Pirouette No. 09/2023 November

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16 Swiss Ice Skating Open Lausanne Swiss Ice Skating Open Lausanne Vielversprechendes „Open“ für die Zukunft Bei der neu lancierten Swiss Ice Skating Open in Lausanne siegten Olga Mikutina (Damen), Davide Lewton Brain (Herren), Juulia Turkkila/Matthias Versluis (Eistanz), Olivia Bacsa (Juniorinnen), Noah Bodenstein (Junioren) und Gina Zehnder/ Beda Leon Sieber (Eistanz Junioren). Die Ende Oktober 2023 erstmals durchgeführten Swiss Ice Skating Open Lausanne machen Lust auf mehr. Und es wird mehr davon geben. Diana Barbacci Lévy, Präsidentin von Swiss Ice Skating und auch OK-Präsidentin des Wettbewerbs, meinte zu der Premiere: „Ich bin sehr zufrieden. Dies bezüglich der Organisation und der Anzahl Läuferinnen und Läufer. Es wird definitiv eine zweite Auflage geben. Auch wieder mit Seniors, Juniors und Advanced Novices. Nächstes Jahr soll der Wettkampf in der großen Halle stattfinden. Dies auch im Hinblick auf die EM 2027. Dieses Jahr ging es nicht, weil am Freitag ein Hockeyspiel stattfand. Das Austragungsdatum dürfte ähnlich wie dieses Jahr sein, nach den Junioren Grand Prix. Es ist unser Ziel, mit den Open den Status eines Challenger zu erreichen.“ Die „Wolldecken-EM“ Mit den Swiss Ice Skating Open fand nach zwölf Jahren erstmals wieder ein ISU-Wettkampf auf Schweizer Boden statt. Denn seit der EM 2011 in Bern, die als „Wolldecken-EM“ in die Annalen einging, gab es in der Schweiz keinen ISU-Wettkampf im Eiskunstlauf mehr. Dies einmal abgesehen von der alljährlich in Neuchâtel durchgeführten Neuchâtel Trophy und der Junioren-WM 2019 im Synchronlaufen. Zudem wurden ebenfalls 2019 in Lausanne die Youth Olympic Games durchgeführt. Hinter vorgehaltener Hand war seitens einzelner Offizieller der ISU zuweilen inoffiziell zu vernehmen, die Schweiz werde wegen der Wolldecken-EM nicht mehr berücksichtigt. So sei der Umstand, die Halle nicht heizen zu können, bei der Bewerbung für 2011 verschwiegen worden. Eine offizielle Stellungnahme der ISU hierzu gibt es nicht. Die „Wolldecken-EM“ hatte es in sich. Die „PostFinanceArena“ in Bern, die größte Eishalle der Schweiz, kann trotz einer im Vorfeld erfolgten Renovierung mit Kosten von 105 Millionen Schweizer Franken nicht geheizt werden. Während der EM-Tage Mitte Januar 2011 herrschten in Bern tagsüber -3 bis +3 Grad Celsius. Das heißt, die Temperatur draußen entsprach auch der Temperatur im Innern. Bilder von frierenden Zuschauenden und Aktiven gingen um die Welt. Die Schweizer Armee und der Zivilschutz lieferte für das Publikum Wolldecken mit dem bekannten Schweizer Kreuz. Die Eisläuferinnen und Eisläufer hielten sich im Training und im 6-Minuten- Einlaufen teils mit Skijacken und Skihandschuhen warm. Dabei hatte der Organisator noch Glück – zehn Tage vor der EM lagen die Temperaturen in der Schweiz damals tagsüber bei -10 bis -15 Grad Celsius. Paarlauf und Eistanz wären dann notfallmäßig wegen der Kälte vermutlich nur noch in der nebenan aufgebauten wärmeren Ballonhalle ohne Zuschauende möglich gewesen. Fakt ist, dass die Schweiz nach der EM in Bern seit zwölf Jahren als Austragungsort nicht mehr berücksichtigt worden ist, obwohl der Weltverband in den letzten Jahren zuweilen Mühe bekundete, Organisatoren einer EM oder Junioren-WM zu finden. Diese Wartezeit ist nun Geschichte. Mit den Swiss Ice Skating Open ist die Schweiz im internationalen Kalender wieder aufgeführt. Und 2027 findet die EM in Lausanne statt. Unter der Führung von Präsidentin Barbacci Lévy und ihrem Team wurde eine neue Bewerbung aufgebaut, die nun bei der ISU Anklang fand. Lausanne mit Erfahrung Olga Mikutina Fotos: Kolb Vor Jahren fanden mehrere Großveranstaltungen in Lausanne statt: EM 1992, WM 1997, EM 2002 und nun neu die EM 2027. Einer, der im- Kristina Isaev Davide Lewton Brain Livia Kaiser
17 mer dabei war, ist Raymond Blanc. Dies jeweils in verschiedenen Funktionen. Auch beim Open in Lausanne war der Vizepräsident der Association romande de patinage als Speaker und Rechnungsführer tätig sowie zuständig für die technische Administration des Wertungssystems und die Fotoaufnahmen der Aktiven. Blanc meinte zur nahen Zukunft: „Viele Personen von früher sind natürlich nicht mehr dabei. Aber wir werden für die Organisation der künftigen Anlässe eine gute Equipe zusammenstellen. Wenn es zählt, halten die Westschweizer Clubs zusammen.“ Seit 108 Jahren ist Lausanne der Sitz des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Und seit 1994 - zum 100- Jahr-Jubiläum des IOC – darf sich Lausanne als einzige Stadt der Welt „Olympische Hauptstadt“ nennen. Für die Teilnehmenden am Swiss Ice Skating Open bestand so die Möglichkeit, den Austragungsort der EM 2027 kennenzulernen. Vaudoise Aréna - neuer Hallenkomplex In den letzten Jahren sind in der Schweiz mehrere neue und beheizbare Eishallen gebaut worden: in Zürich, Zug, Fribourg, Basel, Ambri und zuletzt auch Lausanne. Weitere sind geplant. Musste die alte Eishalle bei Großveranstaltungen noch von außen mit Heißluftsystemen geheizt werden, bietet sich mit der Vaudoise Aréna in Prilly bei Lausanne eine neue moderne Anlage mit drei Eisflächen: Vaudoise aréna, Patinoire cooly, Außeneisfläche und einer Schwimmhalle mit drei Becken und einem Sprungturm. Das Ganze ist ergänzt mit zahlreichen Nebenräumen, Restaurants und Parkgaragen. Die Kapazität der Vaudoise aréna beträgt 9.600 (Eishockey) und 12.000 (Konzerte). Olga Mikutina mit Gold Der Wettkampf fand bei kalten Temperaturen in der kleineren Eishalle „cooly“ statt, die an der EM als Trainingshalle dienen wird. Es gab 17 Rückzüge bei gemeldeten 129 Aktiven. Über die vier Tage kamen mehr als 1.500 Zuschauende. Durch die Glaswand auf der einen Stirnseite der „cooly“ Eishalle verfolgten Tausende ein paar Minuten Eiskunstlauf „live“. Drei Läuferinnen prägten im Wesentlichen die Damenkonkurrenz: Livia Kaiser, Olga Mikutina und Aleksandra Golovkina. So führte Schweizermeisterin Livia Kaiser hochverdient nach dem Kurzprogramm (3L-3T, 2A, 3F). Man erinnerte sich danach an die Worte von Choreograph Benoît Richaud von letzter Saison: „Sie hat alles, was es für eine Europameisterin braucht.“ Als sich in der Kür alle direkten Konkurrentinnen Patzer leisteten, schien der Weg für Kaiser als Letztstartende zum Sieg frei zu sein. Sie hätte sich gar mehrere Fehler erlauben können. Doch es sollte zur völligen Verwunderung aller anders kommen, als man denkt. Kaiser stürzte viermal. Einem strahlenden Lächeln nach dem ersten Tag folgte eine bittere Enttäuschung am Sonntagabend. Eine Erklärung hierfür hatte die Schweizerin nicht und konnte zu ihren vier Stürzen nichts sagen. „Heute war einfach ein schlechter Tag.“ Mit dem 8. Kürrang fiel sie auf den 5. Schlussrang zurück. Zuoberst auf dem Podest stand letztendlich Österreichs Olga Mikutina. Zweite nach dem KP, bei dem sie zu Flamenco-Musik zwei, drei Phasen lang brillante Bewegungen zeigte, wies sie in der Kür mit R und S nur zwei voll gewertete Dreifachsprünge auf. Letzteres reichte trotzdem zum 2. Kürrang und dem Sieg. Die verletzungsgeplagte Olympiateilnehmerin schlägt sich noch immer mit Schmerzen am Bein herum, hat aber im Vergleich zum Vorjahr an Sicherheit dazugewonnen. „Ja, ich bin froh über die Medaille. Hier ging es recht gut. Aber ich benötige noch mehr Trainings“, meinte die 20-Jährige nach der österreichischen Landeshymne. Mikutina reiste anderntags wieder über den Atlantik. „Ich trainiere neu in New Jersey mit dem israelischen Team und studiere an der Montclair State University Business Administration.“ Aleksandra Golovkina beeindruckte an beiden Tagen mit einem ruhigen, eleganten Laufstil. Die 25-Jährige war in der Kür gut unterwegs, als sie das Publikum gegen Ende des Programms mit zwei abrupten und krachenden Stürzen beim 3R und 3S geradezu schockte. Trotzdem blieb die Litauerin Kürsiegerin und wurde Zweite. Dank insgesamt fünf Dreifachsprüngen sicherte sich die Finnin Olivia Lisko den 3. Rang. Deutschlands Kristina Isaev verzeichnete im KP bei allen drei Sprungelementen mit Sturz beim 3L Punkteabzüge. „Ich habe mich gut vorbereitet und hatte ein gutes Gefühl. Ich könnte in Führung liegen, wenn ich sauber gelaufen wäre“, meinte Isaev. Die Sportsoldatin der Bundeswehr haderte ob dem 8. Zwischenrang derweil zu stark mit sich selber und sah Vorgenommenes gefährdet. „Mein Ziel ist, deutsche Meisterin zu werden und die Selektion für die EM und WM zu schaffen und dort das Kürfinale zu erreichen.“ Wenn es Isaev gelingt, an technischen Details zu arbeiten, sollte ihr bei der Kür mehr als nur ein 3S gelingen. Zu viele unterrotierte Sprünge oder Doppeldrehungen fallen bei der 22-jährigen in Oberstdorf lebenden Mannheimerin noch zu sehr ins Gewicht. Dann läge mehr als ein 6. Schlussrang im Bereich des Möglichen. Davide Lewton Brain siegt In der Herrenkonkurrenz kam kein Läufer ungeschoren über die Runden. Mit 178,77 Punkten und großem Vorsprung siegte Monacos Davide Lewton Brain. Der 24- Jährige bringt Leben ins Feld der Herren, weist aber bei seinen Auftritten noch zu viele Ups and Downs auf. So stürzte der Monegasse bei den 3A und einer Schrittfolge, stand aber zweimal eine 3L-3T-Sprungkombination. „Ich kam nach Lausanne, um mehr Vertrauen zu gewinnen. Ich wechselte meine Trainingsbasis nach Oberstdorf. Und ich wollte den Aufenthalt in Lausanne auch genießen“, sagte ein strahlender Lewton Brain nach der Siegerehrung. Zweiter wurde der Schweizer Micha Steffen, Dritter Singapores Pagiel Yie Ken Sng. Die Schweizer Nico Steffen und Taigo Thomas Sakai wurden Vierter und Fünfter. Erwartete Erstplatzierte im Eistanz Mit großem Punktevorsprung siegten die finnischen EM-3. und WM-9. Juulia Turkkila/Matthias Versluis (195,97 Punkte) vor Großbritanniens Phebe Bekker/James Hernandez (177,06 Punkte) und Italiens Victoria Manni/Carlo Röthlisberger (162,53 Punkte). Das deutsche Paar Charise Matthaei/Max Liebers Kam auf den 4. Rang (158,25 Punkte). Bei den Junioren gewann das Schweizer Paar Gina Zehnder/ Beda Leon Sieber (146,72 Punkte). Mia Lee Mayer/Davide Calderari aus Deutschland wurden Fünfte (110,86 Punkte); das Schweizerpaar Eleonore Gabet/Maxime Evequoz Achte (98,35 Punkte). Swiss Ice Skating Open Lausanne Olivia Bacsa Anthea Gradinaru Noah Bodenstein
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