Pirouette No. 09/2023 November

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28 Skate Canada Grand Prix Turbulenter Grand Prix in Kanada Aus Vancouver berichtet Judith Dombrowski · Fotos von Robin Ritoss Im kanadischen Vancouver fand Ende Oktober der zweite der sechs Grand-Prix- Wettbewerbe statt. Das Doug Mitchell Thunderbird Sportzentrum auf dem Universitätsgelände der UBC war bereits Austragungsort des olympischen Eishockeyturniers 2010 sowie des Grand Prix Finales 2018. Nachdem in der Woche zuvor in Texas zumindest draußen sommerliche Temperaturen geherrscht hatten, war in Kanada der Winter bereits eingezogen und zwar nicht nur draußen, sondern vor allem in der Eishalle. So suchte man in der Arena vergeblich nach einem Bereich, der über gefühlt zehn Grad Celsius geheizt wurde. Besonders frostig war es im „Aufwärmbereich“ der Athleten sowie im Pressezentrum, weil darunter das Eis der zweiten Halle lag. Viele Sportler wichen daher auf andere Ecken aus. So sah man zum Beispiel, wie sich die kanadischen Topstars Piper Gilles und Paul Poirier im Zuschauerbereich zwischen Tribüne und Verkaufsständen aufwärmten. Viele Sportler und Journalisten beschwerten sich zu Recht über diese Zustände und man darf hoffen, dass bei der WM im März in Montreal bessere Bedingungen herrschen. Obwohl das Austragungsland sowohl im Eistanz als auch im Paarlauf die Favoriten am Start hatte und mit Doppelweltmeisterin Kaori Sakamoto ein Star der aktuellen Eiskunstlaufszene antrat, war der Zuschaueransturm begrenzt, die Halle war maximal halb gefüllt. Die anwesenden Fans waren aber durchaus mit Herzblut dabei, unterstützten die Sportler lautstark und gingen bei den Programmen mit, was unter anderem Jennifer Janse van Rensburg positiv auffiel: „Das hat echt gepusht. Ich habe während der Kür gedacht, euch habe ich offensichtlich gerade beeindruckt!“ Favoritensiege bei Damen, Tänzern und Paaren Rino Matsuike anzuhängen. Jedoch hörte ich in diesem Moment meine Trainerin von der Bande laut rufen und da wusste ich, ich muss es riskieren.“ Nach der Kür gab sie an, dass ihr Siegeshunger nach vier Grand-Prix-Siegen und zwei WM-Titeln noch lange nicht gestillt ist. Das große Ziel ist diese Saison das Grand Prix Finale. Hier hatte Sakamoto im Vorjahr gepatzt und das Podest ganz verfehlt. Die Silbermedaille ging ebenfalls wenig überraschend an die Südkoreanerin Chaeyeon Kim, die diese Saison bereits die Nepala Trophy für sich entscheiden konnte. Bei ihrem Debüt im Grand Prix der Meisterklasse unterliefen der 16-Jährigen vor allem in der Kür einige Unsauberkeiten bei den Landungen, doch der Vorsprung aus dem KP reichte. Kim gab nach beiden Auftritten an, unglaublich nervös gewesen zu sein, weil es ihr erster Auftritt beim Grand Prix der „Großen“ war und weil sie sich in der Vorwoche leicht am Knöchel verletzt hatte. Die ehrgeizige Bronzemedaillengewinnerin des Juniorenfinales von 2022 will sich dieses Jahr für das Meisterklassenfinale qualifizieren. Frauen | Skate Canada KP Kür Pkt 1 Kaori Sakamoto – Japan 1 1 226.13 2 Chaeyeon Kim – Südkorea 2 4 201.15 3 Rino Matsuike – Japan 3 3 198.62 4 Madeline Schizas – Kanada 8 2 189.91 5 Lindsay Thorngren – Ver. Staaten 5 5 189.52 6 Rinka Watanabe – Japan 7 6 182.08 7 Audrey Shin – Ver. Staaten 4 9 177.14 8 Starr Andrews – Ver. Staaten 6 8 174.82 9 Lara Naki Gutmann – Italien 11 7 165.73 10 Kaiya Ruiter – Kanada 9 11 155.44 11 Sara-Maude Dupuis – Kanada 10 10 151.95 12 Maé Bérénice Méite – Frankreich 12 12 121.13 ge Unterdrehungen einstecken, kam aber ohne größere Fehler durch beide Programme und überzeugte mit einem eleganten Laufstil. Lokalmatadorin Madeline Schizas erwischte einen schwarzen Tag im KP: „Ich habe mir einen ganz besonders guten Zeitpunkt ausgesucht, Den Wettbewerb eröffnete die Damenkonkurrenz, die Sakamoto mit einem beeindruckenden Punktevorsprung für sich entscheiden konnte. Die 23 Jahre alte Japanerin zeigt sich dieses Jahr deutlich früher als in der Vorsaison in Topform. In Vancouver unterliefen ihr keine größeren Fehler, bis auf eine Kantenwarnung beim 3L im KP. Bei der 3F-3T-Kombination im KP lag sie etwas schief in der Luft, konnte diese jedoch beeindruckend retten. In der Pressekonferenz gab sie lachend zu: „Ich hatte kurz den Gedanken, sicherheitshalber nur einen 2T Für Rino Matsuike aus Japan war es der erste internationale Auftritt, seitdem sie im vergangenen Jahr bei Skate America nach dem KP krankheitsbedingt aufgab. In Vancouver war sie für Rika Kihira nachnominiert worden. Die Dritte der Vier-Kontinente-Meisterschaft von 2022 nutzte jedoch ihre Chance. Auch Matsuike musste zwar bei den Landungen eini- Kaori Sakamoto Fotos: Ritoss
29 Eistanz | Skate Canada RT Kür Pkt 1 Piper Gilles / Paul Poirier Kanada 1 1 219.01 2 Lilah Fear / Lewis Gibson Großbritannien 2 2 209.55 3 Allison Reed / Saulius Ambrulevicius Litauen 3 3 192.01 4 Oona Brown / Gage Brown Ver. Staaten 4 4 187.62 5 Emilea Zingas / Vadym Kolesnik Ver. Staaten 5 5 184.96 6 Eva Pate / Logan Bye Ver. Staaten 6 6 181.46 7 Alicia Fabbri / Paul Ayer Kanada 7 8 173.34 8 Jennifer Janse van Rensburg / Benjamin Steffan Deutschland 8 7 172.52 9 Molly Lanaghan / Dmitre Razgulajevs Kanada 9 9 168.79 10 Shiyue Wang / Xinyu Liu China 10 10 160.61 das schlechteste KP meiner Karriere hinzulegen“, kommentierte sie sarkastisch. Doch diese Wut im Bauch verhalf ihr am Tag darauf zur wiederum besten Kür ihrer Karriere: Schizas blieb komplett fehlerfrei mit sechs Dreifachen und erhielt vom Heimpublikum stehende Ovationen. Lindsay Thorngren aus den USA hat Weltklasse-Pirouetten und zeigte sich bei den Sprungelementen stabil. Dabei hatte sie im September eine Fraktur in der Wirbelsäule erlitten und musste einen ganzen Monat pausieren. Sowohl auf als auch abseits des Eises kommt ist die 17-Jährige sehr schüchtern rüber und bei den Komponenten ist Luft nach oben. Vorjahressiegerin Rinka Watanabe ist noch nicht wieder in der Form der vergangenen Saison, den dreifachen Axel probierte sie nicht. Die humorvolle Japanerin, die in ihrer Jugend einige Jahre in Vancouver trainierte und dadurch gut Englisch spricht, ist jedoch optimistisch für den Rest der Saison. Gilles/Poirier und „Sturmhöhe“ Der Eistanzwettbewerb „gehörte“ von Beginn an Piper Gilles und Paul Poirier, die wie im Vorjahr ihre Saison vor heimischem Publikum eröffneten und sich ihren vierten Titel bei Skate Canada in Folge sichern konnten. Beide Programme kamen sowohl beim Publikum als auch bei den Preisrichtern ausgezeichnet an: der RT zu den eher unbekannten 1980er Jahre-Liedern „No More I Love You“ und „Addicted to Love“, die Kür zur Filmmusik der Emily Bronte Verfilmung „Sturmhöhe“. Gilles hatte im Frühjahr bekanntgegeben, dass sie im vergangenen Winter wegen Eierstockkrebs operiert worden war. Im Gegensatz zu den Kanadiern bestritten die Briten Lilah Fear und Lewis Gibson bereits ihren dritten Wettbewerb der Saison. Punkttechnisch konnten sich die Sieger der Challenger Wettbewerbe von Oberstdorf und Bratislava in beiden Wettbewerbsteilen steigern. Der mit vielen Showelementen bestückte Kürtanz zu „Rocky“ spaltet die Meinungen der Eiskunstlauffans, beim Preisgericht kommt er jedoch scheinbar gut an und sie kamen sogar bis auf zwei Punkte an ihre persönliche Bestleistung von der WM heran. Beeindruckend, da sich im Eistanz die Punkte im Laufe der Saison meist kontinuierlich steigern. Ihre erste Grand-Prix-Medaille konnten die Litauer Allison Reed und Saulius Ambrulevicius gewinnen. Ein Erfolg, der beiden sichtbar viel bedeutete. Ambrulevicius kommentierte nach dem Kürtanz: „Wir haben so lange und hart für diesen Erfolg gearbeitet. Es gab so viel Gegenwind, verpasste Gelegenheiten, Träume, die nicht erfüllt wurden, aber heute konnten wir einen Traum realisieren!“ Der gebürtigen Amerikanerin Reed wird seit Jahren die litauische Staatsangehörigkeit verwehrt, weshalb das Paar nicht an den Olympischen Spielen teilnehmen durfte. Das Saison-Highlight der beiden soll die EM werden, die in Ambrulevicius’ Heimatstadt Kaunas stattfinden wird. Jennifer Janse van Rensburg & Benjamin Steffan » Jenni. J. v. Rensburg & Benjamin Steffan Benjamin: „Im Rhythmustanz « bin ich gestolpert, das war ein sehr unnötiger Fehler. Ich bin derjenige, der für den RT dieses Jahr verantwortlich bin und die Musikstücke rausgesucht hat. Am besten gefällt uns der Teil zu Bon Jovi, aber wir mögen das Programm an sich sehr.“ Jennifer: „Die Kürmusik habe wiederum ich rausgesucht. Der georgische Tango war schon lange auf meiner Playlist. Mit der Kür sind wir überwiegend zufrieden, aber es gibt natürlich noch Luft nach oben!“ Piper Gilles & Paul Poirier Skate Canada Grand Prix Die drei amerikanischen Paare reihten sich in einer etwas überraschenden Reihenfolge hinter den Podiumsplätzen ein. Die Geschwister » Piper Gilles & Paul Poirier Piper: „Arzttermine sind meine tägliche Routine geworden. Aber es geht mir gut und ich bin einfach glücklich, hier sein zu dürfen und zu tun, was ich « liebe. Wir haben für uns die richtige Trainingsroutine gefunden, wir laufen schon so lange, dass es mental keinen Unterschied macht, ob wir unseren ersten oder letzten Auftritt der Saison haben. In unserem Kürtanz zeigen wir, wie Liebe zwischen zwei Menschen toxisch werden kann.“ Paul: „Beide unsere Programme haben das Thema Liebe im Vordergrund, aber auf sehr verschiedene Art und Weise. Der Rhythmustanz ist eine sehr positive Liebesgeschichte.“
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