Sachwert Magazin 01/24
Aktien als Krisenschutz | Max Otte im Interview Ausgeprägte US-Bankenschwäche | Marktkommentar Claus Vogt »Aus Krisen werden Chancen« | Christian Hick im Interview Intelligentes Vererben und Verschenken zu Lebzeiten | Thomas Hennings Das richtige Timing beim Aktienhandel | Benjamin Graham Alle Jahre wieder? | Wie die Jahresendrallye das Anlageverhalten beeinflusst Börsenerfolg durch antizyklisches Handeln | Peter E. Huber Die Krise im Bausektor als Folge der Geldpolitik | Benjamin Mudlack
Aktien als Krisenschutz | Max Otte im Interview
Ausgeprägte US-Bankenschwäche | Marktkommentar Claus Vogt
»Aus Krisen werden Chancen« | Christian Hick im Interview
Intelligentes Vererben und Verschenken zu Lebzeiten | Thomas Hennings
Das richtige Timing beim Aktienhandel | Benjamin Graham
Alle Jahre wieder? | Wie die Jahresendrallye das Anlageverhalten beeinflusst
Börsenerfolg durch antizyklisches Handeln | Peter E. Huber
Die Krise im Bausektor als Folge der Geldpolitik | Benjamin Mudlack
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Nr. <strong>01</strong> l 20<strong>24</strong> • www.sachwert-magazin.de<br />
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Börsenerfolg<br />
durch<br />
antizyklisches<br />
Verhalten<br />
Alle Jahre<br />
wieder?<br />
Wie die<br />
Jahresendrallye<br />
das Anlageverhalten<br />
beeinflusst<br />
Die Krise<br />
im Bausektor<br />
als Folge<br />
der Geldpolitik<br />
Benjamin<br />
Mudlack<br />
Aktien als<br />
Krisenschutz?<br />
Max Otte im Interview<br />
Bilder: Gerry Nitsch, Privat
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Ausgabe 129<br />
Seltene Erden<br />
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Editorial<br />
Julien Backhaus<br />
Verleger<br />
Bild: Oliver Reetz, Cover: FinanzBuch Verlag<br />
Investieren<br />
– Derzeit keine leichte Aufgabe<br />
Das nächste Heft<br />
erscheint am<br />
29. Februar 20<strong>24</strong><br />
Investieren ist aktuell nichts für schwache<br />
Nerven. Zu viele nicht planbare<br />
Effekte und Ereignisse beeinflussen<br />
die Märkte und verunsichern Anleger.<br />
Und es könnte noch unruhiger werden,<br />
denn die sich abzeichnende Bankenschwäche<br />
in den USA und fallende Aktien<br />
auf diesem Sektor sowie weitere<br />
makroökonomische Frühindikatoren<br />
deuten auf eine Rezession hin und erinnern<br />
an das Jahr 2008, erklärt Claus<br />
Vogt in seinem Marktkommentar dieser<br />
Ausgabe – ein Warnsignal auch für<br />
die Börse. Jetzt ist Vorsicht geboten<br />
und vor allem Besonnenheit.<br />
Auch, wenn Krisen ein guter Einstiegspunkt<br />
für den Aktienkauf sein können,<br />
setzt Ökonom Professor Dr. Otte auf<br />
ruhiges Value-Investing. In unserem Cover-Interview<br />
erklärt er, welche Strategie<br />
hilft, auch temporäre Schwankungen im<br />
Portfolio auszuhalten und welche Unternehmen<br />
man als Anleger bevorzugen<br />
sollte. Er weiß aus Erfahrung, dass man<br />
die Ereignisse an der Börse nicht vorhersehen<br />
kann und hält es wie Warren<br />
Buffett: langfristig planen und nur in<br />
Geschäfte investieren, die man versteht.<br />
Das Beste, was man in Zeiten wie diesen<br />
machen kann, ist deshalb, stets auf dem<br />
Laufenden bleiben – zum Beispiel über<br />
die Immobilienkrise, die Benjamin Mudlack<br />
in seinem Gastbeitrag ausführlichen<br />
analysiert. Auch er findet bemerkenswerte<br />
Parallelen zum Krisenjahr 2008.<br />
Viel Vergnügen bei der Lektüre<br />
Ihr Julien Backhaus<br />
Verleger<br />
Seit Juli 2021<br />
im Handel!<br />
SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong><br />
3
09:41<br />
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Bild: Depositphotos / elenathewise
Inhalt <strong>01</strong>/20<strong>24</strong><br />
Max Otte<br />
im Interview<br />
Wissen<br />
12 »Aus Krisen werden Chancen«<br />
Christian Hick im Interview<br />
Bild: Gerry Nitsch<br />
06<br />
Titelstory<br />
06 Aktien als Krisenschutz<br />
Max Otte über wertorientiertes Investieren<br />
Marktkommentar<br />
10 Ausgeprägte US-Bankenschwäche<br />
Claus Vogt<br />
28 Intelligentes Vererben und<br />
Verschenken zu Lebzeiten<br />
Thomas Hennings<br />
Börse<br />
14 Das richtige Timing beim Aktienhandel<br />
Auszug aus dem Buch »Intelligent<br />
investieren« von Benjamin Graham<br />
18 Alle Jahre wieder?<br />
Wie die Jahresendrallye das Anlageverhalten<br />
beeinflusst<br />
26 Börsenerfolg durch antizyklisches Handeln<br />
Auszug aus dem Buch »Börsengewinne mit<br />
Strategie und Taktik« von Peter E. Huber<br />
Immobilien<br />
20 Die Krise im Bausektor als Folge der<br />
Geldpolitik<br />
Benjamin MudlackWissen<br />
Sonstiges<br />
31 Best of Web<br />
Impressum<br />
<strong>Sachwert</strong> <strong>Magazin</strong> ISSN 2197-1587<br />
Redaktion<br />
Zum Flugplatz 44, 27356 Rotenburg<br />
Tel: (0 42 68) 9 53 04-91, Fax: 9 53 04-92<br />
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Chefredakteur (V. i. S. d. P.) Julien Backhaus<br />
Redaktion: Anna Seifert, Martina Karaczko,<br />
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Backhaus Finanzverlag GmbH ist ein<br />
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Verbandsmitgliedshaften des Verlags:
Titelstory<br />
Aktien als<br />
Krisenschutz?<br />
Professor Max Otte über wertorientiertes Investieren<br />
6 SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong>
Titelstory<br />
Rund 12,9 Millionen Menschen<br />
in Deutschland legen ihr Geld<br />
mittlerweile in Aktien, Aktienfonds<br />
oder ETFs an. Das<br />
sind zwar mehr als je zuvor,<br />
doch unter den Top drei der beliebtesten<br />
Anlageformen sucht man Aktien<br />
bislang vergeblich. Ob das an ihrem<br />
Ruf liegt? Schließlich gelten diese<br />
Wertpapierinvestments als riskant,<br />
umständlich und kostenintensiv. So<br />
lautet jedenfalls das Ergebnis einer<br />
Umfrage, die das Deutsche Aktieninstitut<br />
unter Nicht-Aktionären durchführte.<br />
Dabei eignet sich diese Form<br />
der Geldanlage eigentlich sehr gut<br />
für einen langfristigen Vermögensaufbau,<br />
meint der bekannte Ökonom<br />
Professor Dr. Otte – vorausgesetzt,<br />
man plane langfristig und lasse<br />
sich nicht von kurzfristigen Marktschwankungen<br />
beirren. Im Interview<br />
hat er mit uns über das Prinzip des<br />
Value Investing, emotionale Anlageentscheidungen<br />
und sein neues Buch<br />
gesprochen und darüber hinaus verraten,<br />
wie er zu den Börsenweisheiten<br />
eines Warren Buffett steht.<br />
Herr Prof. Dr. Otte, gerade in Krisenzeiten<br />
wenden sich Anleger vermeintlich<br />
inflationsgeschützten <strong>Sachwert</strong>investments<br />
wie Immobilien zu,<br />
Sie hingegen plädieren für Aktien.<br />
Welche Vorbehalte kursieren gegenüber<br />
dieser Anlageform und was<br />
würden Sie Kritikern entgegnen?<br />
Grundsätzlich sind Aktien und (vermietete)<br />
Immobilien dieselbe Anlageklasse. Es<br />
sind ertragsbringende <strong>Sachwert</strong>e, vorausgesetzt<br />
das Unternehmen, dessen Aktien<br />
Sie halten, ist ein reales, funktionierendes<br />
Unternehmen. Bei Immobilien ist die Lage<br />
ein wichtiger Faktor, bei Aktien die Ertragsqualität,<br />
die wiederum von der Qualität<br />
des Geschäftsmodells abhängt.<br />
Bei der Immobilie sind Sie allerdings immobil,<br />
also vom Staat erpressbar. Die aktuellen<br />
Heizungsgesetze zeigen das. Bei<br />
Aktien sind Sie beweglicher. Zudem befinden<br />
sich Aktien vor allem in den Händen<br />
der großen Investmentgesellschaften<br />
und vermögender Privatpersonen. Aktien<br />
haben also eine starke Lobby. Sie profitieren<br />
vom Wachstum der Wirtschaft – und<br />
die ist langfristig noch immer gewachsen.<br />
Allerdings müssen Sie die Schwankungen<br />
des Aktienmarktes aushalten.<br />
Mit Ihrem Buch »Endlich mit Aktien<br />
Geld verdienen« sprechen Sie sich<br />
einmal mehr für das Konzept des<br />
Value Investing aus. Worin sehen<br />
Sie dabei die Vorteile – und für wen<br />
eignet sich diese Methode Ihrer Meinung<br />
nach überhaupt?<br />
Value Investing heißt zunächst einmal<br />
»wertorientiertes Investieren«. Sie zahlen<br />
für die Aktie einen bestimmten Preis.<br />
Das Preisschild, das draufsteht, ist der<br />
Kurs. Dafür erhalten Sie einen Unternehmensanteil<br />
als Gegenwert. Sie sollten<br />
mindestens so viel, wie Sie zahlen, auch<br />
»Value Investing ist langfristig orientiert<br />
und die stressfreie Methode zum Vermögensaufbau<br />
für jedermann.«<br />
– Professor Max Otte<br />
Bilder: Gerry Nitsch, Depositphotos / bacho123456<br />
SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong><br />
7
Titelstory<br />
als Wert erhalten und möglichst mehr.<br />
Dazu müssen Sie eine Methode haben,<br />
die Qualität und den Wert der Aktie zu<br />
bestimmen. Eine solche Methode stelle<br />
ich in meinem Buch vor.<br />
Value Investing ist langfristig orientiert<br />
und die stressfreie Methode zum Vermögensaufbau<br />
für jedermann. Mit Spekulationen<br />
und Trading lockt die Aussicht<br />
auf schnellen Gewinn, aber Sie<br />
können auch schnell viel Geld verlieren.<br />
Wahrscheinlich werden Sie auch Geld<br />
verlieren, da Sie gegen Profis spielen.<br />
Beim Value Investing heißt es: zunächst<br />
einmal darauf achten, dass Sie kein<br />
Geld verlieren, und dann von langfristigen<br />
Wertsteigerungen profitieren.<br />
Anstatt sich von der aktuellen Stimmung<br />
an der Börse leiten zu lassen,<br />
sollten sich Anleger Ihrer Ansicht<br />
nach besser für wenige, zukunftsfähige<br />
Branchen entscheiden, in die sie<br />
investieren. Welche Branchen halten<br />
Sie für zukunftsfähig und warum?<br />
In ein langfristig orientiertes Depot gehört<br />
heute auf jeden Fall Big Tech: Microsoft,<br />
Amazon, Apple, Alphabet und<br />
Meta bestimmen unser Leben und werden<br />
dies auch in zehn Jahren noch tun.<br />
Und falls eines dieser Unternehmen verschwinden<br />
sollte, wachsen die anderen<br />
umso mehr. Auch klassische Konsumgüterunternehmen<br />
wie Coca-Cola oder<br />
Nestlé haben ihren Platz im Depot. Aktuell<br />
berücksichtigen wir in unseren Fonds<br />
auch Öl-, Rohstoff- und Minenaktien, da<br />
wir glauben, dass wir am Beginn eines<br />
Rohstoffzyklus stehen.<br />
Gibt es Ihrer Investmentmethode zufolge<br />
überhaupt einen idealen Einstiegszeitpunkt<br />
– und wenn ja, wann<br />
wäre dieser?<br />
Ideale Einstiegszeitpunkte gibt es in Paniken,<br />
wie der Coronapanik 2020 oder<br />
der Finanzkrise 2008. Leider sind die wenigsten<br />
da hartgesotten. Für die meisten<br />
Privatanleger dürfte es besser sein, regelmäßig<br />
nach einem bestimmten Plan<br />
zuzukaufen, zum Beispiel einmal pro<br />
Quartal oder einmal pro Halbjahr. Dann<br />
können Sie von dem Cost-Average-Effekt<br />
profitieren.<br />
»Investiere niemals in ein Unternehmen,<br />
dessen Geschäft du nicht verstehst«,<br />
lautet das Motto von Warren<br />
Buffett. Auch eines Ihrer Anlagekriterien<br />
zielt auf die Verständlichkeit<br />
des Geschäftsmodells ab. Inwiefern<br />
wird so ein Verständnis in einer immer<br />
technologisierter werdenden<br />
Welt schwieriger?<br />
Wir sind in Big Tech investiert. Die Algorithmen<br />
von Google verstehen wir<br />
8 SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong>
Titelstory<br />
»[...] die erste Anlegerpflicht ist es,<br />
Verluste zu vermeiden.«<br />
– Professor Max Otte<br />
natürlich auch nicht. Aber wir sehen,<br />
dass Google die Onlinesuche dominiert<br />
und dass dieser Dienst für die meisten<br />
Menschen fast täglich dazugehört. Deswegen<br />
ist eines der Kriterien, mit denen<br />
ich in meinem Buch Aktien analysiere,<br />
die Frage, ob das Unternehmen Güter<br />
und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs<br />
her- oder bereitstellt.<br />
Seit etwa 30 Jahren sind Sie als Ökonom<br />
aktiv und wenden sich mit Ihren<br />
Börsenbriefen auch öffentlich an private<br />
Anleger. Gab es Momente, in<br />
denen Sie von den Entwicklungen des<br />
Marktes überrascht waren und welche<br />
Learnings haben Sie hieraus gezogen?<br />
Der Markt überrascht einen immer wieder.<br />
Kurz- oder mittelfristig lässt er sich<br />
nicht voraussagen. Deswegen ist es so<br />
wichtig, die Aktien beziehungsweise Unternehmen<br />
zu kennen, in die man investiert<br />
ist. Dann lassen sich Schwankungen<br />
besser aushalten.<br />
Je länger ich an der Börse aktiv bin, desto<br />
mehr neige ich dazu, meine Investmententscheidungen<br />
radikal zu vereinfachen.<br />
Warren Buffett sprach einmal<br />
davon, dass sein wichtigstes Analyseinstrument<br />
der Papierkorb ist. Wenn er<br />
einen Zweifel an einer Investmentidee<br />
hat, kommt diese in den Papierkorb. Es<br />
wird sich bestimmt eine andere Investmentidee<br />
auftun.<br />
Könnten den Anlegern durch Buffetts<br />
Grundsatz nicht auch gute Investitionen<br />
entgehen – Buffett hat<br />
ja beispielsweise bereut, nicht schon<br />
früher in Apple investiert zu haben?<br />
Natürlich entgehen einem manchmal<br />
Gewinne. Das ist mir auch schon oft passiert.<br />
Aber die erste Anlegerpflicht ist es,<br />
Verluste zu vermeiden.<br />
Bilder: IMAGO / Westend61, Gerry Nitsch<br />
Prof. Dr. Max Otte ist Unternehmer und<br />
Fondsmanager. Er hat sich als Ökonom und<br />
Bestsellerautor (14 SPIEGEL-Bestseller)<br />
sowie die präzise Voraussage der Finanzkrise<br />
von 2008 einen Namen gemacht.<br />
SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong><br />
9
Marktkommentar<br />
Ausgeprägte US-Bankenschwäche<br />
– deutliches Warnsignal für Aktienmarkt<br />
Banken spielen in unserem Finanzsystem<br />
eine ganz entscheidende<br />
Rolle. Sie versorgen<br />
die Wirtschaft mit<br />
Krediten und helfen Unternehmen<br />
bei der Beschaffung von Eigenkapital.<br />
Im Verbund mit den Zentralbanken<br />
bilden sie das Herzstück<br />
einer modernen Volkswirtschaft.<br />
Wenn es im Bankensektor zu ernsthaften<br />
Problemen kommt, leidet die gesamte<br />
Wirtschaft. Das hat die Finanzkrise des<br />
Jahres 2008 wieder einmal eindrücklich<br />
gezeigt, indem sie zu dem stärksten Konjunktureinbruch<br />
seit der Weltwirtschaftskrise<br />
der 1930er Jahre führte. Damals<br />
hatten sich fast alle Großbanken der USA<br />
und Europas mit Immobilienkrediten so<br />
sehr verzockt, dass sie ohne massive Rettungsaktionen<br />
der Zentralbanken und<br />
Regierungen pleitegegangen wären.<br />
BANKENPLEITEN SIND<br />
WARNZEICHEN<br />
Viele Monate bevor diese Finanzkrise<br />
für Schlagzeilen sorgte, geriet die US-Investmentbank<br />
Bear Sterns bereits in eine<br />
Schieflage. Um ihren Zusammenbruch zu<br />
verhindern, wurde das Institut mit Hilfe der<br />
US-Zentralbank von JPMorgan Chase, der<br />
größten Bank Amerikas, übernommen.<br />
Die von den Notenbankern gehegte Hoffnung,<br />
auf diese Weise eine größere Krise<br />
zu verhindern, erfüllte sich allerdings<br />
nicht. Im Kontext des Geschehens, das<br />
später als Finanzkrise bezeichnet wurde,<br />
waren die Probleme von Bear Sterns nur<br />
ein Vorgeschmack auf kommende Ereignisse.<br />
Dieses deutliche Warnsignal wurde<br />
damals jedoch weitgehend ignoriert.<br />
15 Jahre später, im März und Mai 2023,<br />
kam es in den USA erneut zu drei sehr<br />
großen Bankenpleiten: Silicon Valley<br />
Bank, Signature Bank und First Republic<br />
Bank mussten ihre Pforten schließen.<br />
Sie könnten sich als ein ähnlich<br />
deutliches und auch dieses Mal wieder<br />
weitgehend ignoriertes Warnsignal erweisen,<br />
wie die Pleite von Bear Sterns<br />
im März 2008.<br />
BANK OF AMERICA- UND CITI-<br />
GROUP-AKTIEN AUF NEUEN TIEFS<br />
Inzwischen kommen von weiteren US-<br />
Banken bedenkliche Signale. Wie Sie auf<br />
dem folgenden Chart sehen, ist die Aktie<br />
der Bank of America, des zweitgrößten<br />
Finanzinstituts der USA, auf neue Jahrestiefs<br />
gefallen. Sie notiert deutlich unter<br />
den Oktober-2022-Tiefs und hat sich<br />
seit Januar 2022 fast halbiert. Bei der<br />
Citigoup, bei Morgan Stanley und einigen<br />
anderen großen US-Banken sieht die<br />
Lage ähnlich aus.<br />
10 SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong>
Marktkommentar<br />
BANK OF AMERICA IN US-DOLLAR, 2021 BIS 2023<br />
Die Aktie der zweitgrößten US-Bank ist bereits unter ihr Oktober-2022-Tief gefallen<br />
– ein weiteres Warnsignal für die gesamte Börse und die Konjunktur.<br />
Bilder: Depositphotos / haveseen, IMAGO / ABACAPRESS (Niviere David), wirtschaft tv, Grafik: StockCharts.com<br />
Die ausgeprägte Schwäche des Bankensektors<br />
deutet nicht nur auf zunehmenden<br />
Stress im Finanzsystem<br />
hin. Aufgrund der oben beschriebenen<br />
gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der<br />
Banken ist sie ein Warnsignal für die<br />
gesamte Wirtschaft – und ausdrücklich<br />
auch für die Börse.<br />
FORTSETZUNG DER AKTIENBAISSE<br />
Unsere Analysen und Indikatoren lassen<br />
keinen Zweifel daran, dass an den Börsen<br />
erneut eine Phase größten Risikos<br />
begonnen hat. Darüber hinaus geben<br />
die makroökonomischen Frühindikatoren<br />
ausdrücklich keine Entwarnung, sondern<br />
kündigen in aller Deutlichkeit eine<br />
Rezession an. Die hier skizzierten Warnzeichen<br />
des Bankensektors bestätigen<br />
diese Lagebeurteilung eindringlich.<br />
Passend dazu haben der S&P 500, der<br />
NASDAQ 100 und auch der DAX ihre<br />
Bearmarketrallys, die im Oktober 2022<br />
begonnen hatten, mit klaren charttechnischen<br />
Verkaufssignalen beendet. Das<br />
alles deutet auf eine Fortsetzung der Aktienbaisse<br />
in den kommenden Wochen<br />
und Monaten hin. Als konservativer Anleger<br />
sollten Sie jetzt mehr denn je auf<br />
ein striktes Risikomanagement achten<br />
und sich Gedanken darüber machen,<br />
wieviel Börsenrisiko Sie tatsächlich zu<br />
tragen gewillt sind.<br />
Wenn es im Bankensektor<br />
zu ernsthaften<br />
Problemen<br />
kommt, leidet die<br />
gesamte Wirtschaft.<br />
Der Autor<br />
Claus Vogt ist Finanzanalyst, Buchautor<br />
und Verfasser von »Krisensicher Investieren«.<br />
Den Gold-Preisbänder-Indikator<br />
nutzt er für Prognosen im Edelmetallsektor.<br />
SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong><br />
11
Wissen<br />
»Aus Krisen<br />
werden Chancen«<br />
CHRISTIAN HICK IM INTERVIEW ÜBER DIE POTENZIALE DER DIGITALISIERUNG<br />
Deutschland hat bei der Digitalisierung<br />
noch einiges<br />
aufzuholen. Im Gesundheitssektor<br />
beispielsweise<br />
wird der Prozess durch<br />
das Krankenhauszukunftsgesetz<br />
aktuell forciert, allein dort stehen<br />
4,3 Milliarden Euro an Fördergeldern<br />
zur Verfügung, um die Krankenhäuser<br />
auf den neuesten Stand<br />
zu bringen. Für die Kliniken braucht<br />
es nun Digitalisierungspartner, die<br />
den Prozess einleiten und langfristig<br />
begleiten. Und das bietet Anlegern<br />
neue Möglichkeiten für ein<br />
Investment, wie Christian Hick in<br />
unserem Interview erklärt.<br />
Herr Hick, Bundesgesundheitsminister<br />
Karl Lauterbach will mit seiner Digitalisierungsstrategie<br />
das Gesundheitswesen<br />
auf den neuesten Stand<br />
bringen. Welche Möglichkeiten bieten<br />
sich für Investoren, in diesen Prozess<br />
zu investieren?<br />
Die Corona-Krise hat die Schwachstellen<br />
unseres Gesundheitssystems aufgezeigt.<br />
Aber aus Krisen entstehen bekanntlich<br />
die größten Chancen. Man hat sehr genau<br />
gemerkt, dass es zu wenig Personal<br />
im Gesundheitssystem gibt, man aber<br />
insbesondere im stationären Bereich<br />
durch modernere Prozesse die Abläufe<br />
für Personal und Patient deutlich erleichtern<br />
kann. Ähnlich wie bei einer Flugreise,<br />
bei der Sie ja am Flughafen auch<br />
nicht an jeder Kontrollstelle ein Klemmbrett<br />
mit Ihren persönlichen Daten ausfüllen<br />
müssen und bei der Sie Leittafeln<br />
mit Ihren Flugdaten im Flughafengebäude<br />
zielgenau zum richtigen Gate führen.<br />
Verglichen mit dem derzeitigen Stand<br />
vieler Krankenhäuser fühlt sich das<br />
in der Klinik noch an, als sei man in<br />
einem anderen Jahrhundert. Daher<br />
entstehen hier gerade hohe Investitionsvolumen<br />
und damit auch große<br />
Anlagechancen – wenn man die richtigen<br />
Teilbranchen kennt.<br />
Man muss den Weg der Digitalisierung<br />
sicher als Entwicklungsphase<br />
ansehen, irgendwann ist der Status<br />
quo in Deutschland, wie er sein sollte.<br />
Ist ein Investment in diesen Bereich<br />
also temporär?<br />
Investitionen in neue Technologien wie<br />
das Internet, den Mobilfunk oder die Digitalisierung<br />
sind selten von kurzfristiger<br />
Natur. Wenn man jetzt mit den richtigen<br />
Firmen zusammenarbeitet, kann man<br />
für eine längere Zeit Geld verdienen. Vor<br />
allem, weil auch die IT-Abteilungen der<br />
Krankenhäuser gar nicht alles auf einmal<br />
implementiert bekommen.<br />
Wir sprechen also von einem Marathon,<br />
nicht von einem Sprint. Und die Firmen,<br />
die es jetzt schaffen, sich im Rahmen<br />
des Krankenhauszukunftsgesetzes im<br />
Herzstück der Krankenhäuser – nämlich<br />
der zentralen Patientenaufnahme – zu<br />
positionieren, werden der langfristige<br />
Digitalisierungspartner dieser Kliniken<br />
bleiben. Diese Firmen sind besonders<br />
12 SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong>
Wissen<br />
Bilder: DF MedTech Europe GmbH, OPASCA GmbH-Mannheim<br />
interessant für renditestarke Kooperationen.<br />
Denn das sind die Firmen, die<br />
gekommen sind, um zu bleiben.<br />
Wie spekulativ ist es für Investoren,<br />
in die Digitalisierung zu investieren?<br />
Zentralbanken haben durch Niedrigzinsen<br />
und neu erschaffenes Geld dafür<br />
gesorgt, dass der Aktienmarkt seit 2009<br />
regelrecht aufgeblasen wurde und ein<br />
Niveau erreicht hat, das selbst viele Analysten<br />
kritisch sehen. Ich würde im Segment<br />
Digitalisierung das systemrelevante<br />
Gesundheitswesen auswählen und das<br />
Aktienmarktrisiko dabei komplett eliminieren<br />
– ohne dabei auf Rendite zu verzichten.<br />
Solche Möglichkeiten ergeben<br />
sich aus Kooperationen von Geld und<br />
Know-how bei nicht börsennotierten<br />
Unternehmen. Und das bietet dem Anleger<br />
gleichzeitig kurze Anlagedauern und<br />
eine Teilnahme am Gewinn dieser Unternehmen,<br />
ohne das Kursrisiko der Börse.<br />
Dieses Risikoprofil würde ich derzeit definitiv<br />
bevorzugen, damit es für den Investor<br />
gerade nicht spekulativ wird und er<br />
zudem auch kurze Anlagedauern nutzen<br />
kann, um die Inflation zu schlagen.<br />
Aktien vieler Technologieunternehmen<br />
haben sich in der jüngsten Vergangenheit<br />
als rentabel erwiesen.<br />
Wird das ein langanhaltender Trend?<br />
Ich glaube, hier entsteht gerade ein ganz<br />
anderes Segment. Die Unternehmen, die<br />
in diesem Bereich als Know-how-Führer<br />
gelten, sind noch gar nicht an der Börse.<br />
Denn das Thema ist neu und die Spezialisierung<br />
hoch. Da sind in den letzten<br />
Jahren Start-ups entstanden, die schon<br />
wenige Jahre später solide Mittelständler<br />
geworden sind. Sich mit diesen Unternehmen<br />
zusammenzutun und ihnen<br />
durch Kapital die Umsetzung zusätzlicher<br />
Aufträge zu ermöglichen, ist ein ganz<br />
anderer Ansatz. Denn man profitiert als<br />
Anleger direkt von der Rentabilität einzelner<br />
Aufträge, ohne lange in das Unternehmen<br />
investieren zu müssen!<br />
Genau hier entsteht der tolle Zusammenschluss<br />
zwischen Know-how und<br />
Kapital! Diese Unternehmen werden in<br />
zehn Jahren alle sehr viel Geld verdient<br />
haben. Aber jetzt, am Anfang, brauchen<br />
Sie noch eine helfende Hand in Sachen<br />
Liquidität, um einzelne Aufträge annehmen<br />
zu können, die dann aber sehr rentabel<br />
sind. Daher kann auch der Geldgeber<br />
mit einem äußerst attraktiven Ertrag<br />
rechnen. Das ist eine einmalige Chance<br />
in dieser stabilen und systemrelevanten<br />
Branche der stationären Gesundheitsversorgung<br />
in Deutschland.<br />
Einige Branchen werden mit Fördergeldern<br />
dabei unterstützt, Fristen für<br />
die Digitalisierung einzuhalten, zum<br />
Beispiel auch das Gesundheitswesen.<br />
Dadurch kommt natürlich mehr<br />
Tempo in den Prozess. Ist es für Investoren<br />
nicht schon zu spät, davon<br />
zu profitieren?<br />
Ganz im Gegenteil. Das von Jens Spahn<br />
bereits in 2020 initiierte Krankenhauszukunftsgesetz<br />
wurde von den<br />
Christian Hick ist Certified Financial Planner<br />
(CFP) und Business Development Manager<br />
der DF MedTech Europe, einem<br />
Unternehmen, das mit seinen Investoren<br />
Digitalisierungsprojekte in mehr als 70 großen,<br />
zumeist deutschen Kliniken und Unikliniken<br />
vorfinanziert hat. MedTech kooperiert<br />
mit Finanzberatern und Privatanlegern.<br />
»Wenn man jetzt mit den<br />
richtigen Firmen zusammenarbeitet,<br />
kann man<br />
für eine längere Zeit Geld<br />
verdienen.«<br />
Krankenhäusern erst ab dem Jahr 2022<br />
so richtig wahrgenommen. Denn vorher<br />
war man mit Corona beschäftigt. Genau<br />
jetzt geht es in diesem Segment gerade<br />
richtig los. Der Bereich Health-Tec und<br />
die Digitalisierung im Gesundheitswesen<br />
wurden – aus Investorensicht – gerade<br />
erst geboren. Auch unsere in diesem<br />
Segment tätige Firma gibt es erst seit<br />
2022, weil genau hier klar wurde, was in<br />
diesem Segment in den nächsten Jahren<br />
zu verdienen ist. MK<br />
SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong><br />
13
Börse<br />
14 SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong>
Börse<br />
Auszug aus dem Buch »Intelligent investieren« von Benjamin Graham<br />
Das richtige<br />
Timing<br />
beim Aktienhandel<br />
Der Investor und die Schwankungen an der Börse<br />
Bild: IMAGO / UPI Photo<br />
In dem Ausmaß, in dem das Anlagekapital<br />
eines Investors in erstklassigen<br />
Anleihen mit relativ kurzer Restlaufzeit<br />
angelegt ist – etwa sieben Jahre<br />
oder weniger –, wird er nicht stark<br />
von Veränderungen der Marktpreise<br />
beeinflusst und braucht auch nicht<br />
besonders darauf zu achten.<br />
(Dies gilt auch für die US-<br />
Savings-Bonds, die er immer<br />
zum Einstandspreis<br />
oder höher zurückgeben<br />
kann.) Seine<br />
langfristigeren<br />
Anleihen machen<br />
während<br />
ihrer Laufzeit<br />
relativ weite Kursausschläge durch, und<br />
sein Aktienportfolio wird mit ziemlicher<br />
Sicherheit immer wieder über einige<br />
Jahre hinweg Wertschwankungen unterworfen<br />
sein. Der Investor sollte diese<br />
Möglichkeiten kennen und darauf sowohl<br />
finanziell als auch psychologisch<br />
vorbereitet sein. Er wird sich bemühen,<br />
von den Schwankungen im Marktniveau<br />
zu profitieren – sicherlich von einem<br />
Kursanstieg seiner Aktienbeteiligungen<br />
im Zeitablauf, vielleicht auch durch Käufe<br />
und Verkäufe zu vorteilhaften Kursen.<br />
Dieses Interesse seinerseits ist unausweichlich<br />
und auch legitim. Doch birgt<br />
es auch die konkrete Gefahr, dass er zu<br />
spekulativen Einstellungen und Verhaltensweisen<br />
verführt wird. Für uns ist es<br />
einfach, Ihnen zu empfehlen, nicht zu<br />
spekulieren, Sie aber werden Schwierigkeiten<br />
haben, diesem Rat zu folgen.<br />
Wiederholen wir noch einmal, was wir<br />
am Anfang gesagt haben: Wenn Sie spekulieren<br />
wollen, dann sollten Sie es mit<br />
offenen Augen tun, weil Sie wissen, dass<br />
Sie letztlich Geld verlieren werden. Stellen<br />
Sie sicher, dass Sie das Risiko begrenzen,<br />
und halten Sie dieses Geld vollkommen<br />
getrennt von Ihrem Anlageprogramm.<br />
Zuerst werden wir uns mit dem wichtigen<br />
Aspekt der Kursschwankungen bei<br />
Aktien beschäftigen und später zum Bereich<br />
der Anleihen kommen. In Kapitel 3<br />
stellten wir einen historischen Überblick<br />
des Aktienmarktes über einen Zeitraum<br />
von 100 Jahren vor. In diesem Abschnitt<br />
werden wir immer wieder auf dieses<br />
Datenmaterial zurückkommen, um zu<br />
sehen, was die frühere Leistungsbilanz<br />
dem Investor verspricht – zum einen in<br />
Bezug auf die langfristige Kurssteigerung<br />
eines Portfolios, das relativ unverändert<br />
über Anstiege und Rückschläge hinweg<br />
gehalten wird, zum anderen hinsichtlich<br />
der Käufe in der Nähe eines Bärenmarktes<br />
und des Verkaufs nicht zu weit unter<br />
den Hochs eines Bullenmarktes.<br />
MARKTSCHWANKUNGEN ALS<br />
RICHTLINIE FÜR ANLAGE-<br />
ENTSCHEIDUNGEN<br />
Da Aktien stets Opfer wiederholter und<br />
weiter Kursschwankungen sind, sollte<br />
sich der intelligente Investor überlegen,<br />
ob und wie er von diesen Pendelausschlägen<br />
profitieren kann. Es gibt zwei<br />
mögliche Wege, auf denen dies gelingen<br />
kann: den Weg des Timings und den<br />
Weg des Kurses. Wenn wir von Timing<br />
sprechen, dann meinen wir die Methode,<br />
die Aktionen des Aktienmarkts zu antizipieren<br />
– also zu kaufen und zu halten,<br />
wenn die Kurse wahrscheinlich steigen<br />
werden, und zu verkaufen oder sich bei<br />
Käufen zurückzuhalten, wenn die Kurse<br />
voraussichtlich fallen werden. Mit dem<br />
Ausrichten an Kursen meinen wir das<br />
Seine langfristigeren Anleihen machen während ihrer Laufzeit<br />
relativ weite Kursausschläge durch, und sein Aktienportfolio<br />
wird mit ziemlicher Sicherheit immer wieder über einige Jahre<br />
hinweg Wertschwankungen unterworfen sein.<br />
SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong><br />
15
Börse<br />
Vorhaben, Aktien zu kaufen, wenn sie<br />
unter ihrem fairen Wert notiert sind, und<br />
sie zu verkaufen, sobald sie diesen Wert<br />
überschritten haben. Eine weniger ehrgeizige<br />
Form des Pricing (Kursbeobachtung)<br />
besteht schlichtweg darin, nicht<br />
zu viel zu bezahlen, wenn Sie Aktien<br />
kaufen. Für den defensiven Investor mag<br />
das ausreichen, weil sein Anlageschwerpunkt<br />
darauf liegt, die Titel langfristig zu<br />
halten; dies erfordert nur ein Minimum<br />
an Aufmerksamkeit.<br />
Wir sind überzeugt, dass der intelligente<br />
Investor mit Pricing zufrieden stellende<br />
Ergebnisse erzielen kann. Wir sind uns<br />
aber auch sicher, dass er, wenn er seinen<br />
Schwerpunkt auf das Timing im Sinne von<br />
Prognosen legt, letztlich als Spekulant –<br />
und mit den Ergebnissen eines Spekulanten<br />
– enden wird. Für den Laien wird dieser<br />
Unterschied ziemlich klein sein, und<br />
an der Wall Street wird er nicht allgemein<br />
akzeptiert. Aus Geschäftsgebaren, oder<br />
vielleicht auch aus echter Überzeugung,<br />
scheinen die Aktien-Broker und die Anlageberater<br />
an den Grundsatz gebunden<br />
zu sein, dass sowohl Aktieninvestoren als<br />
auch Aktienspekulanten den Prognosen<br />
zum Aktienmarkt unbedingt Beachtung<br />
schenken sollten.<br />
Wir sind überzeugt: Je weiter man sich<br />
von der Wall Street entfernt, umso mehr<br />
wird man auf Skepsis in Bezug auf Börsenprognosen<br />
und Timing stoßen. Der<br />
Investor kann die zahlreichen Prognosen,<br />
die alltäglich veröffentlicht werden,<br />
kaum ernst nehmen und wird sie<br />
in Frage stellen. Dennoch beachtet er<br />
sie in vielen Fällen und agiert auch entsprechend.<br />
Weshalb? Weil er überredet<br />
wurde, dass es für ihn wichtig sei, sich<br />
über den künftigen Weg der Börse eine<br />
Meinung zu bilden, und weil er das Gefühl<br />
hat, dass die Prognosen der Broker<br />
oder Anlageberater zuverlässiger sind als<br />
seine eigenen.<br />
Das Timing ist für den<br />
Spekulanten von großer<br />
psychologischer Bedeutung,<br />
weil er seine Gewinne schnell<br />
mitnehmen will.<br />
Es würde den Umfang des vorliegenden<br />
Buches sprengen, wenn wir die Vor- und<br />
Nachteile der Börsenvorhersagen in allen<br />
Einzelheiten diskutierten. Viel Geisteskraft<br />
wird auf diesem Gebiet verschwendet,<br />
und zweifelsohne gibt es einige<br />
Leute, die mit guten Aktienanalysen viel<br />
Geld verdienen. Doch ist es absoluter Unsinn<br />
zu glauben, dass die allgemeine Öffentlichkeit<br />
jemals von derartigen Prognosen<br />
profitieren könnte. Denn wer wird<br />
kaufen, wenn die Allgemeinheit, wie auf<br />
ein Signal hin, losrennt und mit Gewinn<br />
verkauft? Wenn Sie erwarten, in einigen<br />
Jahren reich zu sein, weil Sie irgendeinem<br />
System folgen oder einem »Leithammel«<br />
nachlaufen, dann müssen Sie<br />
damit rechnen, dass Sie genau das zu tun<br />
versuchen, was zahllose Konkurrenten<br />
an der Börse ebenfalls tun wollen. Weder<br />
aus logischen Gründen noch aus der Erfahrung<br />
heraus gibt es einen Grund anzunehmen,<br />
dass irgendein typischer oder<br />
durchschnittlicher Investor die künftigen<br />
Marktbewegungen erfolgreicher antizipieren<br />
kann als die Allgemeinheit, zu der<br />
ja auch er zählt.<br />
Es gibt einen Aspekt der »Timing-Philosophie«,<br />
die der Aufmerksamkeit aller<br />
entgangen zu sein scheint. Das Timing<br />
ist für den Spekulanten von großer psychologischer<br />
Bedeutung, weil er seine<br />
Gewinne schnell mitnehmen will. Die<br />
Vorstellung, ein Jahr lang warten zu<br />
müssen, bis der Kurs seiner Aktie steigt,<br />
wirkt auf ihn geradezu abschreckend.<br />
Doch für den Investor hat eine Zeit des<br />
Wartens an sich keine Konsequenzen.<br />
Welchen Vorteil hat er, wenn er sein Geld<br />
gerade nicht investiert hat, bis er ein (vermutlich)<br />
zuverlässiges Signal erhält, dass<br />
es nun an der Zeit sei zu kaufen? Wenn<br />
er sein Geld gerade nicht investiert hat,<br />
dann hat er nur dann einen Vorteil, wenn<br />
er später zu günstigeren Kursen kaufen<br />
kann, die seinen Einkommensverlust<br />
durch fehlende Dividenden ausgleichen<br />
können. Das bedeutet, dass Timing für<br />
den Investor an sich wertlos ist, außer es<br />
trifft mit dem richtigen Kurs zusammen<br />
– das heißt, wenn sich die Möglichkeit<br />
bietet, seine Aktien zu einem Kurs zurückzukaufen,<br />
der wesentlich unter dem<br />
vorherigen Verkaufspreis liegt.<br />
In dieser Hinsicht kann die berühmte<br />
Dow-Theorie für das Timing von Kauf<br />
16 SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong>
Wir sind überzeugt, dass der durchschnittliche Investor mit<br />
Kursbewegungen nicht erfolgreich umgehen kann, wenn er<br />
versucht, diese zu prognostizieren.<br />
und Verkauf auf eine äußerst ungewöhnliche<br />
Geschichte zurückblicken.<br />
Diese Technik erhält ihr Kaufsignal von<br />
einer speziellen Art des »Durchbruchs«<br />
des Aktiendurchschnitts nach oben und<br />
das Verkaufssignal von einem ähnlichen<br />
Durchbruch nach unten. Die kalkulierten<br />
– nicht unbedingt aktuellen – Ergebnisse<br />
dieser Methode wiesen von 1897 bis in<br />
die frühen 60er-Jahre eine fast ununterbrochene<br />
Serie von Gewinnen aus. Auf<br />
der Grundlage dieser Präsentation hätte<br />
sich der praktische Wert der Dow-Theorie<br />
tatsächlich etabliert; Zweifel – wenn<br />
es denn welche gab – hätten sich nur auf<br />
die Zuverlässigkeit der veröffentlichten<br />
Leistungsbilanz als ein Bild dessen bezogen,<br />
was der Dow-Theoretiker tatsächlich<br />
getan hätte.<br />
Ein genaueres Studium der Zahlen lässt<br />
darauf schließen, dass die Qualität der<br />
Ergebnisse der Dow-Theorie sich nach<br />
1938 radikal veränderte – nur wenige<br />
Jahre, nachdem diese Theorie an der Wall<br />
Street ernst genommen wurde. Die spektakuläre<br />
Leistung bestand darin, dass bei<br />
306 Punkten, etwa einen Monat vor dem<br />
Crash von 1929, ein Verkaufssignal gegeben<br />
wurde und die Anhänger dieser<br />
Theorie vor dem riesigen Bärenmarkt bewahrt<br />
wurden, bis sich 1933, bei 84, die<br />
Situation wieder normalisierte. Doch von<br />
1938 an funktionierte die Dow-Theorie<br />
nur noch insofern, als sie den Anhängern<br />
sagte, sie sollten bei einem recht günstigen<br />
Kurs aussteigen und bei einem<br />
höheren Kurs wieder einsteigen. Die<br />
folgenden 30 Jahre wäre man besser gelegen,<br />
wenn man den DJIA nur gekauft<br />
und gehalten hätte.<br />
Unserer Ansicht nach – und auf der<br />
Grundlage vieler Studien zu diesem<br />
Thema – ist die Veränderung der Ergebnisse<br />
der Dow-Theorie kein Zufall.<br />
Sie macht eine angeborene Eigenschaft<br />
der Prognose und des Formel-Tradings<br />
im Bereich Wirtschaft und Finanzen<br />
deutlich. Diese Formeln, die Anhänger<br />
gewinnen und an Bedeutung zunehmen,<br />
funktionieren eine Zeit lang nur,<br />
weil sie plausibel auf die Ergebnisse der<br />
Vergangenheit angewendet wurden.<br />
Wenn die Akzeptanz jedoch zunimmt,<br />
verlieren sie meist ihre Zuverlässigkeit.<br />
Das hat zwei Gründe: Erstens bringt<br />
der Lauf der Zeit neue Bedingungen<br />
mit sich, zu denen die alte Formel nicht<br />
mehr passt. Zweitens hat die Popularität<br />
einer Trading-Theorie an der Börse<br />
selbst einen Einfluss auf das Marktverhalten,<br />
was damit langfristig die rentablen<br />
Chancen mindert. (Die Popularität<br />
etwa der Dow-Theorie scheint ihre<br />
eigene Rechtfertigung zu schaffen,<br />
da sie durch die Aktionen der Anhänger<br />
die Kurse steigen oder fallen lässt,<br />
wenn ein Kaufsignal oder ein Verkaufssignal<br />
gegeben wird. Ein »Ansturm«<br />
dieser Art ist für den normalen Trader<br />
natürlich eine wesentlich größere Gefahr,<br />
als es einen Vorteil darstellt.)<br />
Wir sind überzeugt, dass der durchschnittliche<br />
Investor mit Kursbewegungen<br />
nicht erfolgreich umgehen kann,<br />
wenn er versucht, diese zu prognostizieren.<br />
Kann er davon profitieren,<br />
nachdem sie sich ereignet haben – das<br />
heißt, wenn er nach jedem Abschwung<br />
kauft und nach jedem größeren Aufschwung<br />
verkauft? Die Schwankungen<br />
an der Börse über mehrere Jahre<br />
hinweg im Zeitraum bis 1950 schienen<br />
dieses Vorgehen empfehlenswert zu<br />
machen. Tatsächlich war es ein Kennzeichen<br />
eines »scharfsinnigen« Investors,<br />
dass er in einem Bärenmarkt<br />
kauft, wenn alle anderen verkaufen,<br />
und in einem Bullenmarkt verkauft,<br />
wenn alle anderen kaufen.<br />
Bild: Depositphotos / Elnur_, Cover: FinanzBuch Verlag<br />
»Intelligent investieren«<br />
von Benjamin Graham<br />
640 Seiten<br />
Erschienen: April 2020<br />
FinanzBuch Verlag<br />
ISBN: 978-3-95972-341-1<br />
SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong>
Börse<br />
Alle<br />
Jahre<br />
wieder?<br />
Wie die Jahresendrallye das<br />
Anlageverhalten beeinflusst<br />
Wird es 2023 wieder<br />
eine Jahresendrallye<br />
geben? Spätestens mit<br />
Anbruch des vierten<br />
Quartals wird diese<br />
Frage erneut unter Anlegern diskutiert,<br />
hofft man doch wie jedes Jahr auf einen<br />
deutlichen Anstieg der Aktienkurse während<br />
des letzten Quartals. Doch ist auf<br />
ein solches Börsenhoch zum Jahresende<br />
eigentlich tatsächlich Verlass? Und lohnt<br />
es jetzt noch, das Portfolio zu überprüfen?<br />
Wir haben uns das Thema einmal<br />
genauer angesehen.<br />
MEHR ALS EIN MYTHOS<br />
Um es gleich vorwegzunehmen: Statistisch<br />
völlig von der Hand zu weisen ist die<br />
Jahresendrallye jedenfalls nicht. Immerhin<br />
schloss der DAX seit seiner Einführung<br />
vor 35 Jahren lediglich viermal mit einer<br />
negativen Bilanz im letzten Quartal. Zuletzt<br />
sei dies im Jahr 2<strong>01</strong>8 der Fall gewesen,<br />
berichtet das »Comdirect <strong>Magazin</strong>«.<br />
Kommt es hingegen in dieser Phase zu<br />
einem Anstieg der Aktienkurse, kann<br />
dies besonders eine hohe Rendite für<br />
die Anleger bedeuten. Immerhin erhöht<br />
der DAX seine Performance in einem<br />
solchen Zeitraum durchschnittlich<br />
um sieben Prozent.<br />
Das Phänomen der außergewöhnlich<br />
hohen Kurse zum Ende eines Jahres hin<br />
betrifft bei Weitem nicht nur Deutschland,<br />
sondern kann auch bei anderen<br />
Aktienindizes beobachtet werden, wenn<br />
auch bei einer genaueren Betrachtung<br />
kleinere Unterschiede zwischen den Jahresendrallyes<br />
einzelner Länder ersichtlich<br />
werden. So zeigt etwa eine Analyse des<br />
»HQ Trust« aus dem Jahr 2<strong>01</strong>9, dass in<br />
den USA der Dezember zu den Monaten<br />
zählt, in denen insbesondere mit hohen<br />
Erträgen aus dem S&P 500 zu rechnen<br />
ist. Dagegen spielen die ertragsreichsten<br />
Monate in Deutschland – November und<br />
März – für diesen Aktienindex nur eine<br />
untergeordnete Rolle.<br />
Und auch das Fazit der »HQ-Trust«-Analyse,<br />
eine Jahresendrallye gebe es nur in<br />
guten Jahren, lässt sich nicht ohne Weiteres<br />
auf den deutschen Markt übertragen.<br />
Zwar setzte sich im Jahr 2<strong>01</strong>8<br />
die insgesamt negative Entwicklung des<br />
DAX auch bis in den Dezember fort, dagegen<br />
zogen in 2002 – einem Jahr, das<br />
in Deutschland zu den wirtschaftlich<br />
Das Phänomen der<br />
außergewöhnlich<br />
hohen Kurse zum<br />
Ende eines Jahres<br />
hin betrifft bei<br />
Weitem nicht nur<br />
Deutschland, [...].<br />
18 SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong>
Börse<br />
schwächsten zählt – die Kurse am Jahresende<br />
noch einmal überraschend an.<br />
»Doch als keiner mehr an die Wende<br />
glaubte, drehte der Markt. Verschollen<br />
geglaubte Käufer katapultierten den<br />
Dax binnen Tagen auf über 3400 Punkte«,<br />
beschrieb der »Tagesspiegel« die<br />
damalige Entwicklung.<br />
STATISTIK NICHT ALLEIN<br />
AUSSCHLAGGEBEND<br />
Vor diesem Hintergrund erscheint auch<br />
eine Mahnung verständlich, die das<br />
»Deutsche Aktieninstitut« 2005 veröffentlichte:<br />
Anleger sollten sich nicht<br />
von statistischen Phänomenen wie der<br />
Jahresendrallye in ihren Entscheidungen<br />
beeinflussen lassen, hieß es darin. Ob<br />
und in welcher Intensität die Konjunktur<br />
einen Aufschwung erlebe, sei schließlich<br />
von zahlreichen, mitunter schwer vorherzusagenden<br />
Faktoren abhängig. Investments<br />
in Abhängigkeit von der Jahreszeit<br />
zu tätigen, sei daher nicht ratsam.<br />
Dass wirtschaftliche, politische und andere<br />
globale Ereignisse den Verlauf des<br />
letzten Quartals erheblich beeinflussen<br />
können, bestätigt auch der Portfoliomanager<br />
und Buchautor Mario Lüddemann.<br />
Auf seiner Webseite spricht er<br />
sich dennoch dafür aus, zu Beginn des<br />
Oktobers in den DAX ein- und am Ende<br />
des Dezembers wieder aus diesem auszusteigen.<br />
Schließlich gebe es neben der<br />
bereits angesprochenen statistischen<br />
Korrelation auch stichhaltige Erklärungen<br />
für einen Anstieg der Aktienkurse<br />
gegen Ende des Jahres.<br />
daraus resultierenden Anlageverhalten<br />
sogar noch einen weiteren Aspekt hinzu:<br />
die Rolle der selbsterfüllenden Prophezeiung.<br />
Demnach sei es möglich, dass allein<br />
die Erwartungshaltung die Börsenkurse<br />
antreiben könne.<br />
BLEIBT DIE BÖRSENBESCHERUNG<br />
DIESMAL AUS?<br />
Und so blickt die Börsenwelt auch diesmal<br />
den letzten Wochen des Jahres erwartungsvoll<br />
entgegen. Doch ist eine<br />
Jahresendrallye tatsächlich realistisch?<br />
Der DAX ließ nach Erreichen der Höchstwerte<br />
im Sommer zuletzt spürbar nach,<br />
während die Ölpreise zusehends anstiegen.<br />
Bremst das die Erwartungen an ein<br />
ertragreiches Jahresende?<br />
Immerhin wurden aufgrund dieser Ereignisse<br />
bereits Stimmen laut, in diesem<br />
Jahr könne die Rallye, sofern sie überhaupt<br />
stattfinde, deutlich verhaltener<br />
ausfallen. Im Hinblick auf die US-Börsen<br />
erklärte beispielsweise der als »Wallstreet-Bär«<br />
bekannte Mike Wilson, die<br />
durchschnittliche Aktie sei technisch bereits<br />
zusammengebrochen.<br />
Und auch für den DAX sind die Aussichten<br />
derzeit eher wenig positiv:<br />
Erst unlängst prognostizierte etwa der<br />
Internationale Währungsfonds, dass<br />
Deutschland der einzige Industriestaat<br />
sei, dessen Wirtschaft 2023 schrumpfen<br />
würde. Dennoch wollte man sich noch<br />
nicht von dem Gedanken einer Jahresendrallye<br />
verabschieden. So analysierte<br />
es jedenfalls der Experte für Trading-<br />
Psychologie und Bestsellerautor Roland<br />
Ullrich im wirtschaft tv Börsentalk. Die<br />
eher durchwachsenen Herbstmonate<br />
seien seiner Einschätzung nach jedenfalls<br />
kein Indikator für ein Ausfallen<br />
des beinahe regelmäßigen Ereignisses<br />
– eine konkretere Voraussage allerdings<br />
könne angesichts der derzeit sehr undurchschaubaren<br />
finanzpolitischen Lage<br />
kaum getroffen werden. »Trader müssen<br />
aufpassen, ob sie sich darauf einlassen<br />
wollen«, erklärte er hier noch im<br />
Oktober; eine Einschätzung, die er mit<br />
einem Plädoyer fürs Abwarten schloss:<br />
»Wir müssen jetzt einfach sehen, wie<br />
die nächsten Wochen über die Bühne<br />
gehen«, lautete noch im Oktober sein<br />
Fazit zu diesem Thema. AS<br />
Und so blickt die Börsenwelt auch diesmal<br />
den letzten Wochen des Jahres<br />
erwartungsvoll entgegen.<br />
Neben der Tatsache, dass viele Unternehmen<br />
in diesem Zeitraum ihre Quartalsergebnisse<br />
veröffentlichten, komme<br />
es in dieser Spanne auch vermehrt zum<br />
sogenannten »Window Dressing«: Einige<br />
Investoren und Unternehmen seien<br />
also bestrebt, ihre Bilanzen in einem<br />
möglichst guten Licht erscheinen zu lassen.<br />
Dies habe schon so manchen Aktien<br />
Aufwind verschafft.<br />
Bilder: Depositphotos / imagebrokermicrostock, IMAGO / Sven Simon<br />
Darüber hinaus erscheine in den letzten<br />
Monaten des alten Jahres auch das<br />
neue in greifbarer Nähe; ein Umstand,<br />
der – ebenso wie die Auszahlung des<br />
Weihnachtsgelds – zu einer optimistischen<br />
Stimmung auf dem Markt und zu<br />
einem erhöhten Aufkommen an Investitionen<br />
beitrage.<br />
Mit diesen Beobachtungen steht Lüddemann<br />
nicht allein da, werden sie doch<br />
auch von weiteren Börseninsidern, unter<br />
anderem vom »Deutschen Aktieninstitut«<br />
selbst, bestätigt. Dieses fügt trotz<br />
seiner skeptischen Grundhaltung zur<br />
Planbarkeit der Jahresendrallye und dem<br />
SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong><br />
19
Immobilien<br />
Ein Gastbeitrag von Benjamin Mudlack<br />
Die Krise im<br />
Bausektor als Folge<br />
der Geldpolitik<br />
Das Angebot an Wohnraum ist<br />
mittlerweile extrem knapp. So<br />
knapp, dass die Politik sich<br />
einmal mehr als Retter in der<br />
Not aufzuspielen versucht.<br />
Die Bauverbände fordern symptomlindernde<br />
Umverteilung durch Milliardenpakete.<br />
Die Medien, Verbände und auch<br />
Politiker verkennen jedoch den Einfluss<br />
der Geldpolitik und gehen nicht den<br />
elementaren Ursachen auf den Grund.<br />
Die allgemeine Oberflächlichkeit in der<br />
Analyse und in Bezug auf wohlwollend<br />
klingende Scheinlösungen scheint ein<br />
zeitgenössisches Phänomen zu sein.<br />
AUF DIE RAUSCHENDE PARTY FOLGT<br />
NUN DER KATER<br />
Noch vor 2022 feierte die Baubranche,<br />
im Wesentlichen bedingt durch<br />
die Politik des lockeren Geldes, eine<br />
scheinbar nicht enden wollende Party.<br />
Der Sektor boomte und die Auftragsbücher<br />
von Bauunternehmen und<br />
Handwerkern waren teilweise schon<br />
für das Folgejahr prall gefüllt. Auch die<br />
Immobilienprojektgesellschaften hatten<br />
Hochkonjunktur und wetteiferten miteinander,<br />
wenn es darum ging, die besten<br />
Grundstücke für ihre Bauprojekte zu<br />
erhaschen. Immobilienverkäufer hatten<br />
leichtes Spiel, denn die Objekte erzielten<br />
im Rahmen von Bieterverfahren exorbitante<br />
Verkaufserlöse.<br />
Ab der zweiten Jahreshälfte 2020 explodierten<br />
plötzlich die Preise in nicht wenigen<br />
Märkten für Baumaterialien. Einige<br />
Produkte waren gar nicht lieferbar. Auf<br />
20 SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong>
Immobilien<br />
die Party folgten erste Kopfschmerzen,<br />
die sich im Rahmen der Energiekrise zu<br />
einem handfesten Kater auswuchsen. Die<br />
Sündenböcke für Politik und Medienvertreter<br />
waren mit dem Virus und dem Krieg<br />
in der Ukraine schnell gefunden. Weniger<br />
bis gar nicht ging man kritisch mit den politischen<br />
Maßnahmen rund um das Virus<br />
oder der Sanktionspolitik um. Diese Maßnahmen<br />
beeinträchtigten das Angebot<br />
an Importwaren und Rohstoffen deutlich<br />
und ganze Lieferströme versandeten.<br />
In jedem Fall haben die Maßnahmen den<br />
Prozess der allgemeinen wirtschaftlichen<br />
Schwäche und der Geldverschlechterung<br />
(Inflationierung der Geldmenge durch<br />
die Ausweitung der Staatsschulden)<br />
deutlich beschleunigt. Die Tatsache, dass<br />
die »Politik des leichten Geldes« unnatürliche<br />
Konjunkturzyklen verursacht,<br />
findet in der öffentlichen Debatte bis<br />
heute kaum Beachtung. Dabei zeichnen<br />
die Fakten und historischen Abläufe ein<br />
eindeutiges Bild.<br />
BOOM- UND BUST-ZYKLEN<br />
IN ALLER KÜRZE<br />
Wann immer es zu Krisen kommt, wird<br />
der Ruf laut, dass die Politik und die Zentralbanken<br />
zu intervenieren haben, um<br />
Bilder: Depositphotos / vladrad / gearstd<br />
Noch vor 2022 feierte<br />
die Baubranche, im<br />
Wesentlichen bedingt<br />
durch die Politik des<br />
lockeren Geldes, eine<br />
scheinbar nicht enden<br />
wollende Party.<br />
SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong><br />
21
Immobilien<br />
die Wirtschaft zu stimulieren bzw. die<br />
allgemeine Nachfrage anzukurbeln. Die<br />
aktuellen Diskussionen und Krisensitzungen<br />
rund um den Wohnungsmangel bestätigen<br />
dies.<br />
Wenn die Regierungen eingreifen, verschulden<br />
sie zumeist den Staat (im Endeffekt die<br />
Nettosteuerzahler) mithilfe der Geschäftsbanken<br />
und Zentralbanken. Durch die neuen<br />
Staatsschulden wächst die Geldmenge<br />
(Inflation) und der Tauschwert (Kaufkraft)<br />
des Geldes sinkt in Relation zu anderen<br />
Gütern. Die Tauschkraftminderungseffekte<br />
haben enteignende Wirkung für Sparer<br />
und Nominalwert-Gläubiger. Sie zahlen<br />
buchstäblich die Zeche. Die Zentralbanken<br />
senken parallel zur Geldmengenausweitung<br />
die sogenannten Leitzinsen.<br />
Die Zinsen liegen durch diesen manipulativen<br />
Markteingriff im Regelfall deutlich<br />
unter dem natürlichen Zinsniveau, welches<br />
sich auf Basis eines Markzinses und<br />
unter Berücksichtigung der individuellen<br />
Sparneigung der Menschen (sogenannte<br />
Zeitpräferenzrate) und der Kreditnachfrage<br />
einpendeln würde.<br />
Irgendwann steigen die Preise derart, dass die<br />
ursprünglichen Kalkulationen nicht mehr aufgehen<br />
und sich der Boom in einen Bust umkehrt.<br />
Durch die unnatürlich niedrigen Zinsen<br />
rechnen sich plötzlich auch weniger rentable<br />
Projekte, die sich bei einem Marktzins<br />
nicht rentieren würden. Es kommt<br />
zur Fehlleitung und Verschwendung von<br />
Ressourcen (Arbeit, Kapital, Rohstoffe<br />
usw.) und die betreffenden Volkswirtschaften<br />
bauen Ungleichgewichte auf,<br />
indem Kapital, Arbeit und Ressourcen<br />
wohlstandsmindernd in ineffizienten<br />
Verwendungen gebunden werden.<br />
Durch das relativ billige, neu entstandene<br />
Geld wird durch diese Umstände ein<br />
substanzarmer Boom ohne nennenswerte<br />
Produktivitätsfortschritte (seit 2007<br />
kann Deutschland keine Fortschritte vorweisen)<br />
in Gang gesetzt. Die allgemein<br />
gestiegene Nachfrage führt zu einem<br />
regelrechten Konkurrenzkampf um Arbeitskräfte,<br />
Rohstoffe, Baumaterialien<br />
und so weiter. Das Angebot in den genannten<br />
Märkten kann mit dem Nachfragewachstum<br />
nicht Schritt halten. Die Folge<br />
der relativen Dominanz der Nachfrage<br />
sind höhere Preise. Irgendwann steigen<br />
die Preise derart, dass die ursprünglichen<br />
Kalkulationen nicht mehr aufgehen und<br />
sich der Boom in einen Bust umkehrt. Aus<br />
geplanten Gewinnen werden Verluste, es<br />
kommt zu Insolvenzen, Arbeitslosigkeit,<br />
Zahlungsausfällen, Bankenkrisen, rückläufigem<br />
Steueraufkommen, wachsenden<br />
Defiziten in öffentlichen Haushalten<br />
und im Extremfall zur finanziellen Schieflage<br />
gesamter Staaten beziehungsweise<br />
Volkswirtschaften.<br />
Durch die dynamischen Teuerungsraten<br />
erhöht sich der öffentliche Druck auf<br />
die Zentralbanken. Um der Teuerung<br />
geldpolitisch zu begegnen, erhöhen die<br />
Zentralbanken publikumswirksam den<br />
Leitzins, um die Nachfrage zu drosseln,<br />
damit die Preissteigerungen abnehmen.<br />
Der Effekt der Krise, des »Busts«, wird<br />
durch diesen marktfernen Eingriff der<br />
Zentralbank zusätzlich beschleunigt. An<br />
dieser Stelle befindet sich die Zentralbank<br />
in einer Zwickmühle und sie würgt<br />
die Wirtschaft zusätzlich ab, obwohl sie<br />
eigentlich die Wirtschaft durch billiges<br />
Geld ankurbeln müsste. Ein klassischer<br />
»Double bind«, der kennzeichnend ist<br />
für die Dysfunktionalität der geldpolitischen<br />
Maßnahmen.<br />
Das Wechselspiel aus zunächst herunterregulierten<br />
und später steigenden Zinsen<br />
lässt den vom österreichischen Ökonomen<br />
Ludwig von Mises (1881-1973) vor<br />
mehr als 100 Jahren entdeckten zinsund<br />
geldbasierten Konjunkturzyklus aus<br />
Boom und Bust entstehen. Das, was<br />
Mises in der Theorie beschrieb, lässt sich<br />
aktuell anhand der Geschehnisse im Bausektor<br />
– und auch in anderen Branchen<br />
– in der Praxis beobachten.<br />
22 SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong>
Buchtipps<br />
Grafiken: Benjamin Mudlack<br />
DIE OFFENBAR »VERGESSENE« KRISE<br />
NACH 2007<br />
Die Parallelen zu der Finanzkrise nach<br />
2007 sind frappierend. Auch vor 2007<br />
war gerade in den USA und Südeuropa<br />
ein enormer Boom im Immobilienbereich<br />
zu identifizieren. Auslöser des Booms<br />
war auch damals die Politik des billigen<br />
Geldes. Die Zinsen wurden durch die<br />
Zentralbanken, wie in der aktuellen Zeit,<br />
in die Krise hinein angehoben. Bezogen<br />
auf die Eurozone von 2 Prozent im Jahr<br />
2006 auf 4,25 Prozent im Jahr 2008. Es<br />
folgten die Finanz- und Eurokrise (Bust)<br />
und so wurden die Leitzinsen schrittweise<br />
bis ins Jahr 2<strong>01</strong>6 auf 0 Prozent durch<br />
die zentralverwaltende Entscheidung der<br />
EZB-Räte herabgesetzt. Die »Politik des<br />
leichten Geldes« ließ die Geldmenge<br />
und Zentralbankbilanz durch die Kreditausweitungen<br />
nach 2007 erheblich ansteigen.<br />
Es folgten die spürbaren Teuerungsraten,<br />
zuerst in den Märkten für<br />
Vermögensgüter (Immobilien, Aktien<br />
usw.), später auch in den Konsumgütermärkten,<br />
und so hob die EZB den Leitzins<br />
in zehn Zinsschritten von Sommer<br />
2022 bis September 2023 von 0 Prozent<br />
auf 4,5 Prozent an.<br />
Gesellschaftlich ist der Erkenntnisgewinn<br />
im Rahmen der Finanz- und Eurokrise in<br />
Bezug auf die desaströsen Interventionen<br />
von Politik und Zentralbanken ganz offensichtlich<br />
ausgeblieben. Die Menschen<br />
haben es zugelassen, dass man der Krise<br />
nach 2007 mit den identischen Mitteln<br />
begegnete, wegen der sie überhaupt erst<br />
entstanden ist. So war der Weg frei für<br />
einen neuen noch größeren Boom- und<br />
Bust-Zyklus. Mit jedem Zyklus erhöht sich<br />
die Fallhöhe der Volkswirtschaften und in<br />
Folge der Pleitewellen kommt es zu wirtschaftlichen<br />
und machtpolitischen Zentralisierungseffekten.<br />
Nochmals: In nur ungefähr einem Jahr<br />
wurden die Zinsen durch die EZB von<br />
Mit jedem Zyklus<br />
erhöht sich die Fallhöhe<br />
der Volkswirtschaften<br />
und in Folge der Pleitewellen<br />
kommt es zu<br />
wirtschaftlichen und<br />
machtpolitischen Zentralisierungseffekten.<br />
Aktien-Life-Balance<br />
von Lisa Osada<br />
2<strong>24</strong> Seiten, erschienen: November 2023<br />
Edition Michael Fischer / EMF Verlag<br />
ISBN: 978-3-7459-1742-0<br />
Die perfekte Work-Life-Balance ist in aller Munde. Das Thema<br />
Finanzen und Vermögensbildung kommt aber oft viel zu<br />
kurz. Dabei können der richtige Umgang mit den eigenen<br />
Finanzen unsere Lebensqualität enorm verbessern. Finanzbloggerin<br />
Lisa Osada zeigt, wie das funktioniert.<br />
Staatskunst<br />
von Henry Kissinger<br />
608 Seiten, erschienen: Juli 2022<br />
C.Bertelsmann<br />
ISBN: 978-3-570-10472-9<br />
Die Abrechnung<br />
von Matthias Weik<br />
368 Seiten, erschienen: März 2023<br />
Ariston<br />
ISBN: 978-3-4<strong>24</strong>-20282-3<br />
Die Millionärsformel<br />
von Carsten Maschmeyer<br />
352 Seiten, erschienen: September 2021<br />
Heyne<br />
ISBN: 978-3-453-60602-9<br />
Inflation, Energiekrise, Krieg in der Ukraine. Eiskalt hat uns<br />
die Realität der Globalpolitik eingeholt. Der Finanz-Realist<br />
und Bestsellerautor Matthias Weik analysiert in seinem neuen<br />
Buch knallhart, welche Konsequenzen Sparern, Immobilienbesitzern<br />
und Unternehmern drohen.<br />
Carsten Maschmeyer hat es aus kleinen Verhältnissen zum<br />
Selfmade-Milliardär gebracht. Jetzt teilt der legendäre Finanzprofi<br />
seine Erfahrungen und sein Wissen und vermittelt<br />
die Strategien, mit denen schon viele Menschen reich<br />
geworden sind.<br />
Rente oder Wohlstand<br />
von Bodo Schäfer<br />
180 Seiten, erschienen: Januar 2<strong>01</strong>9<br />
FinanzBuch Verlag<br />
ISBN: 978-3-95972-206-3<br />
Wir können uns in Zukunft nicht mehr auf die Altersrente<br />
verlassen. Die Folge: Es wird eine Zweiklassengesellschaft<br />
geben – wohlhabende Privatiers und arme Rentner. Bodo<br />
Schäfer zeigt die entscheidenden sieben Regeln, die Sie zu<br />
finanzieller Sicherheit und Freiheit führen.<br />
Henry Kissinger, Jahrhundertpolitiker und Friedensnobelpreisträger,<br />
Meister der Diplomatie und politischer Stratege,<br />
zeigt in diesem Alterswerk, was Staatskunst in Zeiten<br />
von Krise und Umbruch auszeichnet. Am Beispiel von<br />
sechs Staatenlenkern, denen er persönlich verbunden war.<br />
Cover: Edition Michael Fischer / EMF Verlag, Ariston, Heyne, FinanzBuch Verlag, C.Bertelsmann<br />
SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong>
Immobilien<br />
beobachten ist. Diese Zusammenhänge<br />
wies Ludwig von Mises im Jahr 1922 in<br />
seinem Werk »Die Gemeinwirtschaft –<br />
Untersuchungen über den Sozialismus«<br />
in der Theorie nach.<br />
Die Verunmöglichung der Wirtschaftsrechnung<br />
gilt auch für die Geldplanwirtschaft<br />
und das Umfeld der zentralplanerisch<br />
festgelegten Zinssätze. Ein<br />
marktwirtschaftlicher Zins würde sich<br />
langsam den sich verändernden Zeitpräferenzraten<br />
(Sparneigung bzw. Gewichtung<br />
des Gegenwartskonsums) der<br />
Menschen anpassen. Auch die Geldmengenausweitungen<br />
der jüngeren<br />
Vergangenheit sind mit einem marktwirtschaftlichen<br />
Umfeld nicht in Einklang<br />
zu bringen. Die aktuellen Entwicklungen<br />
sind also keine plötzlichen »Naturkatastrophen«,<br />
sie waren absehbar.<br />
In nur ungefähr einem Jahr wurden die Zinsen<br />
durch die EZB von 0 auf 4,5 Prozent angehoben.<br />
Vonovia zog frühzeitig die Reißleine.<br />
Viele andere Projektentwicklungsgesellschaften<br />
und Bauträger stehen vor dem<br />
Aus oder haben schon den Gang in die<br />
Insolvenz angetreten.<br />
0 auf 4,5 Prozent angehoben. Gerade<br />
der Vergleich zur »großen Finanzkrise«<br />
2007 macht die Tragweite deutlich.<br />
Diese gewaltigen nicht-marktwirtschaftlichen<br />
Zinsschritte können nicht<br />
ohne Folgen bleiben. Der Dominoeffekt<br />
wird sich erst im Laufe der Zeit<br />
zeigen. Nämlich dann, wenn Zinsbindungen<br />
für Kredite auslaufen und die<br />
Refinanzierungskosten entsprechend<br />
höher ausfallen. Derartige Zinsanstiege<br />
sind mehr als unnatürlich und die Wirtschaft<br />
kann unmöglich innerhalb eines<br />
Jahres diese gestiegenen Kapitalkosten<br />
einpreisen. Die Chance einer Anpassung<br />
ist bei einer derartigen Dynamik<br />
quasi unmöglich. In einem Umfeld der<br />
natürlichen Marktzinsen würde es diese<br />
Entwicklungen auch nicht geben.<br />
Ebenso wenig wie es einen Nullzins geben<br />
würde, da jeder Mensch den Gegenwartskonsum<br />
höher gewichtet als<br />
den zukünftigen Konsum. Die Lektion<br />
aus der Krise nach 2007 wurde nicht<br />
gelernt.<br />
STATUS QUO: BAUGENEHMIGUNGEN<br />
STARK RÜCKLÄUFIG<br />
Der Wohnungsmarkt ist extrem angespannt<br />
und die Mieten steigen, unter<br />
anderem aufgrund des deutlichen<br />
Nachfrageüberhangs. Einzig eine Ausweitung<br />
des Angebotes an Wohnraum,<br />
also eine Zunahme der Bautätigkeit,<br />
könnte diesen Trend stoppen. Danach<br />
sieht es aktuell allerdings nicht aus. Die<br />
Faktenlage ist eindeutig.<br />
Am 18. September 2023 veröffentlichte<br />
das Statistische Bundesamt die Entwicklung<br />
der Baugenehmigungen:<br />
• Die Zahl genehmigter Wohnungen von<br />
Januar bis Juli 2023 ist um 27,8 Prozent<br />
geringer als im Vorjahreszeitraum.<br />
• Die Baugenehmigungen im Neubau<br />
von Januar bis Juli 2023 sind stark rückläufig:<br />
minus 36,5 Prozent bei Einfamilienhäusern,<br />
minus 53,2 Prozent bei Zweifamilienhäusern,<br />
minus 27,5 Prozent bei<br />
Mehrfamilienhäusern.<br />
Es ist mehr als verwunderlich, dass in der<br />
öffentlichen Debatte kaum ein Kommentator<br />
den Zinsanstieg von 4,5 Prozent<br />
oder den vorher durch zu viel und zu billiges<br />
Geld unnatürlich in Gang gesetzten<br />
Boom ins Feld führt.<br />
Bereits vor einigen Monaten verkündete<br />
der Bochumer Immobilienkonzern Vonovia<br />
SE, dass sämtliche Neubauprojekte<br />
bis auf Weiteres auf Eis gelegt werden<br />
sollten. Als Grund wurden die sprunghaft<br />
gestiegenen Kapital- und Baukosten<br />
angeführt. Die ursprünglichen Kalkulationen<br />
gingen also nicht mehr auf. An<br />
der Stelle handelt es sich um ein zentralplanwirtschaftliches<br />
Phänomen. Die zentrale<br />
Planwirtschaft scheiterte aufgrund<br />
der Undurchführbarkeit der Wirtschaftsrechnung.<br />
Ohne stabile, verlässliche und<br />
marktkonforme Preise kann man keine<br />
Kalkulationen anstellen. Ein Problem,<br />
das generell bei hoher Staatsaktivität zu<br />
Überdies sei angefügt, dass durch die<br />
Politik des Gelddruckens die Preissignale<br />
verwässert werden und somit wichtige<br />
marktwirtschaftliche Notwendigkeiten<br />
unterminiert werden. Steigende Preistendenzen<br />
sind also nicht zwangsläufig<br />
ein Anzeichen für zunehmende relative<br />
Knappheit, sondern sie sind schlicht<br />
die »Normalität« in einem inflationären<br />
Umfeld. Der Umstand der hemmungslosen<br />
Geldproduktion verzerrt die Produktionsstruktur<br />
einer Volkswirtschaft und<br />
lenkt Investitionen, Rohstoffe, Talent<br />
(Arbeitskräfte) und so weiter in nicht<br />
dringliche und ineffiziente Verwendungen.<br />
Die Folge sind Produktivitätsverluste<br />
und Wohlstandseinbußen.<br />
Der Autor<br />
Benjamin Mudlack ist diplomierter<br />
Wirtschaftsinformatiker, der Autor von<br />
»GeldZeitenwende« und Vorstand der<br />
Atlas Initiative für Recht und Freiheit.<br />
Bilder: Depositphotos / 4kclips, Privat<br />
<strong>24</strong> SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong>
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Börse<br />
Börsenerfolg durch<br />
antizyklisches Handeln<br />
Auszug aus dem Buch »Börsengewinne mit Strategie und Taktik« von Peter E. Huber<br />
Anleger hören gern auf die<br />
Ratschläge von Börsengurus,<br />
besonders wenn es sich dabei<br />
um offensichtlich erfolgreiche<br />
Investoren wie Warren Buffett,<br />
Nobelpreisträger Robert Shiller, Edouard<br />
Carmignac oder Felix Zulauf handelt.<br />
Aber führt ein solches Verhalten auch zum<br />
Börsenerfolg? Das US-Beratungsunternehmen<br />
CXO Advisory hat sämtliche öffentlichen<br />
Ratschläge der Jahre 2005 bis<br />
2<strong>01</strong>2 von 68 prominenten Anlagegurus<br />
weltweit unter die Lupe genommen. Das<br />
Ergebnis: Im Schnitt lagen die Meister in<br />
47 Prozent der Fälle richtig. Die Gewinnchance<br />
ist also größer, wenn man im Spielcasino<br />
auf Rot oder Schwarz setzt.<br />
Wenn man sich mit Börsianern unterhält,<br />
bringen sie oft zum Ausdruck, dass sie<br />
nicht verstehen, warum sie mit ihren Engagements<br />
relativ schlecht abschneiden,<br />
obwohl sie doch alles richtig machen,<br />
sich gut informieren und rational entscheiden.<br />
So werden Aktien oft dann<br />
gekauft, wenn die Konjunktur gut läuft,<br />
die Unternehmensgewinne steigen, die<br />
Zeitungen voll mit positiven Wirtschaftsmeldungen<br />
und auch die weiteren Aussichten<br />
vielversprechend sind. Meist befinden<br />
sich die Börsen dann auch schon<br />
seit Längerem in einem stabilen Aufwärtstrend,<br />
was einem ein Gefühl der Sicherheit<br />
gibt. Umgekehrt wird verkauft,<br />
wenn die wirtschaftlichen Frühindikatoren<br />
eine Abschwächung der Konjunktur<br />
und eine drohende Rezession anzeigen<br />
und die meisten Unternehmen ihre Geschäftslage<br />
in düsteren Farben malen.<br />
Ganz offensichtlich ist diese Vorgehensweise<br />
zwar logisch, aber falsch. Und hier<br />
sind wir wieder bei der Effizienzthese<br />
und den besonderen Gesetzen der Börse.<br />
Anscheinend sind alle bekannten und<br />
relevanten Informationen tatsächlich bereits<br />
in den Aktienkursen enthalten. Das<br />
wäre nicht weiter schlimm, wenn nicht<br />
darüber hinaus auch die Erwartungen<br />
der Anleger insgesamt bezüglich der<br />
weiteren Börsenentwicklung bereits in<br />
den Kursen vorweggenommen wären.<br />
Wer also versucht, den weiteren Börsenverlauf<br />
zu prognostizieren und danach<br />
zu handeln, wird vom Anleger zum Spekulanten.<br />
Schon John Maynard Keynes<br />
hat es gut auf den Punkt gebracht: Eine<br />
Spekulation ist eine Wette darauf, was<br />
andere über ein bestimmtes Investment<br />
denken. Bei einer Investition hingegen<br />
geht es darum, vom Wachstum der Unternehmensgewinne<br />
langfristig zu profitieren.<br />
Die Börse ist also im Prinzip nichts<br />
anderes als eine gigantische Ablenkung<br />
bei der Arbeit des Investierens. Versucht<br />
man nun, eine Schlussfolgerung aus dem<br />
allgemein üblichen Anlageverhalten zu<br />
26 SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong>
Börse<br />
Bild: Depositphotos / SergeyP, Cover: Börsenbuchverlag<br />
ziehen, kann man Folgendes feststellen:<br />
Wer Aktien kauft, wenn die Erwartungshaltung<br />
der Investoren überwiegend<br />
positiv ist, kauft teuer. Je pessimistischer<br />
die Erwartung der Mehrheit der Marktteilnehmer<br />
ist, desto günstiger kann ich<br />
Aktien erwerben. Nur mit antizyklischem<br />
Handeln kann ich also langfristig den von<br />
mir gewünschten Börsenerfolg erzielen!<br />
Diese These wollen wir einmal näher<br />
unter die Lupe nehmen. Wir haben in<br />
unserer Kapitalmarktforschung jede wirtschaftliche<br />
Rezession seit 1900 in drei<br />
gleiche Teilphasen zerlegt – unabhängig<br />
von deren Gesamtdauer. In einem<br />
zweiten Schritt wurde die durchschnittliche<br />
Börsenentwicklung in jeder dieser<br />
Teilphasen untersucht. Wie vermutet,<br />
kommt es zu Beginn eines Wirtschaftsabschwungs<br />
in der Regel zu deutlichen<br />
Kursverlusten. Das Erstaunliche ist aber,<br />
dass im letzten Drittel einer Rezession<br />
regelmäßig enorme Kursgewinne festgestellt<br />
werden können. Es ist die mit Abstand<br />
lukrativste Phase innerhalb eines<br />
Konjunkturzyklus überhaupt.<br />
Am besten ist es also, wenn man mitten<br />
in einer Rezession anfängt, Aktien zu<br />
kaufen. Doch wie kann man feststellen,<br />
wann dieser Zeitpunkt gekommen ist?<br />
Diese Frage lässt sich verhältnismäßig<br />
einfach beantworten. Es ist nämlich gar<br />
nicht leicht, eine Rezession statistisch zu<br />
erfassen. Daten müssen gesammelt und<br />
Zeitreihen geglättet werden, was zu erheblichen<br />
Verzögerungseffekten führt.<br />
Man kann deshalb davon ausgehen,<br />
dass zu dem Zeitpunkt, an dem groß in<br />
der Presse über eine Rezession berichtet<br />
wird, diese bereits weit fortgeschritten<br />
ist. Der Zeitpunkt ist gekommen, um auf<br />
Schnäppchenjagd zu gehen!<br />
Wir wollen diese Aussage noch an einem<br />
anderen Datensatz überprüfen. Der monatliche<br />
Einkaufsmanagerindex – auf<br />
Neudeutsch auch »Purchasing Manager<br />
Index« oder »PMI« genannt – gilt als<br />
einer der zuverlässigsten Frühindikatoren<br />
für die künftige Wirtschaftsentwicklung.<br />
Werte über 50 deuten auf künftiges<br />
Wachstum hin, Werte unter 50 auf eine<br />
Kontraktion. Wie die abgebildete Tabelle<br />
zeigt, waren die weiteren Aussichten<br />
zu Beginn des Jahres 2009 besonders<br />
düster. Auch ab Mitte 2<strong>01</strong>1 deutete sich<br />
wieder eine bevorstehende Abkühlung<br />
an. Tatsächlich waren dies ideale Einstiegszeitpunkte<br />
an der Börse. Am 13.<br />
März 2009 erreichte der Deutsche Aktienindex<br />
DAX sein Mehrjahrestief bei<br />
3.588 Punkten. Und im Herbst 2<strong>01</strong>1<br />
ergab sich nach dem Ende einer kräftigen<br />
Korrekturphase nochmals eine Kaufchance<br />
unter 5.000 Punkten.<br />
Ende Januar 2009 war ich auf dem<br />
Fondskongress in Zürich. In einem überfüllten<br />
Raum im Kongresshaus berichtete<br />
der für Kapitalanlagen zuständige Vorstand<br />
einer großen Versicherungsgesellschaft,<br />
dass sie die Notbremse gezogen<br />
und sich von jedem weiteren Börsenrisiko<br />
abgeschnitten hätten. Die Aktienquote<br />
sei auf 3,5 Prozent abgesenkt und<br />
dieser Rest „immunisiert“ worden, das<br />
heißt über Termingeschäfte gegen weitere<br />
Kursverluste abgesichert. Auf meine<br />
Frage, ob es für langfristig ausgerichtete<br />
Investoren nicht besser wäre, solche<br />
Ausverkaufsphasen im Gegenteil für den<br />
vorsichtigen und schrittweisen Aufbau<br />
von Aktienpositionen zu nutzen, wusch<br />
dieser Chief Investment Officer (CIO) mir<br />
vor versammeltem Publikum gehörig den<br />
Kopf. Sie wären keine Spekulanten und<br />
seien schließlich für die Sicherheit der ihnen<br />
anvertrauten Gelder verantwortlich.<br />
Und außerdem könnte doch jeder sehen,<br />
dass das Schlimmste an den Märkten<br />
wahrscheinlich noch bevorstehe.<br />
Ich will mich über diesen Mann nicht<br />
lustig machen, sondern lediglich darauf<br />
hinweisen, wie schwierig es für Anleger<br />
ist, in einer solchen Situation antizyklisch<br />
zu handeln. Dazu gehören Risikobereitschaft<br />
statt Risikoaversion und ein langer<br />
Atem statt Ungeduld. Nach meiner Erfahrung<br />
bringen nur wenige Investoren<br />
den Mut auf, in einer solchen Situation<br />
Aktien zu kaufen. Deshalb möchte ich<br />
an dieser Stelle ein Instrument vorstellen,<br />
mit dem man automatisch antizyklisch<br />
handelt, ohne eigene Entscheidungen<br />
treffen zu müssen: das Rebalancing. Angenommen,<br />
Sie haben sich im Rahmen<br />
Ihrer strategischen Asset Allocation am<br />
Jahresanfang dazu entschlossen, 50 Prozent<br />
Ihres Vermögens in Aktien und 50<br />
Prozent in festverzinsliche Wertpapiere<br />
anzulegen. Aufgrund der unterschiedlichen<br />
Wertentwicklung dieser beiden<br />
Anlageformen verschiebt sich die Gewichtung<br />
im Jahresverlauf. Durch Umschichtungen<br />
stellen Sie am Jahresende<br />
das ursprüngliche 50:50-Verhältnis wieder<br />
her. Sie führen also ein Rebalancing<br />
durch. Das sieht auf den ersten Blick<br />
harmlos aus, ist aber sehr wirkungsvoll.<br />
Nehmen wir als Beispiel das Jahr 2008.<br />
Sie starten mit 500.000 Euro in deutschen<br />
Aktien und 500.000 Euro in deutschen<br />
Anleihen. Der DAX verliert im Jahresverlauf<br />
40 Prozent. Ihr Aktienanteil ist also<br />
am Jahresende nur noch 300.000 Euro<br />
wert. Der Deutsche Rentenindex RexP gewinnt<br />
dagegen 10 Prozent, Ihre Rentenposition<br />
steigt also auf 550.000 Euro. Um<br />
nach den horrenden Aktienverlusten Ihre<br />
ursprüngliche Gewichtung wiederherzustellen,<br />
müssen Sie für 125.000 Euro Aktien<br />
kaufen und Anleihen verkaufen. Und<br />
das mitten in der Baisse.<br />
Wir haben die Auswirkungen eines jährlichen<br />
Rebalancing für den DAX und den<br />
RexP einmal bis 1968 zurückgerechnet,<br />
also über mehr als 50 Jahre. Aus einer<br />
Anlage von 1.000 Euro im DAX wären<br />
über diesen Zeitraum im Dezember<br />
2022 27.668 Euro geworden, aus einer<br />
Anlage von 1.000 Euro im RexP resultiert<br />
ein Anstieg auf 18.461 Euro. Im<br />
Durchschnitt kommt man also auf einen<br />
Wert von 23.065 Euro. Mit dem Rebalancing<br />
liegen Sie dagegen bei einem<br />
Betrag von 32.181 Euro. Das sind satte<br />
40 Prozent mehr Gewinn.<br />
Am besten ist es also, wenn<br />
man mitten in einer Rezession<br />
anfängt, Aktien zu kaufen.<br />
»Börsengewinne mit<br />
Strategie und Taktik«<br />
von Peter E. Huber<br />
128 Seiten<br />
Erschienen: August 2023<br />
Börsenbuchverlag<br />
ISBN: 978-3-864-70934-0<br />
SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong><br />
27
Wissen<br />
Intelligentes<br />
Vererben und Verschenken<br />
zu Lebzeiten<br />
Ein Gastbeitrag von Thomas Hennings<br />
Ein 65-jähriger Vermögensinhaber<br />
hat den Wunsch, aus seinem<br />
Gesamtvermögen einen<br />
Anteil in Höhe von 1.000.000<br />
Euro an sein Kind zu Lebzeiten<br />
zu übertragen. Die zu erzielenden<br />
Erträge aus der Anlagesumme sollen<br />
aber unmittelbar ihm selbst regelmäßig<br />
zugutekommen, da er unter anderem<br />
hiervon seinen Lebensabend bestreiten<br />
möchte. Dem Vermögensinhaber ist<br />
bewusst, dass er eine überdurchschnittliche<br />
Wertsteigerung erzielen<br />
muss, um damit kommende Kaufkraftverluste<br />
für den Lebensunterhalt ausgleichen<br />
zu können. Auch möchte der<br />
Familienvater an seinen Sohn frühzeitig<br />
Teile seines Lebenswerkes übergeben,<br />
damit dieser dann finanziell frühzeitig<br />
abgesichert ist. Der Mandant wurde<br />
von Banken und Investmentberatern<br />
unterschiedlich beraten und kam gemäß<br />
seiner Ziele und Wünsche zu keinem<br />
befriedigendem Ergebnis.<br />
Der Vermögensinhaber hat sich über<br />
Steuerfreibeträge bei Schenkungen und<br />
im Erbfall von Elternteil auf das Kind informiert<br />
und sucht nun eine echte Lösung,<br />
um alle Wünsche und Bedürfnisse<br />
28 SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong>
Wissen<br />
in einem Konzept umsetzen zu können.<br />
Schenkungen können immer nur im<br />
Rahmen der gesetzlich verankerten Freibeträge<br />
steuerfrei auf Dritte übertragen<br />
werden. Der Schenkungsfreibetrag<br />
beträgt von einem Elternteil zu einem<br />
Kind 400.000 Euro und das alle zehn<br />
Jahre. Alle Beträge, die den Freibetrag<br />
überschreiten, werden stets mit der zu<br />
errechnenden Schenkungsteuer belegt<br />
und entsprechend eingefordert. Auch<br />
werden Erträge aus der Anlagesumme<br />
(hier 1.000.000 Euro) grundsätzlich je<br />
nach Steuerart versteuert. Die Entscheidung<br />
über die Investitionen der Anlagesumme<br />
obliegt grundsätzlich dem Vermögensinhaber.<br />
VERMÖGENSSTRUKTURIERUNG:<br />
DIE ANLAGEFORM ENTSCHEIDET<br />
Der Mandant sollte sich aber hinsichtlich<br />
der wichtigen Portfoliodiversifizierung,<br />
des Portfoliomanagements und – wichtig<br />
– bezüglich der Kostenstruktur professionell<br />
beraten und begleiten lassen.<br />
Es kommt hierbei stets auch auf Details<br />
und Informationen an, die dem Mandanten<br />
in der Regel nicht bekannt sind.<br />
wissen von solchen »Taylormade-Konzepten«<br />
und können hervorragend bei<br />
vermögenden Mandanten punkten. Die<br />
Hinzuziehung von Steuerberatern und<br />
Juristen ist bei der Klientel selbstverständlich<br />
und wird über exklusive Netzwerke<br />
auch gestellt.<br />
Der Vater investiert nun seine 1.000.000<br />
Euro hohe Anlagesumme mit einem<br />
steuerlich geförderten Rechtsmantel.<br />
Der internationale Rechtsmantel genießt<br />
EU-Zulassungen und ist somit auch in<br />
Deutschland über die BaFin ganz normal<br />
seit Jahrzehnten zugelassen. Der Mandant<br />
schenkt nun offiziell diesen rechtlich<br />
geschützten Vertrag seinem Sohn<br />
und überträgt so die Vertragspartnerstellung.<br />
Der Vater behält zugleich die Erträge<br />
aus dem Konzept, welche er sich stets<br />
in Teilen oder gänzlich auszahlen lassen<br />
kann. Der Sohn führt den Vertrag über<br />
die nächsten Jahre und Jahrzehnte fort.<br />
Durch die Schenkung dieses Rechtsmantels<br />
unter Vorbehalt des Nießbrauchs<br />
lässt sich die Grundlage der Bemessung<br />
für Schenkung-, beziehungsweise Erbschaftsteuer<br />
erheblich reduzieren. Unter<br />
Abzug des bekannten Freibetrages von<br />
400.000 Euro von der 1.000.000 Euro-<br />
Investition kann im idealen Fall sogar<br />
eine schenkungsteuerfreie Übertragung<br />
stattfinden oder maximal eine Schenkungsteuer<br />
von nur circa 100.000 Euro.<br />
DIE VORTEILE EINER<br />
NIESSBRAUCHLÖSUNG<br />
Der Nießbrauch ist langläufig bekannt<br />
aus Immobilienübertragungen und der<br />
Fruchtziehung durch die Mieteinnahmen<br />
an den »Schenker«. Diese Nießbrauchslösung<br />
kann aber auch intelligent auch<br />
für eine ganz spezielle Form der Vermögenswertübertragung<br />
genutzt werden.<br />
Der Kapitalwert des Nießbrauchs<br />
berechnet sich dabei nach den in § 14<br />
Abs. 1 BewG (Bewertungsgesetz) festgelegten<br />
Regeln. Hierzu ist der Wert<br />
aus dem Vertrag der Rechtsstruktur mit<br />
den Vorgaben aus dem aktuellen BMF-<br />
Schreiben zur Restlebenserwartung im<br />
jeweiligen Alter und dem damit verbundenen<br />
Kapitalwert sowie einer jährlichen<br />
Verzinsung, beispielsweise zwischen 5<br />
bis 5,5 Prozent, zu verrechnen. Der Wert<br />
der Verzinsung ist bestenfalls mit den<br />
Das deutsche Steuergesetz bietet, bei<br />
aller sachlicher Kritik in der Gesellschaft,<br />
lukrative Möglichkeiten, Vermögenswerte<br />
über auch über Dekaden an sein Kind<br />
oder Kinder steueroptimiert zu übertragen.<br />
Nur wenige bundesweit qualifizierte<br />
Berater im Generationenmanagement<br />
Die Hinzuziehung von Steuerberatern und Juristen ist bei<br />
der Klientel selbstverständlich und wird über exklusive<br />
Netzwerke auch gestellt.<br />
Bilder: Depositphotos / giorgiomtb / freedomtumz<br />
SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong><br />
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Wissen<br />
Mit solchen Lösungen und Konzepten wird die Familienharmonie<br />
schon zu Lebzeiten bewahrt und sichert die Lebenswerke<br />
von Familien und deren Vermögenswerte auf lange<br />
Zeit, ganz im Sinne des Vaters beziehungsweise der Eltern.<br />
tatsächlichen Erträgen der Anlage mit einem<br />
Risikoabschlag zu berücksichtigen.<br />
Je jünger der Nießbrauchsberechtigte ist,<br />
desto höher fällt die Bemessungsgrundlage<br />
der Schenkungsteuer aus. Verstirbt<br />
der Nießbrauchsberechtigte innerhalb einer<br />
bestimmten Frist, ist die Nießbrauchsbelastung<br />
nach unten zu korrigieren. Ein<br />
Nachzahlungsrisiko kann aber durch die<br />
Einbeziehung einer weiteren im Bezug<br />
berechtigten Person im nachfolgenden<br />
Rang gegebenenfalls reduziert oder gar<br />
beseitigt werden.<br />
Die gesamte Vermögensanlage sollte<br />
sachwertorientiert und somit inflationsgeschützt<br />
diversifiziert werden.<br />
Geldwerte sollten nur in geringer prozentualer<br />
Aufteilung berücksichtigt<br />
werden. Professionelle Vermögensverwalter<br />
oder auch qualifizierte Generationenberater<br />
sind sieben- und<br />
achtstellige Anlagebeträge gewohnt<br />
und können hierbei vollumfängliche<br />
Unterstützung geben. Steueraufschub:<br />
Ein weiterer Mehrwert dieser Konzeption<br />
besteht zudem darin, dass bis zur<br />
Auszahlung oder Kündigung des Vertrages,<br />
unter Umständen also mehrere<br />
Jahrzehnte lang, ein Steueraufschub<br />
gilt. Es fließen also keine Steuern während<br />
der Laufzeit im Gegensatz zu reinen<br />
Depotlösungen bei Banken oder<br />
reinen Investmentfondslösungen ab.<br />
Zudem genießen solche intelligenten<br />
Schenkungslösungen Steuervorteile bei<br />
Auszahlungen.<br />
STEUEROPTIMIERT ZUR<br />
FAMILIENHARMONIE<br />
Im genannten Beispiel kann der Vater<br />
zu Lebzeiten bereits steueroptimiert<br />
einen rechtssicheren Vertrag an seinen<br />
Sohn übertragen, genießt die Fruchtziehung<br />
durch die Nießbrauchslösung und<br />
nutzt parallel die gesetzlichen Freibeträge<br />
zwischen Elternteil und Kind, die<br />
jedem Elternteil zustehen. Der Vater hat<br />
die laufenden Erträge aus dem Vertrag<br />
(Fruchtziehung) entsprechend zu versteuern.<br />
Bei dem Rechtsmantel handelt<br />
es sich um eine exklusive fondsgebundene<br />
Rentenversicherung gegen Einmalprämie<br />
nach internationalem Recht<br />
eines der führenden Qualitätsanbieter<br />
auf dem Markt. Transparente, niedrige<br />
Kosten sowie die Einsicht in die laufenden<br />
Assets und Depots sind verbraucherfreundlicher<br />
Standard.<br />
Die Schenkung wird offiziell an das jeweilige<br />
Erbschaftsteuerfinanzamt schriftlich<br />
gemeldet und final bearbeitet. Spezialisierte<br />
Rechtsanwälte wickeln die<br />
juristischen Grundlagen ab, Steuerberater<br />
sollten ebenfalls parallel im Kreise<br />
der Experten miteinbezogen werden. Mit<br />
solchen Lösungen und Konzepten wird<br />
die Familienharmonie schon zu Lebzeiten<br />
bewahrt und sichert die Lebenswerke<br />
von Familien und deren Vermögenswerte<br />
auf lange Zeit, ganz im Sinne des Vaters,<br />
beziehungsweise der Eltern.<br />
Der Autor<br />
Thomas Hennings ist Experte für <strong>Sachwert</strong>lösungen<br />
und Makroökonomie.<br />
Er ist Inhaber von »Hennings Finanz-<br />
Management«.<br />
Bilder: Depositphotos / chagin, wirtschaft tv<br />
30 SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong>
Best of Web<br />
Best of Web<br />
Warren Buffett verliert Milliarden<br />
Der um 12 Prozent gesunkene Kurs der<br />
Apple-Aktie hat Warren Buffetts Unternehmenskonglomerat<br />
einen Verlust in<br />
Höhe von Netto 12,77 Milliarden Euro beschert.<br />
Wie der Konzern Berkshire-Hathaway<br />
am Samstag mitteilte, sei diese Zahl<br />
vier Mal so hoch, wie im Vergleichsquartal<br />
des Vorjahres. Auch einige andere Aktienpakete<br />
des Unternehmens haben an Wert<br />
verloren. Dass die Buchverluste nicht voll<br />
durchschlugen, verdankte der Konzern<br />
profitablen Geschäften eigener Unternehmen<br />
von Berkshire Hathaway. Unter<br />
anderem, weil der Autoversicherer Geico<br />
für weniger Unfälle aufkommen musste<br />
und das Rückversicherungsgeschäft von<br />
einer vergleichsweise wenig schadensträchtigen<br />
Hurrikan-Saison profitierte,<br />
kletterte der operative Gewinn von Berkshire<br />
Hathaway um 41 Prozent auf 10,76<br />
Milliarden Dollar, heißt es auf der ...<br />
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»The Macallan 1926 Adami« könnte bei<br />
Versteigerung Millionenbetrag bringen<br />
Der wahrscheinlich wertvollste Whisky<br />
der Welt wird jetzt in London versteigert.<br />
Das Auktionshaus Sotheby’s teilt<br />
mit, dass eine Flasche des »The Macallan<br />
1926 Adami« am 18. November<br />
unter den Hammer kommt. Der Schätzpreis<br />
liege bei 750.000 bis 1,2 Millionen<br />
Pfund – das entspricht 860.000 bis 1,38<br />
Millionen Euro. Im Herbst 2<strong>01</strong>9 war eine<br />
0,75-Liter-Flasche »The Macallan 1926<br />
Fine and Rare« für den Weltrekordpreis<br />
von knapp 1,5 Millionen Pfund versteigert<br />
worden, heißt es in einem Bericht<br />
auf der Onlineplattform des »Spiegel«.<br />
Nachdem der Whisky sechs Jahrzehnte<br />
lang in Sherryfässern gereift war, wurden<br />
1986 nur 40 Flaschen »The Macallan<br />
1926« abgefüllt, was den ältesten<br />
Macallan-Jahrgang darstellt, der jemals<br />
produziert wurde. Berichten zufolge<br />
wurden die 40 Flaschen nicht zum Kauf<br />
angeboten. Stattdessen wurden einige<br />
den Top-Kunden von The Macallan ...<br />
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Bilder: IMAGO / agefotostock / ZUMA Wire, Depositphotos / cozyta<br />
Energieintensive Industrie verliert Kapital<br />
Das Kapital der deutschen Industrie<br />
nimmt immer weit ab, das betrifft vor<br />
allem die energieintensiven Branchen.<br />
Das zeigt ein Kurzbericht des Instituts<br />
der Deutschen Wirtschaft (IW). Insgesamt<br />
sei der Kapitalstock von der<br />
Jahrtausendwende bis ins Jahr 2021<br />
um rund ein Fünftel geschrumpft. Und<br />
der Trend geht weiter: »Der Industriesektor<br />
und insbesondere die energieintensive<br />
Industrie (Papier, Chemie, Glas/<br />
Keramik sowie Metallerzeugung und<br />
-verarbeitung) steht dabei vor umfangreichen<br />
Transformationsherausforderungen.<br />
Neben dem in den nächsten<br />
Jahren ohnehin anfallenden regulären<br />
Reinvestitionsbedarf besteht die Notwendigkeit,<br />
dass die neuen Anlagen<br />
bereits heute klimaneutral sind oder<br />
sich auf CO2-neutrale Produktion umrüsten<br />
lassen«, heißt es. Grund sei das<br />
Klimaschutzgesetz mit dem Ziel, bis zum<br />
Jahr 2045 klimaneutral zu werden. Zusätzlich<br />
stellten die »im internationalen<br />
Vergleich wettbewerbswidrigen hohen<br />
Energiekosten« ein weiteres Hemmnis<br />
für Investitionen dar.<br />
Während in den Jahren zwischen der<br />
Wiedervereinigung und der Jahrtausendwende<br />
auch in den energieintensiven<br />
Industrien positive Wachstumsraten<br />
zu verzeichnen gewesen seien, sinke ...<br />
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SACHWERT MAGAZIN <strong>01</strong>/20<strong>24</strong><br />
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