Pirouette No. 09/2023 November

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24 Skate America Annika Hocke/Robert Kunkel gewinnen bei Skate America Grand Prix Gold auch für Hendrickx, Malinin und Chock/Bates Aus Allen berichtet Tatjana Flade · Fotos von Robin Ritoss Annika Hocke und Robert Kunkel haben bei Skate America, dem traditionellen Auftakt der ISU Grand Prix-Serie, Gold gewonnen und damit den ersten Grand Prix- Sieg seit sechs Jahren für Deutschland geholt. Hochklassige Leistungen gab es im stark besetzten Eistanz-Feld sowie an der Spitze bei den Damen und Herren. Allen ist ein Vorort der texanischen Metropole Dallas. In Dallas hatte vor 30 Jahren einmal Skate America stattgefunden, noch bevor es die Grand Prix-Serie gab. Draußen herrschten selbst für den Süden der USA um diese Jahreszeit ungewöhnlich hochsommerliche Temperaturen von bis zu mehr als 30 Grad. Umso kälter war es dafür im „Credit Union Texas Event Center“. Das offizielle Hotel lag praktischerweise gegenüber von der Halle. Deswegen hatten viele Medienleute und Fans dort gebucht, sobald Allen als Austragungsort feststand. Allerdings versäumte das Hotel es offenbar, die dem US-Verband vertraglich zugesicherte Anzahl von Zimmern zu blocken, so dass man mehrere Gäste wieder rauswarf. Das war eine böse Überraschung vor allem für diejenigen, die erst bei der Ankunft von der Stornierung ihrer Buchung erfuhren und die in letzter Minute auf weiter entfernte Unterkünfte ausweichen mussten. Das ist natürlich eine inakzeptable Schlamperei. Allen war im Mai negativ in die Schlagzeilen geraten, als ein Amoktäter im nahe der Eishalle gelegenen Einkaufszentrum acht Menschen erschoss. Daraufhin verzichtete der US-Verband auf eine feierliche Bekanntmachung des Austragungsorts von Skate America und sprach stattdessen den Opfern sein Beileid aus. Alle Zuschauerinnen, Zuschauer sowie Akkreditierte mussten sich den in den USA üblichen Taschenkontrollen beim Einlass in die Halle unterziehen, was angesichts dieses Vorfalls seine traurige Berechtigung hat. Hocke/Kunkel ergreifen die Chance Nachdem die Paarlauf-Weltmeister Riku Miura/Ryuichi Kihara wegen Miuras Rückenverletzung ihren Start absagten, waren Annika Hocke/Robert Kunkel die Favoriten auf Gold. Die stärksten Konkurrenten waren die Kanadier Lia Pereira/Trennt Michaud, die bei der Nebel- Paare | Skate America KP Kür Pkt 1 Annika Hocke / Robert Kunkel Deutschland 1 1 184.23 2 Lia Pereira / Trennt Michaud Kanada 2 2 182.59 3 Chelsea Liu / Balazs Nagy Ver. Staaten 3 3 177.66 4 Valentina Plazas / Maximiliano Fernandez Ver. Staaten 7 4 157.08 5 Isabelle Martins / Ryan Bedard Ver. Staaten 4 5 154.66 6 Irma Caldara / Riccardo Maglio Italien 5 6 138.18 7 Anastasia Vaipan-Law / Luke Digby Großbritannien 6 7 133.84 horn Trophy knapp hinter den Deutschen lagen. Die übrigen fünf Paare waren vom Standard her erheblich schwächer. Insgesamt war das Niveau im Paarlauf nicht gut, aber ein Sieg ist ein Sieg und Hocke/Kunkel griffen zu, als sich ihnen die Chance bot. Im KP übernahmen sie die Führung trotz eines Sturzes von Hocke beim 3S, aber die übrigen Elemente gelangen. Die Kanadier patzten zwar nicht, aber sie hatten niedrigere Levels und die Qualität war insgesamt schwächer. Der Einzelsprung ist eben nur ein Element. In der Kür hatte Hocke wieder Probleme mit den Sprüngen – Sturz beim 3S, unsauberer 2A – aber das machten die Berliner mit sehr guten Würfen und Level- 4-Elementen wett (siehe Interview Seite 5). Pereira stürzte beim ersten 2A in der Sprungfolge mit 3T, außerdem touchierte sie beim Wurfrittberger mit dem zweiten Fuß. Die Kanadier arbeiten noch an der Harmonie, sie laufen erst in ihrer zweiten Saison und Pereira war vom Einzellauf gekommen. Es war für sie Annika Hocke & Robert Kunkel Lia Pereira & Trennt Michaud Chelsea Liu & Balazs Nagy
der erste gemeinsame Grand Prix überhaupt. Noch neuer im Geschäft sind die Amerikanerin Chelsea Liu und der gebürtige Ungar Balasz Nagy, die erst seit einem halben Jahr zusammenlaufen. Beide haben Paarlauf-Erfahrung. Der dreifache Twist ist eindrucksvoll hoch, aber die weggeworfenen Würfe sind noch problematisch. In der Kür riskierten sie den Wurfrittberger nur doppelt, beim Wurfsalchow stürzte Liu. Doch das Duo hat Potenzial und gefiel in der romantischen Romeo-und-Julia Kür. „Ich bin etwas überrascht“, sagte Nagy in der Pressekonferenz. „Nach dem KP habe ich gedacht, ‚wir sind jetzt Dritte, es wäre gut, da zu bleiben‘. Aber das bedeutete auch extra Druck.“ Als Junior hatte er 2019 in Danzig vor Hocke/Kunkel mit seiner früheren Partnerin für die USA Silber gewonnen. Später startete Nagy für sein Heimatland Ungarn, bevor er wieder in die USA zurückkehrte. Valentina Plazas/Maximiliano Fernandez hatten sicher auf eine Medaille gehofft, aber ein katastrophales KP mit zwei Stürzen machte ihre Chancen zunichte. Es waren nur sieben Paare am Start, nachdem die Niederländer Nika Osipova/Dmitry Epstein so kurzfristig absagten, dass sie nicht mehr ersetzt wurden. Zehn Tage später schrieb Epstein, dass sie sich getrennt haben, weil Osipova zu wenig Ehrgeiz habe, noch besser zu werden. Malinin setzt Ausrufezeichen man. Im KP interpretiert er den Dauerbrenner „Malaguena“, eine überraschend altmodische Wahl. „Ich wollte bewusst etwas nehmen, das nicht in meiner Komfortzone ist“, erklärte der WM-Dritte. Die Kür ist zur teilweise dramatischen Musik aus der TV-Serie „Succession“. Am Ende zeigte Malinin auf seinen an der Bande stehenden Vater und Trainer Roman Skorniakov, eine schöne Geste des Respekts und des Dankes. Respekt zollte er auch seinen Konkurrenten wie Kevin Aymoz, mit dem er sich bei Shows in Japan angefreundet hat. Erstmals erreichte Malinin mehr als 300 Punkte. Den 4A zeigte er seinen Fans im Schaulaufen, stieg aber um. Kevin Aymoz ist aktuell einer der ausdrucksstärksten Top-Läufer und kann daher mithalten, auch wenn er „nur“ einen 4T im Repertoire hat. Der Franzose ist aktiv an der Choreographie seiner Programme beteiligt und lässt seiner Kreativität freien Lauf. Das sanfte KP zu dem Lied „Bird Gerhl“ über eine Person, die im falschen Körper gefangen ist und gerne ein Vogel wäre, ist in seinem gewohnten Stil. In der Kür zum „Bolero“ geht Aymoz richtig aus sich heraus, so feurig hat man ihn selten gesehen, und riss das Publikum mit. Dabei wollte er zunächst gar nicht zu dieser Musik laufen. 25 Skate America Grand Prix Ilia Malinin bewies, dass er auch ohne seinen vierfachen Axel ein Top-Läufer ist. An Vierfachsprüngen hat der 18-Jährige trotzdem nicht gespart: 4T und 4L-3T im KP sowie 4T-3T, 4S und zweimal 4L hatte er im Programm, dazu die Sequenz 3L-3A. Alles ließ er locker aussehen und machte keinen Fehler. Im Choreoschritt wartete Malinin mit einer Art Schraubsprung in der Luft auf, den er „Raspberry Twist“ taufte (sein russischer Nachname bedeutete übersetzt „Himbeere“). Der US-Meister betonte, dass er nicht nur an den Sprüngen, sondern mit Shae-Lynn Bourne an den künstlerischen » Aspekten des Eislaufens arbeite und das sieht Ilia Malinin „Dieses Ergebnis hatte ich wirklich nicht erwartet, ich bin sprachlos. Es ist ein Mix von Emotionen. Ich habe so viele Stunden Arbeit reingesteckt und es hat sich wirklich ausgezahlt, dass ich versucht habe, mich auf alles zu konzentrieren, alles zu verbessern, zu versuchen, möglichst wenige Fehler im Programm zu machen. Als ich auf das Eis ging, war ich etwas unsicher, ob es so gut laufen wird, und ich bin sehr froh, dass ich konzentriert geblieben bin und auf « mein Muskelgedächtnis und all mein Training vertraut habe. Es war noch nicht das perfekte, absolut fehlerfreie Programm. Es war sicher ein guter Start, aber im Lauf der Saison werde ich viel an diesen Details arbeiten, die mir helfen können, die Punkte nach oben zu treiben. Ein paar extra Vierfache könnten die Punktzahl dramatisch verbessern.“ Ilia Malinin » Kevin Aymoz „Meine Trainer (Silvia Fontana « und John Zimmerman) hatten mir den Bolero schon vor zwei Jahren vorgeschlagen, aber ich habe nur gesagt, ‚ihr seid langweilig‘. Dann gab es in der Oper von Paris eine Inszenierung des Bolero von Maurice Béjart und ich bin aus Neugier hingefahren. Die Vorstellung hat mich emotional überwältigt und ich habe meine Trainer angerufen und gesagt, ‚ihr habt recht, wir machen den Bolero‘. Aber ich wollte es auf meine Art und Weise machen und etwas Neues einbringen.“ Männer | Skate America Kevin Aymoz KP Kür Pkt 1 Ilia Malinin – Ver. Staaten 1 1 310.47 2 Kevin Aymoz – Frankreich 2 2 279.09 3 Shun Sato – Japan 3 4 247.50 4 Nika Egadze – Georgien 5 5 237.45 5 Vladimir Litvintsev – Aserbaidschan 8 3 237.44 6 Nozomu Yoshioka – Japan 4 7 233.56 7 Andrew Torgashev – Ver. Staaten 11 6 219.67 8 Tatsuya Tsuboi – Japan 9 8 216.98 9 Deniss Vasiljevs – Lettland 6 10 215.34 10 Maxim Naumov – Ver. Staaten 10 9 210.53 11 Stephen Gogolev – Kanada 7 11 210.48 12 Andreas Nordebäck – Schweden 12 12 198.95
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