Neue Szene 2023_12

ZOOM
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sehen, der dem echten so nahekommt, war ein
völlig neuartiges Erlebnis. Das hat die Menschen
damals wahnsinnig beeindruckt und viele haben
es als sehr emotionale Erfahrung beschrieben.
Hast du den Eindruck, dass sich Erwachsene
und Kinder heutzutage noch genauso vom
Planetariums-Erlebnis verzaubern lassen?
Ja, denn wir erleben auch heute immer
wieder, wie ein beeindrucktes Raunen durchs
Publikum geht, wenn die Show losgeht und wir
den Sternenhimmel auf unserer Kuppel erscheinen
lassen. Tatsächlich nimmt die Begeisterung
der Besucher:innen eher zu, weil uns inzwischen
durch die hohe Lichtverschmutzung gerade in
Städten der Sternenhimmel immer mehr verloren
geht. Wegen der vielen künstlichen Lichtquellen
überall wird es schwerer, einen richtig
klaren und dunklen Himmel zu sehen, auf dem
die Sterne gut herausstechen. Um das zu erleben,
muss man entweder in spezielle Lichtschutzgebiete,
sogenannte Dark Sky Parks, fahren – oder
man geht eben ins Planetarium.
Lange bevor es Teleskope, Planetarien und
Raumfahrttechnik gab, haben sich die
Menschen schon für den Sternenhimmel
interessiert. Woher kommt eigentlich unsere
Faszination für die Astronomie?
Für die frühen Zivilisationen hatten die
Sterne eine ganz besondere Bedeutung, weil sie
stets zu bestimmten Zeiten auf- und untergingen
und weiterzogen. Diese naturgegebene
Regelmäßigkeit hat man genutzt, um die Zeit
in festgelegte Strukturen zu fassen. Insofern war
die Beobachtung des Sternenhimmels seit jeher
mit dem Wunsch verbunden, Ordnung in die
Welt zu bringen. Und natürlich spielte auch der
spirituelle Aspekt mit hinein. Die Menschen
waren damals überzeugt, die Sterne müssten eine
Art Götter oder höhere Wesen sein. Deswegen
haben sie auch schon früh versucht, ein Abbild
des Sternenhimmels in Höhlenmalereien oder
Zeichnungen auf die Erde zu bringen.
Und warum ist die Astronomie auch in der
heutigen Zeit so eine wichtige wissenschaftliche
Disziplin?
Die Astronomie beschäftigt sich heutzutage
mit sehr viel mehr als nur dem gestirnten
Himmel, sondern ist zu einer interdisziplinären
Wissenschaft geworden, die viele Überschneidungen
mit den Feldern Physik, Chemie,
Biologie und Philosophie aufweist. Durch die
Beobachtung von Sternensystemen und Planeten
versucht man der Frage nachzugehen, wie das
Leben auf der Erde entstanden ist und ob sich
auch noch irgendwo anders Lebensformen
entwickelt haben. Bisher hat man allerdings
noch keinen zweiten Planeten gefunden, der
dieselben Grundlagen bietet wie unsere Erde.
Deshalb steht die Astronomie heute auch für die
Besinnung auf all das Einzigartige, was wir hier
vorfinden und die Bemühung, die Erde so zu
erhalten wie sie ist, denn wir haben momentan
nun mal kein realistisches Ausweichquartier. In
dem Sinne erfüllt das Planetarium inzwischen
auch eine wichtige gesellschaftliche Bildungsaufgabe.
Hast du eigentlich ein Lieblingssternbild
oder -planeten?
Das Sternbild, das ich persönlich am liebsten
am Himmel sehe, ist der Orion, der jetzt in den
Wintermonaten sichtbar ist. Er ist so groß und
prägnant, dass man ihn mit bloßem Auge gut
erkennen kann. Als Planeten finde ich Jupiter
sehr spannend, nicht nur, weil er der größte im
Sonnensystem ist, sondern auch weil er so viele
Monde hat. Einige davon sind Eismonde, von
denen man vermutet, dass unter der Eiskruste
flüssige Ozeane liegen und damit wahrscheinlich
auch die Grundlagen für Leben.
Schauen wir zurück nach Augsburg: wie kam
es zur Eröffnung des hiesigen Planetariums
und wie hat sich dieser Ort seitdem weiterentwickelt?
In den 80er Jahren wurde eine Stiftung
der Stadtsparkasse gegründet, die sich das Ziel
gesetzt hat, ein öffentliches Planetarium zu
errichten und dadurch Astronomie für jedermann
zugänglich zu machen. In dem bereits
bestehenden Gebäude wurde eine Kuppel
eingebaut, ein Sternenprojektor angeschafft
und im Februar 1989 lief schließlich die erste
Vorführung. Seitdem gab es mehrere Umbauten,
weil sich die Technik immer weiterentwickelte.
Mit dem ursprünglichen Sternenprojektor war
man noch auf den von der irdischen Position aus
betrachteten Sternenhimmel begrenzt. Später
wurde er gegen Dia- und Videoprojektoren
ausgetauscht und dann durch eine volldigitale
Anlage ersetzt, mit der wir uns auch von der
Erde weg- und frei durchs Universum bewegen
können.
Ihr habt vor Kurzem eine spezielle Jubiläumsshow
ins Programm aufgenommen.
Worum geht es dabei?
Der erste Teil der Show besteht aus einem
kurzen Trailer, der zeigt, was die Planetarien
heutzutage alles leisten und welche Veranstaltungen
in diesem multifunktionalen Raum stattfinden
können, seien es Vorführungen, Konzerte,
Lesungen oder Vorträge. Im zweiten Teil folgt
ein Film, der extra zum 100-jährigen Jubiläum
produziert wurde. Darin geht es um die
Geschichte der Himmelsbeobachtung, von den
Ursprüngen in der Steinzeit bis zur Entwicklung
des aktuellen Projektionsplanetariums. Der Film
zeigt also, was alles in den letzten 35.000 Jahren
passieren musste, um die Sterne heute auf den
künstlichen Planetariums-Himmel zu bringen.
Die Jubiläumsphase dauert noch bis Mai
2025 an. Sind für den Zeitraum noch weitere
spezielle Programmpunkte geplant?
Es wird auf jeden Fall noch ein paar weitere
Überraschungen geben. Zusätzlich zum 100-jährigen
Jubiläum feiern wir nächstes Jahr auch den
35. Geburtstag des Augsburger S-Planetariums,
dafür sind bereits einige neue Shows, Events und
Aktionen in Planung. Und im Laufe der zwei
Jubiläumsjahre werden wir hier auch nochmal
ein paar Umbau- und Verschönerungsarbeiten
durchführen. (lina)