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Neue Szene 2023_12

DAS Stadtmagazin für Augsburg und die bayerisch-schwäbische Region.

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Bevor ich meinen Hut vor diesem tollen<br />

Künstler:innen-Haus hier am Milchberg<br />

ziehe, möchte ich euch zur Eheschließung<br />

gratulieren.<br />

Lisa: Vielen Dank! Wir haben sogar schon<br />

das zweite Mal geheiratet. Wir wollten nach der<br />

ganzen Zeit mit Gefängnis und so das Ganze<br />

noch mal kirchlich besiegeln.<br />

Berni: Die erste Hochzeit war standesamtlich<br />

und jetzt haben wir sechs Jahre danach katholisch<br />

in der St. Peter Kirche am Perlachberg direkt<br />

neben dem Rathaus geheiratet.<br />

Jetzt lebe ich seit 51 Jahren in Augsburg und<br />

kenne diese Kirche nicht.<br />

Lisa: Wir kannten sie auch nicht, aber Martin<br />

Ziegelmayr, mein Nachbar beim Café Kätchens<br />

ist Verwalter dieser kleinen Kirche.<br />

Berni: Außerdem ist er mein Galerist und<br />

mittlerweile auch ein sehr guter Freund von uns<br />

beiden.<br />

Schon ein bisschen spießig so mit kirchlicher<br />

Heirat, hätte ich bei euch nicht wirklich<br />

erwartet.<br />

Lisa: St. Peter ist von der Diözese abgekoppelt<br />

und ein eigenständiger Bürgerverein, der selbst<br />

entscheidet, wie und was in der Kirche passiert.<br />

Deswegen konnte ich die kirchliche Heirat auch<br />

gut vertreten.<br />

Seid ihr noch in der katholischen Kirche?<br />

Lisa: Ich bin evangelisch.<br />

Berni: Um ehrlich zu sein, habe ich es einfach<br />

noch nicht geschafft, aus der katholischen Kirche<br />

auszutreten. Aber jetzt, wo wir kirchlich geheiratet<br />

haben, werde ich es wohl angehen. (lacht)<br />

Nun zu eurem Projekt hier am Milchberg. Wie<br />

erklärt sich der Name Haus Schöne Felder?<br />

Lisa: Der Verein unseres Künstler:innen-<br />

Zusammenschlusses heißt Schöne Felder, weil<br />

wir die Idee schon vor fünf Jahren hatten und das<br />

Projekt eigentlich in einem Gebäude gegenüber<br />

des Café Kätchens umsetzen wollten. Dieses Haus<br />

steht in der Schönefelder Gasse, daher kommt der<br />

Name, damals hat das aber nicht geklappt. Glücklicherweise,<br />

denn dieses Haus hatte nur rund 200<br />

Quadratmeter, hier haben wir jetzt amtliche 1.500<br />

zur Verfügung.<br />

Berni: Außerdem wollten wir bewusst einen<br />

konservativen Namen für unseren Verein haben,<br />

denn hippe Namen für Vereine und Organisationen<br />

gibt es schon viel zu viele.<br />

Genau wie bei Friseursalons. Wie ist der Kontakt<br />

zu dem Gebäude der alten Weinkellerei<br />

Bayerl zustande gekommen?<br />

Lisa: Es ist eines meiner Hobbies, zwischendurch<br />

immer wieder mal bei Immoscout<br />

reinzuschauen. Im Februar dieses Jahres stand da:<br />

Spezialgewerbe mit 1.500 Quadratmetern in der<br />

Innenstadt zu vermieten. Ich habe einfach mal<br />

angerufen, wir haben wir den Vermieter getroffen<br />

und das Haus besichtigt.<br />

Berni: Seine erste Frage war, was wir denn so<br />

vorhätten und als wir ihm von unserer Idee mit<br />

dem Künstler:innen-Haus erzählt hatten, war er<br />

total begeistert. Auf so etwas hatte er richtig Bock.<br />

Darf man fragen, wer euer Vermieter ist?<br />

Lisa: Die Firma heißt Immo 3 Projekt GmbH<br />

aus Gersthofen und der Name unseres Vermieters<br />

ist Adis Alibegovic.<br />

Wann habt ihr den Mietvertrag unterzeichnet?<br />

Lisa: Ich habe als 1. Vorsitzende des Vereins<br />

Anfang April unterschrieben und Berni hatte<br />

gleich nach der Besichtigung mal ein bisschen<br />

rumgefragt. Schon nach kurzer Zeit hatten wir<br />

rund 20 Interessenten und schnell waren alle<br />

Räume vermietet.<br />

Berni: Wir hätten wohl auch nochmal so viele<br />

Flächen vermieten können, das Interesse nach<br />

einem Haus für Künstler:innen in der Innenstadt<br />

ist offensichtlich riesengroß.<br />

Wie viele Mitglieder hat euer Verein?<br />

Berni: Es sind 36 Mitglieder, der Jahresbeitrag<br />

kostet 30 Euro und wem die Idee gefällt,<br />

der oder die kann auch sehr gerne an den Verein<br />

spenden. Man muss ihm übrigens nicht beitreten,<br />

um einen Raum zu bekommen. Wir bieten hier<br />

Künstlerinnen und Künstlern eine zentrale Möglichkeit,<br />

sich in Ateliers, Studios oder Werkstätten<br />

zu verwirklichen. Der Mietpreis liegt bei 8 Euro<br />

pro Quadratmeter und ich möchte ausdrücklich<br />

betonen, dass unser Haus komplett ohne städtische<br />

Unterstützung läuft. Unsere Mieter:innen<br />

sind Musiker:innen, Grafiker:innen, Maler:innen,<br />

es gibt eine Schreinerei und wir haben sogar<br />

einen Schmied. Es ist eine wilde Mischung!<br />

Wird es auch Ausstellungsräume geben?<br />

Berni: Wir haben ziemlich viel Platz in den<br />

Kellerräumen und dort wird dann auch Platz<br />

für Ausstellungen sein. Aktuell müssen wir aber<br />

noch die Löcher wieder schließen, die Archäologen<br />

hinterlassen haben. Eigentlich sollte das<br />

Haus nämlich abgerissen werden, aber durch die<br />

Preisentwicklungen und die Baukrise wurde diese<br />

Idee glücklicherweise aktuell erstmal wieder auf<br />

Eis gelegt.<br />

Lisa, du bist Stadträtin und betreibst das Café<br />

Kätchens, wie schaffst du das eigentlich alles?<br />

Lisa: Ich habe einen superguten Facility-<br />

Manager, der sitzt dir genau gegenüber (lacht).<br />

Nein im Ernst, ohne meinen Mann würde es<br />

nicht funktionieren. Er ist immer da, hat auch<br />

sein Atelier hier und ist der Ansprechpartner für<br />

alle technischen Fragen.<br />

Berni: Wir ergänzen uns einfach super,<br />

während Lisa sich um Zahlen und Mietverträge<br />

kümmert, bin ich mehr der Mann fürs Grobe.<br />

Hast du dann eigentlich noch Zeit für deine<br />

Kunst? Ich sage nur Augsburgblume …<br />

Berni: (Lacht) Hör mir bloß auf mit der<br />

Scheißblume! Nein, ich würde gerne deutlich<br />

mehr Kunst machen, komme aber wegen des<br />

Facility-Managements im Moment viel zu wenig<br />

dazu.<br />

Zur Erklärung, du warst wegen Graffitis in<br />

Haft, auch wegen dieser Augsburgblume. Ist<br />

es dir unangenehm, über dieses Thema zu<br />

sprechen?<br />

Berni: Nein, überhaupt nicht, denn das ist<br />

sowieso allseits bekannt und Teil meines Lebens.<br />

Es hat überhaupt nichts mit meiner Vergangenheit<br />

in Haft zu tun, aber ich bin grundsätzlich<br />

kein Fan davon, mein Gesicht ständig in einer<br />

Zeitung zu sehen. Für Lisa mache ich das aber,<br />

weil sie als Politikerin Teil des öffentlichen Lebens<br />

in Augsburg ist.<br />

Welche Schöne Felder-Termine kann ich mir<br />

jetzt schon rot im Kalender anstreichen?<br />

Berni: Am 01. Dezember eröffnet bei uns<br />

im Keller ein von Georg Heber organisiertes,<br />

performatives Möbelhaus, bei dem du auf einer<br />

bestimmten Route vorne reingehst und im besten<br />

Fall dann hinten wieder rauskommst.<br />

Lisa: Der Laden an der Frontseite, der von<br />

Hood Love bespielt wird, öffnet Dienstag bis<br />

Donnerstag von 13:00 bis 18:30 Uhr und Freitag<br />

und Samstag von 14:00 bis 19:00 Uhr. Wenn der<br />

Keller fertig ist, wird es in der Galerie unten auch<br />

immer wieder Ausstellungen geben.<br />

Bernie: Und Ende Januar wird es dann auch<br />

mit unserer sogenannten Spendenbar losgehen,<br />

bei der Akteur:innen aus dem Haus verschiedene<br />

Abende auf die Beine stellen werden. (max)<br />

Weitere Infos: schoene-felder.de Instagram:<br />

schoene_felder

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