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Gloria Isabel Bosch_Alemán

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<strong>Gloria</strong> <strong>Bosch</strong> Roig<br />

illustriert von: Ana Santiago Clemente


Für Miquel und für Dich.


Es war einmal eine Ameise, die so klein war, dass man sie Pünktchen nannte, und<br />

sie war wie alle Ameisen auch sehr emsig. So sammelte sie während der Sommermonate<br />

von morgens bis abends zusammen mit ihren Ameisenkolleginnen Körner,<br />

kleine Blattkäfer und Brotkrumen als Vorrat für den Winter, bis es ihr eines Tages<br />

langweilig wurde.


Sie wollte nicht mehr immer nur in der Schlange hinter den anderen Ameisen kriechen<br />

und tagaus tagein dieselben Strecken zurücklegen. Denn sie war ein wenig<br />

neugieriger als die anderen Ameisen und hatte seit jeher den Wunsch gehabt, die<br />

Welt von ganz oben kennenzulernen. Deshalb beschloss sie eines Tages, in die große<br />

weite Welt hinauszuwandern.


Auf ihrem Weg dorthin traf sie zunächst eine Heuschrecke, die sehr verwundert war,<br />

eine einsame Ameise zu treffen. Normalerweise trifft man nämlich Ameisen nur mit<br />

ihrem Volk zusammen, es sei denn, sie verlaufen sich. Doch sie hatte sich weder verlaufen<br />

noch wollte sie zurück. Sie wollte nur wissen, wie wohl die Welt von ganz oben<br />

aussah.


Und deshalb bat sie die Heuschrecke, sie auf ihrem Rücken zu tragen,<br />

denn Pünktchen wusste, dass diese sehr hoch hüpfen konnte.<br />

So sprang die Heuschrecke los und erklärte ihr die unbekannten Gräser und Pflan-<br />

zen, auf die sie gerade sprangen.<br />

Oh, wie schön ist die Welt von hier oben!!!, dachte Pünktchen.<br />

- Kannst du nicht noch ein bisschen höher springen?, fragte sie.<br />

- Tut mir leid, antwortete die Heuschrecke, aber wenn du noch höher hinauf<br />

möchtest, kannst du meinen Freund den Schmetterling fragen.


Der Schmetterling, der sehr gesellig war, lud die Ameise auf seinen bunten Flügel<br />

und flog los. Er flog von Blume zu Blume und trank den leckeren Nektar. Die prächtigen<br />

Farben der Blumen faszinierten die Ameise. Rot, gelb, lila, diese Farben kannte<br />

sie noch nicht, denn in ihrer Welt gab es nur Schwarz- und Brauntöne.


Oh, wie schön ist die Welt von hier oben!!!, dachte Pünktchen, und bat:<br />

- Kannst du nicht noch höher fliegen?<br />

- Tut mir leid, antwortete der Schmetterling, aber wenn du noch höher hinauf<br />

möchtest, kannst du meinen Freund den Baum fragen.


Der Baum, der sehr bodenständig war und wenig Verständnis für ausgefallene<br />

Wünsche hatte, ließ sich nicht leicht überreden, doch dem Schmetterling zuliebe<br />

stimmte er zu. Und so machte sich die Ameise auf den Kletterweg in die Baumkrone.


Der Baum war hoch, und der Weg nach oben lang und mühsam. Als Pünktchen die<br />

Baumkrone erreicht hatte, war es bereits dunkel, und so sah sie zum ersten Mal die<br />

leuchtenden Sterne am Himmel.<br />

Oh, wie schön ist die Welt von hier oben!!!, dachte Pünktchen und fragte:<br />

- Kannst du deine Zweige nicht noch höher biegen?<br />

- Tut mir leid, antwortete der Baum, aber wenn du noch höher hinauf möchtest,<br />

kannst du meine Freundin die Giraffe fragen.


Die Giraffe war gar nicht abgeneigt, der Ameise einen Gefallen zu tun, und so ließ<br />

sie Pünktchen am langen Hals hinaufklettern.<br />

Als Pünktchen auf der Stirn der Giraffe stand, wurde es ihr ein wenig schwindelig,<br />

denn Giraffen sind sehr freundliche Tiere und grüßen sich jedesmal, wenn sie sich<br />

begegnen, und dabei schlingen sie ihre Hälse umeinander. Das gab es unter den<br />

Ameisen nicht.<br />

Oh, wie schön ist die Welt von hier oben!!!,<br />

dachte Pünktchen und fragte:


- Kannst du deinen Hals nicht noch höher strecken?<br />

- Tut mir leid, antwortete die Giraffe, aber wenn du noch höher hinauf<br />

möchtest, kannst du meinen Freund den Adler fragen.


Der Adler, der sich gerade für einen kurzen Rundflug vorbereitete, nahm Pünktchen<br />

gerne mit. Er flog über Berge und Täler und schaute sich aufmerksam nach Mäusen<br />

und Kleintieren um, denn er wollte frühstücken. Wie klein die Dinge von hier oben<br />

aussahen, wunderte die Ameise sehr, und sie fühlte sich dabei riesig groß. Außerdem<br />

hatte sie sich in ihrem Leben noch nie so schnell fortbewegt wie auf dem Rücken eines<br />

Adlers.<br />

Oh, wie schön ist die Welt von hier oben!!!, dachte Pünktchen und fragte:<br />

- Kannst du nicht noch höher fliegen?<br />

- Tut mir leid, antwortete der Adler, aber wenn du noch höher hinauf möchtest,<br />

kannst du meinen Freund den Wind fragen.


Der Wind, der ein sehr enger Freund des Adlers war, blies Pünktchen schnell in die<br />

Höhe. Die Saat- und Sandkörnchen, die mitflogen, erzählten, dass sie auf der Suche<br />

nach kahlen Bergen waren, um sie dann in schöne Wälder zu verwandeln. Aber dort<br />

oben wurde es Pünktchen sehr kalt und ungemütlich, und außerdem wehte der Wind<br />

immer stärker, so dass Pünktchen plötzlich Angst bekam.<br />

hier oben siehst?, fragte der Wind.<br />

- Es ist mir sehr kalt, und außerdem sehe ich nur eine blaue Wiese dort unten,<br />

meinte die Ameise.<br />

- Lieber Wind, lass mich runter, bat die Ameise.<br />

- Aber du wolltest doch noch höher fliegen? Gefällt es dir etwa nicht, was du von


- Das ist keine Wiese. Was du da siehst, ist das Meer, sagte der Wind.<br />

- Dann will ich das Meer kennenlernen. Lass mich runter, erwiderte Pünktchen.<br />

- Das ist zu gefährlich, denn das Meer ist das Größte, was einer Ameise im Leben<br />

begegnen kann. Ohne eine Rettungsweste würdest du sofort ertrinken, sagte der<br />

Wind.<br />

Doch die Neugierde der Ameise wuchs trotz des gutgemeinten Rates, und so<br />

beschloss sie, die Saat- und Sandkörner um Hilfe zu bitten.<br />

Die Sandkörner, die sehr hilfsbereit waren, schlossen sich zusammen und bildeten<br />

mitten im Ozean einen kleinen Berg. Aus den Saatkörnern sprossen nach einer Zeit<br />

wunderschöne Bäume, Gräser und Blumen, und Pünktchen fühlte sich in ihrer neuen<br />

Heimat so wohl, dass sie mit eingereisten Freunden und Verwandten ein neues Ameisenvolk<br />

gründete. Dieses Volk wanderte über Generationen und Meere immer weiter<br />

hinaus. Und weil Ameisen auch weiterhin gerne Körner sammeln, entstanden die<br />

vielen Inseln in unseren Ozeanen.<br />

So sehen wir bis heute nur Pünktchen, wenn wir auf der Weltkugel nach einem Eiland<br />

Ausschau halten!


© <strong>Gloria</strong> <strong>Isabel</strong> <strong>Bosch</strong> Roig (de la obra)<br />

©Apuleyo Ediciones (de esta edición)<br />

Primera edición en Apuleyo Ediciones: octubre 2023<br />

Diseño de cubierta: Sofía Corzo González<br />

Corrección: Aitor Andréu Guerrero y Maya Pape<br />

Maquetación: Alejandro Bermejo Cercas<br />

Ilustraciones: Ana Santiago<br />

Coordinación editorial: Isidoro Cidre González<br />

info@apuleyoediciones.com<br />

www.apuleyoediciones.com<br />

ISBN: 978-84-19938-78-7<br />

Depósito legal: H 324-2023<br />

No está permitida la reproducción total o parcial de este libro, ni su tratamiento informático,<br />

ni la transmisión de ninguna forma o por cualquier medio, ya sea electrónico, mecánico, por<br />

fotocopia, por registro u otros métodos, sin permiso previo y por escrito de los titulares del<br />

copyright.<br />

Hecho e impreso en España.


Das ist ein Märchen über die Neugier, die uns Menschen treibt, Sinn und<br />

Schönheit in der Welt zu entdecken. Pünktchen könnte ein letzter Punkt<br />

in einem Satz aus Ameisen sein oder ein Eiland im Meer. Pünktchen<br />

könntest aber auch Du sein, eine neugierige kleine Ameise, die sich auf<br />

eine Abenteuerreise durch die Natur begibt, weil sie weiß, dass sie<br />

Grenzen überschreiten und sich fortbewegen muss, um sich mehr und<br />

Meer anzuschauen.

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