26 ZOOM In Augsburg wurde im November ein Zentrum für freischaffende Künstler:innen eröffnet. Das Gebäude der ehemaligen Weinkellerei Bayerl am Milchberg ist nach vier "Der Gap zwischen Straße und Rathaus ist deutlich." Jahren Leerstand wieder mit Leben gefüllt, 35 Augsburger Künstlerinnen und Künstler sowie weitere Selbstständige haben sich eingemietet. Die Idee stammt von einem bekannten Augsburger Ehepaar: Lisa und Berni McQueen beackern die Schönen Felder und hoffen auf tolle Synergieeffekte in ihrer Künstlerschmiede. Von Markus Krapf B Schöne Felder Das Künstler:innen-Konglomerat
ZOOM 27 Bevor ich meinen Hut vor diesem tollen Künstler:innen-Haus hier am Milchberg ziehe, möchte ich euch zur Eheschließung gratulieren. Lisa: Vielen Dank! Wir haben sogar schon das zweite Mal geheiratet. Wir wollten nach der ganzen Zeit mit Gefängnis und so das Ganze noch mal kirchlich besiegeln. Berni: Die erste Hochzeit war standesamtlich und jetzt haben wir sechs Jahre danach katholisch in der St. Peter Kirche am Perlachberg direkt neben dem Rathaus geheiratet. Jetzt lebe ich seit 51 Jahren in Augsburg und kenne diese Kirche nicht. Lisa: Wir kannten sie auch nicht, aber Martin Ziegelmayr, mein Nachbar beim Café Kätchens ist Verwalter dieser kleinen Kirche. Berni: Außerdem ist er mein Galerist und mittlerweile auch ein sehr guter Freund von uns beiden. Schon ein bisschen spießig so mit kirchlicher Heirat, hätte ich bei euch nicht wirklich erwartet. Lisa: St. Peter ist von der Diözese abgekoppelt und ein eigenständiger Bürgerverein, der selbst entscheidet, wie und was in der Kirche passiert. Deswegen konnte ich die kirchliche Heirat auch gut vertreten. Seid ihr noch in der katholischen Kirche? Lisa: Ich bin evangelisch. Berni: Um ehrlich zu sein, habe ich es einfach noch nicht geschafft, aus der katholischen Kirche auszutreten. Aber jetzt, wo wir kirchlich geheiratet haben, werde ich es wohl angehen. (lacht) Nun zu eurem Projekt hier am Milchberg. Wie erklärt sich der Name Haus Schöne Felder? Lisa: Der Verein unseres Künstler:innen- Zusammenschlusses heißt Schöne Felder, weil wir die Idee schon vor fünf Jahren hatten und das Projekt eigentlich in einem Gebäude gegenüber des Café Kätchens umsetzen wollten. Dieses Haus steht in der Schönefelder Gasse, daher kommt der Name, damals hat das aber nicht geklappt. Glücklicherweise, denn dieses Haus hatte nur rund 200 Quadratmeter, hier haben wir jetzt amtliche 1.500 zur Verfügung. Berni: Außerdem wollten wir bewusst einen konservativen Namen für unseren Verein haben, denn hippe Namen für Vereine und Organisationen gibt es schon viel zu viele. Genau wie bei Friseursalons. Wie ist der Kontakt zu dem Gebäude der alten Weinkellerei Bayerl zustande gekommen? Lisa: Es ist eines meiner Hobbies, zwischendurch immer wieder mal bei Immoscout reinzuschauen. Im Februar dieses Jahres stand da: Spezialgewerbe mit 1.500 Quadratmetern in der Innenstadt zu vermieten. Ich habe einfach mal angerufen, wir haben wir den Vermieter getroffen und das Haus besichtigt. Berni: Seine erste Frage war, was wir denn so vorhätten und als wir ihm von unserer Idee mit dem Künstler:innen-Haus erzählt hatten, war er total begeistert. Auf so etwas hatte er richtig Bock. Darf man fragen, wer euer Vermieter ist? Lisa: Die Firma heißt Immo 3 Projekt GmbH aus Gersthofen und der Name unseres Vermieters ist Adis Alibegovic. Wann habt ihr den Mietvertrag unterzeichnet? Lisa: Ich habe als 1. Vorsitzende des Vereins Anfang April unterschrieben und Berni hatte gleich nach der Besichtigung mal ein bisschen rumgefragt. Schon nach kurzer Zeit hatten wir rund 20 Interessenten und schnell waren alle Räume vermietet. Berni: Wir hätten wohl auch nochmal so viele Flächen vermieten können, das Interesse nach einem Haus für Künstler:innen in der Innenstadt ist offensichtlich riesengroß. Wie viele Mitglieder hat euer Verein? Berni: Es sind 36 Mitglieder, der Jahresbeitrag kostet 30 Euro und wem die Idee gefällt, der oder die kann auch sehr gerne an den Verein spenden. Man muss ihm übrigens nicht beitreten, um einen Raum zu bekommen. Wir bieten hier Künstlerinnen und Künstlern eine zentrale Möglichkeit, sich in Ateliers, Studios oder Werkstätten zu verwirklichen. Der Mietpreis liegt bei 8 Euro pro Quadratmeter und ich möchte ausdrücklich betonen, dass unser Haus komplett ohne städtische Unterstützung läuft. Unsere Mieter:innen sind Musiker:innen, Grafiker:innen, Maler:innen, es gibt eine Schreinerei und wir haben sogar einen Schmied. Es ist eine wilde Mischung! Wird es auch Ausstellungsräume geben? Berni: Wir haben ziemlich viel Platz in den Kellerräumen und dort wird dann auch Platz für Ausstellungen sein. Aktuell müssen wir aber noch die Löcher wieder schließen, die Archäologen hinterlassen haben. Eigentlich sollte das Haus nämlich abgerissen werden, aber durch die Preisentwicklungen und die Baukrise wurde diese Idee glücklicherweise aktuell erstmal wieder auf Eis gelegt. Lisa, du bist Stadträtin und betreibst das Café Kätchens, wie schaffst du das eigentlich alles? Lisa: Ich habe einen superguten Facility- Manager, der sitzt dir genau gegenüber (lacht). Nein im Ernst, ohne meinen Mann würde es nicht funktionieren. Er ist immer da, hat auch sein Atelier hier und ist der Ansprechpartner für alle technischen Fragen. Berni: Wir ergänzen uns einfach super, während Lisa sich um Zahlen und Mietverträge kümmert, bin ich mehr der Mann fürs Grobe. Hast du dann eigentlich noch Zeit für deine Kunst? Ich sage nur Augsburgblume … Berni: (Lacht) Hör mir bloß auf mit der Scheißblume! Nein, ich würde gerne deutlich mehr Kunst machen, komme aber wegen des Facility-Managements im Moment viel zu wenig dazu. Zur Erklärung, du warst wegen Graffitis in Haft, auch wegen dieser Augsburgblume. Ist es dir unangenehm, über dieses Thema zu sprechen? Berni: Nein, überhaupt nicht, denn das ist sowieso allseits bekannt und Teil meines Lebens. Es hat überhaupt nichts mit meiner Vergangenheit in Haft zu tun, aber ich bin grundsätzlich kein Fan davon, mein Gesicht ständig in einer Zeitung zu sehen. Für Lisa mache ich das aber, weil sie als Politikerin Teil des öffentlichen Lebens in Augsburg ist. Welche Schöne Felder-Termine kann ich mir jetzt schon rot im Kalender anstreichen? Berni: Am 01. Dezember eröffnet bei uns im Keller ein von Georg Heber organisiertes, performatives Möbelhaus, bei dem du auf einer bestimmten Route vorne reingehst und im besten Fall dann hinten wieder rauskommst. Lisa: Der Laden an der Frontseite, der von Hood Love bespielt wird, öffnet Dienstag bis Donnerstag von 13:00 bis 18:30 Uhr und Freitag und Samstag von 14:00 bis 19:00 Uhr. Wenn der Keller fertig ist, wird es in der Galerie unten auch immer wieder Ausstellungen geben. Bernie: Und Ende Januar wird es dann auch mit unserer sogenannten Spendenbar losgehen, bei der Akteur:innen aus dem Haus verschiedene Abende auf die Beine stellen werden. (max) Weitere Infos: schoene-felder.de Instagram: schoene_felder