Plaketten an Eichen in Hagen und in seinem Garten in Rechtenfleth dokumentiert er diese Einstellung. Auf dem Schild ist zu lesen: „Deutschlands Frühling 1848.“ „Darüber ein aufgehend Hoffnungssternlein und darunter – ein böser Querstrich“, 1 weil es nicht zu den geforderten Reformen gekommen ist, wie Hermann Allmers enttäuscht schreibt. C privat (2) Mobil oder per E-Mail an unter info@bestattungshaus-lacrimare.de Amtmann Fachtmann aus Hagen im Konflikt mit Hermann Allmers Es soll auch nicht verschwiegen werden, dass Regierungsrat Fachtmann in einen heftigen Streit mit Hermann Allmers geraten ist. Dabei ging es um gegensätzliche Auffassungen zum Luthertum und dessen kirchliche 1) Theodor Siebs, Hermann Allmers, Sein Leben und Dichten, Bremerhaven 1982, S. 55 44 | WINTER 2023 UNTER DER STALEKE
2) Hermann Allmers, Briefwechsel mit Freunden im Nordwesten, Bremen 2014 Die beiden Herren hatten also ganz unterschiedliche Auffassungen in Religion und Politik. Auf der einen Seite der konservative, dem Königshaus der Welfen treue Hannoveraner und auf der anderen Seite der weitgereiste Freigeist, schon mit dem reformfreudigeren Preußen liebäugelnde Dichter und Künstler. Beide – Fachtmann und Allmers –, ausgesprochen selbstbewusste Persönlichkeiten – kandidierten 1863 für die Wahl zur Vorsynode, auf der die „kirchlichen Fragen der Gegenwart“ besprochen werden sollten. Es ging um den sogenannten „Katechismusstreit“ und um die Reform der Kirchenverfassung. Am 24. August 1863 wurde Allmers zum konstituierenden Mitglied der Vorsynode gewählt, und damit unterlag Fachtmann. Als Allmers 1865 in Sandstedt auch noch zum Kirchenvorsteher gewählt wurde, löste das bei Fachtmann heftige Kritik aus, die er in einem langen Brief vom 21. März 1865 an Hermann Allmers in Worte fasst. 2 Mit vielen Bibelzitaten durchsetzt und nicht ohne umfassende Hinweise auf seine eigenen Erfolge als Amtmann in Hagen, stellt er sich moralisch über Hermann Allmers. Diesem wirft er Verleumdung seiner Person vor, z.B. dass er ein Heuchler sei, was sittlich verworfener Mensch bedeute. H.A. habe ihm öffentlich „Katholisch-Machen“ vorgeworfen und „Knechtungsversuche der Einwohner“. Auch habe Hermann Allmers mit dem Ausdruck „Priester- und Beamtenröcke“ für seine Gegner den Amtmann persönlich gemeint. Da spürt man die große Betroffenheit des Amtmannes. Weiter wirft Fachtmann Allmers vor, er habe die Einwohner bei der Wahl zum Kirchenvorsteher über seine eigene religiöse Einstellung getäuscht, und schildert Allmers religiöse Auffassung folgendermaßen: „Sie müssten sagen: Christus hat weder Wunder gethan, noch ist er auferstanden; die Bibel enthält Gutes, aber überwiegend Fabeln“ … … „Sie glauben also an keinen persönlichen Gott. Ebenso ist Ihnen Christus nicht das in menschlicher Gestalt erschienene Ebenbild des Vaters.“ Und er zitiert aus einem früheren Brief Hermann Allmers’: „Daß Jemand zu einem Abendsmahle (gemeint Abendessen) gehe, sei Ihnen vollkommen verständlich; völlig unverständlich aber, wie Jemand zum Abendmahle (gemeint Tisch des Herrn) gehen könne.“ Nun war aber der Empfang des Sakramentes Abendmahl zu der Zeit Voraussetzung für das Amt des Kirchenvorstehers. Doch Hermann Allmers hatte sich abgesichert, er hatte sich in Bremen bei einem liberalen Pastor das Abendmahl, in welcher Form auch immer, geben lassen, was für Fachtmann moralisch verwerflich und nicht zu entschuldigen war. Am 29. April 1865 wurde die Wahl Hermann Allmers zum Kirchenvorsteher durch die Königliche Kommission in Hannover annulliert. Der Punkt geht an den Amtmann. Es gab aber noch ein anderes Ärgernis zwischen den beiden. Der Hagener Amtmann hatte am 27. Mai 1857 den Landwirtschaftlichen Verein in Hagen gegründet und ihn als Vorsitzender sehr erfolgreich geführt. Fachtmann schreibt: Als Sie „in Sandstedt eine Thierschau veranstalteten, zu der alle, nur nicht Beamte geladen wurden und es dort als eine besondere Errungenschaft proclamiert wurde, daß dieselbe ohne Amt und Landdrostei statt finde und wenn dabei ausgesprochen ist, es sei eines freien Osterstaders unwürdig, sein Vieh vor dem Amtshause in Hagen aufzustellen, liegt darin ein Fußtritt für [meine] langjährige, anspruchslose Aufopferung von Zeit und Kräften“. Hermann Allmers Antwort Hermann Allmers Reaktion auf all diese Vorwürfe ist gelassen. Ein angefangener Brief an den Geht es Ihnen auch manchmal so? Beim Frühjahrsputz oder Aufräumen findet man den alten Karton oder den Ordner mit den Dokumenten aus Großvaters oder gar Urgroßvaters Zeit wieder, und man bekommt Lust, darin zu stöbern. Alte Briefe, Verträge, Stammbücher, Kochrezepte und vieles andere kommt zum Vorschein. Nur leider ist alles handschriftlich und in deutscher Schrift verfasst und daher mühsam zu entziffern. Dann ist der Spaß schnell vorbei! Für solche Fälle finden Sie Hilfe beim Kultur- und Heimatverein: Telefon 04746 397 (J. Siegmeyer). Wir transkribieren (umschreiben in Druckschrift) und deuten Ihre Dokumente. Die nächsten Zusammenkünfte der Geschichtswerkstatt in der Burg Hagen finden 2023/24 immer montags um 19:00 Uhr statt, und zwar 11. Dezember; 22. Januar; 26. Februar; 18. März; 15. April. Gäste sind immer herzlich willkommen. 3) Hermann Allmers, Briefwechsel mit Freunden im Nordwesten, Bremen 2014 Amtmann, der nicht verschickt wurde, ist erhalten geblieben. 3 Darin spricht er von Missverständnissen und will diese in drei Punkten erklären. 1.) Zum Streit über Reformfragen bei der Erneuerung der Kirchenordnung sei es gekommen, weil Fachtmann als erster eine Versammlung in Hagen einberufen habe, um die Einwohner gegen die Reformen zu beeinflussen. Die drei Versammlungen in Sandstedt wären nur eine Gegenreaktion gewesen. 2.) An dem Zustandekommen der Tierschau sei er vollkommen unschuldig, das sei von den Osterstader Bauern ausgegangen, jedoch sehr in seinem Sinne gewesen, denn endlich sei „einmal ein Werk zu Stande gekommen, ohne Amt, Landdrostei oder irgend eine andere Behörde – allein durch echtes Selbstgefühl unserer Bauern.“ Das sei die „reinste Freude für sein osterstadisches Herz“ gewesen, denn noch im Marschenbuch bezeichnete er seine Landsleute als „die allerschlaffsten, unselbständigsten aller Marschbewohner, ledig und baar allen Gemeinsinns.“ Zum dritten Punkt – Wahl zum Kirchenvorsteher und Abendmahl – gibt es keine Erklärungen mehr. Der Brief bricht vorher ab, nicht ohne dass Hermann Allmers seine Haltung in folgende Worte fasst: „Meiner inneren Natur nach bin ich zuerst Mensch (was indeß mit meinem Ideal vom Christen zusammenfällt) sodann Deutscher, dann Osterstader mit etwas erzbischöfl. bremischem Beigeschmack; Amt Hagener und Hannoveraner dagegen in allerletzter Linie –“ Hier bricht der Brief ab, offensichtlch scheint ihm eine Rechtfertigung müßig, zumal auch Fachtmanns Brief geendet hatte: „Übrigens glaube ich, unsere Wege gehen besser neben einander her. Süß u. Sauer passen auf die Dauer nicht in ein Gefäß.“ s Fortsetzung folgt.Jutta Siegmeyer Krzysztof Czerniak Dienstleistungen rund um Haus & Garten • Trockenbau • Renovierungsarbeiten • Malerarbeiten • Gartenarbeiten • Fliesenlegen • und vieles mehr! Hagener Landstraße 21 | 27628 Hagen im Bremischen, OT Uthlede | Telefon (0 42 96) 7 47 79 81 Telefax (0 42 96) 7 47 84 98 | Mobil (01 57) 75 12 39 96 | k.czerniak@gmx.de UNTER DER STALEKE WINTER 2023 | 45
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